( SEGUNDA PARTE)

Note Nr. 2. Nachdem das Recht als „fremdes Recht" bestimmt ist, können ihm nun beliebige Namen gegeben werden, als „sultanisches Recht", „Volksrecht" pp., je nachdem Sankt Sancho gerade den Fremden bestimmen will, von dem er es erhält. Es kann dann weiter gesagt werden, daß das „fremde Recht von Natur, Gott, Volkswahl pp. gegeben" sei (p.250), also „nicht von Mir". Naiv ist nur die Art, wie unser Heiliger vermittelst der Synonymik in die obigen simpeln Gleichungen den Schein einer Entwicklung zu bringen sucht. „Wenn ein Dummkopf Mir Recht gibt" (wenn nun der Dummkopf, der ihm Recht gibt, er selber wäre?), „so werde Ich mißtrauisch gegen mein Recht" (es wäre in „Stirners" Interesse zu wünschen, daß dies der Fall gewesen wäre). „Aber auch wenn ein Weiser Mir Recht gibt, habe Ich's drum doch noch nicht. Ob Ich Recht habe, ist völlig unabhängig von dem Rechtgeben der Toren und Weisen. Gleichwohl haben Wir bis jetzt nach diesem Recht getrachtet. Wir suchen Recht und wenden Uns zu diesem Zweck ans Gericht... Was suche Ich also bei diesem Gericht? Ich suche sultanisches Recht, nicht mein Recht, Ich suche fremdes Recht... vor einem Oberzensurgericht also das Recht der Zensur." p. 244, 245.
In diesem meisterhaften Satze ist zu bewundern die schlaue Anwendung der Synonymik. Recht geben in der gewöhnlichen Konversationsbedeutung und Rechtgeben in der juristischen Bedeutung werden identifiziert. Noch bewunderungswürdiger ist der Berge versetzende Glaube, als ob man sich „ans Gericht wende" des Vergnügens halber, Recht zu behalten - ein Glaube, der die Gerichte aus der Rechthaberei erklärt.* Endlich ist noch die Pfiffigkeit bemerkenswert, womit Sancho, wie oben bei Gleichung 5, den konkreteren Namen, hier das „sultanische Recht", vorher einschmuggelt, um seine allgemeine Kategorie „fremdes Recht" nachher desto sicherer anbringen zu können. Fremdes Recht = Nicht Mein Recht. Mein Fremdes Recht haben = Nicht Recht haben = Kein Recht haben = die Rechtlosigkeit haben (p. 247). Mein Recht = Nicht Dein Recht = Dein Unrecht. Dein Recht = Mein Unrecht. Note. „Ihr wollt gegen die Andern im Rechte sein" (soll heißen in Eurem Rechte sein). „Das könnt Ihr nicht, gegen sie bleibt Ihr ewig ,im Unrecht'; denn sie wären ja Eure Gegner nicht, wenn sie nicht auch in,ihrem' Rechte wären. Sie werden Euch stets .Unrecht geben' ... Bleibt Ihr auf dem Rechtsboden, so bleibt Ihr bei der - Rechthaberei." p. 248,253. „Fassen Wir inzwischen die Sache noch anders." Nachdem Sankt Sancho so seine Kenntnisse vom Recht hinlänglich dokumentiert hat, kann er sich
* [Im Manuskript gestrichen:] Welche Vorstellung Saint Jacques le bonhomme überhaupt von einem Gericht hat, geht schon daraus hervor, daß er als Exempel das Oberzensurgericht anführt, was höchstens in der preußischen Vorstellung für ein Gericht gilt, ein Gericht, das bloß Verwaltungsmaßregeln zu beschließen, keine Strafe zu diktieren, keine Zivilprozesse zu schlichten hat. Daß zwei ganz verschiedne Produktionszustände den Individuen zugrunde liegen, wo Gericht und Administration getrennt sind und wo sie patriarchalisch zusammenfallen, kümmert einen Heiligen nicht, der es immer mit den wirklichen Individuen zu tun hat. Die obigen Gleichungen werden hier in „Beruf", „Bestimmung", „Aufgabe", Moralgebote verwandelt, die Sankt Max seinem getreuen Knecht Szeliga, den er hier als preußischer Unteroffizier (sein eigner „Gendarm" spricht aus ihm) mit „Er" anredet, ins beklommene Gewissen zugedonnert. Halte Er sich das Recht zu essen unverkümmert usw. Das Recht zu essen hat man den Proletariern nie „verkümmert", trotzdem aber kommt es „von selbst", daß sie es sehr oft nicht „üben" können.
jetzt darauf beschränken, das Recht nochmals als das Heilige zu bestimmen und bei dieser Gelegenheit einige der dem Heiligen bereits vorhin gegebenen Beiwörter mit dem Zusätze: „Das Recht" zu wiederholen.
„Ist das Recht nicht ein religiöser Begriff, d.h. etwas Heiliges?" p. 247. „Wer kann, wenn er sich nicht auf dem religiösen Standpunkte befindet, nach dem .Rechte* fragen?" ibid. „Recht ,an und für sich'. Also ohne Beziehung auf Mich? Absolutes Recht'1 Also getrennt von Mir. - Ein ,an und für sich Seiendes'! - Ein Absolutes! Ein ewiges Recht, wie eine ewige Wahrheit" - das Heilige, p. 270. „Ihr schreckt vor den Andern zurück, weil Ihr neben ihnen das Gespenst des Rechts zu sehen glaubt!" p. 253. „Ihr schleicht umher, um den Spuk für Euch zu gewinnen." ibid. „Recht ist ein Sparren, erteilt von einem Spuk" (Synthese obiger zwei Sätze). P- 276. „Das Recht ist... eine fixe Idee." p. 270. „Das Recht ist der Geist..." p. 244. „Weil Recht nur von einem Geiste erteilt werden kann." p. 275.
Jetzt entwickelt Sankt Sancho nochmals, was er bereits im Alten Testament entwickelte - nämlich was eine „fixe Idee" ist, nur mit dem Unterschiede, daß hier überall „das Recht" als „ein anderes Beispiel" der „fixen Idee" dazwischenläuft.
„Das Recht ist ursprünglich Mein Gedanke, oder er" (!) „hat seinen Ursprung in Mir. Ist er aber aus Mir entsprungen" (vulgo1 durchgebrannt), „ist das ,Wort' heraus, so ist es Fleisch geworden" (woran Sankt Sancho sich satt essen mag), „eine fixe Idee" weshalb das ganze Stirnersche Buch aus „fixen Ideen" besteht, die „aus" ihm „entsprungen", von uns aber wieder eingefangen und in das vielbelobte „Sittenverbesserungshaus" gesperrt worden sind. „Ich komme nun von dem Gedanken nicht mehr los" (nachdem der Gedanke von ihm los geworden!); „wie Ich Mich drehe, er steht vor Mir." (Der Zopf, der hängt ihm hinten.)'-119^ „So sind die Menschen des Gedankens .Recht', den sie selber erschufen, nicht wieder Meister geworden. Die Kreatur geht mit ihnen durch.Das ist das absoluteRecht, das von Mir absolvierte" (o Synonymik) „und abgelöste. Wir können es, indem Wir's als Absolutes verehren, nicht wieder aufzehren, und es benimmt Uns die Schöpferkraft; das Geschöpf ist mehr als der Schöpfer, ist an und für sich. Laß das Recht einmal nicht mehr frei umherlaufen..."
(Wir werden diesen Rat gleich mit diesem Satz befolgen und ihn hier bis zur weiteren Verfügung an die Kette legen.) p. 270. Nachdem Sankt Sancho so das Recht durch alle möglichen Wasser- und
1 in der Umgangssprache
Feuerproben der Heiligung hindurchgeschleift und kanonisiert hat, hat er es damit vernichtet. „Mit dem absoluten Recht vergeht das Recht selbst, wird die Herrschaft des Rechtsbegriffs" (die Hierarchie), „zugleich getilgt. Denn es ist nicht zu vergessen, daß seither Begriffe, Ideen und Prinzipien Uns beherrschten und daß unter diesen Herrschern der Rechtsbegriff oder der Begriff der Gerechtigkeit eine der bedeutendsten Rollen spielte." p. 276. Daß die rechtlichen Verhältnisse hier wieder als Herrschaft des Rechtsbegriffs auftreten und daß er das Recht schon dadurch tötet, daß er es für einen Begriff und damit für das Heilige erklärt, das sind wir gewohnt, und darüber siehe die „Hierarchie". Das Recht entsteht nicht aus den materiellen Verhältnissen der Menschen und ihrem daraus entstehenden Widerstreit untereinander, sondern aus ihrem Widerstreit mit ihrer Vorstellung, die sie sich „aus dem Kopfe zü schlagen" haben. Siehe „Logik". Zu dieser letzten Form der Kanonisation des Rechts gehören noch folgende drei Noten. Note 1. „Solange dies fremde Recht mit dem Meinigen übereinstimmt, werde Ich freilich auch das letztere bei ihm finden." p. 245. Über diesen Satz möge Sankt Sancho vorläufig nachdenken. Note 2. „Schlich sich einmal ein egoistisches Interesse ein, so war die Gesellschaft verdorben ... wie z.B. das Römertum beweist mit seinem ausgebildeten Privatrecht." p. 278. Hiernach mußte die römische Gesellschaft von vornherein die verdorbene römische Gesellschaft gewesen sein, da in den zehn Tafeln[120] das egoistische Interesse noch viel krasser hervortritt als in dem „ausgebildeten Privatrecht" der Kaiserzeit. In dieser unglücklichen Reminiszenz aus Hegel wird also das Privatrec/rf als ein Symptom des Egoismus, und nicht des Heiligen, aufgefaßt. Sankt Sancho möge auch hier nachdenken, inwiefern das Privatrec/if mit dem Pr'wdXeigentwn zusammenhängt und inwiefern mit dem Privatrecht eine ganze Masse anderer Rechtsverhältnisse gegeben sind (vgl. „Privateigentum, Staat und Recht"), von denen Sankt Max nichts zu sagen weiß, als daß sie das Heilige seien. Note 3. „ Wenn das Recht auch aus dem Begriffe kommt, so tritt es doch nur in die Existenz, weil es nützlich für die Bedürfnisse ist." So Hegel („Rechtsphil [osophie]" § 209, Zusatz) - von dem unsrem Heiligen die Hierarchie der Begriffe in der modernen Welt überkommen ist.
Hegel erklärt also die Existenz des Rechtes aus den empirischen Bedürfnissen der Individuen und rettet den Begriff nur durch eine einfache Versicherung. Man sieht, wie unendlich materialistischer Hegel verfährt als unser „leibhaftiges Ich", Sankt Sancho.
B) Aneignung durch einfache Antithese a) Das Recht des Menschen — Das Recht Meiner. b) Das menschliche Recht — Das egoistische Recht. c) Fremdes Recht = von \ j Mein Recht = von Mir berechFremden berechtigt sein f \ tigt sein. d) Recht ist, was dem Menschen ) I recht ist I 1 Recht ist, was Mir recht ist.
„Dies ist das egoistische Recht, d. h., Mir ist's so recht, darum ist es Recht." (passim1, letzter Satz p. 251.) Note 1. „Ich bin durch Mich berechtigt zu morden, wenn Ich Mir's selbst nicht verbiete, wenn Ich seihst Mich nicht vorm Morde, als vor einem Unrechte, fürchte." p. 249. Muß heißen: Ich morde, wenn Ich Mir's selbst nicht verbiete, wenn Ich Mich nicht vorm Morde fürchte. Dieser ganze Satz ist eine renommistische Ausfüllung der zweiten Gleichung in Antithese c, wo das „berechtigt" den Sinn verloren hat. Note 2. „ Ich entscheide, ob es in Mir das Rechte ist; außer Mir gibt es kein Recht." p. 249. „Sind wir das, was in uns ist? Sowenig als das, was äußer uns ist ... Gerade weil Wir nicht der Geist sind, der in uns wohnt, gerade darum mußten wir ihn außer uns versetzen ... außer uns existierend denken ... im Jenseits." p. 43. Nach seinem eignen Satze von p. 43 also muß Sankt Sancho das Recht „in ihm" wieder „außer sich", und zwar „ins Jenseits" versetzen. Will er aber einmal nach dieser Manier sich aneignen, so kann er die Moral, die Religion, das ganze „Heilige" „in sich" versetzen und entscheiden, ob es „in ihm" das Moralische, das Religiöse, Heilige ist; „außer ihm gibt es keine" Moral, Religion, Heiligkeit, um sie alsdann nach p. 43 wieder außer sich, ins Jenseits zu versetzen. Womit die „Wiederbringung aller Dinge" nach christlichem Vorbild hergestellt ist.
1 überall
Note 3. „Außer Mir gibt es kein Recht. Ist es Mir Recht, so ist es recht. Möglich, daß es darum den Andern noch uicht recht ist." p. 249. Soll heißen: Ist es Mir recht, so ist es Mir recht, noch nicht den Andern. Wir haben jetzt Exempel genug davon gehabt, welche synonymische „Flohsprünge" Sankt Sancho mit dem Worte „Recht" vornimmt. Recht und recht, das juristische „Recht", das moralische „Rechte", das, was ihm „recht" ist usw. werden durcheinander gebraucht, wie es gerade konveniert. Sankt Max möge versuchen, seine Sätze über das Recht in irgendeiner andern Sprache wiederzugeben, wo der Unsinn vollständig an den Tag kommt. Da in der Logik diese Synonymik ausführlich behandelt wurde, so brauchen wir hier bloß darauf zu verweisen. Derselbe obige Satz wird noch in folgenden drei „Wandlungen" vorgebracht: A) „Ob Ich Recht habe oder nicht, darüber gibt es keinen andern Richter als Mich selbst. Darüber nur können Andre urteilen und richten, ob sie Meinem Rechte beistimmen und ob es auch für sie als Recht besteht." p. 246. B) „Die Gesellschaft will zwar haben, daß Jeder zu seinem Rechte komme, aber doch nur zu dem von der Gesellschaft sanktionierten, dem Gesellschaftsrechte, nicht wirklich zu seinem Rechte" (soll heißen: zu- Seinem; — Recht ist hier ein ganz nichtssagendes Wort. Und nun renommiert er weiter:) „Ich aber gebe oder nehme Mir das kecht aus eigner Machtvollkommenheit ... Eigner und Schöpfer Meines Rechts" („Schöpfer" nur insofern er erst das Recht für seinen Gedanken erklärt und dann diesen Gedanken in sich zurückgenommen zu haben versichert), „erkenne Ich keine andre Rechtsquelle als - Mich, weder Gott noch den Staat, noch die Natur, noch den Menschen, weder göttliches noch menschliches Recht." p. 269. C) „Da das menschliche Recht immer ein Gegebenes ist, so läuft es in der Wirklichkeit immer auf das Recht hinaus, welches die Menschen einander geben, d. h. einräumen." p. 251. Das egoistische Recht dagegen ist das Recht, was Ich Mir gebe oder nehme. „Es kann" indessen, „um hiermit zu schließen, einleuchten", daß das egoistische Recht im Sanchoschen Millennium1, worüber man sich gegenseitig „verständigt", von dem nicht sehr verschieden ist, was man sich gegenseitig „gibt" oder „einräumt". Note 4. „Zum Schlüsse muß Ich nun noch die halbe Ausdrucksweise zurücknehmen, von der Ich nur solange Gebrauch machen wollte, als Ich in den Eingeweiden des Rechts wühlte
1 tausendjährigen Reich
und das Wort wenigstens bestehen ließ. Es verliert aber in der Tat mit dem Begriffe auch das Wort seinen Sinn. Was Ich Mein Recht nannte, das ist gar nicht mehr Recht." p. 275. Warum Sankt Sancho in den obigen Antithesen „das Wort" Recht bestehen ließ, sieht Jeder auf den ersten Blick. Da er nämlich vom Inhalt des Rechts gar nicht spricht, noch weniger ihn kritisiert, so kann er sich hur durch die Beibehaltung des Wortes Recht den Schein geben, als spräche er vom Recht. Läßt man das Wort Recht in der Antithese weg, so ist Nichts darin gesagt als „Ich", „Mein" und die übrigen grammatikalischen Pronominalformen der ersten Person. Der Inhalt kam auch immer erst durch die Beispiele herein, die aber, wie wir sahen, nichts als Tautologien waren, wie: Wenn Ich morde, so morde Ich usw., und in denen die Worte „Recht", „berechtigt" pp. bloß deshalb untergebracht wurden, um die einfache Tautologie zu verdecken und mit den Antithesen in irgendeine Verbindung zu bringen. Auch die Synonymik hatte diesen Beruf, den Schein hervorzubringen, als handle es sich um irgendeinen Inhalt. Man sieht übrigens sogleich, welch eine reichhaltige Fundgrube der Renommage dieses inhaltslose Geschwätz über das Recht liefert. Das ganze „Wühlen in den Eingeweiden des Rechts" bestand also darin, daß Sankt Sancho von „der halben Ausdrucksweise Gebrauch machte" und „das Wort wenigstens bestehen ließ", weil er von der Sache gar nichts zu sagen wußte. Wenn die Antithese irgendeinen Sinn haben soll, d. h., wenn „Stirner" in ihr einfach seinen Widerwillen gegen das Recht manifestieren wollte, so ist vielmehr zu sagen, daß nicht er „in den Eingeweiden des Rechts", sondern das Recht in seinen Eingeweiden „wühlte", daß er nur zu Protokoll gab, daß das Recht Ihm nicht recht sei. „Halte Er sich dies Recht unverkümmert", Jacques le bonhomme! Damit in diese Leerheit irgendein Inhalt hereinkomme, muß Sankt Sancho noch ein andres logisches Manöver vornehmen, das er mit vieler „Virtuosität" mit der Kanonisation und der einfachen Antithese gehörig durcheinanderwürfelt und mit häufigen Episoden vollends so verdeckt, daß das deutsche Publikum und die deutschen Philosophen es allerdings nicht durchschauen konnten.
C) Aneignung durch zusammengesetzte Antithese „Stirner" muß jetzt eine empirische Bestimmung des Rechts hereinbringen, die er dem Einzelnen vindizieren kann, d. h., er muß in dem Recht noch etwas Anderes als die Heiligkeit anerkennen. Er hätte sich hierbei seine
ganzen schwerfälligen Machinationen sparen können, da seit Machiavelli, Hobbes, Spinoza, Bodinus pp. in der neueren Zeit, von den Früheren gar nicht zu reden, die Macht als die Grundlage des Rechtes dargestellt worden ist; womit die theoretische Anschauung der Politik von der Moral emanzipiert und weiter nichts als das Postulat einer selbständigen Behandlung der Politik gegeben war. Später, im achtzehnten Jahrhundert in Frankreich und im neunzehnten in England, wurde das gesamte Recht auf das Privatrecht, wovon Sänkt Max nicht spricht, und dies auf eine ganz bestimmte Macht, die Macht der Privateigentümer, reduziert, wobei man sich aber keineswegs mit der bloßen Phrase begnügte. Sankt Sancho nimmt sich also die Bestimmung Macht aus dem Recht heraus und verdeutlicht sie sich an Folgendem: „Wir pflegen die Staaten nach der verschiedenen Art, wie die .höchste Gewalt' verteilt ist, zu klassifizieren ... also die höchste Gewalt! Gewalt gegen wen? Gegen den Einzelnen ... der Staat übt Gewalt... des Staats Betragen ist Gewalttätigkeit, und seine Gewalt nennt er Recht... Die Gesamtheit... hat eine Gewalt, welche berechtigt genannt, d. h. welche Recht ist." p. 259,260. Durch „Unser" „Pflegen" kommt unser Heiliger zu seiner ersehnten Gewalt und kann sich nun selber „pflegen". Recht, die Macht des Menschen — Macht, das Recht Meiner.
Zwischengleichungen: Berechtigt sein = Ermächtigt sein. Sich berechtigen = Sich ermächtigen. Antithese: Vom Menschen berechtigt sein — Von Mir ermächtigt sein. Die erste Antithese: Recht, Macht des Menschen — Macht, Recht Meiner verwandelt sich jetzt in: (Macht Meiner, Recht des Menschen ~ \Meine Macht,
da in der These Recht und Macht identisch sind und in der Antithese die „halbe Ausdrucksweise" „zurückgenommen" werden muß, nachdem das Recht „allen Sinn verloren" hat, wie wir gesehen haben. Note 1. Proben bombastischer und renommistischer Umschreibung obiger Antithesen und Gleichungen:
„Was Du zu sein die Macht hast, dazu hast Du das Recht." - „Ich leite alles Recht und alle Berechtigung aus Mir her, Ich bin zu Allem berechtigt, dessen Ich mächtig bin." - „Ich fordere kein Recht, darum brauche Ich auch keins anzuerkennen. Was Ich Mir zu erzwingen vermag, erzwinge Ich Mir, und was Ich nicht erzwinge, darauf habe Ich auch kein Recht pp. - Berechtigt oder unberechtigt - darauf kommt Mir's nicht an; bin Ich nur mächtig, so bin ich schon von selbst ermächtigt und bedarf keiner andern Ermächtigung oder Berechtigung." p. 248,275. Note 2. Proben von der Art, wie Sankt Sancho die Macht als die reale Basis des Rechts entwickelt: „So sagen ,die Kommunisten" (woher nur „Stirner" das alles weiß, weis die Kommunisten sagen, da er außer dem Bluntschlibericht, Beckers „Volksphilosophie" und einigen wenigen andern Sachen Nichts von ihnen zu Gesichte bekommen hat ?): „Die gleiche Arbeit berechtige die Menschen zu gleichem Genüsse ... Nein, die gleiche Arbeit berechtigt Dich nicht dazu, sondern der gleiche Genuß allein berechtigt Dich zum gleichen Genuß. Genieße, so bist Du zum Genuß berechtigt ... Wenn Ihr den Genuß nehmt, so ist er Euer Recht; schmachtet Ihr hingegen nur danach, ohne zuzugreifen, so bleibt er nach wie vor ein .wohlerworbnes Recht' Derer, welche für den Genuß privilegiert sind. Er ist ihr Recht, wie er durch Zugreifen Euer Recht wird." p. 250. Über das, was hier den Kommunisten in den Mund gelegt wird, vergleiche man oben den „Kommunismus". Sankt Sancho unterstellt hier wieder die Proletarier als eine „geschlossene Gesellschaft", die nur den Beschluß des „Zugreifens" zu fassen habe, um am nächsten Tage der ganzen bisherigen Weltordnung summarisch ein Ende zu machen. Die Proletarier kommen aber in der Wirklichkeit erst durch eine lange Entwicklung zu dieser Einheit, eine Entwicklung, in der der Appell an ihr Recht auch eine Rolle spielt. Dieser Appell an ihr Recht ist übrigens nur ein Mittel, sie zu „Sie", zu einer revolutionären, verbündeten Masse zu machen. — Was den Satz im Übrigen angeht, so bildet er von Anfang bis zu Ende ein brillantes Exempel der Tautologie, wie sogleich klar wird, wenn man, was unbeschadet des Inhalts geschehen kann, sowohl Macht wie Recht herausläßt. Zweitens macht Sankt Sancho selbst den Unterschied zwischen persönlichem und sachlichem Vermögen, womit er also zwischen Genießen und Macht zu genießen unterscheidet. Ich kann große persönliche Macht (Fähigkeit) zum Genießen haben, ohne daß ich darum auch die sachliche Macht (Geld pp.) zu haben brauche. Mein wirkliches „Genießen" ist also noch immer hypothetisch. „Daß das Königskind sich über andre Kinder stellt", fährt der Schulmeister fort in seinen für den Kinderfreund passenden Exempeln, „das ist schon seine Tat, die ihm
den Vorzug sichert, und daß die andern Kinder diese Tat billigen und anerkennen, das ist ihre Tat, die sie würdig macht, Untertanen zu sein." p. 250. In diesem Exempel wird das gesellschaftliche Verhältnis, in dem ein Königskind zu andern Kindern steht, als die Macht, und zwar persönliche Macht des Königskindes und als die Ohnmacht der andern Kinder gefaßt. Will man es einmal als die „Tat" der andern Kinder fassen, daß sie sich von dem Königskinde kommandieren lassen, so beweist dies höchstens, daß sie Egoisten sind. „Die Eigenheit arbeitet in den kleinen Egoisten" und treibt sie dazu, das Königskind zu exploitieren, einen Vorteil von ihm zu erhaschen. „Man" (Hegel nämlich) „sagt, die Strafe sei das Recht des Verbrechers. Allein die Straflosigkeit ist ebenso sein Recht. Gelingt ihm sein Unternehmen, so geschieht ihm Recht, und gelingt es nicht, so geschieht ihm gleichfalls Recht. Begibt sich Jemand tollkühn in Gefahren, und kommt er darin um, so sagen wir wohl: es geschieht ihm recht, er hat es nicht besser gewollt. Besiegt er aber die Gefahren, d. h. siegt seine Macht, so hätte er auch Recht. Spielt ein Kind mit dem Messer und schneidet sich, so geschieht ihm recht; aber schneidet sich's nicht, so geschieht ihm auch recht. Dem Verbrecher widerfährt daher wohl Recht, wenn er leidet, was er riskierte; warum riskiert er's auch, da er die möglichen Folgen kannte?" p. 255. In dem Schluß dieses Satzes, in der Frage an den Verbrecher: Warum er's auch riskierte, wird der schulmeisterliche Unsinn des Ganzen latent. Ob einem Verbrecher Recht geschieht, wenn er beim Einsteigen in ein Haus fällt und das Bein bricht, ob einem Kinde, wenn es sich schneidet - bei diesen wichtigen Fragen, die nur einen Sankt Sancho beschäftigen können, kommt also nur heraus, daß hier der Zufall für Meine Macht erklärt wird. Also im ersten Beispiel war Mein Tun, im zweiten das von mir unabhängige gesellschaftliche Verhältnis, im dritten der Zufall „Meine Macht". Doch diese widersprechenden Bestimmungen haben wir schon bei der Eigenheit gehabt. Zwischen die obigen kinderfreundlichen Exempel legt Sancho noch folgendes erheiterndes Zwischenschiebsel ein: „Sonst eben hat das Recht eine wächserne Nase. Der Tiger, der Mich anfällt, hat Recht, und Ich, der ihn niederstößt, hab1 auch Recht. Nicht Mein Recht wahre Ich gegen ihn, sondern Mich." p. 251. Im Vordersatz stellt sich Sankt Sancho in ein Rechtsverhältnis zum Tiger, und im Nachsatz fällt ihm ein, daß doch im Grunde kein Rechtsverhältnis stattfindet. Darum „eben hat das Recht eine wächserne Nase". Das Recht „des Menschen" löst sich auf in das Recht „des Tigers".
1 MEGA: hat
Hiermit ist die Kritik des Rechts beendet. Nachdem wir aus hundert früheren Schriftstellern längst wußten, daß das Recht aus der Gewalt hervorgegangen sei, erfahren wir noch von Sankt Sancho, daß „das Recht" „die Gewalt des Menschen" ist, womit er alle Fragen über den Zusammenhang des Rechts mit den wirklichen Menschen und ihren Verhältnissen glücklich beseitigt und seine Antithese zustande gebracht hat. Er beschränkt sich darauf, das Recht als das aufzuheben, als was er es setzt, nämlich als das Heilige, d. h. das Heilige aufzuheben und das Recht stehenzulassen. Diese Kritik des Rechts ist mit einer Menge von Episoden verziert, nämlich mit allerlei Zeug, wovon bei Stehelytl21] nachmittags von zwei bis vier gesprochen zu werden „pflegt". Episode 1. „Menschenrechtu und „wohlerworbnes Recht". „Als die Revolution die .Gleichheit' zu einem .Rechte' stempelte, flüchtete sie ins religiöse Gebiet, in die Region des Heiligen, des Ideals. Daher seitdem der Kampf um die heiligen, unveräußerlichen Menschenrechte. Gegen das ewige Menschenrecht wird ganz natürlich und gleichberechtigt das .wohlerworbne Recht des Bestehenden* geltend gemacht; Recht gegen Recht, wo natürlich Eins vom Andern als Unrecht verschrien wird. Das ist der Rechtsstreit seit der Revolution." p. 248. Zuerst wird wiederholt, daß die Menschenrechte „das Heilige" sind und daher seitdem der Kampf um die Menschenrechte stattfindet. Womit Sankt Sancho bloß beweist, daß die materielle Basis dieses Kampfes ihm heilig, d. h. fremd geblieben ist. Weil „Menschenrecht" und „wohlerworbnes Recht" Beides „Rechte" sind, so sind sie „gleichberechtigt", und zwar hier im historischen Sinn „berechtigt". Weil Beides im juristischen Sinn „Rechte" sind, darum sind sie im historischen Sinn „gleichberechtigt". In dieser Weise kann man Alles in kürzester Frist abmachen, ohne etwas von der Sache zu wissen, und z. B. bei dem Kampfe um die Korngesetze in England sagen: Gegen den Profit (Vorteil) „wird dann ganz natürlich und gleichberechtigt" die Rente, die auch Profit (Vorteil) ist, „geltend gemacht". Vorteil gegen Vorteil, „wo natürlich Eins vom Andern verschrieen wird. Das ist der Kampf" um die Korngesetze seit 1815 in England1-171. -Übrigens konnte Stirner von vornherein sagen: Das bestehende Recht ist das Recht des Menschen, das Menschenrecht. Man „pflegt" es auch, von gewisser Seite her, „wohlerworbnes Recht" zu nennen. Wo bleibt also der Unterschied zwischen „Menschenrecht" und „wohlerworbnem Recht"? Wir wissen schon, daß das fremde, heilige Recht das ist, was mir von Fremden gegeben wird. Da nun die Menschenrechte auch die natürlichen angebornen Rechte genannt werden und bei Sankt Sancho der Name die
Sache selbst ist, so sind sie also die mir von der Natur, d. h. der Geburt gegebenen Rechte. Aber
„die wohlerworbnen Rechte kommen auf dasselbe hinaus, nämlich auf die Natur, welche Mir ein Recht gibt, d. h. die Geburt und weiter die Erbschaft" und so weiter. „Ich bin als Mensch geboren ist gleich: Ich bin als Königssohn geboren." p. 249, 250, wo denn auch dem Babeuf der Vorwurf gemacht wird, daß er nicht dies dialektische Talent der Auflösung des Unterschiedes besessen habe. Da „ Ich " „unter allen Umständen " „auch " Mensch ist, wie Sankt Sancho später konzediert, und diesem Ich daher „auch" das, was es als Mensch hat, zugute kommt, wie ihm z. B. als Berliner der Berliner Tiergarten zugute kommt, so kommt ihm „auch" das Menschenrecht „unter allen Umständen" zugut. Da er aber keineswegs „unter allen Umständen" als „Königssohn" geboren ist, kommt ihm das „wohlerworbne Recht" keineswegs „unter allen Umständen" zugute. Auf dem Rechtsboden ist daher ein wesentlicher Unterschied zwischen „Menschenrecht" und „wohlerworbnem Recht". Hätte er nicht seine Logik verdecken müssen, so „war hier zu sagen": Nachdem Ich den Rechtsbegriff aufgelöst zu haben meine, in der Weise, wie Ich überhaupt aufzulösen „pflege", so ist der Kampf um diese beiden speziellen Rechte ein Kampf innerhalb eines von Mir in Meiner Meinung aufgelösten Begriffes und braucht „daher" von Mir gar nicht weiter berührt zu werden. Zur Vermehrung der Gründlichkeit hätte Sankt Sancho noch folgende neue Wendung hinzufügen können: Auch das Menschenrecht ist erworben, also wohlerworben, und das wohlerworbene Recht ist von Menschen besessenes, menschliches, Menschenrecht. Daß man übrigens solche Begriffe, wenn man sie von der ihnen zugrunde liegenden empirischen Wirklichkeit trennt, wie einen Handschuh umdrehen kann, ist bereits von Hegel ausführlich genug bewiesen, bei dem diese Methode den abstrakten Ideologen gegenüber berechtigt war. Sankt Sancho braucht sie also nicht erst durch seine „unbeholfenen" „Machinationen" lächerlich zu machen. Bis jetzt „liefen" das wohlerworbne und das Menschenrecht „auf dasselbe hinaus", damit Sankt Sancho einen außer seinem Kopf in der Geschichte existierenden Kampf in nichts verflüchtigen konnte. Nun beweist uns unser Heiliger, daß er ebenso scharfsinnig im Distinguieren wie allmächtig im Zusammenwerfen ist, um einen neuen, im „schöpferischen Nichts" seines Kopfes existierenden schrecklichen Kampf hervorbringen zu können.
„Ich will auch zugeben" (großmütiger Sancho), „daß Jeder als Mensch geboren werde" (mithin nach der obigen, dem Babeuf vorgehaltenen Weisung, auch als
„ Königssohn"), „mithin die Neugebornen darin einander gleich seien... nur deshalb, weil sie sich noch als nichts anderes zeigen und betätigen, als eben als bloße - Menschenkinder, nackte Menschlein." Dagegen die Erwachsenen sind „Kinder ihrer eignen Schöpfung". Sie „besitzen mehr als bloß angeborne Rechte, sie haben Rechte erworben (Glaubt Stirner, daß das Kind ohne seine eigne Tat aus dem Mutterleib herauskam, eine Tat, durch die es sich erst das „Recht", außer dem Mutterleib zu sein, erwarb; und zeigt und betätigt sich jedes Kind nicht gleich von vornherein als „einziges" Kind?) „Welcher Gegensatz, welch ein Kampffeld! Der alte Kampf der angebornen Rechte und der wohlerworbnen Rechte!" p. 252. Welch ein Kampf der bärtigen Männer gegen die Säuglinge! Übrigens spricht Sancho bloß gegen die Menschenrechte, weil „man in neuester Zeit" wieder dagegen zu sprechen „pflegte". In Wahrheit hat er auch diese angebornen Menschenrechte sich „erworben". In der Eigenheit hatten wir schon den „gebornen Freien", wo er die Eigenheit zum angebornen Menschenrechte machte, indem er sich als bloß Geborner schon als Freier zeigte und betätigte. Noch mehr: „Jedes Ich ist von Geburt schon ein Verbrecher gegen den Staat", wo das Staatsverbrechen zum angebornen Menschenrecht wird und das Kind schon gegen etwas verbricht, was noch nicht für es, sondern wofür es existiert. Endlich spricht „Stirner" später von „gebornen beschränkten Köpfen", „gebornen Dichtern", „gebornen Musikern" usw. Da hier die Macht (musikalisches, dichterisches, resp. beschränktes Vermögen) angeboren und Recht = Macht ist, so sieht man, wie „Stirner" dem „Ich" die angebornen Menschenrechte vindiziert, wenn auch die Gleichheit diesmal nicht unter ihnen figuriert. Episode 2. Bevorrechtigt und gleichberechtigt. Den Kampf um Vorrecht und gleiches Recht verwandelt unser Sancho zunächst in den Kampf um die bloßen „Begriffe" bevorrechtigt und gleichberechtigt. Damit erspart er es sich, etwas von der mittelalterlichen Produktionsweise, deren politischer Ausdruck das Vorrecht, und der modernen, deren Ausdruck das Recht schlechthin, das gleicheRecht ist, und von dem Verhältnisse dieser beiden Produktionsweisen zu den ihnen entsprechenden Rechtsverhältnissen zu wissen. Er kann sogar die obigen beiden „Begriffe" auf den noch einfacheren Ausdruck gleich und ungleich reduzieren und nachweisen, daß Einem dasselbe (z. B. die andern Menschen, ein Hund usw.) je nachdem gleichgültig, d. h. gleich oder nicht gleich gültig, d. h. ungleich, verschieden, bevorzugt sein können usw. usw. „Ein Bruder aber, der niedrig ist, rühme sich seiner Höhe." Saint-Jacques le bonhomme 1,9.
20 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
II. Das Gesetz
Wir haben hier dem Leser ein großes Mysterium unsres heiligen Mannes zu enthüllen - nämlich, daß er seine ganze Abhandlung über das Recht mit einer allgemeinen Erklärung des Rechts beginnt, die ihm „entspringt", solange er vom Recht spricht, und von ihm erst dann wieder eingefangen wird, sobald er auf ganz etwas Anderes, nämlich auf das Gesetz, zu sprechen kommt. Damals rief das Evangelium unserm Heiligen zu: Richtet nicht, auf daß Ihr nicht gerichtet werdet - und er tat seinen Mund auf, lehrete und sprach:
„Das Recht ist der Geist der Gesellschaft." (Die Gesellschaft aber ist das Heilige.) „Hat die Gesellschaft einen Willen, so ist dieser Wille eben das Recht: sie besteht nur durch das Recht < Da sie aber nur dadurch besteht" (nicht durch das Recht, sondern nur dadurch), „daß sie über die Einzelnen eine Herrschaft ausübt, so ist das Recht ihr Herrscherwille." p. 244. D. h., „das Recht ... ist ... hat ... so ... eben ..., besteht nur ... da ... aber nur dadurch besteht... daß ... so ... Herrscherwille." Dieser Satz ist der vollendete Sancho. Dieser Satz „entsprang" unsrem Heiligen damals, weil er nicht in seine Thesen paßte, und wird jetzt teilweise wieder eingefangen, weil er ihm jetzt teilweise wieder paßt. „Es dauern die Staaten so lange, als es einen herrschenden Willen gibt und dieser herrschende Wille als gleichbedeutend mit dem eignen Willen angesehen wird. Des Herrn Wille ist Gesetz." p. 256. Der Herrscherwille der Gesellschaft = Recht, Der herrschende Wille ;= Gesetz — Recht = Gesetz. „Mitunter", d. h. als Wirtshausschild seiner „Abhandlung" über das Gesetz, wird sich auch noch ein Unterschied zwischen Recht und Gesetz herausstellen, der merkwürdigerweise beinahe ebensowenig mit seiner „Abhandlung" über das Gesetz zu tun hat als die „entsprungene" Definition des Rechts mit der „Abhandlung" über das „Recht": „Was aber Recht, was in einer Gesellschaft Rechtens ist, das kommt auch zu Worte im Gesetze." p. 255. Dieser Satz ist eine „unbeholfene" Kopie aus Hegel: „Was gesetzmäßig, ist die Quelle der Erkenntnis dessen, was Recht ist oder eigentlich was Rechtens ist." Was Sankt Sancho „zu Worte kommen" heißt, nennt Hegel auch „gesetzt", „gewußt" etc. „Rechtsphilosophie". § 211 seqq.
Warum Sankt Sancho das Recht als „den Willen" oder „Herrscherwillen" der Gesellschaft aus seiner „Abhandlung" über das Recht ausschließen mußte, ist sehr begreiflich. Nur insoweit das Recht als Macht des Menschen bestimmt war, konnte er es als seine Macht in sich zurücknehmen. Er mußte also seiner Antithese zulieb die materialistische Bestimmung der „Macht" festhalten und die idealistische des „ Willens" „entspringen" lassen. Warum er jetzt, wo er vom „Gesetze" spricht, den „Willen" wieder einfängt, werden wir bei den Antithesen über das Gesetz sehen. In der wirklichen Geschichte bildeten diejenigen Theoretiker, die die Macht als die Grundlage des Rechts betrachteten, den direktesten Gegensatz gegen diejenigen, die den Willen für die Basis des Rechts ansehen — einen Gegensatz, den Sankt Sancho auch als den von Realismus (Kind, Alter, Neger pp.) und Idealismus (Jüngling, Neuer, Mongole pp.) auffassen könnte. Wird die Macht als die Basis des Rechts angenommen, wie es Hobbes etc. tun, so sind Recht, Gesetz pp. nur Symptom, Ausdruck anderer Verhältnisse, auf denen die Staatsmacht beruht. Das materielle Leben der Individuen, welches keineswegs von ihrem bloßen „Willen" abhängt, ihre Produktionsweise und die Verkehrsform, die sich wechselseitig bedingen, ist die reelle Basis des Staats und bleibt es auf allen Stufen, auf denen die Teilung der Arbeit und das Privateigentum noch nötig sind, ganz unabhängig vom Willen der Individuen. Diese wirklichen Verhältnisse sind keineswegs von der Staatsmacht geschaffen, sie sind vielmehr die sie schaffende Macht. Die unter diesen Verhältnissen herrschenden Individuen müssen, abgesehen davon, daß ihre Macht sich als Staat konstituieren muß, ihrem durch diese bestimmten Verhältnisse bedingten Willen einen allgemeinen Ausdruck als Staatswillen geben, als Gesetz - einen Ausdruck, dessen Inhalt immer durch die Verhältnisse dieser Klasse gegeben ist, wie das Privat- und Kriminalrecht aufs Klarste beweisen. So wenig es von ihrem idealistischen Willen oder Willkür abhängt, ob ihre Körper schwer sind, so wenig hängt es von ihm ab, ob sie ihren eignen Willen in der Form des Gesetzes durchsetzen und zugleich von der persönlichen Willkür jedes Einzelnen unter ihnen unabhängig setzen. Ihre persönliche Herrschaft muß sich zugleich als eine Durchschnittsherrschaft konstituieren. Ihre persönliche Macht beruht auf Lebensbedingungen, die sich als Vielen gemeinschaftliche entwickeln, deren Fortbestand sie als Herrschende gegen andere und zugleich als für Alle geltende zu behaupten haben. Der Ausdruck dieses durch ihre gemeinschaftlichen Interessen bedingten Willens ist das Gesetz. Gerade das Durchsetzen der voneinander unabhängigen Individuen und ihrer eignen Willen, das auf dieser Basis in ihrem Verhalten gegeneinander notwendig egoistisch ist, macht die
Selbstverleugnung im Gesetz und Recht nötig, Selbstverleugnung im Ausnahmsfall, Selbstbehauptung ihrer Interessen im Durchschnittsfall (die daher nicht ihnen, sondern nur dem „mit sich einigen Egoisten" für Selbstverleugnung gilt). Dasselbe gilt von den beherrschten Klassen, von deren Willen es ebensowenig abhängt, ob Gesetz und Staat bestehen. Z. B. solange die Produktivkräfte noch nicht so weit entwickelt sind, um die Konkurrenz überflüssig zu machen, und deshalb die Konkurrenz immer wieder hervorrufen würden, solange würden die beherrschten Klassen das Unmögliche wollen, wenn sie den „Willen" hätten, die Konkurrenz und mit ihr Staat und Gesetz abzuschaffen. Übrigens entsteht dieser „Wille", ehe die Verhältnisse so weit entwickelt sind, daß sie ihn produzieren können, auch nur in der Einbildung des Ideologen. Nachdem die Verhältnisse weit genug entwickelt waren, ihn zu produzieren, kann der Ideologe diesen Willen als einen bloß willkürlichen und daher zu allen Zeiten und unter allen Umständen faßbaren sich vorstellen. Ebensowenig wie das Recht geht das Verbrechen, d. h. der Kampf des isolierten Einzelnen gegen die herrschenden Verhältnisse, aus der reinen Willkür hervor. Es hat vielmehr dieselben Bedingungen wie jene Herrschaft. Dieselben Visionäre, die im Recht und Gesetz die Herrschaft eines für sich selbständigen allgemeinen Willens erblicken, können im Verbrechen den bloßen Bruch des Rechts und Gesetzes sehen. Nicht der Staat besteht also durch den herrschenden Willen, sondern der aus der materiellen Lebensweise der Individuen hervorgehende Staat hat auch die Gestalt eines herrschenden Willens. Verliert dieser die Herrschaft, so hat sich nicht nur der Wille, sondern auch das materielle Dasein und Leben der Individuen, und bloß deswegen ihr Wille, verändert. Es ist möglich, daß Rechte und Gesetze sich „forterben"11221, aber sie sind dann auch nicht mehr herrschend, sondern nominell, wovon die altrömische und englische Rechtsgeschichte eklatante Beispiele liefern. Wir sahen schon früher, wie bei den Philosophen vermittelst der Trennung der Gedanken von den ihnen zur Basis dienenden Individuen und ihren empirischen Verhältnissen eine Entwicklung und Geschichte der bloßen Gedanken entstehen konnte. Ebenso kann man hier wieder das Recht von seiner realen Basis trennen, womit man dann einen „Herrscherwillen" herausbekommt, der sich in den verschiedenen Zeiten verschieden modifiziert und in seinen Schöpfungen, den Gesetzen, eine eigne selbständige Geschichte hat. Womit sich die politische und bürgerliche Geschichte in eine Geschichte der Herrschaft von aufeinanderfolgenden Gesetzen ideologisch auflöst. Dies ist die spezifische Illusion der Juristen und Politiker, die Jacques le bonhomme sans fa^on1 adoptiert. Er macht sich dieselbe Illusion wie etwa
1 ohne Umstände
\ Friedrich Wilhelm IV., der auch die Gesetze für bloße Einfälle des Herrscherwillens hält und daher immer findet, daß sie am „plumpen Etwas "[123] der Welt scheitern. Kaum [eine] seine[r] durchaus unschädlichen Marotten realisiert er weiter als in Cabinetsordren. Er befehle einmal 25 Millionen Anleihen, den hundertzehnten Teil der englischen Staatsschuld, und er wird sehen, wessen Wille sein Herrscherwille ist. Wir werden übrigens auch später finden, daß Jacques le bonhomme die Phantome oder Spuke seines Souveräns und Mitberliners als Dokumente benutzt, um daraus seine eignen theoretischen Sparren über Recht, Gesetz, Verbrechen usw. zu spinnen. Es darf uns dies um so weniger wundern, da selbst der Spuk der „Vossischen Zeitung" ihm zu wiederholten Malen etwas „präsentiert", z. B. den Rechtsstaat. Die oberflächlichste Betrachtung der Gesetzgebung, z. B. der Armengesetzgebung in allen Ländern, wird zeigen, wie weit es die Herrschenden brachten, wenn sie durch ihren bloßen „Herrscherwillen", d. h. als nur Wollende, irgend etwas durchsetzen zu können sich einbildeten. Sankt Sancho muß übrigens die Illusion der Juristen und Politiker über den Herrscherwillen akzeptieren, um in den Gleichungen und Antithesen, an denen wir uns gleich ergötzen werden, seinen eignen Willen herrlich leuchten lassen zu können und dahin zu kommen, daß er sich irgendeinen Gedanken, den er sich in den Kopf gesetzt hat, wieder aus dem Kopf schlagen kann. „Meine lieben Brüder, achtet es eitel Freude, wenn ihr in Anfechtungen fallet." Saint-Jacques le bonhomme 1,2. Gesetz = Herrscherwille des Staats, = Staatswillen. Anthithesen: Staatswille, fremder Wille — Mein Wille, eigner Wille. Herrscherwille des Staats — Eigner Wille Meiner — Mein Eigenwille. Staatseigne, die das Gesetz des | (»Selbsteigne (Einzige), c. . ^ <— \ die ihr Liesetz in sich selbst btaats tragen J [tragen, p. zoo. Gleichungen: A) Der Staatswille = Nicht Mein Wille. B) Mein Wille = Nicht der Staatswille. C) Wille = Wollen. D) Mein Wille = Nichtwollen des Staats, = Wille wider den Staat, = Widerwille gegen den Staat.
E) Den Nichtstaat wollen = Eigenwille. Eigenwille = Den Staat nicht wollen. F) Der Staatswille = Das Nichts Meines Willens, = Meine Willenlosigkeit. G) Meine Willenlosigkeit = Sein des Staatswillens. (Schon aus dem Früheren wissen wir, daß das Sein des Staatsiüillens gleich ist dem Sein des Staats, woraus sich folgende neue Gleichung ergibt:) H) Meine Willenlosigkeit = Sein des Staats. I) Das Nicht Meiner Willenlosigkeit = Nichtsein des Staats. K) Der Eigenwille = Das Nichts des Staats. L) Mein Wille = Nichtsein des Staats. Note 1. Schon nach dem oben zitierten Satze von p. 256 „dauern die Staaten so lange, als der herrschende Wille als gleichbedeutend mit dem eignen Willen angesehen wird.". Note 2. „Wer, um' zu bestehen" (wird dem Staat ins Gewissen geredet), „auf die Willenlosigkeit Andrer rechnen muß, der ist ein Machwerk dieser Andern, wie der Herr ein Machwerk des Dieners ist." p. 257. (Gleichungen F, G, H, I.) Note 3. „Der eigne Wille Meiner ist der Verderber des Staats. Er wird deshalb von Letzterem als Eigenwille gebrandmarkt. Der eigne Wille und der Staat sind todfeindliche Mächte, zwischen welchen kein ewiger Friede möglich ist." p. 257. - „Daher überwacht er auch wirklich Alle, er sieht in Jedem einen Egoisten" (den Eigenwillen), „und vor dem Egoisten fürchtet er sich." p. 263. „Der Staat ... widersetzt sich dem Zweikampf ... selbst jede Prügelei wird gestraft" (auch wenn man die Polizei nicht herbeiruft), p. 245. Note 4. „Für ihn, den Staat, ist's unumgänglich nötig, daß Niemand einen eignen Willen habe; hätte ihn Einer, so müßte der Staat ihn ausschließen" (einsperren, verbannen); „hätten ihn Alle" („wer ist diese Person, die Ihr .Alle' nennt?"), „so schafften sie den Staat ab." p. 257. Dies kann nun auch rhetorisch ausgeführt werden: „Was helfen Deine Gesetze, wenn sie Keiner befolgt, was Deine Befehle, wenn sich Niemand befehlen läßt?" p. 256.*
* [Im Manuskript gestrichen:] Note 5. „Man bemüht sich, Gesetz von willkürlichem Befehl, von einer Ordonnanz zu unterscheiden ... Allein Gesetz über menschliches
Note 5. Die einfache Antithese: Staatswille - Mein Wille erhält im Folgenden eine scheinbare Motivierung: „Dächte Man sich auch seihst den Fall, daß jeder Einzelne im Volk den gleichen Willen ausgesprochen hätte und hierdurch ein vollkommener GesamtWille" (!) „zustande gekommen wäre: die Sache bliebe dennoch dieselbe. Wäre Ich nicht an Meinen gestrigen Willen heute und ferner gebunden? ... Mein Geschöpf, nämlich ein bestimmter Willensausdruck, wäre Mein Gebieter geworden; Ich aber ... der Schöpfer, wäre in Meinem Flusse und Meiner Auflösung gehemmt ... Weil Ich gestern ein Wollender war, bin Ich heute ein Willenloser, gestern freiwillig, heute unfreiwillig." p. 258. Den alten, von Revolutionären wie Reaktionären schon oft ausgesprochenen Satz, daß in der Demokratie die Einzelnen ihre Souveränetät nur für einen Moment ausüben, dann aber sogleich wieder von der Herrschaft zurücktreten, sucht sich Sankt Sancho hier auf eine „unbeholfene" Art anzueignen, indem er seine phänomenologische Theorie von Schöpfer und Geschöpf auf ihn anwendet. Die Theorie von Schöpfer und Geschöpf benimmt diesem Satze aber allen Sinn. Sankt Sancho ist nach dieser seiner Theorie nicht heute ein Willenloser, weil er seinen gestrigen Willen geändert hat, d. h. einen anders bestimmten Willen hat, und nun das dumme Zeug, was er gestern als seinen Willensausdruck zum Gesetz erhob, seinen heutigen besser erleuchteten Willen als Band oder Fessel drückt. Nach seiner Theorie muß vielmehr sein heutiger Wille die Verneinung seines gestrigen sein, weil er die Verpflichtung hat, sich als Schöpfer auflösend zu seinem gestrigen Willen zu verhalten. Nur als „Willenloser" ist er Schöpfer, als wirklich Wollender ist er stets Geschöpf. (Siehe die „Phänomenologie".) Dann aber ist er, „weil er gestern ein Wollender war", keineswegs heute ein „Willenloser", sondern vielmehr ein Widerwilliger gegen seinen gestrigen Willen, mag dieser die
Handeln ... ist eine Willenserklärung, mithin Befehl (Ordonnanz)" p. 256 ... „Es mag Jemand wohl erklären, was er sich gefallen lassen wolle, mithin'durch ein Gesetz das Gegenteil sich verbitten, widrigenfalls er den Übertreter als seinen Feind behandeln werde ... Ich muß Mirs gefallen lassen, daß er Mich als seinen Feind behandelt, allein niemals, daß er mit Mir als seiner Kreatur umspringt, und daß er seine Vernunft oder auch Unvernunft zu Meiner Richtschnur macht." p. 256. - Hier hat also unser Sancho gegen das Gesetz Nichts einzuwenden, sobald es den Übertreter als einen Feind behandelt. Die Feindschaft wider das Gesetz geht nur gegen die Form, nicht gegen den Inhalt. Jedes Repressivgesetz, das ihm mit Galgen und Rad droht, ist ihm ganz recht, insofern er es als eine Kriegserklärung fassen kann. Sankt Sancho beruhigt sich, wenn man ihm nur die Ehre antut, ihn als Feind, nicht als Kreatur anzusehen. In der Wirklichkeit ist er höchstens der Feind „des Menschen", aber die Kreatur der Berliner Verhältnisse.
Form des Gesetzes angenommen haben oder nicht. Er kann ihn in beiden Fällen auflösen, wie er überhaupt aufzulösen pflegt, nämlich als seinen Willen. Damit hat er dem mit sich einigen Egoismus vollkommen Genüge geleistet. Ob also sein gestriger Wille als Gesetz eine Existenzform außer seinem Kopfe angenommen hat oder nicht, ist hier ganz gleichgültig, besonders wenn wir bedenken, wie schon oben das „aus ihm heraus entsprungene Wort" sich ebenfalls rebellisch gegen ihn verhielt. Und dann will im obigen Satze Sankt Sancho ja nicht seine Eigenwilligkeit, sondern seine Freiwilligkeit, Willensfreiheit, Freiheit wahren, was ein arger Verstoß gegen den Moralkodex des mit sich einigen Egoisten ist. In diesem Verstoße befangen, geht Sankt Sancho sogar so weit, daß er die oben so sehr verschriene innerliche Freiheit, die Freiheit des Widerwillens, als die wahre Eigenheit proklamiert. „Wie zu ändern?" ruft Sancho aus. „Nur dadurch, daß Ich keine Pflicht anerkenne, d.h. Mich nicht binde oder binden lasse. - Allein man wird Mich binden! Meinen Willen kann niemand binden und Mein Widerwille bleibt frei!" p. 258. Pauken und Trompeten huld'gen Seiner jungen Herrlichkeit ![124] Wobei Sankt Sancho vergißt, die „einfache Reflexion anzustellen", daß sein „Wille" allerdings insofern „gebunden" ist, als er wider seinen Willen ein „Widerwille" ist. In dem obigen Satze über das Gebundensein des Einzelwillens durch den als Gesetz ausgedrückten allgemeinen Willen vollendet sich übrigens die idealistische Anschauungsweise vom Staat, für die es sich bloß vom Willen handelt und die bei französischen und deutschen Schriftstellern zu den spitzfindigsten Quästiunculis1 geführt hat.* Wenn es sich übrigens nur um das „Wollen", nicht um das „Können", und im schlimmsten Falle nur um den „Widerwillen" handelt, so ist nicht
* [Im Manuskript gestrichen:! Ob der Eigenwille eines Individuums sich morgen unter dem Gesetz gedrückt fühlt, das er gestern machen half, hängt davon ab, ob neue Umstände eingetreten, ob seine Interessen so weit verändert sind, daß das gestern gemachte Gesetz nicht mehr diesen veränderten Interessen entspricht. Wirken diese neuen Umstände auf die Interessen der ganzen herrschenden Klasse, so wird diese Klasse das Gesetz ändern, wirken sie nur auf Einzelne, so bleibt ihr Widerwille von der Majorität natürlich unbeachtet. Mit dieser Freiheit des Widerwillens ausgerüstet, kann Sancho nun die Beschränkung des Willens des Einen durch den Willen der Andern, die eben die Grundlage der obigen idealistischen Auffassung des Staats bildet, wiederherstellen. „Es müßte ja Alles drunter und drüber gehen, wenn Jeder tun könnte, was er
1 winzigen (gelehrten) Fragen
abzusehen, warum Sankt Sancho einen so ergiebigen Gegenstand des „Wollens" und „Widerwillens", wie das Staatsgesetz ist, platterdings beseitigen will. „Gesetz überhaupt pp. - soweit sind wir heute." p. 256. Was Jacques le bonhomme nicht alles glaubt.
Die bisherigen Gleichungen waren rein vernichtend gegen den Staat und das Gesetz. Der wahre Egoist mußte sich rein vernichtend gegen Beide verhalten. Die Aneignung vermißten wir, obwohl wir dagegen die Freude hatten, Sankt Sancho das große Kunststück verrichten zu sehen, wie man durch eine bloße Veränderung des Willens, die natürlich wieder vom bloßen Willen abhängt, den Staat vernichtet. Indessen auch an der Aneignung fehlt es hier nicht, obgleich sie hier nur ganz nebenherläuft und erst später „mitunter" Resultate haben kann. Die obigen zwei Antithesen Staatswille, fremder Wille — Mein Wille, eigner Wille, Herrscherwille des Staats — Eigner Wille Meiner können auch so zusammengefaßt werden: Herrschaft des fremden Willens — Herrschaft des eignen Willens. In dieser neuen Antithese, die übrigens seiner Vernichtung des Staats durch seinen Eigenwillen fortwährend versteckt zugrunde lag, eignet er sich die politische Illusion über die Herrschaft der Willkür, des ideologischen Willens an. Er konnte dies auch so ausdrücken: Willkür des Gesetzes — Gesetz der Willkür. Zu dieser Einfachheit des Ausdrucks hat es Sankt Sancho indes nicht gebracht.
wollte.-Wer sagt denn, daß Jeder Alles tun kann?" („was er will", ist hier weislich ausgelassen). „Werde Jeder von Euch ein allmächtiges Ich!" ging die Rede des mit sich einigen Egoisten. „Wozu", heißt es weiter, „wozu bist Du denn da, der Du nicht Alles Dir gefallen zu lassen brauchst? Wehre Dich, so wird Dir keiner was tun." p. 259 - und um den letzten Schein des Unterschieds wegfallen zu lassen, läßt er hinter dem einen „Dir" noch „einige Millionen" „zum Schutz stehen", so daß seine ganze Verhandlung sehr wohl als „unbeholfener" Anfang einer Staatstheorie im Rousseauschen Sinne dieser dienen kann.
In der Antithese III haben wir schon ein „Gesetz in ihm"; aber er eignet sich das Gesetz noch direkter an in folgender Antithese: Gesetz, Willenserklärung des 1 f Gesetz, Willenserklärung Meiner, Staats j | Meine Willenserklärung.
„Es kann Jemand wohl erklären, was er sich gefallen lassen will, mithin durch ein Gesetz das Gegenteil sich verbitten" pp., p. 256. Dies Verbitten wird mit obligaten Drohungen begleitet. Diese letzte Antithese ist von Wichtigkeit für den Abschnitt über das Verbrechen. Episoden, p. 256 wird uns erklärt, daß „Gesetz" von „willkürlichem Befehl, Ordonnanz" nicht verschieden sei, weil Beides = „Willenserklärung", mithin „Befehl", -p. 254,255,260,263 wird unter dem Schein, als werde von „dem Staat" gesprochen, der preußische Staat untergeschoben und die wichtigen Fragen der „Vossischen Zeitung" über Rechtsstaat, Absetzbarkeit der Beamten, Beamtenhochmut und dergl. dummes Zeug verhandelt. Das einzig Wichtige ist die Entdeckung, daß die altfranzösischen Parlamente auf dem Rechte bestanden, königliche Edikte zu registrieren, weil sie „nach eignem Rechte richten" wollten. Das Registrieren der Gesetze durch die französischen Parlamente kam auf zugleich mit der Bourgeoisie und der für die damit absolut werdenden Könige gesetzten Notwendigkeit, sowohl dem Feudaladel wie fremden Staaten gegenüber einen fremden Willen, von dem der ihrige abhängig sei, vorzuschützen und zugleich den Bourgeois eine Garantie zu geben. Sankt Max kann sich dies aus der Geschichte seines geliebten Franz I. eines Weiteren verständlich machen; im Übrigen möge er sich aus den vierzehn Bänden „Des Etats generaux et autres assemblees nationales",Paris 1788, über das, was die französischen Parlamente wollten oder nicht wollten und was sie zu bedeuten hatten, einigermaßen Rats erholen, ehe er sie wieder in den Mund nimmt. Überhaupt wäre es wohl am Ort, hier eine kurze Episode über die Belesenheit unsres eroberungssüchtigen Heiligen einzulegen. Abgesehen von den theoretischen Büchern, wie Feuerbachs und B.Bauers Schriften, sowie von der Hegeischen Tradition, die seine Hauptquelle bildet abgesehen von diesen notdürftigsten theoretischen Quellen benutzt und zitiert unser Sancho folgende historische Quellen: Für die französische Revolution Rutenbergs „Politische Reden" und die Bauerschen „Denkwürdigkeiten"; für den Kommunismus Proudhon, A.Beckers „Volksphilosophie", die „Einundzwanzig Bogen" und den Bluntschlibericht; für den Liberalismus die „Vossische Zeitung", die sächsischen Vaterlandsblätter, die badische Kammer, wieder die „Einundzwanzig Bogen" und E.Bauers epochemachende Schrift; außerdem werden noch hier und da als historische Belege zitiert:
die Bibel, Schlossers „18. Jahrhundert", Louis Blancs „Histoire de dix ans", Hinrichs' „Politische Vorlesungen", Bettina: „Dies Buch gehört dem König", Heß' „Triarchie", die „Deutsch-Französischen Jahrbücher", die Züricher „Anekdota", Moriz Carriere über den Kölner Dom, Sitzung der Pariser Pairskammer vom 25. April 1844, Karl Nauwerck, „EmiliaGalotti"[125], die Bibel kurz, das ganze Berliner Lesekabinett samt seinem Eigentümer Willibald Alexis Cabanis. Man wird es nach dieser Probe von Sanchos tiefen Studien erklärlich finden, daß so unendlich viel Fremdes, d. h. Heiliges für ihn in dieser Welt existiert.
III. Das Verbrechen
Note 1. „Läßt Du Dir von einem Andern Recht geben, so mußt Du nicht minder Dir von ihm Unrecht geben lassen. Kommt Dir von ihm die Rechtfertigung und Belohnung, so erwarte auch seine Anklage und Strafe. Dem Rechte geht das Unrecht, der Gesetzlichkeit das Verbrechen zur Seite. Was - bist - Du? - Du - bist - ein - VerbrecherW p.262. Dem code civil1 geht der code penal2, dem code p£nal der code de commerce3 zur Seite. Was bist Du? Du bist ein -Commergant! Sankt Sancho konnte uns diese nervenerschütternde Überraschung sparen. Bei ihm hat das „Läßt Du Dir von einem Andern Recht geben, so mußt Du Dir auch Unrecht von ihm geben lassen" allen Sinn verloren, insofern dadurch eine neue Bestimmung hinzukommen soll; denn bei ihm heißt es schon nach einer früheren Gleichung: Läßt Du Dir von einem Andern Recht geben, so läßt Du Dir fremdes Recht, also Dein Unrecht geben.
A) Einfache Kanonisation von Verbrechen und Strafe a) Verbrechen Was das Verbrechen anbetrifft, so ist es, wie wir schon sahen, der Name für eine allgemeine Kategorie des mit sich einigen Egoisten, Negation des Heiligen, Sünde. In den angeführten Antithesen und Gleichungen über die Beispiele des Heiligen: Staat, Recht, Gesetz konnte die negative Beziehung des Ich auf diese Heiligen oder die Kopula auch Verbrechen genannt werden, wie bei der Hegeischen Logik, die ebenfalls ein Beispiel des Heiligen ist, Sankt Sancho auch sagen kann: Ich bin nicht die Hegeische Logik, Ich bin ein Sünder gegen die Hegeische Logik. Er mußte nun, da er vom Recht, Staat pp. sprach, fortfahren: Ein andres Beispiel der Sünde oder des Ver
1 bürgerlichen Gesetzbuch - 2 Strafgesetzbuch - 3 Handelsgesetzbuch
brechens sind die sogenannten juristischen oder politischen Verbrechen. Statt dessen tut er uns wieder ausführlich dar, daß diese Verbrechen seien die Sünde gegen das Heilige, „ „ „ die fixe Idee, „ „ „ das Gespenst, „ „ „ „den Menschen".
„Nur gegen ein Heiliges gibt es Verbrecher." p. 268. „Der Kriminalkodex hat nur durch das Heilige Bestand." p. 318. „Aus der fixen Idee entstehen die Verbrechen." p. 269. „Man sieht hier, wie es wieder ,der Mensch* ist, der auch den Begriff des Verbrechens, der Sünde und damit den des Rechts zuwege bringt." (Vorhin war es umgekehrt.) „Ein Mensch, in welchem Ich nicht den Menschen erkenne, ist ein Sünder." p. 268. Note 1.
„Kann Ich annehmen, daß Einer gegen Mich ein Verbrechen begehe" (wird im Gegensatz zum französischen Volk in der Revolution behauptet), „ohne anzunehmen, daß er so handeln müsse, wie Ich's für gut finde? Und dieses Handeln nenne Ich das Rechte, Gute pp., das Abweichende ein Verbrechen. Mithin denke Ich, die Andern müßten auf dasselbe Ziel mit Mir losgehen ... als Wesen, die irgendeinem .vernünftigen' Gesetze" (Beruf! Bestimmungl Aufgabe! Das Heilige!!!) „gehorchen sollen. Ich stelle auf, was der Mensch sei und was wahrhaft menschlich handeln heiße, und fordere von Jedem, daß ihm dies Gesetz Norm und Ideal werde, widrigenfalls er sich als Sünder und Verbrecher ausweise ..." p. [267,1 268. Dabei weint er eine ahnungsvolle Träne auf dem Grabe der „eigenen Menschen", die zur Schreckenszeit vom souveränen Volk im Namen des Heiligen geschlachtet wurden. Er zeigt weiter an einem Beispiel, wie von diesem heiligen Standpunkt aus die Namen der wirklichen Verbrechen konstruiert werden können.
„Wird, wie in der Revolution, das, was das Gespenst, der Mensch sei, als ,guter Bürger' gefaßt, so gibt es von diesem Begriffe des Menschen die bekannten .politischen Vergehen und Verbrechen'." (Soll heißen: so gibt dieser Begriff pp. die bekannten Verbrechen von sich.) p. 268. Wie sehr die Leichtgläubigkeit in dem Abschnitt über das Verbrechen die vorherrschende Qualität unsres Sancho ist, davon haben wir hier ein glänzendes Exempel, indem er die Sansculotten der Revolution vermittelst einer synonymischen Mißhandlung des Wortes citoyen in Berliner „gute Bürger" verwandelt. „Gute Bürger und treue Beamte" gehören nach Sankt Max unzertrennlich zusammen. „Robespierre z.B., Saint-Just usw." wären also die
„treuen Beamten", während Danton einen Kassendefekt sich zuschulden kommen ließ und die Gelder des Staats verschleuderte. Sankt Sancho hat einen guten Anfang zu einer Revolutionsgeschichte für den preußischen Bürger und Landmann gemacht. Note 2. Nachdem Sankt Sancho uns so das politische und juristische Verbrechen als ein Beispiel des Verbrechens überhaupt, nämlich seiner Kategorie des Verbrechens, der Sünde, der Negation, Feindschaft, Beleidigung, Verachtung des Heiligen, des unanständigen Betragens gegen das Heilige, vorgeführt hat, kann er nun getrost erklären: „ Im Verbrechen hat sich bisher der Egoist behauptet und das Heilige verspottet." P.319! An dieser Stelle werden alle bisherigen Verbrechen dem mit sich einigen Egoisten ins Credit geschrieben, obwohl wir späterhin wieder Einiges davon ins Debet werden übertragen müssen. Sancho glaubt, man habe bisher nur Verbrechen begangen, um „das Heilige" zu verspotten und sich nicht gegen die Dinge, sondern gegen das Heilige an den Dingen zu behaupten. Weil der Diebstahl eines armen Teufels, der sich einen fremden Taler aneignet, unter die Kategorie des Verbrechens gegen das Gesetz subsumiert werden kann, darum beging dieser arme Teufel den Diebstahl aus reiner Lust, das Gesetz zu brechen. Gerade wie Jacques le bonhomme sich oben einbildete, nur um des Heiligen willen seien überhaupt Gesetze gegeben worden und nur um des Heiligen willen würden Diebe eingesteckt.
b) Strafe Da wir gerade mit juristischen und politischen Verbrechen uns zu schaffen machen, so findet sich bei dieser Gelegenheit, daß dergleichen Verbrechen „im gewöhnlichen Verstände" eine Strafe nach sich zu ziehen pflegen, oder auch, wie geschrieben steht, „der Tod der Sünde Sold ist". Es versteht sich nun, nach dem, was wir bereits über das Verbrechen vernommen haben, daß die Strafe die Selbstverteidigung und Abwehr des Heiligen gegen die Entheiliger ist. Note 1. „Die Strafe hat nur dann einen Sinn, wenn sie Sühne für Verletzung eines Heiligen sein soll." p. 316. In der Strafe „verfallen Wir in die Torheit, das Recht, den Spuk" (das Heilige) „befriedigen zu wollen. Das Heilige soll sich" hier „gegen den Menschen wehren." (Sankt Sancho „verfällt hier in die Torheit", „den Menschen" für „die Einzigen", „eignen Ichs" usw. zu versehen.) p. 318.
Note 2. „Der Kriminalkodex hat nur durch das Heilige Bestand und verkommt von selbst, wenn man die Strafe aufgibt." p. 318. Sankt Sancho will eigentlich sagen: die Strafe verkommt von selbst, wenn man den Kriminalkodex aufgibt, d. h., die Strafe besteht nur durch den Kriminalkodex. „Ist aber nicht ein" nur durch die Strafe existierender Kriminalkodex „ein Unsinn, und ist eine" nur durch den Kriminalkodex existierende Strafe „nicht auch ein Unsinn?" (Sancho contra Heß, Wig[and,] p. 186.) Sancho versieht hier den Kriminalkodex für ein Lehrbuch der theologischen Moral.
Note 3. Als Beispiel, wie aus der fixen Idee das Verbrechen entsteht, Folgendes: „Die Heiligkeit der Ehe ist eine fixe Idee. Aus der Heiligkeit folgt, daß die Untreue ein Verbrechen ist, und es setzt daher ein gewisses Ehegesetz * (zum großen Arger der „d 1 Kammern" und des „Kaisers aller R "2, nicht minder des „Kaisers von Japan" und des „Kaisers von China" und speziell des „Sultans") „eine kürzere oder längere Strafe darauf." p. 269. Friedrich Wilhelm IV., der da glaubt, nach dem Maßstabe des Heiligen Gesetze geben zu können, und sich deswegen stets mit aller Welt brouilliert, kann sich damit trösten, daß er an unsrem Sancho wenigstens Einen Staatsgläubigen gefunden hat. Sankt Sancho vergleiche das preußische Ehegesetz, das bloß im Kopfe seines Autors existiert, einmal mit den praktisch geltenden Bestimmungen des Code civil, wo er den Unterschied zwischen heiligen und weltlichen Ehegesetzen finden kann. In der preußischen Phantasmagorie soll die Heiligkeit der Ehe von Staats wegen sowohl gegen den Mann wie gegen die Frau geltend gemacht werden; in der französischen Praxis, wo die Frau als Privateigentum des Mannes angesehen wird, kann nur die Frau, und auch sie nur auf Verlangen des Mannes, der sein Eigentumsrecht geltend macht, wegen Ehebruch bestraft werden.
B) Aneignung von Verbrechen und Strafe durch Antithese Brechen des Gesetzes des Menschen (der Willenserklärung des Staats, der Staatsgewalt) p. 259ff. Verbrechen im Sinne des Menschen
1 deutschen - 2 Reußen
Verbrechen im Sinne Meiner = Brechen des Gesetzes Meiner (Meiner Willenserklärung, Meiner Gewalt) p. 256 und passim. Diese beiden Gleichungen stehen einander antithetisch gegenüber und gehen bloß aus dem Gegensatz von „der Mensch" und „Ich" hervor. Sie sind nur Zusammenfassung des bereits Dagewesenen. Das Heilige straft den „Ich" „Ich strafe den ,Ich\" Verbrechen = Feindschaft gegen j lFdndschaft = Verbrechen gegen das das Gesetz des Men- - Gesetz Meiner. ' sehen (das Heilige), j [ Verbrecher — der Feind oder Gegner gegen den Heiligen (das Heilige als moralische Person). Feind oder Gegner — der Verbrecher gegen „Ich", den Leiblichen. Strafen Sich Wehren des Hei- ) j Mich Wehren = Strafe Meiner ligen gegen „Ich". J \ gegen „Ich". Strafe — Genugtuung (Rache) ] (n ± /D r \ e r des Menschen gegen ~ Gen^tuung (Rache) - Strafe jck« I I Meiner gegen „Ich .
In der letzten Antithese kann die Genugtuung auch Selbstgenugtuung genannt werden, da es die Genugtuung Meiner im Gegensatz zur Genugtuung des Menschen ist. Hält man nun in den obigen antithetischen Gleichungen immer nur das erste Glied im Auge, so ergibt sich folgende Reihe einfacher Antithesen, wo in der These immer der heilige, allgemeine, fremde Namen, in der Antithese immer der profane, persönliche, angeeignete Namen steht. Verbrechen — Feindschaft. Verbrecher — Feind oder Gegner. Strafen — Mich Wehren. gtra£e | Genugtuung, Rache, Selbst( genugtuung. Wir werden sogleich ein geringes Wörtchen über diese Gleichungen und Antithesen zu sagen haben, die so einfach sind, daß selbst „ein geborner Dummerjan" (p. 434) sich diese „einzige" Methode des Denkens in fünf
Minuten aneignen kann. Vorher noch einige andre Belegstellen als die schon dagewesenen. Note 1. „Gegen Mich kannst du nie ein Verbrecher sein, sondern nur ein Gegner", p. 268 und „Feind" in demselben Sinne p. 256. - Verbrechen als Feindschaft des Menschen hierfür werden p. 268 die „Feinde des Vaterlandes" als Beispiel angeführt. - „An die Stelle der Strafe soll" (moralisches Postulat) „die Genugttumg treten, die wiederum nicht darauf abzielen kann, dem Recht oder der Gerechtigkeit genungzutun, sondern Uns ein Genüge zu verschaffen." p. 318. Note 2. Indem Sankt Sancho gegen den Heiligenschein (die Klappermühle) der bestehenden Gewalt kämpft, lernt er nicht einmal diese Gewalt kennen und greift sie selbst noch viel weniger an; er stellt nur die moralische Forderung, daß man die Beziehung des Ich auf sie formell ändere. (Siehe Logik.) „Ich muß Mir's gefallen lassen" (aufgespreizte Beteuerung), „daß er" (sc.1 Mein Feind, der ein paar Millionen hinter sich stehen hat) „Mich als seinen Feind behandelt; allein niemals, daß er mit Mir als seiner Kreatur umspringt und daß er seine Vernunft oder Unvernunft zu Meiner Richtschnur macht." p.256 (wo er dem P.P. Sancho eine sehr beschränkte Freiheit läßt, nämlich die Wahl, sich als seine Kreatur behandeln zu lassen oder die 3300 ihm von Merlin auf die posaderas2 gebundenen Prügel zu ertragen. Diese Freiheit läßt ihm jeder Kriminalkodex, der ihn freilich nicht erst fragt, in welcher Weise er dem P.P. Sancho seine Feindschaft zu erklären hat). - „Aber wenn Ihr dem Gegner auch als Macht imponiert'' (ihm „eine imposante Macht" seid), „eine geheiligte Autorität seid Ihr darum doch nicht; er müßte denn ein Schächer sein. Respekt und Achtung ist er Euch nicht schuldig, wenn er sich auch vor Euch und Eurer Gewalt in Acht nimmt." p. 258. Sankt Sancho tritt hier selbst als „Schächer" auf, indem er um den Unterschied von „Imponieren" und „Respektiert werden", „in Acht nehmen" und „Achtung haben", einen Unterschied von höchstens einem Sechzehntel, mit vielem Ernste schachert. Wenn Sankt Sancho sich vor Jemand „in Acht nimmt", so „lebt er in der Reflexion und hat er einen Gegenstand, auf den er reflektiert, den er respektiert und vor dem er Ehrfurcht und Furcht empfindet". p. 115. - In den obigen Gleichungen ist die Strafe, Rache, Genugtuung pp. bloß als von Mir ausgehend dargestellt; insofern Sankt Sancho der Gegenstand der Genugtuung ist, können die Antithesen umgedreht werden: Hiermit verwandelt sich die Selbstgenugtuung in das Einem-Andern-an-Mirgenug-getan-Werden oder Meinem-Genüge-Abbruch-getan-Werden.
1 scilicet = nämlich - 2 Sitzfleischhälften
Note 3. Dieselben Ideologen, die sich einbilden konnten, daß das Recht, Gesetz, der Staat pp. aus einem allgemeinen Begriff, etwa in letzter Instanz dem Begriff des Menschen, hervorgegangen und um dieses Begriffes willen ausgeführt worden seien, dieselben Ideologen können sich natürlich auch einbilden, Verbrechen würden aus reinem Übermut gegen einen Begriff begangen, Verbrechen seien überhaupt weiter Nichts als Verspottung von Begriffen und würden nur bestraft, um den verletzten Begriffen Genüge zu leisten. Hierüber haben wir oben beim Recht und schon früher bei der Hierarchie bereits das Nötige gesagt, worauf wir hiermit zurückverweisen. In den obigen Antithesen wird den kanonisierten Bestimmungen Verbrechen, Strafe pp. der Name einer andern Bestimmung gegenübergestellt, die Sankt Sancho sich aus diesen ersten Bestimmungen nach seiner beliebten Manier herausnimmt und aneignet. Diese neue Bestimmung, die, wie gesagt, als bloßer Namen hier auftritt, soll als profan die unmittelbar individuelle Beziehung enthalten und das tatsächliche Verhältnis ausdrücken. (Siehe Logik.) In der Rechtsgeschichte findet sich nun, daß in den frühesten und rohesten Epochen diese individuellen, tatsächlichen Verhältnisse in ihrer krassesten Gestalt ohne Weiteres das Recht konstituierten. Mit der Entwickelung der bürgerlichen Gesellschaft, also mit der Entwickelung der persönlichen Interessen zu Klasseninteressen veränderten sich die Rechtsverhältnisse und zivilisierten ihren Ausdruck. Sie wurden nicht mehr als individuelle, sondern als allgemeine aufgefaßt. Gleichzeitig übertrug die Teilung, der Arbeit die Wahrung der kollidierenden Interessen der einzelnen Individuen an Wenige, womit auch die barbarische Geltendmachung des Rechts verschwand. Die ganze Kritik Sankt Sanchos über das Recht beschränkt sich in den obigen Antithesen darauf, den zivilisierten Ausdruck der Rechtsverhältnisse und die zivilisierte Teilung der Arbeit für eine Frucht der „fixen Idee", des Heiligen, zu erklären und dagegen den barbarischen Ausdruck und die barbarische Art, sie zu schlichten, sich zu vindizieren. Es handelt sich für ihn nur um die Namen, die Sache selbst berührt er nicht, da er die wirklichen Verhältnisse nicht kennt, auf denen diese verschiedenen Formen des Rechts beruhen, und in dem juristischen Ausdruck der Klassenverhältnisse nur die idealisierten Namen jener barbarischen Verhältnisse erblickt. So finden wir in der Stirnerischen Willenserklärung das Befehden, in der Feindschaft, Sich Wehren pp. den Abklatsch des Faustrechts und die Praxis des älteren Feudalwesens, in der Genugtuung, Rache pp. das jus talionis, die altgermanische Gewere, die compensatio, satisfactio, kurz die Hauptsachen aus den leges barbarorum und den consuetudines feudorumrl26j1 wieder - die Sancho nicht aus Bibliotheken,
21 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
sondern aus den Erzählungen seines ehmaligen Herrn von Amadis von Gallien sich angeeignet und liebgewonnen hat. Sankt Sancho kommt also in letzter Instanz wieder nur zu einem ohnmächtigen Moralgebot, daß Jeder sich selbst Genugtuung verschaffen und Strafen vollziehen soll. Er glaubt dem Don Quijote, er könne die aus der Teilung der Arbeit entstehenden sachlichen Mächte ohne weiteres durch ein bloßes Moralgebot in persönliche Mächte verwandeln. Wie sehr die juristischen Verhältnisse mit der aus der Teilung der Arbeit hervorgegangenen Entwickelung dieser sachlichen Mächte zusammenhängen, kann man schon ersehn aus der historischen Entwickelung der Macht der Gerichte und aus dem Jammer der Feudalen über die Rechtsentwicklung. (Siehe z. B. Monteil 1. c. XIVe, XVe si£cle.) Grade in der Epoche zwischen der Herrschaft der Aristokratie und der der Bourgeoisie, als die Interessen zweier Klassen kollidierten, als der Handelsverkehr unter den europäischen Nationen bedeutend zu werden begann und das internationale Verhältnis daher selbst einen bürgerlichen Charakter annahm, fing die Macht der Gerichte an, bedeutend zu werden, und unter der Bourgeoisherrschaft, wo diese ausgebildete Teilung der Arbeit unumgänglich nötig ist, erreicht sie ihre höchste Spitze. Was sich die Knechte der Teilung der Arbeit, die Richter, und nun gar die professores juris1 dabei einbilden, ist höchst gleichgültig.
C) Das Verbrechen im gewöhnlichen und außergewöhnlichen Verstände Vorhin wurde das Verbrechen im gewöhnlichen Verstände dem Egoisten im außergewöhnlichen Verstände kreditiert, indem es verfälscht wurde; jetzt kommt diese Verfälschung an den Tag. Der außergewöhnliche Egoist findet nun, daß er nur außergewöhnliche Verbrechen begeht, die gegen das gewöhnliche Verbrechen geltend gemacht werden müssen. Wir belasten also dem P.P. Egoisten die gewöhnlichen Verbrechen wieder, wie pr. contra2. Den Kampf der gewöhnlichen Verbrecher gegen das fremde Eigentum kann man auch so ausdrücken (obgleich das von jedem Konkurrenten gilt), daß sie - „fremdes Gut suchen" (p. 265), heiliges Gut suchen, das Heilige suchen, womit der gewöhnliche Verbrecher in einen „Gläubigen" (p. 265) verwandelt ist.
1 Professoren der Rechtswissenschaft-8 wörtlich: [wie] vorher gegenüberliegend; hier: wie wir sie vorher auf der Habenseite verbuchten
Dieser Vorwurf des Egoisten im außergewöhnlichen Verstände gegen den Verbrecher im gewöhnlichen Verstände ist indes nur scheinbar — er ist es ja selbst, der nach dem Heiligenschein der ganzen Welt trachtet. Was er dem Verbrecher eigentlich vorwirft, ist nicht, daß er „das Heilige", sondern daß er das „Gut" sucht. Nachdem Sankt Sancho sich eine „eigne Welt, einen Himmel", nämlich diesmal eine Welt der Fehden und fahrenden Ritter für seinen eignen Kopf in der modernen Welt erbaut, nachdem er zugleich seinen Unterschied als ritterlicher Verbrecher von den gemeinen Verbrechern dokumentiert hat, unternimmt er abermals einen Kreuzzug gegen die „Drachen und Straußen, Feldteufel", „Gespenster, Spuke und fixen Ideen". Sein getreuer Knecht Szeliga reitet andächtig hinter ihm her. Da sie aber ihres Weges ziehen, so begibt sich das erstaunliche Abenteuer von den Unglücklichen, so dahin geschleppt wurden, wohin sie nicht gehen wollten, wie geschrieben steht Cervantes am zweiundzwanzigsten. Derweil nämlich unser fahrender Ritter und sein Knecht Don Quijote fürbaß trabten, schlug Sancho die Augen auf und sah an die zwölf Männer ihnen entgegenkommen, geschlossen mit Handschellen und einer langen Kette und begleitet von einem Kommissär und vier Gensdarmen, so da angehörten der heiligen Hermandad[127], der Hermandad der Heiligen, dem Heiligen. Da sie aber nahe herzugekommen waren, bat Sankt Sancho ihre Wächter gar höflich, sie möchten ihm doch, wenn's gefällig, sagen, warum diese Leute so zusammengeschlossen geführt würden. - Baugefangene Sr. Majestät, nach Spandautl28] kommandiert, mehr braucht Ihr nicht zu wissen. - Wie, rief Sankt Sancho, gezwungene Leute? Ist's möglich, daß der König einem „eigenen Ich" Gewalt antun kann ? So berufe Ich Mich zu dem Berufe, dieser Gewalt zu steuern. „Des Staats Betragen ist Gewalttätigkeit, und dies nennt er Recht. Die Gewalttätigkeit aber des Einzelnen nennt er Verbrechen." Hierauf hub Sankt Sancho zuerst an, die Sträflinge zu vermahnen, und sagte, sie sollten sich nicht grämen, sie seien zwar „nicht frei", aber doch „eigen", und ihre „Knochen" würden vielleicht unter einigen Geißelhieben zu „ächzen" haben, auch werde man ihnen vielleicht ein „Bein ausreißen" - aber, sprach er, in dem Allen überwindet Ihr weit - denn „Euren Willen kann Niemand binden!" „Und Ich weiß gewiß, daß es keine Hexerei auf der Welt gibt, so den Willen bewegen und zwingen könne, wie einige Einfaltspinsel sich einbilden; denn er ist Unsre freie Willkür, und es gibt kein Kraut noch Zauberspruch, der ihn bezwinge." Ja, „Euren Willen kann Niemand binden, und Euer Widerwille bleibt frei!" Da sich aber die Baugefangenen bei diesem Sermon nicht beruhigen wollten, sondern nach der Reihe erzählten, wie ungerecht man sie verurteilt
habe, sprach Sancho: „Lieben Brüder, aus Allem, so Ihr Mir erzählt habt, habe Ich ins Klare gebracht, daß, obgleich man Euch für Eure Verbrechen gestraft hat, Euch die Strafe, die Ihr leiden sollt, wenig Vergnügen macht, also daß Ihr derselbigen widerwillig und gar ohne Lust entgegengehet. Und es kann sehr wohl sein, daß der Kleinmut des Einen auf der Prügelmaschine, die Armut des Andern, der Mangel an Gunst für den Dritten und endlich das parteiische Gericht des Richters die Ursache von Eurem Verderben sind und daß man Euch nicht das Recht zugute kommen ließ, das Euch gehörte, ,das Recht Eurer'. Alles dies zwingt Mich, Euch zu zeigen, warum der Himmel Mich in die Welt gesetzt hat. Da es aber die Klugheit des mit sich einigen Egoisten erfordert, Nichts durch Gewalt zu tun, was man durch Verständigung erlangen kann, so bitt* ich hiermit den Herrn Commissarius und die Herren Gensdarmen, Euch loszuschließen und Eures Weges wandern zu lassen. Überdies, meine Herren Gensdarmen, haben Euch alle diese Armen nichts zuleide getan. Es geziemt mit sich einigen Egoisten nicht, Henker andrer Einzigen zu werden, die ihnen nichts getan haben. Bei Euch scheint ,die Kategorie des Bestohlenen in den Vordergrund zu treten'. Warum ,eifert' Ihr .gegen das Verbrechen?',Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch, Ihr seid für die Sittlichkeit begeistert, von der Idee der Sittlichkeit erfüllt', ,was ihr feindlich ist, das verfolgt Ihr' - Ihr .bringt' diese armen Baugefangenen ,durch Amtseid ins Loch', Ihr seid das Heilige! Also laßt diese Leute gutwillig los. Wo nicht, so bekommt Ihrs mit Mir zu tun, der ,mit einem Hauche des lebendigen Ich Völker umbläst', ,die maßloseste Entweihung begeht' und ,sich selbst vor dem Monde nicht fürchtet'." „Na seht mir doch die schöne Flegelei!" rief der Kommissär. „Rück Er sich lieber das Bartbecken gerade auf dem Kopf und scher Er sich seines Weges!" Sankt Sancho aber legte erbost über diese preußische Grobheit seinen Spieß ein und rannte so hastig auf ihn los, als die Apposition nur laufen wollte, so daß er ihn alsbald zu Boden warf. Jetzt entspann sich ein allgemeiner Kampf, in welchem die Baugefangenen sich befreiten, Szeliga-Don Quijote von einem Gensdarmen in den Landwehr- oder Schafgraben geworfen wurde und Sankt Sancho die größten Heldentaten gegen das Heilige verrichtete. Nach wenig Minuten waren die Gensdarmen zerstreut, Szeliga aus dem Graben gekrochen und das Heilige vorläufig beseitigt. Sankt Sancho versammelte nun die befreiten Baugefangenen um sich und hielt folgende Rede an sie (p. 265,266 „des Buchs"): „Was ist der gewöhnliche Verbrecher" (der Verbrecher im gewöhnlichen Verstände) „anders als Einer, der das verhängnisvolle Versehen begangen hat" (verhängnisvoller
Belletrist für Bürger und Landmann!), „nach dem zu streben, was des Volkes ist, statt nach dem Seinen zu suchen? Er hat das verächtliche" (allgemeines Murren der Baugefangenen über dies moralische Urteil) „fremde Gut gesucht, hat getan, was die Gläubigen tun, die nach dem trachten, was Gottes ist" (der Verbrecher als schöne Seele). „Was tut der Priester, der den Verbrecher vermahnt? Er stellt ihm das große Unrecht vor, das vom Staat Geheiligte, das Eigentum desselben, wozu ja auch das Leben der Staatsangehörigen gerechnet werden muß, durch seine Tat entweiht zu haben. Dafür könnte er ihm lieber vorhalten, daß er sich besudelt habe" (Kichern der Baugefangenen über diese egoistische Aneignung der banalen Pfaffenredensarten), „indem er das Fremde nicht verachtete, sondern des Raubes wert hielt" (Grunzen der Baugefangenen): „er könnte es, wenn er nicht ein Pfaffe" (ein Baugefangener: „Im gewöhnlichen Verstände!") „wäre." Ich aber „rede mit dem Verbrecher als mit einem Egoisten, und er wird sich schämen" (schamloses, lautes Hurrah der Verbrecher, die sich nicht zur Scham berufen lassen wollen), „nicht daß er gegen Eure Gesetze und Güter sich verging, sondern daß er Eure Gesetze des Umgehens" (hier ist nur vom „Umgehen" „im gewöhnlichen Verstände" die Rede, sonst aber „umgehe Ich einen Felsen, bis Ich ihn sprengen kann", und „umgehe" z.B. selbst „die Zensur"), „Eure Güter des Verlangens wert hielt" (abermaliges Hurrah), „wird sich schämen -" Gines von Passamonte, der Erzdieb, der überhaupt nicht viel ertragen konnte, schrie: „Sollen wir denn nichts tun als uns der Scham ergeben, Ergebung zeigen, sobald der Pfaff im außergewöhnlichen Verstände uns .vermahnt'?"
„Wird sich schämen", fährt Sancho fort, „daß er Euch mitsamt den Eurigen nicht verachtete, daß er zu wenig Egoist war." (Sancho legt hier einen fremden Maßstab an den Egoismus des Verbrechers. Daher entsteht ein allgemeines Gebrülle unter den Baugefangenen; etwas verwirrt lenkt Sancho ein, sich mit einer rhetorischen Bewegung gegen die abwesenden „guten Bürger" wendend:) „Aber Ihr könnt nicht egoistisch mit ihm reden, denn Ihr seid nicht so groß wie ein Verbrecher, Ihr - verbrecht Nichts."
Gines fällt wieder ein: „Welche Leichtgläubigkeit, guter Mann! Unsre Zuchtmeister im Gefängnis verbrechen allerdings, machen Kassendefekte und Unterschleife und begehen Schändung [.. [...] zeigt er nur wieder seine Leichtgläubigkeit. Schon die Reaktionäre wußten, daß die Bourgeois in der Konstitution den naturwüchsigen Staat aufheben und einen eignen Staat errichten und machen; daß „le pouvoir constituant, qui etait dans le temps (naturwüchsig), passa dans la volonte humaine"2, daß „dieser gemachte Staat wie ein gemachter, gemalter Baum ist" usw. Siehe
1 Hier fehlen im Manuskript 12 Seiten - 2 „die konstituierende Macht, die in der Zeit lag, in den menschlichen Willen überging"
Fievee, „Correspondance politique et administrative", Paris 1815 - „Appel ä la France contre la division des opinions"[129]- „Le drapeau blanc" von Sarrans aine und „Gazette de France" aus der Restaurationszeit und die früheren Schriften von Bonald, de Maistre pp. Die liberalen Bourgeois werfen wiederum den alten Republikanern vor, von denen sie natürlich ebensowenig wußten als Sankt Max vom Bourgeoisstaat, daß ihr Patriotismus nichts sei als „une passion, factice envers und etre abstrait, une idee generale"2" (Benj. Constant, „De l'esprit des conquetes", Paris 1814, p. 93), während die Reaktionäre den Bourgeois vorwarfen, daß ihre politische Ideologie nichts sei als „une mystification que la classe aisee fait subir ä Celles qui ne le sont pas"3 („Gazette de France", 1831, Fevrier). - p.295 erklärt Sankt Sancho den Staat für „eine Anstalt, das Volk zu christianisieren", und weiß von der Grundlage des Staats soviel zu sagen, daß dieser durch „den Kitt" der „Achtung vor dem Gesetz" oder das Heilige durch die Achtung (das Heilige als Kopula) vor dem Heiligen „zusammengehalten wird" (p. 314).
Note 4. „Ist der Staat heilig, so muß Zensur sein", p. 316. - „Die französische Regierung bestreitet die Preßfreiheit nicht als Menschenrecht, sie fordert aber vom Einzelnen eine Kaution dafür, daß er wirklich Mensch sei." (Quel bonhomme!4 Jacques le bonhomme wird zum Studium der Septembergesetze „berufen".) p. 380. Note 5, in der wir die tiefsten Aufschlüsse erhalten über die verschiedenen Staatsformen, die Jacques le bonhomme verselbständigt und in denen er nur verschiedene Versuche sieht, den wahren Staat zu realisieren.
„Die Republik ist gar nichts anderes als die absolute Monarchie: denn es verschlägt nichts, ob der Monarch Fürst oder Volk heiße, da Beide eine Majestät" (das Heilige) „sind ... Der Konstitutionalismus ist weiter als die Republik, weil er der in der Auflösung begriffene Staat ist." Diese Auflösung wird dahin erklärt: „Im konstitutionellen Staate ... will die Regierung absolut sein, und das Volk will absolut sein. Diese beiden Absoluten" (sc. Heiligen) „werden sich aneinander aufreiben." p.302. -,Ich bin nicht der Staat, Ich bin das schöpferische Nichts des Staats'; „damit versinken alle Fragen" (über Konstitution pp.) „in ihr wahres Nichts." p. 310. Er hätte hinzufügen sollen, daß auch die obigen Sätze über die Staatsformen nur eine Umschreibung dieses „Nichts" sind, dessen einzige Schöpfung der obige Satz ist: Ich bin nicht der Staat. Sankt Sancho spricht
1 Sarran der Ältere - 2 „eine künstliche, auf ein abstraktes Wesen, eine allgemeine Idee gerichtete Leidenschaft" - 3 „eine Täuschung, mit der die wohlhabende Klasse jene Klassen foppt, die es nicht sind" - 4 Welcher Biedermann!
hier ganz in deutscher Schulmeistermanier von „der" Republik, die natürlich viel älter ist als die konstitutionelle Monarchie, z.B. die griechischen Republiken. Daß in einem demokratischen Repräsentativstaat wie Nordamerika die Klassenkollisionen bereits eine Form erreicht haben, zu der die konstitutionellen Monarchien erst hingedrängt werden, davon weiß er natürlich Nichts. Seine Phrasen über die konstitutionelle Monarchie beweisen, daß er seit dem 1842 des Berliner Kalenders Nichts gelernt und Nichts vergessen hat. Note 6. „Der Staat verdankt nur der Mißachtung, welche Ich vor Mir habe, seine Existenz" und wird „mit dem Verschwinden dieser Geringschätzung ganz erlöschen" (wonach es nur von Sancho abhängt, wie bald alle Staaten der Welt „erlöschen" sollen. Wiederholung von Note 3 in umgekehrter Gleichung - siehe Logik): „Er ist nur, "wenn er über Mir ist, nur als Macht und1 Mächtiger. Oder" (merkwürdiges Oder, das das Gegenteil von dem beweist, was es beweisen soll) „könnt Ihr Euch einen Staat denken, dessen Einwohner sich allesamt" (Sprung aus dem „Ich" in das „Wir") „nichts aus ihm machen?" p. 377. Auf die Synonymik von „Macht", „Mächtig" und „machen" brauchen wir nicht mehr einzugehen. Daraus, daß es Leute in jedem Staat gibt, die sich aus ihm etwas machen, d.h. die im Staat und durch den Staat aus sich etwas machen, schließt Sancho, daß der Staat eine Macht über diesen Leuten ist. Es handelt sich hier wieder nur darum, daß man sich die fixe Idee des Staats aus dem Kopfe zu schlagen hat. Jacques le bonhomme träumt noch immer, daß der Staat eine bloße Idee sei, und glaubt an die selbständige Macht dieser Staatsidee. Er ist der wahre „Staatsgläubige, Staatsbesessene, Politiker" (p.309). Hegel idealisierte die Vorstellung der politischen Ideologen vom Staat, die noch von den einzelnen Individuen, wenn auch bloß vom Willen dieser Individuen ausgingen; Hegel verwandelt den gemeinsamen Willen dieser Einzelnen in den absoluten Willen, und diese Idealisierung der Ideologie nimmt Jacques le bonhomme bona fide2 für die richtige Ansicht vom Staate an und kritisiert sie in diesem Glauben dadurch, daß er das Absolute für das Absolute erklärt.
5. Die Gesellschaft als bürgerliche Gesellschaft Wir werden uns bei diesem Kapitel etwas länger aufhalten, weil es, nicht ohne Absicht, das konfuseste aller „im Buche" enthaltenen konfusen Kapitel
1 MEGA: oder - 2 gutgläubig
ist, und weil es zugleich am glänzendsten beweist, wie wenig es unsrem Heiligen gelingt, die Dinge in ihrer profanen Gestalt kennenzulernen. Statt sie zu profanieren, heiligt er sie, indem er nur seine eigne heilige Vorstellung dem Leser „zugute kommen läßt". Ehe wir auf die eigentliche bürgerliche Gesellschaft kommen, werden wir noch über das Eigentum überhaupt und in seinem Verhältnis zum Staat einige neue Aufschlüsse vernehmen. Diese Aufschlüsse erscheinen um so neuer, als sie Sankt Sancho Gelegenheit geben, seine beliebtesten Gleichungen über Recht und Staat wieder anzubringen und dadurch seiner „Abhandlung" „mannigfaltigere Wandlungen" und „Brechungen" zu geben. Wir brauchen natürlich bloß die letzten Glieder dieser schon dagewesenen Gleichungen zu zitieren, da der Leser sich aus dem Kapitel „Meine Macht" ihres Zusammenhanges noch erinnern wird.
Privateigentum oder bürgerliches Eigentum = Nicht Mein Eigentum, = Heiliges Eigentum — Fremdes Eigentum = Respektiertes Eigentum oder Respekt vor dem fremden Eigentum — Eigentum des Menschen (p. 327, 369).
Aus diesen Gleichungen ergeben sich zugleich folgende Antithesen: {Eigentum im egoistischen Sinne (p. 327). „Eigentum Meiner". Meine Habe) p. 324. Recht Staatsgewalt. Rechtliches Eigentum (p. 324), Mein durch das Recht (p. 332), garantiertes Eigentum, Eigentum von Fremden, dem Fremden angehöriges Eigentum, dem Rechte angehöriges Eigentum, Rechtseigentum (p. 367, 332), ein Rechtsbegriff, Etwas Geistiges, Allgemeines, Eigentum im bürgerlichen! Sinne] „Eigentum des Menschen" („Menschliche Habe" Gleichungen: Der Mensch Privateigentum oder! bürgerliches Eigentum]
= Fiktion, — reiner Gedanke, — fixe Idee, = Gespenst, = Eigentum des Gespenstes (p. 368,324,332,367,369). Privateigentum = Eigentum des Rechts. Recht = Gewalt des Staats. Privateigentum = Eigentum in der Gewalt des Staats = Staatseigentum, oder auch» Eigentum = Staatseigentum. Staatseigentum = Nichteigentum Meiner. Staat = der alleinige Eigentümer (P. 339,334).
Wir kommen jetzt zu den Antithesen.
Privateigentum — Egoistisches Eigentum
Vom Recht (Staat, dem Menschen) ) j Von Mir zum Eigentum ermächtigt. zum Eigentum berechtigt j [ p. 339. Mein durch das Recht = Mein durch Meine Macht oder Gewalt (p. 332). Vom Fremden gegebenes 1 j Von Mir genommenes Eigentum Eigentum] \ (p. 339). Rechtliches Eigentum Anderer — Rechtliches Eigentum des Andern ist, was Mir Recht ist (p. 339),
was in hundert andern Formeln, wenn man z.B. Vollmacht statt Macht setzt oder schon dagewesene Formeln anwendet, wiederholt werden kann.
Privateigentum = Fremdheit 1 j Mein Eigentum = Eigentum am am Eigentum aller Andern j \ Eigentum aller Andern oder auch:
Eigentum an Einigem = Eigentum an Allem (p. 343).
Die Entfremdung als Beziehung oder Kopula in den obigen Gleichungen kann auch in folgenden Antithesen ausgedrückt werden:
Privateigentum — egoistisches Eigentum „Die heilige Beziehung zum Eigentum aufgeben", es nicht mehr als fremd betrachten, vor dem Gespenst sich nicht mehr fürchten, keinen Respekt vor dem Eigentum haben, Das Eigentum der Respektslosigkeit haben (p. 368,340,343). Die in obigen Gleichungen und Antithesen enthaltenen Modi der Aneignung werden erst beim „Verein" ihre Erledigung finden; da wir uns einstweilen noch in der „heiligen Gesellschaft" befinden, so geht uns hier nur die Kanonisation an. Note. Warum die Ideologen das Eigentumsverhältnis als ein Verhältnis „des Menschen" fassen können, dessen verschiedene Form in verschiedenen Epochen sich danach bestimmt, wie die Individuen sich „den Menschen" vorstellen, das ist schon bei der „Hierarchie" behandelt worden. Wir brauchen hier nur darauf zurückzuverweisen. Abhandlung 1: Über Parzellierung des Grundbesitzes, Ablösung der Servituten und Verschlingung des kleinen Grundeigentums durch das große. Diese Sachen werden Alle aus dem heiligen Eigentum und der Gleichung bürgerliches Eigentum = Respekt vor dem Heiligen entwickelt. 1. „Eigentum im bürgerlichen Sinn bedeutet heiliges Eigentum, derart, daß Ich Dein Eigentum respektieren muß. ,Respekt vor dem Eigentum!' Daher mochten die Politiker, daß Jeder sein Stückchen Eigentum besäße, und haben durch dies Bestreben zum Teil eine unglaubliche Parzellierung herbeigeführt." p. 327, 328. - 2. „Die politischen Liberalen tragen Sorge, daß womöglich alle Servituten abgelöst werden und Jeder freier Herr auf seinem Grunde sei, wenn dieser Grund auch nur soviel Bodengehalt hat" (der Grund hat Bodengehalt!), „als von dem Dünger Eines Menschen sich hinlänglich düngen läßt... Sei es auch noch so klein, wenn man nur Eigenes, nämlich ein respektiertes Eigentum hat. Je mehr solcher Eigner, desto mehr freie Leute und gute Patrioten hat der Staat." p. 328. - 3. „Es rechnet der politische Liberalismus, wie alles Religiöse, auf den Respekt, die Humanität, die Liebestugenden. Darum lebt er auch in unaufhörlichem Arger. Denn in der Praxis respektieren die Leute Nichts, und alle Tage werden die kleinen Besitzungen wieder von größeren Eigentümern aufgekauft, und aus den »freien Leuten' werden Tagelöhner. Hätten dagegen die .kleinen Eigentümer' „Sich auf das Eigentum als Heiliges, Gespenst, beziehen", „es respektieren", „Respekt vor dem Eigentum haben" (p. 324).
bedacht, daß auch das große Eigentum das Ihrige sei, so hätten sie sich nicht selber respektvoll davon ausgeschlossen und würden nicht ausgeschlossen worden sein." P. 328. 1. Zuerst wird hier also die ganze Bewegung der Parzellierung, von der Sankt Sancho nur weiß, daß sie das Heilige ist, aus einer bloßen Einbildung erklärt, die „die Politiker" „sich in den Kopf gesetzt haben". Weil „die Politiker" „Respekt vor dem Eigentum" verlangen, daher „möchten" sie die Parzellierung, die noch dazu überall durch das Nichtrespekfieren des fremden Eigentums durchgesetzt worden ist! „Die Politiker" haben „zum Teil eine unglaubliche Parzellierung" wirklich „herbeigeführt". Es war also die Tat der „Politiker", daß in Frankreich schon vor der Revolution, wie noch heutzutage in Irland und teilweise in Wales, die Parzellierung in Beziehung auf die Kultur des Bodens längst bestand und zur Einführung der großen Kultur die Kapitalien und alle übrigen Bedingungen mangelten. Wie sehr übrigens „die Politiker" die Parzellierung heutzutage durchführen „möchten", kann Sankt Sancho daraus ersehen, daß sämtliche französische Bourgeois mit der Parzellierung, sowohl weil sie die Konkurrenz der Arbeiter unter sich verringert, wie aus politischen Gründen, unzufrieden sind; ferner daraus, daß sämtliche Reaktionäre (was Sancho schon aus des alten Arndt „Erinnerungen" ersehen konnte) in der Parzellierung weiter nichts sahen als die Verwandlung des Grundeigentums in modernes, industrielles, verschacherbares, entheiligtes Eigentum. Aus welchen ökonomischen Gründen die Bourgeois diese Verwandlung durchführen müssen, sobald sie zur Herrschaft kommen — eine Verwandlung, die ebensogut durch die Aufhebung der über den Profit überschießenden Grundrente wie durch die Parzellierung geschehen kann -, das ist unsrem Heiligen hier nicht weiter auseinanderzusetzen. Ebensowenig ist ihm auseinanderzusetzen, wie die Form, in der diese Verwandlung geschieht, von der Stufe abhängt, worauf die Industrie, der Handel, die Schiffahrt pp. eines Landes stehen. Die obigen Sätze über Parzellierung sind weiter nichts als eine bombastische Umschreibung des einfachen Faktums, daß an verschiedenen Orten, „hie und da", eine große Parzellierung existiert - ausgedrückt in der kanonisierenden Redeweise unsres Sancho, die auf Alles und Nichts paßt. Im übrigen enthalten Sanchos obige Sätze nur die Phantasien des deutschen Kleinbürgers über die Parzellierung, die für ihn allerdings das Fremde, „das Heilige" ist. Vgl. politischen] Liberalismus. 2. Die Ablösung der Servituten, eine Misere, die nur in Deutschland vorkommt, wo die Regierungen nur durch den fortgeschrittenen Zustand der Nachbarländer und durch Finanzverlegenheiten dazu gezwungen wurden, gilt hier unserm Heiligen für Etwas, das „die politischen Liberalen" wollen,
um „freie Leute und gute Bürger" zu erzeugen. Sanchos Horizont reicht wieder nicht über den pommerschen Landtag und die sächsische Abgeordnetenkammer hinaus. Diese deutsche Servituten-Ablösung hat nie zu irgendeinem politischen oder ökonomischen Resultat geführt und blieb als halbe Maßregel überhaupt ohne alle Wirkung. Von der historisch wichtigen Ablösung der Servituten im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, die aus der beginnenden Entwicklung des Handels, der Industrie und dem Geldbedürfnis der Grundbesitzer hervorging, weiß Sancho natürlich wieder Nichts Dieselben Leute, die in Deutschland die Servituten ablösen wollten, um, wie Sancho glaubt, gute Bürger und freie Leute zu machen, wie z.B. Stein und Vincke, fanden nachher, daß, um „gute Bürger und freie Leute" zu erzeugen, die Servitute wieder hergestellt werden müßten, wie dies eben jetzt in Westfalen versucht wird. Woraus folgt, daß der „Respekt" wie die Furcht Gottes zu allen Dingen nütze ist. 3. Das „Aufkaufen" des kleinen Grundbesitzes durch die „großen Eigentümer" findet nach Sancho statt, weil der „Respekt vor dem Eigentum" in der Praxis nicht stattfindet. Zwei der alltäglichsten Folgen der Konkurrenz, Konzentration und Akkaparement, überhaupt die Konkurrenz, die ohne Konzentration nicht existiert, erscheinen hier unsrem Sancho als Verletzungen des bürgerlichen, in der Konkurrenz sich bewegenden Eigentums. Das bürgerliche Eigentum wird dadurch schon verletzt, daß es existiert. Man darf nach Sancho Nichts kaufen, ohne das Eigentum anzugreifen.* Wie tief Sankt Sancho die Konzentration des Grundbesitzes durchschaut hat, geht schon daraus hervor, daß er nur den augenscheinlichsten Akt der Konzentration, das bloße „Aufkaufen" darin sieht. Inwiefern übrigens die kleinen Eigentümer dadurch aufhören, Eigentümer zu sein, daß sie Taglöhner werden, ist nach Sancho nicht abzusehen. Sancho entwickelt ja selbst auf der nächsten Seite (p. 329) höchst feierlich gegen Proudhon, daß sie „Eigentümer des ihnen verbleibenden Anteils am Nutzen des Ackers ", nämlich des Arbeitslohns, bleiben. „Es will mitunter etwa in der Geschichte gefunden werden", daß abwechselnd der große Grundbesitz den kleinen und der kleine den großen verschlingt, zwei Erscheinungen, die sich für Sankt Sancho friedfertig in den zureichenden Grund auflösen, daß „in der Praxis die Leute Nichts respektieren". Dasselbe gilt von den übrigen vielfachen Gestalten des Grundeigentums. Und dann
* [Im Manuskript gestrichen:] Zu diesem Unsinn kommt Sankt Sancho, weil er den juristischen, ideologischen Ausdruck des bürgerlichen Eigentums für das wirkliche bürgerliche Eigentum hält und sich nun nicht erklären kann, weshalb dieser seiner Illusion die Wirklichkeit nicht entsprechen will.
das weise „hätten die kleinen Eigentümer" usw.! Im „Alten Testament" sahen wir, wie Sankt Sancho nach spekulativer Manier die Früheren die Erfahrungen der Späteren bedenken ließ; jetzt sehen wir, wie er sich nach Kannegießer-Manier darüber beklagt, daß die Früheren nicht nur die Gedanken der Späteren über sie, sondern auch seinen eignen Unsinn nicht bedachten. Welche Schulmeister-„/escAei7Aeif"! Hätten die Terroristen bedacht, daß sie Napoleon auf den Thron bringen würden - hätten die englischen Barone von Runnymede und der Magna Charta11311 bedacht, daß 1849 die Korngesetze[17] abgeschafft werden würden - hätte Krösus bedacht, daß Rothschild ihn an Reichtum übertreffen würde - hätte Alexander der Größe bedacht, daß Rotteck ihn beurteilen und sein Reich den Türken in die Hände fallen würde - hätte Themistokles bedacht, daß er die Perser im Interesse Ottos des Kindes schlagen würde - hätte Hegel bedacht, daß er auf eine so „kommune" Weise von Sankt Sancho exploitiert werden würde hätte, hätte, hätte! Von welchen „kleinen Eigentümern" bildet sich Sankt Sancho denn ein zu sprechen? Von den eigentumslosen Bauern, welche durch Zerschlagen des großen Grundbesitzes erst zu „kleinen Eigentümern" wurden, oder von denen, die heutzutage von der Konzentration ruiniert werden? In beiden Fällen sieht Sankt Sancho sich so ähnlich wie ein Ei dem andern. Im ersten Falle schlössen sie sich ganz und gar nicht vom „großen Eigentum" aus, sondern nahmen es Jeder so weit in Besitz, als er von den Andern nicht ausgeschlossen wurde und Vermögen hatte. Dies Vermögen war aber nicht das Stirnersche renommistische Vermögen, sondern ein durch ganz empirische Verhältnisse bedingtes, z.B. durch ihre und die ganze bisherige Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, die Lokalität und ihren größeren oder geringeren Zusammenhang mit der Nachbarschaft, die Größe des in Besitz genommenen Grundstücks und die Zahl derer, die es sich aneigneten, die Verhältnisse der Industrie, des Verkehrs, die Kommunikationsmittel und Produktionsinstrumente ppp. Wie wenig sie sich ausschließend gegen das große Grundeigentum verhielten, geht schon daraus hervor, daß viele unter ihnen selbst große Grundbesitzer wurden. Sancho macht sich selbst vor Deutschland lächerlich mit seiner Zumutung, diese Bauern hätten damals die Parzellierung, die noch gar nicht existierte und die damals die einzig revolutionäre Form für sie war, überspringen und mit einem Satze in seinen mit sich einigen Egoismus sich lancieren sollen. Von seinem Unsinn gar nicht zu sprechen, war es ihnen nicht möglich, sich kommunistisch zu organisieren, da ihnen alle Mittel abgingen, die erste Bedingung einer kommunistischen Assoziation, die gemeinsame Bewirtschaftung, durchzuführen, und da die Parzellierung vielmehr nur Eine der Bedingungen war, welche das Bedürfnis für eine solche
Assoziation später hervorriefen. Überhaupt kann eine kommunistische Bewegung nie vom Lande, sondern immer nur von den Städten ausgehen. Im zweiten Falle, wenn Sankt Sancho von den ruinierten kleinen Eigentümern spricht - haben diese immer noch ein gemeinsames Interesse mit den großen Grundeigentümern gegenüber der ganz besitzlosen Klasse und gegenüber der industriellen Bourgeoisie. Und falls dies gemeinsame Interesse nicht stattfindet, fehlt ihnen die Macht, sich das große Grundeigentum anzueignen, weil sie zerstreut wohnen und ihre ganze Tätigkeit und Lebenslage ihnen eine Vereinigung, die erste Bedingung einer solchen Aneignung, unmöglich macht und eine solche Bewegung wieder eine viel allgemeinere voraussetzt, die gar nicht von ihnen abhängt. - Schließlich kommt Sanchos ganze Tirade darauf hinaus, daß sie sich bloß den Respekt vor dem Eigentum Andrer aus dem Kopf schlagen sollen. Hiervon werden wir weiter unten noch ein geringes Wörtlein vernehmen. Nehmen wir schließlich noch den Einen Satz ad acta1: „In der Praxis respektieren die Leute eben Nichts"; so daß es doch am „Respekt" „eben" nicht zu liegen scheint. Abhandlung Nr. 2: Privateigentum, Staat und Recht. „Hätte, hätte, hätte!" „Hätte" Sankt Sancho für einen Augenblick die kursierenden Gedanken der Juristen und Politiker über das Privateigentum, wie die Polemik dagegen, beiseite liegenlassen, hätte er dies Privateigentum einmal in seiner empirischen Existenz, in seinem Zusammenhange mit den Produktivkräften der Individuen gefaßt, so würde seine ganze Weisheit Salomonis, mit der er uns jetzt unterhalten wird, sich in Nichts aufgelöst haben. Es „hätte" ihm dann schwerlich entgehen können (obwohl er, wie Habakuk[132], capable de tout2 ist), daß das Privateigentum eine für gewisse Entwicklungsstufen der Produktivkräfte notwendige Verkehrsform ist, eine Verkehrsform, die nicht eher abgeschüttelt, nicht eher zur Produktion des unmittelbaren materiellen Lebens entbehrt werden kann, bis Produktivkräfte geschaffen sind, für die das Privateigentum eine hemmende Fessel wird. Es „hätte" dann auch dem Leser nicht entgehen können, daß Sancho sich auf materielle Verhältnisse einlassen mußte, statt die ganze Welt in ein System der theologischen Moral aufzulösen, um diesem ein neues System egoistisch sein sollender Moral entgegenzustellen. Es „hätte" ihm nicht entgehen können, daß es sich um ganz andre Dinge als den „Respekt" und Despekt handelte. „Hätte, hätte, hätte!" Dies „hätte" ist übrigens nur ein Nachklang des obigen Sanchoschen
1 zu den Akten - 2 zu allem fähig
Satzes; denn „hätte" Sancho dies Alles getan, so hätte er allerdings sein Buch nicht schreiben können. Indem Sankt Sancho die Illusion der Politiker, Juristen und sonstigen Ideologen, die alle empirischen Verhältnisse auf den Kopf stellt, auf Treu und Glauben akzeptiert und noch in deutscher Weise von dem Seinigen hinzutut, verwandelt sich ihm das Privateigentum in Staatseigentum, resp. Rechtseigentum, an dem er nun ein Experiment zur Rechtfertigung seiner obigen Gleichungen machen kann. Sehen wir uns zuerst die Verwandlung des Privateigentums in Staatseigentum an.
