SEGUNDA PARTE Y FINAL TOMO 19

Friedrich Engels Jenny Longuet, geb. Marx
[„Der Sozialdemokrat" Nr. 4 vom 18. Januar 1883] Am 11. Januar starb zu Argenteuil bei Paris die älteste Tochter von Karl Marx, Jenny, seit ungefähr acht Jahren die Frau des ehemaligen Mitglieds der Pariser Kommune und jetzigen Mitredakteurs der „ Justice"[al01, Charles Longuet. Geboren am I.Mai 1844, ist sie inmitten der internationalen proletarischen Bewegung herangewachsen und aufs innigste mit ihr verwachsen. Bei einer Zurückhaltung, die fast für Schüchternheit gelten konnte, entwickelte sie, wo es galt, eine Geistesgegenwart und Energie, um die mancher Mann sie beneiden dürfte. Als die irische Presse die infame Behandlung an den Tag brachte, die die 1866 und später verurteilten Fenierf95] im Zuchthaus zu erdulden hatten, und die englische Presse diese Schändlichkeiten hartnäckig totschwieg; als das Ministerium Gladstone, trotz der bei den Wahlen gemachten Versprechungen, die Amnestie verweigerte und nicht einmal die Lage der Verurteilten milderte, da fand Jenny Marx das Mittel, dem frommen Herrn Gladstone Beine zu machen. Sie schrieb zwei Artikel in Rocheforts „Marseillaise" 1311 und schilderte in glühenden Farben, wie im freien England politische Verbrecher behandelt wurden. Das half. Die Enthüllung in einem großen Pariser Blatt war nicht zu ertragen. Wenige Wochen darauf waren O'Donovan Rossa und die meisten anderen frei und auf dem Wege nach Amerika. Im Sommer 1871 besuchte sie mit ihrer jüngsten Schwester ihren Schwager Lafargue in Bordeaux. Lafargue, seine Frau, sein krankes Kind und die beiden Mädchen gingen von da nach Bagneres-de-Luchon, einem Pyrenäenbade. Eines Morgens früh kam ein Herr zu Lafargue: „Ich bin Polizeibeamter, aber Republikaner, der Befehl ist gekommen, Sie zu
verhaften, man weiß, daß Sie die Verbindungen zwischen Bordeaux und der Pariser Kommune geleitet haben. Sie haben eine Stunde Zeit, um über die Grenze zu gehen." Lafargue mit Frau und Kind kamen glücklich über den Paß nach Spanien, dafür rächte sich die Polizei an den beiden Mädchen und verhaftete sie. Jenny hatte einen Brief des vor Paris gefallenen Kommuneführers Gustave Flourens in der Tasche; wurde er gefunden, so war er ein sicherer Reisepaß für sie beide nach Neukaledonien[212]. Einen Augenblick im Büro allein gelassen, machte sie-ein altes bestaubtes Registerbuch auf, legte den Brief hinein und klappte das Buch wieder zu. Vielleicht liegt er noch da. Nach dem Sitz des Präfekten abgeführt, stellte dieser, der edle Graf von Keratry bonapartistischen Angedenkens, ein scharfes Verhör mit den zwei Mädchen an. Aber die Geriebenheit des ehemaligen Diplomaten und die Brutalität des ehemaligen Kavallerieoffiziers scheiterten an der ruhigen Besonnenheit Jennys. Mit einem Wutausdruck über „die Energie, die den Frauen dieser Familie eigen scheint", verließ er das Zimmer. Nach längerem Hin- und Hertelegraphieren nach Paris mußte er die beiden Mädchen endlich aus der Gefangenschaft entlasser., in der sie eine echt preußische Behandlung genossen hatten.1 Diese beiden Züge aus ihrem Leben bezeichnen sie. Das Proletariat hat an ihr eine heldenmütige Kämpferin verloren. Ihr trauernder Vater aber hat wenigstens den Trost, daß Hunderttausende von Arbeitern in Europa und Amerika an seinem Schmerz Anteil nehmen.
London, 13. Januar 1883
Fr. Engels
1 Siehe Band 17 unserer Ausgabe, S.656-666
Friedrich Engels [Entwurf zur Grabrede für Karl Marx]
Vor kaum fünfzehn Monaten waren die meisten von uns an diesem Grabe versammelt, das zur letzten Ruhestatt einer edlen und hochherzigen Frau geworden ist. Dieses Grab müssen wir heute wieder öffnen, damit es die" sterblichen Überreste ihres Mannes aufnehme. Karl Marx war einer jener hervorragenden Männer* von denen ein Jahrhundert nur wenige hervorbringt. Charles Darwin entdeckte das Gesetz der Entwicklung der organischen Natur auf unserem Planeten. Marx ist der Entdecker jenes grundlegenden Gesetzes, das den Gang und die Entwicklung der menschlichen Geschichte bestimmt, ein Gesetz, so einfach und einleuchtend, daß gewissermaßen seine bloße Darlegung genügt, um seine Anerkennung zu sichern. Doch damit nicht genug, hat Marx auch jenes Gesetz entdeckt, das unsere gegenwärtige Stufe der Gesellschaft und ihre große Klassenteilung in Kapitalisten und Lohnarbeiter hervorgebracht hat. Es ist das Gesetz, demgemäß sich diese Gesellschaft organisiert, sich entwickelt, bis sie so weit über sich selbst hinausgewachsen ist, daß sie schließlich untergehen muß wie alle vorangegangenen historischen Phasen der Gesellschaft. Solche Ergebnisse machen es um so schmerzlicher, daß er uns mitten aus seinem Schaffen entrissen worden ist, daß er - so viel er hervorgebracht hat - dennoch weit mehr unvollendet zurückläßt. So teuer ihm die Wissenschaft war, hat sie ihn dennoch nicht vollständig ausgefüllt. Niemand empfand reinere Freude als er, wenn ein neuer wissenschaftlicher Fortschritt erzielt wurde, gleichgültig, ob praktisch anwendbar oder nicht. Vor allem aber sah er in der Wissenschaft einen großen Hebel der Geschichte, eine revolutionäre Kraft im wahrsten Sinne des Wortes. Und in diesem Sinne wandte er jene gewaltigen Kenntnisse, speziell in der Geschichte, auf alle von ihm beherrschten Gebiete an. Denn er war wirklich ein Revolutionär, wie er sich selbst bezeichnete. Der Kampf für die Befreiung der Klasse der Lohnarbeiter von den Fesseln
des modernen kapitalistischen Systems der Produktion war seine wahre Berufung. Und niemals gab es einen aktiveren Kämpfer als ihn. Die Krönung dieses Teils seines Schaffens bildet die Gründung der Internationalen Arbeiterassoziation, deren anerkannter Führer er von 1864 bis 1872 war. Die Assoziation ist dem äußeren Anschein nach verschwunden, aber der Bruderbund der Vereinigung der Arbeiter aus allen zivilisierten Ländern Europas und Amerikas besteht ein für allemal und dauert fort, auch ohne eine äußere formale Vereinigung. Niemand kann für eine Sache kämpfen, ohne sich Feinde zu schaffen. Und er hatte viele Feinde. Während des größten Teils seines politischen Lebens war er der rneistgehaßte und meistverleumdete Mann in Europa. Aber er hat die Verleumdung kaum beachtet. Wenn je einer die Verleumdung besiegte, dann war er es. Am Ende seines Lebens konnte er voller Stolz auf Millionen Anhänger in den Bergwerken Sibiriens wie auch in den Werkstätten Europas und Amerikas blicken; er sah seine ökonomischen Theorien zum unbestreitbaren Grundsatz des Sozialismus der ganzen Welt geworden. Und mochte er noch viele Gegner haben, so hatte er kaum noch einen persönlichen Feind.[213]
Geschrieben am 17. März 1883. Nach der Handschrift. Aus dem Englischen.
Friedrich Engels Das Begräbnis von Karl Marx
[„Der Sozialdemokrat" Nr.13 vom 22.März 18831 Samstag 17. März wurde Marx auf dem Friedhof zu Highgate zur Ruhe gelegt, im selben Grabe, in dem seine Frau vor fünfzehn Monaten beerdigt worden. Am Grabe legte G.Lemke zwei Kränze mit roten Schleifen auf den Sarg, im Namen der Redaktion und Expedition des „Sozialdemokrat" und in dem des Londoner Kommunistischen Arbeiterbildungstiereins. Dann sprach F.Engels ungefähr folgendes in englischer Sprache: „Am 14. März, nachmittags ein Viertel vor drei, hat der größte lebende Denker aufgehört zu denken. Kaum zwei Minuten allein gelassen, fanden wir ihn beim Eintreten in seinem Sessel ruhig entschlummert - aber für immer. Was das streitbare europäische und amerikanische Proletariat, was die historische Wissenschaft an diesem Mann verloren haben, das ist gar nicht zu ermessen. Bald genug wird sich die Lücke fühlbar machen, die der Tod dieses Gewaltigen gerissen hat. Wie Darwin das Gesetz der Entwicklung der organischen Natur, so entdeckte Marx das Entwicklungsgesetz der menschlichen Geschichte: die bisher unter ideologischen Überwucherungen verdeckte einfache Tatsache, daß die Menschen vor allen Dingen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie Politik, Wissenschaft, Kunst, Religion usw. treiben können; daß also die Produktion der unmittelbaren materiellen Lebensmittel und damit die jedesmalige ökonomische Entwicklungsstufe eines Volkes oder eines Zeitabschnitts die Grundlage bildet, aus der sich die Staatseinrichtungen, die Rechtsanschauungen, die Kunst und selbst die religiösen Vorstellungen der betreffenden Menschen entwickelt haben, und
aus der sie daher auch erklärt werden müssen - nicht, wie bisher geschehen, umgekehrt. Damit nicht genug. Marx entdeckte auch das spezielle Bewegungsgesetz der heutigen kapitalistischen Produktionsweise und der von ihr erzeugten bürgerlichen Gesellschaft. Mit der Entdeckung des Mehrwerts war hier plötzlich Licht geschaffen, während alle früheren Untersuchungen, sowohl der bürgerlichen Ökonomen wie der sozialistischen Kritiker, im Dunkel sich verirrt hatten. Zwei solche Entdeckungen sollten für ein Leben genügen. Glücklich schon der, dem es vergönnt ist, nur eine solche zu machen. Aber auf jedem einzelnen Gebiet, das Marx der Untersuchung unterwarf, und dieser Gebiete waren sehr viele und keines hat er bloß flüchtig berührt - auf jedem, selbst auf dem der Mathematik, hat er selbständige Entdeckungen gemacht. So war der Mann der Wissenschaft. Aber das war noch lange nicht der halbe Mann. Die Wissenschaft war für Marx eine geschichtlich bewegende, eine revolutionäre Kraft. So reine Freude er haben konnte an einer neuen Entdeckung in irgendeiner theoretischen Wissenschaft, deren praktische Anwendung vielleicht noch gar nicht abzusehen - eine ganz andere Freude empfand er, wenn es sich um eine Entdeckung handelte, die sofort revolutionär eingriff in die Industrie, in die geschichtliche Entwicklung überhaupt. So hat er die Entwicklung der Entdeckungen auf dem Gebiet der Elektrizität, und zuletzt noch die von Marc Deprez, genau verfolgt. Denn Marx war vor allem Revolutionär. Mitzuwirken, in dieser oder jener Weise, am Sturz der kapitalistischen Gesellschaft und der durch sie geschaffenen Staatseinrichtungen, mitzuwirken an der Befreiung des modernen Proletariats, dem er zuerst das Bewußtsein seiner eigenen Lage und seiner Bedürfnisse, das Bewußtsein der Bedingungen seiner Emanzipation gegeben hatte - das war sein wirklicher Lebensberuf. Der Kampf war sein Element. Und er hat gekämpft mit einer Leidenschaft, einer Zähigkeit, einem Erfolg wie wenige. Erste .Rheinische Zeitung' 1842, Pariser »Vorwärts; '[2i4] 1344 ,BrusscIsr Deutsche Zsitun^ 1847j ^Neue Rlicinisclic Zeitung' 1848-1849, ,New-York Tribüne' 1852-1861 - dazu Kampfbroschüren die Menge, Arbeit in Vereinen in Paris, Brüssel und London, bis endlich die große Internationale Arbeiterassoziation als Krönung des Ganzen entstand - wahrlich, das war wieder ein Resultat, worauf sein Urheber stolz sein konnte, hätte er sonst auch nichts geleistet. Und deswegen war Marx der bestgehaßte und bestverleumdete Mann seiner Zeit. Regierungen, absolute wie republikanische, wiesen ihn aus, Bourgeois, konservative wie extrem-demokratische, logen ihm um die Wette
Verlästerungen nach. Er schob das alles beiseite wie Spinnweb, achtete dessen nicht, antwortete nur, wenn äußerster Zwang da war. Und er ist gestorben, verehrt, geliebt, betrauert von Millionen revolutionärer Mitarbeiter, die von den sibirischen Bergwerken an über ganz Europa und Amerika bis Kalifornien hin wohnen, und ich kann es kühn sagen: Er mochte noch manchen Gegner haben, aber kaum noch einen persönlichen Feind. Sein Name wird durch die Jahrhunderte fortleben und so auch sein Werk!" Marx' Schwiegersohn, Longuet, verlas dann folgende, in französischer Sprache eingegangene Adressen: I. Auf das Grab von Karl Marx gelegt von den russischen Sozialisten: „ Im Namen aller russischen Sozialisten sende ich einen letzten Scheidegruß dem hervorragenden Meister unter allen Sozialisten unserer Zeit. Einer der größten Köpfe ist entschlafen, einer der energischsten Kämpfer gegen die Ausbeuter des Proletariats ist gestorben. Die russischen Sozialisten neigen sich vor dem Grabe des Mannes, der mit ihren Bestrebungen sympathisiert hat im Verlauf aller Wandlungen ihres schrecklichen Kampfs; eines Kampfs, den sie fortführen werden, bis die Grundsätze der sozialen Revolution endgültig werden triumphiert haben. Die russische Sprache war die erste, die eine Übersetzung des .Kapitals' besaß, dieses Evangeliums des zeitgenössischen Sozialismus. Die Studenten der russischen Universitäten waren die ersten, denen es zuteil wurde, eine sympathische Darlegung anzuhören der Theorien des gewaltigen Denkers, den wir jetzt verloren haben. Selbst diejenigen, die sich mit dem Gründer der Internationalen Arbeiter-Assoziation im Gegensatz befanden in bezug auf praktische Organisationsfragen, mußten sich doch stets beugen vor der umfassenden Wissenschaft und der hohen Denkkraft, die das Wesen des modernen Kapitals, die Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformen und die Abhängigkeit der gesamten Menschheitsgeschichte von diesen Entwicklungsformen zu ergründen verstanden. Und selbst die leidenschaftlichsten Gegner, die er unter den Reihen der revolutionären Sozialisten fand, konnten nicht anders, als dem Ruf gehorchen, den er vor 35 Jahren zusammen mit dem Freunde seines Lebens1 in die Welt hinausgerufen hatte: .Proletarier aller Länder, vereinigt euch!' Der Tod von Karl Marx wird betrauert von allen, die seinen Gedanken zu erfassen und seinen Einfluß auf unsere Zeit zu schätzen verstanden. Und ich erlaube mir hinzuzufügen, daß er noch schmerzlicher betrauert wird von denen, die Marx im intimen Verkehr gekannt, besonders von denen, die ihn als Freund geliebt haben. Paris, 15. März 1883 P.Lawrow"
1 In Lawrows Brief: zusammen mit Friedrich Engels, dem Freunde seines Lebens
II. Telegramm. „Die Pariser Genossenschaft der französischen Arbeiterpartei drückt ihren Schmerz aus beim Verlust des Denkers, dessen materialistische Geschichtsauffassung und dessen Analyse der kapitalistischen Produktion den wissenschaftlichen Sozialismus und die gegenwärtige revolutionäre kommunistische Bewegung geschaffen haben. Sie drückt ferner aus ihre Verehrung für den Menschen Marx und ihre vollständige Einstimmung mit seinen Lehren. Paris, 16. März 1883 Der Sekretär: Lepine"
III. Telegramm. „In meinem eignen Namen und als Delegierter der spanischen Arbeiterpartei (Genossenschaft von Madrid) beteilige ich mich an dem ungeheuren Schmerz der Freunde und Töchter von Marx "bei dem so grausamen Verlust des großen Sozialisten, der unser aller Meister war. Paris, 16. März 1883 /ose Mesa y Leompart"
Hierauf sprach Liebknecht, wie folgt, in deutscher Sprache: „Ich bin aus der Mitte Deutschlands gekommen, um dem unvergeßlichen Lehrer und treuen Freund meine Liebe und Dankbarkeit auszudrücken. Dem treuen Freund! Sein ältester Freund und Mitstreiter hat Karl Marx soeben den bestgehaßten Mann dieses Jahrhunderts genannt. Wohl. Er war der bestgehaßte, er ist aber auch der bestgeliebte gewesen. Bestgehaßt von den Unterdrückern und Ausbeutern des Volks, bestgeliebt von den Unterdrückten und Ausgebeuteten, soweit sie sich ihrer Lage bewußt sind. Das Volk der Unterdrückten und Ausgebeuteten liebt ihn, weil er es geliebt hat. Denn der Tote, dessen Verlust wir beklagen, war groß in seiner Liebe wie in seinem Haß. Sein Haß war der Liebe entsprungen. Er war ein großes Herz, wie er ein großer Geist war. Das wissen alle, die ihn kannten. Doch ich stehe hier nicht bloß als Schüler und Freund; ich stehe hier auch als Vertreter der deutschen Sozialdemokratie, die mich beauftragt hat, den Gefühlen Ausdruck zu geben, welche sie für ihren Lehrer empfindet, für den Mann, der unsere Partei geschaffen hat, soweit man in dieser Beziehung von Schaffen reden kann. Es würde sich nicht schicken, wollte ich hier mich in Schönreden ergehen. War doch niemand ein leidenschaftlicherer Feind der Phrase als Karl Marx. Das gerade ist sein unsterbliches Verdienst, daß er das Proletariat, die Partei des arbeitenden Volkes von der Phrase befreit und ihr die feste, durch nichts zu erschütternde Basis der Wissenschaft gegeben hat. Revolutionär der Wissenschaft, Revolutionär durch die Wissenschaft, hat er den höchsten Gipfel der Wissenschaft erklommen, um herabzusteigen zum Volk und die Wissenschaft zum Gemeingut des Volkes zu machen. Die Wissenschaft ist die Befreierin der Menschheit. Die iVafarwissenschaft befreit uns von Gott. Doch der Gott im Himmel lebt fort, auch wenn die Wissenschaft ihn getötet hat.
Die Gesellschaftswissenschah, welche Marx dem Volke erschlossen hat, tötet den Kapitalismus und mit ihm die Götzen und Herren der Erde, welche, solange sie leben, den Gott nicht sterben lassen. Die Wissenschaft ist nicht deutsch. Sie kennt keine Schranken, vor allem nicht die Schranken der Nationalität. Und so mußte der Schöpfer des .Kapital' naturgemäß auch der Schöpfer der Internationalen Arbeiter-Assoziation werden. Die Basis der Wissenschaft, welche wir Marx verdanken, setzt uns in den Stand, allen Angriffen der Feinde zu trotzen und den Kampf, welchen wir unternommen haben, mit stets wachsenden Kräften fortzusetzen. Marx hat die Sozialdemokratie aus einer Sekte, aus einer Schule zu einer Partei gemacht, zu der Partei, welche jetzt schon unbesiegt kämpft und den Sieg erringen wird. Und das gilt nicht bloß von uns Deutschen. Marx gehört dem Proletariat. Den Proletariern aller Länder war sein ganzes Leben gewidmet. Die denkfähigen, denkenden Proletarier aller Länder sind ihm in dankbarer Verehrung zugetan. Es ist ein schwerer Schlag, der uns getroffen hat. Doch wir trauern nicht. Der Tote ist nicht tot. Er lebt in dem Herzen, er lebt in dem Kopf des Proletariats. Sein Andenken wird nicht verblassen, seine Lehre wird in immer weiteren Kreisen wirksam sein. Statt zu trauern, wollen wir im Geiste des großen Toten handeln, mit aller Kraft streben, daß möglichst bald verwirklicht werde, was er gelehrt und erstrebt hat. So feiern wir am besten sein Gedächtnis. Toter, lebender Freund! Wir werden den Weg, den Du uns gezeigt hast, wandeln bis zum Ziel. Das geloben wir an Deinem Grabe!" Am Grabe waren außer den schon Genannten noch gegenwärtig u.a. der andere Schwiegersohn von Marx, Paul Lafargue, Friedrich Leßner, 1852 im Kölner Kommunistenprozeß zu drei Jahren Festung verurteilt, G.Lochner, ebenfalls altes Mitglied des Bundes der Kommunisten. Die Naturwissenschaft war vertreten durch zwei Zelebritäten ersten Ranges, den Zoologen Professor Ray Lankester und den Chemiker Professor Schorlemmer, beide Mitglieder der Londoner Akademie der Wissenschaften (Royal Society). Fr. Engels
Geschrieben um den 18. März 1883.