„Über das Eigentum entscheidet nur die Gewalt" (über die Gewalt entscheidet einstweilen vielmehr das Eigentum), „und da der Staat, gleichviel ob Staat der Bürger, Staat der Lumpe" (Stirnerscher „Verein") „oder Staat der Menschen schlechthin der allein Gewaltige ist, so ist er allein Eigentümer." p. 333.
Neben der Tatsache des deutschen „Staats der Bürger" figurieren hier wieder Sanchosche und Bauersche Hirngespinste in gleicher Ordnung, während die historisch bedeutenden Staatsbildungen nirgends zu finden, sind. Er verwandelt den Staat zunächst in eine Person, „den Gewaltigen". Das Faktum, daß die herrschende Klasse ihre gemeinschaftliche Herrschaft zur öffentlichen Gewalt, zum Staat konstituiert, versteht und verdreht er in deutsch-kleinbürgerlicher Weise dahin, daß „der Staat" sich als eine dritte Macht gegen diese herrschende Klasse konstituiert und alle Gewalt ihr gegenüber in sich absorbiert. Er wird jetzt seinen Glauben an einer Reihe von Exempeln bewähren. Wenn das Eigentum unter der Herrschaft der Bourgeoisie wie zu allen Zeiten an gewisse, zunächst ökonomische, von der Entwicklungsstufe der Produktivkräfte und des Verkehrs abhängige Bedingungen geknüpft ist, Bedingungen, die notwendig einen juristischen und politischen Ausdruck erhalten - so glaubt Sankt Sancho in seiner Einfalt, „der Staat knüpfe den Besitz des Eigentums" (car tel est son bon plaisir1) „an Bedingungen, wie er Alles daran knüpft, z.B. die Ehe", p. 335. Weil die Bourgeois dem Staat nicht erlauben, sich in ihre Privatinteressen einzumischen, und ihm nur soviel Macht geben, als zu ihrer eignen Sicherheit und der Aufrechthaltung2 der Konkurrenz nötig ist, weil die Bourgeois überhaupt nur insofern als Staatsbürger auftreten, als ihre Privatverhältnisse dies gebieten, glaubt Jacques le bonhomme, daß sie vor dem Staate „Nichts sind".
1 denn so beliebt es ihm - 2 MEGA: Aufrechterhaltung
„Der Staat hat nur ein Interesse daran, seihst reich zu sein; ob Michel reich und Peter arm ist, gilt ihm gleich — sie sind Beide vor ihm Nichts." p.334. Dieselbe Weisheit schöpft er p. 345 aus der Duldung der Konkurrenz im Staat. Wenn eine Eisenbahndirektion sich bloß um die Aktionäre zu kümmern hat, insofern sie ihre Einzahlungen leisten und ihre Dividenden empfangen, so schließt der Berliner Schulmeister in seiner Unschuld, daß die Aktionäre „vor ihr Nichts sind, wie wir vor Gott allzumal Sünder sind". Aus der Ohnmacht des Staats dem Treiben der Privateigentümer gegenüber beweist Sancho die Ohnmacht der Privateigentümer gegenüber dem Staat und seine eigne Ohnmacht gegenüber Beiden. Ferner. Weil die Bourgeois die Verteidigung ihres Eigentums im Staat organisiert haben und „Ich" daher „jenem Fabrikanten" seine Fabrik nicht abnehmen kann, außer innerhalb der Bedingungen der Bourgeoisie, d. h. der Konkurrenz - glaubt Jacques le bonhomme: „Der Staat hat die Fabrik als Eigentum, der Fabrikant nur als Lehen, als Besitztum."?. 347. Ebenso „hat" der Hund, der mein Haus bewacht, das Haus „als Eigentum", und Ich habe es nur „als Lehen, als Besitztum" vom Hunde. Weil die verdeckten materiellen Bedingungen des Privateigentums häufig in Widerspruch treten müssen mit der juristischen Illusion über das Privateigentum, wie sich z. B. bei Expropriationen zeigt, so schließt Jacques le bonhomme daraus, daß „hier das sonst verdeckte Prinzip, daß nur der Staat Eigentümer sei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in die Augen springt", p. 335. Es „springt hier nur in die Augen", daß unserm wackern Bürger die profanen Eigentumsverhältnisse hinter der Decke „des Heiligen" aus den Augen gesprungen sind und daß er sich noch immer aus China eine „Himmelsleiter" borgen muß, um eine „Sprosse der Kultur" zu „erklimmen", auf der in zivilisierten Ländern sogar die Schulmeister stehen. Wie hier Sancho die zur Existenz des Privateigentums gehörigen Widersprüche zur Negation des Privateigentums macht, so verfuhr er, wie wir oben sahen, mit den Widersprüchen innerhalb der bürgerlichen Familie. Wenn die Bourgeois, überhaupt alle Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft, genötigt sind, sich als Wir, als moralische Person, als Staat zu konstituieren, um ihre gemeinschaftlichen Interessen zu sichern, und ihre dadurch hervorgebrachte Kollektivgewalt schon um der Teilung der Arbeit willen an Wenige delegieren, so bildet sich Jacques le bonhomme ein, daß
„Jeder nur so lange den Nießbrauch des Eigentums hat, als er das Ich des Staats in sich trägt oder ein loyales Glied der Gesellschaft ist ... Wer ein Staats-Ich, d.h. ein guter Bürger oder Untertan ist, der trägt als solches Ich, nicht als eignes, das Lehen ungestört." p. 334, 335. Auf diese Weise hat Jeder nur so lange den Besitz einer Eisenbahnaktie, als er „das Ich" der Direktion „in sich trägt", wonach man also nur als Heiliger eine Eisenbahnaktie besitzen kann. Nachdem Sankt Sancho auf diese Weise die Identität des Privat- und Staatseigentums sich weisgemacht hat, kann er fortfahren:
„Daß der Staat nicht willkürlich dem Einzelnen entzieht, was er vom Staate hat, ist nur dasselbe wie dies, daß der Staat sich selbst nicht beraubt." p. 334, 335. Daß Sankt Sancho nicht willkürlich Anderen ihr Eigentum raubt, ist nur dasselbe wie dies, daß Sankt Sancho sich selbst nicht beraubt, da er ja alles Eigentum als das seinige „ansieht". Auf Sankt Sanchos übrige Phantasien über Staat und Eigentum, z.B. daß der Staat die Einzelnen durch Eigentum „kirrt" und „belohnt", daß er aus besonderer Malice die hohe Sporteltaxe erfunden habe, um die Bürger zu ruinieren, wenn sie nicht loyal seien etc. etc., überhaupt auf die Kleinbürgerlich-deutsche Vorstellung von der Allmacht des Staats, eine Vorstellung, die bereits bei den alten deutschen Juristen durchläuft und hier in hochtrabenden Beteuerungen sich aufspreizt, kann man uns nicht zumuten, weiter einzugehn. Seine hinreichend nachgewiesene Identität von Staats- und Privateigentum sucht er schließlich noch durch etymologische Synonymik darzutun, wobei er seiner Gelehrsamkeit indes en ambas posaderas schlägt.
„Mein Privateigentum ist nur Dasjenige, was der Staat Mir von dem Seinigen überläßt, indem er andere Staatsglieder darum verkürzt (priviert): es ist Staatseigentum." p. 339. Zufällig verhält sich die Sache gerade umgekehrt. Das Privateigentum in Rom, worauf sich der etymologische Witz allein beziehen kann, stand im direktesten Gegensatz zum Staatseigentum. Der Staat gab allerdings den Plebejern Privateigentum, verkürzte dagegen nicht „Andre" um ihr Privateigentum, sondern diese Plebejer selbst um ihr Staatseigentum (ager publicus1) ^ und ihre politischen Rechte, und deshalb hießen sie selbst privati, Beraubte, nicht aber jene phantastischen „andern Staatsglieder", von denen Sankt Sancho träumt. Jacques le bonhomme blamiert sich in allen Ländern,
1 Land, das sich in öffentlichem Besitz befand
22 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
allen Sprachen und allen Epochen, sobald er auf positive Fakta zu sprechen kommt, von denen „das Heilige" keine aprioristische Kenntnis haben kann. Die Verzweiflung darüber, daß der Staat alles Eigentum absorbiert, treibt ihn in sein innerstes „empörtes" Selbstbewußtsein zurück, wo er durch die Entdeckung überrascht wird, daß er Literat ist. Er drückt diese Verwunderung in folgenden merkwürdigen Worten aus:
„ Im Gegensatz zum Staat fühle Ich immer deutlicher, daß Mir noch eine große Gewalt übrig bleibt, die Gewalt über Mich selbst"; was weiter dahin ausgeführt wird:
„An Meinen Gedanken habe Ich ein wirkliches Eigentum, womit Ich Handel treiben kann." p. 339. Der „Lump" Stirner, der „Mensch von nur ideellem Reichtum", kommt also auf den verzweifelten Entschluß, mit der geronnenen, sauer gewordenen Milch seiner Gedanken Handel zu treiben.[133] Und wie schlau fängt er es an, wenn der Staat seine Gedanken für Contrebande erklärtP Horcht:
„Ich gebe sie auf" (allerdings sehr weise) „und tausche Andere für sie ein" (d. h. falls Jemand ein so schlechter Geschäftsmann sein sollte, seine Gedankenwechsel anzunehmen), „die dann Mein neues, erkauftes Eigentum sind." p. 339. Der ehrliche Bürger beruhigt sich nicht eher, als bis er es schwarz auf weiß besitzt, daß er sein Eigentum redlich erkauft hat. Siehe da den Trost des Berliner Bürgers in allen seinen Staatsnöten und Polizeitrübsalen: „Gedanken sind zollfrei!" Die Verwandlung des Privateigentums in Staatseigentum reduziert sich schließlich auf die Vorstellung,, daß der Bourgeois nur besitzt als Exemplar der Bourgeoisgattung, die in ihrer Zusammenfassung Staat heißt und den Einzelnen mit Eigentum belehnt. Hier steht die Sache wieder auf dem Kopf. In der Bourgeoisklasse, wie in jeder anderen Klasse, sind nur die persönlichen Bedingungen zu gemeinschaftlichen und allgemeinen entwickelt, unter denen die einzelnen Mitglieder der Klasse besitzen und leben. Wenn auch früher dergleichen philosophische Illusionen in Deutschland kursieren konnten, so sind sie doch jetzt vollständig lächerlich geworden, seitdem der Welthandel hinlänglich bewiesen hat, daß der bürgerliche Erwerb ganz unabhängig von der Politik, die Politik dagegen gänzlich abhängig vom bürgerlichen Erwerb ist. Schon im achtzehnten Jahrhundert war die Politik so sehr vom Handel abhängig, daß z. B., als der französische Staat eine Anleihe machen wollte, ein Privatmann für den Staat den Holländern gutsagen mußte.
Daß die „Wertlosigkeit Meiner" oder „der Pauperismus" die „Verwertung" oder das „Bestehen" des „Staats" ist (p. 336), ist eine der 1001 Stirnerschen Gleichungen, die wir hier bloß deshalb erwähnen, weil wir bei dieser Gelegenheit einige Neuigkeiten über den Pauperismus-hören.
„Der Pauperismus ist die Wertlosigkeit Meiner, die Erscheinung, daß Ich Mich nicht verwerten kann. Deshalb ist Staat und Pauperismus Ein und Dasselbe ... Der Staat geht allezeit darauf aus, von Mir Nutzen zu ziehen, d. h. Mich zu exploitieren, auszubeuten, zu verbrauchen, bestände dieser Verbrauch auch nur darin, daß Ich für eine Proles1 sorge (Proletariat). Er will, Ich soll seine Kreatur sein." p.336. Abgesehen davon, daß sich hier zeigt, wie wenig es von ihm abhängt, sich zu verwerten, obgleich er seine Eigenheit überall und immer durchsetzen kann, daß hier abermals Wesen und Erscheinung im Gegensatz zu den früheren Behauptungen ganz voneinander getrennt werden, kommt die obige kleinbürgerliche Ansicht unsres Bonhomme wieder zutage, daß „der Staat" ihn exploitieren will. Uns interessiert nur noch die altrömische etymologische Abstammung des Proletariats, die hier naiverweise in den modernen Staat eingeschmuggelt wird. Sollte Sankt Sancho wirklich nicht wissen, daß überall, wo der moderne Staat sich entwickelt hat, das „Sorgen für eine Proles" dem Staat, d. h. den offiziellen Bourgeois, gerade die unangenehmste Tätigkeit, des Proletariats ist? Sollte er nicht etwa zu seinem eignen Besten auch Malthus und den Minister Duchätel ins Deutsche übersetzen.3 Sankt Sancho „fühlte" vorhin „immer deutlicher", als deutscher Kleinbürger, daß ihm „im Gegensatz zum Staat noch eine große Macht blieb", nämlich dem Staat zum Trotz sich Gedanken zu machen. Wäre er ein englischer Proletarier, so würde er gefühlt haben, daß ihm „die Macht blieb", dem Staat zum Trotz Kinder zu machen. Weitere Jeremiade gegen den Staat! Weitere Theorie des Pauperismus! Er „schafft" zunächst als „Ich" „Mehl, Leinwand oder Eisen und Kohlen", womit er die Teilung der Arbeit von vornherein aufhebt. Dann fängt er an, „lange" zu „klagen", daß seine Arbeit nicht nach ihrem Wert bezahlt wird, und gerät zunächst in Konflikt mit den Bezahlenden. Der Staat tritt dann „beschwichtigend" dazwischen.
„Lasse Ich Mir nicht genügen an dem Preise, den er" (nämlich der Staat) „für meine Ware und Arbeit festsetzt, trachte Ich vielmehr, den Preis Meiner Ware selbst zu bestimmen, d. h. Mich bezahlt zu machen, so gerate Ich zunächst" (großes „Zunächst" - nicht mit dem Staat, sondern) „mit den Abnehmern der Ware in Konflikt." P. 337.
1 Nachkommenschaft
Will er nun in ein „direktes Verhältnis" mit diesen Abnehmern treten, d.h. „sie bei den Köpfen fassen", so „interveniert" der Staat, „reißt den Menschen vom Menschen" (obgleich es sich nicht vom „Menschen", sondern vom Arbeiter und Arbeitgeber oder, was er durcheinanderwirft, vom Verkäufer und Käufer der Ware handelte), und zwar tut der Staat dies in der böswilligen Absicht, „um sich als Geist" (jedenfalls heiliger Geist) „in die Mitte zu stellen. Die Arbeiter, welche höheren Lohn verlangen, werden als Verbrecher behandelt, sobald sie ihn erzwingen wollen." p. 337. Hier haben wir wieder einmal eine Blütenlese des Unsinns. Herr Senior hätte seine Briefe über den Arbeitslohn11341 sparen können, wenn er sich vorher in ein „direktes Verhältnis" zu Stirner gesetzt hätte; besonders da in diesem Falle der Staat wohl nicht „den Menschen vom Menschen gerissen" haben würde. Sancho läßt hier den Staat dreimal auftreten. Zuerst „beschwichtigend", dann preisbestimmend, zuletzt als „Geist", als das Heilige. Daß Sankt Sancho nach der glorreichen Identifikation des Privat- und Staatseigentums den Staat auch den Arbeitslohn bestimmen läßt, zeugt von gleich großer Konsequenz und Unbekanntschaft mit den Dingen dieser Welt. Daß „die Arbeiter, welche höheren Lohn erzwingen wollen", in England, Amerika und Belgien keineswegs sogleich als „Verbrecher" behandelt werden, sondern im Gegenteil oft genug diesen Lohn wirklich erzwingen, ist ebenfalls ein unsrem Heiligen unbekanntes Faktum und zieht durch seine Legende vom Arbeitslohn einen großen Strich. Daß die Arbeiter, selbst wenn der Staat nicht „in die Mitte träte", wenn sie ihre Arbeitgeber „bei den Köpfen fassen", damit noch gar nichts gewinnen, noch viel weniger als durch Assoziationen und Arbeitseinstellungen, solange sie nämlich Arbeiter und ihre Gegner Kapitalisten bleiben - das ist ebenfalls ein Faktum, das selbst in Berlin einzusehen wäre. Daß die bürgerliche Gesellschaft, die auf der Konkurrenz beruht, und ihr Bourgeoisstaat ihrer ganzen materiellen Grundlage nach keinen andern als einen Konkurrenzkampf unter den Bürgern zulassen können und nicht als „Geist", sondern mit Bajonetten dazwischentreten müssen, wenn die Leute sich „an den Köpfen fassen", braucht ebenfalls nicht auseinandergesetzt zu werden. Übrigens stellt Stirners Einfall, daß nur der Staat reicher werde, wenn die Individuen auf der Basis des bürgerlichen Eigentums reicher werden, oder daß bisher alles Privateigentum Staatseigentum gewesen sei, das historische Verhältnis wieder auf den Kopf. Mit der Entwicklung und Akkumulation des bürgerlichen Eigentums, d. h. mit der Entwicklung des Handels und der Industrie wurden die Individuen immer reicher, während der Staat immer verschuldeter ward. Dies Faktum trat schon hervor in den ersten italie
nischen Handelsrepubliken, zeigte sich später in seiner Spitze in Holland seit dem vorigen Jahrhundert, wo der Fondsspekulant Pinto schon 1750 darauf aufmerksam machte, und findet jetzt wieder statt in England. Es zeigt sich daher auch, daß, sobald die Bourgeoisie Geld gesammelt hat, der Staat bei ihr betteln gehen muß und endlich von ihr geradezu an sich gekauft wird. Dies findet in einer Periode statt, in welcher die Bourgeoisie noch eine andre Klasse sich gegenüberstehen hat, wo also der Staat zwischen Beiden den Schein einer gewissen Selbständigkeit behalten kann. Der Staat bleibt selbst nach diesem Ankauf immer noch geldbedürftig und dadurch von den Bourgeois abhängig, kann aber dennoch, wenn es das Interesse der Bourgeois erfordert, immer über mehr Mittel verfügen als andre, weniger entwickelte und daher weniger verschuldete Staaten. Aber selbst die unentwickeltsten Staaten Europas, die der Heiligen Allianzfl35], gehen diesem Schicksal unaufhaltsam entgegen und werden von den Bourgeois angesteigert werden; wo sie sich dann von Stirner mit der Identität von Privateigentum und Staatseigentum vertrösten lassen können, namentlich sein eigner Souverän, der vergebens die Stunde des Verschacherns der Staatsmacht an die „böse" gewordnen „Bürger" hinzuhalten strebt. Wir kommen jetzt zu dem Verhältnis von Privateigentum und Recht, wo wir dieselben Siebensachen in anderer Form wieder hören. Die Identität von Staats- und Privateigentum erhält eine scheinbar neue Wendung. Die politische Anerkennung des Privateigentums im Recht wird als Basis des Privateigentums ausgesprochen.
„Das Privateigentum lebt von der Gnade des Rechts. Nur im Rechte hat es seine Gewähr - Besitz ist ja noch nicht Eigentum, es wird erst das Meinige durch Zustimmung des Rechts -; es ist keine Tatsache, sondern eine Fiktion, ein Gedanke. Das ist das Rechtseigentum, rechtliches Eigentum, garantiertes Eigentum; nicht durch Mich ist es Mein, sondern durchs - Recht." p. 332.
Dieser Satz treibt nur den schon dagewesenen Unsinn vom Staatseigentum auf eine noch komischere Höhe. Wir gehen daher gleich auf Sanchos Exploitation des fiktiven jus utendi et abutendi1 über. p. 332 erfahren wir außer der obigen schönen Sentenz, daß das Eigentum
„die unumschränkte Gewalt über etwas ist, womit Ich schalten und walten kann nach Gutdünken". „Die Gewalt" ist aber „nicht ein für sich Existierendes, sondern lediglich im gewaltigen Ich, in Mir, dem Gewaltigen", p. 366. Das Eigentum ist daher kein „Ding", „nicht dieser Baum, sondern Meine Gewalt, Verfügung über ihn ist die
1 das Recht, das Seinige zu gebrauchen und zu verbrauchen (auch: zu mißbrauchen)
Meinige", p.366.Er kennt bloß „Dinge" oder „Iche".Die „vom Ich getrennte", gegen es verselbständigte, in ein „Gespenst" verwandelte „Gewalt ist das Recht". „Diese verewigte Gewalt" (Abhandlung über das Erbrecht) „erlischt selbst mit Meinem Tode nicht, sondern wird übertragen oder vererbt. Die Dinge gehören nun wirklich nicht Mir, sondern dem Rechte. Andererseits ist dies weiter Nichts als eine Verblendung, denn die Gewalt des Einzelnen wird allein dadurch permanent und ein Recht, daß Andre ihre Gewalt mit der seinigen verbinden. Der Wahn besteht darin, daß sie ihre Gewalt nicht wieder zurückziehen zu können glauben." p. 366, 367. „Ein Hund sieht den Knochen in eines andern Gewalt und steht nur ab, wenn er sich zu schwach fühlt. Der Mensch aber respektiert das Recht des Andern an seinen Knochen ... Und wie hier, so heißt überhaupt dies ,menschlich', wenn man in Allem etwas Geistiges sieht, hier das Recht, d. h. Alles zu einem Gespenste macht und sich dazu als zu einem Gespenste verhält ... Menschlich ist es, das Einzelne nicht als Einzelnes, sondern als' ßin Allgemeines anzuschauen." p. 368, 369. Das ganze Unheil entspringt also wieder aus dem Glauben der Individuen an den Rechtsbegriff, den sie sich aus dem Kopfe schlagen sollen. Sankt Sancho kennt nur „Dinge" und „Iche",und von Allem, was nicht unter diese Rubriken paßt, von allen Verhältnissen kennt er nur die abstrakten Begriffe, die sich ihm daher auch in „Gespenster" verwandeln. „Andererseits" dämmert ihm freilich zuweilen, daß dies Alles „weiter Nichts ist als eine Verblendung" und daß „die Gewalt des Einzelnen" sehr davon abhängig ist, ob Andre ihre Gewalt mit der seinigen verbinden. Aber in letzter Instanz läuft Alles doch auf „den Wahn" heraus, daß die Einzelnen „ihre Gewalt nicht wieder zurückziehen zu können glauben". Die Eisenbahn gehört wieder „wirklich" nicht den Aktionären, sondern den Statuten. Sancho gibt gleich ein schlagendes Exempel am Erbrecht. Er erklärt es nicht aus der Notwendigkeit der Akkumulation und der vor dem Recht existierenden Familie, sondern aus der juristischen Fiktion von der Verlängerung der Gewalt über den Tod hinaus. Diese juristische Fiktion selbst wird von allen Gesetzgebungen immer mehr aufgegeben, je mehr die feudale Gesellschaft in die bürgerliche übergeht. (Vergleiche z. B. den Code Napoleon.) Daß die absolute väterliche Gewalt und das Majorat, sowohl das naturwüchsige Lehnsmajorat wie das spätere, auf sehr bestimmten materiellen Verhältnissen beruhten, braucht hier nicht auseinandergesetzt zu werden. Dasselbe findet bei den antiken Völkern statt in der Epoche der Auflösung des Gemeinwesens durch das Privatleben. (Bester Beweis die Geschichte des römischen Erbrechts.) Sancho konnte überhaupt kein unglücklicheres Beispiel wählen als das Erbrecht, das am allerdeutlichsten die Abhängigkeit des Rechts von den Produktionsverhältnissen zeigt. Vergleich zum Beispiel römisches und germanisches Erbrecht. Ein Hund hat freilich noch nie aus einem Knochen Phosphor, Kno
chenmehl oder Kalk gemacht, ebensowenig wie er sich je über sein „Recht" an einen Knochen „etwas in den Kopf gesetzt hat"; Sankt Sancho hat sich ebenfalls nie „in den Kopf gesetzt", darüber nachzudenken, ob nicht das Recht, das die Menschen auf einen Knochen sich vindizieren und die Hunde nicht, mit der Art zusammenhängt, wie die Menschen diesen Knochen produktiv behandeln und die Hunde nicht. Überhaupt haben wir hier an einem Beispiel die ganze Manier der Sanchoschen Kritik und seinen unerschütterlichen Glauben an kurante Illusionen vor uns. Die bisherigen Produktionsverhältnisse der Individuen müssen sich ebenfalls als politische und rechtliche Verhältnisse ausdrücken. (Sieh oben.) Innerhalb der Teilung der Arbeit müssen diese Verhältnisse gegenüber den Individuen sich verselbständigen. Alle Verhältnisse können in der Sprache nur als Begriffe ausgedrückt werden. Daß diese Allgemeinheiten und Begriffe als mysteriöse Mächte gelten, ist eine notwendige Folge der Verselbständigung der realen Verhältnisse, deren Ausdruck sie sind. Außer dieser Geltung im gewöhnlichen Bewußtsein erhalten diese Allgemeinheiten noch eine besondere Geltung und Ausbildung von den Politikern und Juristen, die durch die Teilung der Arbeit auf den Kultus dieser Begriffe angewiesen sind und in ihnen, nicht in den Produktionsverhältnissen, die wahre Grundlage aller realen Eigentumsverhältnisse sehen. Diese Illusion adoptiert Sankt Sancho unbesehens, hat es damit fertiggebracht, das rechtliche Eigentum für die Basis des Privateigentums und den Rechtsbegriff für die Basis des rechtlichen Eigentums zu erklären, und kann nun seine ganze Kritik darauf beschränken, den Rechtsbegriff für einen Begriff, ein Gespenst zu erklären. Womit Sankt Sancho fertig ist. Zu seiner Beruhigung kann ihm noch gesagt werden, daß das Verfahren der Hunde, wenn ihrer zwei einen Knochen finden, in allen ursprünglichen Gesetzbüchern als Recht anerkannt wird: vim vi repellere licere1, sagen die Pandekten[136]; idque jus natura comparatur2, worunter verstanden wird jus quod natura omnia animalia - Menschen und Hunden - docuit3; daß aber später die organisierte Repulsion der Gewalt durch die Gewalt „eben" das Recht ist. Sankt Sancho, der nun im Zuge ist, dokumentiert seine rechtsgeschichtliche Gelehrsamkeit dadurch, daß er Proudhon seinen „Knochen" streitig macht. Proudhon, sagt er,
.^schwindelt uns vor, die Sozietät sei die ursprüngliche Besitzerin und die einzige Eigentümerin von unverjährbarem Rechte; an ihr sei der sogenannte Eigentümer zum Diebe geworden; wenn sie nun dem dermaligen Eigentümer sein Eigentum entziehe,
1 Gewalt darf mit Gewalt abgewehrt werden - 2 und dieses Recht ist von der Natur gesetzt - 3 ein Recht, das die Natur alle Lebewesen gelehrt hat
so raube sie ihm Nichts, da sie nur ihr unverjährbares Recht geltend mache. So weit kommt man mit dem Spuk der Sozietät als einer moralischen Person." p. 330, 331. Dagegen will Stirner uns „vorschwindeln", p. 340, 367, 420 und anderwärts, wir, nämlich die Besitzlosen, hätten den Eigentümern ihr Eigentum geschenkt, aus Unkunde, Feigheit oder auch Gutmütigkeit usw., und fordert uns auf, unser Geschenk zurückzunehmen. Zwischen den beiden „Schwindeleien" ist der Unterschied, daß Proudhon sich auf ein historisches Faktum stützt, während Sankt Sancho sich nur etwas „in den Kopf gesetzt" hat, um der Sache eine „neue Wendung" zu geben. Die neueren rechtsgeschichtlichen Forschungen haben nämlich herausgestellt, daß sowohl in Rom wie bei den germanischen, keltischen und slawischen Völkern die Eigentumsentwicklung vom Gemeindeeigentum oder Stammeigentum ausging und das eigentliche Privateigentum überall durch Usurpation entstand, was Sankt Sancho freilich nicht aus der tiefen Einsicht herausklauben konnte, daß der Rechtsbegriff ein Begriff ist. Den juristischen Dogmatikern gegenüber war Proudhon vollständig berechtigt, dies Faktum geltend zu machen und überhaupt sie mit ihren eignen Voraussetzungen zu bekämpfen. „So weit kommt man mit dem Spuk" des Rechtsbegriffs als eines Begriffs. Proudhon könnte nur dann wegen seines obigen Satzes angegriffen werden, wenn er dem über dies ursprüngliche Gemeinwesen hinausgegangenen Privateigentum gegenüber die frühere und rohere Form verteidigt hätte. Sancho resümiert seine Kritik Proudhons in der stolzen Frage:
„Warum so sentimental, als ein armer Beraubter, das Mitleid anrufen?" p. 420. Die Sentimentalität, die übrigens bei Proudhon nirgends zu finden ist, ist nur der Maritornes gegenüber erlaubt. Sancho bildet sich wirklich ein, ein „ganzer Kerl" zu sein gegenüber einem Gespenstergläubigen wie Proudhon. Er hält seinen aufgedunsenen Kanzleistil, dessen sich Friedrich Wilhelm IV. zu schämen hätte, für revolutionär. „Der Glaube macht selig!" p. 340 erfahren wir:
„Alle Versuche, über das Eigentum vernünftige Gesetze zu geben, liefen vom Busen der Liehe in ein wüstes Meer von Bestimmungen aus." Hierzu paßt der gleich abenteuerliche Satz: „Der bisherige Verkehr beruhte auf der Liebe, dem rücksichtsvollen Benehmen, dem Füreinander-Tun." p. 385. Sankt Sancho überrascht sich hier selbst mit einem frappanten Paradoxon über das Recht und den Verkehr. Wenn wir uns indes erinnern, daß er unter „der Liebe" die Liebe zu „dem Menschen", überhaupt einem An-und-für
sich-Seienden, Allgemeinen, das Verhältnis zu einem Individuum oder Ding als zum Wesen, zu dem Heiligen versteht, so fällt dieser glänzende Schein zusammen. Die obigen Orakelsprüche lösen sich dann in die alten, durch das ganze „Buch" uns ennuyierenden Trivialitäten auf, daß zwei Dinge, von denen Sancho Nichts weiß, nämlich hier das bisherige Recht und der bisherige Verkehr - „das Heilige" sind, und daß überhaupt bisher nur „Begriffe die Welt beherrscht" haben. Das Verhältnis zum Heiligen, sonst „Respekt" genannt, kann auch gelegentlich „Liebe" tituliert werden. (Siehe „Logik".) Nur ein Beispiel, wie Sankt Sancho die Gesetzgebung in ein Liebesverhältnis und den Handel in einen Liebeshandel verwandelt: „In einer Registrationsbill für Irland stellte die Regierung den Antrag, Wähler diejenigen sein zu lassen, welche fünf Pfund Sterling Armensteuer entrichten. Also wer Almosen gibt, der erwirbt politische Rechte oder wird anderwärts Schwanenritter." p. 344. Zuerst ist hier zu bemerken, daß diese „Registrationsbill", die „politische Rechte" verleiht, eine Munizipal- oder Korporationsbill war, oder, um für Sancho verständlich zu sprechen, eine „Städteordnung", die keine „politischen Rechte", sondern städtische Rechte, Wahlrecht für Lokalbeamte, verleihen sollte. Zweitens sollte Sancho, der den MacCulloch übersetzt, doch wohl wissen, was das heißt, „to be assessed to the poor-rates at five pounds". Es heißt nicht „fünf Pfund Armensteuer zahlen", sondern in den Armensteuerrollen als Bewohner eines Hauses eingetragen sein, dessen jährliche Miete fünf Pfund beträgt. Der Berliner Bonhomme weiß nicht, daß die Armensteuer in England und Irland eine lokale Steuer ist, die in jeder Stadt und in jedem Jahre verschieden ist, so daß es eine reine Unmöglichkeit wäre, irgendein Recht an einen bestimmten Steuerbetrag knüpfen zu wollen. Endlich glaubt Sancho, daß die englische und irische Armensteuer ein „Almosen" sei, während sie nur die Geldmittel zu einem offenen und direkten Angriffskrieg der herrschenden Bourgeoisie gegen das Proletariat aufbringt. Sie deckt die Kosten der Arbeitshäuser, die bekanntlich ein Malthusianisches Abschreckungsmittel gegen den Pauperismus sind. Man sieht, wie Sancho „vom Busen der Liebe in ein wüstes Meer von Bestimmungen ausläuft". Beiläufig bemerkt, mußte die deutsche Philosophie, weil sie nur vom Bewußtsein ausging, in Moralphilosophie verenden, wo dann die verschiedenen Heroen einen Hader um die wahre Moral führen. Feuerbach liebt den Menschen um des Menschen willen, Sankt Bruno liebt ihn, weil er es „verdient" (Wigfand,] p. 137), und Sankt Sancho liebt „Jeden", weil es ihm gefällt, mit dem Bewußtsein des Egoismus („das Buch", p. 387).
Wir haben schon oben, in der ersten Abhandlung, gehört, wie die kleinen Grundeigentümer sich respektvoll vom großen Grundeigentum ausschlössen. Dies Sich-Ausschließen vom fremden Eigentum aus Respekt wird überhaupt als Charakter des bürgerlichen Eigentums dargestellt. Aus diesem Charakter weiß Stirner sich zu erklären, warum „innerhalb des Bürgertums trotz seines Sinnes, daß Jeder Eigentümer sei, die Meisten soviel wie Nichts haben", p. 348. Dies „kommt daher, weil die Meisten sich schon darüber freuen, nur überhaupt Inhaber, sei es auch von einigen Lappen, zu sein". p.349. Daß „die Meisten" nur „einige Lappen" besitzen, erklärt sich Szeliga ganz natürlich aus ihrer Freude an den Lappen. p. 343: „ Ich wäre bloß Besitzer P Nein, bisher war man nur Besitzer, gesichert im Besitze einer Parzelle, dadurch, daß man Andere auch im Besitze einer Parzelle ließ; jetzt aber gehört/!//es Mir. Ich bin Eigentümer von Allem, dessen Ich brauche und habhaft werden kann." Wie Sancho vorhin die kleinen Grundbesitzer sich respektvoll vom großen Grundeigentum ausschließen ließ, jetzt die kleinen Grundbesitzer sich voneinander, so konnte er weiter ins Detail gehen, die Ausschließung des kommerziellen Eigentums vom Grundeigentum, des Fabrikeigentums vom eigentlich kommerziellen usw. durch den Respekt bewerkstelligen lassen und es so zu einer ganz neuen Ökonomie auf der Basis des Heiligen bringen. Er hat sich dann nur den Respekt aus dem Kopf zu schlagen, um die Teilung der Arbeit und die daraus hervorgehende Gestaltung des Eigentums mit Einem Schlage aufzuheben. Zu dieser neuen Ökonomie gibt Sancho p. 128 „des Buchs" einen Beleg, wo er die Nadel nicht vom shopkeeper1, sondern vom Respekt kauft, und nicht mit Geld von dem shopkeeper, sondern mit Respekt von der Nadel. Übrigens ist die von Sancho angefeindete dogmatische Selbstausschließung eines Jeden vom fremden Eigentum eine rein juristische Illusion. In der heutigen Produktions- und Verkehrsweise schlägt Jeder ihr ins Gesicht und trachtet gerade danach, alle Andern von ihrem einstweiligen Eigentum auszuschließen. Wie es mit Sanchos „Eigentum an Allem" aussieht, geht schon aus dem ergänzenden Nachsatz hervor: „dessen Ich brauche und habhaft werden kann". Er erörtert dies selbst näher p. 353: „Sage Ich: Mir gehört die Welt, so ist das eigentlich auch leeres Gerede, das nur insofern Sinn hat, als Ich kein fremdes Eigentum respektiere." Also insofern der Nichtrespekt vor dem fremden Eigentum sein Eigentum ist. Was Sancho an seinem geliebten Privateigentum kränkt, ist eben die Aus
1 Krämer
schließlichkeit, ohne die es Unsinn wäre, das Faktum, daß es außer ihm noch andre Privateigentümer gibt. Fremdes Privateigentum ist nämlich heiliges. Wir werden sehen, wie er in seinem „Vereine" diesem Ubelstand abhilft. Wir werden nämlich finden, daß sein egoistisches Eigentum, das Eigentum im außergewöhnlichen Verstände, weiter nichts ist als das durch seine heiligende Phantasie verklärte, gewöhnliche oder bürgerliche Eigentum. Schließen wir mit dem Spruch Salomonis: „Gelangen die Menschen dahin, daß sie den Respekt vor dem Eigentum verlieren, so wird Jeder Eigentum haben ... dann [werden Vereine auch in dieser Sache die Mittel des Einzelnen multiplizieren und sein angefochtenes Eigentum sicherstellen." p. 342.J1
[Abhandlung 3: Über die Konkurrenz im gewöhnlichen und außergewöhnlichen Verstände J Schreiber dieses begab sich eines Morgens im gebührlichen Kostüm zum Herrn Minister Eichhorn:
„Weil es mit dem Fabrikanten nicht geht" (der Herr Finanzminister hatte ihm nämlich weder Raum noch Geld zur Errichtung einer eigenen Fabrik gegeben, noch der Herr Justizminister ihm erlaubt, dem Fabrikanten die Fabrik zu nehmen — siehe oben bürgerliches Eigentum), „so will Ich mit jenem Professor der Rechte konkurrieren; der Mann ist ein Gimpel, und Ich, der Ich hundertmal mehr weiß als er, werde sein Auditorium leer machen." - „HastDu studiert und promoviert, Freund?" - „Nein, aber was tut das? Ich verstehe, was zu dem Lehrfache nötig ist, reichlich." - „Tut mir leid, aber die Konkurrenz ist hier nicht frei. Gegen Deine Person ist nichts zu sagen, aber die Sache fehlt, das Doktordiplom. Und dies verlange Ich, der Staat." - „Dies also ist die Freiheit der Konkurrenz", seufzte Schreiber dieses, „der Staat, Mein Herr, befähigt mich erst zum Konkurrieren." Worauf er niedergeschlagen in seine Behausung zurückkehrte, p. 347. In entwickelten Ländern wäre es ihm nicht vorgekommen, den Staat um die Erlaubnis fragen zu müssen, ob er mit einem Professor der Rechte konkurrieren dürfe. Wenn er sich aber an den Staat als einen Arbeitgeber wendet und Besoldung, d. h. Arbeitslohn verlangt, also sich selbst in das Konkurrenzverhältnis stellt, so ist allerdings nach seinen schon dagewesenen Abhandlungen über Privateigentum und privati2, Gemeinde-Eigentum, Proletariat, lettres patentes3, Staat und status usw. nicht zu vermuten, daß er „glücklich werben" wird. Der Staat kann ihn nach seinen bisherigen Leistungen höchstens als Küster (custos) „des Heiligen" auf einer hinterpommerschen Domäne anstellen.
1 Hier fehlen im Manuskript 4 Seiten — 2 Beraubte - 3 verbriefte Rechte
Zur Erheiterung können wir hier „episodisch" die große Entdeckung Sanchos „einlegen", daß zwischen „Armen" und „Reichen" kein „anderer Unterschied" existiert - „als der der Vermögenden und Unvermögenden". P. 354. Stürzen wir uns jetzt wieder in das „wüste Meer" der Stirnerschen „Bestimmungen" über die Konkurrenz: „Mit der Konkurrenz ist weniger" (o „Weniger"!) „die Absicht verbunden, die Sache am besten zu machen, als die andre, sie möglichst einträglich, ergiebig zu machen. Man studiert daher auf ein Amt los (Brotstudium), studiert Katzenbuckel und Schmeicheleien, Routine und Geschäftskenntnis, man arbeitet auf den Schein. Während es daher scheinbar um eine gute Leistung zu tun ist, wird in Wahrheit nur auf ein gutes Geschäft und Geldverdienst gesehen. Man möchte zwar nicht gerne Zensor sein, aber man will befördert sein ... man fürchtet Versetzung oder gar Absetzung." p. 354, 355. Unser Bonhomme möge ein ökonomisches Handbuch aufspüren, worin selbst die Theoretiker behaupten, es sei in der Konkurrenz um „eine gute Leistung" oder darum zu tun, „die Sache am besten zu machen", und nicht, „sie möglichst einträglich zu machen". Er kann übrigens in jedem derartigen Buche finden, daß innerhalb des Privateigentums die ausgebildetste Konkurrenz, wie z. B. in England, die „Sache" allerdings „am besten macht". Der kleine kommerzielle und industrielle Betrug wuchert nur unter bornierten Konkurrenzverhältnissen, unter den Chinesen, Deutschen und Juden, überhaupt unter den Hausierern und Kleinkrämern. Aber selbst den Hausierhandel erwähnt unser Heiliger nicht; er kennt nur die Konkurrenz der Supernumerarien und Referendarien, er beweist sich hier als vollständigen k[öniglich] preußischen] Subalternbeamten. Er hätte ebensogut die Bewerbung der Hofleute aller Zeiten um die Gunst ihres Fürsten als Beispiel der Konkurrenz anführen können, aber das lag seinem kleinbürgerlichen Gesichtskreis viel zu fern. Nach diesen gewaltigen Abenteuern mit den Supernumerarien, SalarienKassen-Rendanten und Registratoren besteht Sankt Sancho das große Abenteuer mit dem famosen Roß Clavileno, davon der Prophet Cervantes zuvor geredet hat im Neuen Testament am Einundvierzigsten. Sancho setzt sich nämlich aufs hohe ökonomische Pferd und bestimmt das Minimum des Arbeitslohnes vermittelst „des Heiligen". Allerdings zeigt er hier wieder einmal seine angeborne Furchtsamkeit und weigert sich anfangs, das fliegende Roß zu besteigen, das ihn in die Region trägt, „wo der Hagel, der Schnee, der Donner, Blitz und Wetterstrahl erzeugt werden", weit über die Wolken hinaus. Aber „der Herzog", das ist „der Staat", ermuntert ihn, und nachdem der kühnere und erfahrnere Szeliga-Don Quijote sich einmal in den Sattel
geschwungen hat, klettert unser wackerer Sancho ihm nach auf die Kruppe. Und als die Hand Szeligas die Schraube am Kopfe des Pferdes gedreht hatte, erhob es sich hoch in die Lüfte, und alle Damen, vornehmlich Maritornes, riefen ihnen nach: „Der mit sich einige Egoismus geleite Dich, tapferer Ritter, und noch tapfrerer Schildknapp, und möge es Euch gelingen, uns von dem Spuk des Malambruno1, ,des Heiligen', zu befreien. Halte Dich nur in der Balance, tapferer Sancho, damit Du nicht fallest und es Dir nicht ergehe wie Phaeton, da er den Sonnenwagen lenken wollte!"
„Nehmen wir an" (er schwankt schon hypothetisch), „daß, wie die Ordnung zum Wesen des Staats gehört, so auch die Unterordnung in seiner Natur" (angenehme Modulation zwischen „Wesen" und „Natur" - den „Ziegen", die Sancho auf seinem Fluge beobachtet) „gegründet ist, so sehen wir, daß von den Untergeordneten" (soll wohl heißen Übergeordneten) „oder Bevorzugten die Zurückgesetzten unverhältnismäßig überteuert und übervorteilt werden." p. 357. „Nehmen wir an ... so sehen wir." Soll heißen: so nehmen wir an. Nehmen wir an, daß „Übergeordnete" und „Untergeordnete" im Staat existieren, so „nehmen wir" ebenfalls „an", daß erstere vor den letzteren „bevorzugt" werden. Doch die stilistische Schönheit dieses Satzes sowie die plötzliche Anerkennung des „Wesens" und der „Natur" eines Dings schieben wir auf die Furchtsamkeit und Verwirrung unsres ängstlich balancierenden Sancho während seiner Luftfahrt sowie auf die unter seiner Nase abgebrannten Raketen. Wir bewundern selbst nicht, daß Sankt Sancho sich die Folgen der Konkurrenz nicht aus der Konkurrenz, sondern aus der Bürokratie erklärt und den Staat hier wiederum den Arbeitslohn bestimmen läßt.* Er bedenkt nicht, daß die fortwährenden Schwankungen des Arbeitslohns seiner ganzen schönen Theorie ins Gesicht schlagen und ein näheres Eingehen auf industrielle Verhältnisse ihm allerdings Exempel zeigen würde, wo ein Fabrikant von seinen Arbeitern nach allgemeinen Konkurrenzgesetzen „übervorteilt" und „überteuert" würde, wenn nicht diese juristischen und moralischen Ausdrücke innerhalb der Konkurrenz allen Sinn verloren hätten.
* [Im Manuskript gestrichen:] Er bedenkt hier wieder nicht, daß die „Übervorteilung" und „Uberteuerung" der Arbeiter in der modernen Welt auf ihrer Besitzlosigkeit beruht und daß diese Besitzlosigkeit im direkten Widerspruch steht mit der von Sancho den liberalen Bourgeois untergeschobenen Versicherung [ ] den liberalen Bourgeois, die durch die Parzellierung des Grundbesitzes einem Jeden Eigentum zu geben behaupten.
1 Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes
Wie einfältiglich und. kleinbürgerlich sich in dem einzigen Schädel Sanchos die weltumfassendsten Verhältnisse abspiegeln, wie sehr er als Schulmeister daran gebunden ist, aus allen diesen Verhältnissen sich moralische Nutzanwendungen zu abstrahieren und sie mit moralischen Postulaten zu widerlegen, das zeigt wieder deutlich die Zwerggestalt, zu der für ihn die Konkurrenz zusammenschrumpft. Wir müssen diese kostbare Stelle in extenso1 mitteilen, „auf daß Nichts verlorengehe". „Was noch einmal die Konkurrenz betrifft, so hat sie gerade dadurch Bestand, daß nicht Alle sich ihrer Sache annehmen und sich über sie miteinander verständigen. Brot ist z. B. das Bedürfnis aller Einwohner einer Stadt, deshalb könnten sie leicht übereinkommen, eine öffentliche Bäckerei einzurichten. Statt dessen überlassen sie die Lieferung des Bedarfs den konkurrierenden Bäckern. Ebenso Fleisch den Fleischern, Wein den Weinhändlern usw.... Wenn Ich Mich nicht um Meine Sache bekümmere, so muß Ich mit dem vorliebnehmen, was anderen Mir zu gewähren beliebt. Brot zu haben ist Meine Sache, Mein Wunsch und Begehren, und doch überläßt man es den Bäckern und hofft höchstens, durch ihren Hader, ihr Rangablaufen, ihren Wetteifer, kurz, ihre Konkurrenz, einen Vorteil zu erlangen, auf welchen man bei den Zünftigen, die gänzlieh und allein im Eigentum der Backgerechtigkeit saßen, nicht rechnen konnte." p.365. Charakteristisch für unsern Kleinbürger ist es, daß er hier2 eine Anstalt wie die öffentliche Bäckerei, die unter dem Zunftwesen vielfach existierte und durch die wohlfeilere Produktionsweise der Konkurrenz gestürzt wurde, eine lokale Anstalt, die sich nur unter beschränkten Verhältnissen halten konnte und mit dem Eintreten der Konkurrenz, welche die lokale Borniertheit aufhob, notwendig untergehen mußte - daß Sankt Sancho eine solche Anstalt der Konkurrenz gegenüber seinen Mitspießbürgern empfiehlt. Er hat nicht einmal das aus der Konkurrenz gelernt, daß „der Bedarf", z. B. an Brot, jeden Tag ein anderer ist, daß es keineswegs von ihm abhängt, ob morgen noch das Brot „seine Sache" ist oder ob sein Bedürfnis den Andern noch für eine Sache gilt, und daß innerhalb der Konkurrenz der Brotpreis durch die Produktionskosten und nicht durch das Belieben der Bäcker bestimmt wird. Er ignoriert sämtliche von der Konkurrenz erst geschaffenen Verhältnisse, Aufhebung der Lokalbeschränkung, Herstellung von Kommunikationen, ausgebildete Teilung der Arbeit, Weltverkehr, Proletariat, Maschinerie pp., um einen wehmütigen Blick auf die mittelalterliche Spießbürgerei zurückzuwerfen. Von der Konkurrenz weiß er soviel, daß sie „Hader, Rangablaufen und Wetteifer" ist; um ihren sonstigen Zusammenhang mit der Teilung der Arbeit, dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr etc. kümmert
1 ausführlich - 2 MEGA: daß hier
er sich nicht.* Daß die Bourgeois sich allerdings überall, wo es ihr Interesse erheischte (und darüber wissen sie besser zu urteilen als Sankt Sancho), jedesmal „verständigten", soweit sie innerhalb der Konkurrenz und des Privateigentums dies konnten, zeigen die Aktiengesellschaften, die mit dem Aufkommen des Seehandels und der Manufaktur begannen und alle ihnen zugänglichen Zweige der Industrie und des Handels an sich rissen. Solche „Verständigungen", die u. a. zur Eroberung eines Reiches in Ostindien führten, sind freilich kleinlich gegenüber der wohlmeinenden Phantasie einer öffentlichen Bäckerei, die in der „Vossischen Zeitung" besprochen zu werden verdiente. - Was die Proletarier betrifft, so sind diese, wenigstens in ihrer modernen Gestalt, erst aus der Konkurrenz entstanden und haben bereits vielfach gemeinschaftliche Anstalten errichtet, die aber jedesmal untergingen, weil sie nicht mit den „hadernden" Privatbäckern, Fleischern pp. konkurrieren konnten und weil für die Proletarier wegen ihrer durch die Teilung der Arbeit selbst vielfach entgegengesetzten Interessen eine andere als politische, gegen den ganzen jetzigen Zustand gerichtete „Verständigung" unmöglich ist. Wo die Entwicklung der Konkurrenz die Proletarier befähigt, sich zu „verständigen", da „verständigen" sie sich über ganz andre Dinge als über öffentliche Bäckereien.** Der Mangel an „Verständigung", den Sancho hier unter den konkurrierenden Individuen bemerkt, entspricht und widerspricht vollständig seiner weiteren Ausführung über die Konkurrenz, die Wir im Kommentar, Wigand, p. 173, genießen. „Man führte die Konkurrenz ein, weil man ein Heil für Alle darin sah, man einigte sich über sie, man versuchte es gemeinschaftlich mit ihr ... man stimmte in ihr etwa so
* [Im Manuskript gestrichen:] Sie hätten sich von vornherein „verständigen" können. Daß erst die Konkurrenz eine „Verständigung" (um dies moralische Wort zu gebrauchen) überhaupt möglich macht, daß von einer Sanchosphen „Verständigung" Aller wegen der entgegengesetzten Klasseninteressen keine Rede sein kann, das kümmert unsren Weisen wenig. Überhaupt sehen diese deutschen Philosophen ihre eigne kleine Lokalmisere für welthistorisch an, während sie sich einbilden, bei den umfassendsten geschichtlichen Verhältnissen habe es nur an ihrer Weisheit gefehlt, um die Sache durch „Verständigung" abzumachen und Alles ins reine zu bringen. Wie weit man mit solchen Phantasien kommt, sehen wir an unsrem Sancho. ** [Im Manuskript gestrichen:] „Sie" sollen sich über eine öffentliche Bäckerei „verständigen". Daß diese „Sie", diese „Alle" in jeder Epoche und unter verschiedenen Verhältnissen selbst verschiedene Individuen mit verschiedenen Interessen sind, das geht unsern Sancho natürlich gar nichts an. Überhaupt haben die Individuen der ganzen bisherigen Geschichte jedesmal den Fehler begangen, nicht gleich von vornherein diese superkluge „Gescheitheit" sich anzueignen, mit welcher unsre deutschen Philosophen nachträglich über sie kannegießern.
überein, wie sämtliche Jäger bei einer Jagd für ... ihre Zwecke es zuträglich finden können, sich im Walde zu zerstreuen und .vereinzelt' zu jagen ... Jetzt freilich stellt es sich heraus ... daß bei der Konkurrenz nicht Jeder seinen Gewinn ... findet." „Es stellt sich hier heraus", daß Sancho von der Jagd geradesoviel weiß wie von der Konkurrenz. Er spricht nicht von einer Treibjagd, auch nicht von einer Hetzjagd, sondern von der Jagd im außergewöhnlichen Verstände. Es bleibt ihm nur noch übrig, nach den obigen Prinzipien eine neue Geschichte der Industrie und des Handels zu schreiben und einen „Verein" zu einer derartigen außergewöhnlichen Jagd zustande zu bringen. Ganz in demselben stillen, gemütlichen und dorfzeitungsmäßigen Geleise spricht er sich über die Stellung der Konkurrenz zu den sittlichen Verhältnissen aus.
„Was der Mensch als solcher"(!) „an körperlichen Gütern nicht behaupten kann, dürfen wir ihm nehmen: dies der Sinn der Konkurrenz, der Gewerbefreiheit. Was er an geistigen Gütern nicht behaupten kann, verfällt uns gleichfalls. Aber unantastbar sind die geheiligten Güter. Geheiligt und garantiert durch wen ? ... Durch den Menschen oder den Begriff, den Begriff der Sache." Als solche geheiligte Güter führt er an „das Leben", „Freiheit der Person", „Religion", „Ehre", „Anstands-, Schamgefühl" usw. p. 325. Alle diese „geheiligten Güter" „darf" Stirner in entwickelten Ländern zwar nicht „dem Menschen als solchen", aber doch den wirklichen Menschen nehmen, natürlich auf dem Wege und innerhalb der Bedingungen der Konkurrenz. Die große Umwälzung der Gesellschaft durch die Konkurrenz, die die Verhältnisse der Bourgeois untereinander und zu den Proletariern in reine Geldverhältnisse auflöste, sämtliche obengenannte „geheiligte Güter" in Handelsartikel verwandelte und für die Proletarier alle naturwüchsigen und überkommenen, z. B. Familien- und politische Verhältnisse nebst ihrem ganzen ideologischen Überbau zerstörte - diese gewaltige Revolution ging allerdings nicht von Deutschland aus; Deutschland spielte in ihr nur eine passive Rolle, es ließ sich seine geheiligten Güter nehmen und bekam nicht einmal den kuranten Preis dafür. Unser deutscher Kleinbürger kennt daher nur die heuchlerischen Beteuerungen der Bourgeois über die moralischen Grenzen der Konkurrenz der Bourgeois, die die „geheiligten Güter" der Proletarier, ihre „Ehre", „Schamgefühl", „Freiheit der Person" täglich mit Füßen treten und ihnen selbst den Religionsunterricht entziehen. Diese vorgeschützten „moralischen Grenzen" gelten ihm für den wahren „Sinn" der Konkurrenz, und ihre Wirklichkeit existiert nicht für ihren Sinn. Sancho resümiert die Resultate seiner Forschungen über die Konkurrenz in folgendem Satze:
„Ist eine Konkurrenz frei, die der Staat, dieser Herrscher im bürgerlichen Prinzip, in tausend Schranken einengt?" p. 347. Das „bürgerliche Prinzip" Sanchos, „den Staat" überall zum „Herrscher" zu machen und die aus der Produktions- und Verkehrsweise hervorgehenden Schranken der Konkurrenz für Schranken zu halten, in die „der Staat" die Konkurrenz „einengt", spricht sich hier noch einmal mit gebührender „Empörung" aus. Sankt Sancho hat „in jüngster Zeit" „aus Frankreich" herüber (vgl. Wigand, p. 190) allerlei Neuigkeiten läuten gehört, und unter Andern über die Versachlichung der Personen in der Konkurrenz und über den Unterschied zwischen Konkurrenz und Wetteifer. Aber der „arme Berliner" hat „aus Dummheit die schönen Sachen verdorben". (Wig[and] ibidem, wo sein böses Gewissen aus ihm redet.) „So sagt er z. B." p. 546 „des Buchs": „Ist die freie Konkurrenz denn wirklich frei? Ja, ist sie wirklich eine Konkurrenz, nämlich der Personen, wofür sie sich ausgibt, weil sie auf diesen Titel ihr Recht gründet? " Die Dame Konkurrenz gibt sich für etwas aus, weil sie (d. h. einige Juristen, Politiker und schwärmerische Kleinbürger, die letzten Nachzügler in ihrem Gefolge) auf diesen Titel ihr Recht gründet. Mit dieser Allegorie beginnt Sancho die „schönen Sachen" „aus Frankreich" für den Meridian von Berlin zurechtzustutzen. Wir übergehen die schon oben abgemachte absurde Vorstellung, daß „der Staat gegen Meine Person nichts einzuwenden hat" und mir so zu konkurrieren erlaubt, mir aber „die Sache" nicht gibt (p. 347), und gehen gleich auf seinen Beweis über, daß die Konkurrenz keine Konkurrenz der Personen ist.
„Konkurrieren aber wirklich die Personen? Nein, wiederum nur die Sachenl Die Gelder in erster Reihe, usw.; in dem Wetteifer wird immer Einer hinter dem Andern zurückbleiben. Allein es macht einen Unterschied, ob die fehlenden Mittel durch persönliche Kraft gewonnen werden können oder nur durch Gnade zu erhalten sind, nur als Geschenk, und zwar indem z. B. der Ärmere dem Reicheren seinen Reichtum lassen, d.h. schenken muß." p. 348. Die Schenkurigstbeorie „schenken wir ihm" (Wig[and,] p. 190). Er möge sich im ersten besten juristischen Handbuch, Kapitel „Vertrag", unterrichten, ob ein „Geschenk", das er „schenken muß", noch ein Geschenk ist. In dieser Weise „schenkt" uns Stirner unsre Kritik seines Buchs, weil er sie uns „lassen, d. h. schenken muß". Die Tatsache, daß von zwei Konkurrenten, deren „Sachen" gleich sind, der eine den andern ruiniert, besteht für Sancho nicht. Daß die Arbeiter untereinander konkurrieren, obgleich sie keine „Sachen" (im Stirnerschen
23 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Verstände) besitzen, existiert desgleichen nicht für ihn. Indem er die Konkurrenz der Arbeiter untereinander aufhebt, erfüllt er einen der frommsten Wünsche unsrer „wahren Sozialisten", deren wärmster Dank ihm nicht entgehen wird. „Nur die Sachen", nicht „die Personen" konkurrieren. Nur die Waffen kämpfen, nicht die Leute, die sie führen und zu führen gelernt haben. Diese sind bloß zum Totgeschossenwerden da. So spiegelt sich der Konkurrenzkampf in den Köpfen kleinbürgerlicher Schulmeister ab, die sich den modernen Börsenbaronen und Cotton-Lords1 gegenüber mit dem Bewußtsein trösten, daß ihnen nur „die Sache" fehle, um ihre „persönliche Kraft" gegen sie geltend zu machen. Noch komischer wird diese bornierte Vorstellung, wenn man auf die „Sachen" etwas näher eingeht, statt sich auf das Allergemeinste und Populärste, z. B. „das Geld" (das indes nicht so populär ist, wie es scheint), zu beschranken. Unter diese „Sachen" gehört u. a., daß der Konkurrent in einem Lande und in einer Stadt lebt, wo er dieselben Vorteile hat wie seine von ihm vorgefundenen Konkurrenten; daß das Verhältnis von Stadt und Land eine fortgeschrittene Entwicklungsstufe erlangt hat; daß er in einer günstigen geographischen, geologischen und hydrographischen Lage konkurriert; daß er als Seidenfabrikant in Lyon, als Baumwollfabrikant in Manchester fabriziert oder in einer früheren Epoche als Reeder in Holland sein Geschäft betrieb; daß die Teilung der Arbeit in seinem wie in andern, von ihm keineswegs abhängigen Produktionszweigen eine hohe Ausbildung erlangt hat, daß die Kommunikationen ihm denselben wohlfeilen Transport sichern wie seinen Konkurrenten, daß er geschickte Arbeiter und ausgebildete Aufseher vorfindet. Alle diese „Sachen", die zum Konkurrieren nötig sind, überhaupt die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkte (den er nicht kennt und nicht kennen darf, um seiner Staatstheorie und öffentlichen Bäckerei willen, der aber leider die Konkurrenz und Konkurrenzfähigkeit bestimmt), kann er sich weder durch „persönliche Kraft" gewinnen noch durch „die Gnade" „des Staats" „schenken" „lassen" (vgl. p. 348). Der preußische Staat, der es versuchte, der Seehandlungfl3'J alles dies zu „schenken", kann ihm darüber am besten Belehrung geben. Sancho erweist sich hier als k[öniglich] preußischer] Seehandlungsphilosoph, indem er die Illusion des preußischen Staats über seine Allmacht und die Illusion der Seehandlung über ihre Konkurrenzfähigkeit eines Breiteren glossiert. Übrigens hat die Konkurrenz allerdings als eine „Konkurrenz der Personen" mit „persönlichen Mitteln" angefangen. Die Befreiung der Leibeigenen, die erste Bedingung der Konkurrenz, die erste Akkumulation von „Sachen", waren rein „persönliche" Akte. Wenn Sancho also die Konkurrenz der Personen an die
1 Baumwollkönigen
Stelle der Konkurrenz der Sachen setzen will, so heißt das: er will in den Anfang der Konkurrenz zurückgehen, und zwar mit der Einbildung, durch seinen guten Willen und sein außergewöhnlich-egoistisches Bewußtsein der Entwicklung der Konkurrenz eine andre Richtung geben zu können. Dieser große Mann, dem Nichts heilig ist und der nach der „Natur der Sache" und dem „Begriff des Verhältnisses" Nichts fragt, muß dennoch zuletzt die „Natur" des Unterschiedes zwischen persönlich und sachlich und den „Begriff des Verhältnisses" dieser beiden Qualitäten für heilig erklären und damit darauf verzichten, sich als „Schöpfer" dazu zu verhalten. Man kann diesen ihm heiligen Unterschied, wie er ihn im zitierten Passus macht, indes aufheben, ohne darum „die maßloseste Entheiligung" zu begehen. Zunächst hebt er ihn selbst auf, indem er durch persönliche Kraft sachliche Mittel erwerben läßt und so die persönliche Kraft in eine sachliche Macht verwandelt. Er kann dann ruhig an die Andern das moralische Postulat stellen, sich persönlich zu ihm zu verhalten. Geradeso hätten die Mexikaner von den Spaniern verlangen können, sie nicht mit Flinten zu erschießen, sondern mit den Fäusten auf sie dreinzuschlagen oder mit Sankt Sancho „sie bei den Köpfen zu fassen", um sich „persönlich" bei ihnen zu verhalten. - Wenn der Eine durch gute Nahrung, sorgfältige Erziehung und körperliche Übung eine ausgebildete Körperkraft und Gewandtheit erlangt hat, während der Andre durch schmale und ungesunde Kost und davon geschwächte Verdauung, durch Vernachlässigung in der Kindheit und durch übermäßige Anstrengung nie „Sachen" gewinnen konnte, um Muskel anzusetzen, geschweige eine Herrschaft über sie zu erhalten, so ist die „persönliche Kraft" des Einen dem Andern gegenüber eine rein sachliche. Er hat sich nicht „die fehlenden Mittel durch persönliche Kraft" gewonnen, sondern im Gegenteil, er verdankt seine „persönliche Kraft" den vorhandenen sachlichen Mitteln. Übrigens ist die Verwandlung der persönlichen Mittel in sachliche und der sachlichen in persönliche nur eine Seite der Konkurrenz, die von ihr gar nicht zu trennen ist. Die Forderung, daß man nicht mit sachlichen, sondern mit persönlichen Mitteln konkurrieren soll, kommt auf das moralische Postulat heraus, daß die Konkurrenz und die Verhältnisse, von denen sie bedingt ist, andre als ihre unvermeidlichen Wirkungen haben sollen. Abermalige und diesmal schließliche Zusammenfassung der Philosophie der Konkurrenz.
„Die Konkurrenz leidet an dem Übelstande, daß nicht Jedem die Mittel zum Konkurrieren zu Gebote stehen, weil sie nicht aus der Persönlichkeit entnommen sind, sondern aus der Zufälligkeit. Die Meisten sind unbemittelt und deshalb" (o Deshalb!) „unbegütert", p. 349.
Es ist ihm schon oben bemerkt worden, daß in der Konkurrenz die Persönlichkeit selbst eine Zufälligkeit und die Zufälligkeit eine Persönlichkeit ist. Die von der Persönlichkeit unabhängigen „Mittel" zur Konkurrenz sind die Produktions- und Verkehrsbedingungen der Personen selbst, die innerhalb der Konkurrenz den Personen gegenüber als eine, unabhängige Macht erscheinen, als den Personen zufällige Mittel. Die Befreiung der Menschen von diesen Mächten wird nach Sancho dadurch bewerkstelligt, daß man sich die Vorstellungen von diesen Mächten oder vielmehr die philosophischen und religiösen Verdrehungen dieser Vorstellungen aus dem Kopfe schlägt, sei es durch etymologische Synonymik („Vermögen" und „vermögen"), moralische Postulate (z. B. Jeder sei ein allmächtiges Ich) oder durch affenartige Grimassen und gemütlich-burleske Renommagen gegen „das Heilige". Schon früher hörten wir die Klage, daß in der jetzigen bürgerlichen Gesellschaft, namentlich des Staats wegen, das „Ich" sich nicht verwerten, id est seine „Vermögen" nicht wirken lassen könne. Jetzt erfahren wir noch, daß die „Eigenheit" ihm nicht die Mittel zum Konkurrieren gibt, daß „seine Macht" keine Macht ist und daß er „unbegütert" bleibt, wenn auch jeder Gegenstand, „weil sein Gegenstand, auch sein Eigentum ist".* Das Dementi des mit sich einigen Egoismus ist vollständig. Aber alle diese „Übelstände" der Konkurrenz werden schwinden, sobald „das Buch" in das allgemeine Bewußtsein übergegangen ist. Bis dahin beharrt Sancho bei seinem Gedankenhandel, ohne es indes zu einer „guten Leistung" zu bringen oder „die Sache am besten zu machen."
II. Die Empörung
Mit der Kritik der Gesellschaft ist die Kritik der alten, heiligen Welt beschlossen. Vermittelst der Empörung springen wir herüber in die neue egoistische Welt. Was die Empörung überhaupt ist, haben wir bereits in der Logik gesehen: die Aufkündigung des Respekts gegen das Heilige. Hier indes nimmt sie außerdem noch einen besondern praktischen Charakter an.
Revolution = heilige Empörung. Empörung = egoistische oder profane Revolution. Revolution = Umwälzung der Zustände. Empörung = Umwälzung Meiner.
* [Im Manuskript gestrichen:! Der Unterschied zwischen Wesen und Erscheinung setzt sich hier trotz Sancho durch.
Revolution = politische oder soziale Tat. Empörung = Meine egoistische Tat. Revolution = Umsturz des Bestehenden, Empörung = Bestehen des Umsturzes,
etc. etc., p. 422 usf. Die bisherige Weise der Menschen, ihre vorgefundene Welt umzustürzen, mußte natürlich auch für heilig erklärt und eine „eigne" Art des Bruchs der vorhandenen Welt dagegen geltend gemacht werden.
Die Revolution „besteht in einer Umwälzung des bestehenden Zustandes oder status, des Staats oder der Gesellschaft, ist mithin eine politische oder soziale Tat". Die Empörung „hat zwar eine Umwandlung der Zustände zur unvermeidlichen Folge, geht aber nicht von ihr, sondern von der Unzufriedenheit der Menschen mit sich aus". „Sie ist eine Erhebung der Einzelnen, ein Emporkommen, ohne Rücksicht auf die Einrichtungen, welche daraus entsprießen. Die Revolution zielte auf neue Einrichtungen: die Empörung führt dahin, Uns nicht mehr einrichten zu lassen, sondern Uns selbst einzurichten. Sie ist kein Kampf gegen das Bestehende, da, wenn sie gedeiht, das Bestehende von selbst zusammenstürzt, sie ist nur ein Herausarbeiten Meiner aus dem Bestehenden. Verlasse Ich das Bestehende, so ist es tot und geht in Fäulnis über. Da nun nicht der Umsturz eines Bestehenden Mein Zweck ist, sondern Meine Erhebung darüber, so ist Meine Absicht und Tat keine politische oder soziale, sondern, als allein auf Mich und Meine Eigenheit gerichtet, eine egoistischep. 421, 422. Les beaux esprits se rencontrent.1 Was die Stimme des Predigers in der Wüste verkündete, ist in Erfüllung gegangen. Der heillose Johannes Baptista „Stirner" hat im „Dr. Kuhlmarm aus Holstein" seinen heiligen Messias gefunden. Man höre: „Ihr solltet nicht niederreißen und zerstören, was Euch da im Wege stehet, sondern es umgehen und verlassen. Und wenn Ihr es umgangen und verlassen habt, dann höret es von selber auf, denn es findet keine Nahrung mehr." („Das Reich des Geistes etc.", Genf 1845, p. 116.) Die Revolution und die Stirnersche Empörung unterscheiden sich nicht, wie Stirner meint, dadurch, daß die Eine eine politische oder soziale Tat, die Andre eine egoistische Tat ist, sondern dadurch, daß die Eine eine Tat ist und die Andre keine. Der Unsinn seines ganzen Gegensatzes zeigt sich sogleich darin, daß er von „der Revolution" spricht, einer moralischen Person, die mit „dem Bestehenden", einer zweiten moralischen Person, zu kämpfen hat. Hätte Sankt Sancho die verschiedenen wirklichen Revolutionen und revolutionären Versuche durchgegangen, so hätte er vielleicht in ihnen selbst diejenigen Formen gefunden, die er bei der Erzeugung seiner ideologischen „Empö
1 Die schönen Geister finden sich zusammen
rung" dunkel ahnte; z. B. bei den Korsikanern, Irländern, russischen Leibeigenen und überhaupt bei unzivilisierten Völkern. Hätte er sich ferner um die wirklichen, bei jeder Revolution „bestehenden" Individuen und ihre Verhältnisse gekümmert, statt sich mit dem reinen Ich und „dem Bestehenden", d. i. der Substanz, zu begnügen ( eine Phrase, zu deren Sturz keine Revolution, sondern nur ein fahrender Ritter wie Sankt Bruno nötig ist), so wäre er vielleicht zu der Einsicht gekommen, daß jede Revolution und ihre Resultate durch diese Verhältnisse, durch die Bedürfnisse, bedingt war und daß „die politische oder soziale Tat" keineswegs zu „der egoistischen Tat" im Gegensatz stand. Welche tiefe Einsicht Sankt Sancho in „die Revolution" hat, zeigt sich in dem Ausspruch: „Die Empörung hat zwar eine Umwandlung der Zustände zur Folge, geht aber nicht von ihr aus." Dies, in der Antithese gesagt, impliziert, daß die Revolution „von einer Umwandlung der Zustände" ausgeht, d. h., daß die Revolution von der Revolution ausgeht. Dagegen „geht" die Empörung „von der Unzufriedenheit der Menschen mit sich aus". Diese „Unzufriedenheit mit sich" paßt vortrefflich zu den früheren Phrasen über die Eigenheit und den „mit sich einigen Egoisten", der stets „seinen eignen Weg" gehen kann, der stets Freude an sich erlebt und in jedem Augenblick das ist, was er sein kann. Die Unzufriedenheit mit sich ist entweder die Unzufriedenheit mit sich innerhalb eines gewissen Zustandes, durch den die ganze Persönlichkeit bedingt ist, z. B. die Unzufriedenheit mit sich als Arbeiter oder die moralische Unzufriedenheit. Im ersten Falle also Unzufriedenheit zugleich und hauptsächlich mit den bestehenden Verhältnissen; im zweiten Falle ein ideologischer Ausdruck dieser Verhältnisse selbst, der keineswegs über sie herausgeht, sondern ganz zu ihnen gehört. Der erste Fall führt, wie Sancho glaubt, zur Revolution; es bleibt also nur der zweite, die moralische Unzufriedenheit mit sich, für die Empörung. „Das Bestehende" ist, wie wir wissen, „das Heilige"; die „Unzufriedenheit mit sich" reduziert sich also auf die moralische Unzufriedenheit mit sich als einem Heiligen, d. h. einem Gläubigen an das Heilige, das Bestehende. Es konnte nur einem malkontenten Schulmeister einfallen, sein Räsonnement über Revolution und Empörung auf Zufriedenheit und Unzufriedenheit zu basieren. Stimmungen, die ganz dem kleinbürgerlichen Kreise angehören, aus welchem Sankt Sancho, wie wir fortwährend sehen, seine Inspirationen schöpft. Was das „Heraustreten aus dem Bestehenden" für einen Sinn hat, wissen wir schon. Es ist die alte Einbildung, daß der Staat von selbst zusammenfällt, sobald alle Mitglieder aus ihm heraustreten, und daß das Geld seine Geltung verliert, wenn sämtliche Arbeiter es anzunehmen verweigern. Schon in
der hypothetischen Form dieses Satzes spricht sich die Phantasterei und Ohnmacht des frommen Wunsches aus. Es ist die alte Illusion, daß es nur vom guten Willen der Leute abhängt, die bestehenden Verhältnisse zu ändern, und daß die bestehenden Verhältnisse Ideen sind. Die Veränderung des Bewußtseins, abgetrennt von den Verhältnissen, wie sie von den Philosophen als Beruf, d. h. als Geschäft, betrieben wird, ist selbst ein Produkt der bestehenden Verhältnisse und gehört mit zu ihnen. Diese ideelle Erhebung über die Welt ist der ideologische Ausdruck der Ohnmacht der Philosophen gegenüber der Welt. Ihre ideologischen Prahlereien werden jeden Tag durch die Praxis Lügen gestraft. Jedenfalls hat Sancho sich nicht gegen seinen Zustand der Konfusion „empört", als er diese Zeilen schrieb. Ihm steht die „Umwandlung der Zustände" auf der einen und die „Menschen" auf der andern Seite, und beide Seiten sind ganz voneinander getrennt. Sancho denkt nicht im Entferntesten daran, daß die „Zustände" von jeher die Zustände dieser Menschen waren und nie umgewandelt werden konnten, ohne daß die Menschen sich umwandeln, und wenn es einmal so sein soll, „mit sich" in den alten Zuständen „unzufrieden" wurden. Er glaubt der Revolution den Todesstreich zu versetzen, wenn er sie auf neue Einrichtungen zielen läßt, während die Empörung dahin führt, uns nicht mehr einrichten zu lassen, sondern Uns selbst einzurichten. Aber schon darin, daß „Wir" „Uns" einrichten, schon darin, daß die Empörer „Wir" sind, liegt, daß der Einzelne sich trotz alles Sanchoschen „Widerwillens" von den „Wir" „einrichten lassen" muß und so Revolution und Empörung sich nur dadurch unterscheiden, daß man in der einen dies weiß und in der andern sich Illusionen macht. Dann läßt Sancho es hypothetisch, ob die Empörung „gedeiht" oder nicht. Wie sie nicht „gedeihen" soll, ist nicht abzusehen, und wie sie gedeihen soll, noch viel weniger, da jeder der Empörer nur seinen eignen Weg geht; es müßten denn profane Verhältnisse dazwischentreten, die den Empörern die Notwendigkeit einer gemeinsamen Tat zeigten, einer Tat, die „eine politische oder soziale" wäre, gleichviel, ob sie von egoistischen Motiven ausginge oder nicht. Eine fernere „lumpige Distinktion", die wieder auf der Konfusion beruht, macht Sancho zwischen „Umstürzen" des Bestehenden und „Erhebung" darüber, als ob er nicht im Umstürzen sich darüber erhebe und im Erheben darüber es umstürze, sei es auch nur insoweit, als es an ihm selbst Bestand hat. Übrigens ist weder mit dem „Umstürzen" schlechthin noch mit dem „Sich-Erheben" schlechthin etwas gesagt; daß das Sich-Erheben ebenfalls in der Revolution vorkommt, kann Sancho daraus abnehmen, daß das „Levons-nous!"[138] in der französischen Revolution ein bekanntes Stichwort war.
„Einrichtungen zu machen, gebietet" (!) „die Revolution, sich auf- oder emporzurichten, heischt die Empörung. Welche Verfassung zu wählen sei, beschäftigte die revolutionären Köpfe, und von Verfassungskämpfen und Verfassungsfragen sprudelt die ganze politische Periode, wie auch die sozialen Talente an gesellschaftlichen Einrichtungen (Phalansterien f139^ u. dergl.) ungemein erfinderisch waren. Verfassungslos zu werden, bestrebt sich der Empörer." p. 422.
Daß die französische Revolution Einrichtungen zur Folge hatte, ist ein Faktum; daß Empörung von empor herkommt, ist auch ein Faktum; daß man in der Revolution und später um Verfassungen gekämpft hat, desgleichen; daß verschiedene soziale Systeme entworfen worden sind, ebenfalls; nicht minder, daß Proudhon von Anarchie gesprochen hat. Aus diesen fünf Fakten braut sich Sancho seinen obigen Satz zusammen. Aus dem Faktum, daß die französische Revolution zu „Einrichtungen" geführt hat, schließt Sancho, daß die Revolution dies „gebiete". Daraus, daß die politische Revolution eine politische war, in der die soziale Umwälzung zugleich einen offiziellen Ausdruck als Verfassungskämpfe erhielt, entnimmt Sancho, getreu seinem Geschichtsmakler, daß man sich in ihr um die beste Verfassung gestritten habe. An diese Entdeckung knüpft er durch ein „Wie auch" eine Erwähnung der sozialen Systeme. In der Epoche der Bourgeoisie beschäftigte man sich mit Verfassungsfragen, „wie auch" verschiedene soziale Systeme neuerdings gemacht worden sind. Dies ist der Zusammenhang des obigen Satzes. Daß die bisherigen Revolutionen innerhalb der Teilung der Arbeit zu neuen politischen Einrichtungen führen mußten, geht aus dem oben gegen Feuerbach Gesagten hervor; daß die kommunistische Revolution, die die Teilung der Arbeit aufhebt, die politischen Einrichtungen schließlich beseitigt, geht ebenfalls daraus hervor; und daß die kommunistische Revolution sich nicht nach den „gesellschaftlichen Einrichtungen erfinderischer sozialer Talente" richten wird, sondern nach den Produktivkräften, geht endlich auch daraus hervor. Aber „verfassungslos zu werden, bestrebt sich der Empörer"! Er, der „geborne Freie", der von vornherein Alles los ist, bestrebt sich am Ende der Tage, die Verfassung loszuwerden. ; Es ist noch zu bemerken, daß zur Entstehung der Sanchoschen „Empörung" allerlei frühere Illusionen unsres Bonhomme beigetragen haben. So u. a. der Glaube, die Individuen, die eine Revolution machen, seien durch ein ideelles Band zusammengehalten, und ihre „Schilderhebung" beschränke sich darauf, einen neuen Begriff, fixe Idee, Spuk, Gespenst - das Heilige auf den Schild zu heben. Sancho läßt sie sich dies ideelle Band
aus dem Kopfe schlagen, wodurch sie in seiner Vorstellung zu einer regellosen Rotte werden, die sich nur noch „empören" kann. Zudem hat er gehört, daß die Konkurrenz der Krieg Aller gegen Alle ist, und dieser Satz, vermengt mit seiner entheiligten Revolution, bildet den Hauptfaktor seiner „Empörung". „Indem Ich zu größerer Verdeutlichung auf einen Vergleich sinne, fällt Mir wider Erwarten die Stiftung des Christentums ein." p. 423. „Christus", erfahren wir hier, „war kein Revolutionär, sondern ein Empörer, der sich emporrichtete. Darum galt es ihm auch allein um ein: ,Seid klug wie die Schlangen.'" (ibid.) Um dem „Erwarten" und dem „Allein" Sanchos zu entsprechen, muß die letzte Hälfte des eben zitierten Bibelspruchs (Matth [äi] 10, 16): „und ohne Falsch wie die Tauben" nicht existieren. Christus muß hier zum zweiten Male als historische Person figurieren, um dieselbe Rolle zu spielen wie oben die Mongolen und Neger. Man weiß wieder nicht, soll Christus die Empörung oder soll die Empörung Christus verdeutlichen. Die christlich-germanische Leichtgläubigkeit unsres Heiligen konzentriert sich in dem Satze, daß Christus „die Lebensquellen der ganzen heidnischen Welt abgrub, mit welchen der bestehende Staat ohne Arn" (soll heißen: ohne ihn) „verwelken mußte", p. 424. Welke Kanzelblume! Siehe oben „die Alten". Im übrigen credo ut intelligam1, oder damit Ich „einen Vergleich zur Verdeutlichung" finde. Wir haben an zahllosen Exempeln gesehen, wie unsrem Heiligen überall nichts als die heilige Geschichte einfällt, und zwar an solchen Stellen, wo sie nur dem Leser „wider Erwarten" kommt. „Wider Erwarten" fällt sie ihm sogar im Kommentar wieder ein, wo Sancho p. 154 „die jüdischen Rezensenten" im alten Jerusalem der christlichen Definition „Gott ist die Liebe" gegenüber ausrufen läßt: „Da seht Ihr, daß es ein heidnischer Gott ist, der von den Christen verkündet wird; denn ist Gott die Liebe, so ist er der Gott Amor, der Liebesgott! - „Wider Erwarten" ist aber das Neue Testament griechisch geschrieben, und die christliche „Definition" lautet: o üzoq ayaTirj eoTtv2, 1. Joh[annis] 4, 16; während „der Gott Amor, der Liebesgott" "Epcos heißt. Wie also die „jüdischen Rezensenten" die Verwandlung von dcya^7)3 in epco?4 zustande brachten, darüber wird Sancho noch Aufschluß zu geben haben. An dieser Stelle des Kommentars wird nämlich Christus, ebenfalls „zur Verdeutlichung", mit Sancho verglichen; wobei allerdings zugegeben werden muß, daß Beide die frappanteste Ähnlichkeit miteinander haben,
1 glaube ich, damit ich verstehe - 2 Gott ist die Liebe - 3 (christlicher, dienender) Liebe * (geschlechtliche) Liebe
Beide „beleibte Wesen" sind und wenigstens der lachende Erbe an ihre wechselseitige Existenz resp. Einzigkeit glaubt. Daß Sancho der moderne Christus ist, auf diese seine „fixe Idee" „zielt" bereits die ganze Geschichtskonstruktion. Die Philosophie der Empörung, die uns soeben in schlechten Antithesen und welken Redeblumen vorgetragen wurde, ist in letzter Instanz nichts als eine bramarbasierende Apologie der Parvenuwirtschaft (Parvenü, Emporkömmling, Emporgekommener, Empörer). Jeder Empörer hat bei seiner „egoistischen Tat" ein spezielles Bestehende sich gegenüber, worüber er sich zu erheben strebt, unbekümmert um die allgemeinen Verhältnisse. Er sucht das Bestehende nur, insoweit es eine Fessel ist, loszuwerden, im Übrigen dagegen sucht er es sich vielmehr anzueignen. Der Weber, der zum Fabrikanten „emporkommt", wird dadurch seinen Webstuhl los und verläßt ihn; im übrigen geht die Welt ihren Gang fort, und unser „gedeihender" Empörer stellt an die Andern nur die heuchlerische moralische Forderung, auch Parvenüs zu werden wie er.* So verlaufen sich alle kriegerischen Rodomontaden Stirners in moralische Schlußfolgerungen aus Gellerts Fabeln und spekulative Interpretationen der bürgerlichen Misere. Wir haben bisher gesehen, daß die Empörung Alles, nur keine Tat ist. p. 342 erfahren wir, daß „das Verfahren des Zugreifens nicht verächtlich sei, sondern die reine Tat des mit sich einigen Egoisten bekunde". Soll wohl heißen: der miteinander einigen Egoisten, da sonst das Zugreifen auf das unzivilisierte „Verfahren" der Diebe oder das zivilisierte der Bourgeois hinausläuft und im ersten Falle nicht gedeiht, im zweiten Falle keine „Empörung" ist. Zu bemerken ist, daß dem mit sich einigen Egoisten, der Nichts tut, hier die „reine" Tat entspricht, eine Tat, die allerdings von einem so tatlosen Individuum allein zu erwarten stand. Nebenbei erfahren wir, was den Pöbel geschaffen hat, und wir können im Voraus wissen, daß es wieder eine „Satzung" und der Glaube an diese Satzung, an das Heilige, ist, der hier zur Abwechslung als Sündenbewußtsein auftritt:
„Nur daß das Zugreifen Sünde, Verbrechen ist, nur diese Satzung schafft einen Pöbel ... das alte Sündenbewußtsein trägt allein die Schuld." p.342. Der Glaube, daß das Bewußtsein an Allem schuld ist, ist seine Satzung, die ihn zum Empörer und den Pöbel zum Sünder macht.
* [Im Manuskript gestrichen:] Es ist die alte Moral des Kleinbürgers, daß die Welt am besten bestellt ist, wenn ein Jeder es für sich so weit wie möglich zu bringen sucht und sich im übrigen nicht um den Weltlauf kümmert.
Im Gegensatz zu diesem Sündenbewußtsein feuert der Egoist sich, resp. den Pöbel, zum Zugreifen an wie folgt: „Sage Ich Mir: Wohin Meine Gewalt langt, das ist Mein Eigentum, und nehme Ich Alles als Eigentum in Anspruch", was zu erreichen Ich Mich stark genug fühle etc." P.340. Sankt Sancho sagt sich also, daß er sich etwas sagen will, fordert sich auf, zu haben, was er hat, und drückt sein wirkliches Verhältnis als ein Verhältnis der Gewalt aus, eine Paraphrase, die überhaupt das Geheimnis aller seiner Renommagen ist. (Siehe Logik.) Dann unterscheidet er, der jeden Augenblick ist, was er sein kann, also auch hat, was er haben kann, sein realisiertes, wirkliches Eigentum, das er auf Kapitalkonto genießt, von seinem möglichen Eigentum, seinem unrealisierten „Gefühl der Stärke", das er sich auf Gewinn« und Verlustkonto gutschreibt. Beitrag zur Buchführung über das Eigentum im außergewöhnlichen Verstände. Was das feierliche „Sagen" zu bedeuten hat, verrät Sancho an einer bereits angeführten Stelle: „Sage Ich Mir ... so ist das eigentlich auch leeres Gerede." Er fährt darin fort: „Der Egoismus" sagt „dem besitzlosen Pöbel", um ihn „auszurotten" : „Greife zu und nimm, was Du brauchst!" p. 341. Wie „leer" dies „Gerede" ist, sieht man gleich an dem folgenden Beispiel. „In dem Vermögen des Bankiers sehe Ich so wenig etwas Fremdes als Napoleon in den Ländern der Könige: Wir" (das „Ich" verwandelt sich plötzlich in „Wir") „tragen keine.<ScAeu, es zu erobern, und sehen Uns auch nach den Mitteln dazu um. Wir streifen ihm also den Geist der Fremdheit ab, vor dem Wir Uns gefürchtet hatten." p. 369. Wie wenig Sancho dem Vermögen des Bankiers „den Geist der Fremdheit abgestreift" hat, beweist er sogleich mit seinem wohlmeinenden Vorschlag an den Pöbel, es durchzugreifen zu„erobern". „Er greife zu und sehe, was er in der Hand behält!" Nicht das Vermögen des Bankiers, sondern nutzloses Papier, den „Leichnam" dieses Vermögens, der ebensowenig ein Vermögen ist, „als ein toter Hund noch ein Hund ist". Das Vermögen des Bankiers ist nur innerhalb der bestehenden Produktions- und Verkehrsverhältnisse ein Vermögen und kann nur innerhalb der Bedingungen dieser Verhältnisse und mit den Mitteln, die ihnen gelten, „erobert" werden. Und wenn etwa Sancho sich zu anderm Vermögen wenden sollte, so dürfte er finden, daß es damit nicht besser aussieht. So daß die „reine Tat des mit sich einigen Egoisten" schließlich auf ein höchst schmutziges Mißverständnis hinausläuft. „So weit kommt man mit dem Spuk" des Heiligen.
Nachdem nun Sancho sich gesagt hat, was er sich sagen wollte, läßt er den empörten Pöbel sagen, was er ihm vorgesagt hat. Er hat nämlich für den Fall einer Empörung eine Proklamation nebst Gebrauchsanweisung verfertigt, die in allen Dorfkneipen aufgelegt und auf dem Lande verteilt werden soll. Sie macht Anspruch auf Insertion in den „Hinkenden Botten"tl40J und den herzoglich nassauischen Landeskalender. Einstweilen beschränken sich Sanchos tendances incendiaires1 auf das platte Land, auf die Propaganda unter den Ackerknechten und Viehmägden mit Ausschluß der Städte, was ein neuer Beweis ist, wie sehr er der großen Industrie „den Geist der Fremdheit abgestreift hat". Inzwischen wollen wir das vorliegende wertvolle Dokument2, das nicht verlorengehen darf, möglichst ausführlich mitteilen, um „soviel an Uns ist, zur Verbreitung eines wohlverdienten Ruhmes beizutragen". (Wig[and,]p.191.) Die Proklamation steht Seite 358 u. f. und beginnt wie folgt: „Wodurch ist denn Euer Eigentum sicher, Ihr Bevorzugten? ... Dadurch, daß Wir Uns des Eingriffs enthalten, mithin durch Unsem Schutz ... Dadurch, daß Ihr Uns Gewalt antut." Erst dadurch, daß wir uns des Eingriffs enthalten, d. h. dadurch, daß wir uns selbst Gewalt antun, dann dadurch, daß Ihr uns Gewalt antut. Cela va a merveille.3 Weiter. „Wollt Ihr Unsren Respekt, so kauft ihn für den Uns genehmen Preis... Wir wollen nur Preiswürdigkeit." Erst wollen die „Empörer" ihren Respekt um den ihnen „genehmen Preis" verschachern, nachher machen sie die „Preiswürdigkeit" zum Kriterium des Preises. Erst ein willkürlicher, dann ein durch kommerzielle Gesetze, durch die Produktionskosten und das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr, unabhängig von der Willkür, bestimmter Preis. „Wir wollen Euer Eigentum Euch lassen, wenn Ihr dies Lassen gehörig aufwiegt... Ihr werdet über Gewalt schreien, wenn Wir zulangen ... ohne Gewalt bekommen Wir sie nicht" (nämlich die Austern der Bevorzugten) ... „Wir wollen Euch Nichts, gar Nichts nehmen." Erst „lassen" wir's Euch, dann nehmen wir's Euch und müssen „Gewalt" anwenden, und endlich wollen wir Euch doch lieber Nichts nehmen. Wir lassen es Euch in dem Falle, wo Ihr selbst davon ablaßt; in einem lichten Augenblick, dem einzigen, den Wir haben, sehen wir allerdings ein, daß dies „Lassen" ein „Zulangen" und „Gewalt"-Anwenden ist, aber man kann uns dennoch
1 aufrührerische Bestrebungen - 2 MEGA: das vorliegende Dokument - 3 Das geht wunderschön.
schließlich nicht vorwerfen, daß wir Euch irgend etwas „nehmen". Wobei es sein Bewenden hat. „Wir plagen Uns zwölf Stunden im Schweiße Unsres Angesichts, und Ihr bietet Uns dafür ein paar Groschen. So nehmt denn auch für Eure Arbeit ein Gleiches ... Nichts von Gleichheit\u Die „empörten" Ackerknechte beweisen sich als echte Stirnersche „Geschöpfe".
„Mögt Ihr das nicht? Ihr wähnt, Unsre Arbeit sei reichlich mit jenem Lohne bezahlt, die Eure dagegen eines Lohnes von vielen Tausenden wert. Schlüget Ihr aber die Eurige nicht so hoch an und ließet Uns die Unsrige besser verwerten, so würden Wir erforderlichenfalls wohl noch wichtigere zustande bringen, als Ihr für die vielen tausend Taler, und bekämet Ihr nur einen Lohn wie Wir, Ihr würdet bald fleißiger werden, um mehr zu erhalten. Leistet Ihr etwas, was Uns zehn- und hundertmal mehr wert scheint als Unsre eigne Arbeit, ei" (ei du frommer und getreuer Knecht!), „so sollt Ihr auch hundertmal mehr dafür bekommen; Wir denken Euch dagegen auch Dinge herzustellen, die Ihr Uns höher als mit dem gewöhnlichen Taglohn verwerten werdet." Zuerst klagen die Empörer, ihre Arbeit werde zu niedrig bezahlt. Am Ende versprechen sie aber, erst bei höherem Taglohn Arbeit zu liefern, die „höher als mit dem gewöhnlichen Taglohn" zu verwerten ist. Dann glauben sie, sie würden außerordentliche Dinge leisten, wenn sie nur erst besseren Lohn bekämen, während sie zu gleicher Zeit vom Kapitalisten erst dann außerordentliche Leistungen erwarten, wenn sein „Lohn" auf das Niveau des ihrigen herabgedrückt ist. Endlich, nachdem sie das ökonomische Kunststück fertiggebracht haben, den Profit, diese notwendige Form des Kapitals, ohne welchen sie sowohl wie der Kapitalist zugrunde gehen würden - den Profit in Arbeitslohn zu verwandeln, vollbringen sie das Wunder, „hundertmal mehr" zu zahlen „als ihre eigne Arbeit", d. h. hundertmal mehr als sie verdienen. „Dies ist der Sinn" des obigen Satzes, wenn Stirner „meint, was er sagt". Hat er aber nur einen stilistischen Fehler begangen, hat er die Empörer als Gesamtheit hundertmal mehr offneren lassen wollen, als Jeder von ihnen verdient, so läßt er sie dem Kapitalisten nur Das anbieten, was jeder Kapitalist heutzutage bereits hat. Daß die Arbeit des Kapitalisten in Verbindung mit seinem Kapital zehn- resp. hundertmal mehr wert ist als die eines einzelnen bloßen Arbeiters, ist klar. Sancho läßt also in diesem Falle, wie immer, Alles beim Alten. „Wir wollen schon miteinander fertig werden, wenn Wir nur erst dahin übereingekommen sind, daß Keiner mehr dem Andern etwas zu schenken braucht. Dann gehn Wir wohl gar selbst so weit, daß Wir selbst den Krüppeln und Greisen und Kranken einen angemessenen Preis dafür bezahlen, daß sie nicht aus Hunger und Not von Uns
scheiden; denn wollen Wir, daß sie leben, so geziemt sich's auch, daß Wir die Erfüllung unseres Willens erlaufen. Ich sage erkaufen, meine also kein elendes Almosen." Diese sentimentale Episode von den Krüppeln etc. soll beweisen, daß Sanchos empörte Ackerknechte bereits zu jener Höhe des bürgerlichen Bewußtseins „emporgekommen" sind, auf der sie nichts schenken und nichts geschenkt haben wollen und auf der sie glauben, in einem Verhältnis sei die Würde und das Interesse beider Teile gesichert, sobald es in einen Kauf verwandelt sei. Auf diese donnernde Proklamation des in Sanchos Einbildung empörten Volks folgt die Gebrauchsanweisung in Form eines Dialogs zwischen dem Gutsbesitzer und seinen Ackerknechten, wobei sich diesmal der Herr wie Szeliga und die Knechte wie Stirner gebärden. In dieser Gebrauchsanweisung werden die englischen Strikes und französischen Arbeiterkoalitionen a priori berlinisch konstruiert. Der Wortführer der Ackerknechte. „Was hast Du denn?" Der Gutsbesitzer. „Ich habe ein Gut von tausend Morgen." Der Wortführer. „Und Ich bin Dein Ackerknecht und werde Dir Deinen Acker hinfort nur für einen Taler Taglohn bestellen." Der Gutsbesitzer. „Dann nehme Ich einen Andern." Der Wortführer. „Du findest keinen, denn Wir Ackersknechte tun's nicht mehr anders, und wenn Einer sich meldet, der weniger nimmt, so hüte er sich vor Uns. Da ist die Hausmagd, die fordert jetzt auch so viel, und Du findest keine mehr unter diesem Preise." Der Gutsbesitzer. „Ei, so muß ich zugrunde gehen!" Die Ackerknechte im Chorus. „Nicht so hastig! Soviel wie Wir wirst Du wohl einnehmen. Und wäre es nicht so, so lassen Wir so viel ab, daß Du wie Wir zu leben hast. Nichts von Gleichheit!" Der Gutsbesitzer. „Ich bin aber besser zu leben gewohnt!" Die Ackerknechte. „Dagegen haben Wir nichts, aber es ist nicht Unsre Sorge; kannst Du mehr erübrigen, immerhin. Sollen Wir Uns unterm Preise vermieten, damit Du Wohlleben kannst.3" Der Gutsbesitzer. „Aber Ihr ungebildeten Leute braucht doch nicht so viel!" Die Ackerknechte. „Nun, Wir nehmen etwas mehr, damit Wir damit die Bildung, die Wir etwa brauchen, Uns verschaffen können." Der Gutsbesitzer. „Aber wenn Ihr so die Reichen herunterbringt, wer soll dann noch die Künste und Wissenschaften unterstützen?" Die Ackerknechte. „I nun, die Menge muß es bringen; Wir schießen zusammen, das gibt ein artiges Sümmchen, Ihr Reichen kauft ohnehin jetzt nur die abgeschmacktesten Bücher und die weinerlichen Muttergottesbilder oder ein Paar flinke Tänzerbeine." Der Gutsbesitzer. „0 die unselige Gleichheit!"
Die Acker knechte. „Nein, mein bester alter Herr, Nichts von Gleichheit. Wir wollen nur gelten, was Wir wert sind, und wenn Ihr mehr wert seid, da sollt Ihr immerhin auch mehr gelten. Wir wollen nur Preiswürdigkeit und denken des Preises, den Ihr zahlen werdet, Uns würdig zu zeigen." Am Schlüsse dieses dramatischen Meisterwerks gesteht Sancho, daß „die Einmütigkeit der Ackerknechte" allerdings „erfordert" werde. Wie diese zustande kommt, erfahren wir nicht. Was wir erfahren, ist, daß die Ackerknechte nicht beabsichtigen, die bestehenden Verhältnisse der Produktion und des Verkehrs irgendwie zu ändern, sondern bloß dem Gutsbesitzer soviel abzuzwingen, als er mehr ausgibt als sie. Daß diese Differenz der Depensen1, auf die Masse der Proletarier verteilt, jedem Einzelnen nur eine Bagatelle abwerfen und seine Lage nicht im Mindesten verbessern würde, das ist unsrem wohlmeinenden Bonhomme gleichgültig. Welcher Stufe der Agrikultur diese heroischen Ackerknechte angehören, zeigt sich gleich nach dem Schlüsse des Dramas, wo sie sich in „Hausknechte" verwandeln. Sie leben also unter einem Patriarchat, in dem die Teilung der Arbeit noch sehr unentwickelt ist, in dem übrigens die ganze Verschwörung dadurch „ihr letztes Absehen erreichen" muß, daß der Gutsherr den Wortführer in die Scheune führt und ihm einige Hiebe aufzählt, während in zivilisierteren2 Ländern der Kapitalist die Sache dadurch beendigt, daß er die Arbeit einige Zeit einstellt und die Arbeiter „spielen gehen" läßt. Wie praktisch überhaupt Sancho bei der ganzen Anlage seines Kunstwerks zu Werke geht, wie sehr er sich innerhalb der Grenzen der Wahrscheinlichkeit hält, geht außer dem sonderbaren Einfall, einen Turnout3 von Ackerknechten zustande bringen zu wollen, namentlich aus der Koalition der „Hausmägde" hervor. Und welch eine Gemütlichkeit, zu glauben, der Kornpreis auf dem Weltmarkte werde sich nach den Lohnforderungen dieser hinterpommerschen Ackerknechte richten! statt nach dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr! Einen wahren Knallfeffekt macht der überraschende Exkurs der Ackerknechte über die Literatur, die letzte Gemäldeausstellung und die renommierte Tänzerin des Tages, überraschend selbst noch nach der unerwarteten Frage des Gutsherrn wegen Kunst und Wissenschaft. Die Leute jwerden ganz freundschaftlich, sowie sie auf dies literarische Thema kommen, und der bedrängte Gutsherr vergißt selbst für einen Augenblick seinen drohenden Ruin, um sein Devoüment4 für Kunst und Wissenschaft an den Tag zu legen. Schließlich versichern ihn dann auch die Empörer ihrer Biederkeit und geben ihm die beruhigende Erklärung, daß sie weder vom leidigen Interesse noch von subversiven Tendenzen getrieben
1 Ausgaben - 2 MEGA: zivilisierten - 3 Arbeitseinstellung - 4 Aufopferung, Hingebung
werden, sondern von den reinsten moralischen Motiven. Sie wollen nur Preiswürdigkeit und versprechen auf Ehre und Gewissen, sich des höheren Preises würdig zu machen. Die ganze Sache hat nur den Zweck, Jedem das Seine, seinen redlichen und billigen Verdienst, „redlich erarbeiteten Genuß" zu sichern. Daß dieser Preis von der Stellung des Arbeitsmarkts abhängt und nicht von der sittlichen Empörung einiger literarisch gebildeten Ackerknechte, die Kenntnis dieses Faktums war allerdings von unsren Biedermännern nicht zu verlangen. Diese hinterpommerschen Empörer sind so bescheiden, daß sie, trotz ihrer „Einmütigkeit", die ihnen zu ganz andern Dingen Macht gibt, Knechte nach wie vor bleiben wollen und „ein Taler Taglohn" der höchste Wunsch ihres Herzens ist. Ganz konsequent katechisieren sie daher nicht den Gutsherrn, der in ihrer Gewalt ist, sondern der Gutsherr katechisiert sie. Der „sichere Mut" und das „kräftige Selbstgefühl des Hausknechts" äußert sich auch in der „sichern" und „kräftigen" Sprache, die er und seine Genossen verführen. „Etwa - I nun - die Menge muß es bringen - artiges Sümmchen - mein bester alter Herr - immerhin." Schon vorher in der Proklamation hieß es: „erforderlichenfalls wohl - ei - Wir denken herzustellen - wohl - vielleicht, etwa usw." Man meint, die Ackerknechte hätten ebenfalls das famose Roß Clavileno bestiegen.* Die ganze lärmende „Empörung" unsres Sancho reduziert sich also in letzter Instanz auf einen Turnout, aber einen Turnout im außergewöhnlichen Verstände, nämlich einen berlinisierten Turnout. Während die wirklichen Turnouts in zivilisierten Ländern einen immer untergeordneteren Teil der Arbeiterbewegung bilden, weil die allgemeinere Verbindung der Arbeiter untereinander zu andern Bewegungsformen führt, versucht Sancho, den kleinbürgerlich karikierten Turnout als letzte und höchste Form des welthistorischen Kampfs darzustellen. Die Wogen der Empörung werfen uns jetzt an die Küste des gelobten Landes, da Milch und Honig fließt, wo jeder echte Israelit unter seinem Feigenbaum sitzt und das Millennium1 der „Verständigung" angebrochen ist.
* [Im Manuskript gestrichen:] In Frankreich wird verhältnismäßig mehr produziert als in Hinterpommern. In Frankreich kommen nach Michel Chevalier, wenn die ganze jährliche Produktion auf die Bevölkerung gleichmäßig verteilt wird, 97 Franken auf den Kopf, macht für eine Familie ...
1 Tausendjährige Reich
III. Der Verein
Wir haben bei der Empörung zuerst die Prahlereien Sanchos zusammengestellt und dann den praktischen Verlauf der „reinen Tat des mit sich einigen Egoisten" verfolgt. Wir werden beim „Verein" den umgekehrten Weg einschlagen; zuerst die positiven Institutionen prüfen und dann die Illusionen unseres Heiligen über diese Institutionen danebenhalten.