Friedrich Engels Zum Tode von Karl Marx
I
[„Der Sozialdemokrat" Nr. 19 vom 3. Mai 1883] Es sind mir nachträglich noch einige Kundgebungen bei Gelegenheit dieses Trauerfalles zugekommen, die beweisen, wie allgemein die Teilnahme war, und über die ich Rechenschaft abzulegen habe. Am 20. März erhielt Fräulein Eleanor Marx von der Redaktion der „Daily News" folgendes Telegramm in französischer Sprache zugesandt: „Moskau, 18.März. Redaktion ,Daily News", London. Haben Sie die Güte, an Herrn Engels, den Verfasser der .Arbeitenden Klassen in England' und intimen Freund des verstorbenen Karl Marx, unsere Bitte zu übermitteln, er möge auf den Sarg des unvergeßlichen Autors des .Kapital" einen Kranz legen mit folgender Inschrift: ,Dem Verteidiger der Rechte der Arbeiter in der Theorie und ihrer Verwirklichung im Leben - die Studenten der landwirtschaftlichen Akademie von Petrowski in Moskau/ Herr Engels wird gebeten, seine Adresse und den Preis des Kranzes mitzuteilen; der Betrag wird ihm sofort übermittelt werden. Studenten der Akademie Petrowski in Moskau." Die Depesche war unter allen Umständen zu spät für das am 17. stattgefundene Begräbnis. Ferner sandte mir Freund P.Lawrow in Paris am 31. März eine Anweisung auf Frs. 124,50 = Pfd.St. 4.18.9, eingesandt von den Studenten des technologischen Instituts in Petersburg und von russischen studierenden Frauen, ebenfalls für einen Kranz auf das Grab von Karl Marx. Drittens hat der „Sozialdemokrat" vorige Woche angezeigt, daß Odessaer Studenten ebenfalls einen Kranz auf Marx* Grab in ihrem Namen niedergelegt wünschen.[215] Da nun das aus Petersburg erhaltene Geld reichlich für alle drei Kränze genügt, so habe ich mir erlaubt, auch den Moskauer und Odessaer Kranz
daraus zu bestreiten. Die Anfertigung der Inschriften, hier eine ziemlich ungewohnte Sache, hat einige Verschleppung verursacht, doch wird die Niederlegung Anfang nächster Woche stattfinden, und werde ich alsdann im „Sozialdemokrat" Rechnung über das erhaltene Geld ablegen können. Von Solingen kam durch den hiesigen Kommunistischen Arbeiterbildungsverein an uns ein schöner großer Kranz „auf das Grab von Karl Marx von den Arbeitern der Scheren-, Messer- und Schwerter-Industrie in Solingen". Als wir ihn am 24. März niederlegten, fanden wir von den Kränzen vom „Sozialdemokrat" und vom Kommunistischen Arbeiterbildungsverein die langen Ende der seidenen roten Schleifen von grabschänderischer Hand abgeschnitten und gestohlen. Beschwerde beim Verwaltungsrat half nichts, wird aber wohl Schutz für die Zukunft schaffen. Ein slawischer Verein in der Schweiz[216] hofft, „daß dem Andenken von Karl Marx durch Gründung eines seinen Namen führenden internationalen Fonds zur Unterstützung der Opfer des großen Emanzipationskampfes sowie zur Förderung dieses Kampfes selbst, ein besonderes Erinnerungszeichen gesetzt" werde, und sendet einen ersten Beitrag ein, den ich einstweilen an mir behalten habe. Das Schicksal dieses Vorschlags hängt natürlich in erster Linie davon ab, ob er Anklang findet, und deshalb veröffentliche ich ihn hier. Um den in den Zeitungen umlaufenden falschen Gerüchten etwas Tatsächliches entgegenzusetzen, teile ich folgende kurze Einzelheiten mit über Krankheitsverlauf und Tod unseres großen theoretischen Führers. Von alten Leberleiden durch dreimalige Kur in Karlsbad fast ganz kuriert, litt Marx nur noch an chronischen Magenleiden und nervöser Abspannung, die sich in Kopfschmerz, zumeist aber in hartnäckiger Schlaflosigkeit äußerte. Beide Leiden verschwanden mehr oder weniger nach dem Besuch eines Seebades oder Luftkurortes im Sommer und traten erst nach Neujahr wieder störender an den Tag. Chronische Halsleiden, Husten, der ebenfalls zur Schlaflosigkeit beitrug, und chronische Bronchitis störten im ganzen weniger. Aber gerade hieran sollte er erliegen. Vier oder fünf Wochen vor dem Tode seiner Frau ergriff ihn plötzlich eine heftige Rippenfellentzündung (Pleuritis), verbunden mit Bronchitis und anfangender Lungenentzündung (Pneumonie). Die Sache war sehr gefährlich, verlief aber gut. Er wurde dann zuerst nach der Insel Wight geschickt (Anfang 1882) und darauf nach Algier. Die Reise war kalt, und er kam mit einer neuen Pleuritis in Algier an. Das hätte nicht so sehr viel ausgemacht unter Durchschnittsumständen. Aber Winter und Frühjahr waren in Algier kalt
und regnerisch wie sonst nie, im April machte man vergebens Versuche, den Speisesaal zu heizen! So war Verschlimmerung des Gesamtzustandes statt Verbesserung das Schlußresultat. Von Algier nach Monte Carlo (Monaco) geschickt, kam Marx infolge naßkalter Überfahrt mit einer dritten, jedoch gelinderen Pleuritis dort an. Dabei anhaltend schlechtes Wetter, das er speziell von Afrika mitgebracht zu haben schien. Also auch hier Kampf mit neuer Krankheit statt Stärkung. Gegen Sommersanfang ging er zu seiner Tochter, Frau Longuet, in Argenteuil und benutzte von da aus die Schwefelbäder des benachbarten Enghien gegen seine chronische Bronchitis. Trotz des andauernd nassen Sommers gelang die Kur, zwar langsam, aber doch zur Zufriedenheit der Arzte. Diese schickten ihn nun nach Vevey am Genfer See, und da erholte er sieh am meisten, so daß man ihm den Winteraufenthalt, zwar nicht in London, aber doch an der englischen Südküste erlaubte. Hier wollte er dann endlich seine Arbeiten wieder beginnen. Als er im September nach London kam, sah er gesund aus und erstieg den Hügel von Hampstead (zirka 300 Fuß höher als seine Wohnung) oft mit mir ohne Beschwerde. Als die Novembernebel drohten, wurde er nach Ventnor, der Südspitze der Insel Wight, geschickt. Sofort wieder nasses Wetter und Nebel; notwendige Folge: erneuerte Erkältung, Husten usw., kurz, schwächender Stubenarrest statt stärkender Bewegung in freier Luft. Da starb Frau Longuet. Am nächsten Tage (12. Januar) kam Marx nach London, und zwar mit entschiedener Bronchitis. Bald gesellte sich dazu eine Kehlkopfentzündung, die ihm das ^n fflct imrrsKolirk mar Fr A pf ^llp erfKRj-pn >rhmpr*7firi mit Jom stoischsten Gleichmut zu ertragen wußte, trank lieber einen Liter Milch (die ihm sein Lebetag ein Greuel gewesen), als daß er die entsprechende feste Nahrung verzehrte. Im Februar entwickelte sich ein Geschwür in der Lunge. Die Arzneien versagten jede Wirkung auf diesen seit fünfzehn Monaten mit Medizin überfüllten Körper; was sie bewirkten, war höchstens Schwächung des Appetits und der Verdauungstätigkeit. Er magerte sichtbar ab, fast von Tag zu Tag. Trotzdem verlief die Gesamtkrankheit verhältnismäßig günstig. Die Bronchitis war fast gehoben, das Schlucken wurde leichter. Die Ärzte machten die besten Hoffnungen. Da finde ich - zwischen 2 und 3 war die beste Zeit, ihn zu sehen - plötzlich das Haus in Tränen: Er sei so schwach, es gehe wohl zu Ende. Und doch hatte er den Morgen noch Wein, Milch und Suppe mit Appetit genommen. Das alte treue Lenchen Demuth, die alle seine Kinder von der Wiege an erzogen und seit vierzig Jahren im Hause ist, geht herauf zu ihm, kommt gleich herunter : „Kommen Sie mit, er ist halb im Schlaf." Als wir eintraten, war er ganz im Schlaf, aber
für immer. Einen sanfteren Tod, als Karl Marx in seinem Armsessel fand, kann man sich nicht wünschen. Und nun zum Schluß noch eine gute Nachricht: Das Manuskript zum zweiten Band des „Kapital" ist vollständig erhalten. Wieweit es in der vorliegenden Form druckfähig ist, kann ich noch nicht beurteilen, es sind über 1000 Seiten Folio. Aber „der Zirkulationsprozeß des Kapitals" wie „die Gestaltungen des Gesamtprozesses" sind in einer Bearbeitung abgeschlossen, die den Jahren 1867—1870 angehört. Der Anfang einer späteren Bearbeitung liegt vor sowie reiches Material in kritischen Auszügen, besonders über russische Grundeigentumsverhältnisse, woraus vielleicht noch manches benutzbar wird. Durch mündliche Verfügung hat er seine jüngste Tochter Eleanor und mich zu seinen literarischen Exekutoren ernannt. London, 28. April 1883 r- . i . j c i triedrich bngels
II
[„Der Sozialdemokrat" Nr. 21 vom 17. Mai 1883] Von den Sozialdemokraten Erfurts kam ein schöner Kranz mit Inschrift auf roten Schleifen nach Argenteuil; glücklicherweise fand sich jemand, ihn gelegentlich herüberzubringen; als er auf dem Grabe niedergelegt wurde, waren die roten Seidenbänder des Solinger Kranzes wieder gestohlen. Die drei Kränze für Moskau, Petersburg und Odessa wurden inzwischen auch fertig. Um den Diebstahl der Schleifen zu verhindern, waren wir genötigt, die Bänder durch kleine Einschnitte am Rande zu fernerem Gebrauch unnütz zu machen. Die Niederlegung fand gestern statt. Die Erfurter Schleife war durch einen Regenschauer für andere Zwecke verdorben und so der Dieberei entgangen. Diese drei Kränze kosteten jeder Pfd.St. 1.1.8, also zusammen Pfd.St. 3.5.0. Es bleiben also von den mir eingesandten Pfd.St. 4.18.9 noch Pfd.St. 1.13.9, die ich an P.Lawrow zurücksende, um damit nach dem Willen der Geber zu verfahren. — Der Tod eines großen Mannes ist eine vortreffliche Gelegenheit für kleine Leute, politisches, literarisches und bares Kapital herauszuschlagen. Hier nur ein paar Beispiele, die der Öffentlichkeit angehören; von den vielen, die sich auf dem Gebiete der Privatkorrespondenz abgespielt haben, gar nicht zu sprechen.
Philipp Van Patten, Sekretär der Gentrai Labor Union in New York[2171, schrieb mir (d. d. 2. April) folgendes: „In Verbindung mit der neulichen Demonstration zu Ehren von Karl Marx, als alle Fraktionen sich vereinigten, dem verstorbenen Denker ihre Ehrerbietung zu bezeugen, machten Johann Most und seine Freunde sehr laute Behauptungen, daß er, Most, mit Karl Marx intim gewesen wäre, daß er dessen Werk,Das Kapital' in Deutschland populär gemacht habe und daß Marx übereinstimme mit der von Most geleiteten Propaganda. Wir haben eine hohe Meinung von den Talenten und dem Wirken von Marx; wir können aber nicht glauben, daß er sympathisierte mit der anarchistischen, desorganisierenden Denk- und Handlungsweise von Most. Ich möchte deshalb von Ihnen eine Meinungsäußerung haben über die Stellung von Marx zur Frage: Anarchie und Sozialdemokratie? Das unzeitige und alberne Geschwätz von Most hat schon zu viel Verwirrung gestiftet, und es ist recht unangenehm für uns, hören zu müssen, daß eine so hohe Autorität wie Marx solche Taktik billigte." Ich antwortete darauf am 18. April, was in deutscher Übersetzung hier folgtt218]: - „Meine Antwort auf Ihre Anfrage vom 2. April wegen Karl Marx' Stellung zu den Anarchisten im allgemeinen und Johann Most im besonderen soll kurz und klar sein: Marx und ich haben, seit 1845, die Ansicht gehabt, daß eine der schließlichen Folgen der künftigen proletarischen Revolution sein wird die allmähliche Auflösung der mit dem Namen Staai bezeichneten politischen Organisation.ca9] Der Hauptzweck dieser Organisation war von jeher die Sicherstellung, durch bewaffnete Gewalt, der ökonomischen Unterdrückung der arbeitenden Mehrzahl durch die ausschließlich begüterte Minderzahl. Mit dem Verschwinden einer ausschließlich begüterten Minderzahl verschwindet auch die Notwendigkeit einer bewaffneten Unterdrückungs- oder Staatsgewalt. Gleichzeitig aber war es immer unsere Ansicht, daß, um zu diesem und den anderen weit wichtigeren Zielen der künftigen sozialen Revolution zu gelangen, die Arbeiterklasse zuerst die organisierte politische Gewalt des Staates in Besitz nehmen und mit ihrer Hilfe den Widerstand der Kapitalistenklasse niederstampfen und die Gesellschaft neu oganisieren muß. Dies ist bereits zu lesen im »Kommunistischen Manifest* von 1848, Kapitel II, Schluß.1 Die Anarchisten stellen die Sache auf den Kopf. Sie erklären, die proletarische Revolution müsse damit anfangen, daß sie die politische Organisation des Staates abschafft. Aber die einzige Organisation, die das Prole
1 Siehe Band 4 unserer Ausgabe, S. 481/482
tariat nach seinem Siege fertig vorfindet, ist eben der Staat. Dieser Staat mag sehr bedeutender Änderungen bedürfen, ehe er seine neuen Funktionen erfüllen kann. Aber ihn in einem solchen Augenblick zerstören, das hieße, den einzigen Organismus zerstören, vermittelst dessen das siegende Proletariat seine eben eroberte Macht geltend machen, seine kapitalistischen Gegner niederhalten und diejenige ökonomische Revolution der Gesellschaft durchsetzen kann, ohne die der ganze Sieg enden müßte in einer neuen Niederlage und in einer Massenabschlachtung der Arbeiter, ähnlich derjenigen nach der Pariser Kommune. Braucht es meine ausdrückliche Versicherung, daß Marx diesem anarchistischen Blödsinn entgegentrat seit dem ersten Tag, wo er in seiner jetzigen Gestalt von Bakunin vorgebracht wurde? Die ganze innere Geschichte der Internationalen Arbeiter-Assoziation bezeugt es. Seit 1867 versuchten die Anarchisten, mit den infamsten Mitteln, die Führung der Internationale zu erobern,* das Haupthindernis in ihrem Wege war Marx. Das Ende des fünfjährigen Kampfes war, auf dem Haager Kongreß, September 1872, die Ausstoßung der Anarchisten aus der Internationale; und der Mann, der am meisten tat, diese Ausstoßung durchzusetzen, war Marx. Unser alter Freund, F.A.Sorge in Hoboken, der als Delegierter zugegen war, kann Ihnen, wenn Sie es wünschen, nähere Einzelheiten mitteilen. Und nun zu Johann Most. Wenn irgend jemand behauptet, daß Most, seit er Anarchist geworden, mit Marx in irgendwelcher Beziehung gestanden oder irgendwelche Beihilfe von Marx erhalten habe, der ist entweder belogen oder ein Lügner mit Vorbedacht. Nach dem Erscheinen der ersten Nummer der Londoner »Freiheit' hat Most Marx oder mich nicht mehr als einmal, höchstens zweimal besucht. Ebensowenig gingen wir zu ihm - wir haben ihn nicht einmal irgendwie oder irgendwann zufällig getroffen. Wir haben zuletzt uns sogar gar nicht mehr auf sein Blatt abonniert, weil »wirklich auch gar nichts* darin stand. Für seinen Anarchismus und seine anarchistische Taktik hatten wir dieselbe Verachtung wie für die Leute, von denen er beides gelernt hatte. Als er noch in Deutschland war, veröffentlichte Most einen .populären Auszug aus Marx' .Kapital*. Marx wurde ersucht, ihn für eine zweite Auflage durchzusehen. Ich tat diese Arbeit gemeinsam mit Marx. Wir fanden, daß es unmöglich war, mehr als die allerschlimmsten Böcke von Most auszumerzen, wollten wir nicht das ganze Ding von Anfang bis Ende neu schreiben. Marx erlaubte auch bloß, daß seine Verbesserungen hineingesetzt würden auf die ausdrückliche Bedingung hin, daß sein Name nie in irgend
eine Verbindung gebracht würde selbst mit dieser verbesserten Ausgabe von Johann Mösts Machwerk. Sie können diesen Brief veröffentlichen, wenn es Ihnen so beliebt." Von Amerika nach Italien. Vor etwa zwei Jahren schickte ein junger Italiener, Herr Achille Loria aus Mantua, ein von ihm verfaßtes Buch über Grundrente12203 an Marx nebst einem deutsch geschriebenen Brief, worin er sich als dessen Schüler und Bewunderer kundgab; er korrespondierte auch noch einige Zeit mit ihm. Sommer 1882 kam er nach London und besuchte mich zweimal; das zweite Mal kam ich in den Fall, ihm ernstlich meine Meinung darüber zu sagen, daß er in einer inzwischen erschienenen Broschüre12213 Marx den Vorwurf gemacht, er habe wissentlich falsch zitiert. Jetzt schreibt dies bei den deutschen Kathedersozialisten seine Weisheit geholt habende Männlein einen Artikel über Marx in die „Nuova Antolog'a«[222] un(j die Unverschämtheit, mir, „seinem hochverehrten Freunde "(!!), einen Sonderabdruck einzuschicken. Worin die Unverschämtheit bestand, wird folgende Übersetzung meiner Antwort zeigen (ich schrieb ihm in seiner Sprache, denn sein Deutsch ist immer noch wackeliger als mein Italienisch): „Ich habe Ihr Schriftchen über Karl Marx erhalten. Es steht Ihnen frei, seine Lehren Ihrer allerschärfsten Kritik zu unterwerfen und sie sogar mißzu verstehen; es steht Ihnen frei, eine Biographie von Marx zu entwerfen, die ein reines Phantasiestück ist. Was Ihnen aber nicht freisteht und was ich nie irsendwem erlauben werde, das ist, den Charakter meines toten Freundes zu verleumden. Schon in einem früheren Werk hatten Sie sich herausgenommen, Marx anzuklagen, er habe absichtlich falsch zitiert. Als Marx dies gelesen, verglich er seine und Ihre Zitate mit den Originalen und sagte mir, seine Zitate seien richtig, und wenn hier jemand absichtlich falsch zitiere, so seien Sie es. Und wenn ich sehe, wie Sie jetzt Marx zitieren, wie Sie die Schamlosigkeit haben, ihn von,Profit1 sprechen zu lassen, da, wo er von,Mehrwert spricht wo er sich doch wiederholt gegen den Irrtum verwahrt, als ob das beides dasselbe sei - (was'iibrigens Herr Moore und ich Ihnen bereits hier in London mündlich auseinandersetzten), so weiß ich, wem ich zu glauben habe und wer absichtlich falsch zitiert. Aber das ist nur eine Lappalie, verglichen mit Ihrer ,festen und tiefen Überzeugung..., daß sie alle' (die Lehren von Marx) .beherrscht sind von einem bewußten Sophisma ; daß Marx .sich nicht aufhalten ließ durch falsche Schlüsse, wohl wissend, daß sie falsch waren ; daß ,er oftmals ein Sophist war,
der auf Kosten der Wahrheit bei der Negation der bestehenden Gesellschaft ankommen wollte', und daß er, wie Lamartine sagt,,mit Lügen und Wahrheiten spielte wie Kinder mit Knöcheln*. In Italien, das ein Land antiker Zivilisation ist, kann das vielleicht für ein Kompliment gelten. Auch unter den Kathedersozialisten gilt so etwas möglicherweise für ein großes Lob, da ja diese braven Professoren ihre zahllosen Systeme nie anders hätten zuwege bringen können, als ,auf Kosten der Wahrheit*. Wir revolutionäre Kommunisten sehen die Sache anders an. Wir betrachten solche Behauptungen als infamierende Anklagen, und da wir wissen, daß sie erlogen sind, schleudern wir sie zurück auf ihren Urheber, der, selbst und allein, sich infamiert hat durch solche Erfindungen. Mir scheint, es sei Ihre Pflicht gewesen, dem Publikum mitzuteilen, worin denn dieses berühmte »bewußte Sophisma* eigentlich besteht, das alle Lehren von Marx beherrscht. Aber ich suche es vergebens. Nagott!" (Lombardischer Kraftausdruck für: gar nichts.) „Welche Zwergseele gehört dazu, sich einzubilden, ein Mann wie Marx habe »seinen Gegnern immer mit einem zweiten Bande gedroht', den zu schreiben ,ihm auch nicht für einen Augenblick einfiel'; daß dieser zweite Band nichts sei als »ein pfiffiges Auskunftsmittel von Marx, womit er wissenschaftlichen Argumenten aus dem Wege ging'. Dieser zweite Band liegt vor und wird in kurzem veröffentlicht. Dann werden Sie vielleicht auch endlich den Unterschied zwischen Mehrwert und Profit begreifen lernen. Eine deutsche Übersetzung dieses Briefes wird in der nächsten Nummer des Züricher .Sozialdemokrat' erscheinen. Ich habe die Ehre, Sie zu grüßen mit allen den Gefühlen, welche Sie verdienen." Hiermit genug für heute.