1. Grundeigentum
„Wenn Wir den Grundeigentümern den Grund nicht länger lassen, sondern Uns zueignen wollen, so vereinigen Wir Uns zu diesem Zwecke, bilden einen Ferein, eine societe" (Gesellschaft), „die sich zur Eigentümerin macht; glückt es Uns, so hören Jene auf, Grundeigentümer zu sein." Der „Grund und Boden" wird dann „zum Eigentum der Erobernden ... Und diese Einzelnen werden als eine Gesamtmasse nicht weniger willkürlich mit Grund und Boden umgehen als ein vereinzelter Einzelner oder sogenannter proprietaire1. Auch so bleibt also das Eigentum bestehen, und zwar auch als ,ausschließlich , indem die Menschheit, diese große Sozietät, den Einzelnen von ihrem Eigentum ausschließt, ihm vielleicht nur ein Stück davon verpachtet, zu Lohn gibt ... So wird's auch bleiben und werden. Dasjenige, woran Alle Anteil haben wollen, wird demjenigen Einzelnen entzogen werden, der es für sich allein haben will, es wird zu einem Gemeingut gemacht. Als an einem Gemeingut hat Jeder daran seinen Anteil, und dieser Anteil ist sein Eigentum. So ist ja auch in unsren alten Verhältnissen ein Haus, welches fünf Erben gehört, ihr Gemeingut; der fünfte Teil des Ertrags aber ist eines Jeden Eigentum." p. 329, 330. Nachdem unsre tapfern Empörer sich zu einem Verein, einer Sozietät, formiert und in dieser Gestalt sich ein Stück Land erobert haben, „macht sich" diese „societe", diese moralische Person, „zur Eigentümerin". Damit man dies ja nicht mißverstehe, wird gleich darauf gesagt, daß „diese Sozietät den Einzelnen vom Eigentum ausschließt, ihm vielleicht nur ein Stück davon verpachtet, zu Lohn gibt". Auf diese Weise eignet Sankt Sancho sich und seinem „Verein" seine Vorstellung vom Kommunismus an. Der Leser wird sich erinnern, daß Sancho in seiner Ignoranz den Kommunisten vorwarf, sie wollten die Gesellschaft zur höchsten Eigentümerin machen, die dem Einzelnen seine „Habe" zu Lehen gebe. Ferner die Aussicht, die Sancho seinen Mannschaften auf einen „Anteil am Gemeingut" eröffnet. Bei einer späteren Gelegenheit sagt derselbe Sancho ebenfalls gegen die Kommunisten: „Ob das Vermögen der Gesamtheit gehört,
1 Eigentümer, hier: Grundeigentümer
24 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
die Mir davon einen Teil zufließen läßt, oder einzelnen Besitzern, ist für Mich derselbe Zwang, da Ich über keins von Beiden bestimmen kann" (weswegen ihm auch seine „Gesamtmasse" dasjenige „entzieht", von dem sie nicht will, daß es ihm allein gehöre, und ihm so die Macht des Gesamtwillens fühlbar macht). Drittens finden wir hier wieder die „Ausschließlichkeit", die er dem bürgerlichen Eigentum so oft vorgeworfen hat, so daß „ihm nicht einmal der armselige Punkt gehört, auf dem er sich herumdreht". Er hat vielmehr nur das Recht und die Macht, als armseliger und gedrückter Fronbauer darauf herumzuhocken. Viertens eignet sich hier Sancho das Lehnswesen an, das er zu seinem großen Verdruß in allen bisher existierenden und projektierten Gesellschaftsformen entdeckte. Die erobernde „Sozietät" benimmt sich ungefähr wie die „Vereine" von halbwilden Germanen, die die römischen Provinzen eroberten und dort ein noch sehr mit dem alten Stammwesen versetztes, rohes Lehnswesen einrichteten. Sie gibt jedem Einzelnen ein Stückchen Land „zu Lohn". Auf der Stufe, auf welcher Sancho und die Germanen des sechsten Jahrhunderts stehen, fällt das Lehnswesen allerdings noch sehr mit dem „Lohn"wesen zusammen. Es versteht sich übrigens, daß das von Sancho hier neuerdings zu Ehren gebrachte Stammeigentum sich binnen kurzem wieder in die jetzigen Verhältnisse auflösen müßte. Sancho fühlt dies selbst, indem er ausruft: „So wird's auch bleiben und" (schönes Und!) „werden", und schließlich durch sein großes Exempel von dem Hause, das fünf Erben gehört, beweist, daß er gar nicht die Absicht hat, über unsre alten Verhältnisse hinauszugehen. Sein ganzer Plan zur Organisation des Grundeigentums hat nur den Zweck, uns auf einem historischen Umwege zu der kleinbürgerlichen Erbpacht und dem Familieneigentum deutscher Reichsstädte zurückzuführen. Von unsren alten, d. h. den jetzt bestehenden Verhältnissen, hat sich Sancho nur den juristischen Unsinn angeeignet, daß die Einzelnen oder proprietaires „willkürlich" mit dem Grundeigentum umgehen. Im „Verein" soll diese eingebildete „Willkür" von seiten der „Sozietät" fortgesetzt werden. Es ist für den „Verein" so gleichgültig, was mit dem Boden geschieht, daß die „Sozietät" „vielleicht" den Einzelnen Parzellen verpachtet, vielleicht auch nicht. Das ist Alles ganz gleichgültig. - Daß mit einer bestimmten Organisation des Ackerbaus eine bestimmte Form der Tätigkeit, die Subsumtion unter eine bestimmte Stufe der Teilung der Arbeit gegeben ist, kann Sancho freilich nicht wissen. Aber jeder Andere sieht ein, wie wenig die von Sancho hier vorgeschlagenen kleinen Fronbauern in der Lage sind, daß „Jeder von ihnen ein allmächtiges Ich werden" kann, und wie schlecht ihr Eigentum an ihre[r]
lumpige[n] Parzelle zu dem viel gefeierten „Eigentum an Allem" paßt. In der wirklichen Welt hängt der Verkehr der Individuen von ihrer Produktionsweise ab, und daher wirft Sanchos „Vielleicht" vielleicht seinen ganzen Verein über den Haufen. „Vielleicht" aber oder vielmehr unzweifelhaft tritt hier schon die wahre Ansicht Sanchos über den Verkehr im Verein zutage, nämlich die Ansicht, daß der egoistische Verkehr das Heilige zu seiner Grundlage hat. Sancho tritt hier mit der ersten „Einrichtung" seines zukünftigen Vereins an das Tageslicht. Die Empörer, die „verfassungslos" zu werden sich bestrebten, „richten sich selbst ein", indem sie eine „Verfassung" des Grundeigentums „wählen". Wir sehen, daß Sancho Recht hatte, wenn ersieh von neuen „Institutionen" keine glänzenden Hoffnungen machte. Wir sehen aber zugleich, daß er einen hohen Rang unter den „sozialen Talenten" einnimmt und „an gesellschaftlichen Einrichtungen ungemein erfinderisch ist".
2. Organisation der Arbeit
„Die Organisation der Arbeit betrifft nur solche Arbeiten, welche Andre für Uns machen können, z. B. Schlachten, Ackern usw.; die übrigen bleiben egoistisch, weil z. B. Niemand an Deiner Statt Deine musikalischen Kompositionen anfertigen, Deine Malerentwürfe ausführen usw. kann. Raffaels Arbeiten kann Niemand ersetzen. Die letzteren sind Arbeiten eines Einzigen, die nur dieser Einzige zu vollbringen vermag, während Jene menschliche" (p. 356 identisch gesetzt mit den „gemeinnützigen") „genannt zu werden verdienen, da das Eigne daran von geringem Belang ist und so ziemlich jeder Mensch dazu abgerichtet werden kann." p. 355. „Es ist immer fördersam, daß Wir Uns über die menschlichen Arbeiten einigen, damit sie nicht, wie unter der Konkurrenz, alle unsre Zeit und Mühe in Anspruch nehmen ... Für wen soll aber Zeit gewonnen werden P Wozu braucht der Mensch mehr Zeit als nötig ist, seine abgespannten Arbeitskräfte zu erfrischen P Hier schweigt der Kommunismus. Wozu P Um seiner als des Einzigen froh zu werden, nachdem er als Mensch das Seinige getan hat." p. 356,357. „Durch Arbeit kann Ich die Amtsfunktionen eines Präsidenten, Ministers usw. versehen; es erfordern diese Amter nur eine allgemeine Bildung, nämlich eine solche, die allgemein erreichbar ist ... Kann aber auch Jeder diese Ämter bekleiden, so gibt doch erst die einzige, ihm allein eigne Kraft des Einzelnen ihnen sozusagen Leben und Bedeutung. Daß er sein Amt nicht wie ein gewöhnlicher Mensch führt, sondern das Vermögen seiner Einzigkeit hineinlegt, das bezahlt man ihm noch nicht, wenn man ihn überhaupt nur als Beamten oder Minister bezahlt. Hat er's Euch zu Dank gemacht und wollt Ihr diese dankenswerte Kraft des Einzigen Euch erhalten, so werdet Ihr ihn nicht als einen bloßen Menschen bezahlen dürfen, der nur Menschliches verrichtet, sondern nur als Einen, der Einziges vollbringt." p. 362,363.
„Vermagst Du Tausenden Lust zu bereiten, so werden Tausende Dich dafür honorieren, es stände ja in Deiner Gewalt, es zu unterlassen, daher müssen sie Deine Tat erkaufen." p. 351. „Über Meine Einzigkeit läßt sich keine allgemeine Taxe feststellen, wie für das, was Ich als Mensch tue. Nur über das Letztere kann eine Taxe bestimmt werden. Setzt also immerhin eine allgemeine Taxe für menschliche Arbeiten auf, bringt aber Eure Einzigkeit nicht um ihren Verdienst." p. 363. Als Beispiel der Organisation der Arbeit im Verein wird p. 365 die schon besprochene öffentliche Bäckerei angeführt. Diese öffentlichen Anstalten müssen wahre Wunder sein unter der oben vorausgesetzten vandalischen Parzellierung. Zuerst soll die menschliche Arbeit organisiert und dadurch verkürzt werden, damit Bruder Straubinger hinterher, wenn er früh Feierabend gemacht hat, „seiner als des Einzigen froh werden kann" (p. 357); während p. 363 das „Frohwerden" des Einzigen sich in seinen Extraverdienst auflöst, p. 363 kommt die Lebensäußerung des Einzigen nicht hinterdrein nach der menschlichen Arbeit, sondern die menschliche Arbeit kann als einzige betrieben werden und erfordert dann einen Lohnzuschuß. Der Einzige, dem es nicht um seine Einzigkeit, sondern um den höheren Lohn zu tun ist, könnte ja sonst seine Einzigkeit in den Kleiderschrank verschließen und der Gesellschaft zum Trotz sich damit begnügen, den gewöhnlichen Menschen und sich selbst damit einen Possen zu spielen. Nach p. 356 fällt die menschliche Arbeit mit der gemeinnützigen zusammen, aber nach p. 351 und 363 bewährt sich die einzige Arbeit eben darin, daß sie als gemeinnützige oder wenigstens Vielen nützliche extra honoriert wird. . Die Organisation der Arbeit im Verein besteht also in der Trennung der menschlichen Arbeit von der einzigen, in der Feststellung einer Taxe für die menschliche und in dem Mauscheln um einen Lohnzuschuß für die einzige Arbeit. Dieser Lohnzuschuß ist wieder doppelt, nämlich einer für die einzige Ausführung der menschlichen Arbeit und ein anderer für die einzige Ausführung der einzigen Arbeit, was eine um so verwickeitere Buchführung gibt, als heute Das eine menschliche Arbeit wird, was gestern eine einzige war (z.B. Baumwollengarn Nr. 200 zu spinnen), und als der einzige Betrieb menschlicher Arbeiten eine fortwährende Selbstmoucharderie1 im eignen und allgemeine Moucharderie im öffentlichen Interesse erfordert. Dieser ganze wichtige Organisationsplan läuft also auf eine ganz kleinbürgerliche Aneignung des Gesetzes von Nachfrage und Zufuhr hinaus, das heute existiert und von allen
1 Selbstbespitzelung
Ökonomen entwickelt worden ist. Sancho kann das Gesetz, wonach der Preis derjenigen Arbeiten sich bestimmt, die er für einzige erklärt, z.B. der einer Tänzerin, eines ausgezeichneten Arztes oder Advokaten, schon bei Adam Smith erklärt und bei dem Amerikaner Cooper taxiert finden. Die neueren Ökonomen haben aus diesem Gesetz das hohe Salär dessen, was sie travail improductif1 nennen, und das niedrige der Ackerbautaglöhner, überhaupt die Ungleichheiten des Arbeitslohns erklärt. Wir sind so mit Gottes Hülfe wieder bei der Konkurrenz angekommen, aber bei der Konkurrenz ih einem gänzlich heruntergekommenen Zustande, so heruntergekommen, daß Sahcho eine Taxe, eine Fixierung des Arbeitslohns durch Gesetze, wie weiland im 14. und 15. Jahrhundert, vorschlagen kann. Es verdient noch erwähnt zu werden, daß die hier von Sancho ans Licht gebrachte Vorstellung sich ebenfalls als etwas ganz Neues bei dem Herrn Messias Dr. Georg Kuhlmann aus Holstein findet. Was Sancho hier menschliche Arbeiten nennt, ist, mit Ausschluß seiner bürokratischen Phantasien, dasselbe, was man sonst unter Maschinenarbeit versteht und was die Entwicklung der Industrie mehr und mehr den Maschinen anheim gibt. In dem „Verein" sind freilich bei der oben geschilderten Organisation des Grundbesitzes die Maschinen eine Unmöglichkeit, und daher ziehen es die mit sich einigen Fronbauern vor, sich über diese Arbeiten zu verständigen. Über „Präsidenten" und „Minister" urteilt Sancho, this pöor localized being2, wie Owen sagt, nur nach seiner unmittelbaren Umgebung. Wie immer hat Sancho hier -wieder Unglück mit seinen praktischen Exempeln. Er meint, Niemand könne „an Deiner Stelle Deine musikalischen Kompositionen anfertigen, Deine Malerentwürfe ausführen. Raffaels Arbeiten könne Niemand ersetzen." Sancho könnte doch wohl wissen, daß nicht Mozart selbst, sondern ein Anderer Mozarts Requiem größtenteils angefertigt und ganz ausgefertigt^1413, daß Raffael von seinen Fresken die wenigsten selbst „ausgeführt" hat. Er bildet sich ein, die sogenannten Organisateure der Arbeit1142-1 wollten die Gesamttätigkeit jedes Einzelnen organisieren, während gerade bei ihnen zwischen der unmittelbar produktiven Arbeit, die organisiert werden soll, und der nicht unmittelbar produktiven Arbeit unterschieden wird. In diesen Arbeiten aber soll nach ihrer Meinung nicht, wie Sancho sich einbildet, Jeder an Raffaels Statt arbeiten, sondern Jeder, in dem ein Raffael steckt, sich ungehindert ausbilden können. Sancho bildet sich ein, Raffael habe seine
1 unproduktive Arbeit — 2 dieses arme, an den Ort gebundene Wesen
Gemälde unabhängig von der zu seiner Zeit in Rom bestehenden Teilung der Arbeit hervorgebracht. Wenn er Raffael mit Leonardo da Vinci und Tizian vergleicht, so kann er sehen, wie sehr die Kunstwerke des ersteren von der unter florentinischem Einfluß ausgebildeten damaligen Blüte Roms, die des zweiten von den Zuständen von Florenz, und später die des dritten von der ganz verschiedenen Entwicklung Venedigs bedingt waren. Raffael, so gut wie jeder andre Künstler, war bedingt durch die technischen Fortschritte der Kunst, die vor ihm gemacht waren, durch die Organisation der Gesellschaft und die Teilung der Arbeit in seiner Lokalität und endlich durch die Teilung der Arbeit in allen Ländern, mit denen seine Lokalität im Verkehr stand. Ob ein Individuum wie Raffael sein Talent entwickelt, hängt ganz von der Nachfrage ab, die wieder von der Teilung der Arbeit und den daraus hervorgegangenen Bildungsverhältnissen der Menschen abhängt. Stirner steht hier noch weit unter der Bourgeoisie, indem er die Einzigkeit der wissenschaftlichen und künstlerischen Arbeit proklamiert. Man hat es bereits jetzt für nötig gefunden, diese „einzige" Tätigkeit zu organisieren. Horace Vernet hätte nicht Zeit für den zehnten Teil seiner Gemälde gehabt, wenn er sie für Arbeiten angesehen hätte, „die nur dieser Einzige zu vollbringen vermag". Die große Nachfrage nach Vaudevilles[143] und Romanen in Paris hat eine Organisation der Arbeit zur Produktion dieser Artikel hervorgerufen, die noch immer Besseres leistet als ihre „einzigen" Konkurrenten in Deutschland. In der Astronomie haben es Leute wie Arago, Herschel, Encke und Bessel für nötig gefunden, sich zu gemeinsamen Beobachtungen zu organisieren, und sind erst seitdem zu einigen erträglichen Resultaten gekommen. In der Geschichtschreibung ist es für den „Einzigen" absolut unmöglich, etwas zu leisten, und die Franzosen haben auch hier längst durch die Organisation der Arbeit allen andern Nationen den Rang abgelaufen. Es versteht sich übrigens, daß alle diese auf der modernen Teilung der Arbeit beruhenden Organisationen immer noch zu höchst beschränkten Resultaten führen und nur gegenüber der bisherigen bornierten Vereinzelung ein Fortschritt sind. Es muß noch besonders hervorgehoben werden, daß Sancho die Organisation der Arbeit mit dem Kommunismus verwechselt und sich gar wundert, daß „der Kommunismus " ihm nicht auf seine Bedenken über diese Organisation antwortet. So wundert sich ein Gascogner Bauernjunge, daß Arago ihm nicht zu sagen weiß, auf welchem Stern der liebe Gott seinen Hof aufgeschlagen habe. Die exklusive Konzentration des künstlerischen Talents in Einzelnen und seine damit zusammenhängende Unterdrückung in der großen Masse ist
Folge der Teilung der Arbeit. Wenn selbst in gewissen gesellschaftlichen Verhältnissen Jeder ein ausgezeichneter Maler wäre, so schlösse dies noch gar nicht aus, daß Jeder auch ein origineller Maler wäre, so daß auch hier der Unterschied zwischen „menschlicher" und „einziger" Arbeit in bloßen Unsinn sich verläuft. Bei einer kommunistischen Organisation der Gesellschaft fällt jedenfalls fort die Subsumtion des Künstlers unter die lokale und nationale Borniertheit, die rein aus der Teilung der Arbeit hervorgeht, und die Subsumtion des Individuums unter diese bestimmte Kunst, so daß es ausschließlich Maler, Bildhauer usw. ist und schon der Name die Borniertheit seiner geschäftlichen Entwicklung und seine Abhängigkeit von der Teilung der Arbeit hinlänglich ausdrückt. In einer kommunistischen Gesellschaft gibt es keine Maler, sondern höchstens Menschen, die unter Anderm auch malen. Sanchos Organisation der Arbeit zeigt deutlich, wie sehr alle diese philosophischen Ritter von der Substanz sich bei bloßen Phrasen beruhigen. Die Subsumtion der „Substanz" unter das „Subjekt", wovon sie Alle so hohe Worte machen, die Herabsetzung der „Substanz", die das „Subjekt" beherrscht, zu einem bloßen „Akzidens" dieses Subjekts, zeigt sich als bloßes „leeres Gerede".* Sie unterlassen es daher weislich, auf die Teilung ?ier Arbeit, auf die materielle Produktion und den materiellen Verkehr einzugehen, die eben die Individuen unter bestimmte Verhältnisse und Tätigkeitsweisen subsumieren. Es handelt sich bei ihnen überhaupt nur darum, neue Phrasen zur Interpretation der bestehenden Welt zu erfinden, die um so gewisser in burleske Prahlereien auslaufen, je mehr sie sich über diese Welt zu erheben glauben. und in Gegensatz zu ihr stellen. Wovon Sancho ein beklagenswertes Beispiel ist.
* [Im Manuskript gestrichen:! Hätte Sancho mit seinen Phrasen Ernst machen wollen, so hätte er auf die Teilung der Arbeit eingehen müssen. Dies unterließ er weislich und akzeptierte die bestehende Teilung der Arbeit ohne Bedenken, um sie für seinen „Verein" zu exploitieren. Er würde bei näherem Eingehen auf diesen Gegenstand freilich gefunden haben, daß die Teilung der Arbeit damit nicht aufgehoben ist, wenn man sie „sich aus dem Kopfe schlägt". Der Kampf der Philosophen gegen die „Substanz" und ihre gänzliche Vernachlässigung der Teilung der Arbeit, der materiellen Grundlage, aus der das Phantom der Substanz hervorgegangen ist, beweist eben nur, daß es diesen Helden nur um die Vernichtung der Phrasen zu tun ist und keineswegs um die Veränderung der Verhältnisse, aus denen diese Phrasen entstehen mußten.
3. Geld
„Das Geld ist eine Ware, und zwar ein wesentliches Mittel oder Vermögen; denn es schützt vor der Verknöcherung des Vermögens, hält es im Fluß und bewirkt seinen Umsatz. Wißt Ihr ein besseres Tauschmittel, immerhin; doch wird es wieder ein Geld sein." p. 364. p. 353 wird das Geld als „gangbares oder kursierendes Eigentum" bestimmt. Im „Verein" wird also das Geld beibehalten, dies rein gesellschaftliche Eigentum, dem alles Individuelle abgestreift ist. Wie sehr Sancho in der bürgerlichen Anschauungsweise befangen ist, zeigt seine Frage nach einem besseren Tauschmittel. Er setzt also zuerst voraus, daß ein Tauschmittel überhaupt nötig ist, und dann kennt er kein anderes Tauschmittel als das Geld. Daß ein Schiff, eine Eisenbahn, die Waren transportieren, ebenfalls Tauschmittel sind, kümmert ihn nicht. Um also nicht bloß vom Tauschmittel, sondern vom Gelde speziell zu sprechen, ist er genötigt, die übrigen Bestimmungen des Geldes, daß es das allgemein gangbare und kursierende Tauschmittel ist, alles Eigentum im Fluß erhält etc., hereinzunehmen. Damit kommen auch die ökonomischen Bestimmungen herein, die Sancho nicht kennt, die aber gerade das Geld konstituieren; und mit ihnen auch der ganze jetzige Zustand, Klassenwirtschaft, Herrschaft der Bourgeoisie etc. Wir erhalten indes zunächst einige Aufschlüsse über den - sehr originellen - Verlauf der Geldkrisen im Verein. Es entsteht die Frage:
„Wo Geld hernehmen? ... Man bezahlt nicht mit Geld, woran Mangel eintreten kann, sondern mit seinem Vermögen, durch welches allein Wir vermögend sind ... Nicht das Geld tut Euch Schaden, sondern Euer Unvermögen, es zu nehmen." Und nun der moralische Zuspruch:
„Laßt Euer Vermögen wirken, nehmt Euch zusammen, und es wird an Geld, an Eurem Gelde, dem Gelde Eures Gepräges, nicht fehlen ... Wisse denn, Du hast so viel Geld, als Du - Gewalt hast; denn Du giltst soviel, als Du Dir Geltung verschaffst." P. 353,364. In der Macht des Geldes, in der Verselbständigung des allgemeinen Tauschmittels, sowohl der Gesellschaft wie den Einzelnen gegenüber, tritt die Verselbständigung der Produktions- und Verkehrsverhältnisse überhaupt am deutlichsten hervor. Also Sancho weiß, wie gewöhnlich, Nichts vom Zusammenhange der Geldverhältnisse mit der allgemeinen Produktion und dem Verkehr. Er behält als guter Bürgersmann das Geld ruhig bei, wie dies auch
nach seiner Teilung der Arbeit und Organisation des Grundbesitzes nicht anders möglich ist. Die sachlicheJVlacht des Geldes, die in den Geldkrisen eklatant hervortritt und den „kauflustigen" Kleinbürger in der Gestalt eines permanenten Geldmangels drückt, ist dem mit sich einigen Egoisten ebenfalls ein höchst unangenehmes Faktum. Er entledigt sich seiner Ungelegenheit dadurch, daß er die gewöhnliche Vorstellung des Kleinbürgers umgekehrt ausdrückt und dadurch den Schein hereinbringt, als sei die Stellung der Individuen gegenüber der Geldmacht eine rein vom persönlichen Wollen oder Laufen abhängige Sache. Diese glückliche Wendung gibt ihm dann Gelegenheit, dem erstaunten und vom Geldmangel ohnehin entmutigten Kleinbürger eine durch Synonymik, Etymologie und Umlaut unterstützte Moralpredigt zu halten und dadurch alle ungelegenen Fragen über die Ursachen der Geldklemme vorweg abzuschneiden. Die Geldkrise besteht zunächst darin, daß alle „Vermögen" auf einmal gegenüber dem Tauschmittel depreziiert werden und das „Vermögen" über das G^ld verlieren. Die Krise ist gerade dann da, wenn man nicht mehr mit seinem „Vermögen" zahlen kann, sondern mit Geld zahlen muß. Dies findet wieder nicht dadurch statt, daß Mangel an Geld eintritt, wie der Kleinbürger sich vorstellt* der die Krise nach seiner Privatmisere beurteilt, sondern dadurch, daß der spezifische Unterschied des Geldes als der allgemeinen Ware, des „gangbaren und kursierenden Eigentums", von allen andern speziellen Waren sich fixiert, die plötzlich aufhören, gangbares Eigentum zu sein. Die Ursachen dieses Phänomens hier, Sancho zu Gefallen, zu entwickeln, kann nicht erwartet werden. Den geld- und trostlosen Kleinkrämerri gibt Sancho nun zunächst den Trost, daß nicht das Geld die Ursache des Geldmangels und der ganzen Krise sei, sondern ihr Unvermögen, es zu nehmen. Nicht der Arsenik ist schuld daran, daß Jemand stirbt, der ihn gegessen hat, sondern das Unvermögen seiner Konstitution, Arsenik zu verdauen. Nachdem Sancho vorher das Geld als ein wesentliches, und zwar spezifisches Vermögen, als allgemeines Tauschmittel, als Geld im gewöhnlichen Verstände bestimmt hat, dreht er auf einmal, sowie er sieht, zu welchen Schwierigkeiten dies führen würde, die Sache um und erklärt alles Vermögen für Geld, um den Schein der persönlichen Macht hervorzubringen. Die Schwierigkeit während der Krise ist eben, daß „alles Vermögen" aufgehört hat, „Geld" zu sein. Übrigens läuft dies auf die Praxis des Bürgers hinaus, der „alles Vermögen" solange an Zahlungs Statt annimmt, als es Geld ist, und erst dann Schwierigkeiten macht, wenn es schwierig wird, dies „Vermögen" in Geld zu verwandeln, wo er es dann auch nicht mehr für ein „Vermögen" ansieht. Die Schwierigkeit in der Krisis besteht ferner gerade darin,
daß Ihr Kleinbürger, zu denen Sancho hier spricht, das Geld Eures Gepräges, Eure Wechsel nicht mehr zirkulieren lassen könnt, sondern daß man Geld von Euch verlangt, woran Ihr nichts mehr zu prägen hattet und dem kein Mensch es ansieht, daß es durch Eure Finger gegangen ist. Endlich verdreht Stirner das bürgerliche Motto: Du giltst so viel, als Du Geld hast, dahin: Du hast so viel Geld, als Du giltst, womit nichts verändert, sondern nur der Schein der persönlichen Macht hereingebracht und damit die triviale Bourgeoisillusion ausgedrückt ist, daß Jeder selbst schuld daran sei, wenn er kein Geld habe. So wird Sancho fertig mit dem klassischen Bourgeoisspruch: L'argent n'a pas de maitre1, und kann nun auf die Kanzel steigen und ausrufen: „Lasset Eure Vermögen wirken, nehmt Euch zusammen, und es wird am Gelde nicht fehlen!" Je ne connais pas de lieu ä la bourse oü se fasse le transfert des bonnes intentions.2 Er brauchte nur noch hinzuzusetzen: Verschafft Euch Kredit, knowledge is power3, der erste Taler ist schwerer zu erwerben als die letzte Million, seid mäßig und haltet das Eurige zu Rate, besonders aber pulluliert nicht zu viel usw., um statt des einen beide Eselsohren hervorblicken zu lassen. Überhaupt endigen bei dem Manne, für den Jeder ist, was er sein kann, und tut, was er tun kann, alle Kapitel mit moralischen Postulaten. Das Geldwesen im Stirnerschen Verein ist also das existierende Geldwesen, ausgedrückt in der beschönigenden und gemütlich-schwärmerischen Weise eines deutschen Kleinbürgers. Nachdem Sancho auf diese Weise mit den Ohren seines Grauen paradiert hat, richtet sich Szeliga-Don Quijote in seiner ganzen Länge auf, um mit einer feierlichen Rede über die moderne fahrende Ritterschaft, wobei das Geld in die Dulcinea von Toboso verwandelt wird, die Fabrikanten und Commer^ants en masse4 zu Rittern, nämlich Industrierittern, zu schlagen. Die Rede hat noch den Nebenzweck, zu beweisen, daß das Geld, weil ein „wesentliches Mittel", auch „wesentlich Tochter* ist". Und er reckte seine Rechte aus und sprach: „Vom Gelde hängt Glück und Unglück ab. Es ist darum in der Bürgerperiode eine Macht, weil es nur wie ein Mädchen" (Viehmädchen, per appos[itioneml Dulcinea) „umworben, von Niemand unauflöslich geehlicht wird. Alle Romantik und Ritterlich
* Vgl. „Die heilige Familie", p. 266.5
1 Das Geld hat keinen Herrn - 2 Ich kenne keine Stelle an der Börse, wo gute Absichten gehandelt werden - 3 Wissen ist Macht - 4 Kaufleute in Massen - 5 Siehe Bd.2 unserer Ausgabe, S. 177/78.
keit des Werbens um einen teuren Gegenstand lebt in der Konkurrenz wieder auf. Das Geld, ein Gegenstand der Sehnsucht, wird von den kühnen Industrierittern entführt." p. 364. Sancho hat jetzt einen tiefen Aufschluß darüber erhalten, weshalb das Geld in der Bürgerperiode eine Macht ist, nämlich erstens, weil von ihm Glück und Unglück abhängt, und zweitens, weil es ein Mädchen ist. Er hat ferner erfahren, weshalb er um sein Geld kommen kann, nämlich, weil ein Mädchen von Niemand unauflöslich geehlicht wird. Jetzt weiß der arme Schlucker, woran er ist. Szeliga, der so den Bürger zum Ritter gemacht hat, macht nun folgendermaßen den Kommunisten zum Bürger, und zwar zum bürgerlichen Ehemann:
„Wer das Glück hat, führt die Braut heim. Der Lump hat das Glück; er führt sie in sein Hauswesen, die Gesellschaft, ein und vernichtet die Jungfrau. In seinem Hause ist sie nicht mehr Braut, sondern Frau, und mit der Jungfräulichkeit geht auch der Geschlechtsname verloren. Als Hausfrau heißt die Geldjungfer Arbeit, denn Arbeit ist der Name des Mannes. Sie ist ein Besitz des Mannes. - Um dies Bild zu Ende zu bringen, so ist das Kind von Arbeit und Geld wieder ein Mädchen" („wesentlich Tochter"), „ein unverehlichtes" (ist dem Szeliga je vorgekommen, daß ein Mädchen „verehlicht" aus dem Mutterleibe gekommen ist?), „also Geld". (Nach dem obigen Beweise, daß alles Geld „ein unverehlichtes Mädchen" sei, leuchtet es von selbst ein, daß „alle unverehlichten Mädchen" „Geld" sind) - „also Geld, aber mit der gewissen Abstammung von der Arbeit, seinem Vater" (toute recherche de la paternite est interdite[144l). „Die Gesichtsform, das Bild, trägt ein anderes Gepräge." p. 364, 365.
Diese Hochzeits-, Leichenbitter- und Kindtaufsgeschichte beweist wohl durch sich selbst hinlänglich, wie sehr sie „wesentlich Tochter" Szeligas, und zwar Tochter von „gewisser Abstammung" ist. Ihren letzten Grund hat sie indes in der Unwissenheit seines ehmaligen Stallknechts Sancho. Diese tritt deutlich heraus am Schluß, wo der Redner wieder um das „Gepräge" des Geldes ängstlich besorgt ist und dadurch verrät, daß er noch immer das Metallgeld für das wichtigste zirkulierende Medium hält. Wenn er sich um die ökonomischen Verhältnisse des Geldes etwas näher bekümmert hätte, statt ihm einen schönen grünen JungfernkranztU5] zu flechten, so würde er wissen, daß, von Staatspapieren, Aktien pp. nicht zu sprechen, die Wechsel den größten Teil des zirkulierenden Mediums ausmachen, während das Papiergeld ein verhältnismäßig sehr kleiner und das Metallgeld ein noch kleinerer Teil davon ist. In England zirkuliert z.B. fünfzehnmal mehr Geld in Wechseln und Banknoten als in Metall. Und selbst was das Metallgeld betrifft, so wird es rein durch die Produktionskosten, d. h. die Arbeit bestimmt. Stirners weit
läuftiger Zeugungsprozeß war also hier überflüssig. - Die feierlichen Reflexionen, die Szeliga über ein auf der Arbeit beruhendes und doch vom jetzigen Gelde unterschiedenes Tauschmittel anstellt, das er bei einigen Kommunisten entdeckt haben will, beweisen nur wieder die Einfalt, mit der unser edles Paar Alles unbesehen glaubt, was es liest. Beide führen, wenn sie nach dieser ritterlichen und „romantischen" Kampagne „des Werbens" nach Hause reiten, kein „Glück" heim, noch weniger „die Braut", am allerwenigsten „Geld", sondern höchstens ein „Lump" den andern.
4. Staat Wir haben gesehen, wie Sancho in seinem „Verein" die bestehende Form des Grundbesitzes, die Teilung der Arbeit und das Geld in der Weise, wie diese Verhältnisse in der Vorstellung eines Kleinbürgers leben, beibehält. Daß nach diesen Prämissen Sancho den Staat nicht entbehren kann, leuchtet auf den ersten Blick ein. Zunächst wird sein neuerworbenes Eigentum die Form des garantierten, rechtlichen Eigentums anzunehmen haben. Wir haben schon gehört: „Dasjenige, woran,Alle Anteil haben wollen, wird demjenigen Einzelnen entzogen werden, der es für sich allein haben will." (p. 330.) Hier wird also der Wille der Gesamtheit geltend gemacht gegenüber dem Willen des vereinzelten Einzelnen. Da jeder der mit sich einigen Egoisten mit den Andern uneinig werden und damit in diesen Widerspruch treten kann, muß der Gesamtwille auch einen Ausdruck haben gegenüber den vereinzelten Einzelnen „und man nennt diesen Willen den Staatswillen" (p. 257). Seine Bestimmungen sind dann die rechtlichen Bestimmungen. Die Exekution dieses Gesamtwillens wird wieder Repressivmaßregeln und eine öffentliche Gewalt nötig machen. „Vereine werden dann auch in dieser Sache" (dem Eigentum) „die Mittel des Einzelnen multiplizieren und sein angefochtenes Eigentum sicherstellen" (garantieren also garantiertes Eigentum, also rechtliches Eigentum, also Eigentum, das Sancho nicht „unbedingt" besitzt, sondern vom „Verein" „zu Lehen trägt"), p. 342. Mit den Eigentumsverhältnissen versteht sich dann, daß das ganze Zivilrecht wiederhergestellt wird, und Sancho selbst trägt z.B. die Lehre vom Vertrag ganz im Sinne der Juristen vor, wie folgt: „Auch hat es Nichts zu sagen, wenn Ich selbst Mich um diese und jene Freiheit bringe, z. B. durch jeden Kontrakt." p. 409.
Und um die „angefochtenen" Kontrakte „sicherzustellen", wird es ebenfalls „Nichts zu sagen haben", wenn er sich wieder einem Gerichte und allen jetzigen Folgen eines Zivilprozesses zu unterwerfen hat. So rücken wir „allgemach aus Dämmerung und Nacht" den bestehenden Verhältnissen wieder näher, nur den bestehenden Verhältnissen in der zwerghaften Vorstellung des deutschen Kleinbürgers. Sancho gesteht: „In bezug auf die Freiheit unterliegen Staat und Verein keiner wesentlichen Verschiedenheit. Der letztere kann ebensowenig entstehen und bestehen, ohne daß die Freiheit auf allerlei Art beschränkt werde, als der Staat mit ungemessener Freiheit sich verträgt. Beschränkung der Freiheit ist überall unabwendbar, denn man kann nicht Alles loswerden; man kann nicht gleich einem Vogel fliegen, bloß weil man so fliegen möchte etc.... Der Unfreiheit und Unfreiwilligkeit wird der Verein noch genug enthalten, denn sein Zweck ist eben nicht die Freiheit, die er im Gegenteil der Eigenheit opfert, aber auch nur der Eigenheit." p. 410, 411. Abgesehen einstweilen von der komischen Distinktion zwischen Freiheit und Eigenheit, so hat Sancho seine „Eigenheit" in seinem Vereine durch die ökonomischen Einrichtungen schon geopfert, ohne es zu wollen. Als echter „Staatsgläubiger" sieht er erst da eine Beschränkung, wo die politischen Einrichtungen anfangen. Er läßt die alte Gesellschaft fortbestehen und mit ihr die Subsumtion der Individuen unter die Teilung der Arbeit; wobei er dann dem Schicksal nicht entgehen kann, von der Teilung der Arbeit und der ihm dadurch zugefallenen Beschäftigung und Lebenslage eine aparte „Eigenheit" sich vorschreiben zu lassen. Wird ihm z.B. das Los angewiesen, in Willenhalltl46] als Schlossergesell zu arbeiten, so wird seine aufgedrungene „Eigenheit" in einer Verdrehung der Hüftknochen bestehen, die ihm ein „Hinterbein" verschafft; wird „das Titelgespenst seines Buchs"1-1471 als Throstlespinnerin1 existieren müssen, so wird ihre „Eigenheit" in steifen Knien bestehen. Selbst wenn unser Sancho bei seinem alten Beruf des Fronbauers bleibt, den ihm schon Cervantes angewiesen hat und den er jetzt für seinen eignen Beruf erklärt, zu dem er sich beruft, so fällt ihm kraft der Teilung der Arbeit und der Trennung von Stadt und Land die „Eigenheit" zu, von allem Weltverkehr und folglich von aller Bildung ausgeschlossen ein bloßes Lokaltier zu werden. So verliert Sancho im Verein seine Eigenheit malgre lui2 durch die gesellschaftliche Organisation, wenn wir einmal ausnahmsweise die Eigenheit im Sinne von Individualität nehmen wollen. Daß er nun auch durch die politische
1 Ringspinnerin - 2 gegen seinen Willen
Organisation seine Freiheit aufgibt, ist ganz konsequent und beweist nur noch deutlicher, wie sehr er den jetzigen Zustand im Verein sich anzueignen strebt. Die wesentliche Verschiedenheit von Freiheit und Eigenheit bildet also den Unterschied zwischen dem jetzigen Zustande und dem „Verein". Wie wesentlich dieser Unterschied ist, haben wir bereits gesehen. Die Majorität seines Vereins wird sich ebenfalls an dieser Distinktion möglicherweise nicht stören, sondern das „Lossein" von ihr dekretieren, und wenn er sich dabei nicht beruhigt, wird sie ihm aus seinem eignen „Buche" beweisen, daß es erstens keine Wesen gibt, sondern Wesen und wesentliche Unterschiede „das Heilige" sind; zweitens, daß der Verein nach „der Natur der Sache" und „dem Begriff des Verhältnisses" gar nichts zu fragen hat, und drittens, daß sie keineswegs seine Eigenheit antastet, sondern nur seine Freiheit, sie zu äußern. Sie wird ihm vielleicht beweisen, wenn er „sich bestrebt, verfassungslos zu werden", daß sie nur seine Freiheit beschränkt, wenn sie ihn einsperrt, ihm Hiebe diktiert, ihm ein Bein ausreißt, daß er partout et toujours1 „eigen" ist, solange er noch die Lebensäußerungen eines Polypen, einer Auster, ja eines galvanisierten Froschleichnams von sich zu geben vermag. Sie wird ihm für seine Arbeit eine „Preisbestimmung setzen", wie wir schon hörten, „eine wirkliche freie" (!) „Verwertung seines Eigentums nicht zulassen", da sie ihm hiermit die Freiheit, nicht die Eigenheit beschränkt; Dinge, die Sancho p. 338 dem Staate vorwirft. „Was soll also" der Fronbauer Sancho „anfangen? Auf sich halten und nach dem" Verein „nichts fragen", (ibid.) Sie wird ihm schließlich insinuieren, sooft er gegen die ihm gesetzte Schranke poltert, daß, solange er die Eigenheit hat, Freiheiten für Eigenheiten zu erklären, sie sich die Freiheit nimmt, seine Eigenheiten für Freiheiten anzusehen. Wie oben der Unterschied zwischen, menschlicher und einziger Arbeit nur eine kümmerliche Aneignung des Gesetzes von Nachfrage und Zufuhr war, so ist jetzt der Unterschied zwischen Freiheit und Eigenheit eine kümmerliche Aneignung des Verhältnisses von Staat und bürgerlicher Gesellschaft, oder, wie Herr Guizot sagt, der liberte individuelle2 und des pouvoir public3. Dies ist so sehr der Fall, daß er im Folgenden den Rousseau fast wörtlich abschreiben kann: „Die Übereinkunft, der Jeder einen Teil seiner Freiheit opfern muß", geschieht „ganz und gar nicht um eines Allgemeinen oder auch nur um eines andern Menschen willen", sondern „Ich ging vielmehr nur auf sie ein aus Eigennutz. Was aber das Opfern betrifft, so opfere Ich doch wohl nur Dasjenige, was nicht in Meiner Gewalt steht, d. h. opfere gar Nichts." p. 418.
1 überall und immer - 2 individuellen Freiheit - 8 öffentlichen Gewalt
Diese Qualität teilt der mit sich einige Fronbauer mit jedem andern Fronbauer und überhaupt mit jedem Individuum, das je auf der Welt gelebt hat. Vergleiche auchGodwin, „Political Justice "[148J. - Sancho scheint, nebenbei bemerkt, die Eigenheit zu besitzen, zu glauben, bei Rousseau schlössen die Individuen den Vertrag dem Allgemeinen zuliebe, was Rousseau nie eingefallen ist. Indessen Ein Trost ist ihm geblieben. „Der Staat ist heilig... der Verein aber ist... nicht heilig." Und darin besteht „der große Unterschied zwischen Staat und Verein", p. 411. Dieser ganze Unterschied läuft also darauf hinaus, daß der „Verein" der wirkliche moderne Staat und der „Staat" die Stirnersche Illusion vom preußischen Staat ist, den er für den Staat überhaupt versieht.
5. Empörung Sancho traut seinen feinen Distinktionen zwischen Staat und Verein, heilig und nicht heilig, menschlich und einzig, Eigenheit und Freiheit usw. schließlich mit Recht so wenig, daß er zur ultima ratio1 des mit sich einigen Egoisten seine Zuflucht nimmt - zur Empörung. Diesmal indes empört er sich nicht gegen sich selbst, wie er früher vorgab, sondern gegen den Verein. Wie er sich über alle Punkte erst im Verein klarzuwerden suchte, so auch hier mit der Empörung.
„Macht Mir's die Gemeinde nicht recht, so empöre Ich Mich gegen sie und verteidige Mein Eigentum." p. 343. „Gedeiht" die Empörung nicht, so wird der Verein „ihn ausschließen (einsperren, verbannen usw.)". p. 256, 257. Sancho sucht sich hier die droits de l'homme2 von 1793, unter denen auch das Recht der Insurrektion^149-1 aufgezählt wird, anzueignen, ein Menschenrecht, das natürlich bittere Früchte für den trägt, der davon nach seinem „eignen" Sinn Gebrauch macht.
Der ganze Verein Sanchos läuft also auf Folgendes hinaus. Während er früher in der Kritik die bestehenden Verhältnisse nur nach der Seite der Illusion betrachtete, sucht er im Verein diese Verhältnisse ihrem wirklichen Inhalt nach kennenzulernen und diesen Inhalt gegen die früheren Illusionen
1 [zum! letzten Mittel - 2 Menschenrechte
geltend zu machen. Bei diesem Versuch mußte unser ignoranter Schulmeister natürlich mit Eklat scheitern. Er hat sich ausnahmsweise einmal bestrebt, sich „die Natur der Sache" und „den Begriff des Verhältnisses" anzueignen, aber es ist ihm nicht gelungen, irgendeiner Sache oder einem Verhältnis „den Geist der Fremdheit abzustreifen". Nachdem wir jetzt den Verein in seiner wirklichen Gestalt kennenlernten, bleibt uns nur noch übrig; die schwärmerischen Vorstellungen, die Sancho sich von ihm macht, die Religion und Philosophie des Vereins, zu betrachten.
6. Religion und Philosophie des Vereins Wir fangen hier wieder mit dem Punkte an, mit dem wir oben die Darstellung des Vereins eröffneten. Sancho gebraucht zwei Kategorien, Eigentum und Vermögen; die Illusionen über das Eigentum entsprechen hauptsächlich den gegebenen positiven Daten über das Grundeigentum, die über das Vermögen den Daten über die Organisation der Arbeit und das Geldwesen im „Verein".
A. Eigentum
p. 331. „Mir gehört die Welt." Interpretation seiner Erbpacht an der Parzelle. p. 343. „Ich bin Eigentümer von Allem, dessen Ich brauche", eine beschönigende Umschreibung davon, daß seine Bedürfnisse seine Habe sind und daß das, was er als Fronbauer braucht, durch seine Verhältnisse bedingt ist. In derselben Weise behaupten die Ökonomen, daß der Arbeiter Eigentümer von Allem ist, was er als Arbeiter braucht. Siehe die Entwicklung über das Minimum des Salärs bei Ricardo J150^ p. 343. „Jetzt aber gehört Alles Mir." Musikalischer Tusch zu seiner Lohntaxe, seiner Parzelle, seiner permanenten Geldklemme und seinem Ausgeschlossensein von Allem, wovon die „Sozietät" nicht will, daß er es allein besitze. Derselbe Satz findet sich p. 327 auch so ausgedrückt: „Seine" (sc. des Andern) „Güter sind Mein, und Ich schalte damit als Eigentümer nach dem Maße Meiner Gewalt." Dies hochtönende Allegro marciale1 geht folgendermaßen in eine sanfte
1 flotte Marschweise
Kadenz über, in welcher es allmählich ganz auf den Hintern fällt - gewöhnliches Schicksal Sanchos:
p. 331: „Mir gehört die Welt. Sagt Ihr" (Kommunisten) „etwas Anderes mit dem umgekehrten Satze: Allen gehört die Welt? Alle sind Ich und wieder Ich usw." (z. B. „Robespierre z. B., Saint-Just usw.") p. 415: „ Ich bin Ich und Du bist Ich, aber ... dieses Ich, worin Wir alle gleich sind, ist nur Mein Gedanke — eine Allgemeinheit" (das Heilige). Die praktische Variation dieses Themas findet sich p. 330, wo die „Einzelnen als eine Gesamtmasse" (d. h. Alle) dem „vereinzelten Einzelnen" (d. h. Ich im Unterschied von Alle) als regulierende Macht gegenübergestellt werden. Diese Dissonanzen lösen sich also schließlich in den beruhigenden Schlußakkord auf, daß, was Ich nicht besitze, jedenfalls das Eigentum eines andern „Ich" ist. Das „Eigentum an Allem" ist hiermit nur die Interpretation davon, daß Jeder ein ausschließliches Eigentum besitzt.
p. 336. „Eigentum ist aber nur Mein Eigentum, wenn Ich dasselbe unbedingt innehabe. Als unbedingtes Ich habe Ich Eigentum, treibe freien Handel." Wir wissen schon, daß, wenn die Handelsfreiheit und Unbedingtheit im Verein nicht respektiert wird, damit nur die Freiheit und nicht die Eigenheit angetastet wird. Das „unbedingte Eigentum" ist ein passendes Supplement zu dem „sichergestellten", garantierten Eigentum im Verein. p. 342. „Nach der Meinung der Kommunisten soll die Gemeinde Eigentümerin sein. Umgekehrt, Ich bin Eigentümer und verständige Mich nur mit Anderen über Mein Eigentum." Nach p. 329 sahen wir, wie „sich die societd1 zur Eigentümerin macht", und nach p. 330, wie sie „die Einzelnen von ihrem Eigentum ausschließt". Überhaupt sahen wir das Stammlehnswesen, den rohesten Anfang des Lehnswesens, eingeführt. Nach p. 416 ist „Feudalwesen = Eigentumslosigkeit", weswegen nach ebenderselben Pagina „im Vereine und nur im Vereine das Eigentum anerkannt wird", und zwar aus dem zureichenden Grunde, „weil man das Seine von keinem Wesen mehr zum Lehen trägt", (ibid.) D. h., in dem bisherigen Lehnswesen war „das Wesen" der Lehnsherr, im Verein ist es die societe. Woraus wenigstens soviel hervorgeht, daß Sancho ein „ausschließliches", aber keineswegs „sichergestelltes" Eigentum am „Wesen" der bisherigen Geschichte hat. Im Zusammenhang mit p. 330, wonach jeder Einzelne von dem ausge
1 Gesellschaft
25 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
schlössen wird, wovon es der Sozietät nicht recht ist, daß er es allein besitzt, und mit dem Staats- und Rechtswesen des Vereins steht p. 369 : „Rechtliches und rechtmäßiges Eigentum eines Andern wird nur dasjenige sein, wovon Dir's recht ist, daß es sein Eigentum sei. Hört es auf, Dir recht zu sein, so hat es für Dich seine Rechtmäßigkeit eingebüßt, und das absolute Recht daran wirst Du verlachen." Er dokumentiert hiermit das erstaunliche Faktum, daß das, was Rechtens im Verein ist, ihm nicht recht zu sein braucht - ein unbestreitbares Menschenrecht. Findet sich im Verein die Institution der altfranzösischen Parlamente, die Sancho ja so sehr liebt, so wird er sogar seinen zu Protokoll gegebenen Widerwillen auf dem Greffe1 deponieren können und dabei den Trost behalten, daß „man nicht von Allem los sein kann". Die bisherigen Sätze scheinen mit sich, untereinander und mit der Wirklichkeit des Vereins im Widerspruch zu stehen. Der Schlüssel zum Rätsel liegt indes in der schon angeführten juristischen Fiktion, daß da, wo er vom Eigentum Anderer ausgeschlossen wird, er sich bloß mit diesen Andern verständigt. Diese Fiktion wird in folgenden Sätzen näher ausgeführt: p. 369. „Das nimmt ein Ende" (sc. der Respekt vor dem fremden Eigentum), „wenn Ich jenen Baum zwar einem Andern überlassen kann, wie Ich meinen Stock usw. einem Andern überlasse, aber nicht von vornherein ihn Mir als fremd, d. h. heilig betrachte. Vielmehr ... er bleibt mein Eigentum, auf solange Ich ihn auch an Andre abtrete, er ist und bleibt Mein. In dem Vermögen des Bankiers sehe Ich Nichts Fremdes." p. 328. „Vor Deinem und Eurem Eigentum trete Ich nicht scheu zurück, sondern sehe es stets als Mein Eigentum an, woran Ich Nichts zu respektieren brauche. Tut doch desgleichen mit dem, was Ihr Mein Eigentum nennt! Bei dieser Ansicht werden Wir uns am leichtesten miteinander verständigen." Wenn Sancho nach den Statuten des Vereins „mit Kolben gelaust" wird, sobald er nach fremdem Eigentum zugreift, so wird er zwar behaupten, es sei seine „Eigenheit", lange Finger zu machen, aber der Verein wird dekretieren, Sancho habe sich nur eine „Freiheit" herausgenommen. Und wenn Sancho so „frei" ist, zuzugreifen, so hat der Verein die „Eigenheit", ihm dafür Hiebe zu diktieren. Die Sache selbst ist die. Das bürgerliche, und zwar speziell das kleinbürgerliche und-kleinbäuerliche Eigentum bleibt im Verein bestehen, wie wir sahen. Nur die Interpretation, die „Ansicht", ist eine verschiedene, weshalb auch Sancho den Akzent stets auf das „Ansehen" legt. Die „Verständigung" wird damit vollzogen, daß diese neue Philosophie des Ansehens beim ganzen
1 [auf der] Gerichtskanzlei
Verein zu Ansehen kommt. Diese Philosophie besteht darin, daß erstens jedes Verhältnis, sei es durch ökonomische Bedingungen oder durch direkten Zwang herbeigeführt, für ein Verhältnis der „Verständigung" angesehen wird; zweitens, daß man sich einbildet, alles Eigentum Andrer sei ihnen von uns überlassen und bleibe ihnen nur solange, bis wir die Gewalt haben, es ihnen zu nehmen, und bekommen wir diese Gewalt nie, tant mieux1; drittens, daß Sancho und sein Verein sich in der Theorie die gegenseitige Respektslosigkeit garantieren, während in der Praxis der Verein vermittelst des Stockes sich mit Sancho „verständigt", und endlich, daß diese „Verständigung" eine bloße Phrase ist, da Jeder weiß, daß die Andern sie nur mit dem geheimen Vorbehalt eingegangen sind, sie bei der nächsten Gelegenheit wieder umzustoßen. Ich sehe in Deinem Eigentum nicht das Deine, sondern das Meine; da jedes Ich dies tut, so sehen sie das Allgemeine darin, wobei wir denn bei der modprndeutschphilosophischen Interpretation des gewöhnlichen, besondern und ausschließlichen Privateigentums angelangt sind. Zu der Philosophie des Vereins über das Eigentum gehören u. a. auch noch folgende, aus dem System Sanchos hervorgehende Marotten: p.342, daß man durch die Respektslosigkeit im Verein Eigentum erwerben kann, p. 351, daß „Wir Alle im Vollen sitzen" und Ich „nur zuzulangen habe, so gut Ich kann" - während doch der ganze Verein zu den sieben magern Kühen Pharaonis gehört, und endlich, daß Sancho „Gedanken hegt", die „in seinem Buche stehen", was p. 374 in der unvergleichlichen an sich gerichteten, den drei Heineschen Oden an Schlegel[151] nachgemachten Ode besungen wird: „Du, der Du solche Gedanken, wie sie in Deinem Buche stehen, hegst - Unsinn!" Dies ist die Hymne, die Sancho vorläufig sich selbst dekretiert und worüber sich später der Verein mit ihm „verständigen" wird. Schließlich versteht es sich auch ohne „Verständigung", daß das Eigentum im außergewöhnlichen Verstände, von dem wir schon in der Phänomenologie sprachen, im Verein als „gangbares" und „kursierendes Eigentum" an Zahlungs Statt angenommen wird. Über die einfachen Tatsachen, z.B., daß Ich Mitgefühl hege, daß Ich mit Andern spreche, daß Mir ein Bein amputiert (resp. ausgerissen) wird, wird der Verein sich dahin verständlichen, daß „das Gefühl der Fühlenden auch das Meinige, ein Eigentum ist", p. 387; daß auch fremde Ohren und Zungen Mein Eigentum sind; daß auch mechanische Verhältnisse Mein Eigentum sind. So wird das Akkaparement im Verein hauptsächlich darin bestehen, daß alle Verhältnisse vermöge einer leichten Paraphrase in Eigentumsverhältnisse verwandelt werden. Diese neue Ausdrucks
1 um so besser
weise schon jetzt grassierender „Übelstände" ist ein „wesentliches Mittel oder Vermögen" im Verein und wird das bei dem „sozialen Talente" Sanchos unvermeidliche Defizit an Lebensmitteln glücklich decken.
B. Vermögen
p. 216: „Werde Jeder von Euch ein allmächtiges Ich\u p. 353: „Denke auf die Vergrößerung Deines Vermögens!" p. 420: „Haltet auf den Wert Eurer Gaben", „Haltet sie im Preise", „Laßt Euch nicht zwingen, unter dem Preise loszuschlagen", „Laßt Euch nicht einreden, Eure Ware sei nicht preiswürdig", „Macht Euch nicht zum Gespötte durch einen Spottpreis", „Ahmt den Tapfern nach" etc.! p. 420: „Verwertet Euer Eigentum!" „Verwerte Dich!" Diese' Sittensprüchlein, die Sancho von einem andalusischen Schacherjuden gelernt hat, der seinem Sohne Lebens- und Handelsregeln gab, und die er jetzt aus seinem Schnappsack hervorlangt, bilden das Hauptvermögen des Vereins. Die Grundlage aller dieser Sätze ist der große Satz p. 351:
„Alles, was Du vermagst, ist Dein Vermögen." Dieser Satz hat entweder keinen, d. h. einen bloß tautologischen Sinn oder einen Unsinn. Tautologie ist er, wenn er heißt: Was Du vermagst, vermagst Du. Unsinn ist er, wenn das Vermögen Nr. 2 Vermögen „im gewöhnlichen Verstand", Handels vermögen, ausdrücken soll, und wenn also auf diese Etymologie basiert wird. Die Kollision besteht eben darin, daß meinem Vermögen etwas Anderes, als dies Vermögen leisten kann, zugemutet wird, z.B. von meinem Vermögen, Verse zu machen, verlangt wird, Geld aus diesen Versen zu machen. Man verlangt eben voq meinem Vermögen etwas ganz Anderes als das eigentümliche Produkt dieses besondern Vermögens, nämlich eiii von fremden, meinem Vermögen nicht unterworfenen Verhältnissen abhängiges Produkt. Diese Schwierigkeit soll im Verein durch etymologische Synonymik gelöst werden. Man sieht,wie unser egoistischer Schulmeister auf einen ansehnlichen Posten im Verein spekuliert. Übrigens ist diese Schwierigkeit nur scheinbar. Das gewöhnliche Kern- und Sittensprüchlein der Bourgeois: Anything is good to make money of1, wird hier in Sanchos feierlicher Manier breitgetreten.
1 Aus allem, was es auch sei, kann man Geld machen
C. Moral, Verkehr, Exploitationstheorie
p. 352. „Egoistisch verfahrt Ihr, wenn Ihr einander weder als Inhaber noch als Lumpe oder Arbeiter achtet, sondern als einen Teil Eures Vermögens, als brauchbare Subjekte. Dann werdet Ihr weder dem Inhaber, Eigentümer für seine Habe etwas geben, noch Dem, der arbeitet, sondern allein Dem, den Ihr braucht. Brauchen Wir einen König? fragen sich die Nordamerikaner und antworten: Nicht einen Heller ist er und seine Arbeit Uns wert." Dagegen wirft er p. 229 der „Bürgerperiode" vor: „Statt Mich zu nehmen, wie Ich bin, sieht man lediglich auf Mein Eigentum, Meine Eigenschaften, und schließt mit Mir einen ehelichen1 Bund, nur um Meines Besitztums willen. Man heiratet gleichsam, was Ich habe, nicht was Ich bin." D. h. also, man nimmt bloß Rücksicht auf das, was Ich für den Andern bin, auf Meine Brauchbarkeit, man behandelt Mich als brauchbares Subjekt. Sancho spuckt der„Bürgerperiode" in die Suppe; um sie im Verein ganz allein auszufressen. Wenn die Individuen der heutigen Gesellschaft einander als Inhaber, als Arbeiter, und, wenn Sancho will, als Lumpe achten, so heißt das ja weiter Nichts, als daß sie sich als brauchbare Subjekte behandeln, ein Faktum, das nur ein so unbrauchbares Individuum wie Sancho in Zweifel zu ziehen vermag. Der Kapitalist, der den Arbeiter „als Arbeiter achtet", nimmt nur deshalb Rücksicht auf ihn, weil er Arbeiter braucht; der Arbeiter macht es ebenso mit dem Kapitalisten; wie denn auch die Amerikaner nach Sanchos Meinung (er möge uns anzeigen, welcher Quelle er dies historische Faktum entnommen) deswegen keinen König brauchen, weil sie ihn nicht als Arbeiter brauchen. Sancho hat sein Beispiel wieder mit seinem gewöhnlichen Ungeschick gewählt, indem es gerade das Gegenteil von dem beweisen soll, was es wirklich beweist. p. 395. „Du bist für Mich Nichts als eine Speise, gleichwie auch Ich von Dir verspeiset und verbraucht werde. Wir haben zueinander nur Eine Beziehung: die der Brauchbarkeit, der Nutzbarkeit, des Nutzens." p. 416. „Es ist Keiner für Mich eine Respektsperson, auch der Mitmensch nicht, sondern lediglich wie andre Wesen" (!) „ein Gegenstand, für den Ich Teilnahme habe oder auch nicht, ein interessanter oder uninteressanter Gegenstand! ein brauchbares oder unbrauchbares Subjekt." Das Verhältnis der „Brauchbarkeit", welches im Verein die einzige Beziehung der Individuen aufeinander sein soll, wird sogleich wieder paraphrasiert in das gegenseitige „Verspeisen1. Die „vollendeten Christen" des Ver
1 Bei Stirner: ehrlichen
eins verzehren natürlich auch ein Abendmahl, nur nicht miteinander, sondern aneinander. Wie sehr diese Theorie der wechselseitigen Exploitation, die Bentham bis zum Überdruß ausführte, schon im Anfange dieses Jahrhunderts als eine Phase des vorigen aufgefaßt werden konnte, beweist Hegel in der „Phänomenologie". Siehe daselbst das Kapitel „Der Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben", wo die Brauchbarkeitstheorie als das letzte Resultat der Aufklärung dargestellt wird. Die scheinbare Albernheit, welche alle die mannigfaltigen Verhältnisse der Menschen zueinander in das Eine Verhältnis der Brauchbarkeit auflöst, diese scheinbar metaphysische Abstraktion geht daraus hervor, daß innerhalb der modernen bürgerlichen Gesellschaft alle Verhältnisse unter das Eine abstrakte Geld- und Schacherverhältnis praktisch subsumiert sind. Diese Theorie kam auf mit Hobbes und Locke, gleichzeitig mit der ersten und, zweiten englischen Revolution, den ersten Schlägen, wodurch die Bourgeoisie sich politische Macht eroberte. Bei ökonomischen Schriftstellern ist sie natürlich schon früher stillschweigende Voraussetzung. Die eigentliche Wissenschaft dieser Nützlichkeitstheorie ist die Ökonomie; in den Physiokraten'-89-' erhält sie ihren wahren Inhalt, da diese zuerst die Ökonomie systematisch zusammenfassen. Schon bei Helvetius und Holbach findet sich eine Idealisierung dieser Lehre, die ganz der oppositionellen Stellung der französischen Bourgeoisie vor der Revolution entspricht. Bei Holbach wird alle Betätigung der Individuen durch ihren gegenseitigen Verkehr als Nützlichkeits- und Benutzungsverhältnis dargestellt, z.B. Sprechen, Lieben etc. Die wirklichen Verhältnisse, die hier vorausgesetzt werden, sind also Sprechen, Lieben, bestimmte Betätigungen bestimmter Eigenschaften der Individuen. Diese Verhältnisse sollen nun nicht die ihnen eigentümliche Bedeutung haben, sondern der Ausdruck und die Darstellung eines dritten, ihnen untergeschobenen Verhältnisses sein, des Nützlichkeits- oder Benutzungsüerhältnisses. Diese Umschreibung hört erst dann auf, sinnlos und willkürlich zu sein, sobald jene Verhältnisse den Individuen nicht ihrer selbst wegen gelten, nicht als Selbstbetätigung, sondern vielmehr als Verkleidungen keineswegs der Kategorie Benutzung, sondern eines wirklichen dritten Zwecks und Verhältnisses, welches Nützlichkeits Verhältnis heißt. Die Maskerade in der Sprache hat nur dann einen Sinn, wenn sie der unbewußte oder bewußte Ausdruck einer wirklichen Maskerade ist. In diesem Falle hat das Nützlichkeitsverhältnis einen ganz bestimmten Sinn, nämlich den, daß ich mir dadurch nütze, daß ich einem Andern Abbruch tue(exploitation de l'homme par Thomme1); in diesem Falle ist ferner der Nutzen, den ich 1 Ausbeutung des Menschen durch den Menschen
aus einem Verhältnisse ziehe, diesem Verhältnisse überhaupt fremd, wie wir oben beim Vermögen sahen, daß von jedem Vermögen ein ihm fremdes Produkt verlangt-wird, eine Beziehung, die durch die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmt ist - und diese ist eben die Nützlichkeitsbeziehung. Dies Alles ist wirklich bei dem Bourgeois der Fall. Ihm gilt nur ein Verhältnis um seiner selbst willen, das ExploitationsVerhältnis; alle andern Verhältnisse gelten ihm nur so weit, als er sie unter dies eine Verhältnis subsumieren kann, und selbst wo ihm Verhältnisse vorkommen, die sich dem Exploitationsver* hältnis nicht direkt unterordnen lassen, subordiniert er sie ihm wenigstens in der Illusion. Der materielle Ausdruck dieses Nutzens ist das Geld, der Repräsentant der Werte aller Dinge, Menschen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Im Übrigen sieht man auf den ersten Blick, daß aus den wirklichen Verkehrsbeziehungen, in denen ich zu andern Menschen stehe, keineswegs aber aus Reflexion und bloßem Willen, erst die Kategorie „Benutzen" abstrahiert wird und dann umgekehrt jene Verhältnisse für die Wirklichkeit dieser aus ihnen selbst abstrahierten Kategorie ausgegeben werden, eine ganz spekulative Methode zu verfahren. Ganz in derselben Weise und mit demselben Rechte hat Hegel alle Verhältnisse als Verhältnisse des objektiven Geistes dargestellt. Holbachs Theorie ist also die historisch berechtigte, philosophische Illusion über die eben in Frankreich aufkommende Bourgeoisie, deren Exploitationslust noch ausgelegt werden konnte als Lust an der vollen Entwicklung der Individuen in einem von den alten feudalen Banden befreiten Verkehr. Die Befreiung auf dem Standpunkte der Bourgeoisie, die Konkurrenz, war allerdings für das achtzehnte Jahrhundert die einzig mögliche Weise, den Individuen eine neue Laufbahn freierer Entwicklung zu eröffnen. Die theoretische Proklamation des dieser Bourgeoispraxis entsprechenden Bewußtseins, des Bewußtseins der wechselseitigen Exploitation als des allgemeinen Verhältnisses aller Individuen zueinander, war ebenfalls ein kühner und offner Fortschritt, eine profanierende Aufklärung über die politische, patriarchalische, religiöse und gemütliche Verbrämung der Exploitation unter der Feudalität; eine Verbrämung, die der damaligen Form der Exploitation entsprach und namentlich von den Schriftstellern der absoluten Monarchie systematisiert worden war. Selbst wenn Sancho in seinem „Buche" dasselbe getan hätte, was Helvetius und Holbach im vorigen Jahrhundert taten, so wäre der Anachronismus immer noch lächerlich. Aber wir sahen, wie er [a]n die Stelle des tätigen Bourgeoisegoismus einen rodomontierenden, mit sich ei[ni]gen Egoismus setzte. Sein einziges Ver[die]nst hat er wider seinen Willen und ohne es zu wissen: das Verdienst, der Ausdruck der deutschen Kleinbürger von heute zu
sein, die danach trachten, Bourgeois zu werden. Eis war ganz in der Ordnung, daß, so kleinlich, zaghaft und befangen diese Bürger praktisch auftreten, ebenso marktschreierisch, bramarbasierend und vorwitzig „der Einzige" unter ihren philosophischen Repräsentanten in die Welt hinaus renommierte; es paßt ganz zu den Verhältnissen dieser Bürger, daß sie von ihrem theoretischen Maulhelden Nichts wissen wollen und er Nichts von ihnen weiß, daß sie miteinander uneinig sind und er den mit sich einigen Egoismus predigen muß; Sancho sieht jetzt vielleicht, durch welche Nabelschnur sein „Verein" mit dem Zollverein^1521 zusammenhängt. Die Fortschritte der Nützlichkeits- und Exploitationstheorie, ihre verschiedenen Phasen hängen genau zusammen mit den verschiedenen Entwicklungsepochen der Bourgeoisie. Bei Helvetius und Holbach war sie dem wirklichen Inhalt nach nie weit darüber hinausgekommen, die Ausdrucksweise der Schriftsteller aus der Zeit der absoluten Monarchie zu umschreiben. Es war eine andere Ausdrucksweise, mehr der Wunsch, alle Verhältnisse auf das Exploitationsverhältnis zurückzuführen, den Verkehr aus den materiellen Bedürfnissen und den Weisen ihrer Befriedigung zu erklären, als die Tat selbst. Die Aufgabe war gestellt. Hobbes und Locke hatten sowohl die frühere Entwicklung der holländischen Bourgeoisie (sie lebten Beide eine Zeitlang in Holland) wie die ersten politischen Aktionen, durch welche die Bourgeoisie in England aus der lokalen und provinziellen Beschränkung heraustrat, und eine schon relativ entwickelte Stufe der Manufaktur, des Seehandels und der Kolonisation vor Augen: besonders Locke, der gleichzeitig mit der ersten Periode der englischen Ökonomie, mit dem Entstehen der Aktiengesellschaften, der englischen Bank und der Seeherrschaft Englands schrieb. Bei ihnen, und namentlich bei Locke, ist die Exploitationstheorie noch unmittelbar mit ökonomischem Inhalt verbunden. Helvetius und Holbach hatten außer der englischen Theorie und der bisherigen Entwicklung der holländischen und englischen Bourgeoisie die um ihre freie Entfaltung noch kämpfende französische Bourgeoisie vor sich. Der allgemeine kommerzielle Geist des achtzehnten Jahrhunderts hatte namentlich in Frankreich in der Form der Spekulation alle Klassen ergriffen. Die Finanzverlegenheiten der Regierung und die daraus entspringenden Debatten über die Besteuerung beschäftigten schon damals ganz Frankreich. Dazu kam, daß Paris im achtzehnten Jahrhundert die einzige Weltstadt war, die einzige Stadt, in welcher ein persönlicher Verkehr von Individuen aller Nationen stattfand. Diese Prämissen, zusammen mit dem universelleren Charakter der Franzosen überhaupt, gaben der Theorie Von Helvetius und Holbach die eigentümliche allgemeine Färbung, nahmen ihr aber zugleich
den noch bei den Engländern vorfindlichen positiven ökonomischen Inhalt. Die Theorie, die bei den Engländern noch einfache Konstatierung1 einer Tatsache war, wird bei den Franzosen zu einem philosophischen System. Diese des positiven Inhalts beraubte Allgemeinheit, wie sie in Helvetius und Holbach hervortritt, ist wesentlich verschieden von der inhaltsvollen Totalität, die erst bei Bentham und Mill sich findet. Die erstere entspricht der kämpfenden, noch unentwickelten Bourgeoisie, die zweite der herrschenden, entwickelten. Der von Helvetius und Holbach vernachlässigte Inhalt der Exploitationstheorie wurde gleichzeitig mit Letzterem von den Physiokraten entwickelt und systematisiert; da ihnen aber die unentwickelten ökonomischen Verhältnisse Frankreichs zugrunde lagen, wo der den Grundbesitz zur Hauptsache machende Feudalismus noch ungebrochen war, so blieben sie insofern in der feudalistischen Anschauungsweise befangen, daß sie den Grundbesitz und die Agrikulturarbeit für diejenige [Produktivkraft] erklärten, welche die ganze Gestaltung der Gesellschaft bedingt. Die weitere Entwicklung der Exploitationstheorie ging in England durch Godwin, besonders aber durch Bentham vor sich, der den von den Franzosen vernachlässigten ökonomischen Inhalt nach und nach wieder hereinnahm, je weiter sich die Bourgeoisie, sowohl in England wie in Frankreich, durchsetzte. Godwins „Political Justice" wurde während der Schreckensperiode, die Hauptwerke Benthams während und seit der französischen Revolution und der Entwicklung der großen Industrie in England geschrieben. Die vollständige Vereinigung der Nützlichkeitstheorie mit der Ökonomie finden wir endlich bei Mill. Die Ökonomie, die früher entweder von Finanzmännern, Bankiers und Kaufleuten, also überhaupt von Leuten, die unmittelbar mit ökonomischen Verhältnissen zu tun hatten, oder von allgemein gebildeten Männern wie Hobbes, Locke, Hume behandelt wurde, für die sie als ein Zweig des enzyklopädischen Wissens Bedeutung hatte - die Ökonomie wurde erst durch die Physiokraten zu einer besondern Wissenschaft erhoben und seit ihnen als eine solche behandelt. Als besondere Fachwissenschaft nahm sie die übrigen, politischen, juristischen etc. Verhältnisse so weit in sich auf, daß sie diese Verhältnisse auf ökonomische reduzierte. Sie hielt aber diese Subsumtion aller Verhältnisse unter sich nur für eine Seite dieser Verhältnisse und ließ ihnen damit im Übrigen auch eine selbständige Bedeutung außer der Ökonomie. Die vollständige Subsumtion aller existierenden Verhältnisse unter das Nütz
1 MEGA: bei den Engländern einfache Konstatierung
lichkeitsverhältnis, die unbedingte Erhebung dieses Nützlichkeitsverhältnisses zum einzigen Inhalt aller übrigen, finden wir erst bei Bentham, wo nach der französischen Revolution und der Entwicklung der großen Industrie die Bourgeoisie nicht mehr als eine besondre Klasse, sondern als die Klasse auftritt, deren Bedingungen die Bedingungen der ganzen Gesellschaft sind. Nachdem die sentimentalen und moralischen Paraphrasen, die bei den Franzosen den ganzen Inhalt der Nützlichkeitstheorie bildeten, erschöpft waren, blieb für eine1 fernere Ausbildung dieser Theorie nur noch die Frage übrig, wie die Individuen und Verhältnisse zu benutzen, zu exploitieren seien. Die Antwort auf diese Frage war inzwischen in der Ökonomie schon gegeben worden; der einzig mögliche Fortschritt lag in dem Hereinnehmen des ökonomischen Inhalts. Bentham vollzog diesen Fortschritt. In der Ökonomie aber war es schon ausgesprochen, daß die hauptsächlichen Verhältnisse der Exploitation unabhängig von dem Willen der Einzelnen durch die Produktion im Ganzen und Großen bestimmt und von den einzelnen Individuen fertig vorgefunden werden. Es blieb also für die Nützlichkeitstheorie kein anderes Feld der Spekulation als die Stellung der Einzelnen zu diesen großen Verhältnissen, die Privat-Exploitation einer vorgefundenen Welt durch die einzelnen Individuen. Hierüber hat Bentham und seine Schule lange moralische Reflexionen angestellt. Die ganze Kritik der bestehenden Welt durch die Nützlichkeitstheorie erhielt hierdurch ebenfalls einen beschränkten Gesichtskreis. In den Bedingungen der Bourgeoisie befangen, blieben ihr zur Kritik nur diejenigen Verhältnisse, die aus einer früheren Epoche überkommen waren und der Entwicklung der Bourgeoisie im Wege standen. Die Nützlichkeitstheorie entwickelt daher allerdings den Zusammenhang sämtlicher bestehenden Verhältnisse mit ökonomischen, aber nur auf eine beschränkte Weise. Die Nützlichkeitstheorie hatte von vornherein den Charakter der Gemeinnützlichkeitstheorie; dieser Charakter wurde jedoch erst inhaltsvoll mit dem Hereinnehmen der ökonomischen Verhältnisse, speziell der Teilung der Arbeit und des Austausches. In der Teilung der Arbeit wird die Privattätigkeit des Einzelnen gemeinnützlich; die Gemeinnützlichkeit Benthams reduziert sich auf dieselbe Gemeinnützlichkeit, die überhaupt in der Konkurrenz geltend gemacht wird. Durch das Hereinziehen der ökonomischen Verhältnisse von Grundrente, Profit und Arbeitslohn kamen die bestimmten Exploitationsverhältnisse der einzelnen Klassen herein, da die Art der Exploitation von der Lebensstellung des Exploitierenden abhängt. Bis hieher konnte die
1 MEGA: für die
Nützlichkeitstheorie sich an bestimmte gesellschaftliche Tatsachen anschließen; ihr weiteres Eingehen auf die Art der Exploitation verläuft sich in Katechismusphrasen. Der ökonomische Inhalt verwandelte1 die Nützlichkeitstheorie allmählich in eine bloße Apologie des Bestehenden2, in den Nachweis, daß unter den existierenden Bedingungen die jetzigen Verhältnisse der Menschen zueinander die vorteilhaftesten und gemeinnützlichsten seien. Diesen Charakter trägt sie bei allen neueren Ökonomen. Während so die Nützlichkeitstheorie wenigstens den Vorzug hatte, den Zusammenhang aller bestehenden Verhältnisse mit den ökonomischen Grundlagen der Gesellschaft anzudeuten, hat sie bei Sancho allen positiven Inhalt verloren, abstrahiert von allen wirklichen Verhältnissen und beschränkt sich auf die bloße Illusion des einzelnen Bürgers über seine „Gescheitheit", mit der er die Welt zu exploitieren glaubt. Übrigens läßt sich Sancho nur an sehr wenigen Stellen auf die Nützlichkeitstheorie selbst in dieser verdünnten Gestalt ein; der mit sich einige Egoismus, d. h. die Illusion über diese Illusion des Kleinbürgers, erfüllt fast das ganze „Buch", wie wir gesehen haben. Und selbst diese wenigen Stellen löst Sancho schließlich, wie sich zeigen wird, in blauen Dunst auf. D. Religion „In dieser Gemeinsamkeit" (sc. mit andern Leuten) „sehe Ich durchaus nichts Anderes als eine Multiplikation Meiner Macht, und nur solange sie Meine vervielfachte Kraft ist, behalte Ich sie bei." p. 416. „ Ich demütige Mich vor keiner Macht mehr und erkenne, daß alle Mächte nur Meine Macht sind, die Ich sogleich zu unterwerfen habe, wenn sie eine Macht gegen oder über Mich zu werden drohen; jede derselben darf mir eins Meiner Mittel sein, Mich durchzusetzen." Ich „sehe an", ich „erkenne", ich „habe zu unterwerfen", die Macht« darf nur eins Meiner Mittel sein". Was diese moralischen Forderungen zu bedeuten haben und wie sehr sie der Wirklichkeit entsprechen, hat sich uns beim „Verein" selbst gezeigt. Mit dieser Illusion von seiner Macht hängt denn auch genau die andre zusammen, daß im Verein „die Substanz" (siehe „Humaner Liberalismus") vernichtet wird und die Verhältnisse der Vereinsglieder nie eine feste Gestalt gegenüber den einzelnen Individuen gewinnen. „Der Verein, die Vereinigung, diese stets flüssige Vereinigung Alles Bestandes ... Allerdings entsteht auch durch Verein eine Gesellschaft, aber nur, wie durch einen Gedanken eine fixe Idee entsteht... Hat sich ein Verein zur Gesellschaft kristallisiert, so hat er aufgehört, eine Vereinigung zu sein; denn Vereinigung ist ein unaufhörliches
1 MEGA: verwandelt - 2 MEGA: der Bestehenden
Sich-Vereinigen; er ist zu einem Vereinigtsein geworden, der Leichnam des Vereins oder der Vereinigung - Gesellschaft ... Den Verein hält weder ein natürliches noch ein geistiges Band zusammen." p. 294, 408, 416. Was das „natürliche Band" anbetrifft, so existiert das trotz Sanchos „Widerwillen" in der Fronbauerwirtschaft und Organisation der Arbeit etc. im Verein, ebenso das „geistige Band" in der Sanchoschen Philosophie. Im Übrigen brauchen wir nur auf das zu verweisen, was wir mehrmals und noch beim Verein über die auf der Teilung der Arbeit beruhende Verselbständigung der Verhältnisse gegenüber den Individuen gesagt haben. „Kurz, die Gesellschaft ist heilig, der Verein ist Dein eigen: die Gesellschaft verbraucht Dich, den Verein verbrauchst Du" usw. p. 418.
E. Nachträgliches zum Verein Während wir bisher keine andre Möglichkeit sahen, in den „Verein" zu kommen, als durch die Empörung, erfahren wir jetzt aus dem Kommentar, daß der „Verein von Egoisten" bereits „zu Hunderttausenden" von Exemplaren existiert als eine Seite der bestehenden bürgerlichen Gesellschaft und uns auch ohne alle Empörung und jeden „Stirner" zugänglich ist. Sancho zeigt uns dann „solche Vereine im Leben. Faust befindet sich mitten in solchen Vereinen, als er ausruft: Hier bin ich Mensch" (!), „hier darf ich's sein^1531 - Goethe gibt's hier sogar schwarz auf weiß" („aber Humanus heißt der Heilige, s. Goethe"^154^, vgl. „das Buch") ... „Sähe Heß das wirkliche Leben aufmerksam an, so würde er Hunderttausende von solchen teils schnell vorübergehenden, teils dauernden egoistischen Vereinen vor Augen haben." Sancho läßt dann vor Heß' Fenster „Kinder" zum Spiele zusammenlaufen, „ein paar gute Bekannte" ihn ins Wirtshaus abnehmen und ihn mit seiner „Geliebten" sich vereinigen. „Freilich wird Heß es diesen trivialen Beispielen nicht ansehen, wie inhaltsschwer und wie himmelweit verschieden sie von den heiligen Gesellschaften, ja von der brüderlichen, menschlichen Gesellschaft der heiligen Sozialisten sind." (Sancho contra Heß, Wigand, p. 193, 194.) Ebenso ist schon p. 305 „des Buchs" „die Vereinigung zu materiellen Zwecken und Interessen" als freiwilliger Verein von Egoisten zu Gnaden angenommen worden. Der Verein reduziert sich hier also einerseits auf die Bourgeoisassoziationen und Aktiengesellschaften, andererseits auf die Bürgerressourcen1, 1 Name geselliger Vereine
Picknicks usw. Daß die ersteren ganz der gegenwärtigen Epoche angehören, ist bekannt, und daß die letzteren nicht minder, ist ebenfalls bekannt. Sancho möge sich die „Vereine" einer früheren Epoche, etwa der Feudalzeit, oder die anderer Nationen, etwa die der Italiener, Engländer etc. bis auf die Kinder herab, ansehen, um den Unterschied kennenzulernen. Er bestätigt durch diese neue Interpretation des Vereins nur seinen eingerosteten Konservatismus. Sancho, der die ganze bürgerliche Gesellschaft in sein vorgebliches neues Institut aufnahm, soweit sie ihm angenehm war, Sancho beteuert hier nachträglich nur, daß man in seinem Verein sich auch amüsieren, und zwar ganz in hergebrachter Weise amüsieren wird. Welche unabhängig von ihm existierenden Verhältnisse ihn in den Stand oder außer Stand setzen, „ein paar gute Bekannte in ein Weinhaus zu begleiten", daran denkt unser Bonhomme natürlich nicht. Die hier nach Berliner Hörensagen verstirnerte Idee, die ganze Gesellschaft in freiwillige Gruppen aufzulösen, gehört Fourier an.11551 Aber bei Fourier hat diese Anschauung eine totale Umgestaltung der Gesellschaft zur Voraussetzung und basiert auf der Kritik der bestehenden, von Sancho so bewunderten „Vereine" und ihrer ganzen Langweiligkeit. Fourier schildert diese Erheiterungsversuche von heute im Zusammenhange mit den bestehenden Produktions- und Verkehrsverhältnissen und polemisiert gegen sie; Sancho, weit entfernt, sie zu kritisieren, will sie mit Haut und Haaren in sein neues Beglückungsinstitut der „Verständigung" verpflanzen und beweist dadurch nur noch einmal, wie sehr er in der bestehenden bürgerlichen Gesellschaft befangen ist. Schließlich hält Sancho noch" folgende oratio pro domo1, d. h. für den „Verein": „Ist ein Verein, in welchem sich die Meisten um ihre natürlichsten und offenbarsten Interessen prellen lassen, ein Verein von Egoisten? Haben sich da Egoisten vereint, wo Einer des Andern Sldav oder Leibeigner ist? ... Gesellschaften, in welchen die Bedürfnisse der Einen auf Kosten der Andern befriedigt werden, in denen z.B. die Einen das Bedürfnis der Ruhe dadurch befriedigen können, daß die Andern bis zur Erschlaffung arbeiten müssen ... Heß ... identifiziert... diese seine .egoistischen Vereine* mit dem Stimerschen Verein von Egoisten." [Wigand,] p. 192. 193. Sancho spricht also den frommen Wunsch aus, daß in seinem auf der gegenseitigen Exploitation beruhenden Verein alle Mitglieder gleich mächtig, pfiffig etc. etc. sein möchten, damit Jeder die Andern gerade soweit exploitiert, als er von ihnen exploitiert wird, und damit Keiner um seine „natürlichsten
1 wörtlich: Rede für das eigene Haus; hier: im eigenen Interesse
und offenbarsten Interessen" „geprellt" wird oder seine „Bedürfnisse auf Kosten der Andern befriedigen" kann. Wir bemerken hier, daß Sancho „natürliche und offenbare Interessen" und „Bedürfnisse" Aller - also gleiche Interessen und Bedürfnisse anerkennt. Wir erinnern uns ferner zugleich der p. 456 des Buchs, wonach „die Übervorteilung" ein „vom Zunftgeist eingepredigter moralischer Gedanke" ist, und einem Menschen, der eine „weise Erziehung" genossen hat, bleibt sie „fixe Idee, gegen die keine Gedankenfreiheit schützt". Sancho „hat seine Gedanken von oben und bleibt dabei", (ibid.) Diese gleiche Macht Aller ist nach seiner Forderung, daß Jeder „allmächtig", d. h., daß Alle gegeneinander ohnmächtig werden sollen, ein ganz konsequentes Postulat und fällt zusammen mit dem gemütlichen Verlangen des Kleinbürgers nach einer Welt des Schachers, in der Jeder seinen Vorteil findet. Oder aber unser Heiliger setzt urplötzlich eine Gesellschaft voraus, in der Jeder seine Bedürfnisse ungehindert befriedigen kann, ohne dies „auf Kosten Andrer" zu tun, und in diesem Falle wird die Exploitationstheorie wieder zu einer sinnlosen Paraphrase für die wirklichen Verhältnisse der Individuen zueinander. Nachdem Sancho in seinem „Verein" die Andern „verzehrt" und verspeist und damit den Verkehr mit der Welt in den Verkehr mit sich verwandelt hat, geht er von diesem indirekten zum direkten Selbstgenuß über, indem er sich selber verspeist.
C. Mein Selbstgenuß Die Philosophie, welche das Genießen predigt, ist in Europa so alt wie die kyrenäische Schule1-1563. Wie im Altertum die Griechen, sind unter den Neueren die Franzosen die Matadore in dieser Philosophie, und zwar aus demselben Grunde, weil ihr Temperament und ihre Gesellschaft sie am meisten zum Genießen befähigte. Die Philosophie des Genusses war nie etwas andres als die geistreiche Sprache gewisser zum Genuß privilegierter gesellschaftlicher Kreise. Abgesehen davon, daß die Weise und der Inhalt ihres Genießens stets durch die ganze Gestalt der übrigen Gesellschaft bedingt war und an allen ihren Widersprüchen litt, wurde diese Philosophie zur reinen Phrase, sobald sie einen allgemeinen Charakter in Anspruch nahm und sich als die Lebensanschauung der Gesellschaft im Ganzen proklamierte. Sie sank hier herab zur erbaulichen Moralpredigt, zur sophistischen Beschönigung der vorhandenen Gesellschaft, oder sie schlug in ihr Gegenteil um, indem sie eine unfreiwillige Askese für Genuß erklärte. Die Philosophie des Genusses kam auf in der neueren Zeit mit dem Untergange der Feudalität und der Umwandlung des feudalen Landadels in den
lebenslustigen und verschwenderischen Hofadel unter der absoluten Monarchie. Bei diesem Adel hat sie noch mehr die Gestalt unmittelbarer naiver Lebensanschauung, die ihren Ausdruck in Memoiren, Gedichten, Romanen pp. erhält. Zur eigentlichen Philosophie wird sie erst unter den Händen einiger Schriftsteller der revolutionären Bourgeoisie, die einerseits an der Bildung und Lebensweise des Hofadels teilnahmen und andererseits die auf den allgemeineren Bedingungen der Bourgeoisie beruhende allgemeinere Anschauungsweise dieser Klasse teilten. Sie wurde deshalb von beiden Klassen, obwohl von ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus, akzeptiert. War beim Adel diese Sprache noch ganz auf den Stand und die Lebensbedingungen des Standes beschränkt, so wurde sie von der Bourgeoisie verallgemeinert und an jedes Individuum ohne Unterschied gerichtet, so daß von den Lebensbedingungen dieser Individuen abstrahiert und die Genußtheorie dadurch in eine fade und heuchlerische Moraldoktrin verwandelt wurde. Als die weitere Entwicklung den Adel gestürzt und die Bourgeoisie mit ihrem Gegensatz, dem Proletariat, in Konflikt gebracht hatte, wurde der Adel devot-religiös und die Bourgeoisie feierlich-moralisch und streng in ihren Theorien, oder verfiel in die oben angedeutete Heuchelei, obwohl der Adel in der Praxis keineswegs aufs Genießen verzichtete und der Genuß bei der Bourgeoisie sogar eine offizielle ökonomische Form annahm - als Luxus* Der Zusammenhang des Genießens der Individuen jeder Zeit mit den Klassenverhältnissen und den sie erzeugenden Produktions- und Verkehrsbedingungen, in denen sie leben, die Borniertheit des bisherigen, außer dem wirklichen Lebensinhalt der Individuen und zu ihm in Gegensatz stehenden Genießens, der Zusammenhang jeder Philosophie des Genießens mit dem ihr vorliegenden wirklichen Genießen und die Heuchelei einer solchen Philosophie, die sich an alle Individuen ohne Unterschied richtet, konnte natürlich erst aufgedeckt werden, als die Produktions- und Verkehrsbedingungen der bisherigen Welt kritisiert werden konnten, d. h. als der Gegensatz zwi
* [Im Manuskript gestrichen:] Im Mittelalter waren die Genüsse vollständig klassifiziert; jeder Stand hatte seine besondern Genüsse und seine besondre Weise des Genießens. Der Adel war der zum ausschließlichen Genießen priviligierte Stand, während bei der Bourgeoisie schon die Spaltung zwischen Arbeit und Genuß existierte und der Genuß der Arbeit subordiniert war. Die Leibeignen, die ausschließlich zur Arbeit bestimmte Klasse, hatte nur höchst wenige und beschränkte Genüsse, die ihnen mehr zufällig kamen, von der Laune ihrer Herren und andern zufälligen Umständen abhingen und kaum in Betracht kommen können. - Unter der Herrschaft der Bourgeoisie nahmen die Genüsse ihre Form von den Klassen der Gesellschaft an. Die Genüsse der Bourgeoisie richten sich nach dem Material, was diese
sehen Bourgeoisie und Proletariat kommunistische und sozialistische Anschauungen erzeugt hatte. Damit war aller Moral, sei sie Moral der Askese oder des Genusses, der Stab gebrochen. Unser fader, moralischer Sancho glaubt natürlich, wie aus dem ganzen Buche hervorgeht, es komme nur auf eine andere Moral, auf eine ihm neu scheinende Lebensanschauung, auf das „Sich-aus-dem-Kopf-Schlagen" einiger „fixen Ideen" an, damit Alle ihres Lebens froh werden, das Leben genießen können. Das Kapitel vom Selbstgenuß könnte also höchstens unter einer neuen Etikette dieselben Phrasen und Sentenzen wiederbringen, die er schon so oft sich den „Selbstgenuß" machte, uns zu predigen. Das einzig Originelle darin beschränkt sich auch darauf, daß er allen Genuß verhimmelt und philosophisch verdeutscht, indem er ihm den Namen „Selbstgenuß" gibt. Wenn die französische Genußphilosophie des achtzehnten Jahrhunderts wenigstens ein vorhandenes heiteres und keckes Leben in geistreicher Form schilderte, so beschränkt sich Sanchos ganze Frivolität auf Ausdrücke wie „Verzehren", „Vertun", auf Bilder wie „das Licht" (soll heißen die Kerze) und auf naturwissenschaftliche Erinnerungen, die entweder auf belletristischen Unsinn, wie daß die Pflanze „Luft des Äthers einsaugt", daß „die Singvögel Käfer schlucken", oder auf Falsa auslaufen, z. B. daß eine Kerze sich selbst verbrennt. Dagegen genießen wir hier wieder den ganzen feierlichen Ernst gegen „das Heilige", von dem wir hören, daß es in seiner Gestalt als „Beruf - Bestimmung - Aufgabe", „Ideal", den Menschen bisher ihren Selbstgenuß versalzen hat. Ohne im übrigen auf die mehr oder weniger schmutzigen Formen einzugehen, in denen das Selbst im „Selbstgenuß" mehr als eine Phrase sein kann, müssen wir dem Leser nochmals die Machinationen Sanchos gegen das Heilige, mit den geringen Modulationen dieses Kapitels, in aller Kürze vorführen.
Klasse in ihren verschiednen Entwicklungsstufen produziert hatte, und nahmen von den Individuen sowie von der fortgesetzten Subordination des Genusses unter den Gelderwerb den langweiligen Charakter an, den sie noch jetzt haben. Die Genüsse des Proletariats erhielten einerseits durch die lange Arbeitszeit, die das Genußbedürfnis aufs Höchste steigerte, und andrerseits durch die qualitative und quantitative Beschränkung der dem Proletarier zugänglichen Genüsse, die gegenwärtige brutale Form. - Die Genüsse Aller bisherigen Stände und Klassen mußten überhaupt entweder kindisch, ermüdend oder brutal sein, weil sie immer von der gesamten Lebenstätigkeit, dem eigentlichen Inhalt des Lebens der Individuen getrennt waren, und sich mehr oder weniger darauf reduzierten, daß einer inhaltslosen Tätigkeit ein scheinbarer Inhalt gegeben wurde. Die Kritik dieser bisherigen Genüsse konnte natürlich erst dann stattfinden, als der Gegensatz zwischen Bourgeoisie und Proletariat so weit entwickelt war, daß auch die bisherige Produktions- und Verkehrsweise kritisiert werden konnte.
„Beruf, Bestimmung, Aufgabe, Ideal" sind, um dies kurz zu wiederholen, entweder 1. die Vorstellung von den revolutionären Aufgaben, die einer unterdrückten Klasse materiell vorgeschrieben sind; oder 2. bloße idealistische Paraphrasen oder auch entsprechender bewußter Ausdruck der durch die Teilung der Arbeit zu verschiedenen Geschäften verselbständigten Betätigungsweisen der Individuen; oder 3. der bewußte Ausdruck der Notwendigkeit, in der Individuen, Klassen, Nationen sich jeden Augenblick befinden, durch eine ganz bestimmte Tätigkeit ihre Stellung zu behaupten; oder 4. die in den Gesetzen, der Moral pp. ideell ausgedrückten Existenzbedingungen der herrschenden Klasse (bedingt durch die bisherige Entwicklung der Produktion), die von ihren Ideologen mit mehr oder weniger Bewußtsein theoretisch verselbständigt werden, in dem Bewußtsein der einzelnen Individuen dieser Klasse als Beruf pp. sich darstellen können und den Individuen der beherrschten Klasse als Lebensnorm entgegengehalten werden, teils als Beschönigung oder Bewußtsein der Herrschaft, teils als moralisches Mittel derselben. Hier, wie überhaupt bei den Ideologen, ist zu bemerken, daß sie die Sache notwendig auf den Kopf stellen und ihre Ideologie sowohl für die erzeugende Kraft wie für den Zweck aller gesellschaftlichen Verhältnisse ansehen, während sie nur ihr Ausdruck und Symptom ist. Von unsrem Sancho wissen wir, daß er den unverwüstlichsten Glauben an die Illusionen dieser Ideologen hat. Weil die Menschen sich je nach ihren verschiedenen Lebensverhältnissen verschiedne Vorstellungen von sich, d. h. dem Menschen machen, so glaubt Sancho, daß die verschiedenen Vorstellungen die verschiedenen Lebensverhältnisse gemacht und so die Engrosfabrikanten dieser Vorstellungen, die Ideologen, die Welt beherrscht haben. Vgl. p. 433.
„Die Denkenden herrschen in der Welt", „der Gedanke beherrscht die Welt"; „die Pfaffen oder Schulmeister" „setzen sich allerlei Zeug in den Kopf", „sie denken sich ein Menschenideal", wonach sich die Übrigen richten müssen (p. 442). Sancho kennt sogar ganz genau den Schluß, wonach die Menschen den Schulmeistergrillen unterworfen wurden und in ihrer Dummheit sich selbst unterwarfen:
„Weil es Mir" (dem Schulmeister) „denkbar ist, ist es den Menschen möglich, weil den Menschen möglich, so sollten sie es sein, so war es ihr Beruf; und endlich nur nach diesem Beruf, nur als Berufene hat man die Menschen zu nehmen. Und der weitere
26 Marx/Engels, Werke, Bd.3
Schluß? Nicht der Einzelne ist der Mensch, sondern ein Gedanke, ein Ideal ist der Mensch - Gattung - Menschheit." p. 441. Alle Kollisionen, in die die Menschen durch ihre wirklichen Lebensverhältnisse mit sich oder mit Andern geraten, erscheinen unsrem Schulmeister Sancho als Kollisionen, in die die Menschen mit Vorstellungen über das Leben „des Menschen" geraten, die sie entweder sich selbst in den Kopf gesetzt haben oder sich von Schulmeistern haben in den Kopf setzen lassen. Schlügen sie sich diese aus dem Kopf, „wie glücklich" könnten „diese armen Wesen leben", welche „Sprünge" dürften sie machen, während sie jetzt „nach der Pfeife der Schulmeister und Bärenführer tanzen" müssen! (p. 435.) (Der niedrigste dieser „Bärenführer" ist Sancho, da er nur sich selbst an der Nase herumführt.) Hätten z. B. die Menschen sich nicht fast immer und fast überall, in Ghina sowohl wie in Frankreich, in den Kopf gesetzt, daß sie an Übervölkerung1 litten, welch einen Überfluß an Lebensmitteln würden diese „armen Wesen" nicht alsbald vorgefunden haben. Sancho versucht hier, seine alte Historie von der Herrschaft des Heiligen in der Welt wieder anzubringen unter dem Vorwande einer Abhandlung über Möglichkeit und Wirklichkeit. Möglich heißt ihm nämlich Alles, was sich ein Schulmeister von mir in den Kopf setzt, wo Sancho dann leicht beweisen kann, daß diese Möglichkeit keine andre Wirklichkeit hat als in seinem Kopfe. Seine feierliche Behauptung, daß „sich der folgenreichste Mißverstand von Jahrtausenden hinter dem Wort möglich versteckt hielt" (p. 441), beweist hinlänglich, wie unmöglich es ihm ist, die Folgen seines reichlichen Mißverstandes von Jahrtausenden hinter Worten zu verstecken. Diese Abhandlung über „Zusammenfallen von Möglichkeit und Wirklichkeit" (p. 439), von dem, was die Menschen das Vermögen haben zu sein und von dem, was sie sind, welche in so guter Harmonie steht mit seinen bisherigen zudringlichen Ermahnungen, man solle sein Vermögen wirken lassen usw., führt ihn indes noch auf einige Abschweifungen über die materialistische Umstandstheorie, die wir sogleich näher würdigen werden. Vorher noch ein Beispiel seiner ideologischen Verdrehung, p. 428 identifiziert er die Frage, „wie man das Leben erwerben könne", mit der Frage, wie man „das wahre Ich" (oder auch „Leben") „in sich herzustellen" habe. Nach derselben p. [428] hört das „Bangen ums Leben" mit seiner neuen Moralphilosophie auf, und das „Vertun" desselben beginnt. Die wundertätige Kraft dieser seiner angeblich neuen Moralphilosophie spricht unser Salomo „sprechender" noch in folgendem Sprüchlein aus:
1MEGA: Überbevölkerung
„Sieh Dich als mächtiger an, als wofür man Dich ausgibt, so hast Du mehr Macht; sieh Dich als mehr an, so hast Du mehr." p. 483. Siehe oben im „Verein" Sanchos Manier, Eigentum zu erwerben. Nun zu seiner Umstandstheorie. „Einen Beruf hat der Mensch nicht, aber er hat Kräfte, die sich äußern, wo sie sind, weil ihr Sein ja einzig in ihrer Äußerung besteht, und sowenig untätig verharren können als das Leben ... Es gebraucht Jeder in Jedem Augenblick soviel Kraft, als er besitzt" („verwertet Euch, ahmt den Tapfern nach, werde Jeder von Euch ein allmächtiges Ich" usw. ging oben die Rede Sanchos). „... Die Kräfte lassen sich allerdings schärfen und vervielfältigen, besonders durch feindlichen Widerstand oder freundlichen Beistand; aber wo man ihre Anwendung vermißt, da kann man auch ihrer Abwesenheit gewiß sein. Man kann aus einem Steine Feuer schlagen, aber ohne den Schlag kommt keine» heraus; in gleicher Art bedarf auch ein Mensch des Anstoßes. Darum nun, weil Kräfte sich stets von selbst werktätig erweisen, wäre das Gebot, sie zu gebrauchen, überflüssig und sinnlos ... Kraft ist nur ein einfacheres Wort für Kraftäußerung." p. 436, 437. Der „mit sich einige Egoismus", der seine Kräfte oder Vermögen ganz nach Belieben wirken oder nicht wirken läßt und das jus utendi et abutendi1 auf sie appliziert, purzelt hier plötzlich und unerwartet zusammen. Die Kräfte wirken hier auf Einmal selbständig, ohne sich um das „Belieben" Sanchos zu kümmern, sobald sie vorhanden sind, sie wirken wie chemische oder mechanische Kräfte, unabhängig von dem Individuum, das sie besitzt. Wir erfahren ferner, daß eine Kraft nicht vorhanden ist, wenn man ihre Äußerung vermißt; was dadurch berichtigt wird, daß die Kraft eines Anstoßes bedarf, um sich zu äußern. Wie aber Sancho entscheiden will, ob bei mangelnder Kraftäußerung der Anstoß oder die Kraft fehlt, erfahren wir nicht. Dagegen belehrt uns unser einziger Naturforscher, daß „man aus einem Steine Feuer schlagen kann", ein Beispiel, das, wie immer bei Sancho, gar nicht unglücklicher gewählt werden konnte. Sancho glaubt als schlichter Dorfschulmeister, daß, wenn er Feuer schlägt, dies aus dem Stein kommt, wo es bisher verborgen lag. Jeder Quartaner wird ihm sagen können, daß bei dieser in allen zivilisierten Ländern längst vergessenen Methode des Feuermachens durch die Reibung von Stahl und Stein Partikelchen vom Stahl, nicht vom Stein, abgelöst werden, die durch ebendieselbe Reibung in Glühhitze geraten; daß also „das Feuer", was für Sancho nicht ein unter gewissen Hitzegraden stattfindendes Verhältnis gewisser Körper zu gewissen andern Körpern, speziell dem Sauerstoff, sondern ein selbständiges Ding, ein „Element", eine fixe Idee, „das Heilige" ist - daß dies Feuer weder aus dem Stein noch aus dem
1 Recht des Gebrauchens und Verbrauchens (auch: Mißbrauchens)
Stahl kommt. Sancho hätte ebensogut sagen können: Man kann aus Chlor gebleichte Leinwand machen, aber wenn der „Anstoß" fehlt, nämlich die ungebleichte Leinwand, so „kommt keine heraus". Bei dieser Gelegenheit wollen wir zu Sanchos „Selbstgenuß" ein früheres Faktum der „einzigen" Naturwissenschaft registrieren. In der Ode vom Verbrechen hieß es:
„Grollt es nicht in fernen Donnern, Und siehst Du nicht, wie der Himmel Ahnungsvoll schweigt und sich trübt?" (p. 319 „des Buchs".) Es donnert, und der Himmel schweigt. Sancho weiß also von einem andern Ort, wo es donnert, als am Himmel. Sancho bemerkt ferner das Schweigen des Himmels durch seinen Gesichtssinn, ein Kunststück, das ihm niemand nachmacht. Oder aber, Sancho hört das Donnern und sieht das Schweigen, wo beides gleichzeitig geschehen kann. Wir sahen, wie Sancho beim „Spuk" die Berge den „Geist der Erhabenheit" repräsentieren ließ. Hier repräsentiert ihm der schweigende Himmel den Geist der Ahnimg. Man sieht übrigens nicht ein, warum Sancho hier so sehr gegen „das Gebot, seine Kräfte zu gebrauchen", eifert. Dies Gebot kann ja möglicherweise der fehlende „Anstoß" sein, ein „Anstoß", der zwar bei einem Stein seine Wirkung verfehlt, dessen Wirksamkeit Sancho indes bei jedem exerzierenden Bataillon beobachten kann. Daß das „Gebot" selbst für seine geringen Kräfte ein „Anstoß" ist, geht ohnehin daraus hervor, daß es für ihn ein „Stein des Anstoßes" ist. Das Bewußtsein ist auch eine Kraft, die sich nach der Doktrin, die wir eben hörten, auch „stets von selbst werktätig erweist". Sancho müßte hiernach also nicht darauf ausgehen, das Bewußtsein zu ändern, sondern höchstens den „Anstoß", der auf das Bewußtsein wirkt; wonach Sancho sein ganzes Buch umsonst geschrieben hätte. Aber in diesem Falle hält er allerdings seine Moralpredigten und „Gebote" für einen hinreichenden „Anstoß." „Was Einer werden kann, das wird er auch. Ein geborner Dichter mag wohl durch die Ungunst der Umstände gehindert werden, auf der Höhe der Zeit zu stehen und nach den dazu unerläßlichen großen Studien große Kunstwerke zu schaffen; aber dichten wird er, sei er Ackerknecht oder so glücklich, am Weimarschen Hofe zu leben. Ein geborner Musiker wird Musik treiben, gleichviel ob auf allen Instrumenten" (diese Phantasie von „allen Instrumenten" hat ihm Proudhon geliefert. Sieh: „Der Kommunismus") „oder nur auf einem Haferrohr" (dem Schulmeister fallen natürlich wieder Virgils Eklogen ein). „Ein geborner philosophischer Kopf kann sich als Universitätsphilosoph oder als Dorfphilosoph bewähren. Endlich ein geborner Dummerjan wird immer ein vernagelter Kopf bleiben. Ja die gebornen beschränkten Köpfe bilden un
streitig die zahlreichste Menschenklasse. Warum sollten auch in der Menschengattung nicht dieselben Unterschiede hervortreten, welche in jeder Tiergattung unverkennbar sind?" p. 434. Sancho hat wieder sein Exempel mit dem gewöhnlichen Ungeschick gewählt. Angenommen seinen Unsinn von den gebornen Dichtern, Musikern, Philosophen, so beweist dies Exempel einerseits nur, daß ein geborner P.P. das bleibt, was er schon durch die Geburt ist, nämlich Dichter etc., und andererseits, daß der geborne P.P., soweit er wird, sich entwickelt, „durch die Ungunst der Umstände" dahin kommen kann, das nicht zu werden, was er werden konnte. Sein Exempel beweist also nach der einen Seite hin gar nichts, nach der andern das Gegenteil von dem, was es beweisen sollte, und nach beiden zusammen, daß Sancho, gleichviel ob durch Geburt oder Umstände, zu der „zahlreichsten Menschenklasse" gehört. Er teilt dafür mit ihr und seinem „Nagel" den Trost, daß er ein einziger „vernagelter Kopf" ist. Sancho erleidet hier das Abenteuer mit dem Zaubertrank, den Don Quijote aus Rosmarin, Wein, 01 und Salz gebraut hatte und wovon Cervantes am siebzehnten berichtet, daß Sancho danach zwei Stunden lang unter Schweiß und Verzückungen aus beiden Kanälen seines Leibes sich ergoß. Der materialistische Trank, den unser tapferer Schildknapp zu seinem Selbstgenuß eingenommen hat, entleert ihn seines ganzen Egoismus im außergewöhnlichen Verstände. Wir sahen oben, wie Sancho gegenüber dem „Anstoß" plötzlich alle Feierlichkeit verlor und auf seine „Vermögen" verzichtete, wie weiland die ägyptischen Zauberer gegenüber den Läusen Mosis; hier kommen nun zwei neue Anfälle von Kleinmütigkeit vor, in denen er auch vor „der Ungunst der Umstände" sich beugt und endlich sogar seine ursprüngliche physische Organisation für etwas anerkennt, das ohne sein Zutun verkrüppelt wird. Was bleibt unsrem bankerutten Egoisten nun noch übrig? Seine ursprüngliche Organisation steht nicht in seiner Hand; die „Umstände" und den1 „Anstoß", unter deren Einfluß diese Organisation sich entwickelt, kann er nicht kontrollieren; „wie er in jedem Augenblicke ist, ist er" nicht „sein Geschöpf", sondern das Geschöpf der Wechselwirkung zwischen seinen angebornen Anlagen und den auf sie einwirkenden Umständen - alles das konzediert Sancho. Unglücklicher „Schöpfer"! Unglücklichstes „Geschöpf"! Aber das größte Unglück kommt zuletzt. Sancho, nicht zufrieden damit, daß die tres mil azotes y trecientos en ambas sus valientes posaderas2 längst vollzählig sind, Sancho muß sich schließlich noch einen Hauptschlag da
1 MEGA: der — 2 dreitausenddreihundert Geißelhiebe auf seine mächtigen Sitzfleischhälften
durch versetzen, daß er sich als einen Gattimgsgläubigen proklamiert. Und welchen Gattungsgläubigen! Er schreibt der Gattung zuerst die Teilung der Arbeit zu, indem er sie für das Faktum verantwortlich macht, daß einige Leute Dichter, andre Musiker, andre Schulmeister sind; er schreibt ihr zweitens die existierenden physischen und intellektuellen Mängel der „zahlreichsten Menschenklasse" zu und macht sie dafür verantwortlich, daß unter der Herrschaft der Bourgeoisie die Mehrzahl der Individuen seines Gleichen sind. Nach seinen Ansichten über die gebornen beschränkten Köpfe müßte man sich die heutige Verbreitung der Skrofeln daraus erklären, daß „die Gattung" ein besonderes Vergnügen daran findet, die gebornen skrofulösen Konstitutionen „die zahlreichste Menschenklasse" bilden zu lassen. Über dergleichen Naivetäten waren sogar die gewöhnlichsten Materialisten und Mediziner hinaus, lange ehe der mit sich einige Egoist von der „Gattung", der „Ungunst der Umstände" und dem „Anstoß" den „Beruf" erhielt, vor dem deutschen Publikum zu debütieren. Wie Sancho bisher alle Verkrüppelung der Individuen und damit ihrer Verhältnisse aus den fixen Ideen der Schulmeister erklärte, ohne sich um die Entstehung dieser Ideen zu bekümmern, so erklärt er diese Verkrüppelung jetzt aus dem bloßen Naturprozeß der Erzeugung. Er denkt nicht im Entferntesten daran, daß die Entwicklungsfähigkeit der Kinder sich nach der Entwicklung der Eltern richtet und daß alle diese Verkrüppelungen unter den bisherigen gesellschaftlichen Verhältnissen historisch entstanden sind und ebensogut historisch wieder abgeschafft werden können. Selbst die naturwüchsigen Gattungsverschiedenheiten, wie Rassenunterschiede etc., von denen Sancho gar nicht spricht, können und müssen historisch beseitigt werden. Sancho, der bei dieser Gelegenheit einen verstohlenen Blick in die Zoologie wirft und dabei entdeckt, daß die „gebornen beschränkten Köpfe" nicht nur bei Schafen und Ochsen, sondern auch bei Polypen1 und Infusorien, die keine Köpfe haben, die zahlreichste Klasse bilden - Sancho hat vielleicht davon gehört, daß man auch Tierrassen veredeln und durch die Rassenkreuzung ganz neue, sowohl für den Genuß der Men1 sehen wie für ihren eignen Selbstgenuß vollkommnere Arten erzeugen kann. „Warum sollte nicht" Sancho hieraus einen Schluß auf die Menschen ziehen können? Bei dieser Gelegenheit wollen wir Sanchos „Wandlungen" über die Gattung „episodisch einlegen". Wir werden sehen, daß er sich zur Gattung geradeso stellt wie zum Heiligen; je mehr er gegen sie poltert, desto mehr glaubt er an sie.