London, 12. Mai 1883
Friedrich Engels

KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS
Aus dem handschriftlichen Nachlaß

Friedrich Engels Bemerkung zu Seite 29 der „Histoire de la commune"12231
(Der Waffenstillstand des Herrn Thiers vom 30. Okiober 1870l™i])
Es gehört die ganze Stupidität und die ganze Heuchelei der Männer des 4. September[225] dazu, um die Nachricht von diesem Waffenstillstand „eine gute Nachricht" zu nennen. Gut, in der Tat - für die Preußen. Die Kapitulation von Metz hatte 6 preußischen Armeekorps, 120 000 Mann, ihre Aktionsfreiheit wiedergegeben. Man mußte schon Trochu und Jules Favre heißen, um zu übersehen, daß das unausbleibliche Eintreffen dieser neuen Armee im Zentrum Frankreichs jeden Versuch, Paris zu entsetzen, fast unmöglich machte, daß dies nicht der Augenblick war für den Abschluß eines Waffenstillstands, sondern für höchste militärische Anstrengung. Es standen dafür nur fünfzehn Tage zur Verfügung, aber diese fünfzehn Tage waren kostbar, es war der kritische Zeitpunkt des Krieges. Die Situation war folgende: Für die Blockade von Paris hatten die Deutschen ihre gesamten Truppen, mit Ausnahme von 3 Infanteriedivisionen, einsetzen müssen. Sie hatten keine Reserve, denn die 3 Divisionen hatten diesen Charakter verloren, nachdem sie Orleans und Chläteauldun besetzt hielten und von der LoireArmee in Schach gehalten wurden. Im Westen, im Norden und im Osten gab es nur Kavallerie, die ein weit ausgedehntes Gebiet beobachten und durchstreifen mußte, aber nicht imstande war, es Infanterie gegenüber zu behaupten. Ende Oktober war die deutsche Linie, die Paris zernierte, nach der Stadtseite hin schon sehr stark befestigt, aber jeder von außerhalb kommende Angriff würde die Preußen unweigerlich auf freiem Felde treffen. Das Erscheinen von 50 000 Mann, selbst solch junger Truppen, über die Frankreich damals verfügte, hätte genügt, um die Blockade zu durchbrechen und die Verbindung zwischen Paris und dem Lande wiederherzustellen. Nun, wir haben gesehen, daß man schnell handeln mußte; es geschah jedoch folgendes:
Die Regierung von Paris nahm einen Waffenstillstand an, der, obwohl von kurzer Dauer, den von Arbeiten und Nachtwachen bei der Blockade erschöpften deutschen Truppen Erleichterung schuf (30. Oktober). D'Aurelle de Paladines seinerseits konzentriert seine Armee am 2. November bei Vierzon in der Absicht, auf Beaugency zu marschieren, dort die Loire zu überschreiten und zwischen den Preußen (22. Division), die Chäteaudun besetzt halten, und den Bayern, die Orleans halten, vorzustoßen. Der Marsch von Vierzon nach Beaugency beträgt etwa 45 Kilometer und konnte sehr gut in 2 Tagen duchgeführt werden. Aber wenn man einer deutschen Quelle glauben darf („Militärische Gedanken und Betrachtungen etc."[226]), so hatte Gambetta die Naivität, zu glauben, daß eine Armee von 40 000 Mann mit der Eisenbahn ebenso schnell reist wie ein einfacher Privatmann. Er befiehlt also dem General, anstatt seine Armee marschieren zu lassen, sie mit der Eisenbahn von Vierzon nach Tours und von dort nach Beaugency zu transportieren. Der General protestiert, Gambetta besteht darauf. Anstatt eines Marsches von zwei Tagen und von 45 Kilometern macht die Loire-Armee also eine Eisenbahnfahrt von 180 Kilometern, die sie fünf Tage kostet und überdies dem Feinde nicht verborgen bleiben konnte. Erst am 7. ist sie wieder in Beaugency konzentriert und einsatzbereit. Aber drei kostbare Tage sind verloren, und der Feind ist von der durchgeführten Bewegung unterrichtet. Und was für Tage! Der 3.November war der kritischste Tag: die preußische Kavallerie, eine ganze Brigade, mußte Mantes aufgeben und sich auf Vert zurückziehen vor zehn starken Einheiten Franktireurs[227]; andererseits wurden beträchtliche französische Streitkräfte beobachtet, die sich aus allen Waffengattungen zusammensetzten und von Courville in Richtung Chartres marschierten. Wenn die Loire-Armee am 4. angegriffen hätte, wozu sie durchaus imstande war, statt in Waggons spazierengefahren zu werden; wenn sie, was ihr nicht schwerfallen konnte, zwischen den Bayern und der 22. preußischen Division vorgestoßen wäre und ihre große zahlenmäßige I"TL„vi l M :„ „•— L j i-— uucTicgciiucii ucnuiii Iltuic, um sie cuucui, einen nav^n uem anuci 11 .tu schlagen und dann auf Paris vorzustoßen, dann wäre Paris fast mit Sicherheit befreit worden. Moltke war zudem weit davon entfernt, die Gefahr zu verkennen; er war auch entschlossen, notfalls wie Napoleon vor Mantua zu handeln: die Blockade aufzuheben, den sich bei Villecoublay formierenden Belagerungspark zu opfern, seine Armee für die Aktion auf freiem Felde zu konzentrieren und die Blockade erst nach dem Sieg, d.h. nach der Ankunft der Armee von Metz, wieder aufzunehmen. Das Gepäck des Hauptquartiers
von Versailles war bereits verladen, alles war zur Abfahrt bereit, es mußten nur noch die Pferde angespannt werden (wie der Schweizer Oberst von Erlach, ein Augenzeuge, sagt[228J). Wenn die Preußen gezwungen worden wären, die Blockade von Paris aufzuheben, hätte das einen Druck seitens Europas und einen ehrenvollen Frieden bedeuten können. Auf alle Fälle wäre die moralische Wirkung eines solchen Faktums zunächst auf Europa und dann besonders auf Frankreich und schließlich im negativen Sinne auf die Deutschen ungeheuer gewesen. Und die materiellen Auswirkungen eines solchen Faktums! Paris hätte mindestens fünfzehn bis zwanzig Tage Zeit gehabt, um sich über alle aus Süden und Westen kommenden Eisenbahnlinien zu verproviantieren, was die Fortsetzung der Verteidigung für ein oder zwei Monate möglich gemacht hätte. Ebensoviel Zeit wäre außerdem für die Organisation der Armeen in der Provinz gewonnen worden, so daß man sie künftig nicht mehr ohne Disziplin, ohne Ausbildung, ohne Ausrüstung und fast ohne Waffen gegen den Feind hätte werfen brauchen. Um Frankreich wieder Aussichten auf Erfolg zu geben, bedurfte es nur der Zeit; die Gelegenheit, sich diese zu verschaffen, bot sich am 3. und 4.November; wir haben gesehen, wie diese Gelegenheit versäumt wurde. Verfolgen wir jedoch die Ereignisse! Paris unternahm nicht einmal einen Ausfall. Eine Woche lang machten die Streitkräfte, die sich Paris vom Westen her näherten, keinen Versuch, anzugreifen. Das ist nicht verwunderlich. Diese Streitkräfte müssen ziemlich schwach gewesen sein; das Dekret Gambettas, das Herrn de Keratry mit der Organisation der Westarmee beauftragte, trägt das Datum vom 22. Oktober! Es blieb die Loire-Armee, die am 7. November in Beaugency in Linie aufgestellt war. Erst am 9. aber greift d'Aurelle die Bayern bei Coulmiers an; sobald diese sahen, daß der Rückzug der 22. preußischen Division gesichert war, die ihnen in Richtung Chartres entgegenmarschierte, zogen sie sich auf Toury zurück, wo sich diese Division mit ihnen am folgenden Tage, am 10. November, vereinigte. D'Aurelle rührte sich nicht mehr. Inzwischen näherten sich drei Korps, 60 000 Mann, der Armee von Metz in Gewaltmärschen der Seine. Zwei weitere preußische Divisionen (die 3. und 4.), die von Metz mit der Eisenbahn befördert wurden, waren schon vor Paris eingetroffen. Moltke kam dadurch in die Lage, die 17. preußische Division nach Toury zu dirigieren, wo sie am 12. eintraf. Es standen also in Linie 4 deutsche Divisionen, etwa 35 000 Mann stark, der Loire-Armee gegenüber, die seitdem aufgehört hatte, sie zu beunruhigen.
Indessen bewegten sich am 14. November beträchtliche französische Truppenmassen von Dreux auf das zwei Tagesmärsche von Versailles entfernte Houdan. Moltke, der in dieser Richtung vorerst nur über seine Kavallerie verfügte, war nicht imstande, genügend starke Erkundungstrupps auszuschicken, um zu rekognoszieren, was sich hinter dieser Avantgarde an Kräften befand. An diesem Tage war er erneut drauf und dran, Versailles zu verlassen und die Blockade aufzuheben (Blumet2291). Diesmal entschieden jedoch nicht mehr Tage, sondern Stunden. Das erste der Armeekorps von Metz (das IX.) kam am selben Tage in Fontainebleau an; das III. sollte zwischen dem 16. und 18. in Nemours sein und das X. am 19. in Joigny an der Yonne. Moltke dirigierte die 17. Division nach Rambouillet, die 22. nach Chartres, die Bayern nach Auneau, d.h. zwischen die Loire-Armee, der er den Weg nach Paris frei ließ, und die Truppen, die Versailles von der Westseite her bedrohten. Diesmal wurde d'Aurelle durch seine Inaktivität gerettet; wenn er in die vor ihm aufgetane Lücke vorgestoßen wäre, wäre er zwischen den beiden deutschen Kolonnen, die bereit waren, in seine Flanken zu fallen, zermalmt worden. Am 19.November besetzten die drei Korps der II. preußischen Armee Fontainebleau und Nemours, mit ihren Reserven an der Yonne, am 20. November wurde die I. Armee unter Man teuffei auf der Linie der Oise von Compiegne bis Noyon vereinigt; die Armee von Metz beschützte vom Norden und vom Süden her die Blockade von Paris, die letzte Chance, sie zu brechen, war versäumt worden, dank Trochu, Gambetta, d'Aurelle, deren gegenseitige Fehler sich, man könnte fast sagen, mit der so vielgerühmten Präzision der preußischen Bataillone, ergänzten.
Geschrieben Anfang Februar 1877. Nach der Handschrift. Aus dem Französischen.
Karl Marx [Randglossen zu Adolph Wagners Lehrbuch der politischen Ökonomie"12301]
1. Herrn Wagners Auffassung, die „sozialrechtliche Auffassung" (p.2). Befindet sich dabei in „Einklang mit Rodbertus, Lange und Schäffle" (p.2). Für die „Hauptpunkte der Grundlegung" bezieht er sich auf Rodbertus und Schäffle. Herr Wagner sagt selbst von Seeraub als „unrechtmäßiger Erwerbung" bei ganzen Völkern, daß er nur Raub ist, wenn „ein wahres jus gentium1 als bestehend angenommen wird" (p. 18, N.3). Er forscht vor allem nach den „Bedingungen des wirtschaftlichen Gemeinlebens" und „bestimmt nach denselben die Sphäre der wirtschaftlichen Freiheit des Individuums" (p.2). „Der,Befriedigungstrieb'... wirkt nicht und soll nicht wirken als reine Naturkraft, sondern er steht, wie jeder menschliche Trieb, unter der Leitung der Vernunft und des Gewissens. Jede aus ihm resultierende Handlung ist mithin eine verantwortliche und unterliegt stets einem sittlichen Urteil, das aber allerdings (!) selbst dem geschichtlichen Wechsel ausgesetzt ist" (p. 9). Unter „Arbeit" (p.9, § 2) unterscheidet der Herr Wagner nicht zwischen dem konkreten Charakter jeder Arbeit und der allen diesen konkreten Arbeitsarten gemeinschaftlichen Verausgabung von Arbeitskraft (p.9, 10). „Selbst die bloße Verwaltung des Vermögens zum Zweck des Rentenbezugs nötigt stets zu Tätigkeiten, welche unter den Begriff Arbeit gehören, und ebenso die Verwendung des erzielten Einkommens zur Bedürfnisbefriedigung" (p. 10, N. 6). Die historisch-rechtlichen sind nach W[agner] die »sozialen Kategorien1 (N.6,P.13). „Namentlich bewirken Naturmonopole der Lage, so besonders in städtischen" (!NaturmonopoI die Lage in der City von London!) „Verhältnissen, dann unter dem Einfluß des Klimas für die Agrarproduktion ganzer Länder, ferner Naturmonopole der spezifischen Bodenergiebigkeit, z.B. bei besonders guten Weinbergen, und zwar auch
1 Völkerrecht
zwischen verschiedenen Völkern, z.EL heim Absatz tropischer Produkte nach Ländern der gemäßigten Zone" {„Beitrag bilden die Ausfuhrzölle auf Produkte einer Art Naturmonopols, welche in manchen Ländern (Südeuropa, tropische Länder) in der sicheren Voraussetzung, sie auf die fremden Konsumenten zu werfen, aufgelegt werden" (N. 11, p. 15). Wenn Herr Wagner hieraus die Ausfuhrzölle in den europ. südlichen Ländern herleitet, so zeigt es, daß er nichts von der „Geschichte" dieser Zölle weiß}1 „daß wenigstens partiell naturfreie Güter zu rein wirtschaftlichen, beim Erwerb höchstmöglich vergoltenen werden" (p. 15). Das Gebiet regelmäßigen Austauschs (Absatzes) der Güter ist ihr Markt (p.2'1). Unter wirtschaftlichen Gütern: „ Verhältnisse zu Personen und Sachen (res incorporales), deren gegenständliche Abgeschlossenheit auf einer Abstraktion beruht: a) aus dem ganz freien Verkehr: die Fälle der Kundschaft, Firma u.dgl., wo vorteilhafte Beziehungen zu andern Menschen, welche durch menschliche Tätigkeit ausgebildet sind, entgeltlich überlassen und erworben werden können; b) auf Grund gewisser rechtlicher Beschränkungen des Verkehrs; ausschließliche Gewerberechte, Realgerechtigkeiten, Privilegien, Monopole, Patente usw." (p.22, 23). Herr Wagner subsumiert die „Dienste" unter die „wirtschaftlichen Güter" (p.23, N.2 u. p.28). Was ihm eigentlich dabei unterliegt, ist seine Sucht, den Geheimrat Wagner als „produktiven Arbeiter" darzustellen; denn, sagt er, es „ist die Beantwortung präjudiziell für die Beurteilung aller derjenigen Klassen, welche berttfsmäßig persönliche Dienste ausüben, demnach des Gesindes, der Angehörigen der liberalen Berufe und folglich auch des Staates. Nur wenn Dienste auch zu den wirtschaftlichen Gütern gerechnet werden, sind die genannten Klassen in wirtschaftlichem Sinne produktiv" (p.24). Folgendes sehr charakteristisch für die Denkmanier von W [agner] und Konsorten: Raa hatte bemerkt: es hänge von der „Definition des Vermögens und ebenso der wirtschaftlichen Güter" ab, ob „die Dienste auch dazu gehören oder nicht". Darauf Wagner: es müsse „eine solche Definition" vom „Vermögen" „Vorgenommen werden, weiche die Dienste in die wirtschaftlichen Güter einschließt" (p.28). „Entscheidender Grund" aber sei, „daß die Befriedigungsmittel eben unmöglich nur in Sachgütern bestehen können, weil die Bedürfnisse sich nicht bloß auf solche, sondern auf persönliche Dienste (namentlich auch des Staats, wie Rechtsschutz etc.) beziehen" (P.28).
1 Hier und im weiteren Text sind die von Marx verwendeten eckigen Klammern durch geschweifte Klammern ersetzt
Vermögen: 1. „rein ökonomisch... in einem Zeitpunkte vorhandener Vorrat wirtschaftlicher Güter als realer Fonds für die Bedürfnisbefriedigung", ist „Vermögen an sich", „Teile des Gesamt- oder Volks- oder Nationalvermögens".
2. „Als geschichtlich-rechtlicher Begriff... im Besitz bzw. Eigentum einer Person stehender Vorrat wirtschaftlicher Güter", »Vermögensbesitzu (p. 32). Letzterer „historisch-rechtlicher relativer Eigentumsbegriff. Das Eigentum gibt nur gewisse Verfügungsbefugnisse und gewisse Ausschlußbefugnisse anderen gegenüber. Das Maß dieser Befugnisse wechselt" {i.e. geschichtlich} (p.34). „Jedes Vermögen im zweiten Sinn ist Einzelvermögen, Vermögen einer physischen oder juristischen Person" (l.c,). Öffentliches Vermögen, „insbesondere das Vermögen der Zwangsgemeinwirtschaften, also namentlich das Staats-, Kreis-, Gemeindevermögen. Dieses Vermögen [ist] zur allgemeinen Benutzung bestimmt (wie Wege, Flüsse etc.) und dem Staat usw... Eigentum daran als dem rechtlichen Vertreter der Gesamtheit (Volk, Ortseinwohnerschaft usw.) zugeschrieben oder es ist eigentliches Staats- und Gemeindevermögen, nämlich Verwalttmgsüermögen, das zur Herstellung der Staatsleistungen mit dient, und Finanzvermögen, das vom Staat zur Erwerbung von Einkünften, als den Mitteln für die Herstellung seiner Leistungen, benutzt wird" (p.35). Kapital, capitale, Übersetzung von xsqpaXoaov, womit man die Forderung einer Geldsumme im Gegensatz des Zinses (T6XO?) bezeichnete. Im Mittelalter kam auf Capitale, caput pecuniae als Hauptsache, Wesentliches, Ursprüngliches (p.37). Im Deutschen brauchte man das Wort Hauptgeld (p.37). „Kapital, Erwerbstamm, werbender Gütervorrat: ein Vorratbeweglicher Erwerbsmittel." Dagegen: „Gebrauchsvorrat: eine in irgendeiner Beziehimg zusammengefaßte Menge beweglicher Genußmittel" (p.38, N.2). Umlaufendes und stehendes Kapital (p.38, 2 (a) und 2 (b)). Wert. Nach Herrn Wagner ist die Werttheorie von Marx „der Eckstein seines sozialistischen Systems" (p.45). Da ich niemals ein „sozialistisches System" aufgestellt habe, so dies eine Phantasie der Wagner, Schäffle e tutti quanti1. Ferner: wonach Marx „findet die gemeinsame gesellschaftliche Substanz des von ihm allein hier gemeinten Tauschwerts in der Arbeit, das Größenmaß des Tauschwerts in der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit" etc.
1 und aller anderen
Ich spreche nirgendwo von „der gemeinsamen gesellschaftlichen Substanz des Tauschwerts", sage vielmehr, daß die Tauschwerte (Tauschwert ohne wenigstens deren 2 existiert nicht) etwas ihnen Gemeinsames darstellen, was „von ihren Gebrauchswerten" {i.e. hier ihrer Naturalform} ganz unabhängig, nämlich den „Wert". So heißt es: „Das Gemeinsame, was sich im Austauschverhältnis oder Tauschwert der Waren darstellt, ist also ihr Wert Der Fortgang der Untersuchung wird uns zurückführen zum Tauschwert als der notwendigen Ausdrucksweise oder Erscheinungsform des Werts, welcher zunächst jedoch unabhängig von dieser Form zu betrachten ist"1 (p. 13 [2311)> Ich sage also nicht, die „gemeinsame gesellschaftliche Substanz des Tauschwerts" sei die „Arbeit"; und da ich weitläufig in besonderem Abschnitt die Wertform, d.h. die Entwicklung des Tauschwerts, behandle, so wäre es sonderbar, diese „Form" auf „gemeinsame gesellschaftliche Substanz", die Arbeit, zu reduzieren. Auch vergißt Herr Wagner, daß weder „der Wert" noch „der Tauschwert" bei mir Subjekte sind, sondern die Ware. Ferner: „Diese" (Marxsche) „Theorie ist aber nicht sowohl eine allgemeine Wert- als eine Kostentheorie, angeknüpft an Ricardo." (I.e.) Herr Wagner hätte sowohl aus dem „Kapital", wie aus Siebers Schrift (wenn er russisch wüßte) die Differenz zwischen mir und Ricardo kennenlernen [können], der sich in der Tat mit der Arbeit nur als Maß der Wertgröße beschäftigte und deswegen keinen Zusammenhang zwischen seiner Werttheorie und dem Wesen des Geldes fand. Wenn der Herr Wagner sagt, das sei „keine allgemeine Werttheorie", so hat er in seinem Sinn ganz recht, da er unter allgemeiner Werttheorie das Spintisieren über das Wort „Wert" versteht, was ihn auch befähigt, bei der deutsch-traditionellen Professoralkonfusion von „Gebrauchswert" und „Wert" zu bleiben, da beide das Wort „Wert" gemein haben. Wenn er aber t * j„„ „„: „:„., » — j * J 4 Tcinci sagl, uas sei cuic , 3u lauu uas cmvvcuci aul eine Tautologie heraus: die Waren, soweit sie Werte, nur etwas Gesellschaftliches, Arbeit darstellen, und soweit nämlich die Wertgröße einer Ware nach mir durch die Größe der in ihr enthaltnen etc. Arbeitszeit bestimmt ist, also durch die normale Arbeitsmasse, die die Produktion eines Gegenstands kostet etc.; und Herr Wagner beweist das Gegenteil dadurch, daß er versichert, diese etc. Werttheorie sei nicht „die allgemeine", weil dies nicht
1 Siehe Band 23 unserer Ausgabe, S. 53
die Ansicht des Herrn Wagner von der „allgemeinen Werttheorie" ist. Oder er sagt etwas Falsches: Ricardo (nach Smith) wirft Wert und Produktionskosten zusammen; ich habe bereits in „Zur Kritik der Politischen Oekonomie" und ebenso in Noten zum „Kapital" ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Werte und Produktionspreise (die nur in Geld die Produktionskosten ausdrücken) nicht zusammenfallen. Warum nicht? habe ich dem Herrn Wagner nicht gesagt. Außerdem „verfahre" ich „willkürlich", wenn ich „diese Kosten nur auf die im engsten Sinn sog. Arbeitsleistung zurückführe. Das setzt immer erst eine Beweisführung voraus, welche bisher fehlt, nämlich, daß der Produktionsprozeß ganz ohne Vermittlung der Kapitell bildenden und verwendenden Tätigkeit von Privatkapitalisten möglich sei" (p.45). Statt mir -solche Zukunftsbeweise aufzubürden, hätte umgekehrt Herr Wagner erst nachweisen müssen, daß ein gesellschaftlicher Produktionsprozeß, vom Produktionsprozeß überhaupt gar nicht zu sprechen* in den sehr zahlreichen Gemeinwesen nicht existierte, die vor der Erscheinung von Privatkapitalisten existierten (altindische Gemeinde, südslawische Familiengemeinde etc.). Außerdem konnte Wagner nur sagen: die Exploitation der Arbeiterklasse durch die Kapitalistenklasse, kurz, der Charakter der kapitalistischen Produktion, wie Marx ihn darstellt, ist richtig, aber er irrt sich darin, daß er diese Wirtschaft als transitorisch betrachtet, während Aristoteles sich umgekehrt darin irrte, daß er die Sklavenwirtschaft als nicht transitorisch betrachtete.