1MEGA: bei den Polypen
Nr. I sahen wir schon, wie die Gattung die Teilung der Arbeit und die unter den bisherigen sozialen Umständen entstandenen Verkrüppelungen erzeugt, und zwar so, daß die Gattung samt ihren Produkten als etwas unter allen Umständen Unveränderliches, von der Kontrolle der Menschen Unabhängiges gefaßt wird. Nr. II. „Die Gattung ist bereits durch die Anlage realisiert; was Du hingegen aus dieser Anlage machst" (müßte nach Obigem heißen: was die„Umstände" aus ihr machen), „das ist die Realisation Deiner. Deine Hand ist vollkommen realisiert im Sinne der Gattung, sonst wäre sie nicht Hand, sondern etwa Tatze ... Du machst aus ihr Das, was und wie Du sie haben willst und machen kannst." p. 184, 185 Wigfand]. Hier wiederholt Sancho das unter Nr. I Gesagte in andrer Form. Wir haben also im Bisherigen gesehen, wie die Gattung unabhängig von der Kontrolle und der geschichtlichen Entwicklungsstufe der Individuen die sämtlichen physischen und geistigen Anlagen, das unmittelbare Dasein der Individuen und im Keim die Teilung der Arbeit in die Welt setzt. Nr. III. Die Gattung bleibt als „Anstoß", der nur der allgemeine Ausdruck für die „Umstände" ist, welche die Entwicklung des wieder von der Gattung erzeugten ursprünglichen Individuums bestimmen. Sie ist für Sancho hier ebendieselbe mysteriöse Macht, die die übrigen Bourgeois die Natur der Dinge nennen und der sie alle Verhältnisse auf die Schultern schieben, die von ihnen als Bourgeois unabhängig sind und deren Zusammenhang sie deshalb nicht verstehen. Nr. IV. Die Gattung als das „Menschenmögliche" und „menschliche Bedürfnis" bildet die Grundlage der Organisation der Arbeit im „Stirnerschen Verein", wo ebenfalls das Allen Mögliche und das Allen gemeinschaftliche Bedürfnis als Produkt der Gattung gefaßt werden. Nr. V. Wir haben gehört, welche Rolle die Verständigung im Verein spielt, p.462: „Kommt es darauf an, sich zu verständigen und mitzuteilen, so kann Ich allerdings nur von den menschlichen Mitteln Gebrauch machen, die Mir, weil Ich zugleich Mensch bin" (id est Exemplar der Gattung), „zu Gebote stehen." Hier also die Sprache als Produkt der Gattung. Daß Sancho deutsch und nicht französisch spricht, verdankt er keineswegs der Gattung, sondern den Umständen. Die Naturwüchsigkeit der Sprache ist übrigens in jeder modernen ausgebildeten Sprache, teils durch die Geschichte der Sprachentwicklung aus vorgefundenem Material, wie bei den romanischen und germanischen Sprachen, teils durch die Kreuzung und Mischung von Nationen, wie im Englischen, teils durch auf ökonomischer und politischer Konzentration beruhende Konzentration der Dialekte innerhalb einer Nation zur National
spräche aufgehoben. Daß die Individuen ihrerzeit auch dies Produkt der Gattung vollständig unter ihre Kontrolle nehmen werden, versteht sich von selbst. In dem Verein wird man die Sprache als solche sprechen, die heilige Sprache, die Sprache des Heiligen - Hebräisch, und zwar den aramäischen Dialekt11571, den das „beleibte Wesen" Christus sprach. Dies „fiel" uns hier „wider Erwarten" Sanchos ein, „und zwar lediglich, weil Uns dünkt, es könne zur Verdeutlichung des Übrigen beitragen". Nr. VI. p. 277, 278 erfahren wir, daß „die Gattung in Völker, Städte, Stände, allerlei Körperschaften", zuletzt „in die Familie" sich auftut und daher konsequent bis jetzt auch „Geschichte gespielt" hat. Hier wird also die ganze bisherige Geschichte bis auf die unglückliche Geschichte des Einzigen zum Produkt der „Gattung", und zwar aus dem zureichenden Grunde, weil man zuweilen diese Geschichte unter dem Namen Geschichte der Menschheit, i. e. der Gattung, zusammengefaßt hat. Nr. VII. Sancho hat in dem Bisherigen der Gattung mehr zugeteilt als je ein Sterblicher vor ihm und resümiert dies nun in dem Satz:
„Die Gattung ist Nichts ... die Gattung nur ein Gedachtes" (Geist, Gespenst pp.). P. 239. Schließlich hat es denn auch mit dem „Nichts" Sanchos, das mit dem „Gedachten" identisch ist, nichts auf sich, denn er selbst ist „das schöpferische Nichts", und die Gattung schafft, wie wir sahen, sehr viel, wobei sie also sehr gut „Nichts" sein kann. Überdem erzählt Sancho uns p. 456:
„Durch das Sein wird gar nichts gerechtfertigt; das Gedachte ist so gut wie das Nichtgedachte." Von p. 448 an spinnt Sancho ein 30 Seiten langes Garn ab, um „Feuer" aus dem Denken und der Kritik des mit sich einigen Egoisten zu schlagen. Wir haben schon zu viel Äußerungen seines Denkens und seiner Kritik erlebt, um dem Leser noch mit Sanchos Armenhaus-Gerstenbrühe einen „Anstoß" zu geben. Ein Löffel voll von dieser Brühe mag hinreichen.
„Glaubt Ihr, die Gedanken flögen so vogelfrei umher, daß sich Jeder welche holen dürfte, die er dann als sein unantastbares Eigentum gegen Mich geltend machte? Was umherfliegt, ist Alles - Mein." p. 457. Sancho begeht hier Jagdfrevel an gedachten Schnepfen. Wir haben gesehen, wie viele von den umherfliegenden Gedanken er sich eingefangen hat. Er wähnte sie erhaschen zu können, sobald er ihnen nur das Salz des Heiligen auf den Schwanz streute. Dieser ungeheure Widerspruch zwischen seinem wirklichen Eigentum an Gedanken und seiner Illusion darüber mag als klassi
sches und sinnfälliges Exempel seines ganzen Eigentums im außergewöhnlichen Verstände dienen. Eben dieser Kontrast bildet seinen Selbstgenuß.
6. Das hohe Lied Salomonis oder Der Einzige
Cessem do sabio Grego, e do Troiano, As navegafoes grandes que fizeram; Calle-se de Alexandro, e de Trajano A fama das victorias que tiveram
Cesse tudo o que a Musa antigua canta, Que outro valor mais alto se alevanta. E vos, Spreides minhas — Dai-me huma furia grande, e sonorosa, E nao de agreste avena, on frauta ruda; Mas de tuba canora, e bellicosa Que o peito accende, e o cor ao gesto muda,1 gebt mir, o Nymphen der Spree, ein Lied, wie es würdig ist der Helden, die an Eurem Ufer wider die Substanz und den Menschen kämpfen, ein Lied, das über alle Welt sich verbreitet und in allen Landen gesungen wird - denn es handelt sich hier um den Mann, der getan hat, Mais do que promettia a forga humana2, mehr als die bloß „menschliche" Kraft zu leisten vermag, um den Mann, der edificara Novo reino que tanto sublimära8,
1 Verstumme denn, was weiser Griechen Ahnen, was Trojas Söhn* auf weiter See vermocht; von Alexandem schweige, von Trajanen, der Ruf der Siege, die ihr Arm erfocht... Verstumme, was die Muse grauer Zeiten besang, vor andern, größern Herrlichkeiten! Und ihr, der Spree Jungfrauen ... Leiht mir Begeisterung, die mächtig schalle, nicht, wie von rauher Flöt' und w ildem Rohr, nein, von der Tuba stolzem Kriegeshalle, der Wangen rötet, Geister hebt empor ... 2 was niemals Menschenkraft vollbracht 3 ... errichtete ein neues Reich ... in ferner Zone
der ein neues Reich gestiftet hat unter entferntem Volk, nämlich den „Verein" - es handelt sich hier um den - tenro, e novo ramo florescente De huma arvore de Christo, mais amada1, um den zarten und jungen, blühenden Schößling eines von Christo vorzugsweise geliebten Baumes, der nicht weniger certissima esperan^a Do augmento da pequena Christiandade2, die gewisseste Hoffnung des Wachstums ist für die kleinmütige Christenheit - es handelt sich mit Einem Wort um etwas „Noch nie Dagewesenes", um den „Einzigen".* Alles, was sich in diesem noch nie dagewesenen hohen Liede vom Einzigen findet, ist bereits früher im „Buch" dagewesen. Bloß der Ordnung wegen erwähnen wir dies Kapitel; um dies mit Anstand tun zu können, haben wir uns einige Punkte bis jetzt aufgespart und werden andre kurz rekapitulieren. Das „Ich" Sanchos macht eine komplette Seelenwanderung durch. Wir fanden es schon als mit sich einigen Egoisten, als Fronbauer, als Gedankenhändler, als unglücklichen Konkurrenten, als Eigner, als Sklaven, dem ein Bein ausgerissen wird, als von der Wechselwirkung zwischen Geburt und Umständen in die Luft geprellten Sancho und in hundert andern Gestalten. Hier nimmt es Abschied als „ Unmensch"; unter derselben Devise, unter der es seinen Einzug ins Neue Testament hielt. „Wirklicher Mensch ist nur der - Unmensch." p. 232. Dies ist eine der Tausend und ein Gleichungen, in welche Sancho seine Legende vom Heiligen setzt. Der Begriff Mensch ist nicht wirklicher Mensch. Der Begriff Mensch = Der Mensch. Der Mensch = Nicht wirklicher Mensch. Wirklicher Mensch = Der Nicht-Mensch, = Der Unmensch. „Wirklicher Mensch ist nur der - Unmensch."
* Vgl. Camoes, „Lusiadas", 1, 1-7.
1 - zarten Sproß, am Baume neu entfaltet, dem Christus sich vor allen zugewandt 2 zum sichern Hoffnungsstern erkoren, daß wachse stets die kleine Christenheit
Sancho sucht sich die Harmlosigkeit dieses Satzes in folgenden Wendungen klarzumachen: „Mit dürren Worten zu sagen, was ein Unmensch sei, hält nicht eben schwer; es ist ein Mensch, [...] welcher dem Begriffe des Menschlichen nicht angemessen ist. Die Logik nennt dies ein widersinniges Urteil. Dürfte man wohl dies Urteil, daß einer Mensch sein könne, ohne Mensch zu sein, aussprechen, wenn man nicht die Hypothese gelten ließe, daß der Begriff des Menschen von der Existenz, das Wesen von der Erscheinung getrennt sein könne. Man sagt: Der erscheint zwar als Mensch, ist aber kein Mensch. Dies widersinnige Urteil haben die Menschen eine lange Reihe von Jahrhunderten hindurch gefällt, ja was noch mehr ist, in dieser langen Zeit gab es nur Unmenschen. Welcher Einzelne hätte je seinem Begriffe entsprochen?" p. 232. Die hier wieder zugrunde liegende Einbildung unsres Schulmeisters von dem Schulmeister, der sich ein Ideal „des Menschen" gemacht und dies den Übrigen „in den Kopf gesetzt" habe, ist der Grundtext „des Buches". Sancho nennt das eine Hypothese, daß Begriff und Existenz, Wesen und Erscheinung „des Menschen" getrennt sein können, als wenn er in den Worten selbst nicht schon die Möglichkeit der Trennung ausspräche. Sobald er Begriff sagt, sagt er etwas Unterschiedenes von der Existenz, sobald er Wesen sagt, sagt er etwas Unterschiedenes von der Erscheinung. Nicht diese Aussagen bringt er in Gegensatz, sondern sie sind die Aussagen eines Gegensatzes. Die einzige Frage wäre also gewesen, ob er etwas unter diese Gesichtspunkte rangieren dürfe; und um hierauf einzugehen, hätte Sancho sich die wirklichen Verhältnisse der Menschen, die in diesen metaphysischen Verhältnissen andre Namen erhalten haben, betrachten müssen. Im übrigen zeigen Sanchos eigne Abhandlungen über den mit sich einigen Egoisten und die Empörung, wie man diese Gesichtspunkte auseinanderfallen lassen, und über Eigenheit, Möglichkeit und Wirklichkeit im „Selbstgenuß", wie man sie zu gleicher Zeit zusammen- und auseinanderfallen lassen kann. Das widersinnige Urteil der Philosophen, daß der wirkliche Mensch nicht Mensch sei, ist nur innerhalb der Abstraktion der universellste, umfassendste Ausdruck des faktisch bestehenden universellen Widerspruchs zwischen den Verhältnissen und den Bedürfnissen der Menschen. Die widersinnige Form des abstrakten Satzes entspricht ganz der Widersinnigkeit der auf ihre höchste Spitze getriebenen Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft. Gerade wie Sanchos widersinniges Urteil über seine Umgebung: sie sind Egoisten und sind es nicht, dem faktischen Widerspruch entspricht zwischen dem Dasein der deutschen Kleinbürger und den ihnen durch die Verhältnisse aufgedrungenen und als fromme Wünsche und Gelüste in ihnen selbst hausenden Aufgaben. Übrigens haben die Philosophen die Menschen nicht darum für
unmenschlich erklärt, weil sie dem Begriff des Menschen nicht entsprachen, sondern weil ihr Begriff des Menschen nicht dem wahren Begriff des Menschen entsprach, oder weil sie nicht das wahre Bewußtsein vom Menschen hatten. Tout comme chez nous1 im „Buche", wo Sancho auch die Menschen nur deshalb für Nichtegoisten erklärt, weil sie nicht das wahre Bewußtsein vom Egoismus haben. Der durchaus harmlose Satz, daß die Vorstellung vom Menschen nicht wirklicher Mensch sei, daß die Vorstellung eines Dinges nicht das Ding selbst ist -dieser auch vom Stein und der Vorstellung des Steins geltende Satz, wonach Sancho sagen müßte, daß wirklicher Stein nur der Unstein ist, hätte wegen seiner enormen Trivialität und unbezweifelten Gewißheit keiner Erwähnung bedurft. Aber Sanchos bekannte Einbildung, daß die Menschen bisher nur durch die Herrschaft der Vorstellungen und Begriffe in allerlei Unglück gestürzt worden, macht es ihm möglich, an diesen Satz seine alten Folgerungen wieder anzuknüpfen. Sanchos alte Meinung, man habe sich nur einige Vorstellung[en] aus dem Kopf zu schlagen, um die Verhältnisse, aus denen diese Vorstellungen entstanden sind, aus der Welt zu schlagen, reproduziert sich hier in der Gestalt, daß man sich nur die Vorstellung Mensch aus dem Kopf zu schlagen habe, um die heute unmenschlich genannten wirklichen Verhältnisse zu vernichten, sei dies Prädikat „unmenschlich" nun das Urteil des im Widerspruch mit seinen Verhältnissen stehenden Individuums oder das Urteil der normalen, herrschenden Gesellschaft über die abnorme, beherrschte Klasse. Gerade wie ein aus seinem Salzwasser in den Kupfergraben^ versetzter Walfisch, wenn er Bewußtsein hätte, diese durch „Ungunst der Umstände" bewirkte Lage für unwalfischmäßig erklären würde, obwohl ihm Sancho demonstrieren könnte, sie sei schon deswegen walfischmäßig, weil sie seine, des Walfisches, Lage sei - geradeso urteilen die Menschen unter gewissen Umständen.
p. 185 wirft Sancho die große Frage auf: „Aber der Unntensch, der doch in jedem Einzelnen steckt, wie dämmt man den? Wie stellt man's an, daß man mit dem Menschen nicht zugleich den Unmenschen freiläßt? Der gesamte Liberalismus hat einen Todfeind, einen unüberwindlichen Gegensatz, wie Gott den Teufel: dem Menschen steht der Unmensch, der Egoist, der Einzelne, stets zur Seite. Staat, Gesellschaft, Menschheit bewältigen diesen Teufel nicht." „Und wenn tausend Jahre vollendet sind, wird der Satanas los werden aus seinem Gefängnis und wird ausgehen zu verführen die Heiden in den vier örtern der Erde, den Gog und Magog, sie zu versammeln in einem
1 ganz wie bei uns
Streit... Und sie traten auf die Breite der Erde und umringten das Heerlager des Heiligen und die geliebte Stadt." Offenbarung Johannis, 20, 7-9. Die Frage, wie Sancho sie selbst versteht, läuft wieder auf reinen Unsinn hinaus. Er bildet sich ein, die Menschen hätten sich bisher immer einen Begriff vom Menschen gemacht und sich dann so weit befreit, als nötig war, um diesen Begriff in sich zu verwirklichen; das jedesmalige Maß der Freiheit, das sie sich errungen, sei durch ihre jedesmalige Vorstellung vom Ideal des Menschen bestimmt worden; wobei denn nicht fehlen konnte, daß in jedem Individuum ein Rest zurückblieb, der diesem Ideal nicht entsprach und daher als „unmenschlich" nicht oder nur malgre eux1 befreit wurde. In der Wirklichkeit trug sich die Sache natürlich so zu, daß die Menschen sich jedesmal so weit befreiten, als nicht ihr Ideal vom Menschen, sondern die existierenden Produktivkräfte ihnen vorschrieben und erlaubten. Allen bisherigen Befreiungen lagen indes beschränkte Produktivkräfte zugrunde, deren für die ganze Gesellschaft unzureichende Produktion nur dann eine Entwicklung möglich machte, wenn die Einen auf Kosten der Andern ihre Bedürfnisse befriedigten und dadurch die Einen - die Minorität - das Monopol der Entwicklung erhielten, während die Andern - die Majorität - durch den fortgesetzten Kampf um die Befriedigung der notwendigsten Bedürfnisse einstweilen (d.h. bis zur Erzeugung neuer revolutionierender Produktivkräfte) von aller Entwicklung ausgeschlossen wurden. So hat sich die Gesellschaft bisher immer innerhalb eines Gegensatzes entwickelt, der bei den Alten der Gegensatz von Freien und Sklaven, im Mittelalter der vom Adel und Leibeignen, in der neueren Zeit der von Bourgeoisie und Proletariat ist. Hieraus erklärt sich einerseits die abnorme „unmenschliche" Weise, in der die beherrschte Klasse ihre Bedürfnisse befriedigt, und andererseits die Beschränkung, innerhalb deren der Verkehr und mit ihm die ganze herrschende Klasse sich entwickelt; so daß diese Beschränktheit der Entwicklung nicht nur in dem Ausschließen der einen Klasse, sondern auch in der Borniertheit der ausschließenden Klasse besteht und das „Unmenschliche" ebenfalls in der herrschenden Klasse vorkommt. Dies sogenannte „Unmenschliche" ist ebensogut ein Produkt der jetzigen Verhältnisse wie das „Menschliche"; es ist ihre negative Seite, die auf keiner neuen revolutionären Produktivki;aft beruhende Rebellion gegen die auf den bestehenden Produktivkräften beruhenden herrschenden Verhältnisse und die ihnen entsprechende Weise der Befriedigung der Bedürfnisse. Der positive Ausdruck „menschlich" entspricht den bestimmten, einer gewissen Produktionsstufe gemäß herrschenden
1 gegen ihren Willen
Verhältnissen und der durch sie bedingten Weise, die Bedürfnisse zu befriedigen, wie der negative Ausdruck „unmenschlich" dem durch dieselbe Produktionsstufe täglich neu hervorgerufenen Versuche entspricht, diese herrschenden Verhältnisse und die in ihnen herrschende Weise der Befriedigung innerhalb der existierenden Produktionsweise zu negieren. Solche weltgeschichtliche Kämpfe verlaufen sich für unsren Heiligen in eine bloße Kollision Sankt Brunos und „der Masse". Vgl. die ganze Kritik des humanen Liberalismus, namentlich p. 192 seqq. Unser einfältiger Sancho kommt also mit seinem einfältigen Sprüchlein über den Unmenschen und seinem Sich-aus-dem-Kopf-Schlagen des Menschen, womit auch der Unmensch verschwindet und kein Maß mehr für die Individuen existiert, schließlich zu folgendem Resultat. Er anerkennt die Verkrüpplung und Knechtung, der ein Individuum durch die bestehenden Verhältnisse physisch, intellektuell und sozial anheimgefallen ist, als die Individualität und Eigenheit dieses Individuums; er erkennt als ordinärer Konservateur diese Verhältnisse ruhig an, nachdem er sich dadurch von allem Kummer befreit hat, daß er sich die Vorstellung der Philosophen von diesen Verhältnissen aus dem Kopfe geschlagen hat. Wie er hier die dem Individuum aufgedrungene Zufälligkeit für seine Individualität erklärt, so abstrahierte er früher (vgl. Logik) bei seinem Ich nicht nur von aller Zufälligkeit, sondern auch überhaupt von aller Individualität. Dies sein „unmenschlich" großes Resultat besingt Sancho in folgendem Kyrie eleison, das er „dem Unmenschlichen" in den Mund legt:
„Ich war verächtlich, weil Ich Mein besseres Selbst außer Mir suchte; Ich war das Unmenschliche, weil Ich vom Menschlichen träumte; Ich glich den Frommen, die nach ihrem wahren Ich hungern und immer arme Sünder bleiben; Ich dachte Mich nur im Vergleich zu einem Andern; Ich war nicht Alles in Allem, war nicht - einzig. Jetzt aber höre Ich auf, Mir als das Unmenschliche vorzukommen; Höre auf, Mich am Menschen zu messen und messen zu lassen; Höre auf, etwas über Mir anzuerkennen Ich bin das Unmenschliche nur gewesen, bin es nicht mehr, bin das - Einzige!" Hallellujah! Ohne hier weiter darauf einzugehen, wie „das Unmenschliche", das sich, beiläufig gesagt, dadurch in den nötigen Humor versetzt hat, daß es „sich selbst und dem Kritiker" Sankt Bruno „den Rücken kehrt" - wie „das Unmenschliche" sich hier „vorkommt" oder nicht „vorkommt", notieren wir, daß das oder der „Einzige" hier dadurch qualifiziert wird, daß er sich zum
neunhundertsten Male das Heilige aus dem Kopfe schlägt, womit, wie wir ebenfalls zum neunhundertsten Male wiederholen müssen, Alles beim Alten bleibt, abgesehen davon, daß es nur ein frommer Wunsch ist. Wir haben hier den Einzigen zum ersten Mal. Sancho, der unter der obigen Litanei zum Ritter geschlagen worden ist, eignet sich jetzt seinen neuen adligen Namen an. Sancho kommt dadurch zu seiner Einzigkeit, daß er sich „den Menschen" aus dem Kopfe schlägt. Hiermit hört er auf, „sich nur im Vergleiche zu einem Andern zu denken" und „etwas über sich anzuerkennen". Er wird unvergleichlich. Wir haben hier wieder die alte Marotte Sanchos, daß Vorstellungen, Ideen, „das Heilige", hier in Gestalt „des Menschen", das alleinige tertium comparationis1 und das alleinige Band zwischen den Individuen seien, nicht ihre Bedürfnisse. Er schlägt sich eine Vorstellung aus dem Kopfe und wird dadurch einzig. Um „einzig" in seinem Sinne zu sein, muß er Uns vor allem seine Voraussetzungslosigkfiit beweisen. p. 470: „Dein Denken bat nicht das Denken zur Voraussetzung, sondern Dich. Aber so setzest Du Dich doch voraus? Ja, aber nicht Mir, sondern Meinem Denken. Vor Meinem Denken bin - Ich. Daraus folgt, daß Meinem Denken nicht ein Gedanke vorhergeht oder daß Mein Denken ohne eine Voraussetzung ist. Denn die Voraussetzung, welche Ich für Mein Denken bin, ist keine vom Denken gemachte, keine gedachte, sondern - ist der Eigner des Denkens und beweist nur, daß das Denken nichts weiter ist als - Eigentum." Daß Sancho nicht eher denkt, als bis er denkt, und daß er und jeder Andre in dieser Hinsicht ein voraussetzungsloser Denker ist, „wird ihm hiermit zugegeben". Ebenso wird ihm konzediert, daß er keinen Gedanken zur Voraussetzung seines Daseins hat, d.h., daß er nicht von Gedanken gemacht worden ist. Wenn Sancho einen Augenblick von seinem ganzen Gedankenkram abstrahiert, was ihm bei seinem spärlichen Sortiment nicht schwerfallen kann, so bleibt sein wirkliches Ich, aber sein wirkliches Ich innerhalb der für es existierenden wirklichen Weltverhältnisse übrig. Er hat sich damit aller dogmatischen Voraussetzungen für einen Augenblick entledigt, aber dafür fangen die wirklichen Voraussetzungen für ihn erst an. Und diese wirklichen Voraussetzungen sind auch die Voraussetzungen seiner dogmatischen Voraussetzungen, die ihm mit den wirklichen wiederkommen, er mag wollen oder nicht, solange er nicht andre wirkliche Voraussetzungen und damit auch andre dogmatische Voraussetzungen erhält oder solange er die wirklichen Voraussetzungen nicht materialistisch als Voraussetzungen seines Denkens anerkennt, womit die dogmatischen überhaupt aufhören. Wie ihm mit seiner bis
1 [der] Vergleichspunkt
herigen Entwicklung und mit seinen Berliner Umgebungen jetzt die dogmatische Voraussetzung des mit sich einigen Egoismus gegeben ist, so wird sie ihm trotz aller eingebildeten Voraussetzungslosigkeit bleiben, solange er nicht ihre wirklichen Voraussetzungen überwindet. Sancho trachtet als echter Schulmeister noch immer nach dem vielberühmten Hegeischen „voraussetzungslosen Denken", d.h. dem Denken ohne dogmatische Voraussetzungen, das bei Hegel auch ein frommer Wunsch ist. Er glaubte es durch eine feine Volte erhaschen und es dadurch überbieten zu können, daß er auch auf das voraussetzungslose Ich Jagd machte. Aber sowohl das Eine wie das Andre ist ihm entwischt. Sancho versucht sein Glück nun auf eine andre Manier: p. 214, 215. „Erschöpft" die Freiheitsforderung! „Wer soll frei werden? Du, Ich, Wir. Wovon frei? Von allem, was nicht Du, nicht Ich, nicht Wir ist. Ich also bin der Kern ... Was bleibt übrig, wenn Ich von allem, was nicht Ich bin, frei worden? Nur Ich und nichts als Ich." „Das also war des Pudels Kern! Ein fahrender Scholast? Der Kasus macht mich lachen." '-1581 „Alles, was nicht Du, nicht Ich, nicht Wir ist", ist natürlich hier wieder eine dogmatische Vorstellung, wie Staat, Nationalität, Teilung der Arbeit pp. Nachdem diese Vorstellungen kritisiert sind, was Sancho von „der Kritik", nämlich der kritischen, schon vollführt glaubt, bildet er sich wieder ein, auch vom wirklichen Staat, der wirklichen Nationalität und Teilung der Arbeit befreit zu sein. Das Ich, das hier „der Kern" ist, das „von Allem, was nicht Ich bin, frei worden", ist also wieder das obige voraussetzungslose Ich mit Allem, was es nicht losgeworden ist. Nähme Sancho indes das „Freiwerden" einmal so, daß er nicht bloß von den Kategorien, sondern von den wirklichen Fesseln frei werden wollte, so setzt diese Befreiung wieder eine ihm mit einer großen Masse Anderer gemeinsame Veränderung voraus und bewirkt einen veränderten Weltzustand, der ihm wieder mit den Andern gemeinsam ist. Hiernach „bleibt" nach der Befreiung allerdings sein „Ich", aber als ein ganz verändertes Ich, übrig, das mit Andern eine veränderte Weltlage gemeinsam hat, die eben die ihm mit Andern gemeinsame Voraussetzung seiner und ihrer Freiheit ist, und hiernach gerät die Einzigkeit, Unvergleichlichkeit und Unabhängigkeit seines „Ich" wieder in die Brüche. Sancho versucht's noch auf eine dritte Manier: p.237. „Nicht daß sie" (Jude und Christ) „sich ausschließen, ist ihre Schmach, sondern daß dies nur halb geschieht. Könnten sie vollkommen Egoisten sein, so schlössen sie sich ganz aus."
p.273. „Man faßt die Bedeutung des Gegensatzes zu formell und schwächlich, wenn man ihn nur auflösen will. Der Gegensatz verdient vielmehr verschärft zu werden." p. 274. „Ihr werdet Euren Gegensatz erst dann nicht länger bloß verhehlen, wenn Ihr ihn ganz anerkannt und Jedermann vom Wirbel bis zur Zehe sich als einzig behauptet ... Der letzte und entschiedenste Gegensatz, der des Einzigen gegen den Einzigen, ist im Grunde über das, was Gegensatz heißt, hinaus ... Du hast als Einziger nichts Gemeinsames mehr mit dem Andern und darum auch nichts Trennendes oder Feindliches ... Der Gegensatz verschwindet in der vollkommenen ... Geschiedenheit oder Einzigkeit." p. 183. „Ich will nichts Besonderes vor Andern haben oder sein; Ich messe Mich auch nicht an Andern ... Ich will Alles sein und Alles haben, was Ich sein und haben kann. Ob Andre Ähnliches sind und haben, was kümmert's Mich? Das Gleiche, dasselbe können sie weder sein noch haben. Ich tue ihnen keinen Abbruch, wie Ich dem Felsen dadurch keinen Abbruch tue, daß Ich die Bewegung vor ihm voraus habe. Wenn sie's haben könnten, so hätten sie's. Den andern Menschen keinen Abbruch zu tun, darauf kommt die Forderung hinaus, kein Vorrecht zu besitzen ... Man soll sich nicht für »etwas Besonderes' halten, wie z. B. Jude oder Christ. Nun, Ich halte Mich nicht für etwas Besonderes, sondern für einzig. Ich habe wohl Ähnlichkeit mit Andern; das gilt jedoch nur für die Vergleichung oder Reflexion; in der Tat bin Ich unvergleichlich, einzig. Mein Fleisch ist nicht ihr Fleisch, Mein Geist ist nicht ihr Geist. Bringt Ihr sie unter die Allgemeinheiten ,Fleisch', ,Geist', so sind das Eure Gedanken, die mit Meinem Fleische, Meinem Geiste nichts zu schaffen haben." p. 234. „An den Egoisten geht die menschliche Gesellschaft zugrunde, denn sie beziehen sich nicht mehr als Menschen aufeinander, sondern treten egoistisch als ein Ich gegen ein von Mir durchaus verschiedenes und gegnerisches Du auf." p. 180. „Als ob nicht immer Einer den Andern suchen wird, und als ob nicht Einer in den Andern sich fügen muß, wenn er ihn braucht. Der Unterschied ist aber der, daß dann wirklich der Einzelne sich mit dem Einzelnen vereinigt, indes er früher durch ein Band mit ihm verbunden war." p. 178. „Nur wenn Ihr einzig seid, könnt Ihr als das, was Ihr wirklich seid, miteinander verkehren."
Was die Illusion Sanchos über den Verkehr der Einzigen „als das, was sie wirklich sind", über die „Vereinigung des Einzelnen mit dem Einzelnen", kurz über den „Verein" betrifft, so ist das vollständig abgemacht. Bemerken wir nur: wenn im Verein Jeder den Andern nur als seinen Gegenstand, als sein Eigentum betrachtete und behandelte (vgl. p. 167 und die Eigentums- und Exploitationstheorie), so sieht der Statthalter der Insel Barataria im Kommentar (Wigfand,] p. 157) dagegen ein und erkennt es an, daß der Andre auch sich selbst gehört, Sem eigen, einzig ist und auch in dieser Qualität Gegenstand Sanchos wird, obgleich nicht mehr Sanchos Eigentum.
27 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
In seiner Verzweiflung rettet er sich nur durch den unerwarteten Einfall, daß er sich „hierüber selbst vergißt in süßer Selbstvergessenheit", ein Genuß, den er sich „in jeder Stunde tausendmal macht" und den ihm das süße Bewußtsein noch versüßt, daß er dann doch nicht „ganz verschwunden" ist. Es kommt hier also der alte Witz heraus, daß Jeder für sich und für Andre ist. Lösen wir jetzt Sanchos pomphafte Sätze in ihren bescheidenen Inhalt auf. Die gewaltigen Redensarten über den „Gegensatz", der verschärft und auf die Spitze getrieben werden soll, und über das „Besondre", das Sancho nicht voraus haben will, laufen auf Ein und Dasselbe hinaus. Sancho will oder glaubt vielmehr zu wollen, daß die Individuen rein persönlich miteinander verkehren sollen, daß ihr Verkehr nicht durch ein Drittes, eine Sache vermittelt sein soll (vgl. die Konkurrenz). Dies Dritte ist hier das „Besondre" oder der besondre, nicht absolute Gegensatz, d. h. die durch die jetzigen gesellschaftlichen Verhältnisse bedingte Stellung der Individuen zueinander. Sancho will z. B. nicht, daß zwei Individuen als Bourgeois und Proletarier zueinander im „Gegensatz" stehen, er protestiert gegen das „Besondre", das der Bourgeois vor dem Proletarier „voraus hat"; er möchte sie in ein rein persönliches Verhältnis treten, als bloße Individuen miteinander verkehren lassen. Er bedenkt nicht, daß innerhalb der Teilung der Arbeit die persönlichen Verhältnisse notwendig und unvermeidlich sich zu Klassenverhältnissen fortbilden und fixieren und daß darum sein ganzes Gerede auf einen bloßen frommen Wunsch herausläuft, den er zu realisieren denkt, indem er die Individuen dieser Klassen vermahnt, sich die Vorstellung ihres „Gegensatzes" und ihres „besondern" „Vorrechts" aus dem Kopf zu schlagen. In den oben zitierten Sätzen Sanchos kommt es überhaupt nur darauf an, wofür sich die Leute halten und wofür er sie hält, was sie wollen und was er will. Durch ein verändertes „Dafürhalten" und „ Wollen" wird der „Gegensatz" und das „Besondre" aufgehoben. Selbst das, was ein Individuum als solches vor dem andern voraus hat, ist heutzutage zugleich ein Produkt der Gesellschaft und muß sich in seiner Verwirklichung wieder als Privilegium geltend machen, wie wir Sancho schon bei Gelegenheit der Konkurrenz gezeigt haben. Das Individuum als solches, für sich selbst betrachtet, ist ferner unter die Teilung der Arbeit subsumiert, durch sie vereinseitigt, verkrüppelt, bestimmt. Worauf läuft Sanchos Zuspitzung des Gegensatzes und Aufhebung der Besonderheit im besten Falle hinaus P Daß die Verhältnisse der Individuen ihr Verhalten sein sollen und ihre gegenseitigen Unterschiede ihre Selbstunterscheidungen{wie das eine empirische Selbst sich vom Andern unterschei
det). Beides ist entweder, wie bei Sancho, eine ideologische Umschreibung des Bestehenden, denn die Verhältnisse der Individuen können unter allen Umständen nichts andres als ihr wechselseitiges Verhalten, und ihre Unterschiede können nichts andres als ihre Selbstunterscheidungen sein. Oder es ist der fromme Wunsch, daß sie sich so verhalten und so voneinander unterscheiden möchten, daß ihr Verhalten nicht als von ihnen unabhängiges gesellschaftliches Verhältnis verselbständigt, daß ihre Unterschiede voneinander nicht den sachlichen (von der Person unabhängigen) Charakter annehmen möchten, den sie angenommen haben und noch täglich annehmen. Die Individuen sind immer und unter allen Umständen „von sich ausgegangen", aber da sie nicht einzig in dem Sinne waren, daß sie keine Beziehung zueinander nötig gehabt hätten, da ihre Bedürfnisse, also ihre Natur, und die Weise, sie zu befriedigen, sie aufeinander bezog (Geschlechtsverhältnis, Austausch, Teilung der Arbeit), so mußten sie in Verhältnisse treten. Da sie ferner nicht als reinelchs, sondern als Individuen auf einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer Produktivkräfte und Bedürfnisse in Verkehr traten, in einen Verkehr, der seinerseits wieder die Produktion und die Bedürfnisse bestimmte, so war,es eben das persönliche, individuelle Verhalten der Individuen, ihr Verhalten als Individuen zueinander, das die bestehenden Verhältnisse schuf und täglich neu schafft. Sie traten als das miteinander in Verkehr, was sie waren, sie gingen „von sich aus", wie sie waren, gleichgültig, welche „Lebensanschauung" sie hatten. Diese „Lebensanschauung", selbst die windschiefe der Philosophen, konnte natürlich immer nur durch ihr wirkliches Leben bestimmt sein. Es stellt sich hierbei allerdings heraus, daß die Entwicklung eines Individuums durch die Entwicklung aller andern, mit denen es in direktem oder indirektem Verkehr steht, bedingt ist, und daß die verschiedenen Generationen von Individuen, die miteinander in Verhältnisse treten, einen Zusammenhang unter sich haben, daß die Späteren in ihrer physischen Existenz durch ihre Vorgänger bedingt sind, die von ihnen akkumulierten Produktivkräfte und Verkehrsformen übernehmen und dadurch in ihren eignen gegenseitigen Verhältnissen bestimmt werden. Kurz, es zeigt sich, daß eine Entwicklung stattfindet und die Geschichte eines einzelnen Individuums keineswegs von der Geschichte der vorhergegangenen und gleichzeitigen Individuen loszureißen ist, sondern von ihr bestimmt wird. Das Umschlagen des individuellen Verhaltens in sein Gegenteil, ein bloß sachliches Verhalten, die Unterscheidung von Individualität und Zufälligkeit durch die Individuen selbst, ist, wie wir bereits nachgewiesen haben, ein geschichtlicher Prozeß und nimmt auf verschiednen Entwicklungsstufen
verschiedene, immer schärfere und universellere Formen an. In der gegenwärtigen Epoche hat die Herrschaft der sachlichen Verhältnisse über die Individuen, die Erdrückung der Individualität durch die Zufälligkeit, ihre schärfste und universellste Form erhalten und damit den existierenden Individuen eine ganz bestimmte Aufgabe gestellt. Sie hat ihnen die Aufgabe gestellt, an die Stelle der Herrschaft der Verhältnisse und der Zufälligkeit über die Individuen die Herrschaft der Individuen über die Zufälligkeit und die Verhältnisse zu setzen. Sie hat nicht, wie Sancho sich einbildet, die Forderung gestellt, daß „Ich Mich entwickle", was jedes Individuum bis jetzt ohne Sanchos guten Rat getan hat, sie hat vielmehr die Befreiung von einer ganz bestimmten Weise der Entwicklung vorgeschrieben. Diese durch die gegenwärtigen Verhältnisse vorgeschriebene Aufgabe fällt zusammen mit der Aufgabe, die Gesellschaft kommunistisch zu organisieren. Wir haben bereits oben gezeigt, daß die Aufhebung der Verselbständigung der Verhältnisse gegenüber den Individuen, der Unterwerfung der Individualität unter die Zufälligkeit, der Subsumtion ihrer persönlichen Verhältnisse unter die allgemeinen Klassenverhältnisse etc. in letzter Instanz bedingt ist durch die Aufhebung der Teilung der Arbeit. Wir haben ebenfalls gezeigt, daß die Aufhebung der Teilung der Arbeit bedingt ist durch die Entwicklung des Verkehrs und der Produktivkräfte zu einer solchen Universalität, daß das Privateigentum und die Teilung der Arbeit für sie zu einer Fessel wird. Wir haben ferner gezeigt, daß das Privateigentum nur aufgehoben werden kann unter der Bedingung einer allseitigen Entwicklung der Individuen, weil eben der vorgefundene Verkehr und die vorgefundenen Produktivkräfte allseitig sind und nur von allseitig sich entwickelnden Individuen angeeignet, d. h. zur freien Betätigung ihres Lebens gemacht werden können. Wir haben gezeigt, daß die gegenwärtigen Individuen das Privateigentum aufheben müssen, weil die Produktivkräfte und die Verkehrsformen sich so weit entwickelt haben, daß sie unter der Herrschaft des Privateigentums zu Destruktivkräften geworden sind, und weil der Gegensatz der Klassen auf seine höchste Spitze getrieben ist. Schließlich haben wir gezeigt, daß die Aufhebung des Privateigentums und der Teilung der Arbeit selbst die Vereinigung der Individuen auf der durch die jetzigen Produktivkräfte und den Weltverkehr gegebenen Basis ist. Innerhalb der kommunistischen Gesellschaft, der einzigen, worin die originelle und freie Entwicklung der Individuen keine Phrase ist, ist sie bedingt eben durch den Zusammenhang der Individuen, ein Zusammenhang, der teils in den ökonomischen Voraussetzungen besteht, teils in der notwendigen Solidarität der freien Entwicklung Aller, und endlich in der uni
verseilen Betätigungsweise der Individuen auf der Basis der vorhandenen Produktivkräfte. Es handelt sich hier also um Individuen auf einer bestimmten historischen Entwicklungsstufe, keineswegs um beliebige zufällige Individuen, auch abgesehen von der notwendigen kommunistischen Revolution, die selbst eine gemeinsame Bedingung ihrer freien Entwicklung ist. Das Bewußtsein der Individuen über ihre gegenseitige Beziehung wird natürlich ebenfalls ein ganz andres und daher ebensowenig das „Liebesprinzip" oder das Devoüment1 wie der Egoismus sein. Die „Einzigkeit", in dem Sinne der originellen Entwicklung und des individuellen Verhaltens, wie es oben entwickelt wurde, genommen, setzt also nicht nur ganz andre Dinge als den guten Willen und das rechte Bewußtsein voraus, sondern auch gerade das Gegenteil von den Phantastereien Sanchos. Bei ihm ist sie weiter nichts als eine Beschönigung der bestehenden Verhältnisse, ein tröstliches Balsamtröpflein für die arme, ohnmächtige, in der Misere miserabel gewordene Seele. Wie mit der „Einzigkeit" verhält es sich mit Sanchos „Unvergleichlichkeit". Er selbst wird sich erinnern, wenn er nicht ganz „verschwunden" ist „in süßer Selbstvergessenheit", daß die Organisation der Arbeit im „Stirnersehen Verein von Egoisten" nicht nur auf der Vergleichlichkeit, sondern auf der Gleichheit der Bedürfnisse beruhte. Und er unterstellte nicht nur gleiche Bedürfnisse, sondern auch gleiche Betätigung, so daß Einer den andern in der „menschlichen Arbeit" ersetzen konnte. Und das Extrasalär des „Einzigen", das seine Erfolge krönt, worauf beruhte es anders, als daß seine Leistung mit denen andrer verglichen und wegen ihres Vorzugs besser versilbert wurde? Und wie kann Sancho überhaupt" von Unvergleichlichkeit sprechen, wenn er die praktisch verselbständigte Vergleichung, das Geld, bestehen läßt, sich ihm subordiniert, sich zur Vergleichung mit Andern an diesem Universalmaßstabe messen läßt? Wie sehr er selbst also seine Unvergleichlichkeit Lügen straft, ist evident. Nichts leichter, als Gleichheit und Ungleichheit, Ähnlichkeit und Uriähnlichkeit Reflexionsbestimmungen zu nennen. Auch die Unvergleichlichkeit ist eine Reflexionsbestimmung, welche die Tätigkeit des Vergleichens zu ihrer Voraussetzung hat. Wie wenig die Vergleichung eine reine willkürliche Reflexionsbestimmung ist, davon brauchen wir nur ein Beispiel anzuführen, das Geld, das stehende tertium comparationis2 aller Menschen und Dinge. Übrigens kann die Unvergleichlichkeit verschiedne Bedeutungen haben. Die einzige, die hier in Betracht kommt, die „Einzigkeit" im Sinne von Ori
1 [die] Aufopferung — 2 [den stehenden] Vergleichspunkt
ginalität, setzt voraus, daß die Tätigkeit des unvergleichlichen Individuums in einer bestimmten Sphäre sich selbst von der Tätigkeit Gleicher unterscheidet. Unvergleichliche Sängerin ist die Persiani, eben weil sie Sängerin ist und mit andren Sängerinnen verglichen wird, und zwar von Ohren, welche durch die auf normaler Konstruktion und musikalischer Bildung beruhende Vergleichung zur Erkenntnis ihrer Unvergleichlichkeit befähigt sind. Unvergleichlich ist der Gesang der Persiani mit dem Gequake eines Frosches, obgleich auch hier eine Vergleichung stattfinden könnte, die aber dann eine Vergleichung zwischen Mensch und Frosch, nicht zwischen der Persiani und diesem einzigen Frosch wäre. Nur im ersten Fall ist von Vergleichung zwischen Individuen zu reden, im zweiten geht die Vergleichung ihre Art oder Gattungseigenschaft an. Eine dritte Art der Unvergleichlichkeit, die Unvergleichlichkeit des Gesanges der Persiani mit dem Schwänze eines Kometen, überlassen wir Sancho zu seinem „Selbstgenuß", da er ohnehin am „widersinnigen Urteil" solche Freude hat, aber selbst diese widersinnige Vergleichung hat in der Widersinnigkeit der heutigen Verhältnisse eine Realität. Das Geld ist der gemeinsame Maßstab aller, auch der heterogensten Dinge. Übrigens kommt Sanchos Unvergleichlichkeit wieder auf dieselbe Phrase hinaus wie die Einzigkeit. Die Individuen sollen nicht mehr an einem von ihnen unabhängigen tertium comparationis gemessen werden, sondern die Vergleichung soll zu ihrer Selbstunterscheidung, id est zur freien Entwicklung ihrer Individualität umschlagen, und zwar dadurch, daß sie sich die „fixen Ideen" aus dem Kopf schlagen. Übrigens kennt Sancho nur die Literaten- und Kannegießer-Vergleichung, die zu dem großartigen Resultate kommt, daß Sancho nicht Bruno und Bruno nicht Sancho ist. Die Wissenschaften dagegen, die erst durch die Vergleichung und die Feststellung der Unterschiede innerhalb der Sphären der Vergleichung zu bedeutenden Fortschritten gekommen sind und in denen die Vergleichung einen allgemein bedeutenden Charakter erhält, die vergleichende Anatomie, Botanik, Sprachforschung etc., kennt er natürlich nicht. Große Nationen, Franzosen, Nordamerikaner, Engländer, vergleichen sich fortwährend untereinander praktisch und theoretisch, in der Konkurrenz wie in der Wissenschaft. Kleinkrämer und Spießbürger wie die Deutschen, die die Vergleichung und Konkurrenz zu scheuen haben, verkriechen sich hinter den Schild der Unvergleichlichkeit, den ihnen ihr philosophischer Etikettenfabrikant liefert. Sancho hat nicht nur in ihrem, sondern auch in seinem eignen Interesse sich alle Vergleichung verbeten.
p. 415 sagt Sancho: „Es ist Keiner Meines Gleichen", und p. 408 wird der Umgang mit „Meines Gleichen" als die Auflösung der Gesellschaft in den Verkehr dargestellt:
„Es zieht das Kind den Verkehr, den es mit Seines Gleichen eingeht, der Gesellschaft vor." Sancho kraucht indes mitunter „Meines Gleichen " und „das Gleiche " überhaupt für „Dasselbe", z.B. die oben zitierte Stelle p. 183:
„Das Gleiche, dasselbe können sie weder sein noch haben." Und hiermit nimmt er seine schließliche „neue Wendung", die namentlich im Kommentar verbraucht wird. Die Einzigkeit, die Originalität, die „eigne" Entwicklung der Individuen, die nach Sancho z.B. bei allen „menschlichen Arbeiten" nicht stattfindet,, obgleich Niemand leugnen wird, daß ein Ofensetzer den Ofen nicht auf „dieselbe" Weise setzt wie der andre; die „einzige" Entwicklung der Individuen, die nach demselben Sancho in den religiösen, politischen etc. Sphären nicht stattfindet (siehe die „Phänomenologie"), obgleich Niemand leugnen wird, daß unter Allen, die an den Islam glauben, Keiner auf ^dieselbe" Weise an ihn glaubt und sich insofern „einzig" verhält, wie unter allen Staatsbürgern keiner auf „dieselbe" Weise sich zum Staat verhält, schon weil Er es ist und nicht der Andre, der sich verhält - die vielgerühmte „Einzigkeit", die so sehr von der „Dieselbigkeit", der Identität der Person sich unterschied, daß Sancho in allen bisherigen Individuen fast nur „Exemplare" einer Gattung sah, löst sich also hier auf in die polizeilich konstatierte Identität einer Person mit sich selbst, darin, daß Ein Individuum nicht das Andre ist. So schrumpft der Weltstürmer Sancho zum Schreiber eines Paßbüros zusammen. p. 184 des Kommentars setzt er mit vieler Salbung und großem Selbstgenuß auseinander, daß Er nicht davon satt wird, wenn der Kaiser von Japan ißt, weil sein und des Kaisers von Japan Eingeweide „einzige", „unvergleichr liehe Eingeweide", id est, nicht dieselben seien. Wenn Sancho glaubt, hierdurch die bisherigen sozialen Verhältnisse oder auch nur Naturgesetze aufgehoben zu haben, so ist diese Naivetät gar zu groß und rührt bloß daher, daß die Philosophen die sozialen Verhältnisse nicht als die gegenseitigen Verhältnisse dieser mit sich identischen Individuen und die Naturgesetze als die gegenseitigen Beziehungen dieser bestimmten Körper dargestellt haben.
Berühmt ist der klassische Ausdruck, den Leibniz diesem alten Satz (der in jedem Handbuch der Physik als Lehre von der Undurchdringlichkeit der Körper auf der ersten Seite figuriert) gegeben hat:
„Opus tarnen est ... ut quaelibet monas differat ah alia quacunque, neque enim unquam dantur in natura duo entia, quorum unum exasse conveniat cum altero."1 („Principia Philos[ophiae] seu Theses" pp.) Sanchos Einzigkeit ist hier zu einer Qualität herabgesunken, die er mit jeder Laus und jedem Sandkorn teilt. Das größte Dementi, mit dem die Philosophie enden konnte, war, daß sie die Einsicht jedes Bauerlümmels und Polizeisergeanten, daß Sancho nicht Bruno ist, für eine der größten Entdeckungen, und die Tatsache dieser Verschiedenheit für ein wahres Wunder ansieht. So hat sich das „kritische Juchhe" unsres „Virtuosen im Denken" in ein unkritisches Miserere verwandelt.
Nach allen diesen Abenteuern segelt unser „einziger" Schildknapp wieder in den Hafen seiner heimischen Fronkote ein. „Das Titelgespenst seines Buchs" springt ihm „jauchzend" entgegen. Ihre erste Frage ist, wie sich der Graue befinde. Besser als sein Herr, antwortet Sancho. Gott sei gedankt dafür, daß er mir so viel Gutes getan hat; aber erzähle mir jetzt, mein Freund, was hat Dir denn Deine Knappschaft eingebracht? Was für ein neues Kleid bringst Du mir mit? Ich bringe Nichts der Art, antwortet Sancho, aber „das schöpferische Nichts, das Nichts, aus dem Ich selbst als Schöpfer Alles schaffe", das heißt, Du sollst mich noch sehen als Kirchenvater und Erzbischof einer Insel, und zwar einer der besten, die man finden kann. Der Himmel gebe das, mein Schatz, und bald, denn wir haben's nötig. Aber was ist denn das mit der Insel, ich versteh' das nicht. NHonig ist nichts für das Maul des Esels, erwidert Sancho. Du wirst das seinerzeit sehen, Weib. Aber das kann ich Dir jetzt schon sagen, daß es nichts Angenehmeres auf der Welt gibt denn die Ehre, als mit sich einiger Egoist und Schildknapp von der traurigen Gestalt Abenteuer zu suchen. Es ist freilich wahr, daß die meisten, die man findet, nicht so „ihr letztes Absehen erreichen", daß „die menschliche Forderung befriedigt wird" (tan como el
1 „Mit Notwendigkeit jedoch unterscheidet sich jede beliebige Monade von jeder anderen; denn niemals gibt es in der Natur zwei Wesen, die miteinander gänzlich übereinstimmen."
hombre querria1), denn von Hunderten, die man trifft, pflegen neunundneunzig schief und verzwickt abzulaufen. Ich weiß das aus Erfahrung, denn aus Einigen bin ich geprellt, aus andern gemahlen und gedroschen heimgegangen. Aber bei Alledem ist es doch eine schöne Sache, denn die „einzige" Forderung wird jedenfalls dabei befriedigt, wenn man so durch die ganze Geschichte vagabundiert, alle Bücher des Berliner Lesekabinetts zitiert, in allen Sprachen ein etymologisches Nachtlager hält, in allen Ländern politische Fakta verfälscht, gegen alle Drachen und Strauße, Kobolde, Feldteufel und „Gespenster" fanfaronierende Herausforderungen erläßt, sich mit allen Kirchenvätern und Philosophen herumschlägt und schließlich doch nur mit seinem eigenen Körper bezahlt. (Vgl. Cervantes I, Cap. 52.)
1 so, wie es sich der Mensch wünscht
2. Apologetischer Kommentar[50]
Obgleich Sancho vorzeiten und im Stande seiner Erniedrigung, Cervantes Cap. 26 und 29, allerlei „Bedenken" trug, eine Kirchenpfründe zu genießen, hat er sich doch in Erwägung der veränderten Umstände und seiner früheren vorbereitenden Stellung als Famulus einer andächtigen Bruderschaft (Cervantes am einundzwanzigsten) endlich entschlossen, sich dies Bedenken „aus dem Kopf zu schlagen". Er ist Erzbischof der Insel Barataria und Kardinal geworden und sitzt als solcher mit feierlicher Miene und erzpriesterlichem Anstände unter den Ersten unsres Konzils. Zu diesem Konzil kehren wir jetzt nach der langen Episode „des Buchs" zurück. Wir finden „Bruder Sancho" in seiner neuen Lebensstellung freilich sehr verändert. Er stellt die ecclesia triumphans1 dar im Gegensatz zur ecclesia militans2, in der er sich früher befand. An die Stelle der kriegerischen Fanfaren „des Buchs" ist ein feierlicher Ernst, an die Stelle von „Ich" ist „Stirner" getreten. Dies zeigt, wie wahr das französische Sprüchwort ist, qu'il n'y a qu'un pas du sublime au ridicule3. Sancho nennt sich nur noch „Stirner", seitdem er Kirchenvater geworden ist und Hirtenbriefe erläßt. Er hat diese „einzige" Manier des Selbstgenusses von Feuerbach gelernt, aber leider steht sie ihm nicht besser an wie seinem Grauen das Lautenschlagen. Wenn er von sich in der dritten Person spricht, so sieht Jeder, daß Sancho der „Schöpfer" nach Art der preußischen Unteroffiziere sein „Geschöpf" Stirner mit „Er" anredet und keineswegs mit Cäsar zu verwechseln ist. Der Eindruck wird noch komischer dadurch, daß Sancho, bloß um Feuerbach Konkurrenz zu machen, diese Inkonsequenz begeht. Sanchos „Selbstgenuß"seines Auftretens als großer Mann wird hier malgre lui4 zum Genuß für Andere.
1 triumphierende Kirche - 2 streitbaren Kirche - 3 daß vom Erhabenen zum Lächerlichen nur ein Schritt ist - 4 gegen seinen Willen
Das „Besondere", was Sancho in seinem Kommentar tut, soweit wir ihn nicht schon in der Episode „verbraucht" haben, besteht darin, daß er eine neue Reihe von Variationen über die bekannten Themata zum besten gibt, die im „Buche" bereits so weitläuftig abgeleiert wurden. Sanchos Musik, die wie die der indischen Wischnupriester nur Eine Note kennt, wird hier einige Tonarten höher gesetzt. Ihre opiumartige Wirkung bleibt dabei natürlich dieselbe. So z. B. wird der Gegensatz von „egoistisch" und „heilig" hier unter den Wirtshausschildern von „interessant" und „uninteressant", dann „interessant" und „absolut interessant" wieder durchgeknetet, eine Neuerung, die übrigens nur für Liebhaber des ungesäuerten Brotes, vulgo1 Matzekuchens, interessant sein kann. Die belletristische Verdrehung des Interessierten in das Interessante ist natürlich einem „jebildeten" Berliner Kleinbürger nicht zu verübeln. - Sämtliche Illusionen, die nach Sanchos Lieblingsmarotte von den „Schulmeistern"geschaffen wurden, erscheinen hier „als Schwierigkeiten - Bedenken", die „nur der Geist geschaffen" und welche „die armen Seelen, die sich jene Bedenken haben aufschwatzen lassen", durch „Leichtsinn" (das berüchtigte Sich-aus-dem-Kopf-Schlagen) „überwinden ... müssen" (p. 162). Folgt dann eine „Abhandlung", ob man sich die „Bedenken" durch „Denken" oder „Gedankenlosigkeit" aus dem Kopf schlagen soll, und ein kritisch-moralisches Adagio, in dem er in Mollakkorden jammert: „Das Denken darf nicht etwa durch Jauchzen unterdrückt werden." (P. 166.) Zur Beruhigung Europas, namentlich des bedrängten Old merry and young sorry England2, erläßt Sancho, sobald er sich in seiner bischöflichen chaise perc6e3 etwas eingesessen hat, von dieser aus folgenden gnädigen Hirtenbrief: „Dem Stirner liegt die bürgerliche Gesellschaft ganz und gar nicht am Herzen, und er gedenkt sie keineswegs so auszudehnen, daß sie Staat und Familie verschlinge" (p. 189) - wonach Herr Cobden und Herr Dunoyer zu achten. Als Erzbischof nimmt Sancho zugleich die geistliche Polizei in seine Hände und erteilt Heß p. 193 einen Verweis wegen „polizeiwidriger" Verwechslungen, die um so unverzeihlicher sind, je größere Mühe sich unser Kirchenvater fortwährend gibt, die Identität festzustellen. Um demselben Heß zu beweisen, daß „Stirner" auch den „Heldenmut der Lüge" besitzt, diese orthodoxe Eigenschaft des mit sich einigen Egoisten, singt er p. 188: „Aber Stirner spricht gar nicht davon, daß, wie Heß ihn reden läßt, der ganze Fehler der
1 in der Umgangssprache - 2 alten fröhlichen und jungen traurigen Englands - 3 Nacl> tstuhl
bisherigen Egoisten nur darin bestehe, daß sie kein Bewußtsein von ihrem Egoismus hätten." Vgl. die „Phänomenologie" und das ganze „Buch". Die andre Eigenschaft des mit sich einigen Egoisten, die Leichtgläubigkeit, beweist er p. 182, wo er dem Feuerbach „nicht bestreitet", daß „das Individuum Kommunist sei". Eine weitere Ausübung seiner Polizeigewalt besteht darin, daß er p. 154 seinen sämtlichen Rezensenten die Rüge appliziert, daß sie nicht „auf den Egoismus, wie er von Stirner aufgefaßt wird, näher" eingegangen seien. Sie begingen allerdings Alle den Fehler, zu glauben, es handle sich um den wirklichen Egoismus, während es sich nur um „Stirners" Auffassung desselben handelte. Der apologetische Kommentar beweist auch noch dadurch Sanchos Befähigung zum Kirchenvater, daß er mit einer Heuchelei beginnt.
„Wenn auch vielleicht nicht den genannten Rezensenten, so mag doch manchem andern Leser des Buchs eine kurze Erwiderung von Nutzen sein." p. 147.
Sancho spielt hier den Devouierten und behauptet, seine kostbare Zeit zum „Nutzen" des Publikums aufzuopfern, obwohl er uns überall versichert, er habe stets nur seinen eignen Nutzen im Auge, obwohl er hier nur sein kirchen väterliches Fell zu sal vieren strebt. Damit wäre das „Besondre" des Kommentars erledigt. Das „Einzige", das sich indes auch schon „im Buche" p. 491 findet, haben wir weniger zum „Nutzen" „mancher andren Leser" als zum eignen Nutzen „Stirners" bis hieher aufbewahrt. Eine Hand wäscht die andre, worauf unbestreitbar folgt, daß „das Individuum Kommunist ist". Für die Philosophen ist es eine der schwierigsten Aufgaben, aus der Welt des Gedankens in die wirkliche Welt herabzusteigen. Die unmittelbare Wirklichkeit des Gedankens ist die Sprache. Wie die Philosophen das Denken verselbständigt haben, so mußten sie die Sprache zu einem eignen Reich verselbständigen. Dies ist das Geheimnis der philosophischen Sprache, worin die Gedanken als Worte einen eignen Inhalt haben. Das Problem, aus der Welt der Gedanken in die wirkliche Welt herabzusteigen, verwandelt sich in das Problem, aus der Sprache ins Leben herabzusteigen. Wir haben gezeigt, daß die Verselbständigung der Gedanken und Ideen eine Folge der Verselbständigung der persönlichen Verhältnisse und Beziehungen der Individuen ist. Wir haben gezeigt, daß die ausschließliche systematische Beschäftigung mit diesen Gedanken von seiten der Ideologen und Philosophen und damit die Systematisierung dieser Gedanken eine Folge der Teilung der Arbeit ist, und namentlich die deutsche Philosophie eine Folge der deutschen kleinbürgerlichen Verhältnisse. Die Philosophen hätten
ihre Sprache nur in die gewöhnliche Sprache, aus der sie abstrahiert ist, aufzulösen, um sie als die verdrehte Sprache der wirklichen Welt zu erkennen und einzusehen, daß weder die Gedanken noch die Sprache für sich ein eignes Reich bilden; daß sie nur Äußerungen des wirklichen Lebens sind. Sancho, der den Philosophen durch Dick und Dünn folgt, muß notwendig nach dem Stein der Weisen, der Quadratur des Zirkels und dem Lebenselixier suchen, nach einem „Wort", welches als Wort die Wunderkraft besitzt, aus dem Reich der Sprache'und des Denkens ins wirkliche Leben hinauszuführen. Sancho ist so angesteckt von seinem langjährigen Umgang mit Don Quijote, daß er nicht merkt, daß diese seine „Aufgabe", dieser sein „Beruf", selbst nichts weiter als eine Folge des Glaubens an seine dickleibigen philosophischen Ritterbücher ist. Sancho beginnt damit, die Herrschaft des Heiligen und der Ideen in der Welt abermals, und zwar in der neuen Form der Herrschaft der Sprache oder der Phrase, uns vorzuführen. Die Sprache wird natürlich zur Phrase, sobald sie verselbständigt wird. p. 151 nennt Sancho die jetzige Welt „eine Phrasenwelt, eine Welt, in deren Anfang das Wort war". Er beschreibt näher die Motive seiner Jagd auf das Zauberwort: „Es war die Spekulation darauf gerichtet, ein Prädikat zu finden, welches so allgemein wäre, daß es Jeden in sich begriffe ... Soll das Prädikat einen Jeden in sich begreifen, so muß ein Jeder darin als Subjekt erscheinen, d. h. nicht bloß als das, was er ist, sondern als der, der er ist." p. 152. Weil die Spekulation solche Prädikate, früher von Sancho als Beruf, Bestimmung, Aufgabe, Gattung usw. ausgesprochen, „suchte", „suchten" sich die wirklichen Menschen bisher „im Worte, im Logos, im Prädikat", p.153. Solange man bisher innerhalb der Sprache ein Individuum vom andern bloß als identische Person unterscheiden wollte, brauchte man den Namen. Sancho beruhigt sich aber nicht bei den gewöhnlichen Namen, sondern weil ihm die Spekulation die Aufgabe gestellt hat, ein Prädikat zu finden, was so allgemein wäre, daß es Jeden als Subjekt in sich begreift, so sucht er den philosophischen, abstrakten Namen, den „Namen", der über alle Namen ist, den Namen aller Namen, den Namen als Kategorie, der z.B. Sancho von Bruno und Beide von Feuerbach so präzis unterscheidet wie ihre eignen Namen und dennoch auf sie alle drei so gut wie auf alle andern Menschen und beleibte Wesen paßt - eine Neuerung, die in alle Wechselbriefe, Heiratskontrakte usw. die größte Verwirrung bringen und alle Notariats- und Zivilstandsbüros mit einem Schlage vernichten würde. Dieser wunderbare Name, dies Zauberwort, welches in der Sprache der Tod der Sprache ist, die Eselsbrücke zum
Leben und die höchste Stufe der chinesischen Himmelsleiter, ist - der Einzige. Die wundertätigen Eigenschaften dieses Wortes werden in folgenden Strophen besungen: „Der Einzige soll nur die letzte, die sterbende Aussage von Dir und Mir, soll nur diejenige Aussage sein, welche in die Meinung umschlägt: eine Aussage, die keine mehr ist, eine verstummende, stumme Aussage." p. 153. „Bei ihm" (dem Einzigen) „ist das Unausgesprochene die Hauptsache." p. 149. Er ist „bestimmungslos", (ibid.) „Er weist auf seinen Inhalt außerhalb oder jenseits des Begriffes hin." (ibid.) Er ist „ein bestimmungsloser Begriff und kann durch keine andern Begriffe bestimmter gemacht werden", p. 150. Er ist die philosophische „Taufe" der profanen Namen, p. 150. „Der Einzige ist ein gedankenloses Wort. Er hat keinen Gedankeninhalt." „Er drückt Einen aus", „der nicht zum zweiten Male dasein, folglich auch nicht ausgedrückt werden kann; Denn könnte er wirklich und ganz ausgedrückt werden, so wäre er zum zweiten Male da, wäre im Ausdruck da." p. 151. Nachdem er so die Eigenschaften dieses Wortes besungen hat, feiert er die Resultate, die mit der Entdeckung seiner Wunderkräfte gewonnen sind, in folgenden Antistrophen: „Mit dem Einzigen ist das Reich der absoluten Gedanken abgeschlossen." (p. 150.) „Er ist der Schlußstein unsrer Phrasenwelt." p. 151. „Er ist die als Phrase verendende Logik." p. 153. „Im Einzigen kann die Wissenschaft in das Leben aufgehn, indem ihr Das zum Der und Der wird, Der sich dann nicht mehr im Worte, im Logos, im Prädikate sucht." p. 153. Allerdings hat Sancho an seinen Rezensenten die üble Erfahrung gemacht, daß auch der Einzige „als Begriff fixiert" werden kann, „und das tun die Gegner" (p. 149), die so sehr Sanchos Gegner sind, daß sie die erwartete magische Wirkung des Zauberwortes gar nicht empfinden, vielmehr wie in der Oper singen: Ce n'est pas ca, ce n'est pas 9a!1 Namentlich gegen seinen Don Quijote-Szeliga wendet sich Sancho mit großer Erbitterung und feierlichem Ernst, da bei diesem das Mißverständnis eine offene „Empörung" und ein gänzliches Verkennen seiner Stellung als „Geschöpf" voraussetzt: „Hätte Szeliga verstanden, daß der Einzige, weil die völlig inhaltlose Phrase oder Kategorie, darum keine Kategorie mehr ist, so hätte er ihn vielleicht als den Namen dessen, was ihm noch namenlos ist, anerkannt." p. 179.
1 Das ist es nicht, das ist es nicht!
Sancho erkenn t also hier ausdrücklich an, daß er und sein Don Quijote auf Ein und dasselbe Ziel lossteuern, nur mit dem Unterschiede, daß Sancho den rechten Morgenstern entdeckt zu haben glaubt, während Don Quijote noch im Dunkeln üf dem wildin leber-mer1 der grunt-losen werlde swebt.*2 Feuerbach sagte, „Philosophie der Zukunft", p. 49: „Das Sein, gegründet auf lauter Unsagbarkeiten, ist darum selbst etwas Unsagbares. Jawohl, das Unsagbare. Wo die Worte aufhören, da fängt erst das Leben an, erschließt sich erst das Geheimnis des Seins." Sancho hat den Übergang aus dem Sagbaren in das Unsagbare, er hat das Wort gefunden, welches zu gleicher Zeit mehr und weniger ist als ein Wort. Wir haben gesehen, daß das ganz:e Problem, vom Denken zur Wirklichkeit und daher von der Sprache zum Leben zu kommen, nur in der philosophischen Illusion existiert, d. h. nur berechtigt ist für das philosophische Bewußtsein, das über die Beschaffenheit und den Ursprung seiner scheinbaren Trennung vom Leben unmöglich klar sein kann. Dies große Problem, sobald es überhaupt in den Köpfen unsrer Ideologen spukte, mußte natürlich den Verlauf nehmen, daß zuletzt einer dieser fahrenden Ritter ein Wort zu suchen ausging, das als Wort den fraglichen Übergang bildete, als Wort aufhörte, bloßes Wort zu sein, als Wort in mysteriöser, übersprachlicher Weise aus der Sprache heraus auf das wirkliche Objekt, das es bezeichnet, hinweist, kurz, unter den Worten dieselbe Rolle spielt wie der erlösende Gottmensch unter den Menschen in der christlichen Phantasie. Der hohlste und dürftigste Schädel unter den Philosophen mußte die Philosophie damit „verenden" lassen, daß er seine Gedankenlosigkeit als das Ende der Philosophie und damit als den triumphierenden Eingang in das „leibhaftige" Leben proklamierte. Seine philosophierende Gedankenlosigkeit war ja schon von selbst das Ende der Philosophie, wie seine unaussprechliche Sprache das Ende aller Sprache. Sanchos Triumph war noch dadurch bedingt, daß er unter allen Philosophen am Allerwenigsten von den wirklichen Verhältnissen wußte, daher bei ihm die philosophischen Kategorien den letzten Rest von Beziehung auf die Wirklichkeit und damit den letzten Rest von Sinn verloren. * Meister Kuonrat von Wurzeburc, „Diu guldin Smitte", v. 143.
1 MEGA: Lebermer — 2 auf dem öden Lebermeer der abgrundtiefen Welt treibt^159]
Und nun gehe ein, Du frommer und getreuer Knecht Sancho, gehe oder vielmehr reite auf Deinem Grauen ein zu Deines Einzigen Selbstgenuß, „verbrauche" Deinen „Einzigen1 bis auf den letzten Buchstaben, ihn, dessen wunderbare Titel, Kraft und Tapferkeit bereits Calderon besungen hat wie folgt111601: Der Einzige El valiente Campeon, El generoso Adalid, El gallardo Caballero, El ilustre Paladin, El siempre fiel Cristiano, El Almirante feliz De Africa, el Rey soberano De Alexandrfa, el Cade De Berberia, de Egipto el Cid, Morabito, y Gran Senor De Jamalen.1
„Zum Schlüsse dürfte es nicht unpassend sein", Sancho, den Großherrn von Jerusalem, an Cervantes' „Kritik" Sanchos, „Don Quijote", Cap. 20, pag. 171 der Brüsseler Ausgabe von 1617, „zu erinnern". (Vgl. Kommentar P-194.)
1 Der tapfere Kämpfer, der edelmütige Anführer, der stattliche Ritter, der berühmte Paladin, der jederzeit gläubige Christ, der glückliche Admiral von Afrika, der erhabene König von Alexandria, der Richter der Berberei, von Ägypten der Cid, Marabut und Großherr von Jerusalem.
Schluß des Leipziger Konzils
Nachdem Sankt Bruno und Sankt Sancho, der auch Max heißt, alle Opponenten vom Konzil verjagt haben, schließen sie einen ewigen Bund, indem sie folgendes rührende Duett absingen und dabei wie zwei Mandarine einander freundlich mit den Köpfen zuwackeln.
Sankt Sancho.
„Der Kritiker ist der wahre Wortführer der Masse ... er ist ihr Fürst und Feldherr in dem Freiheitskriege gegen den Egoismus." (Das Buch, p. 187.),
Sankt Bruno.
„Max Stirner ist der Anführer und Heerführer der Kreuzfahrer" (gegen die Kritik). „Zugleich der Tüchtigste und Tapferste von allen Kämpfern." (Wig[and,] P. 124.)
Sankt Sancho.
„Wir gehen jetzt dazu über, den politischen und sozialen Liberalismus vor den Richterstuhl des humanen oder kritischen Liberalismus" (id est kritische Kritik) „zu stellen." (Das Buch, p. 163.)
Sankt Bruno.
„Vor dem Einzigen und seinem Eigentum fällt der politisch Liberale, der den Eigenwillen brechen will, und der soziale Liberale, der das Eigentum zerstören will. Sie fallen vor dem kritischen" (d. h. dem der Kritik gestohlnen) „Messer des Einzigen." (Wig. p. 124.)
Sankt Sancho.
„Vor der Kritik ist kein Gedanke sicher, weil sie der denkende Geist selber ist... Die Kritik oder vielmehr Er" (sc. Sankt Bruno). (Das Buch, p. 195, 199.)
28 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Sankt Bruno.
(unterbricht ihn mit Verneigungen) „Allein der kritische Liberale ... - der will nicht fallen [vor] der Kritik, weil Er selber [der Kritiker] ist." [Wigfand,] p. 124.]
Sankt Sancho. ,
„Die Kritik, und allein die Kritik, steht auf der Höhe derZeit... Unter den Sozialtheorien ist unstreitig die Kritik die vollendetste ... In ihr kommt das Liebesprinzip des Christentums, das wahre Sozialprinzip, zum reinsten Vollzug, und es wird das letzte mögliche Experiment gemacht, die Ausschließlichkeit [und] das Abstoßen den Menschen zu benehmen: ein Kampf gegen den Egoismus in seiner einfachsten und darum härtesten Form." (Das Buch, p. 177.)
Sankt Bruno.
„Dies Ich ist ... die Vollendung und der Höhepunkt einer vergangnen Geschichtsepoche. Der Einzige ist der letzte Zufluchtsort in der alten Welt, der letzte Schlupfwinkel, von wo aus sie ihre Angriffe" auf die kritische Kritik „machen kann ... Dieses Ich ist der gesteigertste, mächtigste und kräftigste Egoismus der alten Welt" (id est des Christentums). „... Dieses Ich ist die Substanz in ihrer härtesten Härte." (Wig. p. 124.) Nach diesem traulichen Zwiegespräch heben die beiden großen Kirchenväter das Konzil auf. Dann drücken sie sich stumm die Hand, der Einzige „vergißt sich selbst in süßer Selbstvergessenheit", ohne jedoch darüber „ganz zu verschwinden", und der Kritiker „lächelt" dreimal und „geht" dann „unaufhaltsam, siegsgewiß und siegreich seiner Wege".
II. Band
[Kritik des deutschen Sozialismus in seinen verschiedenen Propheten]

Der wahre Sozialismus
Dasselbe Verhältnis, das wir im ersten Bande (vgl. „Sankt Max", „Der politische Liberalismus") zwischen dem bisherigen deutschen Liberalismus und der französischen und englischen Bourgeoisie-Bewegung nachgewiesen haben, findet statt zwischen dem deutschen Sozialismus und der Proletariats' i bewegung Frankreichs und Englands. Neben den deutschen Kommunisten hat sich eine Anzahl Schriftsteller aufgetan, die einige französische und englische kommunistische Ideen aufgenommen und mit ihren deutsch-philosophischen Voraussetzungen verquickt haben. Diese „Sozialisten" oder „wahren Sozialisten", wie sie sich nennen, sehen in der kommunistischen Literatur des Auslandes nicht den Ausdruck und das Produkt einer wirklichen Bewegung, sondern rein theoretische Schriften, die ganz, wie sie es sich von den deutschen philosophischen Systemen vorstellen, aus dem „reinen Gedanken" hervorgegangen sind. Sie denken nicht daran, daß diesen Schriften, selbst wenn sie Systeme predigen, die praktischen Bedürfnisse, die ganzen Lebensverhältnisse einer bestimmten Klasse bestimmter Länder zugrunde liegen. Sie nehmen die Illusion mancher dieser literarischen Parteirepräsentanten, als handle es sich bei ihnen um die „vernünftigste" Ordnung der Gesellschaft und nicht um die Bedürfnisse einer bestimmten Klasse und Epoche, auf Treu und Glauben an. Die deutsche Ideologie, in der diese „wahren Sozialisten" befangen sind, erlaubt ihnen nicht, das wirkliche Verhältnis zu betrachten. Ihre Tätigkeit gegenüber den „unwissenschaftlichen" Franzosen und Engländern besteht nun darin, vor allen Dingen die Oberflächlichkeit oder den „rohen" Empirismus dieser Ausländer gehörig der Verachtung des deutschen Publikums preiszugeben, der „deutschen Wissenschaft" einen Hymnus zu singen und ihr die Mission zü geben, die Wahrheit des Kommunismus und Sozialismus, den absoluten, den wahren Sozialismus erst an den Tag zu bringen. Sie geben sich auch sogleich an die Arbeit, um als Vertreter der „deutschen Wissenschaft" diese Mission zu erfüllen, obwohl
in den meisten Fällen diese „deutsche Wissenschaft" ihnen fast ebenso fremd geblieben ist wie die Originalschriften der Franzosen und Engländer, die sie nur aus den Kompilationen von Stein undOelckers'-161-' etc. kennen. Und worin besteht diese „ Wahrheit", die sie dem Sozialismus und Kommunismus geben? Sie suchen sich die ihnen teils Wegen ihrer Unkenntnis schon des bloß literarischen Zusammenhangs, teils wegen ihrer erwähnten falschen Auffassung der sozialistischen und kommunistischen Literatur gänzlich unerklärlichen Ideen dieser Literatur mit Hülfe der deutschen, namentlich Hegeischen und Feuerbachschen Ideologie klarzumachen. Sie heben die kommunistischen Systeme, Kritiken und Streitschriften ab von der wirklichen Bewegung, deren bloßer Ausdruck sie sind, und bringen sie dann in einen willkürlichen Zusammenhang mit der deutschen Philosophie. Sie trennen das Bewußtsein bestimmter geschichtlich bedingter Lebenssphären von diesen Lebenssphären und messen es an dem wahren, absoluten, d. h. deutsch-philosophischen Bewußtsein. Sie verwandeln ganz konsequent die Verhältnisse dieser bestimmten Individuen in Verhältnisse „des Menschen", sie erklären sich die Gedanken dieser bestimmten Individuen über ihre eignen Verhältnisse dahin, daß sie Gedanken über „den Menschen" seien. Sie sind damit vom wirklichen geschichtlichen Boden auf den Boden der Ideologie zurückgekommen und können nun, da sie den wirklichen Zusammenhang nicht kennen, mit Hülfe der „absoluten" oder einer andern ideologischen Methode leicht einen phantastischen Zusammenhang konstruieren. Diese Übersetzung der französischen Ideen in die Sprache der deutschen Ideologen und dieser willkürlich fabrizierte Zusammenhang zwischen dem Kommunismus und der deutschen Ideologie bilden dann den sogenannten „wahren Sozialismus", der, wie die englische Konstitution von den Tories[162V für „den Stolz der Nation und den Neid aller Nachbarvölker" ausposaunt wird. Dieser „wahre Sozialismus" ist also weiter nichts als die Verklärung des proletarischen Kommunismus und der ihm mehr oder minder verwandten Parteien und Sekten Frankreichs und Englands im Himmel des deutschen Geistes und, wie wir ebenfalls sehen werden, des deutschen Gemütes. Der^ wahre Sozialismus, der auf der „Wissenschaft" zu beruhen vorgibt, ist vor allen Dingen selbst wieder eine esoterische Wissenschaft; seine theoretische Literatur ist nur für Die, die in die Mysterien des „denkenden Geistes" eingeweiht sind. Er hat aber auch eine exoterische Literatur, er muß, schon weil er sich um gesellschaftliche, exoterische Verhältnisse kümmert, eine Art Propaganda machen. In dieser exoterischen Literatur appelliert er nicht mehr an den deutschen „denkenden Geist", sondern an das deutsche „Gemüt". Dies ist um so leichter, als der wahre Sozialismus, dem es nicht mehr um die
wirklichen Menschen, sondern um „den Menschen" zu tun ist, alle revolutionäre Leidenschaft verloren hat und an ihrer Stelle allgemeine Menschenliebe proklamiert. Er wendet sich somit nicht an die Proletarier, sondern an die beiden zahlreichsten Menschenklassen Deutschlands, an die Kleinbürger und ihre philanthropischen Illusionen und an die Ideologen ebendieser Kleinbürger, die Philosophen und Philosophenschüler; er wendet sich überhaupt an das gegenwärtig in Deutschland herrschende „gemeine" und ungemeine Bewußtsein. Es war nach den in Deutschland faktisch vorliegenden Verhältnissen notwendig, daß sich diese Zwischensekte bildete, daß eine Vermittlung des Kommunismus mit den herrschenden Vorstellungen versucht wurde. Es war ebenso notwendig, daß eine Menge deutscher Kommunisten, die von der Philosophie ausgingen, erst durch einen solchen Übergang zum Kommunismus kamen und noch kommen, während Andere, die den Schlingen der Ideologie sich nicht entwinden können, diesen wahren Sozialismus bis an ihr seliges Ende predigen werden. Wir können daher nicht wissen, ob diejenigen der „wahren Sozialisten", deren hier kritisierte Schriften vor einiger Zeit verfaßt wurden, diesen Standpunkt noch behaupten oder ob sie weitergegangen sind. Wir haben überhaupt gegen die Personen nichts, wir nehmen bloß die gedruckten Aktenstücke als Ausdruck einer für ein so versumpftes Land wie Deutschland unvermeidlichen Richtung. Außerdem aber hat der wahre Sozialismus allerdings einer Masse jungdeutscher Belletristen[163], Wunderdoktoren und sonstiger Literaten eine Tür eröffnet zur Exploitation der sozialen Bewegung. Der Mangel wirklicher, leidenschaftlicher, praktischer Parteikämpfe in Deutschland machte auch die soziale Bewegung anfangs zu einer bloß literarischen. Der wahre Sozialismus ist die vollkommenste soziale Literaturbewegung, die ohne-wirkliche Parteiinteressen entstand und nun, nachdem die kommunistische Partei sich formiert hat, trotz ihr fortbestehen will. Es versteht sich, daß seit dem Entstehen einer wirklichen kommunistischen Partei in Deutschland die wahren Sozialisten immer mehr auf Kleinbürger als Publikum und impotente und verlumpte1 Literaten als Repräsentanten dieses Publikums sich beschränken werden.
1 MEGA: impotente verlumpte

I „Die Rheinischen Jahrbücher" [164J oder. ' Die Philosophie des wahren Sozialismus
A) „Communismus, Socialismus, Humanismus"[165] „Rheinf ische] Jahrbfücher]" l.Bd., p. 167ff.
Wir beginnen mit diesem Aufsatz, weil er den deutsch-nationalen Charakter des wahren Sozialismus mit vollständigem Bewußtsein und großem Selbstgefühl zur Schau trägt. p. 168. „Es scheint, als ob Sie Franzosen ihre eignen Genies nicht verständen. Hier kommt ihnen die deutsche Wissenschaft zu Hülfe, die im Sozialismus, wenn bei der Vernunft eine Steigerung gilt, die vernünftigste Ordnung der Gesellschaft gibt." Hier gibt also „die deutsche Wissenschaft" eine, und zwar „die vernünftigste", „Ordnung der Gesellschaft" „im Sozialismus". Der Sozialismus wird ein bloßer Zweig der allmächtigen, allweisen, Alles umfassenden deutschen Wissenschaft, die sogar eine Gesellschaft stiftet. Der Sozialismus ist zwar ursprünglich französisch, aber die französischen Sozialisten waren „an sich" Deutsche, weshalb auch die wirklichen Franzosen sie „nicht verstanden". Daher kann unser Verfasser sagen: „Der Kommunismus ist französisch, der Sozialismus deutsch; ein Glück ist es für die Franzosen, daß sie einen so glücklichen gesellschaftlichen Instinkt haben, der ihnen einst die wissenschaftlichen Studien wird ersetzen helfen. Dieses Resultat lag in dem Entwicklungsgange beider Völker vorgezeichnet; die Franzosen kamen durch die Politik zum Kommunismus" (nun weiß man natürlich, wie das französische Volk zum Kommunismus kam), „die Deutschen durch die Metaphysik, die zuletzt in Anthropologie umschlug, zum Sozialismus" (nämlich zum „wahren Sozialismus"). „Beide lösen sich zuletzt in Humanismus auf." Nachdem man den Kommunismus und Sozialismus in zwei abstrakte Theorien, zwei Prinzipien verwandelt hat, ist natürlich nichts leichter, als eine beliebige Hegeische Einheit dieser beiden Gegensätze unter einem beliebigen unbestimmten Namen zu phantasieren. Womit nicht nurein durchdringender
Blick in „den Entwicklungsgang beider Völker" geworfen, sondern auch die Erhabenheit des spekulierenden Individuums über Franzosen und Deutsche glänzend dargetan ist. Übrigens ist dieser Satz ziemlich wörtlich kopiert aus demPüttmannschen „Bürgerbuch", p. 43[166] und anderwärts; wie denn auch die „wissenschaftlichen Studien" des Verfassers über den Sozialismus sich auf eine konstruierende Reproduktion der in diesem Buche, den „Einundzwanzig Bogen" und anderen Schriften aus der Entstehüngsepoche des deutschen Kommunismus gegebenen Ideen beschränken. Wir geben nur einige Proben von den in diesem Aufsatze erhobenen Einwendungen gegen den Kommunismus. p. 168. „Der Kommunismus verbindet die Atome zu keinem organischen Ganzen." Die Verbindung von „Atomen" zu einem „organischen Ganzen" ist ebensowenig zu verlangen wie die Quadratur des Zirkels. „Wie der Kommunismus faktisch in Frankreich, seinem Hauptsitz, vertreten wird, ist er der rohe Gegensatz gegen die egoistische Zerfallenheit des Krämerstaats, über diesen politischen Gegensatz kommt er nicht hinaus, gelangt zu keiner unbedingten, Voraussetzungslosen Freiheit." (ibidem.) Voilä1 das deutsch-ideologische Postulat der „unbedingten, voraussetzungslosen Freiheit", die nur die praktische Formel für das „unbedingte, voraussetzungslose Denken" ist. Der französische Kommunismus ist allerdings „roh", weil er der theoretische Ausdruck eines wirklichen Gegensatzes ist, über den er nach unsrem Verfasser aber dadurch hinaus sein sollte, daß er diesen Gegensatz in der Einbildung als schon überwunden unterstellt. Vergleiche übrigens „Bürgerbuch" u. a. p. 43. „ Innerhalb des Kommunismus kann die Tyrannei recht wohl fortbestehen, weil er nicht die Gattung fortbestehen läßt." p. 168. Arme Gattung! Bisher hat die „Gattung" gleichzeitig mit der „Tyrannei" bestanden; aber eben weil der Kommunismus die „Gattung" abschafft, deswegen kann er die „Tyrannei" fortbestehen lassen. Und wie fängt es nach unsrem wahren Sozialisten der Kommunismus an, „die Gattung" abzuschaffen? Er „hat die Masse vor sich", (ibidem.) „Der Mensch wird im Kommunismus seines Wesens nicht bewußt ... seine Abhängigkeit wird durch den Kommunismus auf das letzte, brutalste Verhältnis gebratht, auf die Abhängigkeit von der rohen Materie - Trennung von Arbeit und Genuß. Der Mensch gelangt zu keiner freien sittlichen Tätigkeit."
1 da haben wir
Um die „wissenschaftlichen Studien" zu würdigen, welche unsrem wahren Sozialisten zu diesem Satz verholfen haben, vergleiche man folgenden Satz: „Die französischen Sozialisten und Kommunisten ... haben das Wesen des Sozialismus theoretisch keineswegs erkannt ... selbst die radikalen" (französischen) „Kommunisten sind noch keineswegs über den Gegensatz von Arbeit und Genuß hinaus ... haben sich noch nicht zum Gedanken der freien Tätigkeit erhoben ... Der Unterschied zwischen dem Kommunismus und der Krämerwelt ist nur der, daß die vollständige Entäußerung des wirklichen menschlichen Eigentums im Kommunismus aller Zufälligkeit enthoben, d. h. idealisiert werden soll." „Bürgerbuch", p. 43. Unser wahrer Sozialist wirft also hier den Franzosen vor, daß sie ein richtiges Bewußtsein ihrer faktischen gesellschaftlichen Zustände haben, während sie das Bewußtsein „des Menschen" über „sein Wesen" zutage fördern sollten. Alle Vorwürfe dieser wahren Sozialisten gegen die Franzosen laufen darauf hinaus, daß die Feuerbachsche Philosophie nicht die letzte Pointe ihrer gesamten Bewegung ist. Wovon der Verfasser ausgeht, ist der vorgefundene Satz von der Trennung von Arbeit und Genuß. Statt mit diesem Satze anzufangen, dreht er ideologisch die Sache um, fängt an mit dem fehlenden Bewußtsein des Menschen, schließt daraus auf die „Abhängigkeit von der rohen Materie" und läßt diese sich realisieren in der „Trennung von Arbeit und Genuß". Wir werden übrigens noch Exempel davon sehen, wohin unser wahrer Sozialist mit seiner Unabhängigkeit „von der rohen Materie" kommt. - Überhaupt sind diese Herren alle von merkwürdigem Zartgefühl. Alles, namentlich die Materie, schockiert sie, überall klagen sie über Roheit. Oben hatten wir schon den „rohen Gegensatz", jetzt das „brutalste Verhältnis" der „Abhängigkeit von der rohen Materie".
Der Deutsche öffnet den Mund weit: Die Liebe sei nicht zu roh, Sie schadet sonst der Gesundheit. Natürlich, die deutsche Philosophie in ihrer Verkleidung als Sozialismus geht zwar zum Schein auf die „rohe Wirklichkeit" ein, aber sie hält sich immer in anständiger Entfernung von ihr und ruft ihr mit hysterischer Gereiztheit zu: Noli me tangere!1 Nach diesen wissenschaftlichen Einwürfen gegen den französischen Kommunismus kommen wir auf einige historische Erörterungen, die von der „freien sittlichen Tätigkeit" und den „wissenschaftlichen Studien" unsres wahren Sozialisten wie auch von seiner Unabhängigkeit von der rohen Materie glänzendes Zeugnis ablegen.
1 Rühr mich nicht an!
p. 170 kommt er zu dem „Resultate", daß „der" (abermals) „rohe französische Kommunismus" der einzige ist, den es „gibt". Die Konstruktion dieser Wahrheit a priori wird mit großem „gesellschaftlichem Instinkt" durchgeführt und zeigt, daß „der Mensch seines Wesens sich bewußt" geworden ist. Man höre: „Es gibt keinen andern, denn was Weitling gegeben hat, ist nur eine Verarbeitung fourieristischer und kommunistischer Ideen, wie er sie in Paris und Genf kennenlernte." „Es gibt keinen" englischen Kommunismus, „denn was Weitling" usw. Thomas Morus, die Levellers[168],Owen,Thompson,Watts, Holyoake, Harney, Morgan, Southwell, Goodwyn Barmby, Greaves, Edmonds, Hobson, Spence werden sich sehr wundern, resp. im Grabe umdrehen, wenn ihnen zu Ohren kommt, wie sie keine Kommunisten sind, „denn" Weitling ging nach Paris und Genf. Übrigens scheint der Weitlingsche Kommunismus doch auch ein andrer zu sein als der „rohe französische", vulgo Babouvismus, da er auch „fourieristische Ideen" enthält. „Die Kommunisten waren besonders stark in der Aufstellung von Systemen oder gleich fertigen Gesellschaftsordnungen (Cabets Ikarien, ,La Felicite' t169!, Weitling). Alle Systeme aber sind dogmatisch-diktatorisch." p. 170. Mit seiner Meinungsabgabe über Systeme überhaupt hat der wahre Sozialismus sich natürlich der Mühe überhoben, die kommunistischen Systeme selbst kennenzulernen. Mit einem Schlage hat er nicht nur Ikarien11701, sondern auch alle philosophischen Systeme von Aristoteles bis Hegel, das systeme de la nature[171], das Linnesche und Jussieusche Pflanzensystem und sogar das Sonnensystem überwunden. Was übrigens die Systeme selbst angeht, so sind diese fast alle im Anfange der kommunistischen Bewegung aufgekommen und dienten damals der Propaganda als Volksromane, die dem noch unentwickelten Bewußtsein der sich eben in Bewegung setzenden Proletarier vollkommen entsprachen. Cabet selbst nennt seine „ Icarie " einen roman philösophique1 und ist keineswegs aus seinem System, sondern aus seinen Streitschriften, überhaupt aus seiner ganzen Tätigkeit als Parteichef zu beurteilen. Einige dieser Romane, z.B. das Fouriersche System, sind mit wirklich poetischem Geiste, andere, wie das Owensche und Cabetsche, ohne alle Phantasie mit kaufmännischer Berechnung oder juristisch-schlauem Anschmiegen an die Anschauungen der zu bearbeitenden Klasse ausgeführt. Diese Systeme verlieren bei der Entwicklung der Partei alle Bedeutung und
1 philosophischen Roman
werden höchstens nominell als Stichwörter beibehalten. Wer glaubt in Frankreich an Ikarien, wer in England an die verschiedenen modifizierten Pläne Owens, die er selbst je nach veränderten Zeitumständen oder mit Rücksicht auf Propaganda unter bestimmten Klassen predigte? Wie wenig der wirkliche Inhalt dieser Systeme in ihrer systematischen Form liegt, beweisen am besten die orthodoxen Fourieristen der „Democratie pacifique", die bei all ihrer Orthodoxie die geraden Antipoden Fouriers, doktrinäre Bourgeois sind. Der eigentliche Inhalt aller epochemachenden Systeme sind die Bedürfnisse der Zeit, in der sie entstanden. Jedem derselben liegt die ganze vorhergegangne Entwicklung einer Nation, die geschichtliche Gestaltung der Klassenverhältnisse mit ihren politischen, moralischen, philosophischen und andern Konsequenzen zugrunde. Dieser Basis und diesem Inhalt der kommunistischen Systeme gegenüber ist mit dem Satz, daß alle Systeme dogmatisch-diktatorisch sind, gar nichts ausgerichtet. Den Deutschen lagen keine ausgebildeten Klassenverhältnisse vor wie den Engländern und Franzosen. Die deutschen Kommunisten konnten daher die Basis ihres Systems nur aus den Verhältnissen des Standes nehmen, aus dem sie hervorgingen. Daß daher das einzige existierende deutsche kommunistische System eine Reproduktion der französischen Ideen innerhalb der durch die kleinen Handwerkerverhältnisse beschränkten Anschauungsweise war, ist ganz natürlich. Die Tyrannei, die innerhalb des Kommunismus fortbesteht, zeigt „der Wahnsinn Cabets, welcher verlangt, daß alle Welt auf seinen ,Populaire' abonnieren soll".p. 168. Wenn unser Freund Forderungen, die ein Parteichef, durch bestimmte Umstände* und die Gefahr der Zersplitterung beschränkter Geldmittel gezwungen, an seine Partei stellt, zuerst verdreht und dann an dem „Wesen des Menschen" mißt, so muß er allerdings zu dem Resultate kommen, daß dieser Parteichef und alle andern Parteileute „wahnsinnig", dagegen bloß unparteiische Gestalten, wie er und das „Wesen des Menschen", gesunden Verstandes seien. Er möge übrigens aus Cabets „Ma ligne droite" das wahre Sachverhältnis kennenlernen. Schließlich faßt sich der ganze Gegensatz unsres Verfassers und überhaupt der deutschen wahren Sozialisten und Ideologen gegen die wirklichen Bewegungen andrer Nationen in einem klassischen Satze zusammen. Die Deutschen beurteilen Alles sub specie aeterni1 (nach dem Wesen des Menschen), die Ausländer sehen alles praktisch, nach den wirklich vorliegenden Menschen und Verhältnissen. Die Ausländer denken und handeln für die Zeit, die Deutschen für die Ewigkeit. Dies gesteht unser wahrer Sozialist folgendermaßen ein: 1 vom Gesichtspunkt der Ewigkeit
„Schon durch seinen Namen, den Gegensatz gegen die Konkurrenz, zeigt der Kommunismus seine Einseitigkeit; soll denn aber diese Befangenheit, die wohl jetzt als Parteiname ihre Geltung haben kann, ewig währen?" , Nach dieser gründlichen Vernichtung des Kommunismus geht unser Verfasser auf seinen Gegensatz, den Sozialismus, über. „Der Sozialismus gibt die anarchische Ordnung, die der menschlichen Gattung, wie dem Universum, wesentlich eigentümlich ist" (p. 170) und ebendeshalb für „die menschliche Gattung" bisher nicht existiert hat. Die freie Konkurrenz ist zu „roh", um unsrem wahren Sozialisten als „anarchische Ordnung" zu erscheinen. ' „Voll Vertrauen auf den sittlichen Kern der Menschheit" dekretiert „der Sozialismus", daß'„die Vereinigung der Geschlechter nur die höchste Steigerung der Liebe ist und sein sollte, denn nur das Natürliche ist wahr, und das Wahre ist sittlich." p.171. Der Grund, weshalb „die Vereinigung etc. etc. ist und sein sollte", paßt auf Alles. Z.B. „Voll Vertrauen auf den sittlichen Kern" des Affengeschlechts kann „der Sozialismus" ebenfalls dekretieren, daß die bei den Affen sich natürlich vorfindende Onanie „nur die höchste Steigerung der" Selbstliebe ist und sein sollte; denn nur das Natürliche ist wahr, und das Wahre ist sittlich." Woher der Sozialismus den Maßstab dessen nimmt, was „natürlich" ist, läßt sich schwer sagen. „Tätigkeit und Genuß fallen in des-Menschen Eigentümlichkeit zusammen. Durch diese werden jene beiden bestimmt, nicht durch die außer uns stehenden Produkte." „Da nun aber diese Produkte zur Tätigkeit, das ist zum wahren Leben unumgänglich sind, dieselben aber durch die gemeinsame Tätigkeit der gesamten Menschheit sich von Letzterer gleichsam abgelöst haben, so sind oder sollen sie auch für Alle das gemeinsame Substrat weiterer Entwicklung sein (Gütergemeinschaft)." „Unsre heutige Gesellschaft ist freilich so verwildert, daß Einzelne in tierischem Heißhunger über die Produkte fremder Arbeit herfallen und dabei untätig ihr eignes Wesen verfaulen lassen (Rentiers); wovon wieder die notwendige Konsequenz ist, daß Andere, deren Eigentum (ihr eignes menschliches Wesen) nicht durch Untätigkeit, sondern durch aufreibende Anspannung verkümmert, zu maschinenmäßigem Produzieren getrieben werden (Proletarier) ... Beide Extreme unsrer Gesellschaft aber, Rentiers und Proletarier, stehen auf Einer Stufe der Bildung, Beide sind abhängig von den Dingen außer ihnen" oder „Neger", wie Sankt Max sagen würde, p. 169, 170. Diese obigen „Resultate" unsres „Mongolen" über „Unser Negertum" sind das Vollendetste, was der wahre Sozialismus bis jetzt „als zum wahren Leben unumgängliches Produkt gleichsam von sich abgelöst hat" und wovon
er nach „des Menschen Eigentümlichkeit" glaubt, daß „die gesamte Menschheit" darüber „in tierischem Heißhunger herfallen" müsse. „Rentiers", „Proletarier", „maschinenmäßig", „Gütergemeinschaft" diese vier Vorstellungen sind jedenfalls für unsren Mongolen „außer ihm stehende Produkte", in Beziehung auf welche seine „Tätigkeit" und sein „Genuß " darin besteht, sie als die bloß antizipierten Namen für die Resultate seines eignen „maschinenmäßigen Produzierens" darzustellen. x Wir erfahren, daß die Gesellschaft verwildert ist und daß deshalb die Individuen, die ebendiese Gesellschaft bilden, an allerhand Gebrechen leiden. Die Gesellschaft wird getrennt von diesen Individuen, verselbständigt, sie verwildert auf eigne Faust, und erst in Folge dieser Verwilderung leiden die Individuen. Die erste Folge dieser Verwilderung sind die Bestimmungen Raubtier, untätig und Inhaber eine! „verfaulenden eignen Wesens", worauf wir zu unsrem Schrecken erfahren, daß diese Bestimmungen „der Rentier" sind. Dabei ist nur zu bemerken, daß dies „Verfaulenlassen des eignen Wesens" weiter nichts ist als eine philosophisch mystifizierte Manier, sich über die „Untätigkeit" klarzuwerden, von deren praktischer Beschaffenheit man wenig zu wissen scheint. Die zweite „notwendige Konsequenz" dieser ersten Folge der Verwilderung sind die beiden Bestimmungen: „Verkümmern des eignen menschlichen Wesens durch aufreibende Anspannung" und „Getriebenwerden zu maschinenmäßigem Produzieren". Diese beiden Bestimmungen sind die notwendige „Konsequenz davon, daß die Rentiers ihr eignes Wesen verfaulen lassen", und heißen in der profanen Sprache, wie wir wiederum mit Schrecken erfahren, „der Proletarier".v Der Kausalnexus des Satzes ist also folgender: Daß Proletarier existieren und maschinenmäßig arbeiten, findet sich als Tatsache vor. Warum müssen die Proletarier „maschinenmäßig produzieren"? Weil die Rentiers „ihr eignes Wesen verfaulen lassen". Warum lassen die Rentiers ihr eignes Wesen verfaulen? Weil „unsre heutige Gesellschaft so verwildert ist". Warum ist sie so verwildert? Das frage deinen Schöpfer. Charakteristisch ist für unsren wahren Sozialisten, daß er in dem Gegensatz von Rentiers und Proletariern „die Extreme unsrer Gesellschaft" sieht. Dieser Gegensatz, der so ziemlich auf allen einigermaßen entwickelten Gesellschaftsstufen existiert hat und seit undenklicher Zeit von allen Moralisten breitgeschlagen ist, wurde namentlich ganz im Anfange der proletarischen Bewegung wieder hervorgesucht, zu einer Zeit, wo das Proletariat mit der industriellen und kleinen Bourgeoisie noch gemeinsame Interessen hatte. Vergleiche z.B. Cobbetts und P.L.Couriers Schriften oder Saint-Simon, der
im Anfange die industriellen Kapitalisten noch zu den travailleurs1 rechnete, im Gegensatz zu den oisifs2, den Rentiers. Diesen trivialen Gegensatz auszusprechen, und zwar nicht in der gewöhnlichen, sondern in der heiligen philosophischen Sprache, für diese kindliche Einsicht nicht den passenden, sondern einen verhimmelten, abstrakten Ausdruck zu geben, darauf reduziert sich die Gründlichkeit der im wahren Sozialismus vollendeten deutschen Wissenschaft hier wie in allen andern Fällen. Dieser Gründlichkeit setzt dann auch der Schluß die Krone auf. Hier verwandelt unser wahrer Sozialist die ganz verschiedenen Bildungsstufen der Proletarier und Rentiers in „eine Stufe der Bildung", weil er von ihren wirklichen Bildungsstufen Umgang nehmen und sie unter die philosophische Phrase „Abhängigkeit von den Dingen außer ihnen" subsumieren kann. Hier hat der wahre Sozialismus die Bildungsstufe gefunden, auf der die Verschiedenheit aller Bildungsstufen in den drei Naturreichen, der Geologie und Geschichte sich vollständig in nichts auflöst. Trotz seines Hasses gegen die „Abhängigkeit von den Dingen3 außer ihm" gesteht der wahre Sozialist doch ein, daß er von ihnen abhängig ist, „da die Produkte", d. h. eben diese Dinge, „zur Tätigkeit" und „zum wahren Leben unumgänglich sind". Dies verschämte Geständnis wird gemacht, um einer philosophischen Konstruktion der Gütergemeinschaft Bahn zu brechen, einer Konstruktion, die in so baren Unsinn verläuft, daß sie bloß der Aufmerksamkeit des Lesers zu empfehlen ist. Wir kommen jetzt zu dem ersten der oben zitierten Sätze. Hier wird wieder die „Unabhängigkeit von den Dingen" für die Tätigkeit und den Genuß in Anspruch genommen. Tätigkeit und Genuß „werden bestimmt" durch „die Eigentümlichkeit des Menschen". Statt diese Eigentümlichkeit in der Tätigkeit und dem Genuß der ihn umgebenden Menschen nachzuweisen, wo er sehr bald gefunden haben würde, inwiefern hier die außer uns stehenden Produkte ebenfalls mitsprechen, läßt er Beide in „der Eigentümlichkeit des Menschen zusammenfallen". Statt die Eigentümlichkeit der Menschen in ihrer Tätigkeit und der dadurch bedingten Weise des Genusses sich zur Anschauung zu bringen, erklärt er Beide aus der „Eigentümlichkeit des Menschen", wo dann alle Diskussion abgeschnitten ist. Von der wirklichen Handlung des Individuums flüchtet er sich wieder in seine unbeschreibliche, unnahbare Eigentümlichkeit. Wir sehen hier übrigens, was die wahren Sozialisten unter der „freien Tätigkeit" verstehen. Unser Verfasser verrät uns unvorsichtigerweise, daß sie die Tätigkeit ist, die „nicht durch die Dinge außer uns bestimmt wird", d. h. der actus purus, die reine, absolute Tätig
1 Arbeitern - 2 Müßiggängern - 3 MEGA: Abhängigkeit von Dingen
keit, die nichts als Tätigkeit ist und in letzter Instanz wieder auf die Illusion vom „reinen Denken" hinausläuft. Diese reine Tätigkeit wird natürlich sehr verunreinigt, wenn sie ein materielles Substrat und ein materielles Resultat hat; der wahre Sozialist befaßt sich nur widerstrebend mit solcher unreinen Tätigkeit und verachtet ihr Produkt, das nicht mehr „Resultat", sondern „nur ein Abfall vom Menschen" genannt wird (p. 169). Das Subjekt, das dieser reinen Tätigkeit zugrunde liegt, kann daher auch kein wirklicher sinnlicher Mensch, sondern nur der denkende Geist sein. Die so verdeutschte „freie Tätigkeit" ist nur eine andere Formel für die obige „unbedingte, voraussetzungslose Freiheit". Wie sehr übrigens dies Gerede von der „freien Tätigkeit", das bei den wahren Sozialisten nur dazu dient, ihre Unkenntnis der wirklichen Produktion zu verhüllen, in letzter Instanz auf das „reine Denken" hinausläuft, beweist unser Verfasser schon dadurch, daß das Postulat der wahrhaften Erkenntnis sein letztes Wort ist.
„Diese Sonderung der beiden Hauptparteien der Zeit" (nämlich des französischen rohen Kommunismus und des deutschen Sozialismus) „hat sich durch die Entwicklung der letzten zwei Jahre ergeben, wie sie namentlich in Heß* .Philosophie der That'Herweghs .Einundzwanzig Bogen' - begann. Es war somit an der Zeit, auch einmal die Schibboleths der gesellschaftlichen Parteien näher zu beleuchten." p. 173. Wir haben hier also auf der einen Seite die wirklich existierende kommunistische Partei in Frankreich mit ihrer Literatur und auf der andern einige deutsche Halbgelehrte, die sich die Ideen dieser Literatur philosophisch zu verdeutlichen streben. Diese letzteren gelten ebensogut wie die ersteren für eine „Hauptpartei der Zeit'1, also für eine Partei, die nicht nur für ihren nächsten Gegensatz, die französischen Kommunisten, sondern auch für die englischen Chartisten und Kommunisten, die amerikanischen Nationalreformer und überhaupt alle andern Parteien „der Zeit" von unendlicher Wichtigkeit ist. Leider wissen alle diese Parteien nichts von der Existenz dieser „Hauptpartei". Es ist aber seit geraumer Zeit die Manier der deutschen Ideologen, daß jede ihrer literarischen Fraktionen, besonders die, die „am weitesten zu gehen" wähnt, sich nicht nur für „eine Hauptpartei", sondern geradezu für „die Hauptpartei der Zeit" erklärt. Wir haben so unter andern „die Hauptpartei" der kritischen Kritik, „die Hauptpartei" des mit sich einigen Egoismus und jetzt „die Hauptpartei" der wahren Sozialisten. Deutschland kann es auf diese Weise noch zu einem ganzen Schock von „Hauptparteien" bringen, deren Existenz bloß in Deutschland und auch hier nur unter dem kleinen Stande der Gelehrten, Halbgelehrten und Literaten bekannt ist, während sie alle wähnen, die Kurbel der Weltgeschichte zu drehen, wenn sie das lange Garn ihrer eignen Phantasien spinnen.
29 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Diese „Hauptpartei" der wahren Sozialisten hat sich „durch die Entwicklung der letzten zwei Jahre ergeben, wie sie namentlich in Heß' Philosophie begann". D.h., sie hat „sich ergeben", als die Verwicklung unsres Verfassers in den Sozialismus „begann", nämlich in den „zwei letzten Jahren", womit es für ihn „an der Zeit war", sich vermittelst einiger „Schibboleths" über das, was er für „gesellschaftliche Parteien" hält, „auch einmal näher" zu erleuchten. Nachdem wir so mit dem Kommunismus und Sozialismus fertig geworden sind, führt uns unser Verfasser die höhere Einheit beider, den Humanismus, vor. Von diesem Augenblicke an betreten wir das Land „des Menschen", und von nun an trägt sich die ganze wahre Geschichte unsres wahren Sozialisten nur in Deutschland zu.
„In dem Humanismus nun lösen sich alle Namenstreitigkeiten auf; zu was Kommunisten, zu was Sozialisten ? Wir sind Menschen" (p. 172) - tous freres, tous amis1, Laßt uns nicht schwimmen gegen den Strom, Ihr Brüder, es hilft uns wenig! Laßt uns besteigen den Templower Berg Und rufen: Es lebe der König![172] Zu was Menschen, zu was Bestien, zu was Pflanzen, zu was Steine? Wir sind Körper! Folgt eine historische Auseinandersetzung, die auf der deutschen Wissenschaft basiert und die den Franzosen ihr „gesellschaftlicher Instinkt einst ersetzen helfen wird". Antike Zeit - Naivetät, Mittelalter - Romantik, neue Zeit - Humanismus. Durch diese drei Trivialitäten ist natürlich der Humanismus unsres Verfassers historisch konstruiert und als die Wahrheit der Humaniora[173-1 von ehedem erwiesen. Über dergleichen Konstruktionen vergleiche man „Sankt Max" im ersten Bande, der diesen Artikel viel kunstgerechter und weniger dilettantisch fabriziert, p. 172 wird uns berichtet, daß „die letzte Folge des Scholastizismus die Spaltung des Lebens ist, die Heß vernichtete". Die Theorie wird hier also als die Ursache der „Spaltung des Lebens" dargestellt. Man sieht nicht ein, weshalb diese wahren Sozialisten überhaupt von der Gesellschaft sprechen, wenn sie mit den Philosophen glauben, daß alle wirklichen Spaltungen durch Begriffsspaltungen hervorgerufen wurden.