„Solange ein solcher Beweis nicht geführt ist" {alias, solange die kapitalistische Wirtschaft existiert}, „ist in der Tat auch" {hier zeigt sich der Klumpfuß oder das Eselsohr} „der Kapitalgetoinn, ein ,konstitutives Element des Werts, nicht nach sozialistischer Auffassung nur ein Abzug oder ,Raub* am Arbeiter" (p.45, 46). Was ein „Abzug am Arbeiter" ist, Abzug seiner Haut etc., ist nicht erfindlich. Nun ist in meiner Darstellung in der Tat auch der Kapitalgewinn nicht „nur ein Abzug oder ,Raub' am Arbeiter". Ich stelle umgekehrt den Kapitalist als notwendigen Funktionär der kapitalistischen Produktion dar und zeige sehr weitläufig dar, daß er nicht nur „abzieht" oder „raubt", sondern die Produktion des Mehrwerts erzwingt, also das Abzuziehende erst schaffen hilft; ich zeige ferner ausführlich nach, daß, selbst wenn im Warenaustausch nur Äquivalente sich austauschten, der Kapitalist - sobald er dem Arbeiter den wirklichen Wert seiner Arbeitskraft zahlt - mit vollem Recht, d.h. dem dieser Produktionsweise entsprechenden Recht, den Mehrwert gewänne. Aber all dies macht den „Kapitalgewinn" nicht zum „kon
stitutiven" Element des Wertes, sondern beweist nur, daß in dem nicht durch die Arbeit des Kapitalisten „konstituierten" Wert ein Stück steckt, das er sich „rechtlich" aneignen kann, d.h. ohne das dem Warenaustausch entsprechende Recht zu verletzen. „Jene Theorie berücksichtigt zu einseitig nur dieses eine wertbestimmende Moment" {1. Tautologie. Die Theorie ist falsch, weil Wagner eine „allgemeine Werttheorie" hat, die nicht damit stimmt, sein „Wert" daher durch den „Gebrauchswert" bestimmt wird, wie das namentlich die Professoralbezahlung beweist; 2. Herr Wagner schiebt dem Wert den jedesmaligen „Marktpreis" oder von ihm abweichenden Warenpreis unter, was etwas sehr vom Wert Verschiednes ist}, „die Kosten, nicht das andere, die Brauchbarkeit, den Nutzen, das Bedarfsmoment" {d.h. sie wirft „Wert" und Gebrauchswert nicht zusammen, was doch so wünschenswert für gebornen Konfusius wie Wagner}. „Sie entspricht nicht nur nicht der Tauschwertbildung im heutigen Verkehr" {er meint die Preisbildung, die absolut nichts an der Wertbestimmung ändert: im übrigen findet im heutigen Verkehr certainly1 Tauschwertbildung statt, wie jeder Gründer, Warenfälscher usw. weiß, die nichts mit der Wertbildung gemein hat, aber ein scharfes Auge auf „gebildete" Werte hat; übrigens gehe ich z.B. bei Bestimmung des Werts der Arbeitskraft davon aus, daß ihr Wert wirklich gezahlt wird, was tatsächlich nicht der Fall ist. Herr Schäffle in „Kapitalismus" etc. meint, das sei „großmütig" oder so was Ähnliches. Er meint nur ein wissenschaftlich notwendiges Verfahren}, „sondern auch, wie Schäffle in der ,Quintessenz5 und besonders im .Socialen Körper' vortrefflich und wohlabschließend (!) nachweist, nicht den Verhältnissen, wie sie sich im Marxschen hypothetischen Sozialstaat notwendig gestalten müssen11. {Also der Sozialstaat, den Herr Schäffle so artig war, für mich zu „gestalten", verwandelt sich in „den Marxschen" (nicht den in Schäffles Hypothese dem Marx untergeschobnen „Sozialstaat").} „Schlagendläßt sich das namentlich am Beispiel des Getreides u.dgl. nachweisen, dessen Tauschwert wegen des Einflusses der wechselnden Ernten bei ziemlich gleichem Bedarf notwendig auch in einem System von ,Sozialtaxen anders als bloß nach den Kosten reguliert werden müßte." {So viel Worte, so viel Blödsinn. Erstens habe ich nirgendwo von „Soziallaxen"' gesprochen und bei der Untersuchung über den Wert mit bürgerlichen Verhältnissen zu tun, nicht aber mit Anwendung dieser Wert
1 sicher
theorie auf den nicht einmal durch mich, sondern durch Herrn Schaffle für mich konstruierten „Sozialstaat". Zweitens: wenn bei Mißernte der Kornpreis steigt, so steigt erstens ihr Wert, weil eine gegebene Arbeitsmasse in weniger Produkt realisiert ist; zweitens steigt noch viel mehr ihr Verkaufspreis. Was hat dies mit meiner Theorie des Werts zu schaffen? Grade um so mehr das Korn1 über seinen Wert verkauft wird, grade so viel werden andre Waren, sei es in Naturalform oder in Geldform, unter ihrem Wert verkauft, und zwar selbst, wenn ihr eigner Geldpreis nicht fällt. Die Wertsumme bleibt dieselbe, selbst wenn der Ausdruck dieser ganzen Wertsumme in Geld gewachsen wäre, also die Summe des „Tauschwerts" nach Herrn Wagner gestiegen. Dies ist der Fall, wenn wir annehmen, der Preisfall in der Summe der andern Waren decke nicht den Überwertpreis (Preisüberschuß) des Korns. Aber in diesem Fall ist der Tauschwert des Geldes pro tanto2 unter seinen Wert gefallen; die Wertsumme aller Waren bleibt nicht nur dieselbe, bleibt sogar dieselbe im Geldausdruck, wenn das Geld mit unter die Waren gerechnet wird. Ferner: die Preissteigerung des Korns über dessen mit der Mißernte gegebne Steigerung seines Werts hinaus wird jedenfalls im „Sozialstaat" kleiner sein als mit dem heutigen Korn wuchern. Dann aber wird der „Sozialstaat" von vornherein die Produktion so einrichten, daß die jährliche Getreidezufuhr nur ganz minimal vom Witterungswechsel abhängt, der Umfang der Produktion - die Zufuhr und die Gebrauchsseite darin-wird rationell reguliert. Endlich, was soll die „Sozialtaxe", gesetzt, Schäffles Phantasien darüber Würden realisiert, für oder gegen meine Theorie des Wertes beweisen? Sowenig als die bei Lebensmittelmangel auf Schiff oder in Festung oder während der französischen] Revolution etc. getroffnen Zwangsmaßregeln, die sich nicht um den Wert kümmern; und das Schreckliche für den „Sozialstaat", die Wertgesetze des „kapitalistischen (bürgerlichen) Staats" zu verletzen, also auch die Werttheorie! Nichts als kindischer Kohl!} Derselbe Wagner zitiert wohlgefällig aus Rau:
„Um Mißverständnisse zu vermeiden, ist es nötig, festzusetzen, was unter Wert schlechthin gemeint sei, und es ist dem deutschen Sprachgebrauch angemessen, hierzu den Gebrauchswert zu wählen" (p.46).
Ableitung des Wertbegriffs (p.46 sqq.). Aus dem Wertbegriff soll d'abord3 der Gebrauchswert und der Tauschwert von Herrn Wagner abgeleitet werden, nicht wie bei mir von einem
1 In der Handschrift: der Kornpreis - 2 um ebensoviel - 3 gleich
Konkretum der Ware, und es ist interessant, diesen Scholastizismus in seiner neuesten „Grundlegung" zu verfolgen. „Es ist ein natürliches Bestreben des Menschen, sich das Verhältnis, in welchem die innern und äußern Güter zu seinen Bedürfnissen stehen, zum deutlichen Bewußtsein und Verständnis zu bringen. Dies geschieht durch die Schätzung (Wertschätzung), wodurch den Gütern, beziehungsweise den Dingen der Außenwelt Wert beigelegt und derselbe gemessen wird" (p.46), und es heißt p.12: „Alle Mittel zur Befriedigung der Bedürfnisse heißen Güter." Setzen wir also in dem ersten Satz für das Wort „Gut" seinen wagnerischen Begriffsinhalt, so lautet der erste Satz des angeführten Passus: „Es ist ein natürliches Bestreben ,des* Menschen, sich das Verhältnis, in welchem die inneren und äußeren" Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse „zu seinen Bedürfnissen stehen, zum deutlichen Bewußtsein und Verständnis zu bringen". Wir können diesen Satz etwas vereinfachen, indem wir „die inneren Mittel" etc. fallenlassen, wie Herr Wagner im unmittelbar folgenden Satz dies sofort „beziehungsweise" tut. „Der" Mensch? Ist hier die Kategorie „Mensch" gemeint, so hat er überhaupt „keine" Bedürfnisse; wenn der Mensch, der vereinzelt der Natur gegenübersteht, so ist er als Nicht-Herdentier aufzufassen; wenn ein in irgendeiner Form der Gesellschaft schon befindliche Mensch - und dies unterstellt Herr Wagner, da „der" Mensch bei ihm, wenn auch keine Universitätserziehung, doch jedenfalls Sprache besitzt -, so ist als Ausgangspunkt der bestimmte Charakter dieses gesellschaftlichen Menschen vorzuführen, d.h. der bestimmte Charakter des Gemeinwesens, worin er lebt, da hier die Produktion, also sein Lebensgewinnungsprozeß schon irgendeinen gesellschaftlichen Charakter hat. Aber bei einem Professoralschulmeister sind die Verhältnisse der Menschen zur Natur von vornherein nicht praktische, also durch die Tat begründete Verhältnisse, sondern theoretische, und 2 Verhältnisse dieser Sorte sind gleich in dem ersten Satz ineinandergeschachtelt. Erstens.* da im folgenden Satz die „äußeren Mittel zw Befriedigung seiner Bedürfnisse" oder „äußeren Güter" sich verwandeln in „Dinge der Außenwelt", so erhält dadurch das erste eingeschachtelte Verhältnis folgende Gestalt: der Mensch steht im Verhältnis zu Dingen der Außenwelt als Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse. Aber die Menschen beginnen keineswegs damit, „in diesem theoretischen Verhältnis zu Dingen der Außenwelt zu stehen". Sie fangen, wie jedes Tier, damit an, zu essen, zu trinken etc., also nicht in einem Verhältnis zu „stehen", sondern sich aktiv zu verhalten, sich gewisser Dinge der Außenwelt zu bemächtigen durch die Tat, und so ihr
Bedürfnis zu befriedigen. (Sie beginnen also mit der Produktion.) Durch die Wiederholung dieses Prozesses prägt sich die Eigenschaft dieser Dinge, ihre „Bedürfnisse zu befriedigen", ihrem Hirn ein, die Menschen wie Tiere lernen auch „theoretisch" die äußern Dinge, die zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse dienen, vor allen andern unterscheiden. Auf gewissem Grad der Fortentwicklung, nachdem unterdes auch ihre Bedürfnisse und die Tätigkeiten, wodurch sie befriedigt werden, sich vermehrt und weiterentwickelt haben, werden sie auch bei der ganzen Klasse diese erfahrungsmäßig von der übrigen Außenwelt unterschiednen Dinge sprachlich taufen. Dies tritt notwendig ein, da sie im Produktionsprozeß - i.e. Aneignungsprozeß dieser Dinge - fortdauernd in einem werktätigen Umgang unter sich und mit diesen Dingen stehn und bald auch im Kampf mit andern um diese Dinge zu ringen haben. Aber diese sprachliche Bezeichnung drückt durchaus nur aus als Vorstellung, was wiederholte Bestätigung zur Erfahrung gemacht hat, nämlich daß den in einem gewissen gesellschaftlichen Zusammenhang bereits lebenden Menschen {dies der Sprache wegen notwendige Voraussetzung} gewisse äußere Dinge zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse dienen. Die Menschen legen diesen Dingen nur einen besondern (generic) Namen bei, weil sie bereits wissen, daß dieselben zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse dienen, weil sie ihrer durch mehr oder minder oft wiederholte Tätigkeit habhaft zu werden und sie daher auch in ihrem Besitz zu erhalten suchen; sie nennen sie vielleicht „Gut" oder sonst etwas, was ausdrückt, daß sie praktisch diese Dinge gebrauchen, daß diese Dinge ihnen nützlich, und geben dem Ding diesen Nützlichkeitscharakter als von ihm besessen, obgleich es einem Schaf schwerlich als eine seiner „nützlichen" Eigenschaften vorkäme, daß es vom Menschen eßbar ist. Also: die Menschen fingen tatsächlich damit an, gewisse Dinge der Außenwelt als Befriedigungsmittel ihrer eignen Bedürfnisse sich anzueignen etc. etc.; später kommen sie dazu, sie auch sprachlich als das, was sie in praktischer Erfahrung für sie sind, nämlich als Befriedigungsmittel ihrer Bedürfnisse zu bezeichnen, als Dinge, die sie „befriedigen". Nennt man nun diesen Umstand, daß die Menschen solche Dinge nicht nur praktisch als Befriedigungsmittel ihrer Bedürfnisse behandeln, sondern sie auch in der Vorstellung und, weiter, sprachlich als ihre Bedürfnisse, also sie selbst „befriedigende" Dinge bezeichnen {solange das Bedürfnis des Menschen nicht befriedigt ist, ist er im Unfrieden mit seinen Bedürfnissen, also mit sich selbst}, nennt man dies, „nach dem deutschen Sprachgebrauch", ihnen einen „Wert beilegen", so hat man bewiesen, daß der allgemeine Begriff „Wert"' entspringt aus dem Verhalten der Menschen zu den in der Außenwelt vor
gefundnen Dingen, welche ihre Bedürfnisse befriedigen, und mithin, daß dies der Gattungsbegriff von „Wert" ist und alle andern Wertsorten, wie z.B. der chemische Wert der Elemente, nur eine Abart davon.* Es ist „das natürliche Bestreben" eines deutschen Ökonomieprofessors, die ökonomische Kategorie „Wert" aus einem „Begriff" abzuleiten, und das erreicht er dadurch, daß, was in der politischen Ökonomie vulgo „Gebrauchswert" heißt, „nach deutschem Sprachgebrauch" in „ Wert" schlechthin umgetauft wird. Und sobald der „Wert" schlechthin gefunden ist, dient er hinwiederum wieder dazu, „Gebrauchswert" aus dem „Wert schlechthin" abzuleiten. Man hat dazu nur das „Gebrauchs"fragment, das man fallen ließ, wieder vor den „Wert" schlechthin zu setzen. Ist in der Tat Rau (siehe p.88[233]), der uns schlicht sagt, daß es „nötig ist" (für die deutschen Froiessoraischulineister) „testzusetzen, was unter Wert schlechthin gemeint sei", und der naiv hinzusetzt: „und es ist dem deutschen Sprachgebrauch gemäß, hierzu - den Gebrauchswert zu wählen'1. {In der Chemie heißt chemischer Wert eines Elements die Anzahl, worin eins seiner Atome sich mit Atomen andrer Elemente verbinden kann. Aber auch das Verbindungsgewicht der Atome hieß Äquivalenz, Gleichwert verschiedner Elemente etc. etc. Also muß man erst den Begriff „Wert schlechthin" bestimmen etc. etc.} Bezieht sich der Mensch auf Dinge als „Befriedigungsmittel seiner Bedürfnisse", so bezieht er sich auf sie als „Güter", teste1 Wagner. Er legt ihnen das Attribut „Gut" bei; der Inhalt dieser Operation wird in keiner Art dadurch verändert, daß Herr Wagner dies umtauft in „Wert beilegen'. Sein eignes faules Bewußtsein kommt sofort „zum Verständnis" in dem nächstfolgenden Satz: „Dies geschieht durch die Schätzung (fferfechätzung), wodurch den Gütern, beziehungsweise den Dingen der Außenwelt Wert beigelegt und derselbe gemessen wird." Wir wollen kein Wort darüber verlieren, daß Herr Wagner den Wert ableitet aus der Wertschätzung (er selbst fügt dem Wort Schätzung, um die
* [In der Handschrift gestrichen:] Bei Herrn Wagner wird diese „Deduktion" aber noch schöner, weil er es mit „dem" Menschen, nicht mit „den" Menschen zu tun hat. Diese sehr einfache „Deduktion" drückt Herr Wagner so aus: „Es ist ein natürliches Streben des Menschen" (lies: des deutschen Ökonomieprofessors), „das Verhältnis", wonach Dinge der Außenwelt als Befriedigungsmittel menschlicher Bedürfnisse nicht nur sind, sondern als solche sprachlich anerkannt sind und daher auch dienen
1 siehe
Sache „zum deutlichen Bewußtsein und Verständnis zu bringen", in Parenthese „WertSchätzung" zu). „Der Mensch" hat das „natürliche Bestreben", dies zu tun, die Güter als „Werte" zu „schätzen", und gestattet so Herrn Wagner, die von ihm versprochne Leistung des „Wertbegriffs im allgemeinen" abzuleiten. Wagner schmuggelt nicht umsonst dem Wort „Gütern" „beziehungsweise" die „Dinge der Außenwelt" unter. Er ging davon aus:.Der Mensch „verhält" sich zu „Dingen der Außenwelt", die Befriedigungsmittel seiner Bedürfnisse sind, als zu „Gütern". Er schätzt diese Dinge also eben dadurch, daß er sich zu ihnen als „Gütern" verhält. Und wir haben für diese „Schätzung" bereits frühere „Umschreibung" gehabt, dahin lautend z.B.: „Der Mensch steht mit der ihn umgebenden Außenwelt als bedürftiges Wesen in fortdauernder Berührung und erkennt? daß in jener viele Bedingungen seines Lebens und Wohlbefindens liegen" (p.8)„ Dies heißt doch weiter nichts, als daß er „die Dinge der Außenwelt schätzt", sofern sie sein „bedürftiges Wesen" befriedigen, Befriedigungsmittel seiner Bedürfnisse sind, und darum, wie wir vorher hörten, sich zu ihnen als „Gütern" verhält. Nun kann man, namentlich, wenn man das „natürliche" Professoral„Bestreben" fühlt, den Begriff des Werts im allgemeinen abzuleiten, dies: „den Dingen der Außenwelt" das Attribut „Güter" beilegen, auch benamsen, ihnen „ Wert beilegen". Man hätte auch sagen können: Indem der Mensch sich zu den seine Bedürfnisse befriedigenden Dingen der Außenwelt als „Gütern" verhält, „preist" er sie, legt ihnen also „Preis" bei, und damit wäre denn die Ableitung des Begriffs des „Preises schlechthin" durch die Verfahrensart „des" Menschen dem Professor germanicus ready cut1 geliefert. Alles , was der Professor selbst nicht tun kann, läßt er „den" Menschen tun, der aber in der Tat selbst wieder nichts ist, als der Professoralmensch, der die Welt begriffen zu haben meint, wenn er sie unter abstrakten Rubriken rangiert. Sofern aber den Dingen der Außenwelt „Wert beilegen" hier nur eine andere Redensart ist für den Ausdruck, ihnen das Attribut „Güter" beilegen, so ist damit beileibe nicht, wie das Wagner erschleichen will, den „Gütern" selbst „Wert" beigelegt als eine von ihrem „Gutsein" verschiedne Bestimmung. Es ist nur dem Wort „Gut" das Wort „Wert" untergeschoben. {Es könnte, wie wir sehen, auch das Wort „Preis" untergeschoben werden. Es könnte auch das Wort „Schatz" untergeschoben werden; denn indem „der" Mensch gewisse „Dinge der Außenwelt" zu „Gütern" stempelt,
1 dem deutschen Professor auf den Leib zugeschnitten
„schätzt" er sie und verhält sich daher zu ihnen als einem „Schatz". Man sieht daher, wie die 3 ökonomischen Kategorien Wert, Preis, Schatz von Herrn Wagner auf einen Schlag aus „dem natürlichen Streben des Menschen", dem Professor seine vernagelte Begriffs(Vorstellungs)weit zu liefern, hervorgezaubert werden konnten.} Aber Herr Wagner hat den dunklen Trieb, seinem Labyrinth von Tautologie zu entschlüpfen und ein „weiteres etwas" oder „etwas weiteres" zu erschleichen. Daher die Phrase: „wodurch den Gütern, beziehungsweise den Dingen der Außenwelt Wert beigelegt etc. wird". Da Herr Wagner das Stempeln von „Dingen der Außenwelt" zu Gütern, d.h. das Auszeichnen und Fixieren derselben (in der Vorstellung) als Befriedigungsmittel menschlicher Bedürfnisse, ditto benamst hat: diesen „Dingen Wert beilegen", so kann er dies ebensowenig nennen: „den Gütern" selbst Wert beilegen, als er sagen könnte, dem „Wert54 der Dinge der Außenwelt Wert beilegen. Aber der salto mortale wird gemacht in dem Wort „Gütern, beziehungsweise den Dingen der Außenwelt Wert beilegen"„ Wagner hätte sagen müssen: das Stempeln gewisser Dinge der Außenwelt zu „Gütern" kann auch genannt werden: diesen Dingen „Wert beilegen", und dies ist die Wagnersche Ableitung des „ Wertbegriffs" schlechthin oder im allgemeinen. Der Inhalt wird nicht verändert durch diese Änderung des sprachlichen Ausdrucks. Es ist stets nur das Auszeichnen oder Fixieren in der Vorstellung der Dinge der Außenwelt, welche Befriedigungsmittel menschlischer Bedürfnisse sind; in der Tat also nur die Erkennung und Anerkennung gewisser Dinge der Außenwelt als Befriedigungsmittel von Bedürfnissen „des" Menschen (der jedoch als solcher in der Tat am „Begriffsbedürfnis" leidet). Aber Herr Wagner will uns oder sich selbst weismachen, daß er, statt 2 Namen den selben Gehalt zu geben, vielmehr von der Bestimmung „Gut" zu einer davon unterschiednen, weiterentwickelten Bestimmung „Wert" fortgeschritten ist, und dies geschieht einfach dadurch, daß er „Dingen der Außenwelt" „beziehungsweise" das Wort „Güter" unterschiebt, ein Prozeß, der wieder dadurch „verdunkelt" wird, daß er „den Gütern" „beziehungsweise" die „Dinge der Außenwelt" unterschiebt. Seine eigne Konfusion erreicht so den sichern Effekt, seine Leser konfus zu machen. Er hätte diese schöne „Ableitung" auch umkehren können wie folgt: Indem der Mensch die Dinge der Außenwelt, welche Befriedigungsmittel seiner Bedürfnisse sind, als solche Befriedigungsmittel von den übrigen Dingen der Außenwelt unterscheidet und daher auszeichnet, würdigt er sie, legt er ihnen Wert bei oder gibt ihnen das Attribut „Wert"; man kann dies auch so ausdrücken, daß er ihnen das Attribut „Gut" als Charaktermal beilegt oder sie als „Gut" achtet
oder schätzt. Dadurch wird den „Werten", beziehungsweise den Dingen der Außenwelt der Begriff „Gut" beigelegt. Und so ist aus dem Begriff „Wert" der Begriff „Gut" im allgemeinen „abgeleitet". Es handelt sich bei allen derartigen Ableitungen nur darum, von der Aufgabe, deren Lösung man nicht gewachsen ist, abzuleiten. Aber Herr Wagner geht im selben Atem vom „Wert" der Güter in aller Geschwindigkeit zum „Messen" dieses Werts über. Der Inhalt bleibt absolut derselbe, wäre das Wort Wert überhaupt nicht' hineingeschmuggelt worden. Es könnte gesagt werden: Indem der Mensch gewisse Dinge der Außenwelt, die etc. zu „Gütern" stempelt, wird er nach und nach diese „Güter" untereinander vergleichen und, entsprechend der Hierarchie seiner Bedürfnisse, in eine gewisse Rangordnung bringen, d.h. wenn man es so nennen will, sie „messen". Von der Entwicklung der wirklichen Maße dieser Güter, i.e. der Entwicklung ihrer Größenmaße, darf Wagner hier beileibe nicht sprechen, da dies den Leser zu lebhaft daran erinnern würde, wie wenig es sich hier um das handelt, was sonst unter „ Werfmessen" verstanden wird. {Daß das Auszeichnen von (Hinweisen auf) Dingen der Außenwelt, die Befriedigungsmittel menschlicher Bedürfnisse sind, als „Güter" auch benamst werden kann: diesen Dingen „Wert beilegen", konnte Wagner nicht nur wie Rau aus dem „deutschen Sprachgebrauch" nachweisen, sondern: Da ist das lateinische Wort dignitas = Würde, Würdigkeit, Rang etc., welches Dingen beigelegt auch „Wert" bedeutet; dignitas ist abgeleitet von dignus und dies von die, point out, shoW, auszeichnen, zeigen; dignus meint also pointed out; daher auch digitus, der Finger, womit man zeigt ein Ding, darauf hinweist; griechisch: Seix-vuju, Bxx-xukoq (finger); gotfischj: ga-tecta (dico); deutsch: zeigen; und wir könnten noch zu viel weiteren „Ableitungen" kommen, in Betracht, daß Setxvujn oder Seixvuca (sichtbar machen, zum Vorschein bringen, hinweisen) mit S^oti.ai den Grundstamm Sex (hinhalten, nehmen) gemein hat.} So viel Banalität, tautologischer Wirrwarr, Wortklauberei, Erschleichungsmanöver bringt Herr Wagner in nicht ganz 7 Zeilen fertig. Kein Wunder, daß dieser Dunkelmann (vir obscurus) nach diesem Kunststück mit großem Selbstgefühl fortfährt: „Der vielfach streitige und durch manche oft nur scheinbar tiefsinnige Untersuchungen noch verdunkelte Wertbegriff entwickelt sich einfach" (indeed1) {rather2 „verwikkelt" sich}, „wenn man, wie bisher geschehen" {nämlich von Wagner} „vom Bedürfnis
1 in der Tat - 2 vielmehr
und der wirtschaftlichen Natur des Menschen ausgeht und zum Gutsbegriff gelangt und an diesen den Wertbegriff - anknüpft" (p.46). Man hat hier die Begriffswirtschaii, deren angebliche Entwicklung beim vir obscurus herausläuft auf das „Anknüpfen" und gewissermaßen aufs „Auf" knüpfen". Weitere Ableitung des Wertbegriffs: Subjektiver und objektiver Wert. Subjektiv und im allgemeinsten Sinn der Wert des Gutes = Bedeutung, die „dem Gute wegen... seiner Nützlichkeit beigelegt wird... keine Eigenschaft der Dinge an sich, wenn er auch objektiv die Nützlichkeit eines Dinges zur Voraussetzung hat" {also den „objektiven" Wert zur Voraussetzung hat} „...Im objektiven Sinn versteht man unter ,Wert\ ,Werten dann auch die werthabenden Güter, wo (!) Gut und Wert, Güter und Werte im wesentlichen identische Begriffe werden" (p.46, 47). Nachdem Wagner das, was gewöhnlich „Gebrauchswert" benamst wird, zum „Wert im allgemeinen", zum „Wertbegriff" schlechthin ernannt hat, kann es ihm gar nicht fehlen, sich zu erinnern, daß „der also" (so! so!) „abgeleitete" (!) „Wert" der „Gebrauchswert" ist. Nachdem er erst den „Gebrauchswert" zum „Wertbegriff" im allgemeinen, zum „Wert schlechthin" ernannt hat, entdeckt er hinterher, daß er nur über den „Gebrauchswert" gefaselt, diesen also „abgeleitet" hat, da für ihn Faseln und Ableiten „im wesentlichen" identische Denkoperationen sind. Aber bei dieser Gelegenheit erfahren wir, welche subjektive Bewandtnis es mit der bisherigen „objektiven" Begriffsverwirrung der pp. Wagner hat. Er enthüllt uns nämlich ein Geheimnis. Rodbertus hatte einen Brief an ihn geschrieben, zu lesen in der Tübinger Zeitschrift12341 1878, wo er, Rodbertus, auseinandersetzt, warum „es nur eine Art von Wert" gibt, den Gebrauchswert.
„Ich" (Wagner) „habe mich dieser Auffassung angeschlossen, deren Bedeutung ich schon in der ersten Auflage einmal hervorhob." Von [dem,] was Rodbertus sagt, sagt Wagner: „Das ist vollkommen richtig und nötigt zu einer Änderung der üblichen unlogischen ,Einteilung' des , Werts' in Gebrauchswert und Tauschwert, wie ich sie in § 35 der ersten Auflage auch noch vorgenommen hatte" (p.48, N.4), und derselbe Wagner rangiert mich (p.49, Note) unter die Leute, nach denen der „Gebrauchswert" ganz „aus der Wissenschaft" „entfernt" werden soll. Alles das sind „Faseleien". De prime abord1 gehe ich nicht aus von „Begriffen", also auch nicht vom „Wertbegriff", und habe diesen daher auch in
1 Von vornherein
keiner Weise „einzuteilen". Wovon ich ausgehe, ist die einfachste gesellschaftliche Form, worin sich das Arbeitsprodukt in der jetzigen Gesellschaft darstellt, und dies ist die „ Ware". Sie analysiere ich, und zwar zunächst in der Form, worin sie erscheint. Hier finde ich nun, daß sie einerseits in ihrer Naturalform ein Gebrauchsding, alias Gebrauchswert ist; andrerseits Träger von Tauschwert, und unter diesem Gesichtspunkt selbst „Tauschwert". Weitere Analyse des letzteren zeigt mir, daß der Tauschwert nur eine „Erscheinungs/orm", selbständige Darstellungsweise des in der Ware enthaltnen Werts ist, und dann gehe ich an die Analyse des letzteren. Es heißt daher ausdrücklich, p.36, 2.Ausg.[231]: „Wenn es im Eingang dieses Kapitels in der gang und gäben Manier hieß: Die Ware ist Gebrauchswert und Tauschwert, so war dies, genau gesprochen, falsch. Die Ware ist Gebrauchswert oder Gebrauchsgegenstand und ,Wert\ Sie stellt sich dar als dies Doppelte was sie ist, sobald ihr Wert eine eigne, von ihrer Naturalform verschiedne Erscheinungsform besitzt, die des Tauschwertsetc. Ich teile also nicht den Wert in Gebrauchswert und Tauschwert als Gegensätze, worin sich das Abstrakte, „der Wert", spaltet, sondern die konkrete gesellschaftliche Gestalt des Arbeitsprodukts; „Ware" ist einerseits Gebrauchswert und andrerseits „Wert", nicht Tauschwert, da die bloße Erscheinungsform nicht ihr eigner Inhalt ist. Zweitens: Nur ein vir obscurus, der kein Wort des „Kapitals" verstanden hat, kann schließen: Weil Marx in einer Note zur ersten Ausgabe des „Kapitals"[235] allen deutschen Professoralkohl über „Gebrauchswert" im allgemeinen verwirft und Leser, die etwas über wirkliche Gebrauchswerte wissen wollen, auf „Anleitungen zur Warenkunde" verweist, - daher spielt der Gebrauchswert bei ihm keine Rolle. Er spielt natürlich nicht die Rolle seines Gegenteils, des „Wertes", der nichts mit ihm gemein hat, als daß „Wert" im Namen „Gebrauchswert" vorkommt. Er hätte ebensogut sagen können, daß der „Tauschwert" bei mir beiseite gesetzt wird, weil er nur Erscheinungsform des Wertes, aber nicht der „Wert" ist, da für mich der „Wert" einer Ware weder ihr Gebrauchswert ist, noch ihr Tauschwert. Wenn man die „Ware" - das einfachste ökonomische Konkretum - zu analysieren hat, hat man alle Beziehungen fernzuhalten, die mit dem vorliegenden Objekt der Analyse nichts zu schaffen haben. Was aber von der Ware, soweit sie Gebrauchswert, zu sagen ist, habe ich daher in wenigen Zeilen gesagt, andrerseits aber die charakteristische Form hervorgehoben, in der hier der Gebrauchswert - das Arbeitsprodukt - erscheint; nämlich;
1 Vgl. Band 23 unserer Ausgabe, S. 75
„Ein Ding1 kann nützlich und Produkt menschlicher Arbeit sein, ohne Ware zu sein. Wer durch sein Produkt sein eignes Bedürfnis befriedigt, schafft zwar Gebrauchswert, aber nicht Ware. Um Ware zu produzieren, muß er nicht nur Gebrauchswert produzieren, sondern Gebrauchswert für andre, gesellschaftlichen Gebrauchswert"12 (p. 15[231])- {Dies die Wurzel des Rodbertusschen „gesellschaftlichen Gebrauchswerts".} Damit besitzt der Gebrauchswert - als Gebrauchswert der „Ware" - selbst einen historischspezifischen Charakter. Im primitiven Gemeinwesen, worin z.B. die Lebensmittel gemeinschaftlich produziert und verteilt werden unter den Gemeindegenossen, befriedigt das gemeinsame Produkt direkt die Lebensbedürfnisse jedes Gemeindegenossen, jedes Produzenten, der gesellschaftliche Charakter des Produkts, des Gebrauchswerts, liegt hier in seinem (gemeinsamen) gemeinschaftlichen Charakter. |Herr Rodbertus dahingegen verwandelt den „gesellschaftlichen Gebrauchswert" der Ware in den „gesellschaftlichen Gebrauchswert" schlechthin, faselt daher.} Es wäre also, wie aus dem obigen hervorgeht, reine Faselei, bei Analyse der Ware - weil sie sich einerseits als Gebrauchswert oder Gut, andrerseits als „Wert" darstellt - nun bei dieser Gelegenheit allerlei banale Reflexionen über Gebrauchswerte oder Güter „anzuknüpfen", die nicht in den Bereich der Warenwelt fallen, wie „Staatsgüter", „Gemeindegüter" etc., wie es Wagner und der deutsche Professor in general3 tut, oder über das Gut „Gesundheit" etc. Wo der Staat selbst kapitalistischer Produzent, wie bei Exploitation von Minen, Waldungen etc., ist sein Produkt „Ware" und besitzt daher den spezifischen Charakter jeder andren Ware. Andrerseits hat der vir obscurus übersehn, daß schon in der Analyse der Ware bei mir nicht stehngeblieben wird bei der Doppelweise, worin sie sich darstellt, sondern gleich weiter dazu fortgegangen wird, daß in diesem Doppelsein der Ware sich darstellt zwiefacher Charakter der Arbeit, deren Produkt sie ist: der nützlichen Arbeit, i.e. den konkreten Modi der Arbeiten, die Gebrauchswerte schaffen, und der abstrakten Arbeit, der Arbeit als Verausgabung der Arbeitskraft, gleichgültig in welcher „nutzlichen Weise sie verausgabt werde (worauf später die Darstellung des Produktionsprozesses beruht); daß in der Entwicklung der Wertform der Ware, in letzter Instanz ihrer Geldform, also des Geldes, der Wert einer Ware sich darstellt im Gebrauchswert der andern, d.h. in der Naturalform der andern Ware; daß der Mehrwert selbst abgeleitet wird aus einem „spezifischen" und ihr exklusive zukommenden Gebrauchswert der Arbeitskraft etc. etc.,
1 In der Handschrift: Produkt-2 vgl. Band 23 unserer Ausgabe, S.55 -3 im allgemeinen
daß also bei mir der Gebrauchswert eine ganz anders wichtige Rolle spielt als in der bisherigen Ökonomie, daß er aber notabene immer nur in Betracht kommt, wo solche Betrachtung aus der Analyse gegebner ökonomischer Gestaltungen entspringt, nicht aus Hin- und Herräsonieren über die Begriffe oder Worte „Gebrauchswert" und „Wert". Deswegen werden bei Analyse der Ware auch nicht bei Gelegenheit ihres „Gebrauchswerts" sofort Definitionen des „Kapitals" angeknüpft, die ja reiner Unsinn sein müssen, solange wir erst bei Analyse der Elemente der Ware stehn. Was Herrn Wagner aber bei meiner Darstellung ennuyiert (schockiert), ist, daß ich ihm nicht den Gefallen tue, dem deutsch-vaterländischen Professoral-„Bestreben" zu folgen, und Gebrauchswert und Wert zu konfundieren. Obgleich die deutsche Gesellschaft sehr post festum, ist sie doch nach und nach aus der feudalen Naturalwirtschaft, oder wenigstens deren Vorwiegen, zur kapitalistischen Wirtschaft gelangt, aber die Professoren stehn mit einem Fuß immer noch im alten Dreck, was natürlich. Aus Leibeignen von Gutsbesitzern haben sie sich in Leibeigne des Staats, vulgo Regierung, verwandelt. Daher sagt auch unser vir obscurus, der nicht einmal bemerkt hat, daß meine analytische Methode, die nicht von dem Menschen, sondern der ökonomisch gegebnen Gesellschaftsperiode ausgeht, mit der professoraldeutschen Begriffsanknüpfungs-Methode nichts gemein hat („mit Worten läßt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten"), deswegen sagt er:
„ Ich stelle im Einklang mit der Rodbertusschen und auch mit der Schäfflesehen Auffassung den Gebrauchswert-Chaia\steT alles Werts [voran] und hebe die GebrauchswertSchätzung um so mehr hervor, weil die Tauschwert-Schätzung auf viele der wichtigsten wirtschaftlichen Güter schlechterdings gar nicht anwendbar ist" {was zwingt ihn zu Ausreden? also als Staatsdiener fühlt er sich verpflichtet, Gebrauchswert und Wert zu konfundieren!}, „so nicht auf den Staat und seine Leistungen, noch auf andre gemeinwirtschaftliche Verhältnisse" (p.49, Note). {Es erinnert dies an die alten Chemiker vor der Wissenschaft der Chemie: weil Kochbutter, die im gewöhnlichen Leben Butter schlechthin (nach nordischer Sitte) heißt, einen weichen Bestand habe, nannten sie Chloride, Zinkbutter, Antimonbutter etc. Buttersäfte, hielten also, um mit dem vir obscurus zu reden, am Buttercharakter aller Chloriden, Zink-, Antimon-(Verbindungen) fest.} Das Geschwätz kommt darauf hinaus: Weil gewisse Güter, namentlich der Staat (ein Gut!) und seine „Leistungen" (namentlich die Leistungen seiner Professoren der politischen Ökonomie), keine „Waren" sind, darum müssen die in den „Waren" selbst enthaltnen
entgegengesetzten Charaktere {die auch in der Warenform des Arbeitsprodukts ausdrücklich erscheinen} miteinander konfundiert werden! Bei Wagner und Konsorten übrigens schwer zu behaupten, daß sie mehr gewinnen, wenn ihre „Leistungen" nach deren „Gebrauchswert", nach deren sachlichem „Gehalt", als wenn sie nach ihrem „Gehalt" (durch „Sozialtaxe", wie Wagner das ausdrückt) bestimmt, d.h. nach ihrer Zahlung „geschätzt" werden. {Das Einzige, was dem deutschen Blödsinn deutlich zugrund liegt, ist, daß sprachlich die Worte : Wert oder Würde zuerst auf die nützlichen Dinge selbst angewandt wurden, die lange existierten, selbst als „Arbeitsprodukte", bevor sie zu Waren wurden. Das hat aber mit der wissenschaftlichen Bestimmung des Waren-„Werts" grade soviel zu tun wie der Umstand, daß das Wort Salz bei den Alten zuerst für Kochsalz angewandt wurde, und daher auch Zucker etc. seit Plinius als Salzarten figurieren {indeed alle farblosen festen Körper in Wasser löslich und mit eigentümlichem Geschmack}, deswegen die chemische Kategorie „Salz" Zucker etc. in sich begreift.} {Da die Ware vom Käufer gekauft wird, nicht weil sie Wert hat, sondern weil sie „Gebrauchswert" ist und zu bestimmten Zwecken gebraucht wird, versteht es sich ganz von selbst, 1. daß die Gebrauchswerte „geschätzt" werden, d.h. ihre Qualität untersucht wird (ganz wie ihre Quantität gemessen, gewogen etc. wird); 2. daß, wenn verschiedne Warensorten einander substituiert werden können für dieselbe Gebrauchsanwendung, dieser oder jener der Vorzug gegeben wird etc. etc.} Im Gotischen nur ein Wort für Wert und Würde: vairths. Tijjtf). schätzen, das ist anschlagen; den Preis oder Wert bestimmen; taxieren; metaphforisch] würdigen, wertschätzen, in Ehren halten, auszeichnen. TiSchätzung, daher: Bestimmung des Werts oder Preises, Anschlag, Abschätzung. Dann: Wertschätz[tmg], auch Wert, Preis selbst (Herodot, Plato), cd Ti\wtl- Spesen bei Demostfhenes]. Dann: Wertschätzung, Ehre, Achtung, Ehrenstelle, Ehrenamt etc., „Griechlisch]-Deutschf es] Lexikon" von Rost.} Wert, Preis (Schulze, Glossar) gotisch; vairths, ad]., altnordisch: verdhr, würdig, verdh, Wert, Preis; angelsf ächsischj: veordh, vurdh; engl [isch]: Worth, adj. und Subst. Wert und Würde. „mittelhochdeutsch: wert, gen. werdes, adj. dignus und ebenso pfennincwert. -wert, gen. werdes, Werth, Würde, Herrlichkeit, aestimatio, Ware von bestimmtem Werth, z.B. pfenwert, pennyworth. -werde: meritum, aestimatio, dignitas, wertvolle Beschaffenheit". (Ziemann, „Mittelh[och]d[eutsches] Wörterbuch".) Wert und Würde hängen also ganz zusammen, nach Etymologie und
Bedeutung. Was die Sache verdeckt, ist die im Neuhochdeutsch gebräuchlich gewordene unorganische (falsche) Flexionsweise von Wert: Werth, WerfAes statt WerJes, denn dem gotfischen] ih entspricht hochdeutsch d, nicht th = t, und dies ist auch im Mittelhochdeutsch so der Fall (wert, gen. Wer des, daselbst). Nach mittelhochdeutscher Regel müßte d am Schluß des Worts t werden, also wert statt werd, aber genit. werdes. Alles dies hat aber mit der ökonomischen Kategorie „Wert" grad soviel und sowenig zu schaffen wie mit dem chemischen Wert der ehem. Elemente (Atomigkeit) oder mit den chemischen Äquivalenten oder Gleichwerten (Verbindungsgewichten der ehem. Elemente). Ferner ist zu bemerken, daß selbst in dieser sprachlichen Beziehung wenn aus der ursprünglichen Identität von Würde und Wert von selbst folgt, wie aus der Natur der Sache, daß dies Wort auch auf Sachen, Arbeitsprodukte in ihrer Naturalform sich bezog - es später unverändert direkt auf Preise, i.e. den Wert in seiner entwickelten Wertform - i.e. Tauschwert übertragen wurde, was so wenig mit der Sache zu tun hat, als daß dasselbe Wort für Würde im allgemeinen, für Ehrenamt etc., fortfuhr angewandt zu werden. Also hier sprachlich keine Unterscheidung zwischen Gebrauchswert und Wert. Kommen wir nun zum Gewährsmann des vir obscurus, zu Rodbertus {dessen Aufsatz in der Tübinger Zeitschrift anzusehn ist}. Was vir obscurus von Rodbertus zitiert, ist folgendes: Im Text der p. 48: „Es gibt nur eine Art Wert und das ist der Gebrauchswert. Dieser ist entweder individueller Gebrauchswert oder sozialer Gebrauchswert. Der erstere steht dem Individuum und seinen Bedürfnissen gegenüber, ohne edle Berücksichtigung einer sozialen Organisation." {Dies schon Blödsinn (vgl. das „Kapital", p. 171fa31J), wo aber gesagt: daß der Arbeitsprozeß als zweckmäßige Tätigkeit zur Herstellung von Gebrauchswerten etc. „allen seinen" (des menschlichen Lebens) „Gesellschaftsformen gleich gemeinsam"' und „von jeder derselben unabhängig ist"1. Erstens steht dem Individuum nicht das Wort „Gebrauchswert" gegenüber, sondern konkrete Gebrauchswerte, und welche solcher ihm „gegenüberstehn" (bei diesen Menschen „steht" alles; alles ist „ständisch"), hängt ganz von der Stufe des gesellschaftlichen Produktionsprozesses ab, entspricht also auch „einer sozialen Organisation". Will Rodbertus aber nur das Triviale sagen, daß der Gebrauchswert, der wirklich als Gebrauchsgegenstand
1 Vgl. Band 23 unserer Ausgabe, S. 198
einem Individuum gegenübersteht, als individueller Gebrauchswert für es ihm gegenübersteht, so ist das eine triviale Tautologie oder aber falsch, da von solchen Dingen, wie Reis, Mais oder Weizen nicht zu sprechen oder Fleisch {das einem Hindu nicht als Nahrungsmittel gegenübersteht} nicht zu sprechen, einem Individuum das Bedürfnis eines Professor- oder Geheimrattitels oder eines Ordens nur m ganz bestimmter „sozialer Organisation" möglich ist.} „Der zweiteist der Gebrauchswert, den ein aus vielen individuellen Organismen (bzw. Individuen) bestehender sozialer Organismus hat" (p.48, Text). Schönes Deutsch! Handelt es sich hier um „Gebrauchswert" des „sozialen Organismus" oder um einen im Besitz eines „sozialen Organismus" befindlichen Gebrauchswert {wie z.B. Land in den primitiven Gemeinwesen}, oder um die bestimmte „soziale" Form des Gebrauchswerts in einem sozialen Organismus, wie z.B. dort, wo Warenproduktion das Herrschende, der Gebrauchswert, den ein Produzent liefert, „Gebrauchswert für andre" und in diesem Sinn „gesellschaftlicher Gebrauchswert" sein muß? Mit solcher Seichtbeutelei nichts zu wollen. Also zum andern Satz des Faustus1 des Wagner: „Der Tauschwert ist nur der historische Um- und Anhang des sozialen Gebrauchswerts aus einer bestimmten Geschichtsperiode. Indem man dem Gebrauchswert einen Tauschwert als logischen Gegensatz gegenüberstellt, stellt man zu einem logischen Begriff einen historischen Begriff in logischen Gegensatz, was logisch nicht angeht" (p.48, Note 4). „Das ist", jubelt ibidem2 Wagnerus, „das ist vollkommen richtig!" \Y/jav ii?f J^v« W rSinc troW^kf F^qR nrlKovHio mirk ^amif rttätnt TT AOL M^l 111U11 9 U.U1 U.1VO V Vi UUt« A^UW Jl VVUUV1 bUO iXUVll 'UUJ.Ill V 111VI t X L) sicher, da er nach R. Meyer, seinem famulus, ein „großes dickes Manuskript" gegen das „Kapital" geschrieben hat. Wer stellt in logischen Gegensatz? Herr Rodbertus, für den „Gebrauchswert" und „Tauschwert" beides von Natur bloße „Begriffe" sind. In der Tat begeht in jedem Preiskurant jede einzelne Warensorte diesen unlogischen Prozeß, sich als Gut, Gebrauchswert, als Baumwolle, Garn, Eisen, Korn etc. von der andern zu unterscheiden, von den anderen toto coelo° qualitativ verschiedenes „Gut" darzustellen, aber zugleich ihren Preis als qualitativ dasselbe, aber quantitativ verschiednes desselbigen Wesens. Sie präsentiert sich in ihrer Naturalform für den, der sie braucht, und in der davon durchaus verschiednen, ihr mit allen andern Waren „gemeinschaftlichen" Wertform sowie als Tauschwert. Es handelt sich hier um einen „logischen" Gegensatz nur bei Rodbertus und den ihm verwandten deutschen Professoralschulmeistern, die vom
1 Rodbertus - 2 ebenda - 3 in jeder Hinsicht
„Begriff" Wert, nicht von dem „sozialen Ding", der „Ware" ausgehen, und diesen Begriff sich in sich selbst spalten (verdoppeln) lassen, und sich dann darüber streiten, welche von beiden Hirngespinsten der wahre Jakob istl Was aber im düstern Hintergrund der gespreizten Phrasen liegt, ist einfach die unsterbliche Entdeckung, daß der Mensch in allen Zuständen essen, trinken etc. muß {man kann nicht einmal fortfahren: sich kleiden oder Messer und Gabel oder Betten und Wohnungen haben, da dies nicht unter allen Zuständen der Fall}; kurz, daß er in allen Zuständen äußere Dinge zur Befriedigung seiner Bedürfnisse fertig in der Natur vorfinden und ihrer sich bemächtigen oder sich aus Naturvorgefundenem bereiten muß; in diesem seinen tatsächlichen Verfahren verhält er sich also faktisch stets zu gewissen äußeren Dingen als „Gebrauchswerten", d.h. er behandelt sie stets als Gegenstände für seinen Gebrauch; daher ist der Gebrauchswert nach Rodbertus ein „logischer" Begriff; also, da der Mensch auch atmen muß, so ist „Atem" ein „logischer" Begriff, aber beileibe nicht ein „physiologischer". Die ganze Flachheit des Rodbertus' tritt aber in seinem Gegensatz von „logischem" und „historischem" Begriff hervor! Er faßt den „Wert" (den ökonomischen, im Gegensatz zum Gebrauchswert der Ware) nur in seiner Erscheinungsform, dem Tauschwert, und da dieser nur auftritt, wo wenigstens irgendein Teil der Arbeitsprodukte, die Gebrauchsgegenstände, als „ Waren" funktionieren, dies aber nicht von Anfang an, sondern erst in einer gewissen gesellschaftlichen Entwicklungsperiode, also auf einer bestimmten Stufe historischer Entwicklung geschieht, so ist der Tauschwert ein „historischer" Begriff. Hätte R[odbertus] nun - ich werde weiter unten sagen, warum er es nicht gesehn hat - weiter den Tauschwert der Waren analysiert - denn dieser existiert bloß, wo Ware im Plural vorkommt, verschiedne Warensorten so fand er den „Wert" hinter dieser Erscheinungsform. Hätte er weiter den Wert untersucht, so hätte er weiter gefunden, daß hierin das Ding, der „Gebrauchswert", als bloße Vergegenständlichung menschlicher Arbeit, als Verausgabung gleicher menschlicher Arbeitskraft, gilt und daher dieser Inhalt als gegenständlicher Charakter der Sache dargestellt ist, als [Charakter], der ihr selbst sachlich zukommt, obgleich diese Gegenständlichkeit in ihrer Naturalform nicht erscheint {was aber eine besondre Wertform nötig macht}. Er würde also gefunden haben, daß der „Wert" der Ware nur in einer historisch entwickelten Form ausdrückt, was in allen andern historischen Gesellschaftsformen ebenfalls existiert, wenn auch in andrer Form, nämlich gesellschaftlicher Charakter der Arbeit, sofern sie als Verausgabung „gesellschaftlicher" Arbeitskraft existiert. Ist „der Wert" der Ware so nur eine bestimmte historische Form von etwas, was in allen
Gesellschaftsformen existiert, so aber auch der „gesellschaftliche Gebrauchswert", wie er den „Gebrauchswert" der Ware charakterisiert. Herr Rodbertus hat das Maß der Wertgröße von Ricardo; aber ebensowenig wie Ricardo die Substanz des Werts selbst erforscht oder begriffen; z.B. der „,gemeinsame4 Charakter des [Arbeitsprozesses] im primitiven Gemeinwesen als Gemeinorganismus der zusammengehörigen Arbeitskräfte und daher der ihrer Arbeit, i.e. der Verausgabung dieser Kräfte. Weiteres über den Kohl Wagners bei dieser Gelegenheit überflüssig. Maß der Wertgröße. Herr Wagner einverleibt mich hier, findet aber zu seinem Bedauern, daß ich die „Kapitalbildungsarbeit" „eliminiert" habe (p.58, N.7).