1 alle Brüder, alle Freunde
Sie können sich in diesem philosophischen Glauben an die weltschöpferische und weltzerstörende Macht der Begriffe dann auch einbilden, ein beliebiges Individuum habe durch irgendwelche „Vernichtung" von Begriffen „die Spaltung des Lebens vernichtet". Bei diesen wahren Sozialisten wird, wie bei allen deutschen Ideologen, die literarische Geschichte fortwährend mit der wirklichen Geschichte als gleich wirkend durcheinandergeworfen. Diese Manier ist allerdings sehr begreiflich bei den Deutschen, die die miserable Rolle, die sie in der wirklichen Geschichte gespielt haben und fortwährend spielen, dadurch verdecken, daß sie die Illusionen, an denen sie so besonders reich waren, auf gleiche Stufe mit der Wirklichkeit stellen. Nun zu den „letzten zwei Jahren", in denen die deutsche Wissenschaft sämtliche Fragen gründlichst erledigt und den andern Nationen nichts mehr übrigläßt als die Ausführung ihrer Dekrete. „Das Werk der Anthropologie, die Wiedergewinnung seines" (Feuerbachs oder des Menschen?) „ihm entfremdeten Wesens durch den Menschen ward durch Feuerbach nur einseitig vollzogen, d. h. begonnen; er vernichtete die religiöse Illusion, die theoretische Abstraktion, den Gott-Menschen, während Heß die politische Illusion, die Abstraktion seines" (Hessens oder des Menschen?), „Vermögens, seiner Tätigkeit, d. i. das Vermögen zerstört. Nur durch die Arbeit des letzteren ward der Mensch von den letzten Mächten außer ihm befreit, zu sittlicher Tätigkeit befähigt - alle Uneigennützigkeit der früheren" (vorhessischen) „Zeit war nur eine scheinbare - und in seine Würde wieder eingesetzt: oder wo galt der Mensch früher" (vor Heß) „das, was er war? Wurde er nicht nach seinen Schätzen geschätzt? Sein Geld schaffte ihm seine Geltung."?. 171. Charakteristisch ist für alle diese hohen Worte von Befreiung usw., daß immer nur „der Mensch" der Befreite etc. ist. Obgleich es nach den obigen Aussprüchen scheint, als habe nun das „Vermögen", „Geld" usw. aufgehört, so erfahren wir doch im folgenden Satz: „Nun erst, nach Zerstörung dieser Illusionen" (das Geld ist, sub specie aeterni1 betrachtet, allerdings eine Illusion, l'or n'est qu'une chimere2), „kann an eine neue, menschliche Ordnung der Gesellschaft gedacht werden." (ibid.) Dies ist aber ganz überflüssig, denn „die Erkenntnis des Wesens des Menschen hat ein wahrhaft menschliches Leben zur natürlichen, notwendigen Folge", (p. 172.) Durch die Metaphysik, durch die Politik pp. zum Kommunismus oder Sozialismus kommen - diese bei den wahren Sozialisten sehr beliebten Phrasen besagen weiter nichts, als daß dieser oder jener Schriftsteller die ihm
1 vom Gesichtspunkt der Ewigkeit - 2 das Gold ist nur ein Hirngespinst
von Außen zugekommenen und aus ganz andern Verhältnissen entsprungenen kommunistischen Ideen sich in der Redeweise seines bisherigen Standpunkts angeeignet und ihnen den diesem Standpunkte entsprechenden Ausdruck gegeben hat. Ob einer oder der andre dieser Standpunkte bei einer ganzen Nation vorwiegt, ob ihre kommunistische Anschauungsweise politisch, metaphysisch oder sonst tingiert ist, hängt natürlich von der ganzen Entwicklung des Volkes ab. Unser Verfasser zieht aus der Tatsache, daß die Anschauungsweise der meisten französischen Kommunisten eine politische Färbung hat — einer Tatsache, der die andre gegenübersteht, daß sehr viele französische Sozialisten von der Politik gänzlich abstrahiert haben - den Schluß, daß die Franzosen „durch die Politik", durch ihre politische Entwicklung „zum Kommunismus gekommen seien". Dieser überhaupt in Deutschland sehr stark zirkulierende Satz beweist nicht, daß unser Verfasser von der Politik, namentlich der französischen politischen Entwicklung, oder vom Kommunismus irgend etwas weiß, sondern nur, daß er die Politik für eine selbständige Sphäre hält, die ihre eigne, selbständige Entwicklung hat, ein Glaube, den er mit allen Ideologen teilt. Ein anderes Stichwort der wahren Sozialisten ist das „wahre Eigentum", das „wahre, persönliche Eigentum", „wirkliche", „gesellschaftliche", „lebendige", „natürliche" ppp. Eigentum, wogegen sie höchst charakteristisch das Privateigentum als „sogenanntes Eigentum" bezeichnen. Wir haben schon im ersten Bande darauf hingewiesen, daß dieser Sprachgebrauch ursprünglich von den Saint-Simonisten herrührt, bei denen er indes nie diese deutsche metaphysisch-mysteriöse Form erreichte und bei denen er im Anfange der sozialistischen Bewegung gegenüber dem bornierten Geschrei der Bourgeois1 einigermaßen berechtigt war. Das Ende, das die meisten Saint-Simonisten genommen haben, beweist übrigens, wie leicht dies „wahre Eigentum" sich in „gewöhnliches Privateigentum" wieder auflöst. Wenn man sich den Gegensatz des Kommunismus zur Welt des Privateigentums in der rohsten Form vorstellt, d. h. in der abstraktesten2 Form, in der man alle wirklichen Bedingungen dieses Gegensatzes entfernt, so hat man den Gegensatz von Eigentum und Eigentumslosigkeit. Man kann dann die Aufhebung dieses Gegensatzes als Aufhebung der einen oder der andern Seite fassen, als Aufhebung des Eigentums, wobei die allgemeine Eigentumslosigkeit oder Lumperei herauskommt, oder als Aufhebung der Eigentumslosigkeit, die in der Herstellung des wahren Eigentums besteht. In der Wirklichkeit stehen auf der einen Seite die wirklichen Privateigentümer, auf der andern die
1 MEGA: Bourgeoisie - 2 MEGA: abstrakten
eigentumslosen kommunistischen Proletarier. Dieser Gegensatz wird täglich schärfer und drängt auf eine Krise hin. Wenn also die. theoretischen Vertreter der Proletarier irgend etwas durch ihre literarische Tätigkeit ausrichten wollen, so müssen sie vor Allem darauf dringen, daß alle Phrasen entfernt werden, die das Bewußtsein der Schärfe dieses Gegensatzes schwächen, alle Phrasen, die diesen Gegensatz vertuschen und wohl gar den Bourgeois Gelegenheit bieten, sich kraft ihrer philanthropischen Schwärmereien der Sicherheit halber den Kommunisten zu nähern. Alle diese schlechten Eigenschaften finden wir aber in den Stichwörtern der wahren Sozialisten, namentlich in dem „wahren Eigentum". Wir wissen sehr gut, daß die kommunistische Bewegung nicht durch ein paar deutsche Phrasenmacher verdorben werden kann. Aber es ist dennoch nötig, in einem Lande wie Deutschland, wo die philosophischen Phrasen seit Jahrhunderten eine gewisse Macht hatten und wo die Abwesenheit der scharfen Klassengegensätze andrer Nationen ohnehin dem kommunistischen Bewußtsein weniger Schärfe und Entschiedenheit gibt, allen Phrasen entgegenzutreten, die das Bewußtsein über den totalen Gegensatz des Kommunismus gegen die bestehende Weltordnung noch mehr abschwächen und verwässern könnten. Diese Theorie vom wahren Eigentum faßt das bisherige wirkliche Privateigentum nur als Schein, dagegen die aus diesem wirklichen Eigentum abstrahierte Vorstellung als Wahrheit und Wirklichkeit dieses Scheins, ist also durch und durch ideologisch. Sie spricht nur klarer und bestimmter die Vorstellungen der Kleinbürger aus, deren wohltätige Bestrebungen und fromme Wünsche ebenfalls auf die Aufhebung der Eigentumslosigkeit hinauslaufen. Wir haben in diesem Aufsatze wieder gesehen, welche borniert-nationale Anschauungsweise dem vorgeblichen Universalismus und Kosmopolitismus der Deutschen zugrunde liegt. Franzosen und Russen gehört das Land, Das Meer gehört den Briten, Wir aber besitzen im Luftreich des Traums Die Herrschaft unbestritten. Hier üben wir die Hegemonie, Hier sind wir unzerstückelt; Die andern Völker haben sich Auf platter Erde entwickelt.tl74] Dieses Luftreich des Traums, das Reich des „Wesens des Menschen", halten die Deutschen den andern Völkern mit gewaltigem Selbstgefühl als die Vollendung und den Zweck der ganzen Weltgeschichte entgegen; auf jedem Felde betrachten sie ihre Träumereien als schließliches Endurteil über die Taten
der andern Nationen, und weil sie überall nur das Zusehen und Nachsehen haben, glauben sie berufen zu sein, über alle Welt zu Gericht zu sitzen und die ganze Geschichte in Deutschland ihr letztes Absehen erreichen zu lassen. Daß dieser aufgeblasene und überschwengliche Nationalhochmut einer ganz kleinlichen, krämerhaften und handwerkermäßigen Praxis entspricht, haben wir bereits mehrere Male gesehen. Wenn die nationale Borniertheit überall widerlich ist, so wird sie namentlich in Deutschland ekelhaft, weil sie hier mit der Illusion, über die Nationalität und über alle wirklichen Interessen erhaben zu sein, denjenigen Nationalitäten entgegengehalten wird, die ihre nationale Borniertheit und ihr Beruhen auf wirklichen Interessen offen eingestehen. Übrigens findet sich unter allen Völkern das Beharren auf der Nationalität nur noch bei den Bourgeois und ihren Schriftstellern.
B) »Socialistische Bausteine"[1751 „Rheinf ischej Jahrbf ücher]u p. 155 seqq.
In diesem Aufsatze wird der Leser zunächst durch einen belletristischpoetischen Prolog auf die schwereren1 Wahrheiten des wahren Sozialismus vorbereitet. Der Prolog beginnt damit, als „Endzweck alles Strebens, aller Bewegungen, der schweren und unermüdeten Anstrengungen vergangener Jahrtausende"... „das Glück" zu konstatieren. Wir erhalten in einigen kurzen Zügen sozusagen eine Geschichte des Strebens nach Glück: „Als das Gebäude der alten Welt in Trümmer zerfiel, flüchtete sich das menschliche Herz mit seinen Wünschen hinüber in das Jenseits; dorthin übertrug es sein Glück." p. 156. Daher alles Pech der irdischen Welt. In der neuesten Zeit hat der Mensch dem Jenseits den Abschied gegeben, und unser wahrer Sozialist fragt nun: „Vermag er die Erde wiederum als das Land seines Glücks zu begrüßen? Hat er in ihr wieder seine ursprüngliche Heimat erkannt ? Warum trennt er dann noch länger Leben und Glück, warum hebt er die letzte Scheidewand nicht auf, welche das irdische Leben selbst noch immer in zwei feindliche Hälften spaltet?" (ibidem.) „Land meiner seligsten Gefühle!" etc. Er erläßt nun eine Einladung zu einem Spaziergange an „den Menschen", eine Einladung, die „der Mensch" mit Vergnügen akzeptiert. „Der Mensch" tritt in die „freie Natur" und entwickelt unter Anderm folgende Herzensergießungen eines wahren Sozialisten:
1 MEGA: schweren
„.I. bunte Blumen ... hohe und stolze Eichen ... ihr Wachsen und Blühen, ihr Leben ist ihre Befriedigung, ihr Glück ... eine unermeßliche Schar von kleinen Tieren auf den Wiesen ... Waldvögel... mutige Schar junger Rosse ... ich sehe" (spricht „der Mensch"), „daß diese Tiere kein anderes Glück kennen noch begehren als dasjenige, welches für sie in der Äußerung und im Genüsse ihres Lebens liegt. Wenn die Nacht herabsinkt, begegnet dem Blick meines Auges eine unzählbare Schar von Welten, welche nach ewigen Gesetzen im unendlichen Raum kreisend sich umschwingen. In diesen Schwingungen sehe ich eine Einheit von Leben, Bewegung und Glück." p. 157.
„Der Mensch" konnte noch eine Masse andrer Dinge in der Natur sehen, z. B. die größte Konkurrenz unter Pflanzen und Tieren, wie z. B. im Pflanzenreich, in seinem „Walde von hohen und stolzen Eichen" diese hohen und stQlzen Kapitalisten dem kleinen Gebüsch die Lebensmittel verkümmern und dies ebenfalls ausrufen könnte: terra, aqua, aere et igni interdicti sumus1; er konnte die Schmarotzerpflanzen, die Ideologen der Vegetation, sehen, ferner einen offenen Krieg zwischen den „Waldvögeln" und der „unermeßlichen Schar kleiner Tiere", zwischen dem Grase seiner „Wiesen" und der „mutigen Schar junger Rosse". Er konnte in der „unzählbaren Schar von Welten" eine ganze himmlische Feudalmonarchie mit Hintersassen und Inliegern sehen, von welchen letzteren einige, z. B. der Mond, eine sehr kümmerliche Existenz fristen, aere et aqua interdicti; ein Lehnswesen, in dem sogar die heimatlosen Vagabunden, die Kometen, eine ständische Gliederung erhalten haben, und in dem z. B. die zerschlagenen Asteroiden von zeitweiligen unangenehmen Auftritten zeugen, während die Meteorsteine, diese gefallnen Engel, sich verschämt durch „den unendlichen Raum" schleichen, bis sie irgendwo ein bescheidnes Unterkommen finden. Weiter hinaus würde er dann auf die reaktionären Fixsterne kommen.
„Alle diese Wesen finden in der Übung und Äußierung aller ihrer Lebensfähigkeiten, mit denen sie von der Natur begabt sind, zugleich ihr Glück, die Befriedigung und den Genuß ihres Lebens." D. h., in der gegenseitigen Einwirkung der Naturkörper aufeinander, in der Äußerung ihrer Kräfte findet „der Mensch", daß diese Naturkörper darin ihr Glück usw. finden. „Der Mensch" erhält nunmehr von unsrem wahren Sozialisten einen Verweis wegen seiner Zwietracht:
„Ist der Mensch nicht gleichfalls hervorgegangen aus der Urwelt, ein Geschöpf der Natur wie alle andern? Ist er nicht aus denselben Stoffen gebildet, mit denselben allge
1 von Erde, Wasser, Luft und Feuer sind wir ausgeschlossen worden
meinen Kräften und Eigenschaften begabt, welche alle Dinge beleben? Warum sucht er sein Glück auf der Erde noch immer in einem irdischen Jenseits?" p. 158. „Dieselben allgemeinen Kräfte; und Eigenschaften", die der Mensch mit „allen Dingen" gemein hat, sind Kohäsion, Undurchdringlichkeit, Volumen, Schwere usw., die man auf der ersten Seite jedes Lehrbuchs der Physik ausführlich verzeichnet findet. Wie hieraus ein Grund gezogen werden kann, warum der Mensch nicht „sein Glück in einem irdischen Jenseits suchen" sollte, ist schlechterdings nicht abzusehen. Aber, ermahnt er den Menschen: „Sehet die Lilien auf dem Felde." Ja, sehet die Lilien auf dem Felde, wie sie von den Ziegen verspeist, von „dem Menschen" ins Knopfloch verpflanzt werden, wie sie unter den unkeuschen Liebkosungen der Viehmagd und des Eselstreibers zusammenknicken! „Sehet die Lilien auf dem Felde, sie arbeiten nicht, sie spinnen nicht, und euer himmlischer Vater ernähret sie doch." Gehet hin und tut desgleichen! Nachdem wir so die Einheit „des Menschen" mit „allen Dingen" erfahren haben, erfahren wir nun seinen Unterschied von „allen Dingen". „Aber der Mensch erkennt sich, besitzt das Bewußtsein seiner selbst. Während in den andern Wesen die Triebe und Kräfte der Natur einzeln und unbewußt zur Erscheinung kommen, vereinigen sie sich im Menschen und gelangen in ihm zum Bewußtsein ... seine Natur ist der Spiegel der ganzen Natur, welche sich in ihm erkennt. Wohlan! Erkennt sich die Natur in mir, so erkenne ich in der Natur mich selbst, in ihrem Leben mein eignes Leben [.. .J So leben auch wir aus, was die Natur in uns hineingelegt hat." p.158. Dieser ganze Prolog ist ein Muster naiver philosophischer Mystifikation. Der wahre Sozialist geht von dem Gedanken aus, daß der Zwiespalt von Leben und Glück aufhören müsse. Um für diesen Satz einen Beweis zu finden, nimmt er die Natur zu Hülfe und unterstellt, daß in ihr dieser Zwiespalt nicht existiere, und hieraus schließt er, daß, da der Mensch ebenfalls ein Naturkörper sei und die allgemeinen Eigenschaften des Körpers besitze, für ihn dieser Zwiespalt ebenfalls nicht existieren dürfe. Mit viel größerem Rechte konnte Hobbes sein bellum omnium contra omnes1 aus der Natur beweisen und Hegel, auf dessen Konstruktion unser wahrer Sozialist fußt, in der Natur den Zwiespalt, die liederliche Periode der absoluten Idee erblicken und das Tier sogar die konkrete Angst Gottes nennen. Nachdem unser
1 [seinen] Krieg aller gegen alle
wahrer Sozialist die Natur so mystifiziert hat, mystifiziert er das menschliche Bewußtsein, indem er es zum „Spiegel" der so mystifizierten Natur macht. Natürlich, sobald die Äußerung des Bewußtseins den Gedankenausdruck eines frommen Wunsches über menschliche Verhältnisse der Natur untergeschoben, versteht es sich von selbst, daß das Bewußtsein nur der Spiegel ist, in dem die Natur sich selbst beschaut. Wie oben aus der Qualität des Menschen als bloßer Naturkörper, so hier aus seiner Qualität als bloßer passiver Spiegel, in dem die Natur zum Bewußtsein kommt, wird bewiesen, daß „der Mensch" den in der Natur als nicht existierend unterstellten Zwiespalt ebenfalls in seiner Sphäre aufzuheben habe. Doch sehen wir uns den letzten Satz, in dem sich der ganze Unsinn zusammenfaßt, näher an. Der Mensch besitzt Selbstbewußtsein, erstes Faktum, was ausgesagt wird. Die Triebe und Kräfte der einzelnen Naturwesen werden verwandelt in die Triebe und Kräfte „der Natur", die dann natürlich in diesen einzelnen Wesen vereinzelt „zur Erscheinung kommen". Diese Mystifikation war nötig, um nachher die Vereinigung dieser Triebe und Kräfte „der Natur" im menschlichen Selbstbewußtsein hervorzubringen. Hiermit wird dann auch ganz selbstredend das Selbstbewußtsein des Menschen verwandelt in das Selbstbewußtsein der Natur in ihm. Diese Mystifikation wird dadurch scheinbar wieder aufgelöst, daß der Mensch an der Natur Revanche nimmt und dafür, daß die Natur in ihm ihr Selbstbewußtsein findet, er nun in ihr das seinige sucht — eine Prozedur, wobei er natürlich nichts in ihr findet, als was er durch die oben beschriebne Mystifikation in sie hineingelegt hat. Er ist jetzt glücklich wieder dabei angekommen, wovon er im Anfange ausging, und dies Herumdrehen auf dem Absatz nennt man neuerdings in Deutschland ... Entwicklung. Nach diesem Prologe kommt die eigentliche Entwicklung des wahren Sozialismus.
Erster Baustein
p. 160. „Saint-Simon sagte auf seinem Totenbett zu seinen Schülern: Mein ganzes Leben faßt sich in Einen Gedanken zusammen: allen Menschen die freieste Enwicklung ihrer natürlichen Anlagen zu sichern. Saint-Simon war ein Verkündiger des Sozialismus." Dieser Satz wird nach der oben geschilderten Methode der wahren Sozialisten und in Verbindung1 mit der Naturmystifikation des Prologs verarbeitet.
1 MEGA: Methode der wahren Sozialisten in Verbindung
„Die Natur als Grundlage alles Lebens ist eine aus sich selbst hervorgehende' und auf sich selbst zurückgehende Einheit, welche alle die unzähligen Mannigfaltigkeiten ihrer Erscheinungen umfaßt und außer welcher Nichts ist." p. 158. Wir haben gesehen, wie man es anfängt, die verschiedenen Naturkörper und ihre gegenseitigen Verhältnisse in mannigfaltige „Erscheinungen" des geheimen Wesens dieser mysteriösen „Einheit" zu verwandeln. Neu ist in diesem Satze nur, daß die Natur einmal „die Grundlage alles Lebens" heißt und gleich darauf gesagt wird, daß „außer ihr Nichts ist", wonach sie „das Leben" ebenfalls umschließt und nicht seine bloße Grundlage sein kann. Auf diese Donnerworte folgt das Pivot1 des ganzen Aufsatzes:
„Jede dieser Erscheinungen, jedes Einzelleben besteht und entwickelt sich nur durch seinen Gegensatz, seinen Kampf mit der Außenwelt, beruht nur auf seiner Wechselwirkung mit dem Gesamtleben, mit dem es wiederum durch seine Natur zu einem Ganzen, zur organischen Einheit des Universums verknüpft ist." p. 158, 159. Dieser Pivotalsatz wird folgendermaßen näher erläutert:
„Das Einzelleben findet einerseits seine Grundlage, seine Quelle und Nahrung in dem Gesamtleben, andererseits sucht das Gesamtleben das Einzelleben in stetem Kampf zu verzehren und in sich aufzulösen." p. 159. Nachdem dieser Satz so von allem Einzelleben ausgesagt ist, kann er „demnach" auch auf den Menschen angewandt werden, wie dies auch wirklich geschieht:
„Der Mensch kann sich demnach nur in und durch das Gesamtleben entfalten." (Nr. I) ibid. Nun wird dem unbewußten Einzelleben das bewußte, dem allgemeinen Naturleben die menschliche Gesellschaft gegenübergestellt und dann der letztzitierte Satz unter folgender Form wiederholt:
„Ich kann meiner Natur nach nur in und durch die Gemeinschaft mit andern Menschen zur Entwicklung, zum selbstbewußten Genüsse meines Lebens gelangen, meines Glückes teilhaftig werden." (Nr. II) ibid. Diese Entwicklung des einzelnen Menschen in der Gesellschaft wird, wie oben beim „Einzelleben" überhaupt, weiter ausgeführt:
„Der Gegensatz des einzelnen zum allgemeinen Leben wird auch in der Gesellschaft die Bedingung zur bewußten menschlichen Entwicklung. Ich entwickle mich im steten Kampfe, in steter Gegenwirkung gegen die Gesellschaft, die mir als beschränkende Macht gegenübersteht, zur Selbstbestimmung, zur Freiheit, ohne welche
1 der Angelpunkt
kein Glück ist. Mein Leben ist eine fortwährende Befreiung, ein fortwährender Streit und Sieg über die bewußte und unbewußte Außenwelt, um sie mir zu unterwerfen und sie zum Genüsse meines Lebens zu verbrauchen. Der Trieb der Selbsterhaltung, das Streben nach eignem Glück, Freiheit, Befriedigung sind also natürliche, d. h. vernünftige Lebensäußerungen." (ibid.) Weiter.
„Ich verlange demnach von der Gesellschaft, daß sie mir die Möglichkeit gewährt, von ihr meine Befriedigung, mein Glück zu erkämpfen, daß sie meiner Kampfeslust ein Schlachtfeld eröffne. - Wie die einzelne Pflanze Boden, Wärme, Sonne, Luft und Regen verlangt, um zu wachsen, ihre Blätter, Blüten und Früchte zu tragen, so will auch der Mensch in der Gesellschaft die Bedingungen für die allseitige Ausbildung und Befriedigung aller seiner Bedürfnisse, Neigungen und Anlagen finden. Sie soll ihm die Möglichkeit zur Erringung seines Glücks bieten. Wie er sie benutzen, was er aus sich, aus seinem Leben machen wird, das hängt von ihm, von seiner Eigenheit ab. Uber mein Glück kann Niemand als ich selbst bestimmen." p. 159, 160. Folgt nun der von uns am Anfange dieses Bausteins zitierte Satz SaintSimons als Scblußresultat der ganzen Auseinandersetzung. Der französische Einfall ist somit durch die deutsche Wissenschaft begründet. Worin besteht diese Begründung? Der Natur waren bereits oben einige Ideen untergeschoben, die der wahre Sozialist in der menschlichen Gesellschaft realisiert zu sehen wünscht. Wie früher der einzelne Mensch, so ist jetzt die ganze Gesellschaft der Spiegel der Natur. Von den der Natur untergeschobenen Vorstellungen kann jetzt ein weiterer Schluß auf die menschliche Gesellschaft gezogen werden. Da der Verfasser sich nicht auf die historische Entwicklung der Gesellschaft einläßt und sich bei dieser dürren Analogie beruhigt, so ist nicht abzusehen, weshalb sie nicht zu allen Zeiten ein getreues Abbild der Natur gewesen. Die Phrasen über die Gesellschaft, die den Einzelnen als beschränkende Macht gegenübertritt usw., passen daher auch auf alle Gesellschaftsformen. Daß bei dieser Konstruktion der Gesellschaft einige Inkonsequenzen sich einschleichen, ist natürlich. So muß hier im Gegensatz zur Harmonie des Prologs ein Kampf in der Natur anerkannt werden. Die Gesellschaft, das „Gesamtleben", faßt unser Verfasser nicht als die Wechselwirkung der sie zusammensetzenden „Einzelleben", sondern als eine besondre Existenz, die mit diesen „Einzelleben" noch in eine aparte Wechselwirkung tritt. Wenn hier irgendeine Beziehung auf wirkliche Verhältnisse zugrunde liegt, so ist es die Illusion von der Selbständigkeit des Staates gegenüber dem Privatleben und der Glaube an diese scheinbare Selbständigkeit als an etwas Absolutes. Übrigens handelt es sich hier ebensowenig wie im ganzen Aufsatze von Natur und Gesellschaft,
sondern bloß von den beiden Kategorien Einzelnheit und Allgemeinheit, denen verschiedene Namen gegeben werden und von welchen gesagt wird, daß sie einen Gegensatz bilden, dessen Versöhnung höchst wünschenswert sei. Aus der Berechtigung des „Einzellebens" gegen das „Gesamtleben" folgt, daß die Befriedigung der Bedürfnisse, die Entwicklung der Anlagen, die Selbstliebe pp. „natürliche, vernünftige Lebensäußerungen" sind. Aus der Auffassung der Gesellschaft als Spiegelbild der Natur folgt, daß in allen bisherigen Gesellschaftsformen, die gegenwärtige eingeschlossen, diese Lebensäußerungen zu ihrer vollständigen Entwicklung kamen und in ihrer Berechtigung anerkannt wurden. Plötzlich erfahren wir p. 159, daß *in unsrer heutigen Gesellschaft" diese vernünftigen, natürlichen Lebensäußerungen dennoch „so oft unterdrückt werden" und „gewöhnlich nur deshalb in Unnatur, Verbildung, Egoismus, Laster pp. ausarten". Da also dennoch die Gesellschaft nicht der Natur, ihrem Urbilde, entspricht, so „verlangt" der wahre Sozialist von ihr, daß sie sich naturgemäß einrichte, und beweist sein Recht zu diesem Postulat durch das unglückliche Beispiel von der Pflanze. Erstens „verlangt" nicht die Pflanze von der Natur alle die oben aufgezählten Existenzbedingungen, sondern sie wird gar nicht Pflanze, sie bleibt Samenkorn, wenn sie sie nicht findet. Dann hängt die Beschaffenheit der „Blätter, Blüten und Früchte" sehr von dem „Boden", der „Wärme" pp., von den klimatischen und geologischen Verhältnissen ab, unter denen sie wächst. Während also das der Pflanze untergeschobene „Verlangen" sich in eine vollständige Abhängigkeit von den vorliegenden Existenzbedingungen auflöst, soll ebendies Verlangen unsren wahren Sozialisten berechtigen, eine Einrichtung der Gesellschaft nach seiner individuellen „Eigenheit" zu verlangen. Das Postulat der wahren sozialistischen Gesellschaft begründet sich auf das eingebildete Postulat einer Kokospalme an „das Gesamtleben", ihr am Nordpol „Boden, Wärme, Sonne, Luft und Regen" zu verschaffen. Aus dem angeblichen Verhältnis der metaphysischen Personen Einzelnheit und Allgemeinheit, nicht aus der wirklichen Entwicklung der Gesellschaft, wird das obige Postulat des Einzelnen an die Gesellschaft deduziert. Hierzu braucht man nur die einzelnen Individuen als Repräsentanten, Verkörperungen der Einzelnheit, und die Gesellschaft als Verkörperung der Allgemeinheit zu interpretieren, und das ganze Kunststück ist fertig. Zugleich ist hierdurch der saint-simonistische Satz von der freien Entwicklung der Anlagen auf seinen richtigen Ausdruck und seine wahre Begründung zurückgeführt.
Dieser richtige Ausdruck besteht in dem Unsinn, daß die Individuen, die die Gesellschaft bilden, ihre „Eigenheit" bewahren, daß sie bleiben wollen, wie sie sind, während sie von der Gesellschaft eine Veränderung verlangen, die bloß aus ihrer eignen Veränderung hervorgehen kann.
Zweiter Baustein
„Und wer das Lied nicht weiter kann, Der fang* es wieder von vornen an."
„Die unendliche Mannigfaltigkeit aller EinzelWesen als Einheit zusammengefaßt ist der WeltorganTsmus". (p. 160.) Also zurück an den Anfang des Aufsatzes sind wir geschleudert und erleben die ganze Komödie vom Einzelleben und Gesamtleben zum andern Mal. Wiederum enthüllt sich uns das tiefe Geheimnis der Wechselwirkung zwischen den beiden Leben, restaure ä neuf1 durch den neuen Ausdruck „polares Verhältnis" und die Verwandlung des Einzellebens in ein bloßes Symbol, „Abbild" des Gesamtlebens. Dieser Aufsatz reflektiert sich kaleidoskopisch in sich selbst, eine Manier der Entwicklung, die allen wahren Sozialisten gemeinsam ist. Sie machen es mit ihren Sätzen wie jenes Kirschenweib, das unter dem Einkaufspreise losschlug nach dem richtigen ökonomischen Prinzip: Die Masse muß es tun. Bei dem wahren Sozialismus ist dies um so notwendiger, als seine Kirschen faul waren, ehe sie reiften. Einige Proben dieser Selbstspiegelung: Baustein Nr. I.p: 158, 159. Baustein Nr. II. p. 160, 161.
„Jedes Einzelleben besteht und ent- „Jedes Einzelleben besteht und entwickelt sich nur durch seinen Gegensatz ... wickelt sich in und durch das Gesamtleben, beruht nur auf der Wechselwirkung mit das Gesamtleben nur in und durch, das dem Gesamtleben, Einzelleben." (Wechselwirkung.)
Mit dem es wieder durch seine Natur „Das Einzelleben entwickelt sich ... zu einem Ganzen verknüpft ist. als Teil des allgemeinen Lebens.
Organische Einheit des Universums. Einheit zusammengefaßt ist der Weltorganismus.
Das Einzelleben findet einerseits seine Das" (das Gesamtleben) „der Boden Grundlage, Quelle und Nahrung in dem und Nahrung seiner" (des Einzellebens) Gesamtleben, „Entfaltung wird... daß sich beide gegenseitig begründen...
1 auf neu hergerichtet
Andrerseits sucht das Gesamtleben das Einzelleben in stetem Kampfe zu verzehren. Demnach (p. 159): Was dem unbewußten Einzelleben das unbewußte, allgemeine Weltleben, das ist dem bewußten ... Leben die menschliche Gesellschaft. Ich kann nur in und durch die Gemeinschaft mit andern Menschen zur Entwicklung gelangen ... Der Gegensatz des einzelnen und allgemeinen Leberis wird auch in der Gesellschaft" usw. „Die Natur ... ist eine ... Einheit, welche alle die unzähligen Mannigfaltigkeiten ihrer Erscheinungen umfaßt."
Daß sich beide bekämpfen und feindlich gegenüberstehen.
Daraus folgt (p. 161): Daß auch das bewußte Einzelleben durch das bewußte Gesamtleben und" ... (umgekehrt) ... „bedingt ist.
Der einzelne Mensch entwickelt sich nur in und durch die Gesellschaft, die Gesellschaft" vice versa1 usw.
„Die Gesellschaft ist die Einheit, welche die Mannigfaltigkeit der einzelnen menschlichen Lebensentwicklungen in sich begreift und zusammenfaßt." Mit dieser Kaleidoskopie nicht zufrieden, wiederholt unser Verfasser seine einfachen Sätze über Einzelnheit und Allgemeinheit auch noch auf andre Weise. Zuerst stellt er diese paar dürren2 Abstraktionen als absolute Prinzipien auf und schließt daraus, daß in der Wirklichkeit dasselbe Verhältnis wiederkehren müsse. Dies gibt schon Gelegenheit, unter dem Schein der Deduktion alles zweimal zu sagen, in abstrakter und als Schluß daraus in scheinbar konkreter Form. Dann aber wechselt er mit den konkreten Namen, die er seinen beiden Kategorien gibt. Die Allgemeinheit tritt so nach der Reihe als Natur, unbewußtes Gesamtleben, bewußtes ditto, allgemeines Leben, Weltorganismus, zusammenfassende Einheit, menschliche Gesellschaft, Gemeinschaft, organische Einheit des Universums, allgemeines Glück, Gesamtwohl pp., und die Einzelnheit unter den entsprechenden Namen unbewußtes und bewußtes Einzelleben, Glück des Einzelnen, eignes Wohl pp. auf. Bei jedem dieser Namen müssen wir dieselben Phrasen wieder anhören, die über Einzelnheit und Allgemeinheit schon oft genug gesagt sind. Der zweite Baustein enthält also nichts, als was der erste schon enthielt. Da sich aber bei den französischen Sozialisten die Worte egalite, solidarite, unite des interets3 vorfinden, so sucht unser Verfasser sie durch Verdeutschung zu „Bausteinen" des wahren Sozialismus zuzuhauen.
1 umgekehrt - 2 MEGA: diese ganz dürren - 3 Gleichheit, Solidarität, Einheit der Interessen
„Als bewußtes Mitglied der Gesellschaft erkenne ich jedes andre Mitglied als ein von mir verschiedenes, mir gegenüberstehendes, zugleich aber wieder als ein auf dem gemeinschaftlichen Urgründe des Seins ruhendes und von ihm ausgehendes, mir gleiches Wesen. Ich erkenne jeden Mitmenschen durch seine besondre Natur als mir entgegengesetzt und durch seine allgemeine Natur als mir gleich. Die Anerkennung der menschlichen Gleichheit, der Berechtigung eines Jeden zum Leben, beruht demnach auf dem Bewußtsein der gemeinschaftlichen, allen gemeinsamen menschlichen Natur; Liebe, Freundschaft, Gerechtigkeit und alle gesellschaftlichen Tugenden beruhen gleichfalls auf dem. Gefühle der natürlichen menschlichen Zusammengehörigkeit und Einheit. Hat man sie bisher als Pflichten bezeichnet und auferlegt, so werden sie in einer Gesellschaft, welche nicht auf äußern Zwang, sondern auf das Bewußtsein der inneren menschlichen Natur, d.h. die Vernunft, gegründet ist, zu freien, naturgemäßen Äußerungen des Lebens werden. In der natur-, d. h. vernunftgemäßen Gesellschaft müssen daher die Bedingungen des Lebens für alle Mitglieder gleich, d. h. allgemein sein." p. 161, 162. Der Verfasser besitzt ein großes Talent, zuerst einen Satz assertorisch aufzustellen und ihn dann durch ein Daher, Dennoch pp. als Konsequenz aus sich selbst zu legitimieren. Ebenso versteht er es, mitten in diese merkwürdige Art der Deduktion traditionell gewordene sozialistische Sätze durch ein „Hat", „Ist" - „so müssen", „so wird" usw. erzählend einzuschmuggeln. In dem ersten Baustein hatten wir auf der einen Seite den Einzelnen und auf der andern das Allgemeine, gegenüber den Einzelnen, als Gesellschaft. Hier kehrt der Gegensatz in der Form wieder, daß der Einzelne in sich selbst in eine besondre und eine allgemeine Natur gespalten wird. Aus der allgemeinen Natur wird dann auf die „menschliche Gleichheit" und die Gemeinschaftlichkeit geschlossen. Die den Menschen gemeinschaftlichen Verhältnisse erscheinen hier also als Produkt des „Wesens des Menschen", der Natur, während sie ebensogut wie das Bewußtsein der Gleichheit historische Produkte sind. Damit noch nicht zufrieden, begründet der Verfasser die Gleichheit durch ihr allerseitiges Beruhen „auf dem gemeinschaftlichen Urgründe des Seins". Im Prolog erfuhren wir p. 158, daß der Mensch „aus denselben Stoffen gebildet, mit denselben allgemeinen Kräften und Eigenschaften begabt ist, welche alle Dinge beleben". Im ersten Baustein erfuhren wir, daß die Natur die „Grundlage alles Lebens" ist, also „der gemeinschaftliche Urgrund des Seins". Der Verfasser ist also weit über die Franzosen hinausgegangen, indem er „als bewußtes Mitglied der Gesellschaft" nicht nur die Gleichheit der Menschen unter sich, sondern auch ihre Gleichheit mit jedem Floh, jedem Strohwisch, jedem Stein bewiesen hat. Wir wollen gerne glauben, daß „alle gesellschaftlichen Tugenden" unsres wahren Sozialisten „auf dem Gefühl der natürlichen menschlichen Zusam
mengehörigkeit und Einheit" beruhen, obwohl auf dieser „natürlichen Zusammengehörigkeit" auch die Feudalhörigkeit, die Sklaverei und alle gesellschaftlichen Ungleichheiten aller Epochen beruhen. Nebenbei bemerkt, ist diese „natürliche menschliche Zusammengehörigkeit" ein täglich von den Menschen umgestaltetes historisches Produkt, das immer sehr natürlich war, so unmenschlich und widernatürlich es nicht nur vor dem Richterstuhl „des Menschen", sondern auch einer nachfolgenden revolutionären Generation erscheinen mag. Zufällig erfahren wir noch, daß die jetzige Gesellschaft „auf äußerm Zwang" beruht. Nicht die beschränkenden materiellen Lebensbedingungen gegebner Individuen stellen sich die wahren Sozialisten unter „äußerm Zwang" vor, sondern nur den Staatszwang, Bajonette, Polizei, Kanonen, welche, weit entfernt, die Grundlage der Gesellschaft zu sein, nur eine Konsequenz ihrer eignen Gliederung sind. Es ist dies bereits in der „Heiligen Familie" und jetzt wieder im ersten Bande dieser Publikation auseinandergesetzt. Gegenüber der jetzigen, „auf äußerm Zwang beruhenden" Gesellschaft stellt der Sozialist das Ideal der wahren Gesellschaft auf, die auf dem „Bewußtsein der innern menschlichen Natur, d. h. der Vernunft" beruht. Also auf dem Bewußtsein des Bewußtseins, dem Denken des Denkens. Der wahre Sozialist unterscheidet sich nicht einmal im Ausdruck mehr von den Philosophen. Er vergißt, daß sowohl die „innere Natur" der Menschen wie ihr „Bewußtsein" darüber, „d. h." ihre „Vernunft", zu allen Zeiten ein historisches Produkt war, und daß, selbst wenn ihre Gesellschaft, wie er meint, „auf äußerm Zwang" beruhte, ihre „innere Natur" diesem „äußern Zwang" entsprach. Folgen p. 163 die Einzelnheit und Allgemeinheit mit gewohntem Gefolge in der Gestalt des einzelnen Wohls und des Gesamtwohls. Ähnliche Erklärungen über das Verhältnis beider findet man in jedem Handbuch der Nationalökonomie bei Gelegenheit der Konkurrenz, und u.a.auch, nur besser ausgedrückt, bei Hegel. Z. B. „Rheinische], Jahrb[bücher]", p. 163:
„Indem ich das Gesamtwohl fördere, fördere ich mein eignes Wohl, und indem ich mein eignes Wohl fördere, das Gesamtwohl." Hegels „Rechtsphilosophie", p. 248 (1833):
„Meinen Zweck befördernd, fördere ich das Allgemeine, und dieses befördert wiederum meinen Zweck."
Vgl. auch „Rechtsphilosophie]", p. 323 seqq. über das Verhältnis des Staatsbürgers zum Staat.
Als letztes Ergebnis erscheint daher die bewußte Einheit des Einzellebens mit dem Gesamtleben, die Harmonie." (p. 163, „Rh[einische] J[ahrbücher]".) „Als letztes Ergebnis" nämlich daraus, daß
„dieses polare Verhältnis zwischen dem einzelnen und allgemeinen Leben darin besteht, daß sich einmal Beide bekämpfen und feindlich gegenüberstehen, das andre Mal, daß sich Beide gegenseitig bedingen und begründen." „Als letztes Ergebnis" folgt hieraus höchstens die Harmonie der Disharmonie mit der Harmonie, und aus der ganzen abermaligen Repetition der bekannten Phrasen folgt nur der Glaube des Verfassers, daß sein vergebliches Abquälen mit den Kategorien der Einzelnheit und Allgemeinheit die wahre Form sei, in der die gesellschaftlichen Fragen zu lösen seien. Der Verfasser schließt mit folgendem Tusch:
„Die organische Gesellschaft hat zur Grundlage die allgemeine Gleichheit und entwickelt sich durch die Gegensätze der Einzelnen gegen das Allgemeine zum freien Einklänge, zur Einheit des einzelnen mit dem allgemeinen Glücke, zur sozialen" (!) „gesellschaftlichen"(!!) „Harmonie, dem Spiegelbilde der universellen Harmonie." p. 164. Nur die Bescheidenheit kann diesen Satz einen „Baustein" nennen. Er ist ein ganzer Urfels des wahren Sozialismus.
Dritter Baustein
„Auf dem polaren Gegensatz, der Wechselwirkung meines besondern Lebens mit dem allgemeinen Naturleben, beruht der Kampf des Menschen mit der Natur. Wenn dieser Kampf als bevmßte Tätigkeit erscheint, heißt er Arbeitp. 164. Sollte nicht umgekehrt die Vorstellung von dem „polaren Gegensatz" auf der Beobachtung eines Kampfes der Menschen mit der Natur beruhen? Erst wird eine Abstraktion aus einem Faktum gezogen; dann erklärt, daß dies Faktum auf dieser Abstraktion beruhe. Wohlfeilste Methode, deutsch-tief1 und spekulativ zu erscheinen. Z. B.: Faktum: Die Katze frißt die Maus. Reflexion: Katze - Natur, Maus - Natur, Verzehren der Maus durch die Katze = Verzehren der Natur durch die Natur = Selbstverziehren der Natur.
1 MEGA: deutsch, tief
30 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Philosophische Darstellung des Faktums: Auf dem Selbstverzehren der Natur beruht das Gefressenwerden der Maus von der Katze. Nachdem also auf diese Weise der Kampf des Menschen mit der Natur mystifiziert ist, wird die bewußte Tätigkeit des Menschen in Beziehung auf die Natur mystifiziert, indem sie als Erscheinung dieser bloßen Abstraktion wirklicher Kämpfe gefaßt wird. Schließlich wird dann das profane Wort Arbeit als Resultat dieser Mystifikation hereingeschmuggelt, ein Wort, das unser wahrer Sozialist von Anfang an auf der Zunge hatte, aber erst nach gehöriger Legitimierung auszusprechen wagte. Die Arbeit wird aus der bloßen, abstrakten Vorstellung des Menschen und der Natur konstruiert und daher auch auf eine Weise bestimmt, die auf alle Entwicklungsstufen der Arbeit gleich gut paßt und nicht paßt.
„Die Arbeit ist demnach jede bewußte Tätigkeit des Menschen, wodurch er die Natur seiner Herrschaft in geistiger und materieller Beziehung zu unterwerfen strebt, um sie zum bewußten Genuß seines Lebens zu bringen, sie zu seiner geistigen oder körperlichen Befriedigung zu verwenden." (ibid.) Wir machen bloß auf die glänzende Schlußfolgerung aufmerksam:
„Wenn dieser Kampf als bewußte Tätigkeit erscheint, heißt er Arbeit - die Arbeit ist demnach jede bewußte Tätigkeit des Menschen" usw. Diese tiefe Einsicht verdanken wir dem „polaren Gegensatz". Man rufe sich den obigen saint-simonistischen Satz von dem libre developpement de toutes les facultes1 ins Gedächtnis zurück. Man erinnere sich zu gleicher Zeit, daß Fourier an die Stelle des heutigen travail repugnant2 den travail attrayant3 gesetzt sehen wollte. Dem „polaren Gegensatz" verdanken wir folgende philosophische Begründung und Explikation dieser Sätze:
„Da aber" (dies Aber soll andeuten, daß hier kein Zusammenhang stattfindet) „das Leben in jeder Entfaltung, Übung und Äußerung seiner Kräfte und Fähigkeiten zu seinem Genüsse, zu seiner Befriedigung kommen soll, so ergibt sich, daß die Arbeit selbst eine Entfaltung und Entwicklung menschlicher Anlagen sein und Genuß, Befriedigung und Glück gewähren soll. Die Arbeit selbst muß mithin zu einer freien Äußerung des Lebens und dadurch zum Genuß werden," (ibid.) Hier wird gezeigt, was in der Vorrede der „Rheinischen] Jahrb[ücher]" versprochen ist, nämlich „inwiefern die deutsche Gesellschaftswissenschaft in ihrer bisherigen Ausbildung sich von der französischen und englischen
1 [der] freien Entwicklung aller Fähigkeiten - 2 [der] abstoßenden Arbeit - 3 [die] anziehende Arbeit
unterscheidet", und was das heißt, „die Lehre des Kommunismus wissenschaftlich darzustellen". Es ist schwer, jeden logischen Lapsus in diesen wenigen Zeilen aufzudecken, ohne langweilig zu werden. Zunächst die Schnitzer gegen die /ormelle LogikUm zu beweisen, daß die Arbeit, eine Äußerung des Lebens, Genuß bringen soll, wird unterstellt, daß das Leben in jeder Äußerung Genuß bringen soll, und hieraus geschlossen, daß das Leben dies auch in seiner Äußerung als Arbeit soll. Mit dieser paraphrastischen Verwandlung eines Postulats in eine Konklusion nicht zufrieden, macht der Verfasser die Konklusion noch dazu falsch. Daraus, daß „das Leben in jeder Entfaltung zum Genuß kommen soll", ergibt sich für ihn, daß die Arbeit, die eine dieser Entfaltungen des Lebens ist, „selbst eine Entfaltung und Entwicklung menschlicher Anlagen", also wieder des Lebens, „sein soll". Sie soll also sein, was sie ist. Wie hätte die Arbeit es anfangen sollen, um jemals nicht eine „Entfaltung menschlicher Anlagen" zu sein? Damit nicht genug. Weil die Arbeit dies sein soll, „muß" sie es „mithin" sein, oder noch besser : Weil sie eine „Entfaltung und Entwicklung menschlicher Anlagen sein soll", muß sie mithin ganz etwas Andres werden, nämlich „eine freie Äußerung des Lebens", wovon bisher noch gar nicht die Rede war. Und während oben direkt von dem Postulat des Lebensgenusses auf das Postulat der Arbeit als Genuß geschlossen wurde, wird hier dies letztere Postulat als Konsequenz des neuen Postulats der „freien Äußerung des Lebens in der Arbeit" dargestellt. Was den Inhalt dieses Satzes angeht, so ist nicht abzusehen, warum die Arbeit nicht immer das war, was sie sein soll, und warum sie es jetzt werden muß, oder warum sie etwas werden soll, was sie bis dato nicht muß. Aber bisher war freilich nicht das Wesen des Menschen und der polare Gegensatz des Menschen und der Natur entwickelt. Folgt eine „wissenschaftliche Begründung" des kommunistischen Satzes von dem gemeinschaftlichen Eigentum an den Produkten der Arbeit: „Das Produkt der Arbeit aber" (dies abermalige Aber hat denselben Sinn wie das obige) „muß zugleich dem Glücke des Einzelnen, Arbeitenden und dem allgemeinen Glücke dienen. Dies geschieht durch die Gegenseitigkeit, durch die gegenseitige Ergänzung aller gesellschaftlichen Tätigkeiten." (ibid.) Dieser Satz ist nichts als eine durch das Wort „Glück" schwankend gemachte Kopie dessen, was in jeder Ökonomie der Konkurrenz und Teilung der Arbeit nachgerühmt wird. Endlich philosophische Begründung der französischen Organisation der Arbeit:
„Die Arbeit als eine genußreiche, Befriedigung gewährende und zugleich dem allgemeinen Wohle dienende freie Tätigkeit ist die Grundlage der Organisation der Arbeit." p.165. Da die Arbeit erst „eine genußreiche pp. freie Tätigkeit" werden soll und muß, es also noch nicht ist, so wäre eher zu erwarten, daß die Organisation der Arbeit umgekehrt die Grundlage der „Arbeit als einer genußreichen Tätigkeit" ist. Aber der Begriff der Arbeit als dieser Tätigkeit reicht vollständig hin. Der Verfasser glaubt am Schlüsse seines Aufsatzes zu „Resultaten" gekommen zu sein. Diese „Bausteine" und „Resultate", zusammen mit den übrigen Granitblöcken, die sich in den „Einundzwanzig Bogen", dem „Bürgerbuch" und den „Neuen Anekdotis"[177] finden, bilden den Felsen, auf den der wahre Sozialismus, alias deutsche Sozialphilosophie, seine Kirche bauen wird. Wir werden gelegentlich einige .der Hymnen, einige Fragmente des cantique allegorique hebraique et mystique1 hören, die in dieser Kirche gesungen werden.
1 hebräischen und mystischen allegorischen Lobgesangs
IV
Karl Grün: „Die soziale Bewegung in Frankreich und Belgien" (Darmstadt 1845) oder Die Geschichtschreibung des wahren Soz ial ismus
„Wahrlich, gälte es hier nicht, zugleich eine ganze Rotte zu zeichnen ... wir würden die Feder noch wegwerfen ... Und jetzt tritt sie" (Mündts „Geschichte der Gesellschaft") „mit derselben Anmaßung vor den großen Leserkreis des Publikums, des Publikums, das heißhungrig nach Allem greift, was nur das Wort sozial an der Stirne trägt, weil ein richtiger Takt ihm sagt, welche Geheimnisse der Zukunft in diesem Wörtchen verborgen liegen. Doppelte Verantwortlichkeit des Schriftstellers, doppelte Züchtigung, wenn er unberufen ans Werk ging!" „Darüber wollen wir eigentlich mit Herrn Mündt nicht rechten, daß er von den faktischen Leistungen der sozialen Literatur Frankreichs und Englands durchaus nichts weiß, als was ihm Herr L.Stein verraten, dessen Buch anerkannt werden konnte, als es erschien. ... Aber heute noch ... über Saint-Simon Phrasen machen, Bazard und Enfantin die beiden Zweige des Saint-Simonismus nennen, Fourier folgen lassen, über Proudhon ungenügendes Zeug nachplappern, etc.! ...Dennoch würden wir gerne ein Auge zudrücken, wäre mindestens die Genesis der sozialen Ideen eigen und neu dargestellt." Mit dieser hochfahrenden, rhadamantischen[178] Sentenz eröffnet Herr Grün („Neue Anekdota" p. 122, 123) eine Rezension von Mündts „Geschichte der Gesellschaft". Wie überrascht wird der Leser von dem artistischen Talent des Herrn Grün sein, das unter der obigen Maske nur eine Selbstkritik seines eignen damals noch ungebornen Buchs versteckte. Herr Grün bietet uns das amüsante Schauspiel einer Verschmelzung des wahren Sozialismus mit jungdeutschem Literatentum. Das obige Buch ist in Briefen an eine Dame geschrieben, woraus der Leser schon ahnt, daß hier die tiefsinnigen Götter des wahren Sozialismus mit den Rosen und Myrten der
„jungen Literatur" bekränzt einherwandeln. Pflücken wir gleich einige Rosen:
„Die Carmagnole sang sich selbst in meinem Kopfe ... auf alle Fälle aber bleibt es schrecklich, daß die Carmagnole im Kopfe eines deutschen Schriftstellers, wenn nicht vollständig logieren, so doch ein Frühstück nehmen darf." p. 3. „Hätte ich den alten Hegel hier, ich packte ihn bei den Ohren: Was, die Natur wäre das Anderssein des Geistes? Was, Er Nachtwächter?" p. 11. „Brüssel stellt gewissermaßen den französischen Konvent dar: es hat eine Bergpartie und eine Partie des Tales." p. 24. „Die Lüneburger Heide der Politik." p. 80. „Bunte, poetische, inkonsequente, phantastische Chrysalide." p. 82. „Den Liberalismus der Restauration, den bodenlosen Kaktus, der sich als Schma' rotzerpflarize um die Bänke der Deputiertenkammer wand." p. 87, 88. Daß der Kaktus weder „bodenlos" noch eine „Schmarotzerpflanze" ist, tut diesem schönen Bilde ebensowenig Abbruch, wie dem vorigen, daß es weder „bunte" noch „poetische" noch „inkonsequente" „Chrysaliden" oder Puppen gibt.
„Ich selbst aber komme mir mitten in diesem Gewoge" (der Zeitungen und Zeitungsschreiber im Cabinet Montpensier) „vor wie ein zweiter Noah, der seine Tauben aussendet, ob sich irgendwo Hütten oder Reben bauen lassen, ob es möglich sei, mit den erzürnten Göttern einen räsonnablen Vertrag abzuschließen." p. 259. Herr Grün spricht hier wohl von seiner Tätigkeit als Zeitungskorrespondent.
„Camille Desmoulins war ein Mensch. Die Konstituante bestand aus Philistern. Robespierre war ein tugendhafter Magneiiseur. Die neue Geschichte ist mit einem Wort der Kampf auf Tod und Leben wider die Spiders1 und die Magnetiseureü!" p. 311. „Das Glück ist ein Plus, aber ein Plus in der xten Potenz." p. 203. Also das Glück = +x, eine Formel, die sich nur in der ästhetischen Mathematik des Herrn Grün findet.
„Die Organisation der Arbeit, was ist sie ? Und die Völker antworteten der Sphinx mit tausend Zeitungssiimmen ... Frankreich singt die Strophe, Deutschland die Antistrophe, das alte mystische Deutschland." p. 259. „Nordamerika ist mir sogar widerwärtiger als die alte Welt, weil dieser Egoismus der Krämerwelt die rote Farbe einer impertinenten Gesundheit trägt... weil dort Alles so oberflächlich, so wurzellos, fast möchte ich sagen so kleinstädtisch ist ... Ihr nennt Amerika die neue Welt; es ist die älteste von allen alten, unsre abgetragenen Kleider machen dort Parade." p. 101, 324.
1 Krämer
Bisher wußte man nur, daß die ungetragenen deutschen Strümpfe dort getragen werden, obwohl sie zum „Parademachen" zu schlecht sind.
„Der logisch feste Garantismus dieser Institutionen." p. 461. Wen solche Blüten nicht erfreun, Verdienet nicht, ein „Mensch" zu sein! f179^ Welch graziöser Mutwille! Welche schnippische Naivetät! Welch heroisches Durchwühlen durch die Ästhetik! Welche Heinesche Nonchalance und Genialität! Wir haben den Leser getäuscht. Herrn Grüns Belletristik schmückt nicht die Wissenschaft des wahren Sozialismus, sondern die Wissenschaft ist nur die Ausfüllung zwischen diesen belletristischen Schwätzereien. Sie bildet sozusagen ihren „sozialen Hintergrund". In einem Aufsatze des Herrn Grün: „Feuerbach und die Socialisten" („Deutsches Bürgerbuch", p. 74) findet sich folgende Äußerung: „Wenn man Feuerbach nennt, so hat man die ganze Arbeit der Philosophie genannt von Baco von Verulam bis heute, so hat man zugleich gesagt, was die Philosophie in letzter Instanz will und bedeutet, so hat man den Menschen als letztes Ergebnis der Weltgeschichte. Dabei geht man sicherer, weil gründlicher, zu Werke, als wenn man den Arbeitslohn, die Konkurrenz, die Mangelhaftigkeit der Konstitutionen und Verfassungen aufs Tapet bringt... Wir haben den Menschen gewonnen, den Menschen, der sich der Religion, der toten Gedanken, alles ihm fremden Wesens mit allen Übersetzungen in der Praxis entledigt hat, den reinen, wahrhaften Menschen." Dieser Eine Satz klärt vollständig auf über die Art von „Sicherheit" und „Gründlichkeit", welche bei Herrn Grün zu suchen ist. Auf kleine Fragen läßt er sich nicht ein. Ausgestattet mit dem ungetrübten Glauben an die Resultate der deutschen Philosophie, wie sie in Feuerbach niedergelegt sind, nämlich daß „der Mensch", der „reine, wahrhafte Mensch", das Endziel der Weltgeschichte sei, daß die Religion das entäußerte menschliche Wesen sei, daß das menschliche Wesen das menschliche Wesen und der Maßstab aller Dinge sei; ausgestattet mit den weiteren Wahrheiten des deutschen Sozialismus (siehe oben), daß auch das Geld, die Lohnarbeit pp. Entäußerungen des menschlichen Wesens seien, daß der deutsche Sozialismus die Verwirklichung der deutschen Philosophie und die theoretische Wahrheit des auswärtigen Sozialismus und Kommunismus sei pp. - reist Herr Grün nach Brüssel und Paris mit der ganzen Selbstgefälligkeit des wahren Sozialismus. Die gewaltigen Posaunenstöße des Herrn Grün zum Lobe des wahren Sozialismus und der deutschen Wissenschaft übertreffen Alles, was von seinen übrigen Glaubensgenossen in dieser Beziehung geliefert ist. Was den wahren
Sozialismus angeht, so kommen diese Lobpreisungen offenbar von Herzen. Herrn Grüns Bescheidenheit erlaubt ihm nicht, einen einzigen Satz auszusprechen, den nicht schon ein anderer wahrer Sozialist vor ihm in den „Einundzwanzig Bogen", dem „Bürgerbuch " und den „Neuen Anekdotis" geoffenbart hatte. Ja, sein ganzes Buch hat keinen andren Zweck, als ein in den „Einundzwanzig Bogen" p. 74-88 von Heß gegebenes Konstruktionsschema der französischen sozialen Bewegung auszufüllen und damit einem ebendaselbst p.88 ausgesprochenen Bedürfnis zu entsprechen11801. Was aber die Lobeserhebungen der deutschen Philosophie angeht, so muß diese sie ihm um so höher einrechnen, je weniger er sie kennt. Der Nationalstolz der wahren Sozialisten, der Stolz auf Deutschland als das Land „des Menschen", des „Wesens des Menschen", gegenüber den andern profanen Nationalitäten erreicht bei ihm seinen Gipfelpunkt. Wir geben gleich einige Proben davon:
„Ich möchte doch wissen, ob sie nicht Alle erst von uns lernen müssen, Franzosen und Engländer, Belgier und Nordamerikaner." p. 28. Dies wird jetzt ausgeführt. „Die Nordamerikaner kommen mir grundprosaisch vor, und den Sozialismus sollen sie wohl, trotz aller ihrer gesetzlichen Freiheit, erst von uns kennenlernen." p. 101. Besonders seitdem sie seit 1829 eine eigne sozialistisch-demokratische Schule haben, die ihr Nationalökonom Cooper bereits 1830 bekämpfte. „Die belgischen Demokraten! Glaubst Du wohl, sie wären halb so weit als wir Deutsche? Habe ich mich wieder mit Einem herumbalgen müssen, der die Realisierung des freien Menschentums für eine Chimäre hält!" p. 28. Hier macht sich die Nationalität „des Menschen", des „Wesens des Menschen", des „Menschentums" breit gegenüber der belgischen Nationalität. „ Ihr Franzosen, laßt den Hegel in Ruhe, bis Ihr ihn versteht." (Wir glauben, daß die sonst sehr schwache Kritik der Rechtsphilosophie von LerminieA181^ mehr Einsicht in Hegel beweist als irgend etwas, was Herr Grün, sei es unter eigenem Namen, sei es qua1 „Ernst von der Haide" geschrieben hat.) „Trinkt einmal ein Jahr lang keinen Kaffee, keinen Wein; erhitzt Euer Gemüt durch keine aufregende Leidenschaft; laßt den Guizot regieren und Algier unter die Herrschaft Marokkos kommen" (wie sollte Algier je unter die Herrschaft Marokkos kommen, selbst wenn die Franzosen es aufgäben!); „sitzt auf einer Mansarde und studiert die ,Logik' nebst der Phänomenologie'. Wenn Ihr dann endlich nach Jahresfrist mager und mit rotangelaufenen Augen in die Straßen hinabsteigt und meinetwegen über den ersten Dandy oder öffentlichen Ausrufer stolpert, laßt Euch das nicht irren. Denn Ihr seid mittlerweile große und mächtige Menschen geworden, Euer Geist gleicht einem Eichbaum, den wundertätige" (!) „Säfte ernährten;
Ms
was Ihr anseht, das enthüllt Euch seine geheimsten Schwächen; Ihr dringt als erschaffne Geister dennoch ins Innre der Natur; Euer Blick ist tötend, Euer Wort versetzt Berge, Eure Dialektik ist schärfer als die schärfste Guillotine. Ihr stellt Euch ans Hotel de Ville - und die Bourgeoisie ist gewesen, Ihr tretet ans Palais Bourbon'182-' - und es zerfällt, seine ganze Deputiertenkammer löst sich in das nihilum album1 auf, Guizot verschwindet, Ludwig Philipp erblaßt zum geschichtlichen Schemen, und aus all diesen zugrunde gegangnen Momenten erhebt sich siegesstolz die absolute Idee der freien Gesellschaft. Ohne Scherz, den Hegel könnt Ihr nur bezwingen, wenn Ihr selbst vorher Hegel werdet. Wie ich schon oben sagte: Moors Geliebte kann nur durch Moor sterben." p. 115, 116. Der belletristische Duft, der diese Sätze des wahren Sozialismus umgibt, wird Jedermann in die Nase steigen. Herr Grün, wie alle wahren Sozialisten, vergißt nicht, das alte Geschwätz von der Oberflächlichkeit der Franzosen wieder vorzubringen: „Bin ich doch dazu verdammt, den französischen Geist jedesmal, wenn ich ihn in der Nähe habe, ungenügend und oberflächlich zu finden." p. 371. Herr Grün verheimlicht es uns nicht, daß sein Buch dazu bestimmt ist, den deutschen Sozialismus als die Kritik des französischen zu verherrlichen: „Der Pöbel der deutschen Tagesliteratur hat unsren sozialistischen Bestrebungen nachgesagt, sie seien die Nachahmung französischer Verkehrtheiten. Es hat bis jetzt Niemand der Mühe wert gehalten, nur eine Silbe darauf zu erwidern. Dieser Pöbel muß sich schämen - besitzt er anders noch Schamgefühl -, wenn er dieses Buch liest. Das hat er sich wohl nicht träumen lassen, daß der deutsche Sozialismus die Kritik des französischen ist, daß er, weit entfernt, die Franzosen für Erfinder des neuen Contrat social2 zu halten, vielmehr die Forderung an sie stellt, sich erst durch die deutsche Wissenschaft zu ergänzen ? In diesem Augenblick wird hier in Paris die Herausgabe einer Übersetzung von Feuerbachs ,Wesen des Christenthums' veranstaltet. Wohl bekomme den Franzosen die deutsche Schule! Was auch aus der ökonomischen Lage des Landes, aus der Konstellation der hiesigen Politik entstehe, zu einem menschlichen Leben in der Zukunft befähigt einzig die humanistische Weltanschauung. Das unpolitische, verworfne Volk der Deutschen, dies Volk, welches gar kein Volk ist, wird den Eckstein gelegt haben zum Bau der Zukunft." p. 353. Allerdings, „was aus der ökonomischen Lage und der Konstellation der Politik" in einem Lande „entsteht", braucht ein wahrer Sozialist bei seinem vertrauten Umgange mit dem „Wesen des Menschen" nicht zu wissen. Herr Grün als Apostel des wahren Sozialismus begnügt sich nicht damit, gleich seinen Mitaposteln der Unwissenheit andrer Völker die Allwissenheit der Deutschen stolz entgegenzuhalten. Er nimmt seine alte Literatenpraxis
1 graue Nichts - 2 Gesellschaftsvertrag
zu Hülfe, erdrängt sich den Repräsentanten der verschiedenen sozialistischen, demokratischen und kommunistischen Parteien in der verrufensten Weltfahrer-Manier auf, und nachdem er sie von allen Seiten beschnüffelt hat, tritt er ihnen als Apostel des wahren Sozialismus entgegen. Er hat sie nur noch zu belehren, ihnen die tiefsten Aufschlüsse über das freie Menschentum mitzuteilen. Die Überlegenheit des wahren Sozialismus über die Parteien Frankreichs verwandelt sich hier in die persönliche Überlegenheit des Herrn Grün gegenüber den Repräsentanten dieser Parteien. Schließlich bietet dies dann auch Gelegenheit, nicht nur die französischen Parteichefs als Piedestal des Herrn Grün dienen zu lassen, sondern auch noch eine Masse von Klatschereien anzubringen und so den deutschen Kleinstädter für die Anstrengung zu entschädigen, die ihm die inhaltvolleren Sätze des wahren Sozialismus verursacht haben.
„Kats verzog sein ganzes Gesicht zu einer plebejischen Heiterkeit, als ich ihm meine hohe Zufriedenheit mit seiner Rede bezeugte." p. 50. Herr Grün erteilt Kats auch sogleich Unterricht über den französischen Terrorismus und „war so glücklich, meinem neuen Freunde Beifall abzugewinnen", p. 51. Ganz anders bedeutsam wirkt er auf Proudhon: „ Ich hatte das unendliche Vergnügen, gewissermaßen der Privatdozent des Mannes zu werden, dessen Scharfsinn vielleicht seit Lessing und Kant nicht überboten wurde." P. 404. Louis Blanc ist nur „sein schwarz Jüngelchen". p. 314. „Er frug sehr wißbegierig, aber zugleich sehr unwissend, nach unsren Zuständen. Wir Deutsche kennen" (?) „die französischen fast so gut wie die Franzosen selbst; wenigstens studieren" (?) „wir sie." p. 315. Und über den „Papa Cabet" erfahren wir, daß er „borniert" ist. p. 382. Herr Grün legt ihm „Fragen" vor, von denen Cabet
„gestand, daß er sie nicht gerade approfondiert hätte. Das hatte ich" (Grün) „längst gemerkt, und da hörte natürlich Alles auf, um so mehr, als mir einfiel, daß Cabets Mission eine längst in sich abgeschlossene sei." p. 381. Wir werden später sehen, wie Herr Grün dem Cabet eine neue „Mission" zu geben gewußt hat. Wir heben zunächst,das Schema und die paar überkommenen allgemeinen Gedanken hervor, die das Gerippe des Grünschen Buches bilden. Beides ist abgeschrieben von Heß, den Herr Grün überhaupt auf die großartigste Weise paraphrasiert. Sachen, die schon bei Heß ganz unbestimmt und
mystisch sind, die aber im Anfange-in den „Einundzwanzig Bogen" - anzuerkennen waren und nur durch ihre ewige Wiederaufdrängung im „Bürgerbuch", den „Neuen Anekdotis" und den „Rheinischen Jahrbüchern" zu einer Zeit, wo sie bereits antiquiert waren, langweilig und reaktionär geworden sind - diese Sachen werden bei Herrn Grün vollends Unsinn. Heß synthetisiert die Entwicklung des französischen Sozialismus mit der Entwicklung der deutschen Philosophie - Saint-Simon mit Schelling, Fourier mit Hegel, Proudhon mit Feuerbach. Vgl. z. B. „Einundzwanzig] Bogen", p. 78, 79, 326, 327, „Neue Anekd[ota]", p. 194, 195, 196, 202 seqq. (Parallele zwischen Feuerbach und Proudhon. Z.B. Heß: „Feuerbach ist der deutsche Proudhon" pp., ,,N[eue] Afnekdota]", p. 202. Grün: „Proudhon ist der französische Feuerbach", p. 404.) - Dieser Schematismus mit der Ausführung, die Heß ihm gibt, bildet den ganzen inneren Zusammenhang des Grünschen Buchs. Nur daß Herr Grün nicht verfehlt, die Heßschen Sätze belletristisch anzustreichen. Ja selbst offenbare Schnitzer von Heß, z. B. daß theoretische Entwicklungen den „sozialen Hintergrund" und die „theoretische Basis" praktischer Bewegungen bilden (z. B. „N. An.", p. 192), schreibt Herr Grün getreulichst nach. (Z.B.Grün, p. 264: „Der soziale Hintergrund, den die politische Frage des achtzehnten Jahrhunderts hatte ... war das gleichzeitige Produkt beider philosophischen Richtungen" - der Sensualisten und Deisten.) Ebenso die Meinung, man brauche Feuerbach nur praktisch zu machen, ihn nur aufs soziale Leben anzuwenden, um die vollständige Kritik der bestehenden Gesellschaft zu geben. Nimmt man noch die sonstige Kritik des französischen Kommunismus und Sozialismus durch Heß hinzu, z.B. daß „Fourier, Proudhon pp. nicht über die Kategorie der Lohnarbeit hinausgekommen sind", „Bürgerbuch", p. 40 ü. a., daß „Fourier die Welt mit neuen Assoziationen des Egoismus beglücken möchte", „N. Anekd.", p. 196, daß „selbst die radikalen französischen] Kommunisten noch nicht über den Gegensatz von Arbeit und Genuß hinaus sind, sich noch nicht zu der Einheit von Produktion und Konsumtion pp. erhoben haben", „Bürgerb[uch]", p. 43, daß „die Anarchie die Negation des Begriffs der politischen Herrschaft ist", „Einundzwanzig Bogen", p. 77 ppp., so hat man die ganze Kritik der Franzosen durch Herrn Grün in der Tasche, ebensogut wie Herr Grün sie bereits in der Tasche hatte, ehe er nach Paris ging. Außer dem Obengenannten erleichtern dann noch einige in Deutschland traditionell zirkulierende Phrasen über Religion, Politik, Nationalität, menschlich und unmenschlich ppp., Phrasen, die von den Philosophen auf die wahren Sozialisten übergegangen sind, Herrn Grün den Rechnungsabschluß mit den französischen Sozialisten und Kommunisten. Er hat nur überall nach „dem Menschen1 und dem
Worte menschlich zu suchen und zu verdammen, wo er dies nicht findet. Z.B.: „Du bist politisch, Du bist borniert", p. 283. In ähnlicher Weise kann Herr Grün dann ausrufen: Du bist national, religiös, nationalökonomisch, Du hast einen Gott - Du bist nicht menschlich, Du bist borniert, wie er dies im ganzen Buche tut. Womit natürlich Politik, Nationalität, Religion pp. gründlich kritisiert und zugleich die Eigentümlichkeit der gerade kritisierten Schriftsteller und ihr Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Entwicklung hinreichend beleuchtet sind. Man sieht schon hieraus, daß das Grünsche Machwerk weit unter dem Buche von Stein steht, der wenigstens versuchte, den Zusammenhang der sozialistischen Literatur mit der wirklichen Entwicklung der französischen Gesellschaft darzustellen. Es bedarf indes kaum der Erwähnung, daß Herr Grün sowohl im vorliegenden Buche wie in den „Neuen Anekdotis" mit der größten Vornehmheit auf seinen Vorgänger herabsieht. Aber hat Herr Grün wenigstens die ihm von Heß und Andern überlieferten Sachen richtig kopiert? Hat er innerhalb seines höchst unkritisch auf "Treu und Glauben angenommenen Schemas wenigstens das nötige Material niedergelegt, hat er eine richtige und vollständige Darstellung der einzelnen sozialistischen Schriftsteller nach den Quellen gegeben? Dies sind doch wahrlich die niedrigsten Forderungen, die man an den Mann stellen kann, von dem Nordamerikaner und Franzosen, Engländer und Belgier zu lernen haben, der der Privatdozent Proudhons war und jeden Augenblick auf die deutsche Gründlichkeit gegenüber den oberflächlichen Franzosen pocht.
Saint-Simonismus
Von der ganzen saint-simonistischen Literatur hat Herr Grün kein einziges Buch in der Hand gehabt. Seine Hauptquellen sind: vor Allem der vielverachtete Lorenz1 Stein, ferner die Hauptquelle Steins, L. Reybaud^133] (wofür er p. 260 an Herrn Reybaud ein Exempel statuieren will und ihn einen Philister nennt; er stellt sich auf derselben Seite, als sei ihm Reybaud erst lange, nachdem er die Saint-Simonisten abgefertigt, ganz zufällig in die Hände geraten) und stellenweise L. Blanc. Wir werden den Beweis ganz direkt liefern. Vergleichen wir zuerst, was Herr Grün über das Leben Saint-Simons selbst sagt.
1 im Original: Ludwig
Die Hauptquellen für das Leben Saint-Simons sind die Fragmente seiner Selbstbiographie in den OEuvres de Saint-Simon, publiziert von Olinde Rodrigues, und dem „Organisateur"[184J vom 19. Mai 1830. Wir haben hier also sämtliche Aktenstücke vor uns: 1. die Originalquellen, 2. Reybaud, der sie auszog, 3. Stein, der Reybaud benutzte, 4. die belletristische Ausgabe von Herrn Grün. Herr Grün: „Saint-Simon kämpft den Befreiungskampf der Amerikaner mit, ohne ein besondres Interesse am Kriege selbst zu haben; es fällt ihm ein, man könne die beiden großen Weltmeere verbinden." p. 84. Stein, p. 143: „Zuerst trat er in den militärischen Dienst... und ging mit Bouille nach Amerika ... In diesem Krieg, dessen Bedeutung er übrigens wohl begriff ... der Krieg als solcher, sagte er, interessierte mich nicht, nur der Zweck dieses Kriegs etc." ... „Nachdem er vergebens versucht, den Vizekönig von Mexiko für einen großen Kanalbau zur Verbindung der beiden Weltmeere zu interessieren." Reybaud, p. 77: „Soldat de l'ind^pendance americaine, il servait sous Washington ... la guerre, en elle-meme, ne m'interessait pas, dit-il; mais le seul but de la guerre m'interessait vivement, et cet interet m'en faisait supporter les travaux sans repugnance."1 Herr Grün schreibt nur ab, daß Saint-Simon „kein besondres Interesse am Kriege selbst" hatte, läßt aber die Pointe aus, nämlich sein Interesse für den Zweck dieses Kriegs. Herr Grün läßt ferner weg, daß Saint-Simon seinen Plan beim Vizekönig habe durchsetzen wollen, und reduziert ihn dadurch auf einen bloßen „Einfall". Er läßt ebenfalls fort, weil Stein dies nur durch die Jahreszahl andeutet, daß Saint-Simon dies erst „a la paix"2 tat. Herr Grün fährt unmittelbar fort: „Später" (wann?) „entwirft er den Plan zu einer französisch-holländischen Expedition nach dem englischen Indien." (ibid). Stein: „Er reiste 1785 nach Holland, um eine vereinigte französisch-holländische Expedition gegen die englischen Kolonien in Indien zu entwerfen." p. 143.
1 „Als Soldat der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung diente er unter Washington ... der Krieg selbst interessierte mich nicht, sagte er, sondern einzig der Zweck des Krieges interessierte mich lebhaft, und dieses Interesse ließ mich seine Beschwernisse ohne Widerwillen ertragen." - 2 im Frieden
Stein erzählt hier falsch und Grün kopiert getreu. Nach Saint-Simon selbst hatte der Herzog von La Vauguyon die Generalstaaten bestimmt, eine vereinigte Expedition mit Frankreich nach den englischen Kolonien in Indien zu unternehmen. Von sich selbst sagt er nur, daß er, „während eines Jahres die Ausführung dieses Plans betrieben" (poursuivi) habe. Herr Grün: „In Spanien will er einen Kanal von Madrid ins Meer graben." (ibid.) Saint-Simon will einen Kanal graben, welcher Unsinn! Vorhin fiel ihm ein, jetzt will er. Grün verfälscht hier das Faktum, nicht weil er, wie oben, den Stein zu getreu, sondern weil er ihn zu oberflächlich abschreibt. Stein, p. 144: „1786 nach Frankreich zurückgekehrt, ging er schon im folgenden Jahr nach Spanien, um dem Gouvernement einen Plan zur Vollendung eines Kanals von Madrid bis zum Meere vorzulegen." Herr Grün konnte bei raschem Lesen sich seinen obigen Satz aus dem Steinschen abstrahieren, weil es bei Stein wenigstens den Schein hat, als sei der Bauplan und die Idee des ganzen Projekts von Saint-Simon ausgegangen, während dieser nur einen Plan zur Beseitigung der bei dem längst begonnenen Kanalbau eingetretenen finanziellen Schwierigkeiten entwarf. Reybaud: „Six ans plus tard il proposa au gouvernement espagnol un plan de canal qui devait dtablir une ligne navigable de Madrid a la mer."1 p. 78. Derselbe Irrtum wie bei Stein. Saint-Simon, p. XVII: „Le gouvernement espagnol avait entrepric un canal qui devait faire communiquer Madrid ä la mer; cette entreprise languissait parce que ce gouvernement manquait d'ouvriers et d'argent; je me concertai avec M. le comte de Cabarrus, aujourd'hui ministre des finances, et nous presentämes au gouvernement le projet suivant"2 etc. Herr Grün: „In Frankreich spekuliert er auf Nationalgüter."
1 „Sechs Jahre später unterbreitete er der spanischen Regierung den Plan eines Kanals, der eine schiffbare Verbindung zwischen Madrid und dem Meer herstellen sollte." - 2 „Die spanische Regierung hatte den Bau eines Kanals unternommen, der Madrid mit dem Meere verbinden sollte; dieses Unternehmen stockte, weil es der Regierung an Arbeitern und Geld fehlte; ich verständigte mich mit dem Grafen Cabarrus, dem heutigen Finanzminister, und wir legten der Regierung folgendes Projekt vor"
Stein schildert erst Saint-Simons Stellung während der Revolution und kommt dann auf seine Spekulation in Nationalgütern, p. 144 seqq. Woher aber Herr Grün den unsinnigen Ausdruck hat: „auf Nationalgüter spekulieren", statt in Nationalgütern, auch hierüber können wir dem Leser durch Vorlage des Originals Aufklärung geben: Reybaud, p. 78: „Revenu ä Paris, il tourna son activit6 vers des speculations, et trafiqua sur les domaines nationaux."1 Herr Grün stellt seinen obigen Satz ohne alle Motivierung hin. Man erfährt gar nicht, weshalb Saint-Simon in Nationalgütern spekulierte und weshalb dies an sich triviale Faktum von Bedeutung in seinem Leben ist. Herr Grün findet nämlich überflüssig, aus Stein und Reybaud abzuschreiben, daß Saint-Simon eine wissenschaftliche Schule und ein großes industrielles Etablissement als Experimente gründen und sich das dazu nötige Kapital durch diese Spekulationen verschaffen wollte. Saint-Simon motiviert selbst seine Spekulationen hierdurch. (OEuvres, p. XIX.) Herr Grün: „Er heiratet, um die Wissenschaft bewirten zu können, um das Leben der Menschen zu erproben, um sie psychologisch auszusaugen." (ibid.) Herr Grün überspringt hier plötzlich eine der wichtigsten Perioden SaintSimons, die seiner naturwissenschaftlichen Studien und Reisen. Was heißt das, heiraten, um die Wissenschaft zu bewirten, heiraten, um die Menschen (die man nicht heiratet) psychologisch auszusaugen pp. ? Die ganze Sache ist die: Saint-Simon heiratete, um Salons halten und dort unter Andern auch die Gelehrten studieren zu können. Stein drückt dies so aus, p. 149: „Er verheiratet sich 1801 .:. Ich habe die Ehe benutzt, um die Gelehrten zu studieren." (Vgl. Saint-Simon, p. 23.) Jetzt, durch Vergleichung des Originals, wird Herrn Grüns Unsinn verständlich und erklärlich. Das „psychologische Aussaugen der Menschen" reduziert sich bei Stein und Saint-Simon selbst auf die Beobachtung der Gelehrten im gesellschaftlichen Leben. Saint-Simon wollte, ganz im Zusammenhange mit seiner sozialistischen Grundansicht, den Einfluß der Wissenschaft auf die Persönlichkeit der Gelehrten und auf ihr Verhalten im gewöhnlichen Leben
1 „Nach Paris zurückgekehrt, wandte er seine Tätigkeit Spekulationen zu und spekulierte in Nation algütem." (sur ist in den meisten anderen Verbindungen mit auf zu übersetzen.)
kennenlernen. Bei Herrn Grün verwandelt sich dies in einen sinnlosen, unbestimmten, romanhaften Einfall. Herr Grün: „Er wird arm" (wie, wodurch?), „kopiert in einem Lombard für tausend Franken Jahrgehalt - er, der Graf, der Sprößling Karls des Großen; dann" (wann und warum?) „lebt er von der Gnade eines ehemaligen Dieners; später" (wann und warum?) „versucht er sich zu erschießen, wird gerettet und beginnt ein neues Leben des Studiums und der Propaganda. Jetzt erst schreibt er seine beiden Hauptwerke." „Er wird" - „dann" - „später" - „jetzt" sollen bei Herrn Grün die Chronologie und den Zusammenhang der einzelnen Lebensmomente SaintSimons ersetzen. Stein, p. 156, 157: „Dazu kam ein neuer und furchtbarer Feind, die allmählich immer drückender werdende äußere Not ... Nach sechs Monaten peinlichen Harrens wird ... ihm eine Stelle -" (auch den Gedankenstrich hat Herr Grün von Stein, nur daß er so pfiffig war, ihn hinter den Lombard zu stellen) „als Kopist im Lombard" (nicht, wie Herr Grün pfiffigerweise ändert, „in einem Lombard", da es bekanntlich in Paris nur den einen, öffentlichen Lombard gibt) „mit tausend Franken Jahrgehalt. Wunderbarer Glückswechsel jener Zeiten! Der Enkel des berühmten Höflings an Ludwigs XIV. Hofe, der Erbe einer Herzogskrone, eines mächtigen Vermögens, ein geborner Pair von Frankreich und Grande von Spanien, Kopist in einem Lombard!" Hier erklärt sich Herrn Grüns Versehen mit dem Lombard; hier, bei Stein, ist der Ausdruck am Orte. Um sich auch sonst noch von Stein zu unterscheiden, nennt Herr Grün Saint-Simon nur „Graf" und „Sprößling Karls des Großen". Letzteres hat er von Stein p. 142, Reybaud p. 77, die indes so klug sind, zu sagen, Saint-Simon leite sich selbst von Karl dem Großen her. Statt der positiven Fakta Steins, die allerdings unter der Restauration die Armut Saint-Simons auffallend machen, erfahren wir bei Herrn Grün nur seine Verwunderung darüber, daß ein Graf und angeblicher Sprößling Karls des Großen überhaupt herunterkommen kann. Stein: „Zwei Jahre lebte er noch" (nach dem Selbstmordsversuch) „und wirkte in ihnen vielleicht mehr als in ebensoviel Jahrzehnten seines früheren Lebens. Der ,Catechisme des industriels' ward vollendet" (Herr Grün verwandelt dies Vollenden eines längst vorbereiteten Werks in: „Jetzt erst schrieb er" pp.) „und der .Nouveauchristianisme' pp. , P.164,165. p. 169 nennt Stein diese beiden Schriften „die beiden Hauptwerke seines Lebens".
Herr Grün hat also nicht nur die Irrtümer Steins kopiert, sondern auch aus unbestimmt gehaltenen Stellen Steins neue fabriziert. Um seine Abschreiberei zu verdecken, nimmt er nur die hervorspringendsten Fakta heraus, raubt ihnen aber ihren Charakter als Fakta, indem er sie sowohl aus dem chronologischen Zusammenhange wie aus ihrer ganzen Motivierung reißt und selbst die allernotwendigsten Mittelglieder ausläßt. Was wir nämlich oben gegeben haben, ist buchstäblich/I lies, was Herr Grün von Saint-Simons Leben berichtet. In dieser Darstellung wird das bewegte, tätige Leben Saint-Simons in eine Reihe von Einfällen und Ereignissen verwandelt, die weniger Interesse darbieten als das Leben des ersten besten gleichzeitigen Bauern oder Spekulanten in einer bewegten Provinz Frankreichs. Und dann, nachdem er diese biographische Sudelei hingeworfen hat, ruft er aus: „Dieses ganze, echt zivilisierte Leben!" Ja er scheut sich nicht, p. 85 zu sagen: „Saint-Simons Leben ist der Spiegel des Saint-Simonismus selbst -" als wenn dies Grünsche „Leben" Saint-Simons der Spiegel von irgend etwas wäre, außer von Herrn Grüns Art der Buchmacherei „selbst". Wir haben uns bei dieser Biographie länger aufgehalten, weil sie ein klassisches Exempel von der Art und Weise liefert, in der Herr Grün die französischen Sozialisten gründlich behandelt. Wie er hier schon scheinbar nonchalant hinwirft, ausläßt, verfälscht, transponiert, um seine Abschreiberei zu verbergen, so werden wir später sehen, daß Herr Grün auch fernerhin alle Symptome eines, innerlich beunruhigten Plagiarius entwickelt: künstliche Unordnung, um die Vergleichung zu erschweren, Auslassung von Sätzen und Worten, die er wegen Unkenntnis der Originale nicht recht versteht, aus den Zitaten seiner Vorgänger, Dichtung und Ausschmückung durch unbestimmte Phrasen, perfide Ausfälle auf die Leute, die er gerade kopiert. Ja Herr Grün ist so übereilt und hastig in seiner Abschreiberei, daß er sich oft auf Sachen beruft, von denen er dem Leser nie gesprochen, die er aber als Leser Steins im Kopfe mit sich herumträgt. Wir gehn jetzt auf die Grünsche Darstellung der Doktrin Saint-Simons über.
/. „Lettres d'un habitant de Genbve ä ses contemporains"
Herr[n] Grün wurde aus Stein nicht recht klar, in welchem Zusammenhange der in der eben zitierten Schrift gegebene Plan zur Unterstützung der Gelehrten mit dem phantastischen Anhange der Broschüre steht. Er spricht
31 Marx/Engels. Werke, Bd. 3
von dieser Schrift, als wenn es sich in ihr hauptsächlich um eine neue Organisation1 der Gesellschaft handle, und schließt wie folgt: „Die geistliche Macht in den Händen der Gelehrten, die weltliche Macht in den Händen der Eigentümer, die Wahl für Alle." p. 85. Vgl. Stein, p. 151, Reybaud, p. 83. Den Satz „le pouvoir de nommer les individus appeles a remplir les fonctions des chefs de l'humanite entre les mains de tout le monde"2, den Reybaud aus Saint-Simon (p. 47) zitiert und Stein höchst unbeholfen übersetzt diesen Satz reduziert Herr Grün auf „die Wahl für Alle", wodurch er allen Sinn verliert. Bei Saint-Simon ist von der Wahl des Newtonschen Rats die Rede, bei Herrn Grün handelt es sich von der Wahl überhaupt. Nachdem Herr Grün durch vier oder fünf von Stein und Reybaud abgeschriebne Sätze längst mit den „Lettres pp." fertig geworden ist und schon vom „Nouveau christianisme" gesprochen hat, kehrt er plötzlich zu ihnen zurück. „Aber die abstrakte Wissenschaft tut's freilich nicht." (Noch viel weniger die konkrete Unwissenheit, wie wir sehen.) „Vom Standpunkt der abstrakten Wissenschaft waren ja die .Eigentümer' und Jedermann' noch auseinandergefallen." p. 87. Herr Grün vergißt, daß er bisher nur von „der Wahl für alle", nicht von „Jedermann" gesprochen hat. Aber bei Stein und Reybaud findet er „tout le monde" und setzt daher „Jedermann" in Anführungszeichen. Er vergißt ferner, daß er den folgenden Satz Steins, wodurch das „ja" in seinem eignen Satze motiviert wird, nicht mitgeteilt hat: „Es treten ihm" (Saint-Simon) „neben den Weisen oder Wissenden die propriitaires8 und tout le monde auseinander. Zwar sind Beide noch ohne eigentliche Grenze im Verhältnis zueinander ... dennoch liegt schon in jenem vagen Bilde der tout le monde der Keim der Klasse verborgen, die zu begreifen und zu heben die spätere Grundtendenz seiner Theorie ward, der classe la plus nombreuse et la plus pauvre4, wie in der Wirklichkeit dieser Teil des Volkes damals nur potentiell da war." p. 154. Stein hebt hervor, daß Saint-Simon zwischen proprietaires und tout le monde schon einen Unterschied, aber noch einen sehr unbestimmten macht. Herr Grün verdreht dies dahin, daß Saint-Simon den Unterschied überhaupt noch macht. Dies ist natürlich ein großes Versehen von Saint-Simon und nur dadurch zu erklären, daß er in den „Lettres" auf dem Standpunkte der abstrakten Wissenschaft sich befindet. Leider aber spricht Saint-Simon an der fraglichen Stelle gar nicht, wie Herr Grün meint, von Unterschieden
1 MEGA: um eine Organisation - 2 „die Macht zur Ernennung der Individuen, die berufen sind, die Funktionen der Führer der Menschheit auszuüben, in den Händen von jedermann" - 3 Eigentümer - 4 zahlreichsten und ärmsten Klasse
in einer zukünftigen Gesellschaftsordnung. Er adressiert sich wegen einer Subskription an die ganze Menschheit, die ihm, wie er sie vorfindet, in drei Klassen geteilt erscheint: in drei Klassen, die nicht, wie Stein glaubt, savants1, proprietaires und tout le monde sind, sondern 1. die savants und artistes2 und alle Leute mit liberalen Ideen, 2. die Gegner der Neuerung, d. h. die proprietaires, sofern sie sich nicht der ersten Klasse anschließen, 3. das surplus de l'humanite qui se rallie au mot: figalitez. Diese drei Klassen bilden tout le monde. Vgl. Saint-Simon, „Lettres", p. 21, 22. Da Saint-Simon übrigens an einer späteren Stelle sagt, er halte seine Verteilung der Gewalt für vorteilhaft für alle Klassen, so entspricht in der Stelle, wo er von dieser Verteilung spricht, p. 47, tout le monde offenbar dem surplus, das sich bei der Parole Gleichheit railiiert, ohne indes die andern Klassen auszuschließen. Stein hat also in der Hauptsache das Richtige getroffen, obwohl er die Stelle p. 21, 22 nicht berücksichtigt, und Herr Grün, der das Original gar nicht kennt, klammert sich an das unbedeutende Versehen Steins, um aus seinem Räsonnement sich baren Unsinn zu abstrahieren. Wir erhalten sogleich ein noch frappanteres Beispiel, p. 94, wo Herr Grün gar nicht mehr von Saint-Simon, sondern von seiner Schule spricht, erfahren wir unerwartet: „Saint-Simon sagt in einem seiner Bücher die mysteriösen Worte: ,Die Frauen werden zugelassen werden, sie werden selbst ernannt werden können.' Aus diesem fast1 tauben Saatkorn ist der ganze ungeheure Spektakel der Emanzipation der Frauen entsprossen." Allerdings, wenn Saint-Simon in einer beliebigen Schrift von einer Zulassung und Ernennung der Frauen, man weiß nicht wozu, gesprochen hat, so sind dies sehr „mysteriöse Worte". Dies Mysterium existiert aber nur für Herrn Grün. Das „eine der Bücher" Saint-Simons ist kein andres als die „Lettres d'un habitant de Geneve". Nachdem Saint-Simon hier gesagt hat, daß jeder Mensch für den Newtonschen Rat oder dessen Abteilungen unterschreiben kann, fährt er fort: Les femmes seront admises ä souscrire, elles pourront etre nommees.4 Natürlich, zu einer Stelle in diesem Rat oder seinen Abteilungen. Stein hat diese Stelle, wie sich gebührt, bei dem Buche selbst zitiert und macht dabei folgende Bemerkung: Hier pp. „finden sich alle Spuren seiner späteren Ansicht und selbst seiner Schule im Keime wieder, und selbst der erste Gedanken einer Emanzipation der Frauen". p. 152.
1 Gelehrte - 2 Künstler - 3 der Rest der Menschheit, der sich bei der Parole Gleichheit versammelt - 4 Die Frauen werden zum Unterschreiben zugelassen werden, sie werden ernannt werden können.
Stein hebt auch richtig in einer Note hervor, daß Olinde Rodrigues diese Stelle in seiner Ausgabe von 1832 als einzige Belegstelle für die Frauenemanzipation bei Saint-Simon selbst aus polemischen Gründen groß drucken ließ. Grün, um seine Abschreiberei zu verbergen, versetzt diese Stelle von dem Buch, wohin sie gehört, in die Schule, macht den obigen Unsinn daraus, verwandelt Steins „Keim" in ein „Saatkorn" und bildet sich kindischerweise ein, die Lehre von der Emanzipation der Frauen sei aus dieser Stelle hervorgegangen. Hepr Grün riskiert eine Ansicht über einen Gegensatz, worin die „Briefe eines Bewohners von Genf" zum „Katechismus der Industriellen" stehen sollen und der darin besteht, daß im „Katechismus" das Recht der travailleurs1 geltend gemacht wird. Herr Grün mußte diesen Unterschied allerdings zwischen den ihm von Stein und Reybaud überlieferten „Lettres" und dem ebenso überlieferten „Catechisme" entdecken. Hätte er den SaintSimon selbst gelesen, so konnte er statt dieses Gegensatzes in den „Lettres" schon sein „Saatkorn" zu der unter Andern im „Catechisme" weiter entwickelten Anschauung finden. Z. B.: „Tous les hommes travailleront"2, „Lettres, p. 60. „Si sa cervelle" (des Reichen) „ne sera pas propre au travail, il sera bien oblige de faire travailler ses bras; car Newton ne laissera sürement pas sur cette planete ... des ouvriers volontairement inutiles dans l'atelier."3 p. 64.
2. „Catechisme politique des industriels"
Da Stein diese Schrift gewöhnlich als „Catechisme des industriels" zitiert, so kennt Herr Grün keinen andern Titel. Die Angabe des richtigen Titels wenigstens wäre um so eher von Herrn Gxün zu verlangen gewesen, als er da, wo er ex officio4 von dieser Schrift spricht, ihr nur zehn Zeilen dediziert. Nachdem Herr Grün aus Stein abgeschrieben hat, daß Saint-Simon in dieser Schrift der Arbeit die Herrschaft geben will, fährt er fort: „Die Welt teilt sich für ihn jetzt in Müßiggänger und Industrielle." p. 85. Herr Grün begeht hier ein Falsum. Er schiebt dem „Catechisme" eine Unterscheidung unter, die er bei Stein viel später, bei Gelegenheit der saintsimonistischen Schule, vorfindet:
1 Arbeiter - 2 „Alle Menschen werden arbeiten" - 3 „Wenn sein Cehim nicht zur Arbeit taugt, wird er mit den Händen arbeiten müssen; denn Newton wird auf diesem Planeten sicher keine Arbeiter dulden, die in der Werkstatt willentlich unnütz sind." - 4 von Amts wegen
Stein, p. 206: „Die Gesellschaft besteht gegenwärtig nur aus Müßiggängern und Arbeitern." (Enfantin.) Statt dieser untergeschobenen Einteilung findet sich im „Catechisme" die Einteilung in drei Klassen, die classes feodale, intermediaire et industrielle1, auf die Herr Grün natürlich nicht eingehen konnte, ohne Stein abzuschreiben, da er den „Catechisme" selbst nicht kannte. Herr Grün wiederholt hierauf noch einmal, daß die Herrschaft der Arbeit der Inhalt des »Catechisme" ist, und schließt dann seine Charakteristik dieser Schrift folgendermaßen: „Wie der Republikanismus sagt: Alles für das Volk, Alles durch das Volk, so sagt Saint-Simon: Alles für die Industrie, Alles durch die Industrie." (ibid.) Stein, p. 165: „Da Alles durch die Industrie geschieht, so muß auch Alles für sie geschehen." Wie Stein richtig angibt (p. 160, Note), findet sich bereits auf der Schrift Saint-Simons „L'industrie" von 1817 das Motto: Tout par l'industrie, tout pour eile2. Herrn Grüns Charakteristik des „Catechisme" besteht also darin, daß er, außer dem obigen Falsum, das Motto einer viel früheren Schrift, die er gar nicht kennt, falsch zitiert. Hiermit hat die deutsche Gründlichkeit den „Catechisme politique des industriels" hinreichend kritisiert. Wir finden indes noch an andern sehr zerstreuten Stellen des Grünschen Sammelsuriums einzelne hieher gehörige Glossen. Herr Grün verteilt mit innerem Vergnügen über seine eigene Schlauheit die Sachen, die er bei Steins Charakteristik dieser Schrift zusammenfindet, und verarbeitet sie mit anerkennenswerter Courage: Herr Grün, p. 87: „Die freie Konkurrenz war ein unreiner, ein konfuser Begriff, ein Begriff, der in sich selbst eine neue Welt von Kampf und Unglück enthielt, den Kampf zwischen Kapital und Arbeit und das Unglück des kapitallosen Arbeiters'. Saint-Simon reinigte Jen Begriff der Industrie, er reduzierte ihn auf den Begriff der Arbeiter, er formulierte die Rechte und Beschwerden des vierten Standes, des Proletariats. Er mußte das Erbrecht aufheben, weil es zum Unrecht am Arbeiter, am Industriellen wurde. Diese Bedeutung hat sein .Katechismus der Industriellen'." Herr Grün fand bei Stein, p. 169, bei Gelegenheit des „Catechisme": „Das ist mithin die wahre Bedeutung Saint-Simons, diesen Gegensatz" (von Bourgeoisie und peuple3) „als einen bestimmten vorausgesehen zu haben."
1 feudale, mittlere und industrielle Klasse [1871 - 2 Alles durch die Industrie, alles für sie sVolk
Dies das Original zu der „Bedeutung" des „Katechismus" bei Herrn Grün. Stein: „Er" (Saint-Simon im „Catechisme") „beginnt mit dem Begriff des industriellen Arbeiters." Hieraus macht Herr Grün den kolossalen Unsinn, daß Saint-Simon, der die freie Konkurrenz als einen „unreinen Begriff" vorfand, „den Begriff der Industrie reinigte und ihn auf den Begriff der Arbeiter reduzierte". Daß der Begriff des Herrn Grün von der freien Konkurrenz und Industrie ein sehr „unreiner" und „konfuser" ist, zeigt er an allen Ecken. Noch nicht zufrieden mit diesem Unsinn, wagt er die direkte Lüge, SaintSimon habe die Aufhebung des Erbrechts verlangt. Immer noch auf die Art gestützt, wie er den „Catechisme" nach Stein versteht, sagt er p. 88:
„Saint-Simon hatte die Rechte des Proletariats festgesetzt, er hatte die neue Parole bereits ausgegeben: Die Industriellen, die Arbeiter sollen auf die erste Stufe der Macht erhoben werden. Das war einseitig, aber jeder Kampf führt die Einseitigkeit mit sich; wer nicht einseitig ist, kann nicht kämpfen." Herr Grün mit seiner schönrednerischen Maxime von der Einseitigkeit begeht hier selbst die Einseitigkeit, den Stein dahin mißzuverstehen, SaintSimon habe die eigentlichen Arbeiter, die Proletarier, „auf die erste Stufe der Macht erheben" wollen. Vgl. p. 102, wo über Michel Chevalier gesagt wird:
„M.Chevalier spricht noch mit sehr großer Teilnahme von den Industriellen ... aber dem Jünger sind die Industriellen nicht mehr die Proletarier, wie dem Meister; er faßt Kapitalist, Unternehmer und Arbeiter in einen Begriff zusammen, rechnet also die Müßiggänger mit zu einer Kategorie, die nur die ärmste und zahlreichste Klasse umfassen sollte." Bei Saint-Simon gehören zu den Industriellen außer den Arbeitern auch die fabricants, negociants1, kurz, sämtliche industrielle Kapitalisten, an die er sich sogar vorzugsweise adressiert. Herr Grün konnte dies bereits auf der ersten Seite des „Catechisme" finden. Man sieht aber, wie er, ohne die Schrift selbst je gesehen zu haben, nach dem Hörensagen belletristisch über sie phantasiert. Bei seiner Besprechung des „Catechisme" sagt Stein:
„Von ... kommt Saint-Simon zu einer Geschichte der Industrie in ihrem Verhältnis zur Staatsgewalt ... er ist der erste, der es zum Bewußtsein gebracht hat, daß in der
1 Fabrikanten, Kaufleute
Wissenschaft der Industrie ein staatliches Moment verborgen liege ... es läßt sich nicht leugnen, daß ihm ein wesentlicher Anstoß gelungen ist. Denn erst seit ihm besitzt Frankreich eine Histoire de l'economie politique" pp., p. 165, 170. Stein selbst ist im höchsten Grade konfus, wenn er von einem „staatlichen Moment" in „der Wissenschaft der Industrie" spricht. Er zeigt indes, daß er eine richtige Ahnung hatte, indem er hinzufügt, daß die Geschichte des Staats aufs genaueste zusammenhänge mit der Geschichte der Volkswirtschaft. Sehen wir, wie Herr Grün später, da er von der saint-simonistischen Schule spricht, diesen Fetzen Steins sich aneignet. „Saint-Simon hatte in seinem .Katechismus der Industriellen* eine Geschichte der Industrie versucht, indem er das staatliche Element in ihr hervorhob. Der Meister selbst brach also die Bahn zur politischen Ökonomie." p. 99. Herr Grün verwandelt „also" zunächst das „staatliche Moment" Steins in ein „staatliches Element" und macht es zu einer sinnlosen Phrase, indem er die näheren Data, die Stein gegeben hatte, wegläßt. Dieser „Stein, den die Bauleute verworfen haben", ist für Herrn Grün wirklich zum „Eckstein" seiner „Briefe und Studien" geworden. Zugleich aber auch zum Stein des Anstoßes. Aber noch mehr. Während Stein sagt, Saint-Simon habe durch Hervorhebung dieses staatlichen Moments in der Wissenschaft der Industrie die Bahn gebrochen zur Geschichte der politischen Ökonomie, läßt Herr Grün ihn die Bahn zur politischen Ökonomie selbst brechen. Herr Grün räsoniert etwa so: Ökonomie gab es bereits vor Saint-Simon; wie Stein erzählt, hob er das staatliche Moment in der Industrie hervor, machte also die Ökonomie staatlich - staatliche Ökonomie = politische Ökonomie, also brach Saint-Simon die Bahn zur politischen Ökonomie. Herr Grün verrät unleugbar einen sehr heitern Geist bei Bildung seiner Konjekturen. Der Art, wie Herr Grün Saint-Simon die Bahn zur politischen Ökonomie brechen läßt, entspricht die Art, wie er ihn die Bahn zum wissenschaftlichen Sozialismus brechen läßt: „Er" (der Saint-Simonismus) „enthält ... den wissenschaftlichen Sozialismus, indem Saint-Simon sein ganzes Leben lang nach der neuen Wissenschaft suchte"! p. 82.
3. „Nouveau christianisme"
Herr Grün gibt in derselben glänzenden Weise wie bisher Auszüge aus den Auszügen von Stein und Reybaud mit belletristischer Ausschmückung und unbarmherziger Zerreißung der bei diesen zusammengehörigen Glieder.
Wir geben nur ein Beispiel, um zu zeigen, daß er auch diese Schrift nie in der Hand gehabt hat. „Es galt für Saint-Simon, eine einheitliche Weltanschauung herstellen, wie sie für organische Geschichtsperioden paßt, die er ausdrücklich den kritischen gegenüberstellt. Seit Luther leben wir nach seiner Meinung in einer kritischen Periode, er gedachte den Anfang der neuen organischen Periode zu begründen. Daher das ,Neue Christentum'." p. 88. Saint-Simon hat nie und nirgends die organischen Geschichtsperioden den kritischen gegenübergestellt. Herr Grün lügt dies geradezu. Erst Bazard machte diese Einteilung. Herr Grün fand bei Stein und Reybaud, daß im „Nouveau christianisme" Saint-Simon die Kritik Luthers anerkennt, aber seine positive, dogmatische Doktrin mangelhaft findet. Herr Grün wirft diesen Satz mit seinen Reminiszenzen aus ebendenselben Quellen über die saint-simonistische Schule zusammen und fabriziert daraus seine obige Behauptung. Nachdem Herr Grün in der geschilderten Weise über Saint-Simons Leben und Werke mit einziger Benutzung von Stein und dessen Leitfaden Reybaud einige belletristische Phrasen gemacht hat, schließt er mit dem Ausruf: „Und diesen Saint-Simon haben die Philister der Moral, Herr Reybaud und mit ihm die ganze Schar deutscher Nachschwätzer, in Schutz nehmen zu müssen geglaubt, indem sie mit ihrer gewöhnlichen Weisheit orakelten, ein solcher Mensch, ein solches Leben seien nicht nach gewöhnlichen Maßstäben zu messen! - Sagt doch, sind Eure Maßstäbe von Holz? Sprecht die Wahrheit, es soll uns lieb sein, wenn sie von recht festem Eichenstamm sind. Gebt sie her, wir wollen sie als ein kostbares Geschenk dankbar hinnehmen, wir wollen sie nicht verbrennen, behüte! Wir wollen den Rücken der Philister mit ihnen - messen." p. 89. Durch solche belletristische burschikose Phrasen dokumentiert Herr Grün seine Überlegenheit über seine Vorbilder.
4. Saint-simonistische Schule
Da Herr Grün von den Saint-Simonisten geradesoviel gelesen hat wie von Saint-Simon selbst, nämlich Nichts, so hätte er wenigstens einen ordentlichen Auszug aus Stein und Reybaud machen, die chronologische Reihenfolge beobachten, den Verlauf im Zusammenhange erzählen, die nötigen Punkte erwähnen sollen. Statt dessen tut er, durch sein böses Gewissen verleitet, das Gegenteil, wirft möglichst durcheinander, läßt die allernotwendigsten Dinge aus und richtet eine Konfusion an, die noch größer ist als in seiner Darstellung von Saint-Simon. Wir müssen uns hier noch kürzer fassen,
da wir ein Buch schreiben müßten, so dick wie das des Herrn Grün, um jedes Plagiat und jeden Schnitzer hervorzuheben. Über die Zeit vom Tode Saint-Simons bis zur Julirevolution, die Zeit, worin mit die bedeutendste theoretische Entwicklung des Saint-Simonismus fällt, erfahren wir nichts: Hiermit fällt sogleich der bedeutendste Teil des Saint-Simonismus, die Kritik der bestehenden Zustände, ganz fort für Herrn Grün. Es war in der Tat auch schwer, hierüber etwas zu sagen, ohne die Quellen selbst, namentlich die Journale, zu kennen. Herr Grün eröffnet seinen Kursus über die Saint-Simonisten mit folgendem Satze: „Jedem nach seiner Fähigkeit, jeder Fähigkeit nach ihren Werken, so heißt das praktische Dogma des Saint-Simonismus." Wie Reybaud, p. 96, diesen Satz als Übergangspunkt von Saint-Simon zu den Saint-Simonisten darstellt, so Herr Grün, der fortfährt: „Es entspringt unmittelbar aus dem letzten Worte Saint-Simons: allen Menschen die freiste Entwicklung ihrer Anlagen zu sichern." Herr Grün wollte sich hier von Reybaud unterscheiden. Reybaud knüpft dieses „praktische Dogma" an den „Nouveau christianisme" an. Herr Grün hält dies für einen Einfall Reybauds und substituiert dem „Nouveau christianisme^ ungeniert das letzte Wort Saint-Simons. Er wußte nicht, daß Reybaud nur einen wörtlichen Auszug aus der „Doctrine de Saint-Simon, Exposition, premiere annee", p. 70, gab. Herr Grün weiß sich nicht recht zu erklären, wie hier bei Reybaud, nach einigen Auszügen über die religiöse Hierarchie des Saint-Simonismus, das „praktische Dogma" plötzlich hereingeschneit kommt. Während dieser Satz erst im Zusammenhang mit den religiösen Ideen des „Nouveau christianisme" aufgefaßt auf eine neue Hierarchie hinweisen kann, während er ohne diese Ideen höchstens eine profane Klassifikation der Gesellschaft verlangt, bildet sich Herr Grün ein, aus diesem Satze allein folge die Hierarchie. Er sagt p. 91: „Jedem nach seiner Fähigkeit, das heißt die katholische Hierarchie zum Gesetz der gesellschaftlichen Ordnung machen. Jeder Fähigkeit nach ihren Werken: das heißt auch noch die Werkstatt zur Sakristei, auch noch das ganze bürgerliche Leben in eine Domäne des Pfaffen verwandeln." Bei Reybaud findet er nämlich im oben erwähnten Auszug aus der Exposition: „L'eglise vraiment universelle va paraitre ... l'eglise universelle gouverne le temporel comme le spirituel ... la science est sainte, Industrie est sainte ... et tout bien
est bien d'eglise et toute profession est une fonction religieuse, un grade dans la Hierarchie sociale. - A chacan selon sa capacite, ä chaque capacite selon ses asuvres."1 Herr Grün hatte offenbar nur diese Stelle umzudrehen, nur die vorhergehenden Sätze in Folgerungen aus dem Schlußsatz zu verwandeln, um seinen ganz unbegreiflichen Satz herauszubringen. „So wirr und kraus gestaltet sich" die Grünsche Widerspiegelung des Saint-Simonismus, daß er p. 90 erst aus dem „praktischen Dogma" ein „geistiges Proletariat", aus diesem geistigen Proletariat eine „Hierarchie der Geister" und aus dieser Hierarchie der Geister eine Spitze der Hierarchie hervorgehen läßt. Hätte er auch nur die Exposition gelesen, so würde er gesehen haben, wie die religiöse Anschauungsweise des „Nouveau christianisme" in Verbindung mit der Frage, wie denn die capacite festzustellen sei, die Notwendigkeit der Hierarchie und ihrer Spitze hereinbringt. Mit dem Einen Satz „Ä chacun selon sa capacite, a chaque capacite selon ses oeuvres" hat Herr Grün seine ganze Darstellung und Kritik der Exposition von 1828/29 abgeschlossen. Den „Producteur"[188] und „Organisateur" erwähnt er außerdem kaum einmal. Er blättert in Reybaud und findet in dem Abschnitt „Dritte Epoche des Saint-Simonismus", p. 126, Stein, p. 205: „... et les jours suivants le Globe parut avec le sous-titre de Journal de la doctrine de Saint-Simon, laquelle etait resumee ainsi sur la premiere page:
Association universelle."2 Herr Grün springt nun unmittelbar von dem obigen Satze ins Jahr 1831, indem er folgendermaßen Reybaud verarbeitet (p. 91): „Die Saint-Simonisten stellten folgendes Schema ihres Systems auf, dessen
1 „Die wahrhaft allumfassende Kirche wird erscheinen ... die allumfassende Kirche regiert das Weltliche wie das Geistliche... die Wissenschaft ist heilig, die Industrie ist heilig ... und alles Gut ist Kirchengut, und jeder Beruf ist ein geistliches Amt, ein Grad in der sozialen Hierarchie. - Jedem nach seiner Fähigkeit, jeder Fähigkeit nach ihren Werken." - 2 „...und in den folgenden Tagen erschien der,Globe' mit dem Untertitel .Zeitschrift für die Lehre Saint-Simons', welche auf der ersten Seite wie folgt zusammengefaßt wurde:
Religion Science Industrie
Industrie
Religion Wissenschaft Industrie Allumfassende Vereinigung'
Herr Grün läßt drei Sätze fort, die ebenfalls auf dem Titel des „Globe"[189] stehen und sich Alle auf praktische soziale Reformen beziehen. Sie finden sich sowohl bei Stein wie bei Reybaud. Er tut dies, um dies bloße Aushängeschild eines Journals in ein „Schema" des Systems verwandeln zu können. Er verschweigt, daß es auf dem Titel des „Globe" stand, und kann nun im verstümmelten Titel dieses Blattes den ganzen Saint-Simonismus durch die kluge Bemerkung kritisieren, daß die Religion obenan stehe. Er konnte übrigens bei Stein finden, daß im „Globe" dies keineswegs der Fall ist. Der „Globe" enthält, was Herr Grün freilich nicht wissen konnte, die ausführlichsten und wichtigsten Kritiken der bestehenden, besonders der ökonomischen Zustände. Woher Herr Grün die neue, aber wichtige Nachricht hat, daß die „Formulierung dieses Schemas" von vier Worten „besonders das Werk Bazards war", ist schwer zu sagen. Vom Januar 1831 springt Herr Grün jetzt zurück zum Oktober 1830: „Ein kurzes, aber umfassendes Glaubensbekenntnis adressierten die Saint-Simonisten in der Periode Bazard" (woher die?) „kurz nach der Julirevolution an die Deputiertenkammer, nachdem die Herren Dupin und Mauguin sie von der Tribüne herab bezichtigt hatten, Güter- und Weibergemeinschaft zu lehren." Folgt nun diese Adresse, und macht Herr Grün darauf die Bemerkung: „Wie vernünftig und gemessen ist das Alles noch. Bazard redigierte die Eingabe an die Kammer." p. 92-94. Was zunächst diese Schlußbemerkung betrifft, so sagt Stein, p. 205: „Seiner Form und Haltung nach stehen wir keinen Augenblick an, es" (dies Aktenstück) „mit Reybaud Bazard mehr zuzuschreiben als Enfantin." Und Reybaud, p. 123: „Aux formes, aux pretentions assez moderees de cet ecrit il est facile de voir qu'il provenait plutdt de l'impulsion de M.Bazard que de celle de son collegue."1 Herrn Grüns geniale Kühnheit verwandelt Reybauds Vermutung, daß Bazard eher als Enfantin den Anstoß zu dieser Adresse gab, in die Gewißheit, daß er sie ganz redigierte. Der Übergang zu diesem Aktenstück ist übersetzt aus Reybaud, p. 122: „MM.Dupin et Mauguin signalerent du haut de la tribune une secte qui prechait la communaute des biens et la communaute des femmes."2
1 „An den Formen, an den ziemlich gemäßigten Forderungen dieser Schrift sieht man leicht, daß sie eher dem Anstoß des Herrn Bazard als dem seines Kollegen entsprang." 2 „Die Herren Dupin und Mauguin wiesen von der Tribüne herab auf eine Sekte hin, die Güter- und Weibergemeinschaft predige."
Nur läßt Herr Grün das von Reybaud gegebne Datum weg und sagt dafür: „kurz nach der Julirevolution". Die Chronologie paßt überhaupt nicht in die Art des Herrn Grün, sich von seinen Vorgängern zu emanzipieren. Von Stein unterscheidet er sich hier, indem er in den Text setzt, was bei Stein in einer Note steht, indem er den Eingangspassus der Adresse wegläßt, indem er fonds de production (produktives Kapital) mit „Grundvermögen" und classement social des individus (gesellschaftliche Klassifizierung der Individuen) mit „gesellschaftliche Ordnung der Einzelnen" übersetzt. Folgen nun einige liederliche Notizen über die Geschichte der saintsimonistischen Sehlde, welche mit derselben künstlerischen Plastik aus Stein, Reybaud und L.Blanc zusammengewürfelt sind wie oben das Leben SaintSimons. Wir überlassen dem Leser, diese im Buche selbst nachzusehen. Wir haben dem Leser jetzt Alles mitgeteilt, was Herr Grün vom SaintSimonismus in der Periode Bazard, d. h. seit dem Tode Saint-Simons bis zum ersten Schisma, zu sagen weiß. Er kann jetzt einen belletristisch-kritischen Trumpf ausspielen, indem er Bazard einen „schlechten Dialektiker" nennt und fortfährt: „Aber so sind die Republikaner. Sie wissen nur zu sterben, Cato wie Bazard; wenn sie sich nicht erdolchen, lassen sie sich das Herz brechen." p. 95. „Wenige Monate nach diesem Streite brach ihm1 (Bazard) „das Herz." Stein, p. 210. Wie richtig die Bemerkung des Herrn Grün ist, beweisen Republikaner wie Levasseur, Carnot, Barere, Billaud-Varennes, Buonarroti, Teste, d'Argenson etc. etc. Folgen nun einige banale Phrasen über Enfantin, wo wir bloß auf folgende Entdeckung des Herrn Grün aufmerksam machen: „Wird es an dieser geschichtlichen Erscheinung endlich klar, daß die Religion nichts ist als Sensualismus, daß der Materialismus kühn denselben Ursprung in Anspruch nehmen darf wie das heilige Dogma selbst p. 97. Herr Grün blickt selbstgefällig um sich: „Hat wohl schon Jemand daran gedacht ? " Er würde nie „daran gedacht" haben, wenn nicht schon die „Hallischen Jahrbücher "bei Gelegenheit der Romantiker „daran gedacht" hätten.[190] Man hätte übrigens hoffen können, daß seit der Zeit Herr Grün weiter gedacht hätte. Herr Grün weiß, wie wir gesehen haben, von der ganzen ökonomischen Kritik der Saint-Simonisten Nichts. Indessen benutzt er Enfantin, um auch über die ökonomischen Konsequenzen Saint-Simons, von denen er schon oben fabelte, ein Wort zu sagen. Er findet nämlich bei Reybaud, p. 129 seqq., und Stein, p. 206, Auszüge aus der „Politischen Ökonomie" Enfantins, ver
fälscht aber auch hier, indem er die Aufhebung der Steuern auf die notwendigsten Lebensbedürfnisse, welche Reybaud und Stein nach Enfantin richtig als Konsequenz der Vorschläge über das Erbrecht darstellen, zu einer gleichgültigen, unabhängigen Maßregel neben diesen Vorschlägen macht. Er beweist auch darin seine Originalität, daß er die chronologische Ordnung verfälscht, zuerst vom Priester Enfantin und Menilmontant[191j und dann vom Ökonomen Enfantin spricht, während seine Vorgänger die Ökonomie Enfantins in der Periode Bazard gleichzeitig mit dem „Globe" behandeln, für den sie geschrieben wurde.r192-1 Wenn er hier die Periode Bazard in die Periode Menilmontant hereinzieht, so zieht er später, wo er von der Ökonomie und M. Chevalier spricht, wieder die Periode von Menilmontant herein. Das „Livre nouveau"[193] gibt ihm hiezu Gelegenheit, und wie gewöhnlich verwandelt er die Vermutung Reybauds, daß M.Chevalier der Verfasser dieser Schrift sei, in eine kategorische Behauptung. Herr Grün hat jetzt den Saint-Simonismus „in seiner Gesamtheit" (p. 82) dargestellt. Er hat sein Versprechen gehalten, „ihn nicht in seine Literatur hinein kritisch zu verfolgen" (ibid.), und hat sich daher in eine ganz andere „Literatur", in Stein und Reybaud, höchst unkritisch verwickelt. Zum Ersatz gibt er uns einige Aufschlüsse über M.Chevaliers ökonomische Vorlesungen von 1841/42, wo er längst aufgehört hatte, Saint-Simonist zu sein. Herrn Grün lag nämlich, als er über den Saint-Simonismus schrieb, eine Kritik dieser Vorlesungen in der „Revue des deux Mondes" vor, die er in derselben Weise benutzen konnte wie bisher Stein und Reybaud. Wir geben nur eine Probe seiner kritischen Einsicht: „Er behauptet darin, es würde nicht genug produziert. Das ist ein Wort, ganz würdig der alten ökonomischen Schule mit ihren verrosteten Einseitigkeiten ... Solange die politische Ökonomie nicht einsieht, daß die Produktion abhängig von der Konsumtionist, solange kommt diese sogenannte Wissenschaft auf keinen grünen Zweig." p. 102. Man sieht, wie Herr Grün mit den ihm vom wahren Sozialismus überlieferten Phrasen über Konsumtion und Produktion weit über jedes ökonomische Werk erhaben dasteht. Abgesehen davon, daß er in jedem Ökonomen finden kann, daß die Zufuhr auch von der Nachfrage, d. h. die Produktion von der Konsumtion abhängt, gibt es in Frankreich sogar eine eigne ökonomische Schule, die von Sismondi, die die Produktion in einer andern Weise von der Konsumtion abhängig machen will, als dies durch die freie Konkurrenz ohnehin der Fall ist, und die den entschiedensten Gegensatz bildet zu den von Herrn Grün angefeindeten Ökonomen. Wir werden Herrn Grün übrigens erst später mit dem ihm anvertrauten Pfunde, der Einheit von Produktion und Konsumtion, mit Erfolg wuchern sehen.
Herr Grün entschädigt den Leser für die durch seine dünnen, verfälschten und mit Phrasen adulterierten Auszüge aus Stein und Reybaud erregte Langeweile durch folgendes jungdeutsch sprühendes, humanistisch glühendes und sozialistisch blühendes Raketenfeuer: „Der ganze Saint-Simonismus als soziales System war nichts weiter als ein Sprudelregen von Gedanken, den eine wohltätige Wolke über den Boden Frankreichs ausgoß" (früher p. 82, 83 eine „Lichtmasse, aber noch als Lichtchaos" (!), „nicht als geordnete Helle" 11). »Er war ein Schaustück von der erschütterndsten und lustigsten Wirkung zugleich. Der Dichter starb noch vor der Aufführung, der eine Regisseur während der Vorstellung; die übrigen Regisseure und sämtliche Schauspieler legten ihre Kostüme ab, schlüpften in ihre bürgerlichen Kleider hinein, gingen heim und taten, als sei Nichts vorgefallen. Es war ein Schauspiel, ein interessantes, zuletzt etwas verwirrt, einige Akteure chargierten - das war Alles." p. 104. Wie richtig hat Heine seine Nachkläffer beurteilt: „Ich habe Drachenzähne gesäet und Flöhe geerntet."
Fourierismus
Außer einigen Übersetzungen über die Liebe aus den „Quatre mouvements'^1941 erfahren wir auch hier nichts, was nicht schon bei Stein vollständiger ist. Die Moral fertigt Herr Grün mit einem Satze ab, der schon lange vor Fourier .von hundert anderen Schriftstellern gesagt war: „Die Moral ist nach Fourier weiter nichts als der systematische Versuch, die Leidenschaften der Menschen zu unterdrücken." p. 147. Die christliche Moral hat sich selbst nie anders definiert. Auf Fouriers Kritik der jetzigen Landwirtschaft und Industrie geht Herr Grün gar nicht ein und begnügt sich, zur Kritik des Handels einige allgemeine Sätze aus der Einleitung („Origine de l'economie politique et de la controverse mercantile"1, p. 332, 334 der „Quatre mouvements") zu einem Abschnitt der „Quatre mouvements" zu übersetzen. Folgen dann einige Auszüge aus den „Quatre mouvements" und einer aus dem „Traite de l'association"[155] über die französische Revolution, nebst den schon aus Stein bekannten Tabellen über die Zivilisation. So wird der kritische Teil Fouriers, der wichtigste, auf 28 Seiten wörtlicher Übersetzungen, die sich mit sehr wenigen Ausnahmen auf das Allerallgemeinste und Abstrakteste beschränken und 'Wichtiges und Unwichtiges durcheinanderwerfen, mit der größten Oberflächlichkeit und Hast abgefertigt.
1 »Ursprung der politischen Ökonomie und der Kontroverse über den Handel"
Herr Grün geht nun zur Darstellung des Fourierschen Systems über. Vollständigeres und Besseres liegt längst in der schon von Stein zitierten Schrift von ChourocP95] vor. Herr Grün hält es zwar für „unumgänglich nötig", tiefe Aufschlüsse über die Serien Fouriers zu geben, weiß aber zu diesem Behufe nichts Besseres zu tun, als wörtliche Zitate aus Fourier selbst zu übersetzen und später, wie wir sehen werden, einige belletristische Phrasen über die Zahl zu machen. Er denkt nicht daran, zu zeigen, wie Fourier auf die Serien kam und wie er und seine Schüler Serien konstruiert haben; er gibt nicht den geringsten Aufschluß über die innere Konstruktion dieser Serien. Derartige Konstruktionen, gerade wie die Hegeische Methode, werden nur kritisiert, indem man aufzeigt, wie sie zu machen sind, und dadurch beweist, daß man Herr über sie ist. Bei Herrn Grün tritt endlich ganz in den Hintergrund, was Stein wenigstens einigermaßen hervorhebt, der Gegensatz von travail repugnant1 und travail attrayant2. Die Hauptsache bei dieser ganzen Darstellung ist die Kritik Fouriers durch Herrn Grün. Wir rufen dem Leser ins Gedächtnis zurück, was wir schon oben über die Quellen der Grünschen Kritik sagten, und werden nun an einigen Beispielen zeigen, wie Herr Grün die Sätze des wahren Sozialismus erst akzeptiert und dann übertreibt und verfälscht. Daß die Fouriersche Teilung zwischen Kapital, Talent und Arbeit einen prächtigen Stoff zu breiter Klugtuerei bietet, daß man hier über die Unmöglichkeit und Ungerechtigkeit der Teilung, über das Hereinkommen der Lohnarbeit usw. weitläufiges Gerede machen kann, ohne diese Teilung aus dem wirklichen Verhältnis von Arbeit und Kapital zu kritisieren, bedarf keiner weiteren Erwähnung. Proudhon hat das vor Herrn Grün schon Alles unendlich besser gesagt, ohne damit den Kern der Frage auch nur berührt zu haben. Die Kritik der Psychologie Fouriers schöpft Herr Grün, wie seine ganze Kritik, aus dem „Wesen des Menschen": „Denn das menschliche Wesen ist Alles in Allem." p. 190. „Fourier appelliert ebenfalls an dies menschliche Wesen, dessen inneres Gehäuse"(!) „er uns auf seine Weise in der Tafel der zwölf Leidenschaften enthüllt; auch er will, was alle redlichen und vernünftigen Köpfe wollen, das innere Wesen des Menschen zur Wirklichkeit, zur Praxis machen. Was drinnert'ist, soll auch draußen sein, und so der Unterschied zwischen drinnen und draußen überhaupt aufgehoben werden. Die Geschichte der Menschheit wimmelt von Sozialisten, wenn wir sie an diesem Merkmale erkennen wollen ... es kommt bei Jedem nur darauf an, was er sich unter dem Wesen des Menschen denkt." p. 190.
1 abstoßender Arbeit - 2 anziehender Arbeit
Oder vielmehr, es kommt den wahren Sozialisten nur darauf an, Jedem Gedanken über das Wesen des Menschen unterzuschieben und die verschiedenen Stufen des Sozialismus in verschiedne Philosophien des Wesens des Menschen zu verwandeln. Diese ungeschichtliche Abstraktion verleitet hier Herrn Grün dazu, die Aufhebung alles Unterschiedes zwischen Innen und Außen zu proklamieren, eine Aufhebung, die sogar der Fortpflanzung des. Wesens des Menschen ein Ende machen würde. Man sieht übrigens gar nicht ein, weshalb die Deutschen so erschrecklich mit ihrer Weisheit vom Wesen des Menschen renommieren, da ihre ganze Weisheit, die drei allgemeinen Eigenschaften, Verstand, Herz und Wille, bereits seit Aristoteles und den Stoikern ziemlich allgemein bekannt sind. Von diesem Standpunkt aus wirft Herr Grün Fourier vor, daß er den Menschen in zwölf Leidenschaften „zerklüftet".
„Von der Vollständigkeit dieser Tafel, psychologisch gesprochen, will ich gar nicht reden; ich halte sie für ungenügend" - (wobei sich, „.psychologisch gesprochen", das Publikum beruhigen mag). - „Weiß man etwa durch diese Zwölfzahl, was der Mensch ist? Noch keinen Augenblick. Fourier hätte ebensogut bloß die fünf Sensitiven nennen können; in ihnen liegt der ganze Mensch, wenn man sie erklärt, wenn man den menschlichen Inhalt derselben zu deuten versteht" (als wenn dieser „menschliche Inhalt" nicht ganz von der Stufe der Produktion und des Verkehrs der Menschen abhinge). „Ja, der Mensch liegt ganz allein in Einem Sinne, im Gefühle, erfühlt anders als das Tier" pp., p. 205. Man sieht, wie Herr Grün, hier zum ersten Male im ganzen Buche, sich anstrengt, um vom Feuerbachschen Standpunkte nur irgend etwas über Fouriers Psychologie zu sagen. Man sieht ebenfalls, welch eine Phantasie dieser „ganze Mensch" ist, der in einer einzigen Eigenschaft eines wirklichen Individuums „liegt" und vom Philosophen aus ihr heraus interpretiert wird; was das überhaupt für ein „Mensch" ist, der nicht in seiner wirklichen geschichtlichen Tätigkeit und Dasein angeschaut wird, sondern aus seinem eignen Ohrläppchen oder sonstigen Unterscheidungsmerkmal vom Tier gefolgert werden kann. Dieser Mensch „liegt" in sich selbst, wie sein eigner Komedon. Daß das menschliche Gefühl menschlich und nicht tierisch ist, diese Einsicht macht natürlich nicht nur jeden psychologischen Versuch überflüssig, sondern ist auch zugleich die Kritik aller Psychologie. Fouriers Behandlung der Liebe kann Herr Grün sehr leicht kritisieren, indem er dessen Kritik der jetzigen Liebesverhältnisse an den Phantasien mißt, in denen Fourier sich eine Anschauung von der freien Liebe zu geben suchte. Herr Grün nimmt diese Phantasien ernsthaft als echter deutscher Philister. Sie sind das Einzige, das er ernsthaft nimmt. Wollte er einmal auf
diese Seite des Systems eingehen, so ist nicht abzusehen, weshalb er nicht auch auf Fouriers Ausführungen über Erziehung einging, die bei weitem das beste sind, was in dieser Art existiert, und die genialsten Beobachtungen enthalten. Übrigens verrät Herr Grün bei Gelegenheit der Liebe, wie wenig er als echter jungdeutscher Belletrist von Fouriers Kritik gelernt hat. Er meint, es sei einerlei, ob man von der Aufhebung der Ehe oder des Privateigentums ausgehe, eins müsse immer das Andre nach sich ziehen. Es ist aber reine belletristische Phantasie, von einer andern Auflösung der Ehe, als wie sie sich schon jetzt in der bürgerlichen Gesellschaft praktisch vorfindet, ausgehen zu wollen. Bei Fourier selbst konnte er finden, daß dieser überall nur von der Umänderung der Produktion ausgeht. Es nimmt Herrn Grün wunder, daß Fourier, der doch überall von der Neigung (soll heißen Attraktion) ausgeht, allerlei „mathematische" Versuche macht, weshalb er auch p. 203 der „mathematische Sozialist" genannt wird. Selbst die ganzen Lebensverhältnisse Fouriers aus dem Spiel gelassen, hätte Herr Grün auf die Attraktion näher eingehen müssen, wo er sehr bald gefunden haben würde, daß solch ein Naturverhältnis nicht ohne Berechnung näher bestimmt werden kann. Statt dessen regaliert er uns mit einer belletristischen, mit Hegeischen Traditionen verquickten Philippika gegen die Zahl, worin Stellen vorkommen wie: Fourier,»berechnet die Moleküle Deines abnormsten Geschmackes", ein wahres Wunder - ferner: „Die so hart befehdete Zivilisation beruhte auf dem herzlosen Einmaleins ... die Zahl ist nichts Bestimmtes ... Was ist Eins? Die Eins hat keine Ruhe, sie wird Zwei, Drei, Vier" es geht ihr wie dem deutschen Landpfarrer, der auch „keine Ruhe" hat, bis er eine Frau und neun Kinder hat... „Die Zahl tötet alles Wesentliche und Wirkliche, was ist eine halbe Vernunft, was ist ein Drittel Wahrheit" er hätte auch fragen können: Was ist ein grün angelaufener Logarithmus? ... „bei der organischen Entwicklung wird die Zahl verrückt" ... ein Satz, worauf die Physiologie und organische Chemie beruhen, (p. 203,204.) „Wer die Zahl zum Maße der Dinge nimmt, der wird, nein - der ist ein Egoist." An diesen Satz kann er den ihm von Heß überlieferten (s. oben) übertreibend anknüpfen: „Der ganze Fouriersche Organisationsplan beruht auf Nichts als auf Egoismus ... der ärgste Ausdruck des zivilisierten Egoismus ist gerade Fourier." p. 206, 208.
32 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Er beweist dies sogleich, indem er erzählt, wie in der Fourierschen Weltordnung der Ärmste täglich von 40 Schüsseln speist, 5 Mahlzeiten täglich genommen werden, die Leute 144 Jahre alt werden und dergl. mehr. Die kolossale Anschauung der Menschen, die Fourier der bescheidnen Mittelmäßigkeit der Restaurationsmenschen mit naivem Humor gegenüberstellt, gibt Herrn Grün bloß Gelegenheit, die unschuldigste Seite herauszunehmen und darüber moralische Philisterglossen zu machen. Indem Herr Grün Fourier Vorwürfe macht über seine Auffassung der französischen Revolution, gibt er zugleich einen Vorschmack seiner eignen Einsicht in die Revolutionszeit:
„Hätte man nur vierzig Jahre früher um die Assoziation gewußt" (läßt er Fourier sagen), „so wäre die Revolution vermieden worden. Wie kam es denn aber" (fragt Herr Grün), „daß der Minister Turgot das Recht zur Arbeit kannte und daß dennoch der Kopf Ludwigs XVI. fiel? Mit dem Rechte zur Arbeit hätte man doch leichter als mit Hühnereiern die Staatsschuld bezahlen können." p. 211. Herr Grün übersieht nur die Bagatelle, daß das Recht zur Arbeit, wovon Turgot spricht, die freie Konkurrenz ist, und daß ebendiese freie Konkurrenz die Revolution nötig hatte, um sich durchzusetzen. Herr Grün kann seine ganze Kritik Fouriers zusammenfassen in dem Satz, daß Fourier „die Zivilisation" keiner „gründlichen Kritik" ünterworfen habe. Und warum tat Fourier dies nicht? Man höre:
„Sie ist kritisiert worden in ihren Erscheinungen, nicht in ihren Grundlagen; sie ist als Daseiendes perhorresziert, lächerlich gemacht, in ihrer Wurzel aber nicht untersucht worden. Weder die Politik noch die Religion sind vor das Forum der Kritik gezogen worden, und deshalb blieb das Wesen des Menschen ununtersucht." p. 209. Herr Grün erklärt hier also die wirklichen Lebensverhältnisse der Menschen für Erscheinungen, Religion und Politik aber für die Grundlage und Wurzel dieser Erscheinungen. Man sieht an diesem abgeschmackten Satze, wie die wahren Sozialisten die ideologischen Phrasen der deutschen Philosophie gegenüber den wirklichen Darstellungen französischer Sozialisten als höhere Wahrheit geltend machen und zugleich, wie sie ihr eigentliches Objekt, das Wesen des Menschen, mit den Resultaten der französischen Kritik der Gesellschaft zu verbinden streben. Daß, wenn Religion und Politik als Grundlage der materiellen Lebensverhältnisse gefaßt werden, Alles in letzter Instanz auf Untersuchungen über das Wesen des Menschen, d. h. über das Bewußtsein des Menschen von sich selbst ausläuft, ist ganz natürlich. Man sieht zugleich, wie wenig es dem Herrn Grün darauf ankommt, was er abschreibt; an einer späteren Stelle, wie auch in den „Rheinischen] Jahrbüchern",
eignet er sich in seiner Weise an, was in den „Deutsch-Französischen Jahrbüchern" über das Verhältnis von citoyen und bourgeois gesagt war1 und was dem obigen Satze direkt widerspricht. Wir haben dem Leser bis zuletzt die Ausführung des vom wahren Sozialismus Herrn Grün anvertrauten Satzes über Produktion und Konsumtion vorbehalten. Sie ist ein schlagendes Exempel, wie Herr Grün die Sätze des wahren Sozialismus als Maßstab an die Leistungen der Franzosen legt und sie dadurch, daß er sie aus ihrer völligen Unbestimmtheit herausreißt, als vollständigen Unsinn darlegt. „Produktion und Konsumtion lassen sich in der Theorie und in der äußern Wirklichkeit zeitlich und räumlich trennen, dem Wesen nach sind sie nur Eins. Ist nicht die Tätigkeit des gewöhnlichsten Gewerbes, z.B. des Brotbackens, eine Produktion, welche für hundert Andre zur Konsumtion wird ? Ja, welche es für den Backenden selbst ist, der ja Korn, Wasser, Milch, Eier pp. konsumiert? Ist die Konsumtion von Schuhen und Kleidern nicht die Produktion bei Schustern und Schneidern? ... Produziere ich nicht, wenn ich Brot esse? Ich produziere ungeheuer, ich produziere Mühlen, Backtröge, Backöfen und folglich Pflüge, Eggen,Dreschflegel, Mühlräder, Schreinerarbeit, Maurerarbeit" („und folglich" Schreiner, Maurer und Bauern, „folglich" ihre Eltern, „folglich" alle ihre Vorfahren, „folglich" Adam). „Konsumiere ich nicht, wenn ich produziere? Ebenfalls ungeheuer ... Lese ich ein Buch, so konsumiere ich zwar zunächst das Produkt ganzer Jahre, wenn ich es für mich behalte oder verderbe, ich konsumiere den Stoff und die Tätigkeit der Papierfabrik, der Buchdruckerei, des Buchbinders. Produziere ich aber nichts? Ich produziere vielleicht ein neues Buch, und dadurch neues Papier, neue Typen, neue Druckerschwärze, neue Buchbinderwerkzeuge; lese ich es bloß, und lesen es tausend Andre auch, so produzieren wir durch unsre Konsumtion eine neue Auflage und dadurch alle jene Materialien, die zur Beschaffung derselben erforderlich sind. Die Alles das verfertigen, konsumieren wieder eine Masse Rohmaterial, das aber produziert werden will und nur durch Konsumtion produziert werden kann ... Mit Einem Worte, Tätigkeit und Genuß sind Eins, eine verkehrte Welt hat sie nur auseinandergerissen, hat den Begriff des Wertes und Preises zwischen Beide hineingeschoben, durch diesen Begriff den Menschen mitten auseinandergerissen und mit dem Menschen die Gesellschaft." p. 191, 192. Produktion und Konsumtion stehen in der Wirklichkeit vielfach im Widerspruch gegeneinander. Man braucht aber nur diesen Widerspruch wahrhaft zu interpretieren, das wahre Wesen der Produktion und Konsumtion zu hegreifen, um die Einheit Beider herzustellen und allen Widerspruch aufzuheben. Diese deutsch-ideologische Theorie paßt daher auch ganz vortrefflich auf die bestehende Welt; die Einheit von Produktion und Konsumtion wird an Exempeln aus der gegenwärtigen Gesellschaft bewiesen, sie existiert an sich.
1 Siehe Bd. 1 unserer Ausgabe, S. 355, und vorl. Bd., S. 127 und 156
Herr Grün beweist vor allen Dingen, daß überhaupt ein Verhältnis zwischen Produktion und Konsumtion existiert. Er setzt auseinander, daß er keinen Rock tragen, kein Brot essen kann, ohne daß Beides produziert ist, und daß es in der heutigen Gesellschaft Leute gibt, die Röcke, Schuhe, Brot produzieren, von welchen Dingen andre Leute die Konsumenten sind. Herr Grün hält diese Einsicht für neu. Er drückt sie in einer klassischen, belletristischideologischen Sprache aus. Z.B.:
„Man glaubt, der Genuß des Kaffees, des Zuckers usw. sei bloße Konsumtion; ist dieser Genuß aber nicht Produktion in den Kolonien?" Er hätte ebensogut fragen können: Ist dieser,Genuß nicht der Genuß der Peitsche für den Negersklaven und die Produktion von Prügeln in den Kolonien? Man sieht, wie bei dieser überschwenglichen Manier nichts als eine Apologie der bestehenden Zustände herauskommt. Die zweite Einsicht des Herrn Grün besteht darin, daß er konsumiert, wenn er produziert, nämlich das Rohmaterial, überhaupt die Produktionskosten; dies ist die Einsicht, daß Nichts aus Nichts wird, daß er Material haben muß. Er konnte in jeder Ökonomie unter dem Kapitel „Reproduktive Konsumtion" ausgeführt finden, welche verwickelten Beziehungen in dies Verhältnis hereinkommen, wenn man sich nicht mit Herrn Grün auf die triviale Erkenntnis beschränkt, daß man ohne Leder keine Stiefel machen kann. Bisher hat Herr Grün sich davon überzeugt, daß produziert werden muß, um zu konsumieren, und daß bei der Produktion Rohmaterial konsumiert wird. Die eigentliche Schwierigkeit für ihn beginnt da, wo er beweisen will, daß er produziert, wenn er konsumiert. Herr Grün macht hier einen gänzlich verfehlten Versuch, sich über das allertrivialste und allgemeinste Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr ein geringes Licht zu verschaffen. Er bringt es zu der Einsicht, daß seine Konsumtion, d. h. seine Nachfrage, neue Zufuhr produziert. Er vergißt aber, daß seine Nachfrage eine effektive Nachfrage sein, daß er ein Äquivalent für das verlangte Produkt bieten muß, damit sie neue Produktion hervorrufe. Die Ökonomen beziehen sich ebenfalls auf die Untrennbarkeit von Konsumtion und Produktion und die absolute Identität von Nachfrage und Zufuhr, gerade wenn sie beweisen wollen, daß nie Überproduktion stattfindet; aber so ungeschickte und triviale Dinge wie Herr Grün bringen sie nicht vor. Übrigens ist diese Manier ganz dieselbe, wodurch alle Adlige, Pfaffen, Rentiers usw. von jeher ihre Produktivität bewiesen haben. Herr Grün vergißt ferner, daß Brot heutzutage durch Dampfmühlen, früher durch Wind- und Wassermühlen, noch früher durch Handmühlen produziert wurde, daß diese verschiedenen Produktionsweisen vom bloßen Brotessen gänzlich unabhängig sind und also eine geschichtliche Ent
wicklung der Produktion hereinkommt, an die der „ungeheuer produzierende" Herr Grün nicht denkt. Daß mit diesen verschiedenen Stufen der Produktion auch verschiedene Verhältnisse der Produktion zur Konsumtion, verschiedne Widersprüche Beider gegeben sind, daß diese Widersprüche zu verstehen sind nur aus einer Betrachtung, zu lösen nur durch eine praktische Veränderung der jedesmaligen Produktionsweise und des ganzen darauf basierenden gesellschaftlichen Zustandes, das ahnt Herr Grün nicht. Wenn Herr Grün in seinen übrigen Beispielen an Trivialität schon unter den allergewöhnlichsten Ökonomen steht, so beweist er bei seinem Beispiel vom Buch, daß diese viel „menschlicher" sind als er. Sie verlangen gar nicht, daß er, wenn er ein Buch konsumiert hat, sogleich ein neues produziere! Sie sind damit zufrieden, daß er seine eigne Bildung dadurch produziert und damit auf die Produktion überhaupt günstig wirkt. Durch die Auslassung des Mittelgliedes, der baren Zahlung, die Herr Grün durch bloße Abstraktion von ihr überflüssig macht, wodurch seine Nachfrage erst effektiv wird, verwandelt sich die reproduktive Konsumtion des Herrn Grün in ein blaues Wunder. Er liest, und durch sein bloßes Lesen setzt er die Schriftgießer, Papierfabrikanten und Drucker in den Stand, neue Typen, neues Papier, neue Bücher zu produzieren. Seine bloße Konsumtion ersetzt allen diesen Leuten die Produktionskosten. Wir haben übrigens bisher die Virtuosität hinreichend nachgewiesen, womit Herr Grün aus alten Büchern neue Bücher herauszulesen und sich als Produzent von neuem Papier, neuen Typen, neuer Druckerschwärze und neuen Buchbinderwerkzeugen um die kommerzielle Welt verdient zu machen weiß. Der erste Brief des Grünschen Buchs endet mit den Worten: „Ich stehe im Begriff, mich in die Industrie zu stürzen." Nirgendwo im ganzen Buche verleugnet Herr Grün diese seine Devise. Worin bestand also die ganze Tätigkeit des Herrn Grün? Um den Satz: des wahren Sozialismus von der Einheit von Produktion und Konsumtion zu beweisen, nimmt Herr Grün seine Zuflucht zu den allertrivialsten Sätzen der Ökonomie über Nachfrage und Zufuhr, und um diese wieder für seinen Zweck zurechtzustutzen, wirft er aus ihnen die notwendigen Mittelglieder heraus und verwandelt sie damit in reine Phantasien. Der Kern des Ganzen ist also eine unwissende und phantastische Verklärung der bestehenden Zustände. Charakteristisch ist noch der sozialistische Schluß, worin er wieder ganz seinen deutschen Vorgängern nachstammelt. Produktion und Konsumtion sind getrennt, weil eine verkehrte Welt sie auseinandergerissen hat. Wie fing das diese verkehrte Welt an? Sie schob einen Begriff zwischen Beide. Durch diesen Schub riß sie den Menschen mitten auseinander. Damit nicht zufrieden,
reißt sie hierdurch die Gesellschaft, d. h. sich selbst, ebenfalls mitten auseinander. Diese Tragödie hat sich im Jahre 1845 zugetragen. Die Einheit von Konsumtion und Produktion, die bei den wahren Sozialisten ursprünglich die Bedeutung hat, daß die Tätigkeit selbst Genuß bieten soll (bei ihnen freilich eine rein phantastische Vorstellung), wird von Herrn Grün dahin weiter bestimmt, daß „Konsumtion und Produktion, ökonomisch gesprochen, sich decken müssen" (p. 196), daß kein Überschuß der Produktenmasse über die unmittelbaren Konsumtionsbedürfnisse stattfinden darf, womit natürlich alle Bewegung ein Ende hat. Er wirft daher auch Fourier mit wichtiger Miene vor, daß er diese Einheit durch eine Überproduktion stören wolle. Herr Grün vergißt, daß die Überproduktion nur durch ihren Einfluß auf den Tauschwert der Produkte Krisen hervorruft, und daß nicht nur bei Fourier, sondern auch in der besten Welt des Herrn Grün der Tauschwert verschwunden ist. Über diese philisterhafte Albernheit ist weiter nichts zu sagen, als daß sie des wahren Sozialismus würdig ist. Herr Grün wiederholt an vielen Orten mit großer Selbstgefälligkeit seinen Kommentar zur Theorie des wahren Sozialismus über Produktion und Konsumtion. So auch bei Gelegenheit Proudhons:
„Predigt die soziale Freiheit der Konsumenten, so habt Ihr die wahre Gleichheit der Produktion." p. 433. Nichts leichter als das zu predigen! Der Fehler lag bisher bloß daran,
„daß die Konsumenten nicht erzogen, nicht gebildet sind, daß nicht Alle menschlich konsumieren", p. 432. „Dieser Gesichtspunkt, daß die Konsumtion der Maßstab der Produktion ist, nicht umgekehrt, ist der Tod jeder bisherigen ökonomischen Anschauung." (ibid.) „Die wahre Solidarität der Menschen untereinander macht sogar den Satz zur Wahrheit, daß die Konsumtion eines Jeden die Konsumtion Aller zur Voraussetzung hat." (ibid.) Die Konsumtion eines Jeden hat innerhalb der Konkurrenz plus ou moins1 fortwährend die Konsumtion Aller zur Voraussetzung, ebenso wie die Produktion eines Jeden die Produktion Aller. Es handelt sich nur darum, wie, in welcher Weise dies der Fall ist. Hierauf antwortet Herr Grün nur mit dem moralischen Postulat der menschlichen Konsumtion, der Erkenntnis des „wahren Wesens der Konsumtion" (p. 432). Da er von den wirklichen Produktionsund Konsumtionsverhältnissen nichts weiß, so bleibt ihm keine andre Zuflucht übrig als der letzte Schlupfwinkel der wahren Sozialisten, das Wesen des Menschen. Aus demselben Grunde beharrt er darauf, nicht von der
1 mehr oder weniger
Produktion, sondern von der Konsumtion auszugehen. Wenn man von der Produktion ausgeht, so muß man sich um die wirklichen Produktionsbedingungen und die produktive Tätigkeit der Menschen bekümmern. Wenn man aber von der Konsumtion ausgeht, so kann man sich bei der Erklärung, daß jetzt nicht „menschlich" konsumiert werde, und bei dem Postulat der „menschlichen Konsumtion', der Erziehung zur wahren Konsumtion und dergleichen Phrasen beruhigen, ohne sich im Geringsten auf die wirklichen Lebensverhältnisse der Menschen und ihre Tätigkeit einzulassen. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß gerade die Ökonomen, die von der Konsumtion ausgingen, reaktionär waren und das revolutionäre Element in der Konkurrenz und großen Industrie ignoriert haben.
Der „bornierte Papa Cabet" und Herr Grün
Herr Grün schließt seinen Exkurs über die fourieristische Schule und Herrn Reybaud mit folgenden Worten: „ Ich will den Arbeitsorganisierern das Bewußtsein ihres Wesens beibringen, ich will ihnen historisch zeigen, woher sie stammen ... diesen Zwittern ... die auch nicht den mindesten Gedanken aus sich selbst geschöpft haben. Und später werde ich vielleicht Raum finden, an dem Herrn Reybaud ein Exempel zu statuieren, nicht nur an Herrn Reybaud, sondern auch an Herrn Say. Im Grunde genommen ist der erstere so schlimm nicht, er ist bloß dumm; der Zweite aber ist mehr als dumm, er ist gelehrt. Also." p. 260. Die gladiatorische Stellung, in die sich Herr Grün wirft, seine Drohungen gegen Reybaud, die Verachtung gegen die Gelehrsamkeit, seine schmetternden Versprechungen, alles das sind sichre Zeichen, daß er hier mit großen Dingen schwanger geht. Im vollen „Bewußtsein seines Wesens" ahnten wir aus diesen Symptomen, daß Herr Grün im Begriffe stehe, einen der ungeheuerlichsten plagiarischen Coups auszuführen. Wenn man seiner Taktik einmal auf die Spur gekommen ist, verliert seine Marktschreierei ihre Unschuld und löst sich überall in eine pfiffige Berechnung auf. „Also": Folgt ein Kapitel mit der Überschrift: „Die Organisation der Arbeit!" „Wo wurde dieser Gedanke geboren? - In Frankreich. - Aber wie?" Auch unter der Etikette: „Rückblick auf das achtzehnte Jahrhundert."
„Wo wurde dies" Kapitel des Herrn Grün „geboren? In Frankreich. Aber wie?" Das wird der Leser sogleich erfahren. Noch einmal erinnre sich der Leser, daß Herr Grün hier den französischen Arbeitsorganisierern das Bewußtsein ihres Wesens durch eine historische Demonstration auf gründliche deutsche Weise beibringen will. Also. Als Herr Grün gemerkt hatte, daß Cabet „borniert" und seine „Mission eine längst in sich abgeschlossene" sei, was er freilich längst gemerkt hatte, hörte nicht „natürlich alles auf". Im Gegenteil, er gab dem Cabet die neue Mission, in einigen willkürlich zusammengewürfelten Zitaten den französischen „Hintergrund" zu Herrn Grüns deutscher Geschichte der sozialistischen Entwicklung des 18. Jahrhunderts zu bilden. Wie beginnt er dies? Er liest „produktiv". Cabet in seiner „Voyage en Icarie" würfelt im zwölften und dreizehnten Kapitel die Meinungen alter und neuer Autoritäten für den Kommunismus zusammen. Er macht durchaus nicht die Prätension, eine historische Bewegung zu schildern. Der Kommunismus gilt den französischen Bourgeois für eine anrüchige Person. Gut, sagt Cabet, ich werde Euch Zeugenbeweise der respiektabelsten Männer aller Zeiten beibringen, die für den Charakter meines Klienten einstehen; und Cabet verfährt wie ein Advokat. Selbst die seinem Klienten ungünstigen Zeugenaussagen verwandelt er in günstige. Historische Treue ist in einem Plaidoyer nicht zu verlangen. Wenn ein berühmter Mann gelegentlich einmal gegen das Geld, gegen die Ungleichheit, gegen den Reichtum, gegen soziale Mißstände ein Wort hat fallen lassen, Cabet hebt es auf, bittet es zu wiederholen, macht es zum Glaubensbekenntnis des Mannes, läßt es drucken, klatscht in die fHände und ruft mit ironischer Bonhomie seinem geärgerten Bourgeois zu: Ecoutez, ecoutez, n'etait-il pas communiste?1 Da entgeht ihm keiner, nicht Montesquieu, nicht Sieyes, nicht Lamartine, nicht einmal Guizot - alles Kommunisten malgre eux2. Voila mon communiste tout trouve!3 Herr Grün in seiner produktiven Laune liest die von Cabet für das achtzehnte Jahrhundert gesammelten Zitate; er zweifelt keinen Augenblick, daß das alles seine Richtigkeit habe, er phantasiert dem Leser einen mystischen Zusammenhang vor zwischen den Schriftstellern, die bei Cabet sich zufällig auf einer Seite begegnen, er übergießt das Ganze mit seiner jungdeutsch-belletristischen Jauche und tauft es dann wie oben. Also. 1 Hört, hört, war er nicht Kommunist? - 2 gegen ihren Willen. - 3 Da haben wir meinen Kommunisten ertappt!
Herr Qriin: Herr Grün eröffnet seinen Rückblick mit folgenden Worten:
„Die soziale Idee,ist nicht vom Himmel gefallen, sie ist organisch, d. h. im Wege der allmählichen Entwicklung entstanden. Ich kann hier ihre vollständige Geschichte nicht schreiben, kann nicht bei Indern und Chinesen beginnen, nach Persien, Ägypten und Judäa übergehen, die Griechen und Römer um ihr gesellschaftliches Bewußtsein fragen, das Christentum, den Neuplatonismus und die Patristik verhören, das Mittelalter und die Araber reden lassen, die Reformation und die erwachende Philosophie untersuchen und so bis aufs achtzehnte Jahrhundert kommen." p. 261.
Cabet: > Cabet eröffnet seine Zitate mit folgenden Worten:
„Vous pretendez, adversaires de la communaute, qu'elle n'a pour eile que quelques opinions sans credit et sans poids; eh bien, je vais interroger devant vous l'histoire et tous les philosophes: ecoutez! Je ne m'arrete pas ä vous parier de plusieurs peuples anciens, qui pratiquaient ou avaient pratique la communaute des biens! Je ne m'arrete non plus aux Hebreux ... ni aux pretres ßgyptiens, ni ä Minos ... Lycurgue et Pythagore ... je ne vous parle non plus de Confucius et de Zoroastre, qui Tun en Chine et l'autre en Perse ... proclamerent ce principe."1 „Voyage en Icarie", deuxieme edition, p. 470.
Nach den angeführten Stellen geht Cabet auf die griechische und römische Geschichte ein, verhört das Christentum, den Neuplatonismus, die Patristik, das Mittelalter, die Reformation, die erwachende Philosophie. Vgl. Cabet, p. 471-482. Herr Grün überläßt das Abschreiben dieser elf Seiten andern „geduldigeren Leuten, dafern der Bücherstaub den" (zum Abschreiben nämlich) „nötigen Humanismus in ihrem Herzen hat bestehen lassen". Gr[ün,] p. 261. Nur das soziale Bewußtsein der Araber gehört Herrn Grün. Wir harren mit Sehnsucht der Aufschlüsse, die er hierüber der Welt mitzuteilen hat. „Ich muß mich aufs achtzehnte Jahrhundert beschränken." Folgen wir Herrn Grün ins achtzehnte Jahrhundert und bemerken wir nur vorher, daß fast ganz dieselben Worte bei Grün wie bei Cabet unterstrichen sind.
1 „Ihr Gegner der Gemeinschaft behauptet, sie habe nur einige Meinungen ohne Ansehen und Gewicht für sich; nun, ich werde vor euren Augen die Geschichte und alle Philosophen befragen: hört! Ich halte mich nicht damit auf, euch von mehreren alten Völkern zu erzählen, die die Gütergemeinschaft praktizierten oder praktiziert hatten! Ebensowenig halte ich mich bei den Hebräern auf... bei den ägyptischen Priestern, bei Minos ... Lykurg und Pythagoras ... ich sage euch auch nichts von Konfuzius und Zarathustra, die, der eine in China und der andere in Persien ... dieses Prinzip verkündeten."
Herr Grün:
„Locke, der Begründer des Sensualismus sagt: Derjenige, welcher über seine Bedürfnisse hinaus besitzt, überspringt die Grenzen der Vernunft und der ursprünglichen Gerechtigkeit und raubt, was Andern gehört. Jeder Überfluß ist eine Usurpation, und der Anblick des Dürftigen muß1 die Gewissensbisse in der Seele des Reichen erwecken. Verderbte Menschen-, die ihr im Überflusse und der Wollust schwimmt, zittert, daß eines Tages der Unglückliche, der des Notwendigen ermangelt, wahrhaft die Rechte des Menschen kennenlerne. Der Betrug, die Treulosigkeit, die Habsucht haben die Ungleichheit des Besitzes hervorgebracht, welche das Unglück des menschlichen Geschlechts ausmacht, indem sie auf der einen Seite neben den Reichtümern, auf der andern neben dem Elende alle Leiden aufhäuft. Der Philosoph muß also den Gebrauch der Münze als eine der verderblichsten Erfindungen der menschlichen Industrie betrachten" p. [265,] 266.
Cabet:
„Mais voici Locke, ecoutez-le s'ecrier dans son admirable Gouvernement civil: ,Celui qui possede au dela de ses besoins, passe les bornes de la raison et de la justice primitive et enleve ce qui appartient aux autres. Toute superfluiteest une usurpation, et la vue de l'indigent devrait eveiller le remords dans 1 ame du riche. Hommes pervers, qui nagez dans l'opulence et les voluptes, tremblez qu'un jour l'infortune qui manque du necessaire n'aprenne ä connaitre vraiment les droits de l'homme.' t Ecoutez-le s'ecrier encore: .Lafraude, la mauvaise foi, Tavarice ont produit cette inegalite dans les fortunes, qui fait le malheur de l'esp&ce humaine, en amoncelant d'un cote tous les vices avec la richesse et de l'autre tous les maux avec la misere' (woraus Herr Grün Unsinn macht). Lie philosophe doit donc considerer l'usage de la monnaie comme une des plus funestes inventions de l'industrie humaine."2 p.485.
Herr Grün schließt aus diesen Zitaten Cabets, daß Locke „ein Gegner des Geldsystems" (p. 264), „der erklärteste Gegner des Geldes und jedes Besitzes, der über das Bedürfnis hinausgeht" (p. 266) gewesen sei. Leider ist dieser Locke einer der ersten wissenschaftlichen Verfechter des Geldsystems,
1 bei Grün: müßte - 2 „Doch hier ist Locke; hört ihn in seiner bewundernswürdigen .Bürgerlichen Regierung ausrufen: .Derjenige, der über seine Bedürfnisse hinaus besitzt, überschreitet die Grenzen der Vernunft und der ursprünglichen Gerechtigkeit und raubt das, was den anderen gehört. Jeder Überfluß ist eine Usurpation, und der Anblick des Bedürftigen müßte den Gewissensbiß in der Seele des Reichen wecken. Verderbte Menschen, die ihr in Überfluß und Wollust schwimmt, zittert, daß eines Tages der Unglückliche, der des Notwendigen ermangelt, wahrhaft die Rechte des Menschen kennenlerne.' Hört ihn weiter ausrufen: ,Der Betrug, die Unredlichkeit, die Habsucht haben, indem sie auf der einen Seite alle Laster neben dem Reichtum und auf der anderen alle Leiden neben dem Elend aufhäuften, jene Ungleichheit des Besitzes hervorgebracht, die das Unglück, des menschlichen Geschlechts ausmacht.' Der Philosoph muß also den Gebrauch des Geldes als eine der verderblichsten Erfindungen der menschlichen Betriebsamkeit betrachten."
ein ganz spezieller Patron des Durchpeitschens der Vagabunden und Paupers, einer der Doyens der modernen Nationalökonomie.
Herr Grün:
„Schon Bossuet, der Bischof von Meaux, sagt in seiner .Politik, aus der Heiligen Schrift gezogen: .Ohne die Regierungen* (.ohne die Politik' - lächerlicher Zusatz des Herrn Grün) ,würde die Erde nebst allen ihren Gütern ebenso gemeinschaftlich den Menschen gehören als Luft und Licht; nach dem Urrechte der Natur hat Niemand das besondre Recht auf irgend etwas. Alles gehört Allen, aus der bürgerlichen Regierung entspringt das Eigentum.' Ein Pfaff aus dem siebzehnten Jahrhundert besitzt die Ehrlichkeit, solche Dinge zu sagen, solche Anschauungen! Auch der germanische Puffendorf, den man" (i. e. Herr Grün) „nur aus einem Schillerschen Epigramm f196^ kennt, meinte:,Die gegenwärtige Ungleichheit des Vermögens ist eine Ungerechtigkeit, welche die übrigen Ungleichheiten nach sich ziehen kann durch die Unverschämtheit der Reichen und durch die Feigheit der Armen.'" p. 270. Herr Grün fügt noch hinzu: „Wir wollen nicht abschweifen, sondern in Frankreich bleiben."
Cabet:
„Ecoutez le baron de Puffendorff, professeur de droit naturel en Allemagne et conseiller d'etat ä Stockholm et a Berlin, qui dans son droit de la nature et des gens refute la doctrine d'Hobbes et de Grotius sur la monarchie absolue, qui proclame l'egalite naturelle, la fraternite, la communaute des biens primitive, et qui reconnait que la propriete est une institution humaine, qu'elle r^sulte d'un partage consenti pour assurer ä chacun et surtout au travailleur une possession perpetuelle, indivise ou divise, et que par cons£quent l'inegalite actuelle de fortune est une injustice qui n'entraine les autres in^galites" (unsinnig von Herrn Grün übersetzt) „que par l'insolence des riches et la lächeti des pauvres. Et Bossuet, l'eveque de Meaux, le precepteur du dauphin de France, le celebre Bossuet, dans sa ,Politique tiri de VEcriture sainte', redigee pour Instruction du Dauphin, ne reconnait-il pas aussi que sans les gouvernementslaterreettous les biens seraient aussi communs entre les hommes que l'air et la lumiere: Selon le droit primitif de la nature nul n'a le droit particulier sur quoi que ce soit: tout est ä tous, et c est du gouvernement civil que nait la propriete."1 p. 486.
1 „Hört den Baron von Puffendorfj, Professor des Naturrechts in Deutschland und Staatsrat in Stockholm und Berlin, der in seinem Natur- und Völkerrecht die Lehre von Hobbes und Grotius über die absolute Monarchie widerlegt, der die natürliche Gleichheit, die Brüderlichkeit und die ursprüngliche Gütergemeinschaft verkündet und der erkennt, daß das Eigentum eine menschliche Einrichtung ist, daß es aus einer allgemein gebilligten Teilung hervorgeht, um jedem und vor allem dem Arbeiter einen dauernden, ungeteilten oder geteilten Besitz zu sichern, und daß folglich die gegenwärtige Ungleichheit derVermögen eine Ungerechtigkeit ist, die die anderen Ungleichheiten (...) nur durch die Unverschämtheit der Reichen
Herrn Grüns „Abschweifung" von Frankreich besteht darin, daß Cabet einen Deutschen zitiert. Er orthographiert sogar den deutschen Neimen nach der unrichtigen Orthographie des Franzosen. Abgesehen davon, daß er gelegentlich falsch übersetzt und ausläßt, überrascht er durch seine Verbesserungen. Cabet spricht zuerst vonPufendorff und dann vonBossuet, Herr Grün spricht zuerst von Bossuet und dann vonPufendorff. Cabet spricht von Bossuet als einem berühmten Mann; Herr Grün nennt ihn „einen Pfaffen". Cabet zitiert den Pufendorff mit seinen Titeln; Herr Grün macht die aufrichtige Bemerkung, daß man ihn nur aus einem Schillerschen Epigramm kenne. Jetzt kennt er ihn auch aus einem Cabetschen Zitat, und es zeigt sich, daß der bornierte Franzose Cabet nicht nur seine eignen Landsleute, sondern auch die Deutschen besser'studiert hat als Herr Grün. Cabet sagt: „Ich beeile mich, auf die großen Philosophen des achtzehnten Jahrhunderts zu kommen, und ich beginne mit Montesquieu", p. 487; Herr Grün, um auf Montesquieu zu kommen, beginnt mit einer Schilderung „des legislativen Genies des achtzehnten Jahrhunderts", p. 282. Man vergleiche ihre wechselseitigen Zitate aus Montesquieu, Mably, Rousseau, Turgot. Uns genügt es hier, Cabet und Herrn Grün über Rousseau und Turgot zu vergleichen. Cabet kommt von Montesquieu zu Rousseau; Herr Grün konstruiert diesen Übergang: „Rousseau war der radikale Politiker, wie Montesquieu der konstitutionelle."
Herr Grün zitiert aus Rousseau:
„Das größte Übel ist schon geschehen, wenn man Arme zu verteidigen und Reiche im Zaum zu halten hat etc."
(endet mit den Worten) „woraus folgt, daß der soziale Zustand den Menschen nur dann vorteilhaft ist, wenn sie Alle von ihnen etwas und keiner von ihnen zuviel hat." Rousseau wird nach Herrn Grün
Cabet: t „Ecoutez maintenant Rousseau, l'auteur de cet immortel ,Contrat social ... ecoutez: ,Les hommes sont egaux en droit. La nature a rendu tous les biens communs ... dans le cas de partage le part dechacun devient sa propriete. Dans tous les cas la societe est toujours seule proprietaire de tous les biens.'" (Pointe, die Herr Grün wegläßt.) „Ecoutez encore: ..." (endet:) „d'oü il suit que l'etat social n'est avan
und die Feigheit der Armen nach sich zieht. - Und Bossuet, der Bischof von Meaux, der Lehrer des Thronfolgers von Frankreich, der berühmte Bossuet, erkennt er nicht auch in seiner .Politik, aus der Heiligen Schrift gezogen , die er für den Unterricht des Thronfolgers verfaßte, daß ohne die Regierungen die Erde und alle Güter den Menschen ebenso gemeinsam gehören würden wie die Luft und das Licht: Nach dem ursprünglichen Recht der Natur hat niemand das besondere Recht auf irgend etwas; alles gehört allen, und erst aus der bürgerlichen Regierung entspringt das Eigentum."
„konfus und völlig schwankend, wenn er sich über die Frage erklären soll: Welche Umwandlung geht mit dem früheren Besitz vor, wenn der naturwilde Mensch in die Gesellschaft tritt? Was antwortet er? Er antwortet: Die Natur hat alle Güter gemeinschaftlich gemacht" ... (endet mit den Worten:) „im Fall einer Teilung wird der Anteil eines Jeden sein Eigentum." p. 284,285.
tageux aux hommes qu'autant qu'il ont tous quelque chose et qu'aucun d'eux n'a rien fde trop/ Ecoutezv ecoutez encore Rousseau dans son ,Economie politique': ,Le plus grand mal est dejä fait quand on a des pauvres ä defendre, et des riches ä contenir"11, etc. etc. p. 489, 490.
Herrn Grüns geniale Neuerungen bestehen hier darin, erstens, daß er die Zitate aus dem „Contrat social" und der „Economie politique" durcheinanderwirft, und zweitens, daß er damit anfängt, womit Cabet schließt. Cabet nennt die Titel der Rousseauschen Schriften, woraus er zitiert, Herr Grün verschweigt sie. Diese Taktik erklären wir daraus, daß Cabet von einer „Economie politique" des Rousseau spricht, die Herr Grün nicht einmal aus einem Schillerschen Epigramme kennen kann. Herrn Grün, der alle Geheimnisse der „Encyclopedie" durchschaut hat (vgl. p. 263), war es ein Geheimnis, daß Rousseaus „Economie politique" nichts andres ist als der Artikel der „Encyclopedie" über die economie politique. Gehen wir zu Turgot über. Bei diesem begnügt sich Herr Grün nicht mehr mit dem bloßen Kopieren der Zitate, er schreibt die Schilderung ab, die Cabet von Turgot gibt.
Herr Grün:
„Einer der edelsten und vergeblichsten Versuche, auf dem Boden des Alten, das den Zusammensturz allerwärts drohte, das Neue aufzupflanzen, wurde von Turgot gemacht. Umsonst. Die Aristokratie bringt eine künstliche Hungersnot, bringt Revolten zuwege, kabaliert und verleum
Cabet:
„Et cependant, tandis que le roi declare que lui seul et son ministre (Turgot) sont dans la cour les amis du peuple, tandis que le peuple le comble de ses benedictions, tandis que les philosophes le couvrent de leur admiration, tandis que Voltaire veut, avant de mourir, baiser la
1 „Hört jetzt Rousseau, den Verfasser des unsterblichen ,GesellschaftsveTtrags' ... hört: ,Die Menschen sind im Rechte gleich. Die Natur hat alle Güter gemeinschaftlich gemacht... Im Falle der Teilung wird der Anteil eines jeden sein Eigentum. In allen Fällen ist die Gesellschaft immer die einzige Eigentümerin aller Güter.' Hört weiter:,... woraus folgt, daß der gesellschaftliche Zustand den Menschen nur dann vorteilhaft ist, wenn sie alle etwas haben und wenn keiner von ihnen zuviel hat.' - Hört, hört ferner Rousseau in seiner politischen Ökonomie'-. ,Das größte Übel ist schon geschehen, wenn man Arme zu verteidigen und Reiche im Zaume zu halten hat.'"
det so lange, bis der debonnäre Ludwig seinen Minister entläßt. - Die Aristokratie wollte nicht hören, sie mußte also fühlen. Die Entwicklung der Menschheit rächt immer die guten Engel, welche den letzten dringenden Mahnruf vor einer Katastrophe ergehen lassen, auf das Furchtbarste. Das französische Volk segnete Turgot, Voltaire wünschte ihm vor seinem Tode die Hand zu küssen, der König hatte ihn seinen Freund genannt... Turgot, der Baron, der Minister, einer der letzten Feudalherren, trug sich mit dem Gedanken, man müsse eine Hauspresse erfinden, um die Preßfreiheit völlig sicherzustellen." p. 289, 290.
main qui a signe tant d'ameliorations populaires, l'aristocratie conspire, organise meme une vaste famine et des erneutes pour le perdre et fait tant par ses intrigues et calomnies qu'elle parvient a dechainer les salons de Paris contre le reformateur et ä perdre Louis XVI lui-meme en le fo^ant ä renvoyerle vertueux ministre qui lesauverait." p.497. „Revenons ä Turgot, baron, ministre de Louis XVI pendant la premiere annee de son regne, qui veut reformer les abus, qui fait une foule de reformes, qui veut faire etablir une nouvelle langue et qui, pour assurer la liberte de la presse, travaille lui-meme ä l'invention d'une presse ä domicile."1 p. 495.
Cabet nennt Turgot Baron und Minister, Herr Grün schreibt ihm dies ab. Um Cabet zu verschönern, verwandelt er den jüngsten Sohn des Prevots2 der Kaufleute von Paris in „einen der ältesten Feudalherren". Cabet irrt sich, wenn er die Hungersnot und die Revolte von 1775 als Machwerk der Aristokratie hinstellt. Bis auf die heutige Zeit ist man über die Urheber des Geschreis über die Hungersnot und der damit zusammenhängenden Bewegung nicht aufgeklärt. Jedenfalls hatten die Parlamente und populäre Vorurteile weit mehr Anteil daran als die Aristokratie. Daß Herr Grün diesen Irrtum des „bornierten Papa" Cabet abschreibt, ist in der Ordnung. Er glaubt an ihn wie an ein Evangelium. Auf Cabets Autorität gestützt, zählt Herr Grün Turgot unter die Kommunisten, Turgot, einen der Chefs der physiokratischen Schule, den entschiedensten Vertreter der freien Konkurrenz, den Verteidiger des
1 „Indes, während der König erklärt, am Hofe seien allein er und sein Minister (Turgot) Freunde des Volkes, während das Volk ihn mit seinen Segnungen überhäuft, während die Philosophen ihn mit Bewunderung überschütten, während Voltaire vor seinem Tode die Hand küssen will, die soviel dem Volk wohltätige Verordnungen unterschrieben hat - währenddessen verschwört sich die Aristokratie, organisiert sogar eine ausgedehnte Hungersnot und Aufstände, um ihn zu stürzen, und erreicht mit ihren Ränken und Verleumdungen so viel, daß sie die Salons von Paris gegen den Reformator entfesselt und Ludwig XVI. selbst zugrunde richtet, indem sie ihn zwingt, den tugendhaften Minister zu entlassen, der ihn gerettet hätte." - „Kehren wir zu Turgot zurück, dem Baron, dem Minister Ludwigs XVI. im ersten Jahr seiner Regierung, der die Mißbräuche reformieren will, der eine Menge Reformen durchführt, der eine neue Sprache einführen will und der, um die Pressefreiheit zu sichern, selbst an der Erfindung einer Hauspresse arbeitet." - 2 Vorstehers
Wuchers, den Lfehrer Adam Smiths. Turgot war ein großer Mann, weil er seiner Zeit entsprach und nicht den Einbildungen des Herrn Grün. Wie diese entstanden sind, haben wir gezeigt. Gehen wir nun zu den Männern der französischen Revolution über. Cabet setzt seinen Bourgeois, gegen den er plädiert, in die äußerste Verlegenheit, indem er Siey&s unter die Vorläufer des Kommunismus zählt, und zwar weil Siey&s die Gleichheit der Rechte anerkenne und das Eigentum erst durch den Staat sanktionieren lasse, Cabet, p. 499-502. Herr Grün, der „jedesmal dazu verdammt ist, den französischen Geist, wenn er ihn in der Nähe hat, ungenügend und oberflächlich zu finden", schreibt dies getrost ab und bildet sich ein, ein alter Parteichef wie Cabet sei dazu berufen, den „Humanismus" des Herrn Grün „vor dem Bücherstaub" zu konservieren. Cabet fährt fort: „Ecoutez le fameux Mirabeau!"1, p. 504, Herr Grün sagt: „Hören wir Mirabeau!" p. 292, und zitiert einige der von Cabet hervorgehobenen Stellen, worin Mirabeau sich für gleiche Teilung der Erbschaft unter den Geschwistern ausspricht. Herr Grün ruft aus: „Kommuniismus für die Familie!" p. 292. Nach dieser Methode kann Herr Grün sämtliche Bourgeois-Institutionen durchgehen und überall ein Stück Kommunismus finden, so daß sie alle zusammen der vollendete Kommunismus sind. Er kann den Code Napoleon einen Code de la communaute2 taufen und in den Hurenhäusern, Kasernen und Gefängnissen kommunistische Kolonien entdecken. Schließen wir diese langweiligen Zitate mit Condorcet. Die Vergleichung der beiden Bücher wird dem Leser hier ganz speziell zeigen, wie Herr Grün ausläßt, durcheinanderwirft, bald Titel zitiert, bald nicht, die chronologischen Daten wegläßt, aber genau der Ordnung Cabets folgt, selbst wenn dieser nicht genau nach der Chronologie geht, und schließlich es doch nie weiter bringt als zu einem schlecht und ängstlich maskierten Auszuge aus Cabet.
Herr Grün:
„Der radikale Girondist ist Condorcet. Er erkennt die Ungerechtigkeit der Besitzverteilung an, er entschuldigt das arme Volk... wenn das Volk ein wenig diebisch aus Prinzip sei, so liege das an den Institutionen. In seinem Journal ,Der soziale Unterricht' ... er gestattet sogar große Kapitalisten ...
Cabet:
„Entendez Condorcet soutenir dans sa reponse ä l'academie deBerlin".. .(kommt lange Stelle bei Cabet, schließt:) „,C'est donc uniquement parce que les institutions sont mauvaises que le peuple est si souvent un peu voleur par principe.' Ecoutez-le dans son journal ,L"instruction sociale' ... il tolere meme de grands capitalistes." pp.
1 „Hört den berühmten Mirabeau!" - 2 Gesetzbuch der Gemeinschaft
Condorcet machte bei der Legislative den Antrag, die 100 Millionen der drei emigrierten Prinzen in 100000 Teile zu verteilen ... organisiert den Unterricht und die Einrichtung öffentlicher Unterstützungen." (Vgl. Urtext.)
„In seinem Bericht über die öffentliche Erziehung an die Legislative sagt Condorcet: ,AllenIndividuen der menschlichen Gattung die Mittel darbieten, ihre Bedürfnisse zu befriedigen ... das ist der Gegenstand des Unterrichts und die Pflicht einer Staatsgewalt etc.'" (Hier verwandelt Herr Grün den Bericht des Komitees über Condorcets Plan in einen Bericht Condorcets.) Grün p. 293, 294.
„Ecoutez Tun des chefs Girondins, le philosophe Condorcet, le 6 juillet 1792 ä la tribune de l'assemblee legislative: .Decretez que les biens des trois princes, francais (Louis XVIII, Charles X, et le prince de Conde'" - was Herr Grün wegläßt-) „,soient sur-le-champ mis en vente ... ils montent ä pres de 100 millions, et vous remplacerez trois princes par cent mille citoyens ... organisez l'instruction et les itablissements de secours publics.4 Mais ecoutez le comite d'instruction publique presentant ä l'assemblee legislative son rapport sur le plan d'education redige par Condorcet, 20 avril 1792: »L'education publique doit offrir ä tous les individus les moyens de pourvoir ä leurs besoins... tel doit Stre le premier but d'une instruction nationale et sous ce point de vue eile est pour la puissance politique un devoir de justice'"1, pp., p. 502, 503, 505,509.
Herr Grün, der durch diese unverschämte Abschreiberei aus Cabet den französischen Arbeitsorganisierern auf historischem Wege das Bewußtsein ihres Wesens beibringt, verfährt nebenbei noch nach dem Prinzip: Divide et impera2. Er wirft zwischen die Zitate sogleich sein Endurteil über die Leute, die er soeben aus einer Stelle kennengelernt, ferner einige Phrasen über die
1 „Hört Condorcet in seiner Antwort an die Berliner Akademie behaupten ,... Also einzig, weil die Einrichtungen schlecht sind, ist das Volk so oft aus Prinzip ein wenig diebisch.' Hört ihn in seinem Journal ,Der soziale Unterricht'... er duldet sogar große Kapitalisten ..." „Hört einen der Girondistenführer, den Philosophen Condorcet, am 6. Juli 1792 auf der Tribüne der gesetzgebenden Versammlung: .Dekretiert, daß die Güter der drei französischen Prinzen (Ludwigs XVIII., Karl X. und des Prinzen von Cond6) auf der Stelle zum Verkauf ausgeboten werden ... sie belaufen sich auf nahezu 100 Millionen, und ihr werdet drei Prinzen durch hunderttausend Staatsbürger ersetzen ... organisiert den Unterricht und öffentliche Unterstützungseinrichtungen.' - Aber hört das Komitee für den öffentlichen Unterricht, wie es der gesetzgebenden Versammlung seinen Bericht über den von Condorcet entworfenen Erziehungsplan am 20. April 1792 vorlegt: ,Die öffentliche Erziehung soll allen Individuen die Mittel bieten, ihre Bedürfnisse zu befriedigen ... dies muß das erste Ziel eines nationalen Unterrichts sein, und unter diesem Gesichtspunkt ist er eine Pflicht der Gerechtigkeit für die politische Gewalt.'" - 2 Teile und herrsche
französische Revolution, und teilt das Ganze in zwei Hälften durch einige Zitate aus Morelly, der gerade zur rechten Zeit für Herrn Grün durch Villegardelle in Paris en vogue1 gebracht und von dem die Hauptstellen bereits lange vor Herrn Grün im Pariser „Vorwärts "[197] übersetzt worden waren. Von der Liederlichkeit, mit der Herr Grün übersetzt, hier nur ein paar eklatante Beispiele: Morelly: „L'int&St rend les cceurs ddnatures et repand l'amertume sur les plus doux liens, qu'il change en de pesantes chalnes que detestent chez nous les ipoux en se detestant eux-memes."3 Herr Grün: „Das Interesse macht die Herzen unnatürlich und verbreitet Bitterkeit über die süßesten Bande, die es in schwere Ketten verwandelt, welche unsre Gatten verabscheuen und sich selbst dazu" p. 274. Reiner Unsinn. Morelly: „Notre ame ... contracte une soif si furieuse qu'elle se suffoque pour l'etancher."8 Herr Grün: „Unsere Seele ... bekommt ... einen so wütenden Durst, daß sie erstickt, um ihn zu löschen." ibid. Wieder reiner Unsinn. Morelly: „Ceux qui pretendent regier les mceurs et dicter des lois"4 pp. Herr Grün: „Die, welche sich dafür ausgeben, die Sitten zu regeln und Gesetze zu diktieren" pp., P. 275. Alle drei Fehler aus einem einzigen Passus von Morelly, in 14 Zeilen bei Herrn Grün. Auch in seiner Darstellung Morellys sind große Plagiate aus Villegardelle.
1 in Mode - 2 „Das Interesse läßt die Herzen entarten und verbreitet Bitterkeit über die süßesten Bande, die es in schwere Ketten verwandelt, welche bei uns die Gatten verabscheuen, indem sie zugleich sich selbst verabscheuen." — 3 „Unsere Seele bekommt einen so wütenden Durst, daß sie sich erstickt, um ihn zu löschen." - 4 „Die, welche sich anmaßen, die Sitten zu regeln und Gesetze zu diktieren"
33 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Herr Grün kann seine ganze Weisheit über das achtzehnte Jahrhundert und die Revolution in folgende Worte zusammenfassen:
„Gegen die alte Welt liefen der Sensualismus, der Deismus und der Theismus vereinigt Sturm. Die alte Welt stürzte. Als eine neue Welt erbaut werden sollte, siegte der Deismus in der Konstituante, der Theismus im Konvent, der reine Sensualismus wurde geköpft oder stumm gemacht." p. 263. Man sieht, wie die philosophische Manier, die Geschichte mit einigen kirchengeschichtlichen Kategorien abzufertigen, bei Herrn Grün auf der Stufe der tiefsten Erniedrigung, der bloßen belletristischen Phrase steht; wie sie nur dazu dient, die Arabeske seiner Plagiate zu bilden. Avis aux philosophes!1 Wir übergehen, was Herr Grün über den Kommunismus sagt. Die historischen Notizen sind aus Cabets Broschüren abgeschrieben, die „Voyage en Icarie" in der vom wahren Sozialismus adoptierten Weise aufgefaßt (vgl. „Bürgerbuch" und „Rheinische Jahrb[ücher]").[198^ Herr Grün beweist seine Kenntnis der französischen und zugleich der englischen Zustände dadurch, daß er Cabet den „kommunistischen O'Connell von Frankreich" nennt, p. 382, und sagt dann:
„Er wäre imstande, mich hängen zu lassen, wenn er die Gewalt dazu hätte und wüßte, was ich über ihn denke und schreibe. Diese Agitatoren sind für Unsereins gefährlich, weil sie borniert sind." p. 382.
Proudhon
„Herr Stein hat sich selbst das glänzendste Armutszeugnis ausgestellt, da er diesen Proudhon en bagatelle2 behandelte" (vgl. „Einundzwanzig] Bogen", p. 84). „Es gehört freilich etwas mehr als Hegelscher abgekochter Kohl dazu, um diese inkarnierte Logik zu verfolgen." p. 411. Einige wenige Beispiele mögen zeigen, daß Herr Grün auch in diesem Abschnitte sich treu bleibt. Er übersetzt von p. 437-444 einige Auszüge aus den nationalökonomischen Beweisen Proudhons, daß das Eigentum unmöglich sei, und ruft am Ende aus: „Dieser Kritik des Eigentums, welche die vollständige Auflösung desselben ist, brauchen wir nichts hinzuzufügen! Wir wollen hier nicht eine neue Kritik schreiben,
1 Warnung an die Philosophen! - 2 als eine Null
welche wieder die Gleichheit der Produktion, die Vereinzelung der gleichen Arbeiter aufhöbe. Schon oben habe ich das Nötige angedeutet, das Übrige" (was Herr Grün nämlich nicht angedeutet hat) „wird sich beim Wiederaufbau der Gesellschaft, bei der Gründung der wahren Besitzverhältnisse finden." p.444. So sucht Herr Grün dem Eingehen auf die nationalökonomischen Entwicklungen Proudhons zu entschlüpfen und zugleich sich darüber zu erheben. Proudhons sämtliche Beweise sind falsch, doch das wird sich für Herrn Grün finden, sobald es von Andern nachgewiesen ist. Die in der „Heiligen Familie" gegebenen Bemerkungen über Proudhon, namentlich, daß Proudhon die Nationalökonomie vom nationalökonomischen, das Recht vom juristischen Standpunkte aus kritisiere, werden von Herrn Grün abgeschrieben. Er hat indes so wenig verstanden, w[or]u[m] es sich handelte, daß er die [eigentliche Pointe wegläßt, [nämlich] daß Proudhon die Illusionen der] Juristen und Ökonomen gefgenüber] ihrer Praxis geltend m[acht, und] rein sinnlos [e Phrasen] für den obigen Satz gibt. Das Wichtigste in Proudhons Buch „De la creation de l'ordre dans l'humanite" ist seine dialectique serielle1, der Versuch, eine Methode des Denkens zu geben, wodurch an die Stelle der selbständigen Gedanken der Denkprozeß tritt. Proudhon sucht von französischem Standpunkte aus nach einer Dialektik, wie Hegel sie wirklich gegeben hat. Die Verwandtschaft mit Hegel ist hier also realiter vorhanden, nicht durch phantastische Analogie. Hier war es also leicht, eine Kritik der Proudhonschen Dialektik zu geben, wenn man mit der Kritik der Hegeischen fertig geworden war. Dies war aber um so weniger von den wahren Sozialisten zu verlangen, als der von ihnen sich vindizierte Philosoph Feuerbach damit nicht zustande gekommen war. Herr Grün sucht auf eine wirklich drollige Weise seine Aufgabe zu eskamotieren. Gerade an der Stelle, wo er sein deutsches schweres Geschütz spielen lassen sollte, reißt er aus mit einer unanständigen Gebärde. Er füllt erst einige Blätter mit Übersetzungen aus und erklärt dem Proudhon dann mit breitspuriger belletristischer captatio benevolentiae2, daß er mit seiner ganzen dialectique serielle nur den Gelehrten spielen wolle. Er sucht ihn freilich durch den Zuruf zu trösten:
„Ach, mein lieber Freund, was das Gelehrt-" (und „Privatdozent-)sein anbetrifft, so täusche dich nicht. Wir haben A lies wieder verlernen müssen, was uns unsrfe Scholarchen und Universitätsmaschinen" (mit Ausnahme von Stein, Reybaud und Cabet) „mit so unendlicher Mühe, mit so vielem Widerwillen von ihrer und von unsrer Seite beizubringen suchten." p. [457.]
1 Seriendialektik - 2 [mit breitspurigem belletristischem] Jagen nach Popularität
Zum Beweise, daß Herr Grün jetzt nicht mehr „mit so unendlicher Mühe", wenn auch vielleicht noch mit eben „so vielem Widerwillen" lernt, beginnt er seine sozialistischen St[udlien und Briefe in Paris am 6. November [und] hat bis zum nächsten 20. Januar [nicht] nur die Studien, sondern auch [die Darstellung de]s „wahren Gesamteindrucks des vollstän[dig]en Verlaufs mit Notwendigkeit" volI[en]det.
V
„Der Dr. Georg Kuhlmann aus Holstein" oder
Die Prophetie des wahren Sozialismus
„Die Neue Welt
oder das Reich des Geistes auf Erden. Verkündigung*'[199] „Es fehlte an einem Manne", heißt es im Vorworte, „in dessen Munde all unser Leiden und all unser Sehnen und Hoffen, mit einem Worte Alles, was unsre Zeit im Innersten bewegt, zur Sprache würde. Und der1 mußte mitten in diesem Drängen und Ringen des Zweifels und der Sehnsucht hervortreten aus der Einsamkeit des Geistes mit der Lösung des Rätsels, das uns alle in so lebendigen Bildern umringt. Dieser Mann, den unsre Zeit erwartet - er ist aufgetreten. Es ist der Dr. Georg Kuhlmann aus Holstein." August Becker, der Verfasser dieser Zeilen, ließ sich also von einem sehr einfältigen Geiste und sehr zweideutigen Charakter in den Kopf setzen, es sei noch kein einziges Rätsel gelöst, noch keine einzige Tatkraft geweckt die kommunistische Bewegung, welche bereits alle zivilisierten Länder ergriffen hat, sei eine taube Nuß, deren Kern nicht zu entdecken, ein Weltei, das vom großen Welthuhn ohne Hahn gezeugt worden - der wahre Kern und der eigentliche Hahn im Korbe: das sei der Doktor Georg Kuhlmann aus Holstein!... Dieser große Welthahn ist aber ein ganz gewöhnlicher Kapaun, der sich einige Zeit von den deutschen Handwerkern in der Schweiz füttern ließ und seinem Schicksale nicht entgeht. Nicht, als ob wir den Doktor Kuhlmann aus Holstein für einen ganz ordinären Charlatan und schlauen Betrüger hielten, der selbst nicht an die Heilkraft seiner Lebenstinktur glaubt und mit seiner ganzen Makrobiotik nur
1MEGA: er
bezweckt, seine eigne Person dem Leben zu erhalten - nein, wir wissen es sehr wohl, dieser inspirierte Doktor ist ein spiritualistischer Charlatan, ein frommer Betrüger, ein mystischer Schlaukopf, der aber, wie seine ganze Spezies, in der Wahl der Mittel nicht allzu gewissenhaft verfährt, weil mit seinem heiligen Zwecke seine Person innig verwachsen ist. Die heiligen Zwecke sind nämlich immer mit den heiligen Personen auf das Innigste verwachsen; denn sie sind rein idealistischer Natur und haben ihre Existenz nur in den Köpfen. Alle Idealisten, die philosophischen wie die religiösen, die alten wie die modernen, glauben an Inspirationen, an Offenbarungen, an Heilande, an Wundermänner, und es hängt nur von der Stufe ihrer Bildung ab, ob dieser Glaube eine rohe, religiöse oder eine gebildete, philosophische Gestalt annimmt, wie es nur von dem Maße ihrer Energie, ihrem Charakter, ihrer gesellschaftlichen Stellung usw. abhängt, ob sie sich passiv oder aktiv zum Wunderglauben verhalten, d. h. Wunderschäfer oder Schafe sind, ob sie ferner theoretische oder praktische Zwecke dabei verfolgen. Kuhlmann ist ein sehr energischer Mann und nicht ohne philosophische Bildung; er verhält sich keineswegs passiv zum Wunderglauben und verfolgt dabei sehr praktische Zwecke. August Becker teilt nur mit Kuhlmann die nationale Gemütskrankheit. Der gute Mann „bedauert die, welche es nicht über sich bringen können, einzusehen, daß der Wille und Gedanke der Zeit immer nur von Einzelnen ausgesprochen werden kann". Für den Idealisten hat jede weltumgestaltende Bewegung ihre Existenz nur im Kopfe eines Auserwählten, und das Schicksal der Welt hängt davon ab, ob dieser eine Kopf, der alle Weisheit als Privateigentümer besitzt, durch irgendeinen realistischen Stein tödlich verletzt wird, bevor er seine Offenbarungen von sich gegeben. „Oder wäre dem nicht so?" fügt August Becker herausfordernd hinzu. „Setzet alle Philosophen und Theologen der Zeit zusammen und laßt sie raten und abstimmen, und dann sehet, was da herauskommt!" Die ganze historische Entwicklung reduziert sich für den Ideologen auf die theoretischen Abstraktionen der historischen Entwicklung, wie sie in den „Köpfen" aller „Philosophen und Theologen der Zeit" sich gebildet haben, und da man alle die „Köpfe" unmöglich „zusammensetzen" und „raten und abstimmen" lassen kann, so muß es Einen heiligen Kopf geben, der die Spitze von allen jenen philosophischen und theologischen Köpfen bildet, und dieser Spitzkopf ist die spekulative Einheit jener Dickköpfe - der Erlöser. Dieses Kopfsystem ist so alt wie die ägyptischen Pyramiden, mit denen es mancherlei Ähnlichkeit hat, und so neu wie die preußische Monarchie, in
deren Hauptstadt es kürzlich wieder verjüngt auferstand. Die idealistischen Dalai-Lamas haben das mit dem wirklichen gemein, daß sie sich einreden möchten, die Welt, aus der sie ihre Nahrung ziehen, könne ohne ihre heiligen Exkremente nicht bestehen. Sobald diese idealistische Tollheit praktisch wird, tritt alsbald ihr bösartiger Charakter an den Tag, ihre pfäffische Herrschsucht, ihr religiöser Fanatismüs, ihre Charlatanerie, ihre pietistische Heuchelei, ihr frommer Betrug. Das Wunder ist die Eselsbrücke aus dem Reiche der Idee zur Praxis. Herr Dr. Georg Kuhlmann aus Holstein ist eine solche Eselsbrücke - er ist inspiriert - und es kann daher nicht fehlen, daß sein Zauberwort die stabilsten Berge versetzt; das ist ein Trost für die geduldigen Geschöpfe, die nicht genug Energie in sich verspüren, diese Berge durch natürliches Pulver zu sprengen, eine Zuversicht für die Blinden und Zaghaften, welche den materiellen Zusammenhang in den mannigfaltig zersplitterten Erscheinungen der revolutionären Bewegung nicht sehen können. „Es fehlte bisher", sagt August Becker, „an einem Vereinigungspunkt." Der heilige Georg überwindet mit leichter Mühe alle realen Hindernisse, indem er alle realen Dinge in Ideen verwandelt und sich als die spekulative Einheit derselben konstruiert, wodurch er sie zu „regieren und ordnen" vermag:
„Die Gesellschaft der Ideen ist die Welt. Und ihre Einheit ordnet und regiert die Welt." (138.) In dieser „Gesellschaft der Ideen" schaltet und waltet unser Prophet nach Herzenslust.
„Da wollen wir, geführt von unsrer eignen Idee, umherwandeln und Alles bis ins Einzelne betrachten, soweit es unsre Zeit erfordert." (138.)
Welch eine spekulative Einheit des Unsinns! Aber das Papier ist geduldig, und das deutsche Publikum, dem der Prophet seine Orakelsprüche vortrug, wußte von der philosophischen Entwickelung des eignen Vaterlandes so wenig, daß es nicht einmal merkte, wie der große Prophet in seinen spekulativen Orakelsprüchen nur die verkommensten philosophischen Phrasen wiederholt und sie für seine praktischen Zwecke zurechtgemacht hat. Wie die medizinischen Wundermänner und Wunderkuren auf der Unbekanntschaft mit den Gesetzen der natürlichen, so fußen die sozialen Wundermänner und Wunderkuren auf der Unbekanntschaft mit den Gesetzen der sozialen Welt - und der Wunderdoktor aus Holstein ist eben der sozialistische Wunderschäfer aus Niederempt.
Dieser Wunderschäfer eröffnet zunächst seinen Schafen:
„Ich sehe vor mir eine Versammlung Auserwählter, die mir vorangegangen, durch Wort und Tat zu wirken für das Heil der Zeit, und nun gekommen sind, zu hören, was ich über das Wohl und Wehe der Menschheit reden werde." „Viele schon haben in ihrem Namen geredet und geschrieben; noch aber hat Niemand ausgesprochen, woran sie eigentlich leidet, was sie hoffet und erwartet und wie sie das erreichen kann. Das aber ist es, was ich tun will." Und seine Schafe glauben ihm das. Im ganzen Werke dieses „heiligen Geistes", der bereits veraltete, sozialistische Theorien auf die kahlsten, allgemeinsten Abstraktionen reduziert, ist kein einziger origineller Gedanke. Selbst in der Form, im Stil ist nichts Originelles. Der heilige Stil der Bibel ist schon von Andern glücklicher nachgeahmt worden. Kuhlmann hat sich in dieser Beziehung Lamennais zum Muster genommen. Aber er ist nur die Karikatur Lamennais*. Wir wollen unsern Lesern hier eine Probe von den Schönheiten seines Stils geben:
„Sagt mir erstens, wie wird Euch zumute, wenn Ihr daran denkt, was aus Euch werden soll in alle Ewigkeit ? Viele lachen zwar und sagen: ,Was kümmert mich die Ewigkeit?' Andre reiben sich die Augen aus und fragen: »Ewigkeit - was ist das? ...' Wie ist Euch ferner, wenn Ihr an die Stunde denkt, wo Euch das Grab verschlingen wird?" „Und ich höre viele Stimmen." - Darunter eine, welche also spricht: „Man lehrt in neuester Zeit, der Geist sei ewig, er werde im Tode nur wieder aufgelöst in Gott, von dem er ausgegangen sei. Die aber solches lehren, können mir nicht sagen, was dann von mir übrigbleibt. 0, daß ich nie geboren wäre! Und gesetzt, ich daure fort - o, meine Eltern, meine Schwestern, meine Brüder, meine Kinder und Alle, die ich liebe, werd' ich Euch dann jemals wiedersehen? 0, hätt* ich Euch nie gesehen!" usw. „Wie wird Euch ferner, wenn Ihr denkt an die Unendlichkeit?"... Es wird uns übel, Herr Kuhlmann — nicht vor dem Gedanken des Todes, sondern vor Ihrer Phantasie des Todes, vor Ihrem Stil, vor Ihren armseligen Mitteln, auf die Gemüter zu wirken! „Wie wird Dir zumute", lieber Leser, wenn Du einen Pfaffen hörst, der seinen Schafen die Hölle recht heiß und das Gemüt recht weich macht, dessen ganze Beredsamkeit sich darauf beschränkt, die Tränendrüsen seiner Zuhörer in Aktivität zu setzen, und der nur auf die Feigheit seiner Gemeinde spekuliert ? Was den magern Inhalt der „Verkündigung" betrifft, so läßt sich zunächst die erste Abteilung oder die Einleitung in die „Neue Welt" auf den
einfachen Gedanken reduzieren, daß Herr Kuhlmann aus Holstein gekommen ist, um das „Reich des Geistes", das „Himmelreich" auf Erden, zu gründen, daß kein Mensch vor ihm gewußt habe, was die eigentliche Hölle und was der eigentliche Himmel - das nämlich jene die bisherige, dieser die zukünftige Gesellschaft, das „Reich des Geistes" - und er selbst der ersehnte heilige „Geist" sei ... Alle diese großen Gedanken sind nicht gerade ganz originelle Gedanken des heiligen Georg, und er hätte sich nicht von Holstein nach der Schweiz zu bemühen und aus der „Einsamkeit des Geistes" zu den Handwerkern herabzulassen und sich zu „offenbaren" nötig gehabt, um der „Welt" dieses „Gesicht" zu zeigen. Daß aber der Herr Dt. Kuhlmann aus Holstein der „ersehnte heilige Geist", dieser Gedanke ist allerdings sein ganz ausschließliches Privateigentum und wird es bleiben. Die heilige Schrift unsres St.Georg nimmt nun, wie er dieses selbst „offenbart", folgenden Verlauf:
„Sie wird eröffnen", sagt er, „das Reich des Geistes in irdischer Gestalt, damit Ihr schauet dessen Herrlichkeit und sehet, daß kein ander Heil ist als im Reich des Geistes. Auf der anderen Seite wird sie enthüllen Euer Jammertal, damit Ihr Euer Elend schauet und erkennt den Grund aller Eurer Leiden. Dann werde ich den Weg zeigen, der hinüberführt aus dieser kummervollen Gegenwart in eine freudenvolle Zukunft. Zu diesem Ende folget mir im Geist auf eine Höhe, von wannen wir eine freie Aussicht haben in die weite Gegend." Der Prophet läßt uns also zunächst seine „schöne Gegend", sein Himmelreich, schauen. Wir sehen nichts als ein erbärmlich in Szene gesetztes Mißverständnis des Saint-Simonismus in karikiertem Lamennaisschem Kostüm, verbrämt mit Erinnerungen aus Herrn Stein. Wir zitieren nun die wichtigsten Offenbarungen aus dem Himmelreich, welche die prophetische Methode konstatieren. Z.B.Seite 37:
„Die Wahl ist frei und richtet sich nach eines Jeden Neigung. Die Neigung richtet sich nach seinen Anlagen." „Wenn in der Gesellschaft", orakelt St. Georg, „Jeder seiner Neigung folgt, so werden alle ihre Anlagen insgesamt entwickelt, und wenn dieses ist, so wird auch stets hervorgebracht, was Alle insgesamt bedürfen, im Reich des Geistes wie im Reich der Materie. Denn die Gesellschaft besitzt stets so viele Anlagen und Kräfte, als sie Bedürfnisse hat" ... „Les attractions sont proportionelles aux Destinees"1, vergleiche auch Proudhon.
1 Die Neigungen sind den Bestimmungen proportional
Der Herr Kuhlmann unterscheidet sich hier von den Sozialisten und Kommunisten nur durch ein Mißverständnis, dessen Grund in der Verfolgung seiner praktischen Zwecke und ohne Zweifel auch in seiner Borniertheit zu suchen ist. Er verwechselt die Verschiedenheit der Anlagen und Fähigkeiten mit der Ungleichheit des Besitzes und des vom Besitze bedingten Genusses und polemisiert daher gegen den Kommunismus.
„Niemand soll da" (nämlich im Kommunismus) „einen Vorzag haben vor dem Andern", eifert der Prophet, „Niemand mehr besitzen und besser leben als der Andre ... Und wenn Ihr daran Zweifel heget und nicht einstimmt in ihr Geschrei, dann schmähen sie, verdammen und verfolgen Euch und hängen Euch an den Galgen." (p. 100.) Kuhlmann prophezeit zuweilen doch ganz richtig. „In ihrer Reihe stehen darauf Alle, die da rufen: Weg mit der Bibel! Weg vor Allem mit der christlichen Religion, denn es ist die Religion der Demut und der knechtischen Gesinnung! Weg überhaupt mit allem Glauben! Wir wissen nichts von Gott noch von Unsterblichkeit. Das sind" nur Hirngespinste, zu ihrem Vorteil ausgebeutet" (soll heißen: die von den Pfaffen zu ihrem Vorteil ausgebeutet werden) „und fortgesponnen von Lügnern und Betrügern. Fürwahr, wer noch an solche Dinge glaubt, der ist der größte Narr!" Kuhlmann polemisiert namentlich heftig gegen die prinzipiellen Widersacher der Lehre vom Glauben, von der Demut und Ungleichheit, d. h. dem „Unterschied des Standes und der Geburt Auf die niederträchtige Lehre der prädestinierten Sklaverei, die, in der Kuhlmannschen Weise ausgedrückt, stark an Friedrich Rohmer erinnert auf die theokratische Hierarchie und in letzter Instanz auf seine eigne heilige Person begründet er seinen Sozialismus! „Jeder Zweig der Arbeit", heißt es p. 42, „wird geleitet vom Geschicktesten, der selber mitarbeitet, und jeder Zweig im Reiche des Genusses vom Vergnügtesten, der selber mitgenießet. Wie aber die Gesellschaft ungeteilt ist und nur einen Geist hat, so wird die ganze Ordnung nur von einem Menschen geleitet und regiert. Und dieses ist der Weiseste, der Tugendhafteste und Seligste." Seite 34 erfahren wir: „Wenn der Mensch im Geist nach Tugend strebt, so reget und bewegt er seine Glieder und entwickelt und bildet und gestaltet Alles an und außer sich nach , seinem Wohlgefallen. Und wenn er sich im Geiste wohlbefindet, so muß er es empfinden an Allem, was da an ihm leibt und lebt. Daher ißt und trinkt der Mensch und läßt sicWs schmecken; daher singt und spielt und tanzt er und küßt und weint und lacht." Der Einfluß der Anschauung Gottes auf den Appetit und der geistigen Seligkeit auf den Geschlechtstrieb ist zwar auch nicht eben das Privateigentum
des Kuhlmannismus; aber er enthüllt doch manche dunkle Stelle im Propheten. Z. B. p. 36. „Beides" (Besitz und Genuß) „richtet sich nach seiner" (nämlich des Menschen) „Arbeit. Diese ist der Maßstab seiner Bedürfnisse." (So verdreht Kuhlmann den Satz, daß die kommunistische Gesellschaft im Ganzen stets so viele Anlagen und Kräfte als Bedürfnisse hat.) „Denn die Arbeit ist die Äußerung der Ideen und der Triebe. Und darin ruhen die Bedürfnisse. Da aber die Anlagen und Bedürfnisse der Menschen stets verschieden sind und so verteilt, daß jene nur entwickelt und diese nur befriedigt werden können, wenn Einer stets für Alle schafft und das Erzeugnis Aller ausgewechselt und verteilt wird nach Verdienst" - (?) - „so empfängt Jeder nur den Wert für seine Arbeit." Dieser ganze tautologische Galimathias wäre - wie die folgenden Sätze und wie noch viele andere, mit denen wir den Leser verschonen - trotz der von A. Becker gerühmten „erhabenen Einfachheit und Klarheit" der „Offenbarung" schlechterdings undurchdringlich, wenn man nicht in den praktischen Zwecken, die der Prophet verfolgt, einen Schlüssel hätte. Es wird sogleich Alles verständlich sein.
„Der Wert" - orakelt Herr K[uhlmann] weiter - „bestimmt sich selbst nach dem Bedürfnis Aller." (?) „Im Wert ist eines Jeden Arbeit stets enthalten, und dafür" (?) „kann er sich verschaffen, was sein Herz nur wünschen mag." „Sehet, meine Freunde", heißt es p. 39, „die Gesellschaft wahrer Menschen betrachtet das Leben stets als eine Schule... um sich ... zu erziehen. Und dabei will sie selig sein. Solches" (?) „aber muß erscheinen und sichtbar werden" (?), „sonst ist es" (?) „nicht möglich."' Was Herr Georg Kuhlmann aus Holstein damit sagen will, daß „solches" (das Leben ? oder die Seligkeit ?) „erscheinen" und „sichtbar" werden müsse, weil „es" sonst nicht „möglich" sei—daß die „Arbeit" im „Wert enthalten" sei und man sich dafür (wofür ?) verschaffen könne, was das Herz wünscht daß endlich der „Wert" nach dem „Bedürfnis" sich selbst bestimme: ist wiederum nicht abzusehen, wenn man die Pointe der ganzen Offenbarung, die praktische Pointe, außer acht läßt. Versuchen wir daher eine praktische Erklärung. Der heilige Georg Kuhlmann aus Holstein hat, wie wir von August Becker erfahren, im Vaterlande kein Glück gemacht. Er kommt nach der Schweiz und findet hier eine ganz „neue Welt": die kommunistischen Gesellschaften der deutschen Handwerker. Das ist ihm schon recht - und er macht sich sofort an den Kommunismus und die Kommunisten. Er hat immer, wie August Becker uns erzählt, „unablässig daran gearbeitet, seine Lehre weiterzubilden und sie auf die Höhe der großen Zeit zu erheben\ d. h.,
er wurde unter den Kommunisten ad majorem Dei gloriam1 Kommunist. So weit ging Alles ganz gut2. Nun aber besteht eines der wesentlichsten Prinzipien des Kommunismus, wodurch er sich von jedem reaktionären Sozialismus unterscheidet, in der auf die Natur des Menschen begründeten empirischen Ansicht, daß die Unterschiede des Kopfes und der intellektuellen Fähigkeiten überhaupt keine Unterschiede des Magens und der physischen Bedürfnisse bedingen; daß mithin der falsche, auf unsre bestehenden Verhältnisse begründete Satz: „Jedem nach seinen Fähigkeiten", sofern er sich auf den Genuß im engeren Sinne bezieht, umgewandelt werden muß in den Satz: Jedem nach Bedürfnis; daß, mit andern Worten, die Verschiedenheit in der Tätigkeit, in den Arbeiten, keine Ungleichheit, kein Vorrecht des Besitzes und Genusses begründet. Das konnte der Prophet nicht zugeben; denn das Vorrecht, der Vorzug, das Auserwähltsein vor andern ist eben der Kitzel des Propheten. „Solches aber muß erscheinen und sichtbar werden, sonst ist es nicht möglich." Ohne praktischen Vorzug, ohne fühlbaren Kitzel wäre eben der Prophet kein Prophet, kein praktischer, sondern nur ein theoretischer Gottesmann, ein Philosoph. Der Prophet muß also den Kommunisten begreiflich machen, daß die Verschiedenheit der Tätigkeit, der Arbeit, eine Verschiedenheit des Wertes und der Seligkeit (oder des Genusses, Verdienstes, Vergnügens, was Alles dasselbe) begründe, und daß, da Jeder seine Seligkeit, wie seine Arbeit, selbst bestimme, folglich er, der Prophet - dieses ist die praktische Pointe der Offenbarung - ein besseres Leben zu beanspruchen habe als der gemeine Handwerker*. Hiernach werden alle dunklen Stellen des Propheten klar: daß der „Besitz" und „Genuß" eines Jeden sich nach seiner „Arbeit" richte; daß die „Arbeit" des Menschen der Maßstab seiner „Bedürfnisse" sei; daß alsdann Jeder den „Wert" für seine Arbeit empfange; daß der „Wert" sich nach dem „Bedürfnis" selbst bestimme; daß eines Jeden Arbeit im Werte „enthalten" sei und er sich dafür, was sein „Herz" verlangt, verschaffen kann; daß endlich die „Seligkeit" des Auserwählten „erscheinen und sichtbar werden" müsse, weil sie sonst nicht „möglich" ist. All dieser Unsinn wird jetzt begreiflich. Wir wissen oicht, wie weit die praktischen Ansprüche des Dr. Kuhlmann den Handwerkern gegenüber in der Wirklichkeit gehen. Wir wissen aber, daß seine Lehre das Grunddogma aller geistlichen und weltlichen
* In einer nicht gedruckten Vorlesung hat der Prophet dieses übrigens tinverhüllt ausgesprochen.
1 zum höheren Ruhme Gottes - 2 MEGA : sehr gut
Herrschsucht, der mystische Schleier aller muckerhaften Genußsucht, die Beschönigung jeder Niederträchtigkeit und die Quelle vieler Verrücktheiten ist. Wir dürfen nicht unterlassen, dem Leser noch den Weg zu zeigen, der, nach Herrn Kuhlmann aus Holstein, „hinüberführt aus dieser kummervollen Gegenwart in eine freudenvolle Zukunft". Dieser Weg ist lieblich und ergötzlich wie der Frühling in einem Blumengefilde — oder wie ein Blumengefilde im Frühling. „Sanft und leise - mit warmer Hand - und treibet Knospen - aus den Knospen werden Blüten - und ruft die Lerche und die Nachtigall - und weckt die Grille im Grase. Wie der Frühling, so komme daher die neue Welt." (p. 114 sq.) Wahrhaft idyllisch malt der Prophet den Übergang aus der jetzigen sozialen Isolierung in die Gemeinschaft. Wie er die wirkliche Gesellschaft in eine „Gesellschaft von Ideen" verwandelt, um, „geführt von der eignen Idee, darin umherzuwandeln und Alles bis ins Einzelne betrachten zu können, soweit es seine Zeit erfordert", ebenso verwandelt er die wirkliche soziale Bewegung, die schon in allen zivilisierten Ländern sich als Vorläuferin einer furchtbaren Umwälzung der Gesellschaft ankündigt - in eine gemütliche und stille Bekehrung, in ein Stilleben, bei dem die Besitzer und Beherrscher der Welt sehr ruhig schlafen können. Die theoretischen Abstraktionen der wirklichen Begebenheiten, ihre ideellen Zeichen, sind für den Idealisten die Wirklichkeit - die wirklichen Begebenheiten nur „Zeichen, daß die alte Welt zu Grabe geht".
„Was greift Ihr so ängstlich nach den Erscheinungen des Tages", grollt der Prophet p. 118, „die nichts weiter sind als Zeichen, daß die alte Welt zu Grabe geht, und vergeudet Eure Kräfte auf Bestrebungen, die Eure Hoffnungen und Erwartungen nicht erfüllen können?" „Ihr sollet nicht niederreißen und zerstören, was Euch da im Wege stehet, sondern es umgehen und verlassen. Und wenn Ihr es umgangen und verlassen habt, dann höret es von selber auf, denn es findet keine Nahrung mehr." „Wenn Ihr die Wahrheit suchet und das Licht verbreitet, so verschwindet unter Euch die Lüge und die Finsternis." (p. 116.) „Es werden aber Viele sagen: ,Wie sollen wir ein neues Leben gründen, solange die alte Ordnung noch besteht, die uns daran verhindert? Müßte sie nicht erst zerstört werden?' - .Nimmermehr', antwortet der Weiseste, Tugendhafteste und Seligste, .nimmermehr. Wenn Ihr mit Andern in einem Hause wohnt, das morsch geworden ist und Euch zu eng und unbequem, und die Andern wollen darin wohnen bleiben, so brechet Ihr's nicht ab und wohnet unter freiem Himmel, sondern bauet erst ein neues, und wenn es fertig ist, da zieht Ihr ein und überlaßt das alte seinem Schicksal.'" (p. 120.)
Der Prophet gibt nun zwei Seiten lang Regeln, wie man sich in die neue Welt hineinschleichen kann. Dann wird er kriegerisch. „Es ist aber nicht genug, daß Ihr zusammenstehet und der alten Welt entsagt — Ihr werdet auch die Waffen wider sie gebrauchen, um sie zu bekämpfen, und Euer Reich erweitern und verstärken. Doch nicht auf dem Wege der Gewalt, sondern auf dem Wege der freien Überzeugung." Sollte man aber dennoch dazu kommen, daß man ein wirkliches Schwert ergreifen und das wirkliche Leben daransetzen müßte, um „den Himmel zu erobern mit Gewalt", dann verspricht der Prophet seiner heiligen Schar eine russische Unsterblichkeit (die Russen glauben in ihren respektiven Ortschaften wieder lebendig aufzustehen, wenn sie im Kriege vom Feinde getötet werden): „Und die da fallen auf dem Wege, werden neu geboren werden und schöner auferblühen, denn sie vorher waren. Darum" (darum) „sorget nicht für Euer Leben und fürchtet nicht den Tod." (129.) Also auch im Kampfe mit wirklichen Waffen, beruhigt der Prophet seine heilige Schar, braucht Ihr Euer Leben nicht wirklich, sondern nur zum Scheine einzusetzen. Die Lehre des Propheten ist in jedem Sinne beruhigend, und man kann sich nach diesen Proben seiner heiligen Schrift gewiß nicht über den Beifall wundern, den sie bei einigen gemütlichen Schlafmützen gefunden hat.
Beilag en

Karl Marx
[Thesen über Feuerbach[1]]
1
Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher geschah es, daß die tätige Seite, im Gegensatz zum Materialismus, vom Idealismus entwickelt wurde - aber nur abstrakt, da der Idealismus natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt. Feuerbach will sinnliche, von den Gedankenobjekten wirklich unterschiedene Objekte; aber er faßt die menschliche Tätigkeit selbst nicht als gegenständliche Tätigkeit. Er betrachtet daher im „Wesen des Christenthums" nur das theoretische Verhalten als das echt menschliche, während die Praxis nur in ihrer schmutzig-jüdischen Erscheinungsform gefaßt und fixiert wird. Er begreift daher nicht die Bedeutung der „revolutionären", der „praktisch-kritischen" Tätigkeit.
2
Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, das heißt die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage.
. 3 Die materialistische Lehre, daß die Menschen Produkte der Umstände und der Erziehung, veränderte Menschen also Produkte anderer Umstände und geänderter Erziehung sind, vergißt, daß die Umstände eben von den Menschen verändert werden und daß der Erzieher selbst erzogen werden
34 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
muß. Sie kommt daher mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft in zwei Teile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist. (Z. B. bei Robert Owen.) Das Zusammenfallen des Anderns der Umstände und der menschlichen Tätigkeit kann nur als umwälzende Praxis gefaßt und rationell verstanden werden.
. 4
Feuerbach geht aus von dem Faktum der religiösen Selbstentfremdung, der Verdopplung der Welt in eine religiöse, vorgestellte und eine wirkliche Welt. Seine Arbeit besteht darin, die religiöse Welt in ihre weltliche Grundlage aufzulösen. Er übersieht, daß nach Vollbringung dieser Arbeit die Hauptsache noch zu tun bleibt. Die Tatsache nämlich, daß die weltliche Grundlage sich von sich selbst abhebt und sich, ein selbständiges Reich, in den Wolken fixiert, ist eben nur aus der Selbstzerrissenheit und dem Sichselbst-Widersprechen dieser weltlichen Grundlage zu erklären. Diese selbst muß also erstens in ihrem Widerspruch verstanden und sodann durch Beseitigung des Widerspruchs praktisch revolutioniert werden. Also z.B., nachdem die irdische Familie als das Geheimnis der heiligen Familie entdeckt ist, muß nun erstere selbst theoretisch kritisiert und praktisch umgewälzt werden.
5
Feuerbach, mit dem abstrakten Denken nicht zufrieden, appelliert an die sinnliche Anschauung; aber er faßt die Sinnlichkeit nicht als praktische mensch lich-sinnliche Tätigkeit.
6
Feuerbach löst das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse. Feuerbach, der auf die Kritik dieses wirklichen Wesens nicht eingeht, ist daher gezwungen: 1. von dem geschichtlichen Verlauf zu abstrahieren und das religiöse Gemüt für sich zu fixieren und ein abstrakt - isoliert — menschliches Individuum vorauszusetzen; 2. kann bei ihm daher das menschliche Wesen nur als „Gattung", als innere, stumme, die vielen Individuen bloß naturlich verbindende Allgemeinheit gefaßt werden.
7
Feuerbach sieht daher nicht, daß das „religiöse Gemüt" selbst ein gesellschaftliches Produkt ist und daß das abstrakte Individuum, das er analysiert, in Wirklichkeit einer bestimmten Gesellschaftsform angehört.
8
Das gesellschaftliche Leben ist wesentlich praktisch. Alle Mysterien, welche die Theorie zum Mystizismus verleiten, finden ihre rationelle Lösung in der menschlichen Praxis und im Begreifen dieser Praxis.
9
Das Höchste, wozu der anschauende Materialismus es bringt, d. h. der Materialismus, der die Sinnlichkeit nicht als praktische Tätigkeit begreift, ist die Anschauung der einzelnen Individuuen in der „bürgerlichen Gesellschaft".
10
Der Standpunkt des alten Materialismus ist die „bürgerliche" Gesellschaft; der Standpunkt des neuen, die menschliche Gesellschaft, oder die vergesellschaftete Menschheit.
Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.
Nach dem von Engels 1888 veröffentlichten Text.
[Marx über sein Verhältnis zu Hegel und Feuerbach1]
Hegeische Konstruktion der Phänomenologie. 1. Selbstbewußtsein statt des Menschen. Subjekt - Objekt. 2. Die Unterschiede der Sachen unwichtig, weil die Substanz als Selbstunterscheidung oder weil die Selbstunterscheidung, das Unterscheiden, die Tätigkeit des Verstandes als wesentlich gefaßt wird. Hegel gab daher innerhalb der Spekulation wirkliche, die Sache ergreifende Distinktionen. 3. Aufhebung der Entfremdung identifiziert mit Aufhebung der Gegenständlichkeit (eine Seite, namentlich von Feuerbach entwickelt). 4. Deine Aufhebung des vorgestellten Gegenstandes, des Gegenstandes als Gegenstandes des Bewußtseins, identifiziert mit der wirklichen gegenständlichen Aufhebung, der vom Denken unterschieden sinnlichen Aktion, Praxis, und realen Tätigkeit. (Noch zu entwickeln.)
Nach der Veröffentlichung des Marx-Engels-Lenin-Instituts, Moskau, 1932.
* Diese Notizen befinden sich auf der 16. Seite des Notizbuches von Marx mit den 11 Thesen »1. ad Feuerbach".
Karl Marx
[Die bürgerliche Gesellschaft und die kommunistische Revolution1]
1. Die Entstehungsgeschichte des Modernen Staats oder die französische Revolution. Die Selbstüberhebung des politischen Wesens - Verwechslung mit dem antiken Staat. Verhältnis der Revolutionäre zur bürgerlichen Gesellschaft. Verdoppelung aller Elemente in bürgerliche und Staatswesen. 2. Die Proklamation der Menschenrechte und die Konstitution des Staats. Die individuelle Freiheit und die öffentliche Macht. Freiheit, Gleichheit und Einheit. Die Volkssouveränität. 3. Der Staat und die bürgerliche Gesellschaft. 4. Der Repräsentativstaat und die Charte. Der konstitutionelle Repräsentativstaat, d[er] d[er] demokratische Repräsentativstaat. 5. Die Teilung der Gewalten. Gesetzgebende und exekutive Gewalt. 6. Die gesetzgebende Gewalt und die gesetzgebenden Körper. Politische Klubs. 7. Die exekutive Gewalt. Zentralisation und Hierarchie. Zentralisation und politische Zivilisation. Föderativwesen und Industrialismus. Die Staatsverwaltung und Gemeindeverwaltung. 8'. Die richterliche Gewalt und das Recht. 8". Die Nationalität und das Volk9'. Die politischen Parteien. 9". Das Wahlrecht, der Kampf um die Aufhebung des Staats und der bürgerlichen Gesellschaft.
Nach der Veröffentlichung des Marx-Engels-Lenin-Instituts, Moskau, 1932.
1 Diese Notizen befinden sich auf der 23. und 22. Seite des Notizbuches von Marx mit den 11 Thesen „l.ad Feuerbach".
Karl Marx j [Ober Feuerbach1]
Der göttliche Egoist im Gegensatz zum egoistischen Menschen. Die Täuschung in der Revolution über das antike Staatswesen. Der „Begriff" und die „Substanz". Die Revolution = Entstehungsgeschichte des modernen Staats.
Nach der Veröffentlichung des Marx-Engels-Lenin-Instituts, Moskau, 1932.
1 Diese Notizen befinden sich auf Seite [51] des Marxschen Notizbuches, vor den 11 Thesen „1. ad Feuerbach".
Karl Marx
[Aus I. Feuerbach1]
Einfluß der Teilung der Arbeit auf die Wissenschaft. Was bei den Staat, Recht, Moral etc. die Repression. [Im] Gesetz müssen die Bourgeois sich einen allgemeinen Ausdruck geben müssen, eben weil sie als Klasse herrschen.* Naturwissenschaft und Geschichte. Es gibt keine Geschichte der Politik, des Rechts, der Wissenschaft etc., der Kunst, der Religion etc.
Warum die Ideologen alles auf den Kopf stellen. Religiösen, Juristen, Politiker. Juristen, Politiker (Staatsleute überhaupt), Moralisten, Religiöse. Für diese ideologische Unterabteilung in einer Klasse, 1. Verselbständigung des Geschäfts durch die Teilung der Arbeit; jeder hält sein Handwerk für das Wahre. Über den Zusammenhang, worin ihr Handwerk mit der Wirklichkeit steht, machen sie sich um so notwendiger Illusionen, da dies schon durch die Natur des Handwerks selbst bedingt wird. Die Verhältnisse werden in der Jurisprudenz, Politik etc. - im Bewußtsein zu Begriffen; da sie nicht über diese Verhältnisse h[in]aus sind, sind auch die Begriffe derselben in ihrem Kopf fixe Begriffe; der Richter z. B. wendet den Code an, ihm gilt daher die Gesetzgebung für den wahren aktiven Treiber. Respekt vor ihrer Ware; da ihr Geschäft es mit Allgemeinem zu tun hat. Idee des Rechts. Idee des Staats. Im gewöhnlichen Bewußtsein ist die Sache auf den Kopf gestellt.
* [Randbemerkung von Marx:] Dem „Gemeinwesen", wie es im antiken Staat, dem Feudalwesen, der absoluten Monarchie erscheint, diesem Band entsprechen2 namentlich die (kath[olischen]) religiösen Vorstellungen.
1 Diese Notizen befinden sich auf den beiden letzten Seiten des Manuskripts „I. Feuerbach". — 2Manuskript: entspricht
Religion ist von vornherein das Bewußtsein der Transzendenz [, das] hervorgeht aus dem wirklichen Müssen. Dies populärer. Tradition, für Recht, Religion etc. Die Individuen sind immer von sich ausgegangen, gehen immer von sich aus. Ihre Verhältnisse sind Verhältnisse ihres wirklichen Lebensprozesses. Woher kömmt es, daß ihre Verhältnisse sich gegen sie verselbständigen? daß die Mächte ihres eignen Lebens übermächtig gegen sie werden? Mit einem Wort: die Teilung der Arbeit, derej^Stufe von der jedesmal entwickelten Produktivkraft abhängt.
Gemeindeeigentum. Grundeigentum, feudales, modernes. Ständisches Eigentum. Manufaktureigentum, industrielles Kapital.
Nach der Veröffentlichung des Marx-Engels-Lenin-Instituts, Moskau, 1932.