„ In einem durch Gesellschaftsorgane geregelten Verkehr muß die Bestimmung der Taxwerte bzw. der Taxpreise unter angemessener Berücksichtigung dieses Kostenmoments" {so nennt er das in der Produktion verausgabte etc. Arbeitsquantum} „erfolgen, wie es in den früheren obrigkeitlichen und gewerblichen Taxen im Prinzip auch geschah, und bei einem etwaigen neuen Taxsystem" {sozialistischen! ist gemeint} „wieder geschehn müßte. Die Kosten sind aber im freien Verkehr nicht der ausschließliche Bestimmungsgrund der Tauschwerte und der Preise und können dies in keinem denkbaren sozialen Zustand sein. Denn unabhängig von den Kosten müssen stets Gebrauchswert- und Bedürfnisschwankungen eintreten, deren Einfluß auf den Tauschwert und die Preise (Vertrags- wie Taxpreise) dann den Einfluß der Kosten modifiziert und modifizieren muß" etc. (p.58, 59). „Die" {nämlich diese!} „scharfsinnige Berichtigung der sozialistischen Wertlehre... ist Schäffle zu verdanken" (!), welcher sagt „Socf ialer] Körper" III, p. 278: „Bei keiner Art gesellschaftlicher Beeinflussung der Bedarfe und der D—J-.Ij.: i=ß». __ „:„] :J _//„ D.J / l:*-».: i ».:.._..:„:_ i Euuu^iiuxicu lauL ca axui vciiuciucxi, uau uuc ucuu/;c nein Lei LI v m.iia LjuauuuiuY je mit den Produktionen im Gleichgewicht bleiben. Ist dem aber so, so können die sozialen Kostenwerts-Quotienten nicht zugleich proportional als soziale Gebrauchswerts-Quotienten gelten" (p.59, N.9). Daß dies nur auf die Trivialität des Steigens und Fallens der Marktpreise über oder unter Wert und auf die Voraussetzung hinaufkommt, daß im „Marxschen Sozialstaat" seine für die bürgerliche Gesellschaft entwikkelte Werttheorie maßgebend ist - bezeugt die Phrase W[agner]s:
„Sie" (die Preise) „werden zeitweilig mehr oder weniger davon" {von den Kosten} „abweichen, bei den Gütern steigen, deren Gebrauchswert größer, bei denen fallen, deren Gebrauchswert kleiner geworden ist. Nur auf die Dauer werden sich die Kosten immer wieder als entscheidender Regulator geltend machen können" etc. (p.59). Recht. Für die Phantasie des vir obscurus über den wirtschaftlich schöpferischen Einfluß des Rechts genügt eine Phrase, obgleich er den darin enthaltenen absurden Gesichtspunkt wieder und wieder auspatscht:
„Die Einzelwirtschaft hat an ihrer Spitze, als Organ der technischen und ökonomischen Tätigkeit in ihr..eine Person als Rechts- und Wirtschaftssubjekt. Sie ist wieder keine rein wirtschaftliche Erscheinung, sondern zugleich von der Gestaltung des Rechts abhängig. Denn dieses bestimmt darüber, wer als Person gilt, und damit dann, wer an der Spitze einer Wirtschaft stehen kann" etc. (p.65). Kommunikations- und Transportwesen (p.75-76) p.80 (Note). Aus p.82: wo der „Wechsel in den (naturalen) Bestandteilen der Gütermasse" {einer Wirtschaft, alias bei Wagner getauft „Güterwechselu für Schäffles „sozialen Stoffwechsel" erklärt wird - wenigstens ein Fall desselben; ich habe das Wort aber auch beim „naturalen" Produktionsprozeß angewandt als Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur} von mir entlehnt ist, wo der Stoffwechsel zuerst auftritt in Analyse von W—G-W und Interruptionen des Formwechsels, später auch als Interruptionen des Stoffwechsels bezeichnet werden. Was ferner Herr Wagner sagt über den „inneren Wechsel" der in einem Produktionszweig (bei ihm in einer „Einzelwirtschaft") befindlichen Güter, teils mit Bezug auf ihren „Gebrauchswert", teils mit Bezug, auf ihren „Wert", so das bei mir ebenfalls erörtert bei Analyse der ersten Phase von W—G—W, nämlich W~G, Beispiel des Leinwebers („Kapital", p.85, 86/871231]), wo es abschließlich heißt: „Unsre Warenbesitzer entdecken daher, daß dieselbe Teilung der Arbeit, die sie zu unabhängigen Privatproduzenten, den gesellschaftlichen Produktionsprozeß und ihre Verhältnisse in diesem Prozeß von ihnen selbst unabhängig macht, daß die Unabhängigkeit der Personen voneinander sich in einem System allseitiger sachlicher Abhängigkeit ergänzt" („Kapital", p.87).1 Die Verträge für die verkehrsmäßige Erwerbung der Güter. Hier stellt Dunkelmann (vir obscurus) mein und sein auf den Kopf. Bei ihm ist erst das Recht da und dann der Verkehr; in der Wirklichkeit geht's umgekehrt zu: erst ist Verkehr da, und dann entwickelt sich daraus eine Rechtsordnung. Ich habe bei der Analyse der Warenzirkulation dargestellt, daß beim entwickelten Tauschhandel die Austauschenden sich stillschweigend als gleiche Personen und Eigentümer der resp. von ihnen auszutauschenden Güter anerkennen; sie tun das schon während sie einander ihre Güter anbieten und Handels miteinander einig werden. Dies erst durch und im Austausch selbst entspringende faktische Verhältnis erhält später rechtliche Form im Vertrag etc.; aber diese Form schafft weder ihren Inhalt, den Austausch, noch die in ihr vorhandne Beziehung der Personen untereinander, sondern vice versa2. Dagegen bei Wagner:
1 Siehe Band 23 unserer Ausgabe, S. 120-122 - 2 umgekehrt
„Diese Erwerbung" {der Güter durch den Verkehr} „setzt notwendig eine bestimmte Rechtsordnung voraus, auf Grund deren" (!) „sich der Verkehr vollzieht" etc. (p.84). Kredit. Statt die Entwicklung des Geldes als Zahlungsmittel zu geben, macht Wagner den Zirkulationsprozeß, soweit er sich in der Form vollzieht, daß die beiden Äquivalente sich nicht gleichzeitig in W~G gegenüberstehn, sofort zum „Kreditgeschäft" (p.85 sq.), wobei „angeknüpft" wird, daß dies häufig mit „Zins"-Zahlung verbunden ist; dient auch dazu, das „Vertrauen geben" und damit das „Vertrauen" als eine Basis des „Kredits" hinzustellen. Über Puchtas etc. juristische Auffassung des „Vermögens", wonach auch Schulden als negative Bestandteile dazu gehören (p.86, N.8). Kredit ist „Konsumtiveredit" oder „Produktivkredit" (p.86). Ersterer1 vorherrschend auf niedrigerer Kulturstufe, letztrer2 auf „höherer". Über die Verschuldungsursachen {Ursachen des Pauperismus: Ernteschwankungen, Kriegsdienst, Sklavenkonkurrenz} im Alten Rom. (Jhering, 3.Aufl., S.234, II, 2. „Geist des römischen Rechts".) Nach Herrn Wagner auf „niedrigerer Stufe" waltet „Konsumtivkredit" vor unter „untern bedrängten" Klassen und „höheren verschwenderischen". In fact: In England, Amerika der „Konsumtivkredit" allgemein vorherrschend mit Ausbildung des Depositbanksystems! „Namentlich erweist sich... der Produktivkredit als ökonomischer Faktor der auf Privateigentum an Grundstücken und beweglichen Kapitalien basierten, freie Konkurrenz zulassenden Volkswirtschaft. Er knüpft sich an den Vermögensiesrfz, nicht an das Vermögen als rein ökonomische Kategorie", ist daher nur „historisch-rechtliche Kategorie" (!) (p.87). Abhängigkeit der Einzelwirtschaft und des Vermögens von den Einwirkungen der Außenwelt, besfonders] dem Einfluß der Konjunktur in der Volkswirtschaft. 1. Veränderungen im Gebrauchswert: verbessern sich in einigen Fällen durch Zeitverlauf, als Bedingung gewisser Naturprozesse (Wein, Zigarren, Geigen etc.). „ Verschlechtern sich in der großen Mehrzahl..., lösen sich in ihre stofflichen Bestandteile auf, Zufälle aller Art". Entspricht „Veränderung" des Tauschwerts in derselben Richtung, „Werterhöhung" oder „Wertverminderung" (p.96, 97). Sieh über den Hausmietvertrag in Berlin (p.97, N.2). 2. Veränderte menschliche Kenntnis der Eigenschaften der Güter; dadurch „Vermögen vermehrt" im positiven Fall. {Anwendung der Steinkohlen zum
1 In der Handschrift: Letztrer - 2 in der Handschrift: ersterer
Ausschmelzen des Eisens in England um 1620, als Abnahme der Wälder schon den Fortbestand der Eisenwerke bedrohte; chemische Entdeckungen, wie von Jod (Benutzung der jodhaltigen Salzquellen). Phosphorit als Düngemittel. Anthrazit als Heizstoff. Stoffe zur Gasbeleuchtung, zu Lichtbildern. Entdeckung von Färb- und Heilstoffen. Guttapercha, Kautschuk. Pflanzliches Elfenbein (von Phytelephas macrocarpa). Kreosot. Paraffinkerzen. Benutzung des Asphalts, der Fichtennadeln (Waldwolle), der Gase im Hochofen, Steinkohlenteer zur Bereitung von Anilin, Wollenlumpen, Sägespäne etc. etc.} Im negativen Fall Verminderung der Brauchbarkeit und daher des Werts (wie nach Entdeckung von Trichinen im Schweinefleisch, Giftstoffen in Farben, Pflanzen usw.) (p.97, 98). Entdeckungen von Bergbauprodukten im Boden, neuen nützlichen Eigenschaften an seinen Produkten, Entdeckung neuer Verwendbarkeit derselben vermehrt Vermögen des Grundbesitzers (p.98). 3. Konjunktur. Einfluß aller der äußeren „Bedingungen", welche „die Herstellung der Güter für den Verkehr, ihren Begehr und Absatz"... daher ihren „Tauschwert", auch den „des einzelnen schon fertigen Gutes, wesentlich mitbestimmen... ganz oder überwiegend unabhängig" vom „Wirtschaftssubjekt", „bzw. Eigentümer" (p.98). Konjunktur wird „maßgebender Faktor" im „System der freien Konkurrenz" (p.99). Der eine - „vermittelst des Privateigentumsprinzips" - gewinnt dabei, „was er nicht verdient hat", und so der andre erleidet „Einbuße", „ökonomisch unverschuldete Verluste". Über Spekulation (N. 10,p.l01). Wohnungspreise (p. 102, N. 11). Kohlenund Eisenindustrie (p. 102, N. 12). Zahlreiche Veränderungen der Technik setzen Werte der Industrieprodukte, wie der Produktionsinstrumente, herab (P. 102,103). Bei „an Bevölkerung und Wohlstand fortschreitender Volkswirtschaft überwiegen ... die günstigen Chancen, wenn auch mit gelegentlichen zeitlichen und lokalen Rückschlägen und Schwankungen, beim Grundeigentum, besonders] beim städtischen (großstädtischen)" (p. 102). „So spielt die Konjunktur doch insbesondere dem Grundeigentümer Gewinne zu" (p. 103). „Diese wie die meisten andern Gewinne am Wert aus der Konjunktur... nur reine Spielgewinne", denen entsprechen „Spielverluste" (p. 103). Ditto über „Kornhandel" (p. 103, N. 15). So muß „offen anerkannt werden: ... die wirtschaftliche Lage des Einzelnen oder Familie" ist „wesentlich mit ein Produkt der Konjunktur" und dies „schwächt notwendig ab die Bedeutung der persönlichen wirtschaftlichen Verantwortlichkeit" (p. [104,] 105). „Gilt" daher „die heutige Organisation der Volkswirtschaft und die
Rechtsbasis" (!) „dafür, daher das Privateigentum an... Boden und Kapital" etc. „für die in der Hauptsache unabänderliche Einrichtung", so, nach längerem Schwamm, gibt's keine Mittel „zur Bekämpfung ... der Ursachen" {der daraus hervorgehenden Übelstände, wie immer auch Stockung des Absatzes, Krisen, Arbeiterentlassung, Lohnreduktion usw.}, „daher nicht dieses Übels selbst", während Herr Wagner die „Symptome", die „Folgen des Übels" zu bekämpfen meint, indem er die „Konjunkturgewinne" durch „Steuern" trifft, die „Verluste", „ökonomisch unverschuldete", die Produkt der Konjunktur, durch „rationelles ... System der Versicherung" (p. 105). Dies, sagt Dunkelmann, ist das Resultat, wenn man die heutige Produktionsweise mit seiner „Rechtsbasis" für „unabänderlich" hält; sein tiefer als der Sozialismus gehendes Forschen wird aber der „Sache selbst" zu Leib gehn. Nous verrons1, wie? Einzelne Hauptmomente, welche die Konjunktur bilden. 1. Schwankungen in den Ernteerträgen der Hauptnahrungsmittel unter Einfluß der Witterung und politischer] Verhältnisse, wie Störungen des Anbaus durch Krieg. Produzenten und Konsumenten dadurch beeinflußt (p. 106). {Über Getreidehändler: Tooke, „History of Prices"; für Griechenland: Böckh, „Staatshaushalt der Athener", LI. § 15; für Rom: Jhering, „Geist", S.238. Vermehrte Sterblichkeit der unteren Bevölkerungsschichten heutzutag mit jeder kleinen Erhöhung des Preises, „gewiß ein Beweis, wie Wenig der Durchschnittslohn in der Masse der arbeitenden Klasse den zum Leben absolut nötigen Betrag übersteigt" (p. 106, N. 19).} Verbesserungen der Kommunikationsmittel {„zugleich", heißt es dazu in N.20, „die wichtigste Voraussetzung eines die Preise ausgleichenden spekulativen Kornhandels"}, veränderte Bodenbaumethoden {„Fruchtwechselwirtschaft", vermittelst „des Anbaus verschiedner Produkte, welche durch die verschiednen Witterungen verschieden begünstigt oder benachteiligt werden"}; daher kleinere Schwankungen in den Getreidepreisen innerhalb kurzer Zeiträume verglichen „mit Mittelalter und Altertum". Aber auch Schwankungen jetzt noch sehr groß. (Siehe Note 22, p. 107; daselbst.) 2. Veränderungen in der Technik. Neue Produktionsmethoden. BessemerStahl statt Eisen etc., p. 107 (u. dazu Note 23). Einführungen von Maschinen an Stelle der Handarbeit. 3. Veränderungen in den Kommunikations- und Transportmitteln, welche die räumliche Bewegung der Menschen und Güter beeinflussen: Dadurch namentlich... Wert des Grund und Bodens und der Artikel von
1 Wir werden sehen
niedrigem spezifischen Wert berührt; ganze Produktionszweige zu einem schwierigen Übergang zu andern Betriebsmethoden genötigt (p. 107). {Dazu N.24 ib. Steigerung des Bodenwerts in der Nähe der guten Kommunikationen, wegen bessern Absatzes der hier gewonnenen Erzeugnisse; Erleichterung von Bevölkerungsanhäufung in Städten, daher enormes Steigen des Werts städtischen Bodens und des Werts in der Nähe solcher Orte. Erleichterte Abfuhr aus Gegenden mit bisher billigen Preisen des Getreides und andrer land-, forstwirtschaftlicher Rohstoffe, Bergbauprodukte in Gegenden mit höheren Preisen; dadurch erschwerte wirtschaftliche Lage aller Bevölkerungselemente mit stabilerem Einkommen in ersteren Gegenden, dagegen Begünstigung der Produzenten und namentlich der Grundbesitzer daselbst. Umgekehrt wirkt die erleichterte Anfuhr (Einfuhr!) von Getreide und andern Stoffen niedrigen spezifischen Werts. Begünstigt Konsumenten, benachteiligt Produzenten im Bezugsland; Nötigung, zu andern Produktionen überzugehn, wie in England von Kornbau zu Viehzucht in den 40er Jahren, infolge der Konkurrenz des billigen osteuropäischen Getreides in Deutschland. Schwierige Lage für die deutschen Landwirte (jetzt) wegen des Klimas, dann wegen der neuerlichen starken Lohnerhöhungen, die sie nicht so leicht wie die Industriellen auf die Produkte schlagen können usw.} 4. Geschmackveränderungen! Moden etc., oft sich rasch vollziehend in kurzer Zeit. 5. Politische Veränderungen im nationalen und internationalen Verkehrsgebiet (Krieg, Revolution etc.); sofern Vertrauen und Mißtrauen dadurch immer wichtiger bei steigender Arbeitsteilung, Ausbildung des internationalen etc. Verkehrs, Mitwirken des Kreditfaktors, ungeheuren Dimensionen moderner Kriegsführung etc. (p. 108). 6. Änderungen in Agrar-, Gewerbe- und Handelspolitik- (Beispiel: Reform der britischen Korngesetzgebung.) 7. Veränderungen in der räumlichen Verteilung und der ökonomischen Gesamtlage der ganzen Bevölkerung, wie Auswanderung vom platten Land in die Städte (p. 108, 109). 8. Veränderung in der sozfialen] und ökon[omischen] Lage der einzelnen Bevölkerungsschichten, wie durch Gewährung von Koalitionsfreiheit etc. (p. 109). {Die französischen 5 Milliarden'2361 N.29 ib.} Kosten in der Einzelwirtschaft. Unter der „Wert" produzierenden „Arbeit", worin sich alle Kosten auflösen, muß namentlich auch die „Arbeit" in dem richtigen weiten Sinn genommen werden, worin sie „alles umfaßt, was an menschlichen zweckbewußten Tätigkeiten zur Gewinnung der Erträge notwendig ist", also auch namentlich „die geistige Arbeit des Leiters
und die Tätigkeit, wodurch das Kapital gebildet und verwendet wird", „daher" gehört auch der diese Tätigkeit bezahlende „Kapitalgewinn1 zu den „konstitutiven Elementen der Kosten". „Diese Auffassung steht mit der sozialistischen Wert- und Kostentheorie und Kapitalkritik in Widerspruch" (p. 111). Dunkelmann schiebt mir unter, daß „der von den Arbeitern allein produzierte Mehrwert den kapitalistischen Unternehmern ungebührlicher Weise verbliebe" (N.3, p. 114). Nun sage ich das direkte Gegenteil; nämlich, daß die Warenproduktion notwendig auf einem gewissen Punkt zur „kapitalistischen" Warenproduktion wird, und daß nach dem sie beherrschenden Wertgesetz der „Mehrwert" dem Kapitalisten gebührt und nicht dem Arbeiter. Statt sich auf dergleichen Sophistik einzulassen, bewährt sich dahingegen der kathedersozialistische Charakter viri obscuri durch folgende Banalität, daß die „unbedingten Gegner der Sozialisten" „übersehen die allerdings zahlreichen Fälle von Ausbeutungsverhältnissen, in welchen die Reinerträge nicht richtig (!) verteilt, die einzelwirtschaftlichen Produktionskosten der Unternehmungen zu sehr zuungunsten der Arbeiter (mitunter auch der Leihkapitalisten) und zugunsten der Arbeitgeber vermindert werden" (I.e.). Volkseinkommen in England und Frankreich (p. 120, X"?). Der jährliche Rohertrag in einem Volk' 1. Gesamtheit der im Jahr neu erzeugten Güter. Die inländischen Rohstoffe vollständig ihrem Wert nach einzusetzen; die aus solchen und ausländischen Stoffen hergestellten Gegenstände (um Doppelansatz der Rohprodukte zu vermeiden} für den Betrag der durch die Gewerksarbeit erzielten Werterhöhung; die im Handel umgesetzten und transportierten Rohstoffe und Halbfabrikate für den Betrag der dadurch bewirkten Werterhöhung. 2. Einfuhr von Geld und Waren aus dem Ausland aus dem Titel der Renten von Forderungsrechten des Inlands aus Kreditgeschäften oder von Kapitalanlagen inländischer Staatsangehöriger im Ausland. 3. Mittelst Einfuhr ausländischer Güter reell bezahlter Frachterwerb der inländischen Reederei im auswärtigen Handel und Zwischenverkehr. 4. Bares oder Waren vom Ausland eingeführt als Rimessen für die im Inland sich aufhaltenden Fremden. 5. Einfuhr aus unentgeltlichen Gaben, wie bei dauernden Tributen des Auslandes ans Inland, fortdauernder Einwanderung und daher regelmäßiges Einwanderungsvermögen . 6. Wertüberschuß der im internationalen Handel erfolgenden Waren- und Geldeinfuhr, {aber dann abzuziehn, 1. die Ausfuhr ins Ausland}.
7. Wertbeirag der Nutzungen des Nutzvermögens (wie von Wohnungshäusern etc.) (p. 121, 122). Für den Reinertrag abzuziehn u.a. die „Güterausfuhr als Bezahlung für Frachterwerb fremder Reederei" (p.123). {Die Sache nicht so einfach: Produktionspreis (inländischer) + Fracht = Verkaufspreis. Führt das Inland seine eignen Waren auf seinen eignen Schiffen aus, so zahlt das Ausland die Frachtkosten, wenn der daselbst herrschende Marktpreis etc.} „Neben dauernden Tributen sind regelmäßige Zahlungen an fremde Untertanen im Auslande (Bestechungsgehalte, wie seitens Persiens an Griechen, Besoldungen fremder Gelehrter unter Ludwig XIV., Peterspfennige £237J zu rechnen" (p. 123, N.9). Warum nicht die Subsidien, welche die deutschen Fürsten regelmäßig von Frankreich und England bezogen? Sieh die naiven Sorten Einkommenteile der Privaten, die aus „Staatsund Kirchenleistungen" bestehn (p.125, Note 14). Einzelne und volkswirtschaftliche Wertschätzung. Die Zerstörung eines Teils eines Warenvorrats, um den Rest teurer zu verkaufen, nennt Cournot, „Rechf erches] sur les principes mathemfatiques] de la theorie des richesses", 1838, „une veritable creation de richesse dans le sens commercial du mot"1 (p. 127, N.3). Vergleich über die Abnahme der Konsumtionsüorräfe der Privaten oder, wie Wagner es nennt, ihres „Nutzkapitals", in unsrer Kulturperiode, namentlich in Berlin, p. 128, N.5, p. 129, N.8 und 10; dazu zu wenig Geld oder eignes Betriebskapital in dem Produktionsgeschäft selbst, p. 130 und ebendaselbst, N. 11. Relativ größere Bedeutung des auswärtigen Handels heutzutag, p. 131, N.13, p. 132, N.3.
Geschrieben zweite Hälfte 1879 bis November 1880. Nach der Handschrift.
1 „eine tatsächliche Schaffung von Reichtum im kommerziellen Sinne des Wortes"
Karl Marx [Entwürfe einer Antwort auf den Brief von V. I. Sassulitsch11551]
[Erster Entwurf! 1. Bei der Behandlung der Genesis der kapitalistischen Produktion habe ich gesagt, daß ihr „die radikale Trennung des Produzenten von den Produktionsmitteln zugrunde liegt" (p.315, col. 1, ed. fr$s. „Le Capital") und: „die Grundlage dieser ganzen Entwicklung ist die Expropriation der Ackerbauern. Sie ist auf radikale Weise erst in England durchgeführt... Aber alle anderen Länder Westeuropas durchlaufen die gleiche Bewegung" (I.e. col. 2). Ich habe also die „historische Unvermeidlichkeit" dieser Bewegung ausdrücklich auf die Länder Westeuropas beschränkt. Und warum? Vergleichen Sie, bitte, das Kapitel XXXII, wo zu lesen ist: „Der Vernichtungsprozeß, der die Verwandlung der individuellen und zersplitterten Produktionsmittel in gesellschaftlich konzentrierte bewirkt, der das zwerghafte Eigentum vieler zum riesigen Eigentum einiger weniger macht, ... diese qualvolle und furchtbare Expropriation des arbeitenden Volkes - das ist der Ursprung, das ist die Genesis des Kapitals ... Das Privateigentum, das auf persönlicher Arbeit gegründet ist... wird verdrängt durch das kapitalistische Privateigentum, das auf der Ausbeutung der Arbeit andrer, der Lohnarbeit gegründet ist" (p.341, col.2).[157] Auf diese Weise erfolgt hier in letzter Instanz die Verwandlung einer Form des Privateigentums in eine andere Form des Privateigentums. Da aber das in den Händen der russischen Bauern befindliche Land niemals ihr Privateigentum gewesen ist, wie läßt sich diese Entwicklung auf sie anwenden? 2. Vom historischen Standpunkt aus gesehen ist das einzige ernsthafte Argument, das zugunsten der unvermeidlichen Auflösung der Gemeinde der russischen Bauern angeführt werden könnte, folgendes: Wenn man sehr weit zurückblickt, findet man überall in Westeuropa das Gemeineigentum eines
mehr oder weniger archaischen Typus'; es ist mit dem gesellschaftlichen Fortschritt überall verschwunden. Warum sollte es demselben Schicksal allein in Rußland entgehen? Ich antworte: Weil in Rußland, dank eines einzigartigen Zusammentreffens von Umständen, die noch in nationalem Maßstab vorhandene Dorfgemeinde sich nach und nach von ihren primitiven Wesenszügen befreien und sich unmittelbar als Element der kollektiven Produktion in nationalem Maßstab entwickeln kann. Gerade auf Grund ihrer Gleichzeitigkeit mit der kapitalistischen Produktion kann sie sich deren positive Errungenschaften aneignen, ohne ihre furchtbaren Wechselfälle durchzumachen. Rußland lebt nicht isoliert von der modernen Welt, noch weniger ist es die Beute eines fremden Eroberers wie Ostindien. Wenn die russischen Verehrer des kapitalistischen Systems die theoretische Möglichkeit einer solchen Evolution verneinten, dann würde ich sie fragen: Ist Rußland wie der Westen gezwungen gewesen, eine lange Inkubationsperiode der Maschinenindustrie durchzumachen,um Maschinen, Dampfschiffe, Eisenbahnen etc. benutzen zu können? Mögen sie mir außerdem erklären, wie sie es zustande gebracht haben, im Handumdrehen den ganzen Tauschmechanismus (Banken, Kreditgesellschaften etc.) bei sich einzuführen, dessen Herausbildung dem Westen Jahrhunderte gekostet hat? Wenn die Dorfgemeinde im Augenblick der Bauernemanzipation von vornherein in normale Umstände versetzt worden wäre; wenn ferner die ungeheure Staatsschuld, die zum größten Teil auf Kosten und zu Lasten der Bauern abgetragen wird, mit den anderen Riesensummen, die vom Staat (und immer auf Kosten und zu Lasten der Bauern) den „neuen Stützen der Gesellschaft" gewährt werden, die sich in Kapitalisten verwandelt haben; wenn alle diese Aufwendungen der Weiterentwicklung der Dorfgemeinde gedient hätten, dann würde Heute niemand über die „historische Unvermeidlichkeit" der Vernichtung der Gemeinde grübeln: Alle würden in ihr das Element der Wiedergeburt der russischen Gesellschaft erkennen und ein Element der Überlegenheit über die Länder, die noch vom kapitalistischen Regime versklavt sind. Ein weiterer für die Erhaltung der russischen Gemeinde (in ihrer Entwicklung) günstiger Umstand ist der, daß sie nicht nur Zeitgenossin der kapitalistischen Produktion ist und auch jene Periode überdauert hat, als sich dieses Gesellschaftssystem noch intakt zeigte, sondern daß sich dieses Gesellschaftssystem heute, in Westeuropa ebensogut wie in den Vereinigten Staaten, im Kampfe befindet gegen die Wissenschaft, gegen die Volks
massen und gegen die Produktivkräfte, die es erzeugt.* Mit einem Wort, sie findet den Kapitalismus in einer Krise, die erst mit seiner Abschaffung, mit der Rückkehr der modernen Gesellschaften zum „archaischen" Typus des Gemeineigentums enden wird, oder, wie ein amerikanischer Autor1, der keineswegs revolutionärer Tendenzen verdächtig ist und in seinen Arbeiten durch die Regierung in Washington unterstützt wird, es sagt - das neue System, zu dem die moderne Gesellschaft tendiert, „wird eine Wiedergeburt (a revival) des archaischen Gesellschaftstypus in einer höheren Form (in a superior form) sein". Man darf sich nur nicht allzusehr von dem Wort „archaisch" erschrecken lassen. Aber es wäre dann mindestens notwendig, diese Wechselfälle zu kennen. Wir wissen jedoch nichts davon. Die Geschichte des Verfalls der Urgemeinschaften (man würde einen Fehler begehen, wenn man sie alle über einen Leisten schlagen wollte; ebenso wie in den geologischen Formationen gibt es auch in den historischen Formationen eine ganze Reihe von primären, sekundären, tertiären etc. Typen) ist noch zu schreiben. Bisher hat man dazu nur magere Skizzen geliefert. Aber auf jeden Fall ist die Forschung weit genug vorgeschritten, um zu bestätigen: 1. daß die Lebensfähigkeit der Urgemeinschaften unvergleichlich größer war als die der semitischen, griechischen, römischen etc. Gesellschaften und a fortiori2 als die der modernen kapitalistischen Gesellschaften ; 2. daß die Ursachen ihres Verfalls von den ökonomischen Gegebenheiten herrühren, die sie hinderten, eine gewisse Stufe der Entwicklung zu überschreiten, von historischen Milieus herrühren, die mit dem historischen Milieu der russischen Dorfgemeinde von heute keineswegs übereinstimmen. Beim Lesen der von Bourgeois geschriebenen Geschichten der Urgemeinschaften muß man auf der Hut sein. Sie schrecken nicht einmal vor Fälschungen zurück. Sir Henry Maine z.B., der ein eifriger Mitarbeiter der englischen Regierung bei ihrem Werk der gewaltsamen Zerstörung der indischen Gemeinden war, versichert uns heuchlerisch, daß alle edlen Bemühungen der Regierung, diese Gemeinden zu erhalten, an der spontanen Gewalt der ökonomischen Gesetze gescheitert seien!
* [In der Handschrift gestrichen:! Mit einem Wort, sie hat sich in eine Arena schreiender Antagonismen, Krisen, Konflikte und periodischer Mißgeschicke verwandelt; sie zeigt selbst dem Verblendetsten, daß sie ein vorübergehendes Produktionssystem ist, zum Verschwinden verdammt durch die Rückkehr der Gesellschaft zu
1 L. H. Morgan - 2 weitaus stärker
Auf die eine oder andere Weise ist diese Gemeinde in den unaufhörlichen äußeren und inneren Kriegen zugrunde gegangen; sie starb wahrscheinlich eines gewaltsamen Todes. Als die germanischen Stämme Italien, Spanien, Gallien etc. eroberten, hat ihre Gemeinde von archaischem Typus nicht mehr existiert. Ihre natürliche Lebensfähigkeit ist jedoch durch zwei Tatsachen erwiesen. Es gibt einige verstreute Exemplare, die alle Wechselfälle des Mittelalters überlebt und sich bis auf unsere Tage erhalten haben, z.B. in meiner Heimat, der Gegend von Trier. Aber am wichtigsten ist, daß sie der Gemeinde, von der sie verdrängt wurde, einer Gemeinde, in der das Ackerland Privateigentum geworden ist, während Wälder, Weiden, Ödland etc. immer noch Gemeineigentum bleibt, ihre charakteristischen Wesenszüge so deutlich aufgeprägt hat, daß Maurer, als er diese Gemeinde sekundärer Formation entdeckte, den archaischen Prototyp rekonstruieren konnte. Dank der diesem Prototyp entlehnten charakteristischen Züge wurde die neue, von den Germanen in allen eroberten Ländern eingeführte Gemeinde während des ganzen Mittelalters zum einzigen Hort der Volksfreiheit und des Volkslebens. Wenn wir nach der Epoche des Tacitus weder etwas vom Leben der Gemeinde noch von der Art und der Zeit ihres Verschwindens wissen, so kennen wir doch dank der Beschreibung Julius Cäsars wenigstens den Ausgangspunkt dieses Prozesses. Zu seiner Zeit wurde der Boden schon jährlich aufgeteilt, aber unter die Gentes und Stämme der germanischen Stammesverbände und noch nicht unter die einzelnen Mitglieder einer Gemeinde. Die Dorfgemeinde ist also in Germanien aus einem archaischeren Typus hervorgegangen, sie war hier das Produkt einer natürlichen Entwicklung, statt völlig fertig aus Asien eingeführt zu werden. Dort - in Ostindien begegnen wir ihr auch und immer als der letzten Stufe oder letzten Periode der archaischen Formation. Um die möglichen Schicksale der Dorfgemeinde von einem rein theoretischen Standpunkt zu beurteilen, d.h. immer unter der Voraussetzung normaler Lebensbedingungen, muß ich jetzt gewisse charakteristische Züge anführen, die die „Ackerbaugemeinde" von den archaischeren Typen unterscheidet. Zunächst beruhen alle früheren Urgemeinschaften auf der Blutsverwandtschaft ihrer Mitglieder; indem sie dieses starke, aber enge Band zerreißt, kann die Ackerbaugemeinde sich besser anpassen, ausdehnen und dem Kontakt mit Fremden standhalten. Dann sind in ihr das Haus und sein Zubehör, der Hof, schon Privateigentum des Ackerbauern, während bereits lange vor dem Aufkommen des
Ackerbaus das gemeinsame Haus eine der materiellen Grundlagen der vorangegangenen Gemeinschaften war. Schließlich wird das Ackerland, obwohl es Gemeineigentum bleibt, periodisch zwischen den Mitgliedern der Ackerbaugemeinde derart aufgeteilt, daß jeder Ackerbauer die ihm zugewiesenen Felder auf eigene Rechnung bewirtschaftet und sich deren Früchte individuell aneignet, während in den archaischeren Gemeinschaften gemeinsam produziert und nur das Produkt aufgeteilt wurde. Dieser primitive Typus der genossenschaftlichen oder kollektiven Produktion war wohlbemerkt das Ergebnis der Schwäche des einzelnen isolierten Individuums und nicht der Vergesellschaftung der Produktionsmittel. Es ist leicht zu verstehen, daß der der „Ackerbaugemeinde" innewohnende Dualismus sie mit großer Lebenskraft erfüllen kann, denn einerseits festigen das Gemeineigentum und alle sich daraus ergebenden sozialen Beziehungen ihre Grundlage, während gleichzeitig das private Haus, die parzellenweise Bewirtschaftung des Ackerlandes und die private Aneignung der Früchte eine Entwicklung der Persönlichkeit gestatten, die mit den Bedingungen der Urgemeinschaften unvereinbar war. Aber es ist nicht weniger offensichtlich, daß der gleiche Dualismus mit der Zeit zu einer Quelle der Zersetzung werden kann. Abgesehen von allen Einflüssen eines feindlichen Milieus» wirken schon die graduelle Akkumulation von beweglichem Reichtum, der mit dem Viehreichtum beginnt (und sogar den Reichtum an Leibeigenen zuläßt), die immer bedeutender werdende Rolle, die das bewegliche Element im Ackerbau selber spielt, und eine Menge anderer von dieser Akkumulation untrennbarer Umstände, deren Darlegung mich jedoch zu weit führen würde, als das zersetzende Element der ökonomischen und sozialen Gleichheit, und lassen innerhalb der Gemeinde selbst einen Interessenkonflikt entstehen, der zunächst die Umwandlung des Ackerlandes in Privateigentum nach sich zieht und mit der privaten Aneignung der bereits zu Gemeindeanhängseln des Privateigentums gewordenen Wälder, Weiden, des Brachlandes etc. endet. Deshalb stellt die „Ackerbaugemeinde" überall den jüngsten Typus der archaischen Gesellschaftsformation dar, und deshalb erscheint in der historischen Entwicklung des alten und des modernen Westeuropa die Periode der Ackerbaugemeinde als Übergangsperiode vom Gemeineigentum zum Privateigentum, als Übergangsperiode von der primären zur sekundären Formation. Aber heißt das, daß unter allen Umständen die Entwicklung der „Ackerbaugemeinde" diesen Weg nehmen muß? Keineswegs. Ihre Grundform läßt diese Alternative zu: entweder wird das in ihr enthaltene Element des Privateigentums über
das kollektive Element, oder dieses über jenes siegen. Alles hängt von dem historischen Milieu ab, in dem sie sich befindet... diese beiden Lösungen sind a priori möglich, aber für jede von ihnen ist offensichtlich ein völlig anderes historisches Milieu Voraussetzung. 3. Rußland ist das einzige europäische Land, in dem sich die „Ackerbaugemeinde" im nationalen Maßstabe bis auf den heutigen Tag behauptet hat. Sie ist nicht, wie Ostindien, die Beute eines fremden Eroberers, und sie lebt auch nicht isoliert von der modernen Welt. Einerseits gestattet ihr das Gemeineigentum am Boden, den parzellierten und individualistischen Ackerbau unmittelbar und allmählich in kollektive Bearbeitung umzuwandeln; und die russischen Bauern betreiben dies ja bereits auf den ungeteilten Wiesen. Die physische ^Beschaffenheit des russischen Bodens lädt zu einer maschinellen Bearbeitung in großem Maßstabe geradezu ein; das Vertrautsein des Bauern mit den Artelbeziehungen erleichtert ihm den Übergang von der Parzellen- zur genossenschaftlichen Arbeit, und schließlich schuldet ihm die russische Gesellschaft, die so lange auf seine Kosten gelebt hat, die notwendigen Vorschüsse für einen solchen Übergang.* Andererseits wird es Rußland ermöglicht, durch die Gleichzeitigkeit mit der westlichen Produktion, die den Weltmarkt beherrscht, der Gemeinde alle positiven Errungenschaften, die durch das kapitalistische System geschaffen worden sind, einzuverleiben, ohne durch das Kaudinische Joch[238 5 gehen zu müssen. Falls die Wortführer der „neuen Stützen der Gesellschaft" die theoretische Möglichkeit der Evolution der heutigen Dorfgemeinde verneinen würden, dann könnte man sie fragen, ob Rußland wie der Westen gezwungen gewesen sei, eine lange Inkubationsperiode der Maschinenindustrie durchzumachen, um zu Maschinen, Dampfschiffen, Eisenbahnen etc. zu gelangen? Man könnte sie auch fragen, wie sie es fertiggebracht haben, bei sich im Handumdrehen den ganzen Tauschmechanismus (Banken, Aktiengesellschaften etc.) einzuführen, dessen Herausbildung dem Westen Jahrhunderte gekostet hat? Es gibt eine Eigentümlichkeit der „Ackerbaugemeinde" in Rußland, die sie schwächt und ihr in jeder Hinsicht schädlich ist. Das ist ihre Isolierung, die fehlende Verbindung zwischen dem Leben der einen Gemeinde mit dem der anderen, dieser lokal gebundene Mikrokosmos, den man zwar nicht
* [In der Handschrift gestrichen:] Man müßte natürlich damit anfangen, daß man die Gemeinde auf ihrer jetzigen Grundlage in den Normalzustand versetzt, denn der Bauer ist überall Feind brüsker Veränderungen.