Friedrich Engels
Feuerbach
a) Feuerbachs ganze Philosophie läuft heraus auf 1. Naturphilosophie passives Anbeten, verzücktes Niederknien vor der Herrlichkeit und Allgewalt der Natur - 2. Anthropologie, und zwar «) Physiologie, worin nichts Neues gesagt wird als das, was die Materialisten über die Einheit von Körper und Seele gesagt haben, nur nicht so mechanisch, dafür etwas überschwenglicher. ß) Psychologie, läuft hinaus auf verhimmelnde Dithyramben auf die Liebe, analog dem Naturkultus, sonst nichts Neues. 3. Moral, Forderung, dem Begriff „des Menschen" zu entsprechen, impuissance mise en action1. Vergleiche § 54, pag. 81: „das sittliche und vernünftige Verhältnis des Menschen zum Magen besteht darin, denselben nicht als ein viehisches, sondern menschliches Wesen zu behandeln. §61: „Der Mensch ... als moralisches Wesen" und das viele Sittlichkeitsgerede im „Wesen des Christenthums".
b) Daß auf der jetzigen Entwicklungsstufe die Menschen ihre Bedürfnisse "nur innerhalb der Gesellschaft befriedigen können, daß überhaupt gleich von vornherein, sowie sie existierten, die Menschen einander nötig hatten und nur dadurch ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten pp. entwickeln konnten, daß sie in Verkehr traten, wird bei Feuerbach so ausgedrückt, daß „der einzelne Mensch für sich das Wesen des Menschen nicht in sich hat", daß „das Wesen des Menschen nur in der Gemeinschaft, in der Einheit des Menschen mit dem Menschen enthalten ist, eine Einheit, die sich aber nur auf die Realität des Unterschieds von Ich und Du stützt. - Der Mensch für sich ist Mensch (im gewöhnlichen Sinn), der Mensch mit Mensch - die Einheit von Ich und Du ist Gott" (d. h. Mensch im übergewöhnlichem Sinn). § 61, 62, pag. 83. Soweit kommt die Philosophie, daß sie die triviale Tatsache über die Unentbehrlichkeit des Verkehrs zwischen den Menschen, ohne deren Erkenntnis die zweite Menschengeneration, die überhaupt existierte, nie erzeugt
1 in Aktion gesetzte Machtlosigkeit
worden wäre, die überhaupt schon im Geschlechtsunterschied liegt, als das größte Resultat am Ende ihrer ganzen Karriere hinstellt. Und noch dazu in der mysteriösen Form der „Einheit von Ich und Du". Diese Phrase wäre gar nicht möglich, wenn Feuerbach nicht an den Geschlechtsakt, den Gattungsakt, die Gemeinschaft von Ich und Du xoct' ^o^v1 gedacht hätte*. Und soweit seine Gemeinschaft praktisch wird, beschränkt sie sich auch auf den Geschlechtsakt und die Verständigung über philosophische Gedanken und Probleme, die „wahre Dialektik", § 64, den Dialog, auf „die Erzeugung des Menschen, des geistigen so gut wie des physischen", p. 67. Was dieser „erzeugte" Mensch nachher tut, außer daß er wieder „geistig" und „physisch" „Menschen erzeugt", davon ist keine Rede. Feuerbach kennt auch nur den Verkehr zwischen Zweien, „die Wahrheit, daß kein Wesen für sich allein ein wahres, ein vollkommenes, ein absolutes Wesen, daß die Wahrheit und Vollkommenheit nur ist die Verbindung, die Einheit von zwei sich wesensgleichen Wesen", p. 83, 84.
c) Der Anfang der „Philosophie der Zukunft" beweist gleich die Differenz zwischen uns und ihm: § 1: „Die Aufgabe der neueren Zeit war die Verwirklichung und Vermenschlichung Gottes, die Verwandlung und Auflösung der Theologie in die Anthropologie". Vgl. „Die Negation der Theologie ist das Wesen der neueren Zeit". »Philosophie der Zukunft", p. 23.
d) Der Unterschied, den Feuerbach zwischen Katholizismus und Protestantismus, §2, macht, Katholizismus: „Theologie" „kümmert sich um das, was Gott an sich selber ist", hat „spekulative und kontemplative Tendenz", der Protestantismus bloß Christologie, überläßt den Gott an sich selber, die Spekulation und Kontemplation der Philosophie - weiter nichts als eine aus einem der unentwickelteren Wissenschaft entsprechenden Bedürfnis hervorgegangene Teilung der Ai"beit. Aus diesem bloßen Bedürfnis innerhalb der Theologie erklärt Feuerbach den Protestantismus, woran sich dann ungezwungen eine selbständige Geschichte der Philosophie anschließt.
* Nämlich da der Mensch = Kopf + Herz ist und zwei dazu nötig sind, um den Menschen darzustellen, so tritt Einer als Kopf, der andre als Herz auf in ihrem Verkehr Mann und Weib. Sonst nicht abzusehen, weshalb Zwei menschlicher sind als Einer. Das saint-simonistische Individuum.
1 schlechthin
e) „Das Sein ist kein allgemeiner, von den Dingen abtrennbarer Begriff. Es ist Eins mit dem, was ist... Das Sein ist die Position des Wesens. Was mein Wesen, ist mein Sein. Der Fisch ist im Wasser, aber von diesem Sein kannst du nicht sein Wesen abtrennen. Schon die Sprache identifiziert Sein und Wesen. Nur im menschlichen Leben sondert sich, aber auch nur in abnormen, unglücklichen Fällen Sein vom Wesen ereignet es sich, daß man nicht da, wo man sein Sein, auch sein Wesen hat, aber eben wegen dieser Scheidung auch nicht wahrhaft, nicht mit der Seele da ist, wo man wirklich mit dem Leibe ist. Nur wo Dein Herz ist, da bist Du. Aber alle Dinge sind naturwidrige Fälle ausgenommen — gerne da, wo, und gerne das, was sie sind." p. 47. Eine schöne Lobrede auf das Bestehende. Naturwidrige Fälle, wenige, abnorme Fälle ausgenommen, bist Du gerne mit dem siebenten Jahre Türschließer in einer Kohlengrube, vierzehn Stunden allein im Dunkeln, und weil Dein Sein, so ist es auch Dein Wesen. Desgleichen piecer an einem selfactor[201]. Es ist Dein „Wesen" unter einen Arbeitszweig subsumiert zu sein.1 Vgl. „Wesendes Glaubens",p.l 1, „unbefriedigterHunger",diesea [...]
f)§48,p.73. „Das Mittel, entgegengesetzte oder widersprechende Bestimmungen ohne Widerspruch in einem und demselben Wesen zu vereinigen, ist nur die Zeit. So ist es wenigstens im lebendigen Wesen. So nur kommt hier z. B. im Menschen der Widerspruch zum Vorschein, daß jetzt diese Bestimmung, dieser Vorsatz, jetzt eine ganz andere, eine geradezu entgegengesetzte Bestimmung mich beherrscht und erfüllt". Dies nennt Feuerbach 1. einen Widerspruch, 2. eine Vereinigung von Widersprüchen, und 3. soll die Zeit das tun. Allerdings die „erfüllte" Zeit, aber immer die Zeit, nicht das, was in ihr passiert. Der Satz = dem, daß nur in der Zeit eine Veränderung möglich.
Nach der Veröffentlichung des Marx-Engels-Lenin-Instituts, Moskau, 1932.
1 Hier ist der Gedanke zu Ende geführt, dessen Entwicklung auf Seite 42 des vorl. Bandes durch die Lücke im Manuskript unterbrochen wurde.

Anhang und Register

Anmerkungen
1 Die „Thesen über Feuerlacti' wurden von Marx im Frühjahr 1845 in Brüssel geschrieben und sind in seinem Notizbuch 1844-1847 unter der Überschrift „1. ad Feuerbach" enthalten. Sie wurden im Jahre 1888 von Engels zum ersten Male veröffentlicht, und zwar als Anhang zu dem revidierten Sonderabdruck seiner Schrift „Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie" unter der Überschrift „Marx über Feuerbach"; dort sind auch Entstehungsort und -zeit der Thesen angegeben. Engels nahm bei der Herausgabe 1888 an den Thesen einige redaktionelle Veränderungen vor, um diese Notizen, die „rasch hingeschrieben, absolut nicht für den Druck bestimmt, aber unschätzbar als das erste Dokument, worin der geniale Keim der neuen Weltanschauung niedergelegt ist" (Engels), dem Leser verständlich zu machen. Der vorliegende Band enthält an erster Stelle die Thesen in der von Marx 1845 niedergeschriebenen Fassung, während wir den Text der von Engels überarbeiteten Fassung von 1888 in den Beilagen bringen. Die letztere Fassung wurde auf Grund des Marxschen Manuskripts ergänzt durch die in der Ausgabe von 1888 fehlenden Hervorhebungen und Anführungszeichen. Der Titel „Thesen über Feuerbach" wurde vom Institut für Marxismus-Leninismus in Übereinstimmung mit Engels'Vorbemerkung zu seiner Schrift „Ludwig Feuerbach" gegeben. 5 533 2 „Die deutsche Ideologie. Kritik der neuesten deutschen Philosophie in ihren Repräsentanten Feuerbach, B. Bauer und Stirner, und des deutschen Sozialismus in seinen verschiedenen Propheten" ist ein Werk von Karl Marx und Friedrich Engels, an dem sie in den Jahren 1845/46 arbeiteten. Im Frühjahr 1845 beschlossen Marx und Engels, gemeinsam dieses Werk zu schreiben und begannen im September 1845 energisch mit der Arbeit an demselben. Das Manuskript hatte einen Umfang von etwa 50 Druckbogen und bestand aus zwei Bänden, von denen der erste im wesentlichen die Ausarbeitung der Grundthesen des historischen Materialismus und die Kritik an den philosophischen Anschauungen Ludwig Feuerbachs, Bruno Bauers und Max Stirners enthielt, während der zweite die Kritik an den Anschauungen verschiedener Vertreter des „wahren" Sozialismus zum Inhalt hatte. Die Arbeit an der „Deutschen Ideologie" wurde im wesentlichen im Sommer 1846 abgeschlossen. Zu dieser Zeit war der größte Teil des I. Bandes fertig — nämlich die der Kritik an den Anschauungen Bruno Bauers und Max Stirners gewidmeten Kapitel („Leipziger Konzil") - sowie der größte Teil des II.Bandes. An der ersten Abteilung des I. Bandes (Kritik an den Anschauungen Ludwig Feuerbachs) dauerte die Arbeit noch in der zweiten Hälfte des Jahres 1846 an, wurde aber auch dann nicht beendet.
Anfang Mai 1846 wurde der Hauptteil des Manuskripts des I. Bandes an Joseph Weydemeyer nach Schildesche in Westfalen gesandt. Weydemeyer sollte die Herausgabe mit der in Aussicht gestellten finanziellen Unterstützung dortiger Unternehmer-der „wahren" Sozialisten Julius Meyer und Rudolph Rempel - vorbereiten. Nachdem der größte Teil des Manuskripts des II. Bandes in Westfalen eingetroffen war, lehnten Meyer und Rempel in einem Brief an Marx vom 13. Juli 1846 es ab, die Herausgabe der „Deutschen Ideologie" zu finanzieren. In den Jahren 1846/47 unternahmen Marx und Engels wiederholt Versuche, einen Verleger für ihr Werk zu finden. Durch Schwierigkeiten seitens der Polizei und infolge der ständigen Absagen der Verleger, die mit den Vertretern der von Marx und Engels bekämpften Richtungen sympathisierten, blieben diese Bemühungen ohne Erfolg. Zu Lebzeiten von Marx und Engels wurde nur ein Kapitel, und zwar Kapitel IV des II. Bandes der „Deutschen Ideologie" in der Zeitschrift „Das Westphälische Dampfboot" (August und September 1847) veröffentlicht. Einige Seiten des Kapitels II des I. Bandes der „Deutschen Ideologie" stimmen inhaltlich mit einer anonymen Notiz überein, die in Heft VII der Zeitschrift „Gesellschaftsspiegel" (Januar 1846; Rubrik „Nachrichten und Notizen", S. 6-8) veröffentlicht wurde und „Brüssel, 20. November" datiert ist. In Heft VI des „Gesellschaftsspiegels" (Rubrik „Nachrichten und Notizen", S. 93 bis 96) wurde anonym eine Notiz veröffentlicht, deren zweite Hälfte stellenweise mit Kapitel V des II. Bandes der „Deutschen Ideologie" übereinstimmt. Der Titel des Werkes und die Überschriften des I. und II. Bandes sind im Manuskript nicht erhalten geblieben. Sie wurden auf Grund von Marx' Notiz gegen Grün, veröffentlicht in der „Trier'sehen Zeitung" vom 9. April 1847, eingesetzt. Die Festlegung der Überschriften und die Anordnung des Materials im Kapitel „Feuerbach" erfolgten auf Grund der Bemerkungen von Marx und Engels an den Rändern des Manuskripts. Die Unterteilung des Kapitels „Sankt Max" in zwei Teile - „ 1. Der Einzige und sein Eigentum" und „2. Apologetischer Kommentar" - erfolgte ausgehend von Hinweisen der Verfasser am Anfang des Kapitels und von dessen ganzem Inhalt (im Manuskript: „7. Apologetischer Kommentar"). Kapitel II und III des zweiten Bandes der „Deutschen Ideologie" sind im Manuskript nicht vorhanden. 9—530 3 Diadochen - Heerführer Alexanders des Großen, die nach dessen Tode einen erbitterten Kampf um die Macht führten. Im Verlauf dieses Kampfes (Ende des 4. bis Anfang des 3. Jahrhunderts v. u. Z.) zerfiel die Monarchie Alexanders, die eine wenig stabile militärisch-administrative Vereinigung gewesen war, in eine Reihe einzelner Staaten. 17 4 Der Terminus „ Verkehr" hat in der „Deutschen Ideologie" einen sehr umfassenden Inhalt. Dieser Terminus schließt den materiellen und geistigen Verkehr einzelner Individuen, sozialer Gruppen und ganzer Länder ein. Marx und Engels zeigen in dieser Schrift, daß der materielle Verkehr, und vor allem der Verkehr der Menschen im Produktionsprozeß, die Basis für jeden sonstigen Verkehr bildet. In den in der „Deutschen Ideologie" vorkommenden Termini „Verkehrsform", „Verkehrsweise" und „Verkehrsverhältnisse" fand der sich damals bei Marx und Engels herausbildende Begriff „Produktionsverhältnisse" seinen Ausdruck. 21 5 Der Terminus „Stamm" spielte in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine größere Rolle in der Geschichtswissenschaft als jetzt. Er bezeichnete eine Gemeinschaft von Menschen, die von einem und demselben Vorfahren abstammten und umfaßte die
modernen Begriffe „Gens" und „Stamm". Eine präzise Bestimmung und Unterscheidung dieser Begriffe wurde zum erstenmal von Lewis Henry Morgan in seinem Werk „Ancient Society; or, Researches in the Iines of human progress from savagerythrough barbarismto civilization" [Die Urgesellschaft — Untersuchungen über den Fortschritt der Menschheit aus der Wildheit durch die Barbarei zur Zivilisation], London 1877, gegeben. In diesem seinem Hauptwerk zeigte der hervorragende Ethnograph und Historiker erstmalig die Bedeutung der Gens als der Grundzelle der Urgemeinschaftsordnung, womit die wissenschaftliche Grundlage für die gesamte Geschichte der Urgemeinschaft gelegt wurde. Die Forschungsergebnisse Morgans verallgemeinernd, erforschte Engels den Inhalt der Begriffe „Gens" und „Stamm" in seinem Werk „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" (1884) von allen Seiten. 22 8 Licinisches Ackergesetz - das Agrargesetz der römischen Volkstribunen Licinius und Sextius, das im Jahre 367 v. u. Z. im Ergebnis des Kampfes der Plebejer gegen die Patrizier angenommen wurde. Danach durfte ein römischer Bürger nicht mehr als 500 Jugera (etwa 125 ha) vom staatlichen Grundeigentum (ager publicus) in Besitz haben. Nach dem Jahre 367 v. u. Z. Wurden die Bodenansprüche der Plebejer aus den bei Kriegszügen gemachten Eroberungen befriedigt. 24 341 7 Empiriker - Anhänger des Empirismus, einer philosophischen Lehre, die, indem sie sich auf Experiment und Erfahrung stützt, die Sinnes,,erfahrungen" als alleinige Quelle der Erkenntnis betrachtet. Der idealistische Empirismus (Berkeley, Hume, Mach, Avenarius, Bogdanow u. a.) leugnet, im Gegensatz zum materialistischen Empirismus (Bacon, Hobbes, Locke, die französischen Materialisten des 18. Jahrhunderts), daß der Erfahrung die (erkennbare) Natur zugrunde liegt. Der dialektische Materialismus lehnt den idealistischen Empirismus ab und betrachtet die Ausgangspositionen des materialistischen als im wesentlichen richtig. Der materialistische Empirismus wurde hauptsächlich von den fortschrittlichen Kräften des aufsteigenden Bürgertums vertreten. „Um zu begreifen, muß man das Studieren empirisch beginnen und sich von der Empirie zum Allgemeinen erheben" (Lenin). 27 127 8 Die „Deutsch-Französischen Jahrbücher" wurden unter der Redaktion von Karl Marx und Arnold Rüge in deutscher Sprache in Paris herausgegeben. Es erschien nur die erste Doppellieferung im Februar 1844; sie enthielt Karl Marx' Schriften „Zur Judenfrage" und „Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung", ferner Friedrich Engels' Arbeiten „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie" und „Die Lage Englands. ,Past and Present' by Thomas Carlyle. London 1843" (siehe Bd. 1 unserer Ausgabe). Diese Arbeiten kennzeichnen den vollzogenen Übergang von Marx und Engels zum Materialismus und Kommunismus. Die Hauptursache dafür, daß die Zeitschrift ihr Erscheinen einstellte, waren die prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten zwischen Marx und dem bürgerlichen Radikalen Rüge. Friedrich Engels und Karl Marx: „Die heilige Familie, oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer und Consorten", Frankfurt a. M., 1845 (siehe Bd. 2 unserer Ausgabe). 34 9 Die Schlußfolgerung, daß die proletarische Revolution nur gleichzeitig in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern möglich sei und es damit unmöglich wäre, diese Revolution in einem einzelnen Lande siegreich durchzuführen, fand ihre endgültige Formulierung in Engels'Schrift „Grundsätze des Kommunismus" (1847); sie war richtig für die Periode des vormonopolistischen Kapitalismus.
35 Marz/Engels, Werke, Bd. 3
Unter den neuen historischen Bedingungen kam W. I. Lenin, ausgehend von dem von ihm entdeckten Gesetz der Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung des Kapitalismus in der Epoche des Imperialismus, zu der neuen Schlußfolgerung, daß der Sieg der sozialistischen Revolution zunächst in einigen oder sogar in einem einzelnen Lande möglich sei, und hob damit die Unmöglichkeit des gleichzeitigen Sieges der Revolution in allen oder den meisten Ländern hervor. Diese neue Schlußfolgerung wurde zum erstenmal von W. I. Lenin in seinem Artikel „Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa" formuliert (siehe Lenin „Ausgewählte Werke", Berlin 1953, Band I). 35 10 „Hallische Jahrbücher" und „Deutsche Jahrbücher" - abgekürzte Bezeichnung für eine literarisch-philosophische Zeitschrift der Junghegelianer; sie erschien in Form von täglich herausgegebenen Blättern von Januar 1838 bis Juni 1841 unter dem Titel „Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst" und von Juli 1841 bis Januar 1843 unter dem Titel „Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst" in Leipzig. Bis Juni 1841 wurde die Zeitschrift von Arnold Rüge und Theodor Echtermeyer in Halle, ab Juli 1841 von Arnold Rüge in Dresden herausgegeben. Das Überwechseln der Redaktion aus der preußischen Stadt Halle (Saale) nach Sachsen und die Namensänderung der Zeitschrift erfolgte, weil für die „Hallischen Jahrbücher" das Verbot innerhalb Preußens drohte. Aber auch unter dem neuen Namen mußte die Zeitschrift bald ihr Erscheinen einstellen. Im Januar 1843 wurden die „Deutschen Jahrbücher" von der sächsischen Regierung verboten, und durch Verfügung des Bundestages wurde dieses Verbot auf ganz Deutschland ausgedehnt. 41 11 Bruno Bauer, „Geschichte der Politik, Cultur und Aufklärung des achtzehnten Jahrhunderts". 41 12 Rheinlied - weitgehend von den Nationalisten ausgenutztes Gedicht des deutschen kleinbürgerlichen Dichters Nicolaus Becker. Das Gedicht „Der deutsche Rhein" wurde 1840 verfaßt und in den folgenden Jahren mehrmals vertont. 41 13 Siehe Ludwig Feuerbachs Artikel „Ueber das,Wesen des Christenthums' in Beziehung auf den .Einzigen und sein Eigenthum'" in „Wigand's Vierteljahrsschrift", 1845, Bd. 2. „Wigand's Vierteljahrsschrift" philosophische Zeitschrift der Junghegelianer; herausgegeben 1844-1845 von Otto Wigand in Leipzig. Mitarbeiter der Zeitschrift waren unter anderen Bruno Bauer, Max Stirner und Ludwig Feuerbach. 41 14 Siehe Bruno Bauers Artikel „Charakteristik Ludwig Feuerbachs" in „Wigand's Vierteljahrsschrift", 1845, Bd. 3. 43 15 Abgewandelt aus Goethes „Faust", „Prolog im Himmel". 43 16 Kontinentalsystem — die von Napoleon I. zur wirtschaftlichen Blockade über England verhängte Kontinentalsperre. Nachdem die französische Flotte bei Trafalgar durch englische Schiffe vernichtet worden war, versuchte Napoleon, England wirtschaftlich niederzuzwingen. In dem Dekret, das er in Berlin herausgab, heißt es unter anderem: „Die britischen Inseln befinden sich im Blockadezustand ... der Handel mit den britischen Inseln und jegliche Beziehungen zu ihnen sind verboten." Diesem Dekret folgten alle Vasallenstaaten Frankreichs und seine Verbündeten. Die Kontinentalsperre fiel nach der Niederlage Napoleons in Rußland. 46 17 Die Anti-Com-Law League (Anti-Korngesetz-Liga) - eine freihändlerische Vereinigung, die 1838 von den Fabrikanten Cobden und Bright in Manchester gegründet wurde. Die sogenannten Korngesetze, die die Einschränkung bzw. das Verbot des Getreideimports
zum Ziele hatten, waren in England im Interesse der dortigen Großgrundbesitzer, der Landlords eingeführt worden. Die Liga erhob die Forderung nach völliger Handelsfreiheit und kämpfte für die Abschaffung der Korngesetze mit dem Ziel, die Löhne der Arbeiter zu senken und die ökonomischen und politischen Positionen der Landaristokratie zu schwächen. In ihrem Kampf gegen die Grundbesitzer versuchte die Liga, die Arbeitermassen auszunutzen. Aber gerade zu dieser Zeit betraten die fortgeschrittensten Arbeiter Englands den Weg der selbständigen, politisch ausgeprägten Arbeiterbewegung (Chartismus, siehe Anmerkung 94). Der Kampf zwischen der industriellen Bourgeoisie und der Landaristokratie endete 1846 mit der Annahme des Gesetzes über die Aufhebung der Korngesetze; es sah noch eine vorübergehende Beibehaltung niedrigerer Zölle für die Einfuhr von Getreide bis 1849 vor. Die Liga löste sich nach der Annahme des Gesetzes von 1846 auf. 50 307 337 18 Navigationsgesetze - von Cromwell 1651 erlassene und später mehrmals erneuerte bzw. ergänzte Schiffahrtsgesetze, die sich besonders gegen den holländischen Zwischenhandel richteten und das Ziel verfolgten, die englische Kolonialherrschaft zu festigen. Sie bestimmten, daß die wichtigsten Waren aus Europa sowie alle Waren aus Rußland und der Türkei nur auf englischen Schiffen oder auf denen des Ursprungslandes eingeführt werden durften, und daß die englische Küstenschiffahrt gänzlich den englischen Schiffen vorbehalten bliebe. Die Gesetze wurden zwischen 1793 und 1854 aufgehoben. 58 19 Differentialzölle belasteten die Waren derselben Gattung unterschiedlich nach ihren Herkunftsländern; sie dienten dazu, die Schiffahrt, die Industrie und den Handel des eigenen Landes zu begünstigen. 58 20 Marx und Engels zitieren hier aus „Lettre sur la Jalousie du Commerce" [Brief über die Mißgunst des Handels] in I. Pintos Buch „Trait6 de la Circulation et du Credit" [Ab-' handlung über Zirkulation und Kredit]; Amsterdam 1771. 59 21 Marx und Engels benutzten die französische Übersetzung von Adam Smiths „Recherches sur la Nature et les Causes de la Richesse des Nations" [Untersuchungen über das Wesen und die Ursachen des Reichtums der Nationen]; der englische Originaltitel lautet: „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations". 59 22 Amalfi war im 10. und 11. Jahrhundert eine blühende Handelsstadt. Das Seerecht von Amalfi (Tabula Amalphitana) galt in ganz Italien und stand bei allen das Mittelmeer befahrenden Nationen in Ansehen. 63 28 „Marseillaise", „Carmagnole", „Qa irau - revolutionäre Lieder aus der Zeit der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts. Das letzte Lied hatte den Refrain: „Ah, so wird's gehen ... die Aristokraten an die Laterne!" 71 24 Siehe Jean-Jacques Rousseau, „Du Contract social" [Der Gesellschaftsvertrag]. 75 25 Leipziger Konzil - mit dieser ironisierenden Bezeichnung weisen Marx und Engels darauf hin, daß die Schriften der von ihnen kritisierten „Kirchenväter" Bauer und Stirner bei Wigand in Leipzig verlegt wurden. 78 28 „HunnenscMachta - ein bekanntes Gemälde Wilhelm von Kaulbachs, das 1834-1837 entstand. Das Bild stellt die Schlacht zwischen den Geistern der gefallenen Krieger dar, die sich in der Luft über dem Schlachtfeld abspielt. Der geschichtliche Hintergrund des Gemäldes ist die Hunnenschlacht auf den Katalaunischen Feldern im Jahre 451. 78 27 „Das Westphälische Dampfbootu - eine Monatsschrift, die von dem „wahren" Sozialisten Otto Lüning herausgegeben wurde; sie erschien von Januar 1845 bis Dezember 1846 in
Bielefeld und von Januar 1847 bis März 1848 in Paderborn. Im ersten Jahrgang dieser Zeitschrift (1845) erschien der anonyme Artikel „Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Br. Bauer und Consorten von F. Engels und K. Marx. Frankfurt 1845". 79 96 28 Siehe Max Stirners Artikel „Recensenten Stirners" in „Wigand's Vierteljahrsschrift", 1845, Bd.3. 79 29 Santa Cosa (Heiliges Haus) - so hieß das Inquisitionsgefängnis in Madrid. 80 30 Dottore Graziano (Doktor Graziano) — Gestalt aus der italienischen Maskenkomödie; Typ eines Pseudogelehrten und Pedanten. „Dottore Graziano" oder auch „der Dottore Graziano der deutschen Philosophie" - so wird Arnold Rüge wiederholt von Marx und Engels bezeichnet. 80 114 31 Als zweiter Band von B. Bauers Buch „Die gute Sache der Freiheit und meine eigene Angelegenheit" wird hier ironisch sein Artikel „Charakteristik Ludwig Feuerbachs" in „Wigand's Vierteljahrsschrift", 1845, Bd. 3, bezeichnet. 81 32 Siehe Bruno Bauers Artikel „Ludwig Feuerbach " in: „Norddeutsche Blätter", 1844, HeftIV. Die „Norddeutschen Blätter" erschienen in zwei Bänden, der erste 1844, der zweite 1845 unter dem Titel „Beiträge zum Feldzuge der Kritik". 81 33 Hier ist die Rede von Ludwig Feuerbachs Schriften „Geschichte der neuern Philosophie", „Pierre Bayle", „Das Wesen des Christenthums" sowie von seinem Artikel „Zur Kritik der .positiven Philosophie'", der anonym in den „Hallischen Jahrbüchern", Jahrgang 1838, veröffentlicht wurde. 81 34 Oregonfrage - das Gebiet Oregon an der amerikanischen Pazifikküste wurde sowohl von den USA als auch von Großbritannien beansprucht. Der Kampf um den Besitz Oregons endete 1846 mit der Aufteilung dieses Gebietes unter die USA und England. Als Grenzlinie wurde der 49. Grad nördlicher Breite festgelegt. 82 35 Bruno Bauer, „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker". - Synoptiker heißen in der Literatur zur Religionsgeschichte die Verfasser der drei ersten Evangelien, Matthäus, Markus und Lukas. „Das entdeckte Christenthum" ist gleichfalls von Bruno Bauer verfaßt. 83 36 Siehe den anonym erschienenen Artikel: „Ueber das Recht des Freigesprochenen, eine Ausfertigung des wider ihn ergangenen Erkenntnisses zu verlangen" in „Wigand's Vierteljahrsschrift", 1845, Band IV. 84 37 Charon - Gestalt aus der griechischen Mythologie; ein greiser Fährmann, der die Schatten der Toten auf dem Wege in die Unterwelt über den Fluß Acheron setzt und dafür ein Almosen verlangt. 86 38 In das Zitat aus Bruno Bauers Artikel „Charakteristik Ludwig Feuerbachs" in „Wigand's Vierteljahrsschrift", 1845, 3. Band, S. 131, wurden von Marx und Engels die Worte „siedenden, brausenden und zischenden" in abgewandelter Form aus Schillers Gedicht „Der Taucher" eingefügt. 88 39 In der zweiten Szene des dritten Aufzugs von Shakespeares „Was ihr wollt" heißt es „Gunst" statt „Kunst". 90 40 Der aus der „Literatur-Zeitung", Heft VI, S. 38, zitierte Ausspruch wurde in der „Heiligen Familie" angeführt (siehe Bd. 2 unserer Ausgabe, S. 156). „Literatur-Zeitung" - Abkürzung für „Allgemeine Literatur-Zeitung", Monatsschrift, von dem Junghegelianer Bruno Bauer in Charlottenburg (Dezember 1843 bis Oktober 1844) herausgegeben. 92
41 „Englische Tagesfragen - Titel eines Artikels von Faucher in der „Allgemeinen LiteraturZeitung". Die Kritik von Marx und Engels an Faucher bildet das II. Kapitel des Werkes „Die heilige Familie" (siehe Bd. 2 unserer Ausgabe). 94 42 Nauwercksche Kollision - es handelt sich dabei um einen Streit Karl Nauwercks mit der Berliner philosophischen Fakultät, über den Ernst Jungnitz unter dem Titel „Herr Nauwerck und die philosophische Facultät" einen Artikel in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung", Heft VI, veröffentlichte. (Siehe das III. Kapitel in der „Heiligen Familie", Bd. 2 unserer Ausgabe.) 94 43 Aus Bruno Bauers Artikel „Neueste Schriften über die Judenfrage", der anonym in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung", Heft IV, erschien. 95 44 Aus Bruno Bauers in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" anonym erschienenem Artikel: „Was ist jetzt der Gegenstand der Kritik?" 95 45 „RheinischeZeitung für Politik, Handel und Gewerbe" - Tageszeitung, die vom 1. Januar 1842 bis 31. März 1843 in Köln erschien. Gegründet wurde das Blatt von Vertretern der rheinischen Bourgeoisie, die dem preußischen Absolutismus gegenüber oppositionell eingestellt waren. Zur Mitarbeit wurden auch einige Junghegelianer herangezogen. Ab April 1842 wurde Karl Marx Mitarbeiter der „Rheinischen Zeitung" und ab Oktober des gleichen Jahres ihr Chefredakteur. Die Zeitung veröffentlichte auch eine Reihe Artikel von Friedrich Engels. Unter der Redaktion von Karl Marx begann die „Rheinische Zeitung" einen immer ausgeprägteren revolutionär-demokratischen Charakter anzunehmen. Diese Richtung der „Rheinischen Zeitung", deren Popularität in Deutschland ständig wuchs, rief Besorgnis und Unzufriedenheit in Regierungskreisen und eine wütende Hetze der reaktionären Presse gegen sie hervor. Am 19. Januar 1843 erließ die preußische Regierung eine Verordnung, die die „Rheinische Zeitung" mit dem 1. April 1843 verbot und bis dahin eine besonders strenge Zensur über sie verhängte. Da die Aktionäre der „Rheinischen Zeitung" beabsichtigten, einen gemäßigteren Ton in der Zeitung anzuschlagen, um dadurch die Aufhebung der Regierungsverordnung zu erreichen, erklärte Marx am 17. März 1843 seinen Austritt aus der Redaktion der „Rheinischen Zeitung" (siehe Bd. 1 unserer Ausgabe, S. 200). 96 48 Worte aus Schillers Drama „Wallenstein's Tod", vierter Aufzug, zwölfter Auftritt. 97 47 Der Artikel Bruno Bauers in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung", Heft I, trägt den Titel: „Hinrichs, politische Vorlesungen". 99 48 Abgewandeltes Zitat aus Heine, „Die Bäder von Lucca", Kapitel IV. 101 49 Die Drucklegung des Buches „Der Einzige und sein Eigenthum" von Max Stirner erfolgte Ende 1844 im Verlag Otto Wigand, Leipzig; die Ausgabe trägt die Jahreszahl 1845. Das Buch erschien unter einem Pseudonym; der eigentliche Name des Verfassers ist Johann Caspar Schmidt. 101 50 Gemeint sind folgende kritische Schriften gegen das Buch von Stirner: ein Artikel von Szeliga: „Der Einzige und sein Eigenthum" in der Zeitschrift „Norddeutsche Blätter", Feuerbachs Artikel „Über"das .Wesen des Christentums* in Beziehung auf den,Einzigen und sein Eigenthum'" in „Wigand's Vierteljahrsschrift" und eine Broschüre von Heß, „Die letzten Philosophen". Stirner beantwortete diese Kritik und verteidigte sein Buch im dritten Band von „Wigand's Vierteljahrsschrift" mit dem Artikel „Recensenten Stirners". Dieser letztgenannte Artikel wird von Marx und Engels in der „Deutschen Ideologie" ironisch „apologetischer Kommentar" genannt. 101
51 Im zitierten Bibeltext heißt es: „Es ist der Herr Zebaoth,101 52 Eumeniden - Gestalten aus der griechischen Mythologie: Rachegöttinnen, die als Hüterinnen des Rechts und als Rächerinnen menschlichen Frevels galten. 105 280 82a Vergünstigung der Bedenkzeit und der Bestandsaufnahme - alter Grundsatz des Erbrechts, der dem Erben für die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung einer Erbschaft eine Frist zubilligt. Der Erbe muß dem Gericht eine Bestandsaufnahme einreichen, Wenn er die Haftung für Schulden des Erblassers auf die Nachlaßwerte beschränken will. 110 117 53 Hegels Werk „Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse" besteht aus drei Teilen: ,,A) Die Wissenschaft der Logik", ,,B) Die Philosophie der Natur" und „C) die Philosophie des Geistes". 112 54 Jacques le bonhomme (Jakob der Schwachkopf) nannten die französischen Adligen verächtlich die Bauern. .117 55 Dieses Kinderlied wird allgemein als „Jockellied" bezeichnet; ein Verfasser ist nicht bekannt. 119 68 Züge des Sesostris - legendäre Kriegszüge ägyptischer Pharaonen, die sich bis weit in die Länder Asiens und Europas erstreckt haben sollen. 119 147 57 Napoleonische Expedition nach Ägypten - eine Expedition, die General Napoleon Bonaparte 1798 nach Ägypten unternahm, und bei der er 4000 Kriegsgefangene erschießen ließ. Das Unternehmen war gegen England gerichtet, mit dem Ziel, in Indien Gebiete zu erobern. Auf Grund des Widerstandes englischer Truppen und ihrer Verbündeten erlitt das französische Heer eine schwere Niederlage. Napoleon ließ seine Truppen im Stich und kehrte 1799 nach Paris zurück. 119 147 68 Emanuel - Gestalt aus Jean Pauls Roman „Hesperus oder 45 Hundsposttage". 122 59 Siehe „Diogenis Laertii de clarorum philosophorum vitis, dogmatibus et apophthegmatibus libri decem" [Zehn Bücher über Leben, Ansichten und Aussprüche berühmter Philosophen]. 123 60 Aus „Carmium", Ode XXII, in „Qu. Horatii Flacci opera omnia poetica" [Qu. Horatius Flaccus'sämtliche poetische Werke]. 123 61 Siehe „Clementis Alexandrini opera graece et latine quae extant" [Die Werke von Clemens Alexandrinus, die in griechischer und lateinischer Sprache vorliegen]. 125 62 Der treue Eckart - Held deutscher Sagen aus dem Mittelalter; typische Gestalt eines ergebenen Menschen und zuverlässigen Wächters. 133 63 Ionische Philosophie - älteste Richtung der griechischen Naturphilosophie. Ihre Vertreter (Thaies, Anaximander, Anaximenes, Heraklit) entwickelten in enger Verbindung mit ihren naturwissenschaftlichen Forschungen eine spontan-materialistische und z. T. naivdialektische Weltanschauung, die sich vor allem gegen den Götterglauben richtete. 138 64 Danaidenarbeit - eine nie endende, vergebliche Arbeit. Der Begriff hat seinen Ursprung in der griechischen Sage. Die Töchter des Danaos, die Danaiden, ermordeten in der Brautnacht die ihnen aufgezwungenen Gatten und wurden damit bestraft, in der Unterwelt beständig Wasser in ein durchlöchertes Faß zu schöpfen. 141 85 Wortspiel - an der angeführten Bibelstelle ist Wesen für Anwesen (Grundstück mit Wohnhaus usw.) gebraucht. 142
66 Das Zitat ist Ludwig Feuerbachs Artikel „Vorläufige Thesen zur Reformation der Philosophie" entnommen, der im zweiten Band des von Arnold Rüge in der Schweiz (Zürich und Winterthur) 1843 herausgegebenen Sammelwerks „Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistik" veröffentlicht wurde. 143 67 Bis zur Revolution 1848 war das Rauchen in den Straßen Berlins und im Tiergarten unter Androhung von Geldstrafe oder körperlicher Züchtigung verboten; die Denunzianten erhielten einen Teil der den Delinquenten auferlegten Geldstrafe. 145 88 Wasser polaren - Spitzname für die schlesischen Polen in Deutschland; ursprünglich Bezeichnung der Flößer auf der Oder, die meist oberschlesische Polen waren. 147 89 Gemeint ist der Einsatz der damals modernen, den Chinesen noch unbekannten Waffen im ersten „Opiumkrieg" (1838-1842), der ein Eroberungskrieg Englands gegen China war. Mit ihm begann die Umwandlung Chinas in ein halbkoloniales Land. 150 70 Ecce Herum Crispinus (und da ist wieder Crispinus) - so beginnt die IV. Satire Juvenals, die in ihrem ersten Teil Crispinus, einen der Höflinge des römischen Imperators Domitian, geißelt. Im übertragenen Sinne bedeuten diese Worte: „wieder dieselbe Figur" oder „wieder dasselbe". 156 71 Girondins (Girondisten) - Mitglieder der Partei der Industrie- und Handelsbourgeoisie, die zu einem Kompromiß mit der Monarchie neigte; so genannt nach ihren führenden Abgeordneten aus dem Departement Gironde. Thermidoriens (Thermidorianer) - Mitglieder der konterrevolutionären großbürgerlichen Partei, die am 9. Thermidor des Jahres II (27. Juli 1794) Robespierre stürzte. 162 72 DeuxAmis de la Liierte (Zwei Freunde der Freiheit) - unter diesem Pseudonym veröffentlichten Kerverseau und Clavelin Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts in Paris ein vielbändiges Werk unter dem Titel: „Histoire de la Revolution de France" [Geschichte der Französischen Revolution]. 162 78 Hier handelt es sich um folgende Werke: Montgaillard, „Revue Chronologique de l'Histoire de France" [Chronologische Darstellung der Geschichte Frankreichs] und Roland de la Piatiere, „Appel ä l'impartiale Post£rit6, par la Citoyenne Roland" [Appell der Bürgerin Roland an die unparteiische Nachwelt]. 162 74 Montjoie, „Histoire de la Conjuration de Maximilien Robespierre" [Geschichte der Verschwörung des Maximilien Robespierre]. 162 75 Siehe „Benedicti de Spinoza opera quae supersunt omnia" [Benedictus de Spinozas sämtliche überlieferte Werke]. 162 78 Aus einem evangelischen Kirchenlied. 162 77 Habits bleas (Blauröcke) - die Soldaten der republikanischen Armeen, so genannt wegen der Farbe ihrer Uniformen; im weiteren Sinne die Republikaner im Gegensatz zu den Royalisten, die Blancs (Weiße) genannt wurden. Sansculottes nannte man zunächst die bürgerlichen Demokraten, weil sie keine culottes (Kniehosen) wie die Aristokraten, sondern pantalons (lange Hosen) trugen. Später ging die Bezeichnung auf die revolutionärsten Teile der Volksmassen über. 163 188 78 G. Browning, „The domestic and financial Condition of Great Britain; preceded by a brief sketch of her Foreign policy; and of the statistics and politics of France, Russia, Austria, and Prussia" [Die innenpolitischen und finanziellen Verhältnisse Großbritanniens, eingeleitet mit einer kurzen Übersicht über seine Außenpolitik und über die Statistik und Politik Frankreichs, Rußlands, Österreichs und Preußens], London 1834. 165
79 Siehe Michelet, „Geschichte der letzten Systeme der Philosophie in Deutschland von Kant bis Hegel". 165 80 Siehe das Werk von Karl Theodor Bayrhoffer, „Die Idee und Geschichte der Philosophie", das 1838 in Marburg erschien. 166 81 Stoa zu Athen - Lehrstätte des Philosophen Zenon aus Kition (336-264 v. u. Z.) in Athen, des Begründers der Philosophenschule der Stoiker. 167 82 Kupfergraben - Kanal in Berlin und eine seiner Uferstraßen. 167 83 Aus dem Gedicht „Nur in Deutschland!" von Hoffmann von Fallersleben. 168 84 Siehe „Luciani samosatensis opera" [Die Werke des Lucianus von Samosata]. 171 85 „Wie der Hosenlatz des Kriegsknechts erstes Waffenstuck ist" - so lautet die Überschrift des 8. Kapitels im 3. Buch von Rabelais* „Gargantua und Pantagruel" in der Übersetzung von Gottlob Regis. 175 86 „Tugendbund" - politische Geheimgesellschaft, die 1808 in Preußen entstand. Die Gesellschaft verfolgte u. a. das Ziel, patriotische Gefühle zu erwecken sowie den Kampf für die Befreiung des Landes von der napoleonischen Okkupation und für die Errichtung einer konstitutionellen Ordnung zu entfachen. Der König von Preußen löste auf Wunsch Napoleons 1809 die Gesellschaft auf. 179 87 Julirevolution — bezieht sich auf die Revolution vom Juli 1830 in Frankreich. 179 88 Louis Blancs „Histoire de dix ans. 1830-1840" erschien in der Übersetzung von Ludwig Buhl 1844/45 in Berlin unter dem Titel: „Geschichte der zehn Jahre 1830-1840 von Louis Blanc". 180 89 Physiokraten — Anhänger einer Lehre der politischen Ökonomie im 18. Jahrhundert in Frankreich (Quesnay, Mercier de la Riviere, Le Trosne, Turgot u. a.). Sie haben - im Gegensatz zum Merkantilsystem - „die Untersuchung über den Ursprung des Mehrwerts aus der Sphäre der Zirkulation in die Sphäre der unmittelbaren Produktion selbst verlegt und damit dier Grundlage zur Analyse der kapitalistischen Produktion gelegt" (Marx). Die Physiokraten hielten die Grundrente für die einzige Form des Mehrwerts und daher die landwirtschaftliche Arbeit für die einzig produktive Arbeit. Aber diese „scheinbare Verherrlichung des Grundeigentums" schlägt in dessen „ökonomische Verneinung und Bestätigung der kapitalistischen Produktion" um (Marx), indem die Physiokraten alle Steuern auf die Grundrente legen wollten, die Befreiung der Industrie von staatlicher Bevormundung forderten und die freie Konkurrenz verkündeten. 181 90 Cercle social (Zirkel für soziale Fragen) - eine von Vertretern der demokratischen Intelligenz gegründete Organisation, die während der ersten Jahre der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jährhunderts in Paris hervortrat. In der Geschichte der kommunistischen Ideen wird der Platz des Cercle social dadurch bestimmt, daß sein Ideologe Claude Fauchet die Forderung nach gleichmäßiger Bodenaufteilung, nach Beschränkung des großen Eigentums sowie nach Arbeit für alle arbeitsfähigen Bürger aufstellte. Die Kritik, die Claude Fauchet an der durch die französische Revolution proklamierten formalen Gleichheit übte, bereitete das bedeutend kühnere Auftreten Jacques Roux", eines Führers der „Wütenden" (enrag£s), in dieser Frage vor. 181 91 Aus dem anonymen Artikel „Preußen seit der Einsetzung Arndt's bis zur Absetzung Bauer's" in dem Sammelwerk „Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz", das 1843 in Zürich und Winterthur von dem Dichter Georg Herwegh herausgegeben wurde. 182
92 Eüil Matj'day (der Unglückstag im Mai) - unter dieser Bezeichnung ist der Aufstand der Städter am 1. Mai 1518 in London in die Geschichte eingegangen, der gegen das Überhandnehmen der ausländischen Kaufleute gerichtet war; an dem Aufstand waren in der Hauptsache die unteren Schichten der Stadtbevölkerung beteiligt. 185 93 Robert Ket führte 1549 den größten der Bauernaufstände in Ostengland, in denen um die Rückgabe der geraubten Gemeindeländereien und gegen die Blutgesetzgebung gekämpft wurde. Der Aufstand nahm einen solchen Umfang an, daß die englische Regierung zu seiner Unterdrückung ein Heer entsandte, das aus ausländischen Söldnern gebildet und dem Artillerie beigegeben war. 3000 Bauern wurden in diesem Kampfe erschlagen, eine noch größere Zahl ergriffen und hingerichtet. Ket selbst wurde auf einem Platz der Stadt Norwich erhängt. 185 94 Englische Insurrektion von 1842 und welsche Insurrektion von 1839. Zur englischen Arbeiterbewegung (Chartistenbewegung) gehörten zu Beginn der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts auch Teile der radikalen Kleinbourgeoisie, die, durch die großen Fabrikanten in der eigenen Entwicklung gehemmt, in Opposition zur Regierung standen. Das Vorhandensein kleinbürgerlicher Elemente trug dazu bei, daß die Chartisten in dieser Zeit noch keine klare politische Zielsetzung hatten und die Arbeiterbewegung in sich gespalten war. Aus diesem Grunde erlitten die Arbeiter in ihren Kämpfen schwere Rückschläge. Der Aufstand in Wales 1839 wurde durch arbeiterfeindliche Elemente vorzeitig verraten; dieser Verrat zwang die Arbeiter zum früheren Losschlagen, und der Aufstand endete für sie mit einer blutigen Niederlage. Das Jahr 1842 brachte eine Verschärfung der Wirtschaftskrise, die mit einem Anwachsen der revolutionären Arbeiterbewegung verbunden war. Die Fabrikanten griffen heuchlerisch Arbeiterforderungen auf (Monat einer Arbeitsruhe für die Arbeiter); damit gelang es ihnen, vorübergehend die Arbeiter zum Kampf gegen die Korngesetze zu gewinnen, deren Abschaffung der Bourgeoisie die Handelsfreiheit sichern sollte. Als jedoch die Arbeiter eigene soziale Forderungen stellten, ging die Bourgeoisie auf die Seite der Regierungstruppen über und ließ die Führer der Chartistenbewegung verhaften. Die Folge dieser Niederlage war die Spaltung der Chartistenbewegung, die von nun an eine reine Arbeiterbewegung wurde. Über die Bedeutung des Chartismus, der nach 1848 zerfiel, sagte Lenin, daß „England der Welt die erste wirkliche, breite, politisch klar ausgeprägte, proletarisch-revolutionäre Massenbewegung... gab" (Lenin, Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Band II, S. 551). 186 188 95 Freijeister - Anspielung auf die „Freien". So nannte sich in der ersten Hälfte der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts ein junghegelianischer Zirkel Berliner Literaten, dessen Kern Bruno Bauer, Edgar Bauer, Eduard Meyen, Ludwig Buhl, Max Stirner und andere bildeten. Bereits 1842 kritisierte Marx in seinen Briefen die „Freien" und weigerte sich, ihre inhaltslosen und anspruchslosen Artikel in der von ihm redigierten „Rheinischen Zeitung" zu veröffentlichen. 186 96 Siehe Marx, „Zur Judenfrage" und „Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung", sowie Engels* „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie" in Bd. 1 unserer Ausgabe. 191 97 Der Bluntschlibericht - Bezeichnung für das Buch „Die Kommunisten in der Schweiz nach den bei Weitling vorgefundenen Papieren. Wörtlicher Abdruck des Kommissionalberichtes an die H. Regierung des Standes Zürich", Zürich 1843. Verfasser dieser Schrift, die anonym erschien, war der Schweizer Jurist und reaktionäre Politiker Johann Caspar
Biuntschli. — Lorenz von Stein schrieb das Buch „Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs." 191 98 Congregatio de Propaganda jide (Kongration zur Verbreitung des Glaubens) - vom Papst gegründete katholische Organisation, deren Ziel die Verbreitung des Katholizismus in allen Ländern und der Kampf gegen die Ketzer war. Die Kongregation war eines der Werkzeuge der reaktionären Politik des Papsttums und der katholischen Kreise. 195 99 „Kritik, in Buchbindermeistergestalt" — so nannten Marx und Engels in der „Heiligen Familie" ironisch Carl Reichardt. In Heft I und II der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" war Reichardts Artikel „Schriften über den Pauperismus" veröffentlicht worden, in welchem der Artikel „Die Gründe des wachsenden Pauperismus" aus A. T. Wönigers Buch „Publicistische Abhandlungen"[kritisiert wurde. 201 100 Eden, „The State of the Poor: or, an history of the labouring classes in England" [Die Lage der Armen oder eine Geschichte der arbeitenden Klassen in England]. 201 101 Aus Shakespeares „Timon von Athen", vierter Aufzug, dritte Szene. 212 102 Der Verfasser der „Le?ons sur l'industrie et les Finances" [Vorlesungen j über die Industrie und die Finanzen] ist Pereire. 213 108 Barataria - imaginäre Insel, auf der in Cervantes' „Don Quijote" Sancho Pansa als Statthalter eingesetzt wird. 215 104 Dioskuren - Gestalten aus der griechischen Mythologie, die Zwillingsbrüder Kastor und Pollux. Sie galten als Sternbild (Zwillinge) für die Beschützer der Seeleute. 215 105 banquerouie cochonne (schludriger Bankrott) - die 32. der von Fourier unterschiedenen 36 Bankrottarten. In seinem nicht vollendeten Werk „Des trois Unit£s externes" [Uber die drei äußeren Einheiten] definiert Fourier die 32. Art wir folgt: „Der schludrige Bankrott ist der Bankrott eines einfachen Menschen, der, statt nach den allgemeinen Regeln zu handeln, seine Frau, seine Kinder und sich selbst dem Ruin preisgibt, wobei er sich sowohl dem Zugriff der Justiz als auch der Verachtung der Freunde des Handels aussetzt, die nur einen Bankrott gelten lassen, bei dem man sein Schäfchen ins Trockne bringt und sich an die großen Grundsätze hält. Im Handelsjargon sagt man von einem Bankrotteur, der seine Frau und sich selbst ruiniert: ,So etwas nennt man nicht arbeiten, sondern schludern.'" 218 106 Middleman bedeutet allgemein Mittelsmann, Makler, Zwischenhändler. In Irland gab es ZwischenpäcA/er oder, wie sie von Engels bezeichnet werden, Oherpächter. Diese pachteten Land bei den Grundeigentümern und gaben es dann in kleinen Parzellen zu einem höheren Pachtpreis in Unterpacht. „Der Oberpächter ist dem Grundherrn für die Pacht verantwortlich, er läßt also pfänden" (Engels). In Irland standen zwischen dem Grundeigentümer und denen, die den Boden tatsächlich bearbeiteten, oft bis zu einem Dutzend solcher Mittelsmänner. 231 107 Der Spruch „Erkenne dich selbst" stand am Eingang zum Tempel des Apollo in Delphi, einer altgriechischen Stadt am Berghang des Parnasses. 232 108 Nach Benthams idealistischer Ethik gelten diejenigen Handlungen eines Menschen für moralisch, in deren Ergebnis die Summe der Freuden die Summe der Leiden übersteigt. Die Aufstellung langer Listen von Freuden und Leiden und ihre Ausbalancierung mit dem Ziel, die Moralität einer Handlung zu bestimmen, nennen Marx und Engels die „Benthamsche Buchführung". Eine Einschätzung Benthams durch Marx findet sich im „Kapital", Berlin 1957, Band I, Seite 640. 242
109 Moabit und Köpenick- hvhert Vororte von Berlin, deren Eingemeindung 1861 bzw. 1920 erfolgte. _ Hamburger Tor - Stadttor an der damaligen nördlichen Stadtgrenze von Berlin, das mit der Stadtmauer zusammen in den Jahren 1860-1880 abgetragen wurde. Es befand sich an der Stelle, wo heute die Kleine Hamburger Straße auf die Wilhelm-Pieck-Straße stößt. 246 110 Eckensteher Nante - Figur aus K. von Holteis Drama „Das Trauerspiel in Berlin"; auf Grund dieses Vorbildes hat der bekannte deutsche Komiker F.Beckmann einen volkstümlichen Schwank „Der Eckensteher Nante im Verhör" geschaffen. Der Name Nante wurde zum Begriff für einen schwatzhaften, philosophierenden Spaßvogel, der bei jeder Gelegenheit platte Witze im Berliner Jargon von sich gibt. 253 111 Blocksberg - Gipfel des Harzer Bergmassivs in Mitteldeutschland; nach Volkslegenden ist der Blocksberg der Ort der Walpurgisnacht, wo sich die Hexen zu ihrem Hexensabbath versammeln. Den Namen „Blocksberg" tragen auch mehrere Höhen in Mecklenburg und Mitteldeutschland; mit ihm sind abergläubische Vorstellungen von „bösen Geistern" verbunden. 263 112 Prokrustes - Gestalt eines Räubers aus der griechischen Sage, der alle, die in seine Hände fielen, auf ein Bett legte. Waren sie zu kurz, „streckte" er sie mit dem Hammer; waren sie zu lang, kürzte er sie mit Gewalt. Prokrustesbett wird sprichwörtlich gebraucht für eine Zwangslage oder für ein Schema, in das etwas gewaltsam eingezwängt wird. 266 113 Siehe Klopstock, „Der Messias". 266 114 Aus dem Artikel von Szeliga, „Eugeji Sue: ,die Geheimnisse von Paris'" in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung", Heft VII. 276 115 „Der Sohn der Wildniß" - Drama von Friedrich Halm, das zum erstenmal im Jahre 1842 aufgeführt wurde. Im Buchhandel erschien es 1843. 284 116 Spanso-Bocho - eine der grausamsten körperlichen Züchtigungen, die von den Kolonisatoren in Surinam (Südamerika) angewandt wurde. Charles Comte beschreibt in seinem Werk „Trait^ de Legislation" [Abhandlung über die Gesetzgebung], Seite 392 diese Tortur folgendermaßen: „Man bindet dem Verurteilten die Hände und zwingt ihn, die Knie zwischen die Arme zu stecken. Dann legt man ihn auf die Seite und hält ihn so fest, verschnürt wie ein Backhuhn, mittels eines in die Erde gesteckten Pfahls, an dem er angebunden wird. In dieser Lage kann er sich nicht mehr bewegen, als wenn er tot wäre. Dann schlägt ihn ein mit einer Handvoll knotiger Tamarindenzweige bewaffneter Neger, bis sich die Haut ablöst; er dreht ihn sodann auf die andere Seite, schlägt ihn von neuem, und das Blut tränkt die Erde am Exekutionsplatz. Nach Beendigung der Exekution wäscht man den Unglücklichen, um das Brandigwerden des Fleisches zu verhindern, mit Zitronensaft, in dem man Schießpulver aufgelöst hat. Nachdem auch diese Prozedur beendet ist, schickt man ihn in seine Hütte zurück, damit er sich heile, falls ihm das noch möglich ist." 289 117 Im Jahre 1791 brach auf der Insel Haiti ein Aufstand der Negersklaven aus, der bis 1793 andauerte. Die Aufständischen mit Toussaint-Louverture an der Spitze kämpften gegen die Plantagenbesitzer und Kolonisatoren für Freiheit, Boden und Unabhängigkeit. Durch ihren Kampf erzwangen sie die Aufhebung der Sklaverei. 290
118 Historische [Rechts]schtde - reaktionäre Richtung in der Geschichts- und Rechtswissenschaft, die in Deutschland Ende des 18. Jahrhunderts aufkam. Romantiker (reaktionärer Romantismus) — der historischen Rechtsschule verwandte ideologische Richtung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine Charakteristik dieser Richtungen findet sich in folgenden Artikeln von Marx: „Das philosophische Manifest der historischen Rechtsschule" und „Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung" (Bd. 1 unserer Ausgabe). 296 119 Aus Chamissos Gedicht „Tragische Geschichte". 299 120 Zehn Tafeln - ursprüngliche Variante des Gesetzes der „Zwölf Tafeln" (lex duodecim Tabularum), des ältesten gesetzgeberischen Denkmals des römischen Sklavenhalterstaates. Das Gesetz wurde im Ergebnis des Kampfes der Plebejer gegen die Patrizier in der Periode der Republik Mitte des 5. Jahrhunderts v. u. Z. angenommen; es diente als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung des-römischen Privatrechts. 300 121 Stehely - Konditoreibesitzer in Berlin, in dessen Lokal sich in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts radikal eingestellte Bürger zu treffen pflegten, darunter vor allem auch Schriftsteller. 307 122 Nach Goethes „Faust", I.Teil, 2. Studierzimmerszene, wo es heißt: „Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ew'ge Krankheit fort". 312 123 In Goethes „Faust", I. Teil, 1. Studierzimmerszene heißt es: „Das Etwas, diese plumpe Welt". 313 124 Aus Heines Gedicht „Berg-Idylle". 316 125 Bei den hier erwähnten Schriften handelt es sich um folgende Titel: Edgar Bauer, „Die liberalen Bestrebungen in Deutschland", Schlosser, „Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturz des französischen Kaiserreichs", Moses Heß, „Die europäische Triarchie", die Rede von Guizot in der französischen Pairskammer, Nauwerck, „Über dieTheilnahme amStaate". Der Verfasser der „Emilia Galötti" ist Lessing. 319 126 Leges barbarorum (Barbarengesetze) - entstanden im 5. bis 9. Jahrhundert und waren im wesentlichen eine Niederschrift des Gewohnheitsrechts der verschiedenen germanischen Stämme (Franken, Friesen u. a.). Consuetudines feudorum — eine im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts in Bologna entstandene Zusammenstellung des mittelalterlichen Lehenrechts. Jus talionis - das Recht der Wiedervergeltung durch Gleiches (Auge um Auge, Zahn um Zahn); auch die Bestrafung des Verbrechers an dem Glied, mit dem er gefrevelt hat (z.B. Abhauen der Schwurhand des Meineidigen). Getoere — die Grundlage des älteren germanischen Sachenrechts, der abschließende Akt der Eigentumsübertragung. Compensatio - die gegenseitige Aufrechnung einer Forderung und einer Gegenforderung. Satisfactio - Genugtuung oder Buße für ein Vergehen; auch die Abfindung eines Gläubigers durch eine andere Leistung als die geschuldete. 325 127 Heilige Hermandad - Bund spanischer Städte, der Ende des 15. Jahrhunderts unter Mitwirkung königlicher Behörden.gegründet wurde, die sich bemühten, die Bourgeoisie im Kampf gegen die großen Feudalherren im Interesse des Absolutismus auszunutzen. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts ab übten die bewaffneten Kräfte der „Heiligen Herman
dad" Polizeifunktionen aus. Im übertragenen, ironischen Sinne bezeichnete man später mit „Heiliger Hermandad" die Polizei. 327 128 Spandau, der jetzige Stadtteil von Groß-Berlin war damals eine selbständige befestigte Stadt. Die in der auf einer Havelinsel gelegenen Zitadelle inhaftierten Gefangenen wurden zur Arbeit beim Festungsbau eingesetzt. 327 129 Der Verfasser des „Appel k la France contre la division des oppinions" [Appell an Frankreich gegen die Uneinigkeit der Meinungen] ist Lourdoueix. 330 130 Septembergesetze - reaktionäre Gesetze, die im September 1835 von der französischen Regierung unter Berufung auf das am 28. Juli auf den König Louis-Philippe verübte Attentat erlassen worden waren. Sie beschränkten die Tätigkeit der Geschworenengerichte und führten strenge Maßnahmen gegen die Presse ein. Für die Presse sahen sie die Erhöhung der Kautionen für periodisch erscheinende Druckerzeugnisse vor und führten Gefängnishaft und hohe Geldstrafen für Publikationen gegen das Eigentum und die bestehende Staatsordnung ein. 330 131 Magna Charta^Magna Charta Libertatum) - Urkunde, die dem englischen König Johann ohne Land durch die von Rittern und Städten unterstützten aufständischen großen Feudalherren (den Baronen) vorgelegt wurde. Die am 15. Juni 1215 auf der Runnymede-Wiese an der Themse unterzeichnete Charta schränkte die Rechte des Königs vor allem zugunsten der großen Feudalherren ein und enthielt gewisse Zugeständnisse an die Ritterschaft und die Städte; der Hauptmasse der Bevölkerung, den leibeigenen Bauern, brachte die Charta keinerlei Rechte. 337 132 Habah.uk ~ biblischer Prophet. Das Buch des Propheten Habakuk stellt ein Gemisch der verschiedensten Anschauungen dar und ist der Ausdruck völliger geistiger Ohnmacht und der Unfähigkeit, die umgebende Wirklichkeit zu begreifen. 338 133 Anspielung darauf, daß Stirner im Sommer 1845 versuchte, durch die Eröffnung eines Milchhandels seine Existenz zu sichern, da sich seine schriftstellerische Betätigung in finanzieller Hinsicht als Fehlschlag erwiesen hatte. Für die Milch fanden sich zwar Lieferanten, aber keine Käufer; so landeten die sauer gewordenen Vorräte in der Gosse. 342 134 Siehe Nassau William Senior: „Three Lectures on the Rate of Wages" [Drei Vorlesungen über die Lohnrate]. 344 135 Die Heilige Allianz war ein Bund der konterrevolutionären Mächte gegen alle fortschrittlichen Bewegungen in Europa. Sie wurde am 26. September 1815 in Paris auf Initiative Alexanders I. von Rußland, Österreich und Preußen gegründet. Ihr schlössen sich die meisten europäischen Staaten an; England trat formal nicht bei. Das grundlegende Dokument, die „Akte der Heiligen Allianz", war in einem religiösen, mystischen Ton abgefaßt. Die der Heiligen Allianz angeschlossenen Staaten verpflichteten sich zur gegenseitigen Unterstützung bei der Unterdrückung aller revolutionären Volksbewegungen, wo immer sie ausbrechen sollten. Die Heilige Allianz wurde aber durch die immer stärker werdenden revolutionären Bewegungen erschüttert. Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre verfiel sie faktisch. 345 136 Pandekten - griechische Bezeichnung (lat. Digesta - Gesammeltes) des wichtigsten Teils des römischen Rechts. Sie waren eine Zusammenstellung von Auszügen aus den Werken römischer Rechtsgelehrter und spiegelten die Interessen der Sklavenhalter wider. Veröffentlicht wurden sie unter dem byzantinischen Kaiser Justinian. 347 137 Seehandlung- „Preußische Seehandlungsgesellschaft". Sie wurde 1772 als Handelskreditgesellschaft gegründet, die mit einer Reihe wichtiger staatlicher Privilegien ausgestattet
wurde. Sie stellte der Regierung große Darlehen zur Verfügung und spielte faktisch die Rolle ihres Bankiers und Maklers. Durch Edikt vom 27. Oktober 1810 wurden Aktien und Obligationen der Gesellschaft in Staatsschuldscheine umgewandelt und damit die Gesellschaftsform beseitigt. Aus der Preußischen Seehandlungsgesellschaft wurde die preußische Staatsbank. 358 138 Levons-nous! (Erheben wir uns!) - aus der Devise der revolutionär-demokratischen Wochenschrift „R^volutions de Paris", deren gesamter Text lautete: „Die Großen erscheinen uns nur deshalb groß, weil wir selbst auf den Knien liegen. Erheben wir uns!" Die Wochenschrift erschien von Juli 1789 bis Februar 1794 in Paris. 363 139 Phalansterien — „Phalanstere war die Bezeichnung für die von Charles Fourier geplanten sozialistischen Kolonien" (Engels). (Siehe auch Anm. 142.) 364 140 „Hinkende Botten" (auch: „...Boten") waren eine publizistische Form ähnlich einem Kalender oder Almanach, die um 1590 entstand als eine Ergänzung zu den „Neuen Zeitungen". Die letzteren brachten überstürzte und daher oft falsche Nachrichten. Die „Hinkenden Boten" dagegen faßten die Ereignisse des Jahres rückschauend zusammen und legten mehr Wert auf die Wahrhaftigkeit als auf die Aktualität der Berichterstattung. Ihrer Langsamkeit wegen wurden sie oft verspottet. Karikaturen (Holzschnitte) zeigen einen Krüppel, der verkehrt auf einem alten klapprigen Gaul sitzt, während der Postreiter auf einem feurigen Pferd an ihm vorbeisprengt. 368 141 Das von Mozart begonnene Requiem wurde von Franz Xaver Süßmayer vollendet. 377 142 Organisateure der Arbeit - utopische Sozialisten (insbesondere Fourier und seine Schüler), Anhänger eines utopischen Plans zur Umgestaltung der Gesellschaft durch Reformen, durch die sogenannte „Organisierung der Arbeit", die sie der Anarchie der Produktion unter dem Kapitalismus gegenüberstellten. 377 143 Vaudeville - satirisches Volkslied über ein Tagesereignis nach bekannter Melodie. 378 144 jede Ermittlung der Vaterschaft ist untersagt - aus dem Artikel 340 des „Code Napoleon". 383 145 Aus dem Hochzeitslied in Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz", deren Text Franz Kind dichtete. 383 146 Willenhall - Kleinstadt in der Grafschaft Staffordshire in England, ein Zentrum der Eisenindustrie. 385 147 Anspielung darauf, daß Max Stirner sein Buch seiner Frau Marie Dähnhardt gewidmet hat. Das „Titelgespenst ihres Buchs" ist Stirners eigene Formulierung. In seinem Werk „Der Einzige und sein Eigenthum" bezieht Stirner diesen Ausspruch auf Bettina von Arnim bezüglich ihrer Schrift: „Dies Buch gehört dem König". 385 148 Siehe Godwin, „Enquiry Concerning Poütical Justice, and its Influence on Morals and Happiness" [Untersuchung über politische Gerechtigkeit und ihren Einfluß auf Moral und Glückseligkeit], 387 149 Es ist die Rede von einer der wichtigsten Thesen aus der Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte („D&laration des droits de l'homme et du citoyen") aus dem Jahre 1793, die von Robespierre verfaßt und vom Konvent in „der Periode der revolutionär-demokratischen Diktatur der Jakobiner angenommen wurde. Ein Artikel der Deklaration lautete: „Wenn die Regierung die Rechte des Volkes verletzt, ist der Aufstand das heiligste Recht und die unbedingte, unerläßlichste Pflicht des ganzen Volkes und jedes einzelnen seiner Teile." 387
150 Siehe Ricardo, „On the Principles of Political Economy and Taxation" [Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung]. 388 151 Siehe Heines „Sonettenkranz an A.W. von Schlegel" im „Buch der Lieder". 391 152 Der Zollverein (Preußisch-deutscher Zollverein) - eine wirtschaftspolitische Vereinigung deutscher Einzelstaaten unter preußischer Führung zur Beseitigung der Binnenzölle und zur gemeinsamen Regelung der Grenzzölle. Er wurde am 1. Januar 1834 von Preußen und anderen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes gebildet. Österreich und einige kleine Staaten traten dem Zollverein nicht bei. 396 188 Aus Goethes „Faust", I. Teil, Osterspaziergang. 400 354 Humanus — Gestalt aus Goethes unvollendetem Gedicht „Die Geheimnisse". 400 165 Siehe Fourier, „Theorie de l'Unit6 universelle" [Theorie der universellen Einheit]. Diese Arbeit erschien im 2.-5. Band der „OEuvres completes de Ch. Fourier" [Sämtliche Werke Ch. Fouriers] und stellt eine spätere Neubearbeitung der Schrift „Trait6 de I'Association domestique-agricole" [Abhandlung über die hauswirtschaftlich-landwirtschaftliche Vereinigung] dar. 401 159 Die kyrenäische Schule wurde von dem griechischen Philosophen Aristippos (um 400 v. u. Z.) in seiner Vaterstadt Kyrene gegründet. Aristippos bestimmte als das höchste Gut die sinnliche und geistige Lust (Hedonismus), die aber von der inneren Freiheit beherrscht sein muß. 402 157 Aramäischer Dialekt — die Aramäer waren semitische Völkerschaften, die im 2. Jahrhundert v. u. Z. Nordsyrien besiedelten. Ihr Dialekt wurde zu Beginn unserer Zeitrechnung allgemein in Palästina gesprochen; seit dem 7. Jahrhundert wurde er durch das Arabische verdrängt. 412 158 Aus Goethes „Faust", I. Teil, dritte Szene. 420 159 Lebermeer - sagenhaftes, geronnenes Meer, in dem die Schiffe steckenbleiben. 435 160 Aus Calderons „La puente de Mantible" [Die Brücke von Mantible], erster Akt. 436 161 Siehe Oelckers, „Die Bewegung des Socialismus und Communismus". 442 102 Die Tories waren eine Partei, die sich erst nach der Restauration der Stuarts, die 1660 auf den englischen Thron zurückgekehrt waren, gebildet hatte. Sie vertraten nur den Landadel und standen politisch auf dem Boden des absoluten Königtums, waren also von den englischen Parteien diejenige, der an der Durchsetzung der Konstitution die geringsten Verdienste zukamen. Diese hatte vielmehr den Interessen der heranwachsenden Bourgeoisie entsprochen, deren Sieg in der Revolution durch die starke und entschiedene Beteiligung der Volksmassen gesichert worden war. 442 163 Jungdeutsche Belletristen - die literarische Bewegung Junges Deutschland, eine Gruppe liberal gesinnter Schriftsteller und Kritiker, die sich in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts in Deutschland herausbildete und zeitweise unter dem Einfluß von Heine und Börne stand. Die Schriftsteller des Jungen Deutschland (Gutzkow, Laube, Wienbarg, Mündt und andere), die in ihren belletristischen und publizistischen Werken die oppositionellen Stimmungen des Kleinbürgertums widerspiegelten, traten für Gewissens- und Preßfreiheit ein. Die Anschauungen der Jungdeutschen waren durch ideologische Unreife und politische Unbestimmtheit gekennzeichnet; die meisten von ihnen entarteten bald zu bürgerlichen Liberalen. Nach 1848 zerfiel die Gruppe. 443
164 Die „Rheinischen Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform" wurden von Hermann Püttmann herausgegeben. Es erschienen nur zwei Bände, der erste im August 1845 in Darmstadt, der zweite Ende 1846 in dem kleinen Ort Belle-Vue bei Konstanz, an der deutschschweizerischen Grenze. In dem Bestreben, Stützpunkte für die Propaganda ihrer kommunistischen Anschauungen in Deutschland zu gewinnen, hielten Marx und Engels es für notwendig, die Zeitschrift für diesen Zweck auszunutzen. Der erste Band enthält die Reden von Engels auf den Versammlungen in Elberfeld am 8. und 15. Februar 1845 (Elberfelder Reden) und der zweite Band den Artikel „Das Fest der Nationen in London" (siehe Bd. 2 unserer Ausgabe, S. 536-557 und 611-624). Die allgemeine Richtung der Jahrbücher wurde jedoch durch die beteiligten Vertreter des „wahren" Sozialismus bestimmt. 445 165 Es handelt sich um einen Artikel von Hermann Semmig. 445 168 Siehe Moses Heß* Artikel „Ueber die Noth in unserer Gesellschaft und deren Abhülfe" aus dem „Deutschen Bürgerbuch für 1845", S. 22-48. „Deutsches Bürgerbuch für 1845" - von H. Püttmann im Dezember 1844 in Darmstadt herausgegebenes Jahrbuch. Die allgemeine Richtung des Jahrbuches wurde durch die Mitarbeit von Vertretern des „wahren" Sozialismus bestimmt. Das „Deutsche Bürgerbuch für 1846" erschien im Sommer 1846 in Mannheim. 446 167 Abgewandeltes Zitat aus Heine, „Lyrisches Intermezzo", 50. Gedicht. 447 108 Leveller (Gleichmacher) - so nannte sich während der englischen Revolution eine politische Gruppe, die aus Handwerkern und Bauern bestand und großen Einfluß unter den Soldaten der Cromwellschen Armee erlangte. Sie vertraten die Ansicht, daß die Menschen von Geburt aus frei und einander gleich seien. Sie forderten allgemeines Wahlrecht, Abschaffung des Königtums und Rückgabe der „eingezäunten" Ländereien an die Bauern. Gleichzeitig waren sie entschiedene Verteidiger des Privateigentums und wollten den Arbeitern und Dienstboten als Nichtbesitzenden das allgemeine Wahlrecht vorenthalten. Infolge dieser Stellungnahme der Levellei und infolge der durch Not, Hunger und Zerrüttung hervorgerufenen Leiden des Volkes spalteten sich von der Partei der Leveller die wahren Leveller oder Digger (die Grabenden) ab. Diese vertraten den Standpunkt, daß das arbeitende Volk die Gemeindeländereien bewirtschaften solle, ohne Pacht zu zahlen. In einigen Dörfern besetzten sie aus eigener Machtvollkommenheit nichtbewirtschaftete Ländereien und gruben sie für die Saat um. Als sie von den Soldaten Cromwells auseinandergetrieben wurden, leisteten sie keinen Widerstand, denn sie wollten in diesem Kampfe nur friedliche Mittel anwenden und vertrauten auf die Kraft der Überzeugung. 448 169 Siehe Chastellux, „De la F6licit6 publique" [Über das Glück der Allgemeinheit]. 448 170 Cabet, „Voyage en Icarie, roman philosophique et social" [Reise nach Ikarien, philosophischer und sozialer Roman]. Zweite Ausgabe, Paris, 1842. Die erste Ausgabe seines Buches gab Cabet 1840 in zwei Bänden unter dem Titel heraus: „Voyage et Aventures de Lord William Carisdall en Icarie" [Reise und Abenteuer von Lord William Carisdall in Ikarien"]. 448 171 systane de la nature - diese Stelle enthält einen Hinweis auf das Werk „Systeme de la Nature" des französischen Materialisten Paul-Henri-Dietrich d'Holbach, das dieser aus Konspirationsgründen mit dem Namen des 1760 verstorbenen Sekretärs der Acad6mie Frttoifaise G.B.Mirabaud zeichnete. 448 172 Aus Heines Gedicht „Verkehrte Welt" aus dem Zyklus „Zeitgeschichte". 454
1,3 Humaniora — Gesamtheit der Lehrdisziplinen, deren Unterweisung das Studium der klassischen antiken Kultur zum Ziel hat; die Humanisten der Renaissance und ihre Schüler hielten diese Disziplinen für die Grundlage der humanistischen Bildung und Erziehung. 454 174 Aus Heines „Deutschland, ein Wintermärchen". Kaput VII. 457 175 Es handelt sich um einen Artikel von Rudolph Matthäi. 458 176 Refrain eines deutschen Kinderliedchens. 465 177 Hier ist die Rede von dem Sammelband „Neue Anekdota", der Ende Mai 1845 in Darmstadt erschien. Dieser Sammelband enthielt von der Zensur verbotene Zeitungsartikel von Moses Heß, Karl Grün, Otto Lüning u. a., die vorwiegend in die erste Hälfte des Jahres 1844 fallen. Sehr bald nach dem Erscheinen dieses Bandes äußerten Marx und Engels, wie aus einem Brief an Heß hervorgeht, eine Reihe sehr kritischer Bemerkungen, die seinen Inhalt betrafen. 472 178 Rhadamanthys - Typ eines unerbittlichen Richters aus der griechischen Mythologie. 473 179 Abgewandeltes Zitat aus Mozarts „Zauberflöte", II. Akt, Arie des Sarastro. 475 180 Siehe Moses Heß, „Socialismus und Communismus". 476 181 Lerminier, „Philosophie du Droit" [Philosophie des Rechts]. 476 182 Hotel de Ville - Rathaus; hier das Pariser Rathaus. Palais Bourbon - das in Paris am Quai d'Orsay befindliche Gebäude der französischen Deputiertenkammer. Das Palais befand sich bis zur Revolution im Besitz der Bourbonen und wurde 1790 zum Nationaleigentum erklärt. In der Restaurationszeit begann hier die Kammer der Deputierten zu tagen. 477 188 Reybaud, „Etudes sur les r£formateurs ou socialistes modernes" [Studien über die Reformatoren oder modernen Sozialisten]. 480 184 Siehe den Artikel „Ä un Catholique. Sur la vie et le caractere de Saint-Simon" [An einen Katholiken. Über das Leben und den Charakter Saint-Simons] in der genannten Nummer des „Organisateur". „UOrgamsateur" — Tageszeitung der saint-simonistischen Schule; erschien in den Jahren 1829-1831 in Paris. 481 185 Dieses Werk Saint-Simons wurde 1802 geschrieben und 1803 anonym in Paris herausgegeben. 485 186 Die erste Ausgabe dieses Werkes von Saint-Simon erschien unter dem Titel „Catechisme des industriels" [Katechismus der Industriellen] 1823-1824 in Paris in 3 Heften. 488 187 Die feudale oder die Klasse des Adels ist nach Saint-Simon der alte Feudaladel. Die mitilere oder Zwischenklasse setzte sich vor der Revolution von 1789 zusammen aus den juristischen Beratern der Regierung, den bürgerlichen Militärs und den bürgerlichen Grundbesitzern, die zu ihrem Besitz nur die Beziehung des Rentiers haben. Diese Zwischenklasse habe sich 1789 des Volkes bedient, um die Revolution entsprechend ihrem Interesse zu machen. Nach der Revolution beherrsche sie Volk und Staat und leiste nichts Nützliches mehr für die Gesellschaft. Zur Klasse der Industriellen gehören alle diejenigen, die materielle Güter produzieren oder produzieren lassen, und diejenigen, die mit der Zirkulation dieser Güter beschäftigt sind. Sie bilden drei große Gruppen: die Bauern, die Fabrikanten und die
36 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Kaufleute. Diese Klasse der Industriellen ist die wichtigste Gesellschaftsklasse, sie allein leistet Nützliches für die Gesellschaft und sollte deshalb in ihr den ersten Platz einnehmen und auch die Staatsgeschäfte führen. Siehe hierzu : Saint-Simon, „Catechisme politique des industriels". 489 188 „Le Producteur" - erstes Presseorgan der saint-simonistischen Schule; die Zeitschrift wurde 1825/26 in Paris herausgegeben. 494 189 „Le Globe" -Tageszeitung, die in den Jahren 1824-1832 in Paris erschien. Vom 18. Januar 1831 an war sie das Organ der saint-simonistischen Schule. 495 190 Siehe Karl Rosenkranz' Artikel „Ludwig Tieck und die romantische Schule" in den „Hallischen Jahrbüchern" Jahrgang 1838, Nr. 155-158 und 160-163. 496 191 Minilmontant - damals Vorort, jetzt das 20. Arrondissement (Stadtbezirk) von Paris. Dort besaß Enfantin, der „oberste Vater" der Saint-Simonisten ein Gut, auf das er sich 1832 nach dem Streit mit Bazard mit etwa 40 seiner Getreuen zurückzog; mit ihnen versuchte er hier, eine Arbeitskommune zu gründen. 497 192 Es handelt sich um B.P.Enfantins Schrift „Economie politique et Politique" [Politische Ökonomie und Politik], die 1831 in Paris als Buch veröffentlicht worden war, während sie ursprünglich als Artikelreihe in der Zeitung „Le Globe", Jahrgang 1831, erschien. 497 193 „Le Livre nouveau" [Das neue Buch] ist eine Handschrift mit einer Darlegung der Lehre der Saint-Simonisten, die nach Absicht ihrer Verfasser zur „neuen Bibel" der saintsimonistischen Religion werden sollte. Sie wurde 1832 auf den Sitzungen der Führei gruppe der saint-simonistischen Schule mit Enfantin an der Spitze verfaßt. Angaben über das „Livre nouveau" und Auszüge daraus finden sich in Reybaud, „Etudes sur les r£formateurs ou socialistes modernes" [Studien über die Reformatoren oder modernen Sozialisten]. 497 194 Die erste Auflage des Fourierschen Werkes „Th^ories des quatre mouvements et des destinöes g£n6rales" [Theorien der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen] erschien anonym 1808 in Lyon. Um Schwierigkeiten mit der französischen Polizei aus dem Wege zu gehen, war als Druckort Leipzig angegeben. 498 195 Siehe Churoa, „Kritische Darstellung der Socialtheorie Fourier's". 499 196 Siehe das Epigramm „Die Philosophen" in Schillers Werken. 511 197 „Vorwärts!" - deutsche Zeitung, erschien von Januar bis Dezember 1844 zweimal wöchentlich in Paris. An der Zeitung arbeiteten Marx und Engels mit. Unter dem Einfluß von Marx, der vom Sommer 1844 an eng in der Redaktion der Zeitung mitarbeitete, begann diese, kommunistischen Charakter anzunehmen; die Zeitung kritisierte scharf die reaktionären Zustände in Preußen. Auf Verlangen der preußischen Regierung verfügte das Ministerium Guizot im Januar 1845 die Ausweisung von Marx und von einigen weiteren Mitarbeitern der Zeitung aus Frankreich; der „Vorwärts!" stellte daraufhin sein Erscheinen ein. In den Nummern 72 und 73 erschien der Artikel „Auszüge aus Morelly's Code de la Nature", in der Nr. 87 der Artikel „Friedrich Wilhelm IV. und Morelli". 517 198 Siehe die Artikel Karl Grüns: „Feuerbach und die Socialisten" in: „Deutsches Bürgerbuch für 1845" sowie „Politik und Socialismus" in „Rheinische Jahrbücher", 1845, S. 98-144. 518
109 „Die Neue Welt oder das Reich des Geistes auf Erden. Verkündigung", Genf 1845. In dieser Schrift werden Lektionen veröffentlicht, die G. Kuhlmann in den Weitlingschen Gemeinden der Schweiz gehalten hat. Eine Charakteristik dieses Buches siehe in Engels' Artikel „Zur Geschichte des Urchristentums" (1894). Das Manuskript des nächsten, fünften Kapitels des zweiten Bandes der „Deutschen Ideologie" („V. Der Dr. Georg Kuhlmann aus Holstein, oder die Prophetie des wahren Sozialismus") ist von der Hand Weydemeyers geschrieben und trägt am Schluß den Vermerk „M.Heß". Dieses Kapitel wurde wahrscheinlich von -Heß entworfen, von Weydemeyer umgeschrieben und von Marx und Engels endgültig redigiert. 521 200 Les attractions sont proportionelles aux destinnies - Zitat aus dem Werk von Fourier „Theorie des quatre mouvements et des destin6es g6n6rales". Danach handelt es sich einerseits um die Neigungen der Menschen, bestimmte berufliche Fähigkeiten auszuüben, und andererseits um die göttlichen Gesetze, die die Welt regieren. 525 201 piecer an einem selfactor - der selfactor ist ein automatisch arbeitender Teil der Spinnmaschine; piecer — ein junges Mädchen, das die Maschine beaufsichtigt und die gerissenen Fäden wieder zusammenknüpft. 543
Literaturverzeichnis einschließlich der von Marx und Engels erwähnten Schriften
Bei den von Marx und Engels zitierten Schriften werden, soweit sie sich feststellen ließen, die vermutlich von ihnen benutzten Ausgaben angegeben. In einigen Fällen, besonders bei allgemeinen Quellen- und Literaturhinweisen, werden neuere Ausgaben der Schriften angegeben. Einige Quellen konnten nicht ermittelt werden.
I. Werke und Aufsätze genannter und anonymer Autoren
Alexis, W[iUibald] [Wilhelm Häring] „Cabanis". Roman in 6 Büchern, Berlin 1832. 319 „Amadis des Gaules" [Amadis von Gallien], Amsterdam 1750. 326 „Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistik" von Bruno Bauer, Ludwig Feuerbach, Friedrich Koppen, Karl Nauwerck, Arnold Rüge und einigen Ungenannten, hrsg. von Arnold Rüge, Bd. 1-2, Zürich und Winterthur 1843. 143 1 75 319 „Appel ä la France contre la division des oppinions" siehe [Lourdoueix, Henri Je] Aristoteles „Metaphysik", übers, und erl. von Eugen Rolfes, Leipzig 1904. 126 „Aristoteles über die menschliche Seele", aus dem Griech. übers, und mit Anm. begleitet von M.W.Voigt, Leipzig 1803. 126 Arndt, Ernst Moritz „Erinnerungen aus dem äußeren Leben", Leipzig 1840. 335 Arnim, Bettina von „Dies Buch gehört dem König", Bd. 1 -2, Berlin 1843. 319 „A un Catholique. Sur la vie et le caractere de Saint-Simon" [An einen Katholiken. Über das Leben und den Charakter Saint-Simons]. In: „L'Organisateur", Nr. 40 vom 19. Mai 1830. 481 t,Auszüge aus Morellys Code de la nature". In: „Vorwärts!" Pariser Deutsche Zeitschrift, Nr. 72 und 73, 1844. 517 [Bacon, Francis] Francisci Baconi Baronis de Verulamio „De dignitate et augmentis scientiarum ' [Üb er die Würde und den Fortgang der Wissenschaften], Wirceburgi 1779. 156 - „The Essays or Councels, Civill and Morail" [Bürgerliche und moralische Aufsätze oder Ratschläge], London 1625. 156 - „Novum Organum" [Neues Organon], London 1620. 156
[Bauer, Bruno] „Charakteristik Ludwig Feuerbachs". In: „Wigand's Vierteljahrsschrift", Bd. 3, 1845. 43 45 70 78 81 82 84-100 349 437 438 - „Das entdeckte Christenthum. Eine Erinnerung an das achtzehnte Jahrhundert und ein Beitrag zur Krisis des neunzehnten", Zürich und Winterthur 1843. 83 - „Geschichte der Politik, Cultur und Aufklärung des achtzehnten Jahrhunderts", Bd. 1-2, Charlottenburg 1843-45. 41 - (anonym) „Hinrichs, politische Vorlesungen. Bd. I". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", H. I, 1843. 99 - „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker". Bd. I, Leipzig 1841. 83 95 - (anonym) „Ludwig Feuerbach". In: „Norddeutsche Blätter für Kritik, Literatur und Unterhaltung", H. IV, 1844. 81 - „Die gute Sache der Freiheit und meine eigene Angelegenheit", Zürich und Winterthur 1842. 81 85 - (anonym) „Neueste Schriften über die Judenfrage". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", H. I, 1843, H. IV, 1844. 95 98 - (anonym) „Was ist jetzt der Gegenstand der Kritik?", ebendort, H. VIII, 1844. 95 Bauer, Bruno und Edgar Bauer „Denkwürdigkeiten zur Geschichte der neueren Zeit seit der Französischen Revolution". Nach den Quellen und Original-Memoiren bearb. und hrsg., Charlottenburg 1843-1844. 181 191 318 Bauer, Edgar „Bailly und die ersten Tage der Französischen Revolution", Charlottenburg 1843. (Bruno und Edgar Bauer, „Denkwürdigkeiten zur Geschichte der neueren Zeit seit der Französischen Revolution", [Bd. 4]). 318 - „Die liberalen Bestrebungen in Deutschland", H. 1-2, Zürich und Winterthur 1843. 318 Bayrhoffer, Karl Theodor „Die Idee und Geschichte der Philosophie", Marburg 1838. 166 Beaulieu, C[laude\-F[rangois\ „Essais historiques sur les Causes et les Effets de la Revolution de France" [Historische Essays über die Ursachen und Wirkungen der französischen Revolution], Paris 1801 -1803. 162 Becker, August „Die Volksphilosophie unserer Tage", Neumünster 1843. 305 318 - (anonym) Vorwort zu: [Kuhlmann, Georg] „Die Neue Welt oder das Reich des Geistes auf Erden. Verkündigung", Genf 1845. 521 522 523 527 Becker, Nicolaus „Der deutsche Rhein". In: „Gedichte von Nicolaus Becker", Köln 1841. 41 „Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des alten und neuen Testaments", nach der deutschen Übers. Martin Luthers. 103 319 - 1. Buch Mose 4,1; 41.19; 49, 9. 94 174 391 - 2. Buch Mose, Capitel 7 und 8. 409 - 4. Buch Mose, Capitel 16. 87 - Buch Josua 10,12. 169 - 1. Buch Samuelis 25,2. 142 -2.BuchderK0nige12.il. 285 - BuchHiob26,14. 224 - Psalter 24,7-10; 118,22. 101 491
„Die Bibel..." Jesaia 34, 11-14. 215 - Jeremia 2,5 u. 6; 18,14; 19,3; 22,29; 25,3; 32, 22,30, 33-35. 92 - Habakuk, Capitel 1-4. 338 - Ev.Matthäi5,3;6,26,28;8,10,22;10,16;ll,27;20,16.120 146 171 269 365 460 - Ev. Marcus 10,29. 121 - Ev.Lucäl,45. 348 - Ev. Johannis 2,4. 111 - Ep. Pauli an die Römer 3,28; 4,18,22; 6,23; 9,16,20-21. 98 146 176 182 321 I.Ep. Pauli an die Corinther 3,1-2; 13.2 u. 12. 91 166 171 175 - 2. Ep. Pauli an die Corinther 5,17. 127 - Ep. Pauli an die Galater 3,24; 5,24. 113 237 - Ep. Pauli an die Epheser 6,12. 168 - I.Ep.Petri2,8,9. 171 408 - 1. Ep. Johannis 4,16. 365 - Ep. an die Ebräer 11,13. 120 - Ep. Jacobi 1,2 u. 9. 309 313 - Offenbarung Johannis 12,5; 13,7 u. 18; 17,3,5,6; 20,7-9. 127 131 168 203 416-417 Blanc, Louis „Histoire de dix ans. 1830-1840" [Geschichte der zehn Jahre 1830-1840], Bd. 1-5, Paris 1841-1844. 180 319 [Bluntschli, Johann Caspar] „Die Kommunisten in der Schweiz nach den bei Weitling vorgefundenen Papieren. Wörtlicher Abdr. des Kommissionalberichtes an die H. Regierung des Standes Zürich", Zürich 1843. 191 198 305 318 Bossuet, Jacques-Binigne „Politique tir£e des propres Paroles de PEcriture-Sainte" [Staatskunst aus der Heiligen Schrift gezogen], Bruxelles 1710. 511 Brissot, [Jacques-Pierre] „Memoires de Brissot ... sur ses Contemporains, et la Revolution Fran^aise". Pub lies par son fils; avec des Notes et des Eclaircissemens historiques par M. F. de Montrol [Erinnerungen Brissots ... an seine Zeitgenossen und die Französische Revolution. Veröff. von seinem Sohn; mit geschichtlichen Notizen und Erl. von Herrn F. de Montrol], Bd. 1-2, Paris 1830. 181 Buhl, Ludwig „Geschichte der zehn Jahre 1830-1840 von Louis Blanc". Aus dem Franz. übers., Bd. 1-5, Berlin 1844-1845. 180 Cabet, [Etienne\ „Ma Ligne droite ou le vrai Chemin du Salut pour le Peuple" [Meine gerade Linie oder der wahre Weg zur Wohlfahrt des Volkes], Paris 1841. 449 - „Refutation des Doctrines de l'Atelier" [Widerlegung der Lehren des „Atelier"], Paris 1842. 207-209 - „Voyage en Icarie, roman philosophique et social" [Reise nach Ikarien, philosophischer und sozialer Roman], Paris 1842. 448 508-518 Calderön, Pedro de la Barca „La puente de Mantible". In: „Las comedias de D. Pedro Calderön de la Barca", cotejadas con las mejores ediciones hasta ahora publicadas, corregidas y dadas ä luz por Juan Jorge Keil [Die Brücke von Mantible. In: Die Komödien des
D. Pedro Calderön de la Barca, verglichen mit den besten bisher erschienenen Ausg., korrigiert und hrsg. von Juan Jorge Keil], Leipsique 1827-1830. 436 Camoes, Luis de „Lusiada" [Lusiaden], [Berlin 1810]. 413 414 Cartiere, Moriz „Der Kölner Dom als freie deutsche Kirche. Gedanken über Nationalität, Kunst und Religion beim Wiederbeginn des Baues", Stuttgart 1843. 319 Cervantes Saavedra, Miguhl de „Vida y hechos del ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha" [Leben und Taten des scharfsinnigen Edlen Don Quijote von La Mancha], En Haia 1744. 188 215-217 220 221 252 255 264 289 324 327 352 353 385 409 419 421 428 429 430 436 Chamisso, Adalbert von „Tragische Geschichte". In: „Adalbert von Chamisso's Werke", Bd. 3,2. Aufl., Leipzig 1842. 299 [Chastellux, Franqois Jean de] „De la Felicit6 publique. Ou Consid6rations sur le sort des hommes dans les differentes Epoques de l'histoire'' [Üb er das Glück der Allgemeinheit oder Betrachtungen über das Schicksal der Menschen in den verschiedenen Epochen der Geschichte], Amsterdam 1772. 448 Chevalier, Michel „Cours d'Economie politique fait au College de France" [Kursus der politischen Ökonomie, gehalten am College de France], Bruxelles 1845. 497 - „Lettres sur l'Amärique du Nord" [Briefe über Nordamerika], Paris 1836. 285 Churoa, A. L. von [August Ludwig von Rochau] „Kritische Darstellung der Socialtheorie Fourier's", Braunschweig 1840. 499 [Clemens Alexandrinus] „Clementis Alexandrini opera graece et latine quae extant" [Die Werke von Clemens Alexandrinus, die in griechischer und lateinischer Sprache vorliegen], Coloniae 1688. 125 „Code Napoleon", Paris und Leipzig 1808. 129 322 346 515 Comte, Charles „Traite de Legislation ou Exposition des Lois g£n£rales, suivant lesquelles les Peuples prosperent, d6sp£rissent, ou restent stationnaires" [Abhandlung über die Gesetzgebung oder Darstellung der allgemeinen Gesetze, nach denen die Völker aufsteigen, zugrunde gehen oder stehenbleiben], Bruxelles 1837. 290 Constant'Rebecque, Benjamin de „De l'Esprit de Conquete et de l'Usurpation dans leurs Rapports avec la Civilisation europ6enne" [Üb er den Eroberungsgeist und die Usurpation im Verhältnis zur europäischen Bildung], o. O. 1814. 330 „Diclaration des droits de l'homme et du citoyen. 1793" [Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, 1793]. In: P. J. B. Buchez et P. C. Roux, „Histoire parlementaire de la Revolution fran^aise ou Journal des Assemblees Nationales, depuis 1789 jusqu'en 1815, ..." [Parlamentarische Geschichte der Französischen Revolution oder Journal der Nationalversammlung von 1789 bis 1815,...], T. 31, Paris 1837. 387 Destutt de Tracy, Antoine-Louis-Claude, le comte „Ehmens d'Id6ologie, IV-e et V-e parties. Traite de la Volonte et de ses Effets" [Elemente der Ideologie. IV. und V. Teil: Abhandlung über den Willen und seine Wirkungen], Paris 1826. 209 210 Deux Amis de la Libertd siehe [Kerverseau, Fr. Marie, und G. Clavelin] „Dictionnaire del'Academie Frangaise" [Wörterbuch der Französischen Akademie], vol. 1—2, Bruxelles 1835. 287 [Diogenes Laertius] „Diogenis Laertii de clarorum philosophorum vitis. dogmatibus et apophthegmatibus libri decem" [Zehn Bücher über Leben, Ansichten und Aussprüche berühmter Philosophen], Paris 1850. 123 124
Eden, Frederic-Morton „The State of the Poor: or, an history of the labouring classes in England" [Die Lage der Armen oder eine Geschichte der arbeitenden Klassen in England], vol. 1-3, London 1797. 201 „Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz", hrsg. von Georg Herwegh. 2. Aufl., Glarus 1844. 182 318 446 453 472 476 479 518 „Encyclopidie, ou Dictionnaire raisonni des Sciences, des Arts et des Metiers, par une Soci£t6 des Gens de Lettres" [Enzyklopädie oder fundiertes Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, hrsg. von einer Gesellschaft von Literaten], Paris 1751. 513 [Enfantin, Barthäany-Prosper] „Economie politique et Politique. Articles extraits du Globe" [Politische Ökonomie und Politik. Artikel aus dem „Globe"], Paris 1831. 496-497 Engels, Friedrich „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie". In: „Deutsch-Französische Jahrbücher", Paris 1844. 190-191 Engels, Friedrich und Karl Marx „Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik gegen Bruno Bauer und Consorten", Frankfurt a. M. 1845. 34 82 83 85 87 91-98 132 193 250 252 382 468 519 Ewald, Johann Ludwig „Der gute Jüngling, gute Gatte und Vater, oder Mittel, um es zu werden. Ein Gegenstück zu der Kunst, ein gutes Mädchen zu werden", Bd. 1-2, Frankfurt a. M. 1804. 105 Faucher, Julius „Englische Tagesfragen". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", H. VII und VIII, 1844. 94 „De la Filiciti..." siehe [Chasiellux, Francis Jean de] Feuerbach, Ludwig „Geschichte der neuern Philosophie. Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnitz'schen Philosophie", Ansbach 1837. 81 - „Grundsätze der Philosophie der Zukunft", Zürich und Winterthur 1843. 42 85 175 435 541-543 - (anonym) „Zur Kritik der .positiven Philosophie'". In: „Hallischc Jahrbücher", Jg. 1, Nr. 289-293,1838. 81 ~ „Pierre Bayle. Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie und Menschheit", Ansbach 1838. 81 - „Vorläufige Thesen zur Reformation der Philosophie". In: „Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistik", Bd. 2, 1843. 143 175 - „Das Wesen des Christenthums", Leipzig 1841. 5 81 88 219 477 533 541 - (anonym) „Ueber das, Wesen des Christentums* in Beziehung auf den »Einzigen und sein Eigenthum'". In: „Wigand's Vierteljahrsschrift", Bd. 2, 1845. 41 81 88 89 430 - „Das Wesen des Glaubens im Sinne Luther's. Ein. Beitrag zum , Wesen des Christenthums'", Leipzig 1844. 543 Fiivee, Joseph „Correspondance politique et administrative", commenc£e au Mois de Mai 1814 , et dediee ä M. le Comte de Blacas d'Aulps [Politische und administrative Korrespondenz, begonnen im Mai 1814 und dem Herrn Grafen von Blacas d'Aulps gewidmet], Paris 1816. 330 Fourier, Ch[arles] „La Fausse Industrie" [Die falsche Industrie], Paris 1836. 187 - (anonym) „Section £bauch£e des Trois Unit6s Externes" [Entwurf des Abschnitts von den drei äußeren Einheiten]. In: „La Phalange", 14.Annee, Ire Serie in-8, T. 1, Paris 1845. 218
Fourier, Chlarles] „Theorie de l'Unite universelle". In: OEuvres compl&tes de Ch. Fourier" [Theorie der universellen Einheit. In: Sämtliche Werke Ch. Fouriers], 2. ed., vol. 1-5, Paris 1841. 401 - „Thdories des quatre mouvements et des destinees generales" [Theorien der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen], Paris 1841. 498 - „Traite de I'Association domestique-agricole" [Abhandlung über die hauswirtschaftlichlandwirtschaftliche Vereinigung], Paris, Londres 1822. 498 „.Friedrich Wilhelm IV. und Morelli". In: „Vorwärts!" Pariser Deutsche Zeitschrift, Nr. 87, 1844. 517 Geliert, Christian Fürchtegott „Fabeln und Erzählungen", T. 1, Leipzig 1748; T. 2, 2. Aufl., Leipzig 1751. 366 Godwin, William „Enquiry Concerning Political Justice, and its Influence on Morals and Happiness" [Untersuchung über politische Gerechtigkeit und ihren Einfluß auf Moral und Glückseligkeit], 2. ed., Vol. 1-2, London 1796. 387 397 Goethe, Johann Wolfgang von „Faust. Der Tragödie erster Teil". In: „Goethes Werke", ... hrsg. von Karl Heinemann. Kritisch durchges. und erl. Ausg., Bd. 1-30, Leipzig und Wien: Bibliographisches Inst., o. J., Bd. 5. 43 312 313 400 420 - „Die Geheimnisse", ebendort, Bd. 2. 400 Grün, Karl „Die soziale Bewegung in Frankreich und Belgien. Briefe und Studien", Darmstadt 1845. 473-520 - „Feuerbach und die Socialisten". In: „Deutsches Bürgerbuch für 1845", hrsg. von H. Püttmann, Darmstadt 1845. 475 518 - „»Geschichte der Gesellschaft' von Theodor Mündt". In: „Neue Anekdota", hrsg. von Karl Grün, Darmstadt 1845. 473 480 - „Politik und Socialismus". In: „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform", Bd. 1,1845. 502 518 Guizot, Franfois-Pierre-Guillaume „Histoire de la Civilisation en France, depuis la Chute de 1 "Empire romain jusqu'en 1789" [Geschichte der Zivilisation in Frankreich vom Sturz des römischen Reiches bis 1789], Paris 1840. 201 - [Rede in der Pairskammer am 25. April 1844]. In: „Moniteur Universel", Nr. 117 vom 26. April 1844. 319 Halm, Friedrich [Elegius Franz Joseph von Münch-Bellinghausen] „Der Sohn der Wildniß". Dramatisches Gedicht in 5 Akten, Wien 1843. 284 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich „Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse", Heidelberg 1817. 28 112 129 224 - „Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse", hrsg. von Eduard Gans. In: „Georg Wilhelm Friedrich Hegel's Werke". Vollst. Ausg. durch einen Verein von Freunden des Verewigten, Bd. 8, Berlin 1833. 189 300 306 310 468-469 - „Phänomenologie des Geistes", hrsg. von Johann Schulze, ebendort, Bd. 2, Bärlin 1832. 83 96 117 120-121 137 141 176 248 394 476 536 - „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie", hrsg. von Carl Ludwig Michelet, 2. verb. Aufl., Th. 3, ebendort, Bd. 15, Berlin 1844. 130 136 152 154 156-158
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich „Vorlesungen über die Naturphilosophie als der Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Zweiter Theil", hrsg. von Carl Ludwig Michelet, ebendort, Bd. 7, Abth. 1, Berlin 1842. 112 - „Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte", hrsg. von Eduard Gans, ebendort, Bd. 9, Berlin 1837. 49 125 147 148 150 153 1 58 161 - „Vorlesungen über die Philosophie der Religion. Nebst einer Schrift über die Beweise vom Daseyn Gottes", hrsg. von Philipp Marheineke, 2. verb. Aufl., Th. 2, ebendort, Bd. 12, Berlin 1840. 154 157 158 - „Wissenschaft der Logik", hrsg. von Leopold von Henning, Th. 1, Abth. 1-2, Th. 2, ebendort. Bd. 3-5, Berlin 1833-1834. 133 224 248-249 259 264 319 '476 „Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Br. Bauer und Consorten von F. Engels und K. Marx. Frankfurt 1845". In: „Das Westphälische Dampfboot", Jg. 1, Bielefeld 1845. 79 96-98 Heine, Heinrich „Die Bäder von Lucca". In: „Heinrich Heine's sämmtliche Werke", Bd. 1 bis 18, Hamburg 1867-1868. Bd. 2, 101 - „Berg-Idylle", 3. Gedicht, ebendort, Bd. 15. 316 - „Deutschland, Ein Wintermärchen", Kaput VII, ebendort, Bd. 17. 457 - „Lyrisches Intermezzo", 50. Gedicht, ebendort, Bd. 15. 447 - „Sonettenkranz an A. W. von Schlegel", ebendort, Bd. 2. 391 - „Verkehrte Welt", ebendort, Bd. 17. 454 Heß, Moses „Über die sozialistische Bewegung in Deutschland". In: „Neue Anekdota", hrsg. von Karl Grün, Darmstadt 1845. 476 479 501 - „Ueber die Noth in unserer Gesellschaft und deren Abhülfe". In: „Deutsches Bürgerbuch für 1845", hrsg. von H. Püttmann, Darmstadt 1845. 446-447 476 479 - „Die letzten Philosophen". Darmstadt 1845. 98-100 218 244 - „Philosophie der That". In: „Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz", hrsg. von Georg Herwsgh, 2. Aufl., Glarus 1844. 453 454 , 479 - „Socialismus und Communismus", ebendort. 476 479 518 - „Die europäische Triarchie", Leipzig 1841. 319 Hinrichs, H[ermann\ F[riedrich] W[ilhelm] „Politische Vorlesungen. Unser Zeitalter und wie es geworden, nach seinen politischen, kirchlichen und wissenschaftlichen Zuständen, mit besonderm Bezüge auf Deutschland und namentlich Preußen", Bd. 1-2, Halle 1843. 319 Hoffmann Von Fallersleben, August Heinrich „Nur in Deutschland!".. Gedicht. In: „Hoffmann's von Fallersleben Gesammelte Werke". Hrsg. von Heinrich Gerstenberg, Bd. 3. Berlin 1890. 168 [Holbach, Paul-Henri-Dietrich d'] „Systeme de la Nature, ou des Loix du Monde Physique et du Monde Moral" [System der Natur, oder von den Gesetzen der physischen und moralischen Welt], par M. Mirabaud, P. 1 -2, Londres 1770. 448 [Horatius Flaccus, Quintus] „Carmium", Ode XXII. In: „Qu. Horatii Flacci opera omnia poetica", editio nova [Qu. Horatius Flaccus* sämtliche poetische Werke, neue Ausg.], Halae 1802. 123
Jean Paul „Hesperus oder 45 Hundsposttage. Eine Lebensbeschreibung". In: „Jean Paul's sämmtliche Werke", Bd. 5, Berlin 1841. 122 [Jockellied] „Niemand kommt nach Haus". In: „Deutsches KinderJied und Kinderspiel", hrsg. von Franz Magnus Böhme, Leipzig 1897. 118-119 J[ungnitz, Ernst] „Herr Nauwerk und die philosophische Facultät". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", H. VI, 1844. 94 [Juvenalis] „Decimi Junii Juvenalis Satirae" [Die Satiren des Decimus Junius Juvenalis in einer erkl. Ubers.], Berlin und Leipzig 1777. 156 Kant, Immanuel „Critik der practischen Vernunft", Riga 1788. 176 178 [Kerverseau, Fr. Marie, und G. Clavelin] „Histoire de la Revolution de France". Preced6e de l'expos6 rapide des Administrations successives qui ont d£termin6 cette Revolution memorable. Nouvelle Edition, revue, corrigee et augmentee; par deux Amis de la Liberte [Geschichte der Französischen Revolution. Eingeleitet mit einer kurzen Darstellung der aufeinanderfolgenden Regierungen, die diese denkwürdige Revolution herbeigeführt haben. Neue durchges., verb. und erw. Ausg.; von zwei Freunden der Freiheit],Paris 1792. 162 Klopstock, Friedrich Gottlieb „Der Messias", Bd. 1-4, Wien 1775 und 1783. 266 294 „Konrads von Würzburg Goldene Schmiede". Hrsg. von Wilhelm Grimm, Berlin 1840. 435 [Kuhlmann, Georg] „Die Neue Welt oder das Reich des Geistes auf Erden. Verkündigung", Genf 1845. 361 377 521-530 Leibniz, Gottfried Wilhelm „Principia Philosophiae, Seu Theses in gratiam Principis Eu~ genii". In: „Gothofredi Guillelmi Leibnitii, Opera Omnia", Nunc primum collecta, in Classes distributa, praefationibus & indicibus exornata, studio Ludovici Dutens. Tomus Secundus [Prinzipien der Philosophie, oder Thesen, dem Prinzen Eugen gewidmet. In: Gottfried Wilhelm Leibniz' sämtliche Werke, jetzt zum ersten Male gesammelt, in Klassen eingeteilt und mit Vorr. und Reg. vers. von Ludwig Dutens. Bd. 2], Genevae 1768. 428 Lerminier, E[ugene\ „Philosophie du Droit" [Philosophie des Rechts], Bruxelles 1832. 476 Lessing, Gotthold Ephraim „Emilia Galotti". Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen. In: „Lessings Werke", mit Lebensbild von Julius Petersen und Einl. von Waldemar Oehlke und Eduard Stemplinger, T. 2, Berlin (u. a.): Bong, o. J. 319 Levasseur (de laSarthe), R[ene] „Memoires" [Memoiren], Vol. 1-4, Paris 1829-1831. 162 [Linguet, Simon-Nicolas-Henri] „Theorie des loix civiles, ou principes fondamentaux de la societe" [Theorie der bürgerlichen Gesetze oder Grundprinzipien der Gesellschaft], Tome 1 et 2, London 1767. 181 [Lourdoueix, Henri de] „Appel ä la France contre la division des oppinions. Extrait de la .Gazette de France'" [Appell an Frankreich gegen die Uneinigkeit der Meinungen. Aus der „Gazette de France"], Paris 1831. 330 Louvet de Couvray, [Jean-Baptiste] „Memoires" [Memoiren], Paris 1823. 162 [Lucianus] „Luciani samosatensis opera" ex recensione Guillelmi Dindorfii. Graece et latine cum indicibus [Werke des Lucianus von Samosata, durchges. von Wilhelm Dindorf. Mit Reg. in griech. und Iat. Sprache], Parisiis 1840. 171
Marx, Karl „Zur Kritik der Hegel'schen Rechtsphilosophie. Einleitung". In: „DeutschFranzösische Jahrbücher", Paris 1844. 190 217 - „Zur Judenfrage", ebendort. 33-34 181 190 217 229 503 Matthäi, Rudolph „Socialistische Bausteine". In: „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform", Bd. 1, Darmstadt 1845. 458-472 Michelet, Carl Ludwig „Geschichte der letzten Systeme der Philosophie in Deutschland von Kant bis Hegel", T. 1-2, Berlin 1837-1838. 165 166 Monteil, Amans-Alexis „Histoire des Francais des divers Etats aux cinq derniers Cik:les" [Geschichte der Franzosen der verschiedenen Stände in den letzten fünf Jahrhunderten], Vol. 1-10, Paris 1827-1842. 201 326 [Montgaillard, Guillaume-Honori.] „Revue Chronologique de l'Histoire de France, depuis la premi&re Convocation des Notables jusqu'au Depart des Troupes 6trang£res. 1787 bis 1818" [Chronologische Darstellung der Geschichte Frankreichs von der ersten Einberufung der Notabein bis zum Abzug der fremden Truppen. 1787-1818], Paris 1820. 162 Mohtjoie, Felix-Louis-Christophe „Histoire de la Conjuration de Maximilien Robespierre" [Geschichte der Verschwörung des Maximilien Robespierre], Paris 1795. 162 Morelly „Code de la Nature" ... avec l'Analyse raisonn^e de Systeme social de Morelly [Gesetz der Natur ... begründete Analyse des sozialen Systems von Morelly] par Villegardelle, Paris 1841. 517 M. R. [Hippolyte Regnier d'Estourbet] „Histoire du CIerg6 de France pendant la Revolution" [Geschichte der Geistlichkeit Frankreichs während der Revolution], Paris 1828. 162 Mündt, Theodor „Die Geschichte der Gesellschaft in ihren neueren Entwicklungen und Problemen", Berlin 1844. 473 Nauwerck, Karl „Über die Theilnahme am Staate", Leipzig 1844. 319 „Neue Anekdota", hrsg. von Karl Grün, Darmstadt 1845. 472 473 476 479 480 Nougaret, P[ierre\-J[ean\-B[aptiste\ „Histoire des Prisons de Paris et des D6partemens; Contenant des M6moires rates et pr&ieux". Le tout pour servir ä l'Histoire de la Revolution Franfaise: Notamment ä la tyrannie de Robespierre, et de ses Agens et Complices. Ouvrage dedie ä tousceux qui ont detenus comme Suspects. Red ige et publie par P.J.B. Nougaret [Geschichte der Gefängnisse von Paris und? den Departements mit seltenen und wertvollen Memoiren. Verfaßt im Dienste der Geschichte der Französischen Revolution, . bezogen insbesonders auf die Tyrannei Robespierres und seiner Agenten und Komplizen. Gewidmet all denen, die als Verdächtige inhaftiert waren. Red. und veröff. von P. J. B. Nougaret], Bd. 1 -4, Paris 1797. 162 Oelc^ers, Theodor „Die Bewegung des Socialismus und Communismus", Leipzig 1844. 442 Pereire, J. „Lefons sur l'Industrie et les Finances" [Vorlesungen über die Industrie und die Finanzen], Paris 1832. 213 Pfister, J. C. „Geschichte der Teutschen", Bd. 1-5, Hamburg 1829-1835. („Geschichte der europäischen Staaten", hrsg. von A. H. L. Heeren und F. A. Ukert.) 221 [Pinto, /saac] „Lettre sur la Jalousie du Commerce" [Brief über die Mißgunst im Handel]. In: [Pinto, Isaac] „Traite de la Circulation et du Credit". [Abhandlung über Zirkulation und Kredit], Amsterdam 1771. 59 345 „Preußen seit der Einsetzung Arndt's bis zur Absetzung Bauer's". In: „Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz", hrsg. von Georg Herwegh, 2. Aufl., Glarus 1844. 182
Proudhon, Pierre-Joseph „De Ja Cr£ation de l'Ordre dans l'Humanite, ou Principes d'Organisation politique" [Über die Schaffung der Ordnung in der menschlichen Gesellschaft oder Grundsätze der politischen Organisation], Paris, Besanfon 1843. 318 519 - „Qu'est-ce que la proprio ? Ou recherches sur le principe du droit et du gouvernement". Premier memoire. [Was ist das Eigentum ? Oder Untersuchungen über das Prinzip des Rechts und der Regierung. Erste Abhandlung], Paris 1841. 318 408 Rabelais, Franz „Gargantua und Pantagruel", aus dem Franz. verdeutscht, mit Einl. und Anm., den Varianten des zweyten Buchs von 1533, auch einem noch unbekannten Gargantua hrsg. durch Gottlob Regis, Leipzig 1832. 175 „Ueber das Recht des Freigesprochenen, eine Ausfertigung des wider ihn ergangenen Erkenntnisses zu verlangen. Königsberg, Voigt". In: „Wigand's Vierteljahrsschrift", Bd. 4, 1845. 84 Reichardt, Carl „Schriften über den Pauperismus. ,Publicistische Abhandlungen': von Wöniger, Doctor beider Rechte und der Philosophie, 1843, Berlin bei Hermes". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", H. I., 1843. 201 213 Reybaud, Louis „Etudes sur les r£formateurs ou socialistes modernes" [Studien über die Reformatoren oder modernen Sozialisten], Bruxelles 1843. 480-484 486 488 491-498 Ricardo, David „On the Principles of Political Economy and Taxation" [Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung], o. 0. 1817. 388 Roland [de la Piatier*, Jeanne-Manon] „Appel k l'impartiale Posterite, par la Citoyenne Roland, ... ou Recueil des Ecrits quelle a rediges, pendant sa detention, aux prisons de l'Abbaye et de Sainte-Pelagie" [Appell der Bürgerin Roland an die unparteiische Nachwelt, ... oder Sammlung der Schriften, die sie während ihrer Haft in den Gefängnissen l'Abbaye und Sainte-Pelagie verfaßt hat], Paris 1795. 162 Rosenkranz, Karl „Ludwig Tieck und die romantische Schule". In: „Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst", Jg. 1, Nr. 155-158, Nr. 160-163, 1838. 4% Rousseau, Jean-Jacques „Du Contract social; ou principes du droit politique" [Der Gesellschaftsvertrag, oder Grundsätze des Staatsrechts], Amsterdam 1762. 75 512 513 - „EconomieouOEconomie, (Morale & Politique)" [Ökonomie (moralische und politische)]. In: „Encyclopedie, ou Dictionnaire raisonne des Sciences, des Arts et des Metiers", Paris 1751. 513 Rutenberg, Adolf „Bibliothek politischer Reden aus dem 18. und 19. Jahrhundert", Bd. 1-6, Berlin 1843-1844. 318 Saint-Simon, [Claude-Henri de] „Catechisme politique des industriels" [Politischer Katechismus der Industriellen]. In: „OEuvres de Saint-Simon", Paris 1841. 484 488-491 - „Nouveau christianisme, dialogues entre un novateur et un conservateur" [Neues Christentum, Gespräch zwischen einem Neuerer und einem Konservativen], ebendort. 484 486 491-494 - „Doctrine de Saint-Simon. Exposition Premiere Annee. 1829" [Die Lehre Saint-Simons. Darstellung. Erster Jahrgang. 1829], Bruxelles 1831. 493 - „L'industrie, ou discussions politiques, morales et philosophiques" [Die Industrie oder politische, moralische und philosophische Diskussionen], Paris 1817. 489 - „Lettres d un Habitant de Geneve ä ses Contemporains" [Briefe eines Genfer Einwohners an seine Zeitgenossen]. In: „OEuvres de Saint-Simon", Paris 1841. 485-488
Saint-Simon, [Claude-Henri de] „OEuvres...". Publi6 en 1832 par Olinde Rodrigues [Werke, hrsg. 1832 von Olinde Rodrigues], Paris 1841. 481 483 488 - „Vie de Saint-Simon €crite par lui-meme" [Das Leben Saint-Simons, von ihm selbst beschrieben], ebendort. 481-483 Schiller, Friedrich von „Die Philosophen". In: „Friedrich von Schiller's sämmtliche Werke", Bd. 1-12, Stuttgart und Tübingen 1812-1815, Bd. 1. 511-513 - „Die Räuber". Ein Schauspiel, ebendort, Bd. 1. 477 - „Der Taucher", ebendort, Bd. 1. 88 - „Wallenstein's Tod", ein Trauerspiel in 5 Aufzügen, ebendort, Bd. I. 97 Schlosser, Friedrich Christoph „Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturz des französischen Kaiserreichs". Mit besonderer Rücksicht auf geistige Bildung, Bd. 1-6, Heidelberg 1836-1848. 319 Semmig, Hermann „Communismus, Socialismus, Humanismus". In: „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform", Bd. 1, Darmstadt 1845. 445-458 Senior, Nassau William „Three Lectures on the Rate of Wages, delivered before the University of Oxford, in Easter term 1830" [Drei Vorlesungen über die Lohnrate, gehalten an der Universität Oxford im Ostersemester 1830], London 1831. 344 Shakespeare, William „Timon von Athen". In: „Shakespeare's dramatische Werke" nach der Übers, von August Schlegel und Ludwig Tieck, 2. aufs neue durchges. Aufl., Bd. 1-12, Berlin 1876-1877. Bd. 10. 212 - „Was ihr wollt", ebendort, Bd. 5. 90 Sismondi, J[eari\-C[harles\-L[ionard] Simonde de „Nouveaux Principes d'Economie politique ou de la Richesse dans ses Rapports avec la Population" [Neue Grundsätze der politischen Ökonomie oder der Reichtum in seinen Beziehungen zur Bevölkerung], 2. Aufl., Paris 1827. 66 183 497 Smith, Adam „Recherches sur la nature et les causes de la richesse des nations. Traduction nouvelle, avec des notes et observations; par Germain Garnier." Tomes I-IV [Untersuchungen über das Wesen und die Ursachen des Reichtums der Nationen. Neue Übersetzung mit Noten und Anmerkungen; von Germain Garnier. Band I-IV], Paris 1802. 59 Sophokles „Antigone". Griechisch und Deutsch von Karl Heinrich Jördens, Berlin 1782. 120 Spinoza, Baruch (Benedictus) „Benedicti de Spinoza opera quae supersunt omnia". Iterum ebenda curavit, praefationes, vitam auctoris, nec non notitias, quae ad historiam scriptorum pertinent addidit Henr. Eberh. Gottlob Paulus [Benedictus de Spinozas sämtliche überlieferte Werke. Hrsg. undvers. mitVorr., mit einer Biographie des Autors sowie mit Bemerkungen, die die Geschichte der Schriften betreffen von Henr. Eberh. Gottlob Paulus], Jenae 1802. 162 304 Stein, L[orenz von] „Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs. Ein Beitrag zur Zeitgeschichte", Leipzig 1842. 191 442 480-499 525 Stirner, Max [Johann Caspar Schmidt] „Der Einzige und sein Eigenthum", Leipzig 1845. 71 ^ 75 101-438 - (anonym) „Recensenten Stirners". In: „Wigand's Vierteljahrsschrift", Bd. 3, 1845. 79 81 89-90 101 127 133 140-142 150 157 166 180 181 186 188 205 216 218 229 231 234-236 240 248 251 261 279 281 322 355 357 365 368 400 401 411 421 427 430-436
Szeliga „,Der Einzige und sein Eigenthum*. Von Max Stirner. Kritik von Szeliga". In: „Norddeutsche Blätter für Kritik, Literatur und Unterhaltung", H. IX, 1845. 251 350 - „Eugen Sue: die Geheimnisse von Paris. Kritik". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", H. VII, 1844. 276 Villegardelle siehe Morelly [Virgilius, Publius Maro] „Virgils Eklogen", aufs neue verdeutscht von Karl Heinrich Jördens, Berlin und Stralsund 1782. 408 Watts, John „The Facts and Fictions of political Economists: being a Review of the Principles of the Science, separating the true from the false" [Die Tatsachen und die Einbildungen der politischen Ökonomen, eine Prüfung der Grundsätze der Wissenschaft zur Scheidung des Wahren vom Falschen], Manchester 1842. 192 Weitling, Wilhelm „Garantien der Harmonie und Freiheit", Vivis 1842. 187 448 - „Die Menschheit, wie sie ist und wie sie sein sollte", München 1895. 448 Woeniger, August Theodor „Publicistische Abhandlungen", 2. Aufl., Berlin 1843. 201 213 .
II. Periodica
„Allgemeine Literatur-Zeitung". Monatsschrift. Hrsg. von Bruno Bauer, Bd. I—II, Charlottenburg 1843-1844. 92 94 95 98-99 201 213 250 276 „Beiträge zum Feldzuge der Kritik" siehe „Norddeutsche Blätter..." „Bürgerbuch" siehe „DeutschesBürgerbuch..." „Charivari", Paris. 147 „Deutsch-Französische Jahrbücher", hrsg. von Arnold Rüge und Karl Marx, Lfg. 1 und 2, Paris 1844. 33-34 180 181 186 190 217 229 319 503 „Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst", Leipzig 1841-1843. 41 96 „Deutsches Bürgerbuch für 1845", hrsg. von H. Püttmann, Darmstadt 1845 . 446 447 472 475 476 479 518' „Le Drapeau blanc", Paris. 330 „UEgalitaire". Journal de l'organisation sociale, Paris 1840. 187 „La Fraterniti". Journal moral et po litique, Paris. 197 „La Gazette de la France.", Paris. 33 l „Le Globe". Journal de la Doctrine de Saint-Simon, Paris 1831. 494 495 497 „Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst", Jg. 1, 1838. 41 81 4% „Historisch-politische Zeitschrift", hrsg. von Leopold Ranke, Bd. 1, Hamburg 1832; Bd. 2, Berlin 1833-1836. 283 „Journal d'Instruction sociale"; par les citoyens Condorcet, Sieyes et Duhamel [Journal für Bürgerkunde; hrsg. von den Bürgeln Condorcet, Sieyes und Duhamel], 1793. 515-516 „Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen", Berlin. 313 318 355 Wandkalender für das Großherzogthum Hessen auf das Jahr der gnadenreichen Geburt Jesu Christi 1841", Darmstadt 1840. 368 „Le Moniteur universel", Paris. 319
„Norddeutsche Blätter für Kritik, Literatur und Unterhaltung[Hrsg. unter dem Titel:] „Beiträge zum Feldzuge der Kritik". Norddeutsche Blatter für 1844 und 1845, Bd. 1-2 Berlin 1846. 81 251 350 „L'Organisateur", Paris. 481 494 „La Phalangeu. Revue de la Science Sociale, 14. Ann£e, Ire Serie in-8, T. 1, Paris 1845. 218 „Le Populaire". 449 „Le Producteur". Journal philosophique de ('Industrie, de la Science et des Beaux Arts, 1825-1826. 494 „Rivolutions de Paris". D6di6es h la Nation et au District des Petits-Augustins [Die Revolutionen von Paris. Gewidmet der Nation und dem Distrikt Petits-Augustins], Paris 1789 bis 1794. 363 „Revue des deux Mondes", Paris. 497 „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform". Hrsg. unter Mitwirkung Mehrerer von Hermann Püttmann, Bd. 1, Darmstadt 1845. 445-472 479 502-503 518 „Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe", Köln 1842-1 843. 96 „Die Stimme des Volks", Pariser deutsche kommunistische Zeitschrift, Paris. 187 197 „ Vorwärts!" Pariser Deutsche Zeitschrift, Paris 1844. 517 „ Vossische Zeitung" siehe „Königlich prioilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen" „Das Westphälische Dampfboot". Eine Monatsschrift, Bielefeld und Paderborn, 1845-1847. 79 96-98 - Wigand's Vierteljahrsschrift", Bd. 2-4, Leipzig 1845. 41 43 70 78 79 81-101 127 133 140-142 150 157 166 180 181 186 188 205 216 218 229 231 234-236 240 248 251 261 279 281 322 349 355 357 365 368 400 401 411 421 427 430-438
Personenverzeichnis
Abd el Kader, Sidi elHadschi Uld Mahiddin, (1808-1883) Führer des nationalen Befreiungskampfes des algerischen Volkes in den Jahren 1832-1847. 147 Abigail Gestalt aus dem Alten Testament. 142 Abraham Gestalt aus dem Alten Testament. 182 Adam Gestalt aus dem Alten Testament. 503 Aikin, John (1747-1822) englischer Arzt, Historiker und Publizist. 59 Alexander der Große (356-323 v.u. Z.) Heerführer und Siaatsmann der Antike; seit 336 König von Makedonien. 337 413 Alexis, Willibald (Pseudonym von Georg Wilhelm Häring) (1798-1871) Verfasser historischer Romane, darunter des Romans „Cabanis"; Gründer eines Lesekabinetts und einer Verlagsbuchhandlung in Berlin. 319 AI Hussein, Abu Ali Ben Abdallah Ibn (Ebn) Sina (lat. Avicenna) (980-1037) Gelehrter des Mittelalters, Philosoph, Arzt und Dichter; geborener Tadshike. 147 Amadis von Gallien Held einer mittelalterlichen Ritterromanze. 326 Aman Gestalt aus dem Alten Testament. 92 Antigone Gestalt aus der griechischen Sage, Tochter des ödipus; Heldin einer Tragödie von Sophokles. 120 121 Arago, Dominique-Franfois (1786-1853)französischer Astronom, Physiker und Mathematiker; bürgerlicher Politiker. 134 378 Argenson, Marc-Rene de Voyer, marquis de (1771-1842) französischer Politiker, Teilnehmer der Französischen Revolution und der republikanischen Bewegung in
Frankreich in der Zeit der Restauration und der Julimonarchie; Anhänger Babeufs. 496 Aristoteles (384-322 v. u. Z.) unter den „alten griechischen Philosophen ... der universellste Kopf", der „auch bereits die wesentlichsten Formen des dialektischen Denkens untersucht" hat (Engels). Er Schwankte zwischen Materialismus und Idealismus; Ideologe der Sklavenhalterklasse. 121-124 126 448 500 Arndt, Ernst Moritz (1769-1860) Schriftsteller, Historiker und Philologe, beteiligte sich aktiv am Befreiungskampf des deutschen Volkes gegen die Herrschaft Napoleons; Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung (rechtes Zentrum).Anhänger der konstitutionellen Monarchie. 335 Arnim, Bettina von (1785-1859) deutsche Schriftstellerin der romantischen Schule, Anhängerin der liberalen Ideen der vierziger Jahre. 319 Augustus, Gajus Julius Cäsar Octavianus (63 v. u. Z. - 14 u. Z.) römischer Kaiser (27 v. u. Z. - 14 u. Z.). 44 Avicenna siehe AI Hussein
Babeuf, Frangois-Noel (Gracchus) (1760 bis 1797), französischer Revolutionär, utopischer Kommunist, Organisator der Verschwörung der „Gleichen". 191 207 308 448 Bacon, Francis, Viscount of Saint Albans and Baron of Verulam, (Baco von Verulam)
37 Marx/Engels. Werte, Bd. 3
(1561-1626) englischer Philosoph, Naturforscher und Historiker. „Der wahre Stammvater des englischen Materialismus und aller modernen experimentierenden Wissenschaft ist Baco" (Marx). 155 156 475 Bailly, Jean-Sylvain (1736-1793) französischer Astronom, Politiker der Französischen Revolution, einer der Führer der liberalen konstitutionellen Bourgeoisie; 1793 hingerichtet. 181 Balaam (Bileam) Gestalt aus dem Alten Testament. 87 Baräre de Vieuzac, Bertrand (1755-1841) französischer Jurist, Politiker der Französischen Revolution, Deputierter des Konvents, Jakobiner; später aktiver Teilnehmer des konterrevolutionären Staatsstreichs vom 9. Thermidor. 162 496 Barmby, John Goodwin (1820-1881) englischer Geistlicher, christlicher SozialistÄ48 Bauer, Bruno (1809-1882) deutscher idealistischer Philosoph, Religionshistoriker und Publizist, Junghegelianer; nach 1866 Nationalliberaler. 13 28 33 37 40-43 45 71 78-100 122 149 181 191 196 219 220 242 243 318 339 349 362 364 418 420 426 428 433 437 438 Bauer, Edgar (1820-1886) Bruder des vorigen, deutscher Publizist, Junghegelianer. 318
Bayle, Pierre (1647-1706) französischer Philosoph, Skeptiker, Kritiker des religiösen Dogmatismus. 81 Bayrhoffer, Karl Theodor (1812-1888) Professor der Philosophie, anfangs Hegelianer; rückte 1839/40 vom Hegelianertum ab, trat für die deutsch-katholische Bewegung ein. 166 Bazard, Saint-Amand (1791-1832) französischer Politiker, Republikaner, von 1825 bis 1831 zusammen mit Enfantin Hauptwortführer des Saint-Simonismus. 473 -492 494-497 Beaulieu, Claude-Francis (1754-1827) französischer Historiker und Publizist,Royalist. 162
Becker, August (1814-1871) deutscher Publizist, Mitarbeiter an der „Rheinischen Zeitung" und am Pariser „Vorwärts!", Anhänger Weitlings, leitete nach dessen Verhaftung (1842) die kommunistische Handwerkerbewegung in der Schweiz. 305 318 521-523 527 Becker, Nicolaus (1809-1845) Dichter des „Rheinlieds". 41 Bentham, Jeremy (1748-1832) englischer bürgerlicher Soziologe, Theoretiker der Nützlichkeitsphilosophie (Utilitarismus). 194 226 242 394 397 398 Bessel, Friedrich Wilhelm (1784-1846) deutscher Astronom. 378 Bettina siehe Arnim, Bettina von Billaud- Varenne, Jean-Nicolas (1756-1819) französischer Jurist, Politiker der Französischen Revolution; führender Jakobiner, wirkte aber am Sturz Dantons und Robespierres mit; 1795 nach Guayana deportiert. 496 Blanc, Louis (1811-1882) französischer kleinbürgerlicher Sozialist, Journalist und Historiker; 1848 Mitglied der französischen provisorischen Regierung; vertrat den Standpunkt der Klassenversöhnung und des Paktierens mit der Bourgeoisie. 180 319 478 480 496 Bluntschli, Johann Caspar (1808-1881) Schweizer Jurist und reaktionärer Politiker. 198 207 305 318 Bodin (Bodinus), Jean (1530-1596) französischer bürgerlicher Soziologe, Ideologe des Absolutismus. 304 Boisguillebert, Pierre Le Pesant, sieur de (1646 bis 1714) französischer Ökonom, Vorläufer der Physiokraten, Begründer der klassischen bürgerlichen Nationalökonomie in Frankreich. 181 Bonald, Louis-Gabriel-Ambroise, vicomte de (1754-1840) französischer Politiker und Publizist, Monarchist; einer der Ideologen der aristokratischen und klerikalen Reaktion in der Restaurationsperiode. 330 Bonifazius (Bonifatius) (etwa 680 - etwa 755) Kirchenorganisator des frühen Mittel
alters, Missionar des Papstes bei den deutschen Stämmen, später Bischof. 231 Bossuet, Jacques-Benigne (1627-1704) französischer Schriftsteller, Theologe und Kirchenpolitiker, Ideologe der katholischen Reaktion und des Absolutismus. 511 512 Bouille, Francis-Claude-Amour, marquis de (etwa 1740-1800) französischer Militär unter Ludwig XVI., verteidigte den französischen Kolonialbesitz in Amerika gegen die Engländer. 481 Brissot, Jacques-Pierre (1754-1793) Politiker der Französischen Revolution; zu Beginn der Revolution Mitglied des Jakobinerklubs, später Führer und Theoretiker der Girondisten. 181 Browning, G. Verfasser von „The domestic and financial Condition of Great Britain" [Die innenpolitischen und finanziellen Verhältnisse Großbritanniens]. 165 Bruno, Sankt siehe Bauer, Bruno Buchez, Philippe-Joseph-Benjamin (1796 bis 1865) französischer Politiker und Historiker, bürgerlicher Republikaner: einer der Ideologen des katholischen Sozialismus, Schü 1er Saint-Simons; 1848 Präsident der provisorischen Regierung. 207-209 Buhl, Ludwig Heinrich Franz (1814 bis etwa 1882) deutscher Publizist, Junghegelianer. 180 Buonarroti, Filippo Michele (1761-1837) italienischer Revolutionär, Teilnehmer an der revolutionären Bewegung in Frankreich Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts; utopischer Kommunist, Mitkämpfer Babeufs. Buonarrotis Buch „Conspiration pour l'6galit6 dite de Babeuf" [Babeuf und die Verschwörung für die Gleichheit] (1828) diente der Wiedererweckung der Babeufschen Traditionen in der revolutionären Arbeiterbewegung. 496
Cabarrus, Francis, comte de (1752-1810) unter Joseph Bonaparte Finanzminister in Spanien. 482
Cabet, Etienne (1788-1856) französischer Jurist und Publizist, utopischer Kommunist, Verfasser des utopischen Romans „Voyage en Icarie" [Reise nach Ikarien] (1842). 207-209 448 449 478 507-518 Calderon, Pedro de la Barca (1600-1681) spanischer Dichter und Dramatiker. 436 Camoes (Camoens), Luis Vaz de (1524-1580) portugiesischer Dichter der Renaissance. 414 CarnoU Lazare-Nicolas (1753-1823) französischer Mathematiker, Politiker und Militärfachmann, bürgerlicher Republikaner; in der Zeit der Französischen Revolution Jakobiner, später Teilnehmer des konterrevolutionären Staatsstreichs am 9. Thermidor, 1795 Mitglied des Direktoriums, unter Napoleon I. zeitweilig Kriegsminister; 1815 von den Bourbonen aus Frankreich verbannt. 496 Carriere (Carrikre), Moriz (1817-1895) deutscher idealistischer Philosoph, Professor der Ästhetik. 319 Cartesius siehe Descartes, Rend Cäsar, Gajus Julius (etwa 100-44 v. u. Z.) römischer Feldherr und Staatsmann. 430 Cato, Marcus Porcius uticensis (Cato der Jüngere) (95-46 v. u. Z.) römischer Philosoph und Staatsmann, Republikaner, Stoiker; ging nach Casars Sieg freiwillig in den Tod. 496 Cervantes Saavedra, Miguel de (1547-1616) spanischer realistischer Schriftsteller. 188 216 220 221 252 255 264 289 324 327 352 385 409 419 429 430 436 Chamisso, Adalbert von (1781-1838) deutscher Dichter französischer Herkunft. 299 Charles X. siehe Karl X. Chastellux, Frangois-Jean, marquis de (1734 bis 1788) französischer Militär und Publizist, Teilnehmer des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, stand in Verbindung mit Voltaire und den Enzyklopädisten. 448 Chtrbuliez, Antoine-Elisie (1797-1869) Schweizer Ökonom, Anhänger Sismondis
der dessen Theorie mit Elementen der Ricardoschen Theorie vereinigte. 66 Chevalier, Michel (1806-1879) französischer Ingenieur, Ökonom und Publizist; in den dreißiger Jahren Anhänger Saint-Simons, später Vertreter der bürgerlichen Frei. handelsbestrebungen. 285 372 490 497 Chili, Sir Josiah (1630-1699) englischer Ökonom, Merkantilist, Bankier und Kaufmann. 181 Chouroa (Churoa) siehe Rochau, August Ludwig von Christus Gestalt aus dem Neuen Testament. 138 141 142 171 365 Ciavelin, G. zusammen mit Kerverseau Verfasser der „Histoire de la Revolution de France ... par deux amis de la liberte". 162 Clemens Alexandrinus, Titus Flavius (etwa 150 - etwa 215) christlicher Theologe, idealistischer Philosoph. 125 Cobbet, William (etwa 1762-1835) englischer Politiker und Publizist bäuerlicher Herkunft, prominenter Vertreter des kleinbürgerlichen Radikalismus, kämpfte für die Demokratisierung der politischen Ordnung in England. 451 Cobden, Richard (1804-1865) Fabrikant in Manchester, Liberaler, Anhänger des Freihandels, einer der Gründer der Anti-CornLaw League (Antikorngesetzliga). 431 Comte, Frangois-Charles (1782-1837) französischer liberaler Publizist, Vulgärökonom. 290 Conde, Louis-Joseph de Bourbon, prince de (1736-1818) französischer Feudalherr, kämpfte mit seinem Emigrantenkorps gegen die französische Republik. 516 Condorcet, Marie-Jean-Antoine- Nicolas, marquis de (1743-1794) französischer Soziologe, Aufklärer; zur Zeit der Französischen Revolution schloß er sich den Girondisten an. 515 516 Constant-Rebeque, Henri-Benjamin de (1767 bis 1830) französischer liberaler Politiker, Publizist und Schriftsteller; befaßte sich mit Fragen des Staatsrechts. 330
Cooper, Thomas (1759-1840) amerikanischer Gelehrter und Politiker, bürgerlicher Aufklärer, prominenter Vertreter der bürgerlichen Nationalökonomie in den USA. 377 476 Courier de Mere, Paul-Louis (1772-1825) französischer Philologe und Publizist, bürgerlicher Demokrat; trat gegen die aristokratische und klerikale Reaktion in Frankreich auf. 451 Crispinus (um 100) einer der Höflinge des römischen Kaisers Domitian. 156 206
Dähnhardt, Marie Wilhelmine (1818-1902) gehörte dem Berliner Kreis der Freien an; war von 1843 bis 1847 mit Johann Caspar Schmidt (Max Stirner) verheiratet; Stirner widmete ihr als „Meinem Liebchen Marie Dähnhardt" sein Buch „Der Einzige und sein Eigenthum". 163 175 186 190 264 281 291 348 353 382 385 428 \ Dalai Lama Oberhaupt des Lamaismus; seit dem 17. Jahrhundert zugleich weltlicher Herrscher von Tibet. 523 Dalton, John (1766-1844) englischer Chemiker und Physiker, Begründer der Atomtheorie in der Chemie. 124 Danton, Georges-Jacques (1759-1794) Advokat in Paris; Politiker der Französischen Revolution, Führer des rechten Flügels der Jakobiner. 319 Demokjit(os) von Abdera (etwa 460-370 v. u. Z.) griechischer Philosoph, einer der Begründer der Atomistik; gab als erster ein materialistisches Weltbild, das durch viele Schüler weiterentwickelt wurde. 124 Descartes (Cartesius), Rene (1596-1650) französischer Philosoph, Mathematiker und Naturforscher. 156 Desmoulins, Lucie-Simplice-Camille-Benoit (1760-1794) Advokat in Paris, Teilnehmer der Französischen Revolution, Freund Dantons. 474 Destutt de Tracy, Antoine-Louis-Claade, comte (1754-1836) französischer Vulgärökonom, sensualistischer Philosoph; An
hänger der konstitutionellen Monarchie. 209 210 212 Delix amis de la liberte (Zwei Freunde der Freiheit) Pseudonym von Clavelin und Kerverseau. Diogenes Laertius (3. Jahrhundert) altgriechischer Geschichtsphilosoph. 122-124 DonQuijote (Quixote) Gestalt aus dem gleichnamigen Roman von Cervantes; siehe auch Szeliga Dottore Graziano siehe Rage, Arnold Duchdtel, Charles-Marie-Tanneguy, comte (1803-1867) französischer Staatsmann, Orleanist, 1839 und 1840-1848 Innenminister; Malthusianer. 343 Dulcinea von Toboso Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes, siehe Dähnhardt, Marie WUhehnine Dunoyer, Barthilemy-Charles-Pierre-Joseph (1786-1862) französischer Vulgärökonom und bürgerlicher Politiker. 431 Dupin, Andre-Marie-Jacques (1783-1865) französischer Advokat und Politiker, Orleanist, 1849 Präsident der gesetzgebenden Versammlung, ging 1857 zu den Bonapartisten über. 495 Duüergier de Hauranne, Prosper (1798 bis 1881) französischer liberaler Politiker und Publizist. 147
Eden, Sir Frederic Morton (1766-1809) englischer bürgerlicher Ökonom, Schüler Adam Smiths. 201 Edmonds, Thomas Rowe (1803-1899) englischer Ökonom; utopischer Sozialist, der aus der Theorie Ricardos sozialistische Schlußfolgerungen zog. 448 Edward VI. (1537-1553) König von England (1547-1553). 185 Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich (1779 bis 1856) preußischer Staatsmann, Kultusminister (1840-1848). 351 Einzige, der siehe Stirner, Max Emanuel Gestalt aus „Hesperus oder 45 Hundsposttage" von Jean Paul. 122 Encke, Johann Franz (1791-1865) deutscher Astronom. 378
Enfantin, Barthelerny-Prosper (auch Päre Enfantin) (1796-1864) französischer utopischer Sozialist, einer der nächsten Anhänger Saint-Simons; zusammen mit Bazard leitete er die saint-simonistische Schule. 147 473 489 495-497 Engels, Friedrich (1820-1895). Epikur (etwa 341 - etwa 270 v. u. Z.) altgriechischer materialistischer Philosoph, Atheist. 123-125 Ewald, Johann Ludwig (1747-1822) deutscher Theologe, Professor der Moral. 105
Faucher, Julius (Jules) (1820-1878) deutscher Vulgärökonom und Schriftsteller, Junghegelianer, Anhängei des Freihandels in Deutschland. 94 97 Fauchet, Claude (1744-1793) französischer Bischof, einer der Ideologen des „Cercle social" (siehe Anm. 90), 1793 zusammen mit Girondisten hingerichtet. 181 Feuerbach, Ludwig Andreas (1804-1872). 5-7 13 17 18 41-46 74 79 81-91 93 98-101 113 117 119 121 129 143 175 215-219 236 240 265 318 349 364 430 432 433 435 442 447 455 477 479 500 519 533-536 539 541-543 Fichte, Johann Gottlieb (1762—1814). 82 90 247 Fidvie, Joseph (1767-1839) französischer royalistischer Politiker und Journalist. 330 Fourier, Frangois-Marie-Charles (1772 bis 1837) französischer utopischer Sozialist. 187 218 239 401 448 449 470 473 479 498-507 Francke, August Hermann (1663-1727) evangelischer Theologe, Pietist, Gründer der Franckeschen Stiftungen in Halle (1695) (Schulen, Waisenhaus usw.). 231 Franz I. (1494-1547) König von Frankreich" (1515-1547). 255 318 Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) König von Preußen (1840-1861). 252 313 322 327 348
Geliert, Christian Färchtegott (1715-1769) deutscher Schriftsteller und Fabeldichter. 366 Gines Don Passamonte Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes. 329 Godwin, William (1756-1836) englischer kleinbürgerlicher Schriftsteller und Publizist, Rationalist; einer der Begründei des Anarchismus. 387 397 Goethe Johann Wolf gang von (1749-1832). 43 312 313 400 420 Greaves, James Pierrepont (1777-1842) englischer Pädagoge, befaßte sich mit Projekten für die Arbeitsorganisation der Landarbeiter. 448 Gregor VII. (Hildebrand) (etwa 1020-1085) römischer Papst (1073-1085). 161 Grotius, Hugo (Hwgh de Groot) (1583-1645) niederländischer Staatsrechtslehrer, Jurist; einer der Begründer des neueren bürgerlichen Völkerrechts. 511 Grün, Karl (1817-1887) kleinbürgerlicher Publizist, in den vierziger Jahren einer der Hauptvertreter des „wahren" Sozialismus. 473-520 Guizot, Frangois-Pierre-Guillaume (1787 bis 1874) französischer Historiker und Staatsmann, leitete von 1840-1848 die Innenund Außenpolitik Frankreichs, vertrat die Interessen der großen Finanzbourgeoisie; Monarchist. 130 201 293 319 386 476 477 508
Habakuk Gestalt aus dem Alten Testament. 338 Haide, Ernst von der Pseudonym von Grün, Karl. 476 Halm, Friedrüh (Pseudonym von Elegitis Franz Joseph, Reichsfreiherr von MiinchBellinghausen) (1806-1871) österreichischer Schriftsteller der romantischen Schule. 284 Hampden, John (1595-1643) englischer Politiker, Mitglied des Langen Parlaments, Führer der puritanischen Opposition in der bürgerlichen Revolution. 181 Hannibal (etwa 247-183 v. u. Z.) karthagischer Heerführer und Staatsmann. 147
Harney. George Julian (1817-1897) einflußreicher Funktionär der englischen Arbeiterbewegung, Führer des linken Flügels der Chartisten; Redakteur des Hauptorgans der Chartisten „The Northern Star"; Freund von Marx und Engels. 448 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831). 13 14 17-19 28 39 41 48 49 82 bis 85 89 90 96 105 106 112 113 117 120 121 125 129 130 132 133 136-138 141 143 147 148 150 152-161 165-169 173 175 176 180 184 189 216 217 224 237 248-250 253 258 259 264 287 300 301 306 308 310 318 319 331 337 394 395 420 442 445 448 460 468 469 474 476 477 479 499 501 518 519 536 553 Heine, Heinrich (1797-1856). 101 316 391 447 454 457 475 498 Hamich VIII. (1491-1547) König von England (1509-1547). 56 Heinrich LXXII. (1797-1853) Fürst des deutschen Zwergstaates Reuß-Lobenstein-Ebersdorf. 252 Helvetius, Claudc-Adrien (1715-1771) französischer Philosoph, Vertreter des mechanischen Materialismus, Atheist; einer der Ideologen der französischen revolutionäi en Bourgeoisie. 226 394-397 Heraklit (Herahleitos aus Ephesos) (etwa 540 bis etwa 480 v. u. Z.) griechischer Philosoph der Antike, einer der Begründer der Dialektik. 122 Herschel, Sir John Freier ick William (1792 bis 1871) englischer Astronom. 378 Herwegh, Georg Friedrich (1817-1875) deutscher revolutionärer Dichter. 453 Heß, Moses (1812-1875) deutscher Publizist, Mitbegründer und Mitarbeiter der „Rheinischen Zeitung", Mitte der vierziger Jahre einer der Hauptvertreter des „wahren" Sozialismus, später Lassalleaner. 79 98 99 101 218 244 319 322 400 401 431 432 434 446 447 453-455 476 478-480 501 518 Heva (Eva) Gestalt aus dem Alten Testament. 94
Hinrichs, Hermann Friedrich Wilhelm (1794 bis 1861) deutscher Professor der Philosophie, Althegelianer. 97 99 319 Hobbes, Thomas (1588-1679) englischer Philosoph, Vertreter des mathematischmechanischen Materialismus. 304 311 394 396 397 460 511 Hobson, Joshua englischer Journalist, Chartist; Herausgeber des „Northern Star". 192 448 Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich (1798-1874) deutscher Dichter und Philologe. 168 Holbach, Paul Heinrich Dietrich, Baron Von (1723-1789) französischer Philosoph, mechanischer Materialist, Atheist; Ideologe der französischen revolutionären Bourgeoisie. 394-397 448 Holyoake, George James (1817-1906) englischer Publizist und Genossenschafter, in den dreißiger und vierziger Jahren Owenist und Chartist. 448 Horaz (Horatius),QuintusFlaccus (65-8 v. u. Z.) römischer Dichter, Verfasser von Oden und Satiren. .123 Hume, David (17M-I776) englischer Philosoph, Historiker und Ökonom; subjektiver Idealist, Agnostiker. 155 397
Ihn (Ebn) Sina siehe AI Hussein Innozenz III. (etwa 1161-1216) römischer Papst (1198-1216).
Jacques le bonhomme siehe Stirner, Max Jakob Gestalt aus dem Alten Testament. 87 88 264 Jean Paul (Pseudonym von Johann Patd Friedrich Richter) (1763-1825) deutscher kleinbürgerlicher satirischer Schriftsteller. 122 179 Jehova (Jahve) Name des israelitischen Gottes. 92 Jeremia Gestalt aus dem Alten Testament. 92 Josia Gestalt aus dem Alten Testament. 92 Josua Gestalt aus dem Alten Testament. 169
Jungnitz, Ernst (gest. 1848) deutscher Publizist, Junghegelianer. 94 Jussieu, Antoine Laurent de (1748-1836) französischer Botaniker. 448 Jussieu, Bernard de (1699-1776). Onkel des vorigen, französischer Botaniker. 448 Juvenalis, Decimus Junius (letzte Hälfte des 1. und erste Hälfte des 2. Jahrhunderts) römischer Satirendichter. 156 206
Kain Gestalt aus dem Alten Testament. 87 Kant, Immanuel (1724-1804). 176-179 478 Kapetinger französische Königsdynastie (987 bis 1328). 130 Karl der Große (etwa 742-814) seit 768 König der Franken; seit 800 römischer Kaiser. 65 201 484 KarlX. (1757-1836) König von Frankreich (1824-1830). 296 516 Kats, Jacob (1804-1886) belgischer Arbeiter, Literat, Funktionär der Arbeiterbewegung, stand unter dem Einfluß der utopischen Sozialisten. 478 * Kaulbach, Wilhelm von (1805-1874) deutscher Maler. 78 Kerverseau, Fr. Marie zusammen mit Ciavelin Verfasser der „Histoire de la Revolution de France ... par deux amis de la liberte". 162 Ket (Kett), Robert (1549 hingerichtet) Führer des Bauernaufstandes in England 1549. 185 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724-1803) deutscher Dichter; einer der ersten Vertreter der bürgerlichen Aufklärung in Deutschland. 266 294 Konfuzius (Confucius, K'ung-tsi) (551-478 v. u. Z.) chinesischer Philosoph und Staatsmann. 509 König Dan siehe O'Connell, Daniel Konrad von Würzburg (gestorben 1287) deutscher Dichter des Mittelalters. 435 Korah Gestalt aus dem Alten Testament. 87 Kömer, Karl Theodor (1791-1813) deutscher Dichter und Dramatiker der romantischen Schule; fiel im Befreiungskrieg gegen Napoleon. 231
Krösus König von Lydien (550-546 v. u. Z.). 337 Krummacher, Friedrich Wilhelm (1796-1868) deutscher calvinistischer Pastor, Führer der Wuppert a 1er Pietisten. 218 Kuhlmann, Georg (geb. 1812) Scharlatan, der sich als „Prophet" ausgab und unter den deutschen Handwerkern und Anhängern Weitlings in der Schweiz in religiösen Phrasen den „wahren" Sozialismus predigte, erwies sich später als Provokateur im Dienste der österreichischen Regierung. 361 377 521-530
Lafayette (La Fayette), Marie-Joseph-Paul, marquis de (1757-1834) französischer Staatsmann und General, nahm am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teil; zur Zeit der Französischen Revolution Befehlshaber der Nationalgarde; 1830 einer der Wegbereiter für die Thronbesteigung Louis-Philippes. 181 Lamartine, Alphonse-Marie-Louis de (1790 bis 1869) französischer Dichter. Historiker und Politiker, in den vierziger Jahren einer der Führer der gemäßigten Republikaner; 1848 Außenminister in der provisorischen Regierung. 508 Lamermais (La Mennais), Fdiciti-Robert de (1782-1854) französischer Abbe, Publizist; einer der Ideologen des christlichen Sozialismus. 524 525 Leihniz, Gottfried Wilhelm Freiherr von (1646 bis 1716) deutscher Mathematiker und idealistischer Philosoph. 162 428 Leonardo da Vinci (1452-1519) italienischer Maler und Gelehrter von universeller Begabung; Baumeister der Renaissance. 378 Lerminier, Jean-Louis-Eugene (1803-1857) französischer Jurist, liberaler Publizist; ab Ende der dreißiger Jahre Konservativer. 476 Leroux, Pierre (1797-1871) französischer Publizist, utopischer Sozialist, Anhänger Saint-Simons. 213 Lessing, Gotthold Ephraim (1729-1781). 319 478
Levasseur (de la Sarthe) Rene (1747-1834) Arzt, Teilnehmer der Französischen Revolution, Jakobiner. 162 496 Licinius (Gajus Licinius Stolo) (um 350 v. u. Z.) römischer Staatsmann in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. u. Z.; als Volkstribun erließ er zusammen mit Sextius Gesetze im Interesse der Plebejer. 24 Linguet, Simon-Nicolas-Henri (1736-1794) französischer Advokat, Publizist, Historiker und Ökonom, übte Kritik an der Theorie der Physiokraten. 181 Linnd, Carl von (1707-1778) schwedischer Naturforscher, Begründer eines Systems zur Klassifizierung der Pflanzen und Tiere. 448 Locke, John (1632-1704) englischer sensualistischer Philosoph, bürgerlicher Ökonom. 394 396 397 510 Lourdoueix, Jacques-Honori Lelarge, haron de (1787-1860) französischer Publizist, Redakteur der „Gazette de France". 330 Louvet de Couvray, Jean-Baptiste (1760 bis 1797) französischer Schriftsteller, Teilnehmer der Französischen Revolution, Girondist. 162 Lucian (Lukian[os]) (etwa 120 - etwa 180) satirischer Schriftsteller des alten Griechenlands. 126 171 Lucretius, Carus Titus (Lukrez) (etwa 95 bis etwa 55 v. u. Z.) römischer Philosoph und Dichter, Materialist, Atheist. 122 125 Ludwig XIV. (1638-1715) König von Frankreich (1643-1715). 484 Ludwig XVI. (1754-1793) König von Frankreich (1774-1792); 1792 durch die Revolution abgesetzt, 1793 hingerichtet. 130 502 514 Ludwig XVIII. (1755-1824) König von Frankreich (1814 und 1815-1824); Bruder Ludwigs XVI., 1791-1814 in der Emigration, 1814 durch die Verbündeten (Heilige Allianz) eingesetzt; in den Hundert Tagen 1815 vertrieben. 516 Ludwig Philipp (Louis-Philippe) (1773-1850) König der Franzosen (1830-1848); wurde als Herzog von Orleans in der Julirevolu
tion von 1830 von der französischen Finanzbourgeoisie auf den Thron erhoben. 477 Luther, Martin (1483-1546). 125 130 154 492 Lyfozrg[os] (Lycurgus) legendärer Gesetzgeber Spartas, lebte nach der Überlieferung im 9. Jahrhundert v. u. Z. 509
Mably, Gabriel-Bonnot de (1709-1785) französischer Soziologe, Vertreter des utopischen Gleichheitskommunismus. 181 512 Machiavelli, Niccold (1469-1527) italienischer Politiker, Historiker und Schriftsteller; Ideologe der italienischen Bourgeoisie in der Periode des Entstehens kapitalistischer Verhältnisse. 304 MacCulloch (M'Culloch), JohnRamsay (1789 bis 1864) englischer bürgerlicher Ökonom, Apologet der kapitalistischen Ordnung, vulgarisierte die Lehre Ricardos. 349 Maistre, Joseph-Marie, comte de (1753-1821) französischer Schriftsteller, Monarchist, Ideologe der aristokratischen und klerikalen Reaktion, erbitterter Feind der Französischen Revolution. 330 Malambruno Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes. 353 Malthus, Thomas Robert (1766-1834) englischer Geistlicher und Ökonom, Verfasser der reaktionären Theorie von der Übervölkerung, die das Elend der Werktätigen rechtfertigen soll. 343 349 Malvoglio (Malvolio) Gestalt aus „Was ihr wollt" von Shakespeare. 90 Mambrino Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes. 220 Marat, Jean-Paul (1744-1793) französischer Publizist, in der Französischen Revolution einer der konsequentesten Führer des Jakobinerklubs; Herausgeber des „Ami du peuple". 181 Maritornes Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes, siehe auch Dähnhardt, Marie Wilhelmine ' Marx, Karl (1818-1883).
Matthäi, Rudolph deutscher Publizist, „wahrer" Sozialist. 458-472 Mauguin, Frangois (1785-1854) französischer Rechtsanwalt und Parlamentarier, Mitglied der Konstituante und der Legislative. 495 Max, Sard^t siehe Stimer, Max Mehemet (Mehemed) Ali (1769-1849) erblicher Statthalter von Ägypten (1805 bis 1849); führte eine Reihe fortschrittlicher Reformen durch. 147 Mercier de La Riviere, Paul-Pierre (1720 bis 1793) französischer Ökonom, Physiokrat; hat „eine Ahnung, daß der Mehrwert in der Manufaktur wenigstens ... etwas zu tun hat mit den Manufakturarbeitern selbst" (Marx). 181 Merlin Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes. 188 Metternich, Clemens Wenzel Lothar, Fürst von (1773-1859) österreichischer Staatsmann und Diplomat, Außenminister (1809-1821) und Kanzler (1821-1848); einer der Organisatoren der Heiligen Allianz. 296 Michelet, Karl Ludwig (1801-1893) deutscher idealistischer Philosoph, Hegelianer, Professor an der Berliner Universität, Mitherausgeber der Hegel-Ausgabe. 105 107 165 166 Mill, James (1773-1836) englischer bürgerlicher Ökonom und Philosoph. 397 Minos legendärer König und Gesetzgeber von Kreta. 509 Mirabeau, Honori-Gabriet- Victor Riqueti, comte de (1749-1791) Politiker der Französischen .Revolution, Verfechter der Interessen der Großbourgeoisie und des verbürgerlichten Adels. 515 Monteil, Amerns-Alexis (1769-1850) französischer bürgerlicher Historiker. 201 326 Montesquieu, Charles de Secondat, baron de La Brede et de (1689-1755) französischer bürgerlicher Soziologe, Ökonom und Schriftsteller, Vertreter der bürgerlichen Aufklärung des 18. Jahrhunderts, Theoretiker der konstitutionellen Monarchie. 267 508 512
Montgaillard, Guillaume-Honore Roqaes (1772-1825) französischer Abb6 und Historiker. 162 Montjoie, Felix- Christophe-Louis Ventre de La Toulouhre (1746-1816) französischer royalistischer Publizist. 162 Moor, Karl Gestalt aus „Die Räuber" von Schiller. 511 More (Morus), Sir Thomas (1478-1535) englischer Politiker (Lordkanzler), humanistischer Schriftsteller, Vertreter des utopischen Kommunismus. 448 Morelly (18. Jahrhundert) Vertreter des utopischen Gleichheitskommunismus in Frankreich. 517 Morgan. John Minter (1782-1854) englischer Schriftsteller, Anhänger Owens. 448 Mose (Moses) Gestalt aus dem Alten Testament. 409 Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791). ,377 475 M. R. Pseudonym von Resnier d'Estourbet Mündt, Theodor (1808-1861) deutscher Schriftsteller, Vertreter des Jungen Deutschlands; später Professor für Literatur und Geschichte in Breslau und Berlin. 473
Nalal Gestalt aus dem Alten Testament. 142 Napoleon 1. Bonaparte <1769-1821) Kaiser der Franzosen (1804-1814 und 1815). 46 78 119 121 147 179 258 337 367 Nähterin, die Berliner keusche, sowie Nähterin, die freie siehe Dähnhardt, Marie Wilhelmine Nauwerck (Nauwerk), Karl (1810-1891) Publizist und Politiker; Mitarbeiter an den „Hallischen Jahrbüchern", den „Deutschen Jahrbüchern", den „Anekdota" und der „Rheinischen Zeitung"; gehörte dem Berliner Kreis der Freien an; Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung (äußerste Linke). 94 319 Newton, Sir lsaac (1642-1727) englischer Physiker, Astronom und Mathematiker; Begründer der Wissenschaft der Mechanik. 59 486-488
Noah Gestalt aus dem Alten Testament. 474 Nougaret, Pierre- Jean-Baptiste (1742-1823) französischer Publizist und Historiker. 162
O'Connell, Daniel (1775-1847) irischer Advokat und Politiker, Führer des rechten, liberalen Flügels der nationalen Befreiungsbewegung des irischen Volkes (R^epeal-Association). 231 269 518 Oelckers, Hermann Theodor (1816-1869) deutscher demokratischer Schriftsteller. 442 Otto das Kind siehe Otto I. Ottol. (1815-1867) König von Griechenland (1832-1862).' 337 Owen, Robert (1771-1858) englischer utopischer Sozialist. 197 377 448 449 543
Paulus Gestalt aus dem Neuen Testament. 125 Peltier, Jean-Gabriel (1765-1825) französischer royalistischer Publizist. 162 Pereire, lsaac (1806-1880) mit seinem Bruderjacques- Iimile (1800-1875) zusammen zunächst als kleine Makler Anhänger Saint-Simons, später Bankiers. 213 Perikles (etwa 493-429 v. u. Z.) athenischer Staatsmann; Führer der athenischen Demokratie zur Zeit ihrer höchsten wirtschaftlichen und kulturellen Blüte. 121 Persiani, Fanny (1812-1867) italienische Sängerin. 426 Petty, Sir William (1623-1687) englischer Ökonom und Statistiker, Begründer der klassischen bürgerlichen Ökonomie in England. 181 Pfeffel, Gottlieb Konrad (1736-1809) deutscher Fabeldichter. 280 Pfister, Johann Christian (1772-1835) deutscher Kirchenpolitiker und bürgerlicher Historiker. 221 Phaeton griechischer Göttersohn. 353 Pharao Titel der altägyptischen Könige. 391 Philippson (Dessau), Ludwig (1811-1889) liberaler Rabbiner, schrieb gegen Bruno Bauer. 98
Pilatus, Pontius (1. Jahrhundert) römischer Prokurator von Judäa (26-36). 104 121 127 Pinto, Isaac (1715-1787) holländischer Börsenspekulant; ökonomischer Schriftsteller. 59 345 Piaton (Plato) (etwa 427- etwa 347 v. u. Z.) griechischer idealistischer Philosoph. Ideologe der Sklavenhaltergesellschaft. 126 157 Plutarch (etwa 46 - etwa 125) griechischer moralistischer Schriftsteller und idealistischer Philosoph. 125 Polynices (Polyneik.es) Gestalt aus der „Antigone" von Sophokles. 121 Poseidon griechischer Meeresgott. 105 Proudhon, Pierre-Joseph (1809-1865) französischer Publizist, Ideologe des Kleinbürgertums, einer der theoretischen Begründer des Anarchismus. 163 197 206 318 336 348 364 408 473 478-480 499 506 519 525 Pufendorf, Samuel Freiherr von (1632-1694) deutscher Staatsrechtler und Historiker, Vertreter der bürgerlichen Theorie des „Naturrechts". 511 512 Püttmann, Hermann (1811-1894) deutscher radikaler Dichter und Journalist, Mitte der vierziger Jahre „wahrer" Sozialist. 446 470 Pythagoras (Pythagore) (etwa 580- etwa 496 v. u. Z.) altgriechischer Mathematiker; idealistischer Philosoph, Ideologe der Sklavenhalteraristokratie. 509
Rabelais, Franqois (etwa 1494-1553) französischer humanistischer Schriftsteller der Renaissance. 175 Raffael (Raffaelo Santi) (1483-1520) italienischer realistischer Maler der Renaissance. 375 377 Ranke, Leopold (1795-1886) 1865 geadelt; deutscher Historiker, Ideologe des preußischen Junkertums. 283 Regnier d'Estourbet, Hippolyte (Pseudonym M. R.) (1804-1832) französischer Schriftsteller und Historiker. 162
Reichardt, Carl Ernst Buchbindermeister in Berlin, Anhänger Bruno Bauers, Mitarbeiter der „Allgemeinen LiteraturZeitung". 201 213 Reybaud, Marie-Roch-Louis (1799-1879) französischer Schriftsteller, Ökonom und liberaler Publizist. 480-484 486 488 491-498 507 519 Ricardo, David (1778-1823) englischer Ökonom, Vertreter der bürgerlichen politischen Ökonomie. 388 Robespierre, Maximilien-Marie-Isidor de (1758-1794) Politiker der Französischen Revolution, Führer der Jakobiner; 1793 bis 1794 Haupt der revolutionären Regierung. 161-163 225 231 320 389 474 Rochau, August Ludwig von (Pseudonym Churoa) (1810-1873) deutscher liberaler Publizist und Historiker. 499 Rodrigues, Benjamin-Olinde (1794-1851) französischer Finanzmann und Publizist, Schüler Saint-Simons, einer der Begründer und Leiter der saint-simonistischen Schule. 481 488 Rohmer, Friedrich (1814-1856) philosophischer und politischer Schriftsteller. 526 Roland de la Piatiere, Jeanne-Manon (1754 bis 1793) französische Schriftstellerin, Teilnehmerin der Französischen Revolution, Girondistin. 162 Rosenkranz, Johann Karl Friedrich (1805 bis 1879) deutscher Philosoph und Literaturhistoriker,Hegelianer,Professor in Königsberg. 496 Rothschild internationales Bankhaus. 337 Rotteck, Karl Wenzeslaus Rodecker von (1775 bis 1840) Historiker und liberaler Politiker. 337 Rousseau. Jean-Jacques (1712-1778) französischer Aufklärer, Demokrat, Ideologe des Kleinbürgertums. 75 317 386 387 512 513 Rüge, Arnold (1802-1880) deutscher Publizist, Junghegelianer, 1844 mit Marx Herausgeber der „Deutsch-Französischen Jahrbücher"; kleinbürgerlicher Demokrat,
nach 1866 Nationalliberaler. 80 114 218 229 Rumford siehe Thompson, Sir Benjamin Rutenberg, Adolf (1808-1869) deutscher Publizist, Junghegelianer; nach 1866 Nationalliberaler. 318
Saint-Just, Louis-Antoine-Lion de (1767 bis 1794) Politiker der Französischen Revolution, führender Jakobiner, engster Vertrauter Robespierres. 161-163 225 320 389 Saint-Simon, Claude-Henri de Rouvroy, comte de (1760-1825) französischer utopischer Sozialist. 451 461 463 464 470 473 479-498 525 Salomofn) (etwa 970-930 v. u. 2.) König von Israel. 338 351 Sancho Pansa Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes; siehe auch Stimer, Max Sand, George (Pseudonym von AmandineLucie-Aurore Dupin, baronne Dudevant) (1804-1876) französische Schriftstellerin, Verfasserin mehrerer Romane über soziale Themen, Vertreterin der humanitären Strömung in dei Romantik. 163 Sarran (Sarrans). Jean-Raimond-Pascal (1780 bis 1844) französischer royalistischer Publizist. 330 Say, Jean-Baptiste (1767-1832) französischer Vulgärökonom, „der seine fade Oberflächlichkeit darunter zu verstecken sucht, daß er die Halbheiten und Böcke A[dam] Smiths in absolut-allgemeine Phrasen auflöst" (Marx). 507 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von (1775 bis 1854) deutscher Philosoph, Vertreter des deutschen Idealismus Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts. 117 175 479 Schiller, Friedrich von (1759-1805). 88 477 511-513 Schlegel, August Wilhelm von (1767-1845) deutscher Dichter, Übersetzer und Literaturhistoriker; bekannt durch seine Übersetzung Shakespeares. 391
Schlosser, Friedrich Christoph (1776-1861) deutscher bürgerlicher Historiker, Liberaler. 319 Schmidt, Johann Caspar siehe Stimer, Max Semmig, Friedrich Hermann (1820-1897) deutscher Schriftsteller, Mitte der vierziger Jahre „wahrer" Sozialist. 445-458 Senior, Nassau William (1790-1864) englischer Vulgärökonom, einer der „offiziellen ökonomischen Wortführer der Bourgeoisie" (Marx). 344 Sesöstris (ägyptisch: Senwosret) legendäre ägyptische Könige. In den griechischen, von Herodot und Diodor überlieferten Sesostris-Sagen sind Züge verschiedener Träger des Namens vereinigt. 147 Shakespeare, William (]564-\6]6). 90 212 Sieyes, Emmanuel-Joseph (1748-1836) französischer Abbe, Teilnehmer der Französischen Revolution, Vertreter der Großbourgeoisie. 508 515 Sigismund I. (etwa 1361-1437) deutscher Kaiser (1411-1437). 255 Sismondi, Jean-Charles-Leonard Simonde de (1773—1842) Schweizer Ökonom und Historiker, kritisierte den Kapitalismus „vom Standpunkt des Kleinbürgers" (Lenin). 66 67 183 497 Smith, Adam (1723-1790) englischer Ökonom, Vertreter der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie. 59 377 515 Sokrates (etwa 469 - etwa 399 v. u. Z.) griechischer idealistischer Philosoph, Ideologe der Sklavenhalteraristokratie. 121 122 130 Sophokles (etwa 497 - etwa 406 v. u. Z.) griechischer Dramatiker. 120 Southwell, Charles (1814-1860) englischer utopischer Sozialist, Anhänger Owens; Gründer der atheistischen Zeitung „The Oracle of Reason". 448 Spartakus (gefallen 71 v. u. Z.) römischer Gladiator, Führer des größten Sklavenaufstandes im Alten Rom (73-71 v. u. Z.). 202
Spence, Thomas (1750-1814) englischer utopischer Sozialist, trat für die Abschaffung des Privateigentums an Grund und Boden und die Errichtung eines Agrarsozialismus ein. 448 Spinoza, Baruch (Benedictas) (1632-1677) holländischer materialistischer Philosoph, Atheist. 82 90 162 304 Stehely Besitzer einer Konditorei am Gendarmenmarkt (heute Platz der Akademie) in Beilin, die den Berliner Literaten als Treffpunkt und den Freien als Tagungslokal diente. 307 Stein, Heinrich Friedrich Karl, Reichsfreiherr vom und zum (1757-1831) preußischer Staatsmann, war an der Durchführung gemäßigter bürgerlicher Reformen beteiligt, die die Festigung des preußischen Staates bezweckten. 336 Stein, Lorenz von (1815-1890) Hegelianer, Professor der Philosophie und des Staatsrechts an der Universität Kiel, Geheimagent der preußischen Regierung. 191 442 473 480-484 486-499 518 519 525 Stimer, Mox (Pseudonym von Johann Caspar Schmidt) (1806-1856) deutscher Philosoph, Junghegelianer, einer der Ideologen des bürgerlichen Individualismus und Anarchismus; Verfasser des Buches „Der Einzige und sein Eigenthum". 13 19 37-42 45 49 71 75 79-81 84-86 89-91 98-438 450 454 Stratton, Charles Shertßood (1838-1883) amerikanischer Zwerg, der unter dem Pseudonym „GeneralTom Thumb [General Däumling]" auftrat. 100 Strauß, David Friedrich (1808-1874) deutscher Philosoph und Publizist, Junghegelianer; nach 1866 Nationalliberaler. 17 19 159 Sue, Eughne (1804-1857) französischer Schriftsteller, Verfasser spießbürgerlichsentimentaler Romane über soziale Themen. 276 Säßmayer, Franz Xaver (1766-1803) österreichischer Komponist. 377
Szeliga (Pseudonym von Franz Szeliga Zychlin von Zychlinsky) (1816-1900) preußischer Offizierjunghegelianer; Mitarbeiter der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" und der „Norddeutschen Blätter". 101 104-106 132-136 138 139 144 154 173-175 205 220 250-252 258 266 276 298 326-328 350 352 353 370 382-384 433-435
Tertullianfus), Quintas Septimius Florens (etwa 160 - etwa 220) altchristlicher Theologe, Obskurant. 147 Teste, Charles (gest. 1848) französischer utopischer Kommunist, Anhänger Babeufs, Teilnehmer der republikanischen Bewegung zur Zeit der Julimonarchie. 496 Themistokles (etwa 525 - etwa 460 v. u. Z.) griechischer Staatsmann und Heerführer aus der Zeit der griechisch-persischen Kriege, Vertreter der radikal-demokratischen Strömung in Athen. 3 37 Thompson, Sir Benjamin, Count of Rumford (1753-1814) englischer Offizier amerikanischer Abstammung, Abenteurer, stand eine Zeitlang im Dienst der bayrischenRegierung; richtete Arbeitshäuser für Bettler ein und stellte Rezepte für Armenspeisung aus billigen Surrogaten zusammen. 217 253 Thompson, William (etwa 1785-1833) irischer Ökonom, zog aus Ricardos Theorie sozialistische Schlußfolgerungen; Anhänger Owens. 448 Timon von Phlius (etwa 320 - etwa 230 v. u. Z.) griechischer Philosoph, Skeptiker. 121 127 Tizian (Tiziano Vecellio) (1477-1576) italienischer realistischer Maler der Renaissance. 378 Tom Thumb siehe Stratton, Charles Sherwood Torralva Gestalt aus „Don Quijote" von Cervantes, siehe Dähnhardt, Marie Wilhelmine Trajanfus), Marcus Ulpius (etwa 53-117) römischer Kaiser (98-117). 413
Turgot, Arme-Robert-Jacques, baron de L'Aulne (1727-1781) französischer Ökonom und Staatsmann, Physiokrat, Schüler Quesnays; Generalkontrolleur der Finanzen (1774-1776). 502 512-515 Tyler, Wat (gest. 1381) Führer des englischen Bauernaufstandes 1381. 185
Ursula Heilige. 264
Vauguyon, Paul-Frangois, duc de la (1746 bis 1828) französischer Staatsmann, Gesandter in Holland (1770) und Spanien (1784-1790). 482 Venedey, Jakob (1805-1871) deutscher radikaler Publizist und Politiker; nach der Revolution von 1848/49 Liberaler. 41 Vernet, Horace (1789-1863) französischer Schlachtenmaler. 378 Villegardelle, Frangois (1810-1856) französischer Publizist, Anhänger Fouriers, später utopischer Kommunist. 517 Vincke, Friedrich Ludwig Wilhelm Philipp Freiherr von (1774-1844) preußischer Staatsmann. 336 Virgil (Publius Vergilius Maro) (70-19 v. u. Z.) römischer Dichter. 408 Voltaire, Frangois-Marie Arouet de (1694 bis 1778) französischer deistischer Philosoph, satirischer Schriftsteller und Historiker; Vertreter der bürgerlichen Aufklärung des 18. Jahrhunderts. 513 514
Wade, John (1788-1875) englischer Publizist, Ökonom und Historiker. 183 Washington, George (1732—1799) amerikanischer General im Unabhängigkeitskriege und erster Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika (1789 bis 1796). 481 Watts, John (1818-1887) englischer utopischer Sozialist, Anhänger Owens; später bürgerlicher Liberaler. 192 448 Weitling, Wilhelm Christian (1808-1871) von Beruf Schneider; einer der Theoretiker des utopischen Gleichheitskommunismus. 187 207 448 Wigand, Otto (1795-1870) deutscher Verleger und Buchhändler; seine Leipziger Firma brachte Werke radikaler Schriftsteller heraus. 101 Wischnu (Vishnu) indische Gottheit. 431 Wöniger (Woeniger), August Theodor deutscher bürgerlicher Schriftsteller. 201 213
Zeno(n) (426-491) byzantinischer Kaiser (474-491). 185 Zenofn) aus Kition (etwa 336-264 v. u. Z.) griechischer Philosoph, Begründer des Stoizismus. 123 Zeus griechischer Gott. 92 Zarathustra (Zoroastre) altiranischer Religionsstifter. 509
Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen Ausdrücke
Abnormität Regelwidrigkeit; Naturwidrigkeit absolvieren lossprechen; erledigen; ableisten absorbieren einsaugen, aufsaugen; gänzlich in Anspruch nehmen Abstraktum allgemeiner Begriff, der durch Absehen vom Besonderen eines Gegenstandes und Aussonderung seiner wesentlichen Merkmale gebildet wurde absurd unvernünftig, unsinnig; albern Adagio langsames Musikstück adäquat angemessen, übereinstimmend, entsprechend Administration Verwaltung, Verwaltungsbehörde adoptieren annehmen adulterieren verfälschen; ehebrechen Affektion Erregung; Zuneigung affizieren angreifen, bewegen Aggregatzustand der feste, flüssige oder gasförmige Zustand eines Stoffes Ägide Schild; Schutz, Obhut, Leitung Agiotage Börsenspekulation, die Preisschwankungen , von Geldsorten, Wertpapieren und Waren ausnutzt und oftmals die Kurse zu beeinflussen versucht Agioteur Börsenspekulant Akkord Übereinstimmung; Zusammenklang mehrerer Töne verschiedener Höhe Akteur handelnde Person (in einer politischen Aktion),. Schauspieler Akzent Betonung, Nachdruck Akzidens äußerlich Hinzukommendes; Zufälliges; unwesentliche Eigenschaft
alias auch ... genannt; eigentlich ... Alimentation Gewährung von Lebensunterhalt Allegorie sinnbildliche Darstellung von unanschaulichen Begriffen alterieren verändern; erregen, aufregen; ärgern Anachronismus den Zeitläufen nicht Entsprechendes; Zeitwidrigkeit analog ähnlich, entsprechend anno im Jahre antediluvianisch vorsintflutlich Anthropologie Lehre, die sich mit der Entstehung und Entwicklung des Menschen, der Völker und ihrer Kulturen befaßt Antipode auf dem entgegengesetzten Standpunkt stehender Mensch; Gegner, Widersacher antiquiert veraltet Antistrophe Gegenstrophe; zweiter Teil im Aufbau eines Gedichts, Umwendung der gewöhnlichen Konstruktion Antizipation Vorwegnahme; vorgefaßte Meinung, die auf abstrakten Überlegungen beruht und die Erfahrung ignoriert Aphasie Verzicht auf Aussagen über Dinge, von denen man nichts Genaues weiß Apokalyptiker Verfasser einer religiösen Schrift, die eine Deutung des Weltlaufs und eine Offenbarung des Weltendes zum Inhalt hat ' •/4jt>o/o£ieVerteidigung;Rechtfertigunggegenüber Angriffen Apostrophe dichterische, feierliche Anrede
auch an abwesende Personen oder leblose Dinge Apotheose Vergötterung; Erhebung eines Menschen zur Gottheit applizieren anwenden; auch beibringen; verabreichen; (Farben) auftragen /Ipposftion Beisatz,erklärenderZusatz;Hauptwort, das ein anderes Hauptwort näher bezeichnet approfondieren erforschen, ergründen, untersuchen a priori von vornherein; angeblich ohne erfahrungsmäßige Grundlage gegeben, aus dem bloßen Denken stammend Aquädukt Brücke, auf der in Rohren, Rinnen oder Kanälen Wasser über Täler und Schluchten geleitet wird; altrömische Wasserleitung Äquivalent Gegenwert, gleichwertiger Ersatz, Entschädigung, Ausgleich Arabeske rankenförmiges Ornament; Verzierung, Schnörkel Askese Selbstüberwindung, Entsagung; Bußübung; enthaltsame Lebensweise Aspekt Ansicht, Anblick, Gesichtspunkt, Blickrichtung Assekuranz-Kompanie Versicherungsgesellschaft Assertion bestimmte Behauptung, Versicherung; Feststellung assortieren (Waren) nach Arten ordnen und vervollständigen; passend zusammenstellen Assoziation Vereinigung, Genossenschaft; Organisation Asteroiden — Planetoiden kleine Planeten, von denen bis jetzt etwa 4000 beobachtet wurden und die sich vorwiegend zwischen der Mars- und der Jupiterbahn bewegen Ataraxie Gleichmut, Seelenruhe, Unerschrockenheit, Unerschütterlichkeit Atheismus wissenschaftlich begründete Verneinung der Religion, des Glaubens an Wunder, an eine jenseitige Welt usw. Attraktion Anziehung, Anziehungskraft, Anziehungspunkt Attribut (wesentliches) Merkmal; bleibende Eigenschaft; Kennzeichen eines Dinges
Auditorium Hörsaal, Zuhörerschaft Augiasstall Bezeichnung für verrottete Zustände - nach dem völlig verschmutzten, von Herkules gereinigten Rinderstall des altgriechischen Königs den Augiasstall reinigen eine mühevolle und unangenehme Arbeit verrichten Auspizien (unter jemandes) Oberleitung; schützende Obhut Axiom grundlegender Leitsatz, der keines Beweises bedarf; unumstößliche, einleuchtende Tätsache
Babouvismus Lehre des französischen utopischen Kommunisten Babeuf biliös gallig; zornig bizarr seltsam, ungewöhnlich; launenhaft Bombast Redeschwulst, Wortschwall Bonhomie Gutmütigkeit, Biederkeit, Einfalt Bonhomme gutmütiger, einfältiger Mensch borniert beschränkt, begrenzt. Im vorl. Bd.: lokal beschränkt, unentwickelt bramarbasieren prahlen, aufschneiden, großtun brouillieren in Verwirrung bringen; entzweien, veruneinigen burlesk derbkomisch, possenhaft
Cajus lat. Name, der in der theoretischen Logik als Beispiel für ein beliebiges menschliches Individuum steht. Z.B.: Alle Menschen sind sterblich. Cajus ist ein Mensch. Folglich ist Cajus sterblich Camera obscura dunkle Kammer, Lochkamera, ein in seiner Längsausdehnung veränderlicher dunkler Raum, auf dessen Rückwand (z.B. Mattscheibe) die durch ein Loch oder eine Linse einfallenden Strahlen das umgekehrte Bild eines Gegenstandes erzeugen; Grundbestandteil jedes Photoapparates Cancan aus Algier stammender ungezügelter Modetanz im 19. Jahrhundert chargieren übertreiben, ins Lächerliche ziehen; eine Rolle überdeutlich oder übertrieben gestalten Charte Verfassungsurkunde, Staatsgrundgesetz
Charlatanerie Marktschreierei, Aufschneiderei, Betrügerei; Quacksalberei, Kurpfuscherei christianisieren für das Christentum gewinnen (durch Missionstätigkeit) Christologie kirchlich-dogmatische Lehre von Christus Chronologie Zeitrechnungskunde, Zeitrechnungsforschung; Zeitfolge Chrysalide goldglänzende Schmetterlingspuppe contra (ent)gegen, wider Coup Streich; Kunstgriff Credit = Kredit rechte Seite des Buchführungskontos (Habenseite); Guthaben
dato heute Debet linke Seite eines Buchführungskontos (Sollseite); Schuld, Verbindlichkeit debonnär gutmütig, sanft(mütig), nachsichtig debütieren zum ersten Male öffentlich auftreten dedizieren widmen, zueignen; stiften, schenken Deduktion Herleitung des Besonderen aus dem Allgemeinen, Denkweg vom Allgemeinen zum Besonderen; Beweis Deismus religiöse Anschauung der Aufklärung, die einen Gott als Weltschöpfer anerkennt, ihm aber das Einwirken auf den Welt lauf abspricht; Vernunftreligion Dekpmposition Zerlegung, Auflösung in die Bestandteile; allgemeiner Verfall, Erschöpfung, Auflösung dekretieren verordnen, anordnen, eine Verfügung erlassen delektieren, sich sich ergötzen, sich gütlich tun, sich laben depreziieren — depretiieren gering schätzen; entwerten, im Preis herabsetzen Despekt Geringschätzung, Verachtung Destruktion Zerstörung, Verwüstung, gänzlicher Verfall detachieren entsenden; absondern; (für besondere Aufgaben) abordnen devot ergeben; andächtig; unterwürfig, gefügig
Devouement (Devoüment) Ergebenheit; Aufopferung; Hingebung Diatribe belehrender Vortrag; gelehrte Abhandlung; Streit- und Schmähschrift disparat ungleichartig; unvereinbar, widersprechend Disposition Anordnung, Plan; Verfügung Disputation Meinungsaustausch; wissenschaftliches Streitgespräch Dissonanz Unstimmigkeit, Mißklang Distinktion Unterscheidung, Unterscheidungszeichen (deutliche Vorstellung des Unterschieds verwandter Begriffe) Distribution Verteilung, Austeilung Dithyrambos ursprünglich griechisches Festlied auf den Gott Dionysos; im übertragenen Sinne: schwärmerisches Loblied, überschwengliche Lobrede ditto — dito dasselbe, besagt dasselbe Diversion Abwendung, Ablenkung (veränderte Richtung); unerwarteter Angriff von der Seite oder im Rücken Doktrin starre Lehrmeinung, die auf die Wirklichkeit keine Rücksicht nimmt Doyen Ältester, Rangältester und Wortführer düpieren foppen; betrügen, täuschen Duodezfürst Herrscher eines Zwergstaates Dynamik die Wissenschaft von den bewegenden Kräften (Triebkräften)
Edikt Erlaß, Verordnung, öffentliche Bekanntmachung Effort Anstrengung, Kraftäußerung; Bemühung, Streben, Versuch eklatant offenkundig, auffallend, glänzend eklatieren losbrechen; zerspringen; zum Ausbruch kommen Ekfoge Hirtengedicht Elegie Trauer- und Klagegesang; wehmütiges Lied Emanation Ausfluß, Ausstrahlung (in religiöser und spät-antiker philosophischer Vorstellung: aus einem höheren Wesen hervorgehende Erscheinung) Erneute Empörung, Aufruhr, Aufstand Emphase Nachdruck: Redeschwall en bloc im ganzen, in Bausch und Bogen ennuyieren langweilen, lästig fallen, ärgern
38 Marx/Engels, Werke, Bd. 3
Ensemble Ganzes, Gesamtheit; Zusammengehöriges, Zusammenspiel Enzyklopädie Gesamtwissenskunde; zusammenfassende Darstellung des gesamten praktischen und theoretischen Wissens überhaupt oder eines besonderen Gebietes in lexikalischer Form enzyklopädisch allgemeinwissenschaftlich, allumfassend Epigramm Sinn- oder Spottgedicht; geistvoller, oft satirischer Zweizeiler Episode Einschaltung; Beiwerk; Zwischenspiel Epode lyrisches Gedicht aus abwechselnd langen und kurzen Strophen Eskamotage Taschenspielerei, Spitzbüberei eskamotieren heimlich verschwinden lassen, wegzaubern esoterisch nur für Eingeweihte bestimmt und verständlich, geheim, etc. = et cetera und so weiter Ethnograph Völkerkundler (auf dem Gebiet der beschreibenden Völkerkunde) Etymologie Wortforschung; Lehre von der Ableitung und Herkunft der Wörtei Euthymie Gemüts-, Seelenruhe, Heiterkeit evident augenscheinlich, offenkundig exekutieren ausführen, vollziehen Exerzitien Übungen Exil (Exitus) Ausgang, Abgang; Ende; Tod Exklamation Ausruf exklusiv sich abschließend, sich absondernd; unnahbar Exkrement Ausscheidungsstoff, Kot Exkurs gelehrte Abhandlung; einer Abhandlung beigefügte kürzere Ausarbeitung; Anhang exoterisch für weitere Kreise bestimmt und verständlich, volkstümlich Expektoration Herzensergießung, Gefühlserguß Explikation Auslegung, Erläuterung, Erklärung Exploitation Ausbeutung, Ausnutzung Exposition Darlegung, Auslegung, Erklärung, Einführung Expropriation Enteignung
Exzeß Ausschreitung, Ausschweifung, Unmäßigkeit; Gewalttätigkeit
Falsum falsche Angabe; Fälschung, Betrug Famulus Diener, Gehilfe (eines Gelehrten) fanfaronieren aufschneiden, prahlen, großsprechen figurieren erscheinen, auftreten, darstellen; Lückenbüßer sein Fiktion der Wirklichkeit nicht entsprechende Annahme, die zu einem bestimmten theoretischen oder praktischen wissenschaftlichen Zweck gemacht wird Fiskus landesherrliche Einkünfte, Staatsvermögen; auch der Staat als Träger von Verbindlichkeiten und Forderungen im öffentlichen und privatrechtlichen Sinne flanieren umherschlendern, bummeln forcieren (er)zwingen, übertreiben; forciert gezwungen, übertrieben Formation Gestaltung, Gliederung; Bildung; Form frappieren auffallen, in die Augen fallen, stutzig machen, überraschen Fixität Bestimmtheit, das Feststehen, Beständigkeit Fronkote Hütte des leibeigenen Bauern
Galimathias Wortverdrehung, unverständliches, verworrenes Geschwätz, verworrenes Gerede galvanisieren auf elektrolytischem Wege mit Metall überziehen Galvanismus Auftreten elektrischer Spannung zwischen verschiedenen in eine Flüssigkeit tauchenden Metallen; Metallreiz auf Nerven und Muskeln Genesis Ursprung, Erzeugung, Schöpfung, Entwicklung; biblische Schöpfungsge« schichte im 1. Buch Mosis Girondola Feuerrad beim Feuerwerk; Feuersonne Gladiatoren römische Sklaven, die bei Zirkusspielen auf Leben und Tod kämpfen mußten Gnosiiker spekulative Schwärmer, die sich einer höheren, verborgenen (Er)kenntnis rühmten; Offenbarungskundige
Gog und Magog barbarische Nordvölker (in der Offenbarung Johannis 20,8) Grande Mitglied des spanischen hohen Adels grassieren um sich greifen, sich ausbreiten Grisette (Pariser) Putzmacherin. Näherin; in entwürdigendem Sinne auch gebraucht für: junges, leichtfertiges Mädchen Guillotine Fallbeil, Hinrichtungsgerät
Häretiker Ketzer; Irrgläubiger, der abweicht vom kirchlichen Dogma Hedone (Hedonismus) altgriechische Lebensauffassung, nach der das Genießen als Motiv und Ziel des Handelns, als höchstes Gut gilt; Luststreben Hegemonie Vormachtstellung, Vorherrschaft, Führung Helot Staatssklave im alten Sparta, besonders zu Ackerbau und Kriegsdienst gezwungen Heros (Heroe) Halbgott; göttergleicher Held Hetäre (griechisch: Gefährtin), altgriechische Bezeichnung für die oft (im Gegensatz zur griechischen Ehefrau) hochgebildete Dirne heterogen ungleichartig, verschiedenartig, entgegengesetzt Heteronomie Abhängigkeit von fremden Gesetzen, Herrschaft fremder Gesetze Hidalgo Angehöriger des spanischen niederen Adels Hierarchie Priesterherrschaft, strenge Rangordnung der (geistlichen) Gewalten; Gesamtheit der Priester, der Geistlichen Humanismus Menschlichkeit, Achtung der menschlichen Würde und Sorge um den Menschen Hydrographie Zweig der Erdkunde, der sich mit dem Wasser auf der Erdoberfläche (Meeren, Flüssen und Seen) befaßt Hyle Stoff, Urstoff, Materie, das Körperliche in der Natur; auch Bezeichnung für den „Stein der Weisen" Hypochondrie Trübsinn, Wehleidigkeit, krankhafte Schwermut Hypothese Voraussetzung; noch unbewiesene als Hilfsmittel der wissenschaftlichen Erkenntnis benutzte Annahme; Vermutung
ibid. = ibidem ebenda, ebendort i. e. — id est das ist, heißt, bedeutet Ignoranz Unwissenheit; Beschränktheit ignorieren absichtlich nicht beachten, unberücksichtigt oder unbeachtet lassen, übergehen, übersehen, nicht wissen Imagination (dichterische) Einbildung, Einbildungskraft, (irrige) Vorstellung immobil nicht beweglich, unbeweglich impertinent ungehörig, unverschämt, frech, unausstehlich implizieren mit einschließen; in sich enthalten, in sich begreifen industriös betriebsam, geschäftig Infusorien Aufgußtierchen Ingenium Geistesanlage; Begabung, Talent, Genie inhärent innewohnend, nicht selbständig existierend; anhaftend inkamiert verkörpert; fleischgeworden Inkorporation Einverleibung; Aufnahme in eine Körperschaft (Gesellschaft, Verbindung) Inkulpat Beschuldigter, Angeklagter insinuieren beibringen, zu-, einflüstern Inspiration (göttliche) Eingebung, Einflüsterung; Beeinflussung, Anregung instruieren vorschreiben, Verhaltungsmaßregeln geben, anweisen; belehren, unterrichten Insurrektion Empörung, Erhebung, (bewaffneter) Aufstand Intermezzo (meist) heiteres Zwischenspiel, lustiger Zwischenfall Interpretation Auslegung eines Textes; Ausdeutung, Erläuterung Irruption (feindlicher) Einfall
Janitscharenmusik türkische Militärmusik mit Becken, Triangel und Schellenbaum (eine besonders lärmende Musik) und ihre europäische Nachahmung bis ins 19. Jahrhundert (z.B. in Mozarts „Entführung aus dem Serail") Jeremiade Gejammere; Klagelied (nach dem biblischen Propheten Jeremias) juste-milieu wörtlich: richtige Mitte; Scheu vor entschiedener Stellungnahme, Schlag
wort für das lavierende Regierungssystem Louis-Philippes von Frankreich
kabalieren Ränke schmieden, intrigieren Kadenz Akkordfolge mit Schiußwirkung; in Instrumentalkonzerten unbegleitetes Phantasieren des Solisten über die Hauptthemen Kaleidoskop optisches Gerät zur Erzeugung wechselnder farbiger, regelmäßiger Ornamente durch mehrfache Spiegelung farbiger Glasstücke (wird beim Entwerfen von Mustern benutzt) kaleidoskopisch ständig bunt wechselnd Kanonisation Heiligsprechung, feierliche Aufnahme in den Kanon (Liste der Heiligen in der katholischen Kirche) Kapaun = Kapphahn kastrierter, meist gemästeter Hahn Kapitularien das hergebrachte Volksrecht fortbildende und es ergänzende Verordnungen der fränkischen Könige (nach ihrer Einteilung in Kapitel) Kasuistik (oft spitzfindige) Anwendung von Moralsätzen auf Gewissenszweifel; Spitzfindigkeit, Wortverdreherei, Haarspalterei kalechisieren durch Frage und Antwort unterweisen, belehren; ausfragen Kategorie Gruppe oder Klasse, in die etwas eingeordnet wird; allgemeinste Begriffsform, mit deren Hilfe der Mensch seine Erfahrungen ordnet Kausalnexus ursächlicher Zusammenhang; Verknüpfung von Ursache und Wirkung Kirgiskaisaker. Völkerschaften in Mittelasien Klassizität Mustergültigkeit; Meisterschaft Klient von einem Rechtsanwalt Beratener oder Verrreiener Kodex Gesetzbuch, -Sammlung; Handschriftensammlung koexistieren zu gleicher Zeit und am gleichen Ort vorhanden sein Kohäsion Zusammenhalt; Zusammenhangskraft zwischen gleichartigen Molekülen Kollektion Sammlung; Mustersammlung (von Waren); Auswahl kollidieren sich überschneiden, zusammenstoßen, gegeneinanderwirken
Kombination Verknüpfung (von Gedanken, Folgerungen), Herstellung von Beziehungen; vergleichende Berechnung; Vermutung Komedon — Mitesser verstopfte Hautschleimdrüse Komment Gesamtheit früherer studentischer Lebensregeln und Umgangsformen; Sitte, Brauch, Vorschrift Kommune Gemeinde; mit bestimmten Freiheiten versehenes Gemeinwesen im Mittelalter Kommunikation Verbindung, Zusammenhang; (freier) Zugang; Verkehr kompakt dicht, fest (zusammenhängend), fest gefügt Kompilation durch (unschöpferisches) Zusammentragen aus anderen Werken entstandene Schrift; Zusammenstoppelung Kompression das Zusammendrücken (z. B. von Adern); das Zusammenpressen, Verdichten von Gasen oder Dämpfen konfrontieren zur Klärung von Widersprüchen in den Aussagen (vor Gericht) gegenüberstellen, prüfend vergleichen Konglomerat Gemenge, Gemisch aus verschiedenen Dingen Kongregation katholische ordensähnliche Vereinigung mit einfachen Gelübden Konjektur Vermutung; mutmaßlich richtige Lesart eines Textes; darauf begründete Berichtigung oder Ergänzung eines Textes Konjunktion Bindewort, das Sätze oder Satzteile beiordnet Konklusion Schluß(folgerung), Schlußsatz Konservateur jemand, der am Alten festhält und den Fortschritt hemmt Konsistenz Beschaffenheit eines Stoffes hinsichtlich des Zusammenhangs seiner Teilchen (z. B. teigartige Konsistenz); Beständigkeit, Zähigkeit Konskription Aushebung zum Kriegsdienst, die Loskauf oder Stellvertretung zuläßt; Aufzeichnung Konstellation Stellung; das Zusammentreffen von Umständen; Lage (der Dinge)
Konstituante verfassunggebende Versammlung Kontemplation (in sich gekehrte) Betrachtung, Beschaulichkeit; (untätiges) Sichversenken (in Übersinnliches) Konterbande zollgesetzwidrige Ein-, Ausoder Durchfuhr von Waren und diese Waren selbst kontrahieren übereinkommen, etwas vereinbaren, einen Vertrag schließen Kontroverse Streit, Streitfrage, -sache; (gelehrte, wissenschaftliche) Auseinandersetzung Kontumaz Versäumung eines gerichtlichen Verhandlungstermins durch eine Prozeßpartei Konvenienz Bequemlichkeit; Rücksicht auf Umstände und Verhältnisse konvenieren passen, zusagen, annehmbar sein, bequem sein konzedUren zugeben, zugestehen, gestatten, bewilligen konzeptiv begriffsbildend, geistig hervorbringend Konzil Versammlung von geistlichen Würdenträgern zur Regelung gesamtkirchlicher Angelegenheiten Kopula Satzband; Hilfszeitwort als Verbindung des Satzgegenstands mit der Satzaussage Korollar (selbständiger) Zusatz, Ergänzung; Folgesatz (im Anschluß an einen Beweis) Korporation Körperschaft, juristische Person; Innung, Berufsverband Kosmopolitismus seit dem Altertum eine Denkweise, die den Menschen vornehmlich als Glied der Menschheit und nicht einer Nation betrachtet; heute wird der „heuchlerische, bürgerliche Kosmopolitismus" (Marx) von den Imperialisten ausgenutzt zu ihren Versuchen, die nationale Unabhängigkeit der Völker zu zerstören Kreatur Wesen, Geschöpf; verächtlicher Mensch; willenloses Werkzeug Kretin Schwachsinniger, Trottel; körperlicher und geistiger Krüppel
Kriminalkodex Strafgesetzbuch kristallinisch aus kleinsten Kristallen bestehend, die sich beim Übergang vieler Stoffe aus dem flüssigen oder gasförmigen in den festen Zustand bilden Kriterium unterscheidendes Merkmal, Kennzeichen; Maßstab; Prüfstein kulminieren den höchsten Stand erreichen, den Höhepunkt erreichen, gipfeln kurant gangbar, gängig, umlaufend Kyrie eleison „Herr, erbarme dich!" Bittruf der christlichen Liturgie
laborieren an etwas arbeiten; sich mit etwas abmühen; an etwas leiden lancieren werfen, schleudern; jemanden auf einen vorteilhaften Platz stellen Lapsus Fehler, Versehen, Irrtum lasziv schlüpfrig (in erotischer Beziehung); unzüchtig, schamlos latent verborgen, versteckt; vorhanden, aber nicht hervortretend Lazzarone Armer, Bettler (in Neapel, nach der biblischen Gestalt des Lazarus) /. c. = loco citato am angeführten (zitierten) Ort (eines Textes) legislativ gesetzgebend Liberalismus Freisinnigkeit; bürgerlich-individualistische Geisteshaltung lib. ström. — liber stromatum Bücher vermischten Inhalts Lion (Salon-)Löwe, junger Mann, der in der vornehmen Welt durch Schönheit usw. Aufsehen erregt; Modegeck Logos schöpferisches Denken, Geist (bei den Gnostikern personifiziert) Lombard Leihhaus; Darlehnsgeschäft gegen Verpfändung
Machination Machenschaft, Winkelzug, Hinterlist, Anzettelung, Kniff Majorat Erb- und Nachfolgevorrecht des dem Grade nach nächsten, ältesten Verwandten Makrobiotik die Kunst, ein hohes Alter zu erreichen, Lebensverlängerungskunst Malice Bosheit, boshafte Äußerung; Tücke, Arglist
malkontent mißvergnügt, unzufrieden Mandarin hoher Würdenträger im alten China Manufaktur Handfertigung; Form der kapitalistischen Produktion, deren Kennzeichen Großbetrieb ohne ausschlaggebende Maschinenanwendung ist; „ein Produktionsmechanismus, dessen Organe Menschen sind" (Marx) Matador Stierkämpfer, der dem Stier den Todesstoß gibt; hervorragender Mann, Berühmtheit; Hauptkerl, Rädelsführer Maxime Hauptgrundsatz (der das Denken und Handeln bestimmt); allgemeine Lebensregel Meditation Nachdenken, sinnendes Betrachten; das Sichvertiefen in Gedanken; religiöse Versenkung Medium Mittel, Mittelglied; Mittler; physikalisch: die Materie, in der ein physikalischer Vorgang abläuft, z. B. Luft oder Wasser als Medium der Schallwellen Meeting Zusammenkunft, Treffen; Versammlung, Kundgebung merkantilisch kaufmännisch, den Handel betreffend Metamorphose Verwandlung, Gestaltveränderung, Umgestaltung Miserere „Erbarme dich!", Anfang eines Bußpsalms der katholischen Liturgie mode = Modus Maß, Art und Weise; philosophisch: Daseinsweise, Bestimmtheit eines Dinges Modifikation Veränderung, Abwandlung, nähere Bestimmung; auch das Ergebnis einer Veränderung Modulation Abwandlung; Abwechslung; regelmäßige Abmessung Monade nach Leibniz: (unteilbare) Einheit von Körper und Geist; Urbestandteil der Weltsubstanz, Urkörperchen Mystifikation Täuschung, Irreführung, Fopperei
Nomenklatur Namengebung in der Wissenschaft; Gesamtheit der Benennungen in einer Wissenschaft; Namen-, Wörterverzeichnis
Nonchalance Lässigkeit, Nachlässigkeit, Ungezwungenheit, Formlosigkeit notorisch offenkundig, allbekannt, keines Beweises bedürfend; berüchtigt
obligat herkömmlich, unentbehrlich, erforderlich Ojibbeway-Indianer (auch Ojibways, Chippewas) nordamerikanischer Indianerstamm, der ehemals zwischen Michiganund Huronsee saß und später in Reservate vertrieben wurde Oktroi Gemeindeabgabe auf eingeführte Lebensmittel, Torsteuer (in Deutschland bis 1910 zugelassen) oktroyieren aufdrängen, aufzwingen, aufnötigen; aus höherer Machtvollkommenheit anordnen Onanie geschlechtliche Selbstbefriedigung Opponent Gegner (im Redestreit); Widersacher Oreaden griechische weibliche Naturgottheiten der Berge, Bergnymphen Orohydrographie Gebirgs- und Wasserlaufbeschreibung Orthodoxie Recht-, Strenggläubigkeit; genaue Übereinstimmung mit dem Lehrbegriff einer Kirche; starres Festhalten am Buchstaben einer Lehre outrieren übertreiben, dick auftragen
p., pag. = pagina Seite, Buchseite, Blattseite, Seitenzahl Pair Angehöriger des politisch bevorrechteten Hochadels im alten Frankreich Paladin Gefolgsmann und Ratgeber eines Fürsten, (Hof)ritter; Abenteurer Palliativ Linderungsmittel ohne Heilwert zur Beseitigung der Symptome, nicht der Ursache der Krankheit, Hilfe für den Augenblick; Vorbeugungsmittel. Panik plötzlicher Schrecken; Mutlosigkeit; Verwirrung einer Menschenmasse Pantheismus Weltanschauung, nach der Gott und Welt eins sind paradieren parademäßig vorüberziehen,prunken, zur Schau stellen
Paradoxon (wirklich oder scheinbar) widersinnige Behauptung, etwas der Vernunft Entgegenstehendes Paraphrase (erweiternde, verdeutlichende) Umschreibung, Erklärung, Erläuterung partikulär einzeln; auf einen Teil bezüglich, abgesondert Pathologie Lehre vom veränderten, besonders vom krankhaft veränderten Leben, Krankheitslehre patriarchalisch nach Altväterweise Patriarchalismus hausväterliches Familien"regiment Pa/ris/r'^Wissenschaft von den Kirchenvätern und ihren Lehren; Kirchenväterkunde Pauperismus Zustand größter Verelendung; Massenarmut, -elend pekuniär geldlich, in Geld bestehend per appos. = per appositionem durch Apposition, durch den Beisatz perfide hinterlistig, heimtückisch; verräterisch perhorreszieren vor etwas zurückschrecken, mit Abscheu zurückweisen, entschieden ablehnen Personifikation Darstellung einer Sache als Person Phänomenologie Lehre von der Erzeugung, Entstehung und Entwicklung von Erscheinungen (spielt in verschiedenen idealistisch-philosophischen Richtungen eine Rolle) Phantasmagorie Trugbild, Zauber; Vorspiegelung von Scheinbildern Phantom Schein-, Trugbild, Hirngespinst; Sinnestäuschung Philanthropie sich auf Hilfe für einzelne beschränkende Menschenfreundlichkeit; bürgerlich individuelle Wohltätigkeit; Menschenliebe Philippika (heftige) Strafrede, leidenschaftlich angreifende Rede Phraseologie Lehre oder Sammlung der einer Sprache eigentümlichen Redewendungen Physiologie Lehre von den Lebensvorgängen der Organismen Piedestal Fußgestell; Untersatz, Sockel von . Säulen und Bildwerken; Grundlage
Plagiarius jemand, der fremdes geistiges Eigentum als eigenes veröffentlicht; Abschreiber Polemik wissenschaftliche, literarische Auseinandersetzung; heftiger Meinungsstreit Popanz (vermummte) Schreckgestalt; Trugbild; Vogelscheuche Postulat Forderung(ssatz); unbewiesene oder unbeweisbare Annahme als praktische (denknotwendige) Voraussetzung Potenz Macht, Leistungsfähigkeit; Produkt aus mehreren gleichen Zahlen in verkürzter Schreibweise (z. B. 4a) P. P. (praemissis praemittendis) unter Vorausschickung des Vorauszuschickenden, meist als Formel am Anfang von Briefen statt der Anrede und des Titels gebraucht pp-, ppp. = perge, perge (fahre fort, fahre fort; auch pergite fahret fort); und so weiter Präambel Einleitung, Vorrede prädestinieren vorherbestimmen präexistieren vorherbestehen pragmatisch praktisch; sachlich; fach-, geschäftskundig; die ursächlichen Zusammenhänge darlegend Prämisse Voraussetzung; Vordersatz eines logischen Schlusses präsidieren den Vorsitz führen, leiten prästieren leisten; für etwas haften Prätension Anspruch, Anmaßung; Dünkel Priorität zeitlicher Vorrang; Erstrecht probat bewährt; vortrefflich profan unheilig, unkirchlich, weltlich; alltäglich profanieren entweihen; entheiligen; mißbrauchen Profession Beruf, Gewerbe, Handwerk Progression das Fortschreiten; Stufenfolge, Steigerung; gesetzmäßige Aufeinanderfolge von Zahlen Prohibition Ein- oder Ausfuhrsperre durch sehr hohe Zölle und andere handelspolitische Maßnahmen Prokonsul römischer Konsul, der nach Ablauf seiner Amtszeit einer römischen Provinz vorstand
Prolog Einleitung, Vorspruch; Vorspiel auf dem Theater promovieren die Doktorwürde verleihen; sie erlangen promulgieren veröffentlichen, verkünden prononciert schaif ausgeprägt, betont . Prophetie Weissagung; Offenbarung proportional verhältnismäßig, gleichmäßig; in gleichem Verhältnis stehend Prototyp Urbild; Vorbild, Muster Prozedur Verfahren, Behandlungsweise pullulicren wuchern, sich rasch vermehren, wimmeln von ...
Quadratur des Zirkels (Kreises) unlösbare Aufgabe
ralliieren wiedervereinigen; sammeln Räsonnement Auseinandersetzung; Überlegung, Erwägung, Vernunftschluß Rationalismus philosophische Lehre, die die Vernunft als einzige Erkenntnisquelle betrachtet Realisation Verwirklichung, Ausführung realiter wirklich, tatsächlich redigieren Texte bearbeiten, überarbeiten Referendar nach seinem Abschlußexamen im Vorbereitungsdienst stehender Akademiker reflektieren (zu)rückstrahlen, spiegeln; nachdenken, erwägen regalieren (reichlich, köstlich) bewirten; beschenken Regeneration Wiedererzeugung, Wiedergeburt, Erneuerung Region Gegend, Bereich, Bezirk Reglement Dienstvorschrift, Vorschrift Relation Beziehung (z. B. Kausal-, Größenverhähnis), Verbindung Reminiszenz Erinnerung; Anklang; aus der Erinnerung Geschöpftes Rendant Kassenverwalter, Rechnungsführer Renommage Aufschneiderei, eitle Prahlerei Reperkussion Zurückstoß, Zurückwerfung, Rückprall Repetition Wiederholung Replik Erwiderung, Entgegnung; Wiederholung
Repräsentativstaat Staat mit einem Verfassungssystem, nach dem das Volk an der Staatsgewalt durch Volksvertretung mitwirkt Repressalie Vergeltungsmaßnahme, Druckmittel; gewaltsame Gegenmaßregel Repulsion Zurückstoßung, Abstoßung; Abweisung Requiem katholische Totenmesse resp. = respektive beziehungsweise; oder; und Ressourcen Hilfs-, Rettungs-, Erwerbsmittel; Zuflucht; Erholung(sort); Name geselliger Vereine Restauration Wiederherstellung (z. B. alter, meist überlebter gesellschaftlicher und politischer Formen, in Frankreich Wiedereinsetzung der Bourbonendynastie nach 1814) resümieren zusammenfassen; (kurz) wiederholen Retina die Netzhaut des Auges Rezensent Beurteiler (einer literarischen oder künstlerischen Leistung), Kritiker rezeptiv aufnehmend, empfangend; empfänglich, aufnahmefähig rhetorisch in kunstvoller Rede (abgefaßt); schönrednerisch, phrasenhaft Rodomontade Prahlerei, Aufschneiderei, Großsprecherei Rouleau aufrollbarer Vorhang aus Holzstäbchen oder Geweben rubrizieren mit einer (roten) Überschrift versehen; einordnen, einstufen
Salär Gehalt, Lohn salvieren retten, in Sicherheit bringen Schamane Zauberpriester vieler Naturvölker, der angeblich mit unsichtbaren Mächten (den sogenannten Geistern) in Verbindung treten kann Schemen Schatten(bild) Schibboleth Erkennungszeichen, Losungswort Schisma Spaltung der (kirchlichen) Einheit schockieren bei jemandem Anstoß erregen, ihn in sittliche Entrüstung versetzen
Scholarch Schulleiter, Schulaufseher; Schulvorsteher an mittelalterlichen Klosterschulen Scholastik Schulweisheit; die von der Theologie abhängige Philosophie dss Mittelalters scholastisch schulmäßig; spitzfindig, ausgeklügelt, schulmeisterlich sc. = scilicel nämlich selaf abgemacht! Schluß! sensitiv sehr empfindlich; leicht reizbar; überempfindlich sensitive (frz.) Sinn, Empfindungsvermögen Sentenz (bekannter) Ausspruch, Denkweisheitsspruch. kurz und eindringlich formulierte Lehre oder Erkenntnis seq. = sequens folgend, die folgende Seite seqq. = sequentes folgende, die folgenden Seiten Sermon (langweilige, trockene) Rede oder (Straf-) Predigt Servitut Dienstbarkeit; dingliches Gebrauchsrecht an einem fremden Grundstück skandalieren lärmen sollizitieren an-, aufreizen, erregen Sonett strenge Form des lyrischen Gedichts von 14 gereimten Versen, meist gegliedert in zwei Vier- und zwei Dreizeiler Sophistikation Verfälschung sophistisch spitzfindig, trügerisch,, voller Täuschungsabsicht Sozietät Genossenschaft; Gesellschaft, Handelsgesellschaft Spekulation über das sinnlich Erfahrbare hinauszielendes,wirklichkeitsfremdes, metaphysisches Denken; Versuch rein gedankenmäßiger Erkenntnis Spiritualismus metaphysische Lehre, nach deren Annahme der Geist das Wirkliche, das Körperliche nur Erscheinungsform des Geistes oder bloße Vorstellung ist Spermatozoa männliche Keimzellen Spezifikation Aufzählung von Einzelheiten, die ein Ganzes bilden Sportein für amtliche Dienstleistungen zu entrichtende Gebühren statuieren (ein Exempel) ein abschreckendes Beispiel aufstellen
Status (Zu)stand, Lage, Beschaffenheit; Staat Stimulus Reiz, Antrieb stoisch unerschütterlich, standhaft, selbstbeherrscht subaltern untergeordnet; unselbständig Sublimat Ergebnis einer Sublimation Sublimation unmittelbarer Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand (mit Überspringen des flüssigen) und umgekehrt sublimieren erheben, erhöhen, läutern, verfeinern Subordination Unterordnung Subskription Vorher- Vorausbestellung (durch Namensunterschrift); Ausschreibung; Zeichnung von Anleihen Substantialität Wesenheit; Stofflichkeit; Eigenschaft und Bereich einer Substanz Substanz das Bleibende, das im Wechsel Beharrende, das Wesentliche; das Stoffliche, der Stoff, die Materie; der (beständige) Träger von (wechselnden) Erscheinungen substituieren an die Stelle (von etwas anderem) setzen; ersetzen, austauschen, unterschieben Substrat Grundlage, der zugrunde liegende unveränderliche Stoff; Nährboden subsumieren unter einem allgemeinen Begriff zusammenfassen (das Besondere unter das Allgemeine); einordnen, einbeziehen, zusammenfassen subtil zart, fein, sorgsam; schlau, spitzfindig; schwierig subversiv zerstörend, zerrüttend, umstürzend Supemumerar zusätzlich angestellter Beamter im Vorbereitungsdienst, Beamtenanwärter Supplement Ergänzung; Zusatz; Nachtrag Surrogat Ersatz, Ersatzmittel; Behelf Synonymik Lehre von den sinnverwandten Wörtern; ihre Aufzählung und Erklärung synthetisieren zu einer Einheit verbinden
tabellarisch übersichtlich, in leicht überschaubarer Listen- oder Spaltenform angeordnete Zusammenstellung, von Zahlen, Schlagwörtern und ähnlichem
Tapet Tischdecke (besonders in Sitzungszimmern); etwas auf Tapet bringen: etwas zur Sprache, zur Verhandlung bringen Tautologie Aussage über einen Begriff, die schon im Begriff enthalten ist; überflüssige Wiederholung desselben Gedankens in anderer Form Teleskop Fernrohr temporär zeitweilig, vorübergehend Terminologie Gesamtheit der Fachausdrücke einer Wissenschaft, einer Kunst, eines Handwerks usw.; Fachsprache, Fachwortschatz Terminus Bezeichnung; Fachwort, -ausdruck Theismus Glaube an einen persönlichen außerweltlichen Gott Theodizee die Rechtfertigung Gottes (nach Leibniz: gegen den Vorwurf, daß er auch für das Böse in der Welt verantwortlich sei) Theokratie Gottesherrschaft (Staatsform, in der die gesamte gesellschaftliche Ordnung von der Religion her gestaltet wird); Priesterreich; Herrschaft der Kirche über den Staat tingiert gefärbt Tirade deklamatorischer, phrasenhafterWorterguß, Wortschwall, Geschwätz tradieren überliefern, mündlich fortpflanzen Traktat (wissenschaftliche) Abhandlung; religiöse Flugschrift; Staatsvertrag Transaktion Übereinkunft, Ausgleichung, Verhandlung transponieren an eine andere Stelle setzen, fortschaffen, übertragen Transsubstantiation Stoff-, Wesensverwandlung (nach der katholischen Abendmahlslehre:- Umwandlung von Brot und Wein in Christi Leib und Blut) transzendent die Grenzen von Erfahrung und Bewußtsein überschreitend; jenseitig, überweltlich, übersinnlich Travestie satirisch-humoristische Dichtung, die einen ernsten Inhalt in unangemessene komische Form (Sprache) kleidet Trichotomie Dreiteilung; Haarspalterei,
ernsthafte Behandlung unbedeutender Dinge Triumphator feierlich einziehender Sieger: Überwinder trivial alltäglich; platt, abgedroschen
Universalismus das Streben danach, alles zu umfassen; Vielseitigkeit Universalität Allseitigkeit, Allgemeinheit; umfassende Bildung, allseitiges Wissen universell allgemein, gesamt (die ganze Welt) umfassend Usurpation widerrechtliche, gewaltsame Besitz-, Machtergreifung, Aneignung
vage unbestimmt, ungewiß; verschwommen Vampyr — Vampir Fledermaus (im nördlichen Südamerika), vermeintliches blutsaugendes Nachtgespenst (besonders in abergläubischen Vorstellungen der Völker der Balkanhalbinsel); Wucherer, Blutsauger Vandalen ostgermanischer Volksstamm, der 429 nach Afrika zog und dort ein Reich gründete; die ihnen nachgesagte besondere Zerstörungswut ist geschichtlich nicht belegt veritabel wahrhaft; echt, unverfälscht vindizieren für sich in Anspruch nehmen; sich zusprechen Virtuosität meisterhafte, vollkommene Beherrschung einer Kunst Vision Erscheinung; Trugbild; geistige Schau Visionär Träumer, Schwärmer; Geisterseher Volte kreisartige Wendung beim Kunstreiten; Kunstgriff beim betrügerischen Kartenmischen; Art des Ausweichens vor dem gegnerischen Stoß beim Fechten Volumen Rauminhalt, Raummenge; Umfang votieren (abstimmen; beschließen; für jemanden stimmen
welsch = welsh walisisch, aus Wales (Südwestengland)
Yankee Spitzname für Nordamerikaner englischer Abkunft
Inhalt
Vorwort V
KARL MARX. Thesen über Feuerbacb 5
KARL MARX/FRIEDRICH ENGELS. Die deutsche Ideologie. Kritik der neuesten deutschen Philosophie in ihren Repräsentanten Feuerbach, B. Bauer und Stirner, und des deutschen Sozialismus in seinen verschiedenen Propheten 9
I. Band? Kritik der neuesten deutschen Philosophie in ihren Repräsentanten Feuerbach, B. Bauer und Stimer • • 11 Vorrede x 13
I. Feuerbach Gegensatz von materialistischer und idealistischer Anschauung [Einleitung] 17
A) Die Ideologie überhaupt, namentlich die deutsche • • 18 1. Geschichte . 28 2. Über die Produktion des Bewußtseins 37
B) Die wirkliche Basis der Ideologie 50 1. Verkehr und Produktivkraft 50 2. Verhältnis von Staat und Recht zum Eigentum 61 3. Naturwüchsige und zivilisierte Produktionsinstrumente und Eigentums, formen - 65
C) Kommunismus. Produktion der Verkehrsform selbst 70 Das Leipziger Konzil 78 II. Sankt Bruno 81 1. „Feldzug" gegen Feuerbach 81 2. Sankt Brunos Betrachtungen über den Kampf zwischen Feuerbach und Stirner 89
3. Sankt Bruno contra die Verfasser der „Heiligen Familie" 91
4. Nachruf an „M. Heß" : 98 III. Sankt Max 101 1. Der Einzige und sein Eigentum 102 Altes Testament: Der Mensch 104 1. Genesis, d. i. Ein Menschenleben 104 2. Ökonomie des Alten Bundes 113 3. Die Alten 119 4. Die Neuen 127 A)Der Geist (Reine Geistergeschichte) 131 B)Die Besessenen (Unreine Geistergeschichte) 136 a) Der Spuk 140 b) Der Sparren 144 C) Unreine unreine Geistergeschichte 146 a) Neger und Mongolen 146 b) Katholizismus und Protestantismus 153 D) Die Hierarchie 156 5. Der in seiner Konstruktion vergnügte „Stirner" 168 6. Die Freien 176 A) Der politische Liberalismus 176 B) Der Kommunismus 186 C) Der humane Liberalismus 214
Neues Testament: „Ich" 222 1. Ökonomie des Neuen Bundes 222 2. Phänomenologie des mit sich einigen Egoisten oder die Lehre von der Rechtfertigung 224 3. Offenbarung Johannis des Theologen oder „die Logik der neuen Weisheit" .. 253 4. Die Eigenheit 282 5. Der Eigner 296 A) Meine Mac ht 296 I. Das Recht 297 A) Kanonisation im Allgemeinen 297 B) Aneignung durch einfache Antithese 301 C) Aneignung durch zusammengesetzte Antithese 303 II. Das Gesetz 310 III. Das Verbrechen 319 A) Einfache Kanonisation von Verbrechen und Strafe 319
B) Aneignung von Verbrechen und Strafe durch Antithese 322 C) Das Verbrechen im gewöhnlichen und außergewöhnlichen Verstände . 326 5. Die Gesellschaft als bürgerliche Gesellschaft 331 II. Die Empörung 360 III. Der Verein 373 1.Grundeigentum 373 2. Organisation der Arbeit 375 3. Geld 380 4. Staat 384 5. Empörung 387 6. Religion und Philosophie des Vereins 388 A. Eigentum 388 B. Vermögen 392 C. Moral, Verkehr, Exploitationstheorie 393 D.Religion 399 E. Nachträgliches zum Verein 400
C. Mein Selbstgenuß 402 6. Das hohe Lied Salomonis oder Der Einzige 413 2. Apologetischer Kommentar • 430 Schluß des Leipziger Konzils 437
II. Band. Kritik des deutschen Sozialismus in seinen verschiedenen Propheten. • 439 Der wahre Sozialismus 441 I. Die „Rheinischen Jahrbücher" oder Die Philosophie des wahren Sozialismus — 445 A) „Communismus, Socialismus, Humanismus" 445 B) „Socialistische Bausteine" 458 Erster Baustein 461 Zweiter Baustein ' 465 Dritter Baustein . 469 IV. Karl Grün: „Die soziale Bewegung in Frankreich und Belgien" (Darmstadt 1845) oder Die Geschichtschreibung des wahren Sozialismus 473 Saint-Simonismus 480 1. „Lettres d'un habitant de Geneve ä ses contemporains" 485 2. „Catechisme politique des industriels" 488 3. „Nouveau christianisme" 491 4. Saint-simonistische Schule 492
Fourierismus . 498 Der „bornierte Papa Cabet" und Herr Grün 507
Proudhon 518 V. „Der Dr. Georg Kuhlmann aus Holstein" oder Die Prophetie des wahren Sozialismüs 521
Beilagen
Karl Marx. Thesen über Feuerbach Marx über sein Verhältnis zu Hegel und Feuerbach Karl Marx. Die bürgerliche Gesellschaft und die kommunistische Revolution Karl Marx. Über Feuerbach Karl Marx. Aus I. Feuerbach Friedrich Engels. Feuerbach
Anhang und Register
Anmerkungen Literaturverzeichnis Personenverzeichnis Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen Ausdrücke
Illustrationen
Faksimile der 11. These über Feuerbach aus Marx* Notizbuch 3 Erste Seite des Manuskripts der , Deutschen Ideologie" in Marx' Handschrift ... 15 Seite 15 des Manuskripts, Kapitel „I. Feuerbach" gegenüber S. 32 Seite 18 des Manuskripts, Kapitel „I. Feuerbach" gegenüber S. 40 Seite 53 des Manuskripts, Kapitel „III. Sankt Max" gegenüber S. 248
533 5$6 537 53*) 539 541
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Leitung der Editionsarbeiten: Ludwig Arnold t Verantwortlich für die Redaktion: Walter Schulz
Mit 3 Bildbeilagen und 2 Faksimiles 5. Auflage 1978 Unveränderter Nachdruck der I. Auflage 1958 Lizenznummer I • LSV 0046 Printed in the German Democratic Republic Satz: Offizin Andersen Nexö, Leipzig 111/18/38 Druck und Bindearbeit: INTERDRUCK Graphischer Großbetrieb Leipzig Best.-Nr.: 735 047 0 DDR 10,00 M

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