überall als einen immanenten Charakterzug dieses Typus antrifft, der aber überall, wo man ihn antrifft, einen mehr oder weniger zentralen Despotismus über die Gemeinden aufrichtet. Die Föderation der nordrussischen Republiken beweist, daß diese Isolierung, ursprünglich wahrscheinlich durch die unermeßliche Weite des Territoriums verursacht, zu einem großen Teil durch die politischen Schicksalsschläge gefestigt wurde, die Rußland seit der mongolischen Invasion zu erleiden hatte. Heute ist das ein Hindernis, das ganz leicht zu beseitigen wäre. Man müßte einfach die BOJIOCTB1, eine Regierungsinstitution, durch eine Bauern Versammlung ersetzen, die die Gemeinden selbst wählen und die als ökonomischesund administratives Organ ihren Interessen dienen würde. Es ist ein vom historischen Gesichtspunkt aus äußerst günstiger Umstand für die Erhaltung der „Ackerbaugemeinde4* auf dem Wege ihrer Weiterentwicklung, daß sie nicht nur Zeitgenossin der kapitalistischen Produktionsweise des Westens ist, und sich daher deren Ergebnisse aneignen kann, ohne sich ihrem modus operandi2 unterwerfen zu müssen, sondern daß sie auch die Periode überdauert hat, in der sich das kapitalistische System noch intakt zeigte. Jetzt dagegen befindet es sich, in Westeuropa wie in den Vereinigten Staaten, im Kampf sowohl mit den arbeitenden Massen, mit der Wissenschaft, als auch mit den Produktivkräften, die es selbst erzeugt hat - mit einem Wort, es durchlebt eine Krise, die mit der Beseitigung des Kapitalismus und der Rückkehr der modernen Gesellschaft zu einer höheren Form des „archaischen" Typus des kollektiven Eigentums und der kollektiven Produktion enden wird. Es versteht sich, daß die Evolution der Gemeinde allmählich vor sich geht und daß der erste Schritt sein müßte, sie auf ihrer gegenwärtigen Basis in normale Bedingungen zu versetzen.* Aber ihr gegenüber erhebt sich das Grundeigentum, das fast die Hälfte des Bodens, und zwar den besseren Teil, in seinen Händen hält, ganz zu
* [In der Handschrift gestrichen:] Und die historische Situation der russischen „Dorfgemeinde'' hat nicht ihresgleichen! Als einzige in Europa hat sie sich nicht in Gestalt von Trümmern in der Art jener seltenen und merkwürdigen Miniaturen, jener Überbleibsel des archaischen Typus erhalten, wie man sie noch unlängst im Westen antraf, sondern als quasi vorherrschende Form des Volkslebens und über ein ungeheures Reich verbreitet. Wenn sie im Gemeineigentum am Boden die Grundlage für die kollektive Aneignung besitzt, so bietet ihr das historische Milieu, die Gleichzeitigkeit mit der kapitalistischen Produktion, alle fertigen Bedingungen der gemeinsamen
1 den Amtsbezirk - 2 ihrer Wirkungsweise
schweigen von den Staatsdomänen. Eben deswegen stimmt die Erhaltung der „Dorfgemeinde" auf dem Wege ihrer Weiterentwicklung mit der allgemeinen Bewegung der russischen Gesellschaft überein, deren Wiedergeburt nur zu diesem Preis erkauft werden kann. Sogar vom rein ökonomischen Gesichtspunkt aus kann Rußland aus der Sackgasse, in der sich seine Landwirtschaft befindet, nur durch die Entwicklung seiner Dorfgemeinde herauskommen; es würde ein vergebliches Bemühen sein, ihr durch das englische kapitalistische Pachtverhältnis zu entkommen, alle landwirtschaftlichen Bedingungen des Landes widersprechen dem. Wenn man von allem Elend, das die russische Dorfgemeinde gegenwärtig bedrückt, absieht und nur die Form ihres Aufbaus und ihr historisches Milieu betrachtet, so ist es auf den ersten Blick augenscheinlich, daß einer ihrer charakteristischen Grundzüge, das Gemeineigentum am Boden, die natürliche Grundlage für die kollektive Produktion und Aneignung ist. Außerdem würde das Vertrautsein des russischen Bauern mit dem ArielVerhältnis ihm den Übergang von der Parzellen- zur kollektiven Wirtschaft erleichtern, die er schon in gewissem Maße auf den ungeteilten Wiesen, bei den Entwässerungs- und anderen Arbeiten von öffentlichem Interesse durchführt. Aber damit die kollektive Arbeit im eigentlichen Ackerbau die Parzellenwirtschaft, die Quelle der privaten Aneignung, ersetzen kann, sind zwei Dinge notwendig: das ökonomische Bedürfnis zu einer solchen Umwandlung und die materiellen Voraussetzungen für ihre Durchführung. Was das ökonomische Bedürfnis anbelangt, so würde es sich bei der „Dorfgemeinde" bereits von dem Augenblick ah fühlbar machen, da sie in normale Bedingungen versetzt werden würde, d.h., sobald die Lasten, die auf ihr liegen, beseitigt wären und das von ihr zu bebauende Land eine normale Ausdehnung erlangt hätte. Die Zeit ist vorbei, da die russische Landwirtschaft nur des Bodens und des mit mehr oder weniger primitiven Geräten ausgerüsteten Parzellenbauern bedurfte. Diese Zeit ist um so rascher vorbei, da die Unterdrückung des Ackerbauern sein Feld erschöpft
Arbeit im großen Maßstab. Sie ist daher imstande, sich die positiven Errungenschaften des kapitalistischen Systems anzueignen, ohne durch dessen Kaudinisches Joch gehen zu müssen. Sie kann den Parzellenackerbau allmählich durch eine mit Hilfe von Maschinen betriebene Großflächenwirtschaft ersetzen, zu der die physische Beschaffenheit des russischen Bodens geradezu einlädt. Sie kann also der unmittelbare Ausgangspunkt des ökonomischen Systems werden, zu dem die moderne Gesellschaft hinneigt, und ein neues Leben anfangen, ohne sich selbst umzubringen. Man müßte im Gegenteil damit beginnen, sie in eine normale Lage zu versetzen.
und unfruchtbar macht. Er braucht jetzt die im großen Maßstab organisierte genossenschaftliche Arbeit. Und überdies, würde denn der Bauer, dem die notwendigsten Dinge für die Bebauung von 2 oder 3 Desjatinen fehlen, mit einer zehnfachen Anzahl Desjatinen besser dastehen? Wo aber das Inventar, den Dung, die agronomischen Methoden etc., all die zur kollektiven Arbeit unerläßlichen Mittel hernehmen? Darin beruht gerade die große Überlegenheit der russischen „Dorfgemeinde" über die archaischen Gemeinden vom gleichen Typus. Sie allein hat sich in Europa im großen, nationalen Maßstabe behauptet. Sie befindet sich daher in einem historischen Milieu, wo die Gleichzeitigkeit mit der kapitalistischen Produktion ihr alle Voraussetzungen für die kollektive Arbeit liefert. Sie kann sich alle positiven Errungenschaften aneignen, die von dem kapitalistischen System geschaffen worden sind, ohne dessen Kaudinisches Joch passieren zu müssen. Die physische Beschaffenheit des russischen Bodens ladt zu einer mit Hilfe von Maschinen betriebenen, in großem Maßstabe organisierten und auf genossenschaftlicher Arbeit beruhenden Landwirtschaft geradezu ein. Was die ersten Einrichtungskosten - intellektuelle und materielle Kosten - anbelangt, so schuldet die russische Gesellschaft diese der „Dorfgemeinde", auf deren Kosten sie solange gelebt hat und in der sie auch ihr „Element der Regeneration" suchen muß. Der beste Beweis dafür, daß diese Entwicklung der „Dorfgemeinde" dem historischen Verlauf unserer Epoche entspricht, ist die verhängnisvolle Krise, die die kapitalistische Produktion in den europäischen und amerikanischen Ländern durchläuft, in denen sie den größten Aufschwung genommen hatte, eine Krise, die mit der Abschaffung des Kapitalismus und mit der Rückkehr der modernen Gesellschaft zu einer höheren Form des archaischsten Typus - der kollektiven Produktion und Aneignung - enden wird. 4. Um sich entwickeln zu können, muß man vor allem leben, und es ist für niemand ein Geheimnis, daß gegenwärtig das Leben der „Dorfgemeinde" gefährdet ist. Um die Ackerbauern zu expropriieren, braucht man sie nicht von ihrem Land zu verjagen, wie das in England und anderweitig geschehen ist, man braucht auch nicht das Gemeineigentum durch einen Ukas abzuschaffen. Geht doch und nehmt den Bauern das Produkt ihrer landwirtschaftlichen Arbeit über ein gewisses Maß hinaus weg, und es wird euch trotz eurer Gendarmerie und eurer Armee nicht gelingen, sie an ihre Felder zu fesseln! In den letzten Jahren des Römischen Reichs flohen die Provinzdekurionen, keine Bauern, sondern Grundeigentümer, aus ihren Häusern, ließen ihre Ländereien im Stich, verkauften sich sogar in die Sklaverei, und das alles,
um sich von einem Eigentum zu befreien, das nur noch ein offizieller Vorwand war, um sie ohne Gnade und Barmherzigkeit auszupressen. Nach der sogenannten Bauernemanzipation wurde die russische Gemeinde durch den Staat in anormale ökonomische Bedingungen versetzt, und seit dieser Zeit hat er nicht aufgehört, sie mit Hilfe der in seinen Händen konzentrierten gesellschaftlichen Kräfte zu unterdrücken. Entkräftet durch die fiskalischen Erpressungen, wurde sie zu einem widerstandslosen Objekt der Ausbeutung durch Handel, Grundbesitz und Wucher. Diese von außen kommende Unterdrückung hat innerhalb der Gemeinde selbst den bereits vorhandenen Interessenkonflikt entfesselt und die Keime der Zersetzung in ihr rasch entwickelt. Aber das ist nicht alles.* Auf Kosten und zu Lasten der Bauern hat der Staat jene Zweige des westlichen kapitalistischen Systems wie im Treibhaus großgezogen, die, ohne irgendwie die Produktivkräfte der Landwirtschaft zu entwickeln, am geeignetsten sind, den Diebstahl ihrer Früchte durch die unproduktiven Mittelsmänner zu erleichtern und zu beschleunigen. Er hat auf diese Weise zur Bereicherung eines neuen kapitalistischen Ungeziefers beigetragen, das der ohnehin geschwächten „Dorfgemeinde" die letzten Blutstropfen aussaugt. ... mit einem Wort, der Staat hat seinen Beistand zu einer voreiligen Entwicklung jener technischen und ökonomischen Mittel geliehen, die am geeignetsten waren, um die Ausbeutung des Ackerbauern, d.h. der größten Produktivkraft Rußlands, zu erleichtern und zu beschleunigen und die „neuen Stützen der Gesellschaft" zu bereichern. 5. Dieses Zusammenwirken zerstörender Einflüsse muß natürlich, wenn es nicht durch eine mächtige Gegenbewegung zerschlagen wird, zum Untergang der Dorfgemeinde führen. Aber man fragt sich: Warum verschwören sich wissentlich alle diese Interessengruppen (einschließlich der unter der Vormundschaft des Staates stehenden großen, Industrien), die bei dem jetzigen Zustand der Dorfgemeinde so gut auf ihre Kosten kommen, um die Henne zu töten, die ihnen goldene Eier legt? Eben darum, weil sie fühlen, daß „dieser jetzige Zustand" nicht mehr zu halten ist, daß infolgedessen die jetzige Methode, die Dorfgemeinde auszubeuten, nicht mehr zeitentsprechend ist. Schon hat
* [In der Handschrift gestrichen:] Auf Kosten und zu Lasten der Bauern hat der Staat jene Auswüchse des kapitalistischen Systems wie im Treibhaus großgezogen, die am leichtesten zu akklimatisieren sind, Börse, Spekulation, Banken, Aktiengesellschaften und Eisenbahnen, deren Defizite er deckt und deren Profite er durch deren Unternehmer kassieren läßt etc., etc.
sich das Elend des Ackerbauern auf die Erde übertragen, die unfruchtbar wird. Die guten Ernten wer den durch Hungersnöte auf gewogen. Der Durchschnitt der letzten zehn Jahre offenbarte nicht nur eine stagnierende, sondern sogar rückläufige landwirtschaftliche Produktion. Schließlich muß Rußland zum erstenmal Getreide importieren, statt es zu exportieren. Es gilt also, keine Zeit mehr zu verlieren. Man muß dem ein Ende bereiten. Man muß die mehr oder weniger begüterte Minderheit der Bauern zu einer ländlichen Mittelklasse konstituieren und die Mehrheit der Bauern in gewöhnliche Proletarier verwandeln. Zu diesem Zweck bezeichnen die Wortführer der „neuen Stützen der Gesellschaft" die von ihnen selbst der Gemeinde geschlagenen Wunden als natürliche Symptome ihrer Altersschwäche. Da so viel verschiedene Interessengruppen und besonders diejenigen der „neuen Stützen der Gesellschaft", die unter der wohlwollenden Herrschaft Alexanders II. errichtet wurden, bei dem jetzigenZustandder „Dorfgemeinde" auf ihre Kosten gekommen sind, warum verschwören sie sich wissentlich, um ihren Tod herbeizuführen? Warum bezeichnen ihre Wortführer die ihr geschlagenen Wunden als unwiderlegbare Beweise ihrer natürlichen Hinfälligkeit? Warum wollen sie ihre Henne mit den goldenen Eiern töten? Einfach, weil die ökonomischen Tatsachen, deren Analyse mich zu weit führen würde, das Geheimnis enthüllt haben, daß der jetzige Zustand der Gemeinde nicht mehr zu halten ist und daß schon allein durch den notwendigen Gang der Dinge die augenblickliche Art, die Volksmassen auszubeuten, bald nicht mehr zeitentsprechend sein wird. Also ist etwas Neues notwendig, und dieses unter den verschiedensten Formen insinuierte Neue läuft immer auf folgendes hinaus: das Gemeineigentum abschaffen, die mehr oder weniger begüterte Minderheit der Bauern als ländliche Mittelklasse konstituieren und die große Mehrheit der Bauern in gewöhnliche Proletarier verwandeln. Einerseits ist die „Dorfgemeinde" schon bis an den Rand des Untergangs gebracht, und andererseits liegt eine mächtige Verschwörergruppe auf der Lauer, um ihr den Todesstoß zu versetzen. Um die russische Gemeinde zu retten, ist eine russische Revolution nötig. Übrigens tun die politischen und gesellschaftlichen Machthaber ihr Bestes, um die Massen auf eine solche Katastrophe vorzubereiten. Zur selben Zeit, da man die Gemeinde schröpft, sie martert, ihr Land unfruchtbar macht und aussaugt, bezeichnen die literarischen Lakaien der „neuen Stützen der Gesellschaft" ironisch die Wunden, die man ihr geschlagen hat, als Symptome ihrer natürlich bedingten Altersschwäche. Man
behauptet, daß sie eines natürlichen Todes sterbe und daß man gut daran täte, ihre Agonie abzukürzen. Hier handelt es sich nicht mehr um ein Problem, das es zu lösen gilt, hier handelt es sich einfach um einen Feind, der geschlagen werden muß. Um die russische Gemeinde zu retten, ist eine russische Revolution nötig. Übrigens tun die russische Regierung und die „neuen Stützen der Gesellschaft" ihr Bestes, um die Massen auf eine solche Katastrophe vorzubereiten. Wenn die Revolution zur rechten Zeit erfolgt, wenn sie alle ihre Kräfte konzentriert, um den freien Aufschwung der Dorfgemeinde zu sichern, wird diese sich bald als ein Element der Regeneration der russischen Gesellschaft und als ein Element der Überlegenheit über die vom kapitalistischen Regime versklavten Länder entwickeln.
[Zweiter Entwurf]
1. Ich habe im „Capital" gezeigt, daß die Metamorphose der feudalen Produktion in die kapitalistische Produktion die Expropriation des Produzenten zum Ausgangspunkt hatte, und insbesondere, daß die Grundlage dieser ganzen Entwicklung die Expropriation der Ackerbauern ist (p.315, edit. fran9aise). Ich fahre fort: „Sie" (die Expropriation der Ackerbauern) „ist auf radikale Weise erst in England durchgeführt... alle anderen Länder Westeuropas durchlaufen die gleiche Bewegung." (I.e.) Ich habe also diese „historische Unvermeidlichkeit" ausdrücklich auf die „Länder Westeuropas" beschränkt. Um über meinen Gedanken nicht den geringsten Zweifel zu lassen, sage ich auf p.341: „Privateigentum, als Gegensatz zum gesellschaftlichen, kollektiven Eigentum, besteht nur da, wo... die äußeren Bedingungen der Arbeit Privatleuten gehören. Je nachdem aber diese Privatleute Arbeiter oder Nichtarbeiter sind, hat auch das Privateigentum einen andern Charakter." So hat der Prozeß, den ich analysiert habe, eine Form des privaten und zersplitterten Eigentums der Arbeitenden durch das kapitalistische Eigentum einer äußerst geringen Minderheit ersetzt (I.e., p.3421), hat eine Art des Eigentums durch eine andere ersetzt. Wie könnte man das auf Rußland beziehen, wo das Land kein „Privateigentum" des Ackerbauern ist und es niemals gewesen ist? Die einzige Schlußfolgerung also, die sie berechtigt wären, aus dem Gang der Ereignisse im Westen zu ziehen, ist folgende: Um die kapitalistische Produktion in Rußland einzuführen, müßte man damit beginnen, das Gemeineigentum abzuschaffen und die Bauern, d.h., die große Masse des Volkes, zu expropriieren. Das ist übrigens der Wunsch
1 Vgl. Band 23 unserer Ausgabe, S.789/790
der russischen Liberalen;* aber erweist sich ihr Wunsch begründeter als der Wunsch Katharinas II., das westliche Zunftwesen des Mittelalters auf russischen Boden zu verpflanzen12393? So diente die Expropriation der Ackerbauern im Westen zur „Verwandlung des privaten und zersplitterten Eigentums der Arbeitenden" in konzentriertes Privateigentum der Kapitalisten. Aber das ist die Ersetzung einer Form des Privateigentums durch eine andere Form des Privateigentums. In Rußland würde es sich im Gegenteil darum handeln, das kapitalistische Eigentum an Stelle des kommunistischen Eigentums zu setzen. Sicherlich, wenn die kapitalistische Produktion ihre Herrschaft in Rußland aufrichten soll, so muß die große Mehrheit der Bauern, d.h. des russischen Volkes, in Lohnarbeiter verwandelt und folglich durch die vorhergehende Abschaffung ihres Gemeineigentums expropriiert werden. Aber auf alle Fälle würde der westliche Präzedenzfall hier überhaupt nichts beweisen. 2. Die russischen „Marxisten", von denen Sie sprechen, sind mir völlig unbekannt. Die Russen, mit denen ich in persönlichen Beziehungen stehe, haben, soviel ich weiß, völlig entgegengesetzte Ansichten. 3. Vom historischen Standpunkt aus gesehen ist das einzige ernsthafte Argument zugunsten der unvermeidlichen Auflösung des Gemeineigentums in Rußland folgendes: Das Gemeineigentum hat überall in Westeuropa existiert, es ist mit dem gesellschaftlichen Fortschritt überall verschwunden; wieso würde es dem gleichen Schicksal in Rußland entrinnen können? Vor allem ist in Westeuropa der Untergang des Gemeineigentums und die Entstehung der kapitalistischen Produktion durch eine riesige Zeitspanne voneinander getrennt, die eine ganze Reihe aufeinanderfolgender ökonomischer Revolutionen und Evolutionen umfaßt, von denen die kapitalistische Produktion nur die jüngste ist. Einerseits hat sie die gesellschaftlichen Produktivkräfte hervorragend entwickelt, andererseits aber hat sie die eigene Unvereinbarkeit mit den von ihr selbst hervorgebrachten Kräften gezeigt. Ihre Geschichte ist nichts weiter als eine Geschichte von Antagonismen, Krisen, Konflikten und Katastrophen. Schließlich hat sie aller Welt, mit Ausnahme derer, die auf Grund ihrer Interessen blind sind, ihren reinen Übergangscharakter offenbart. Die Völker, bei denen sie in Europa und in Amerika den größten Aufschwung genommen hat, streben nur danach, ihre Ketten zu sprengen, indem sie die kapitalistische Produktion durch die ge
* [In der Handschrift gestrichen:] die bei sich die kapitalistische Produktion einführen und konsequenterweise die große Masse der Bauern in einfache Lohnarbeiter verwandeln wollen.
nossenschaftliche Produktion und das kapitalistische Eigentum durch eine höhere Form des archaischen Eigentumtyps, d.h. durch das kommunistische Eigentum, ersetzen wollen. Wenn Rußland in der Welt isoliert wäre, wenn es auf seine eigene Rechnung die ökonomischen Errungenschaften herausbilden müßte, die Westeuropa nur erworben hat, indem es eine lange Reihe von Evolutionen durchgemacht, von der Existenz seiner Urgemeinschaften bis zu seinem heutigen Zustande, dann würde, wenigstens in meinen Augen, kein Zweifel bestehen, daß seine Gemeinden mit der Entwicklung der russischen Gesellschaft unweigerlich zum Untergang verurteilt wären. Aber die Lage der russischen Gemeinde ist vollkommen unterschiedlich von der Lage der Urgemeinschaften des Westens. Rußland ist das einzige Land in Europa, wo sich das Gemeineigentum im großen, nationalen Maßstabe behauptet hat, aber gleichzeitig existiert Rußland in einem modernen historischen Milieu, es ist Zeitgenosse einer höheren Kultur, es ist mit einem Weltmarkt verbunden, auf dem die kapitalistische Produktion vorherrscht. Indem es sich die positiven Ergebnisse dieser Produktionsweise aneignet, ist es also imstande, die noch archaische Form seiner Dorfgemeinde zu entwickeln und umzuformen, statt sie zu zerstören. (Ich bemerke nebenbei, daß. die Form des kommunistischen Eigentums in Rußland die modernste Form des archaischen Typus ist, der wiederum selber eine ganze Reihe von Evolutionen durchgemacht hat.) Falls die Verehrer des kapitalistischen Systems in Rußland die Möglichkeit einer solchen Kombination leugnen, so mögen sie nachweisen, daß Rußland, um die Maschinen zu benutzen, gezwungen gewesen war, die Inkubationsperiode der Maschinenproduktion durchzumachen. Mögen sie mir erklären, wie sie es sozusagen in einigen Tagen fertiggebracht haben, den Tauschmechanismus (Banken, Kreditgesellschaften etc.) bei sich einzuführen, dessen Herausbildung dem Westen Jahrhunderte gekostet hatl* 4. Die archaische oder primäre Formation unseres Erdballs enthält ihrerseits eine Reihe von Schichten verschiedenen Alters, von denen die eine über der anderen liegt. Ebenso enthüllt uns die archaische Formation der Gesellschaft eine Reihe verschiedener Typen, die verschiedene, aufeinanderfolgende Epochen kennzeichnen. Die russische Dorfgemeinde gehört zum jüngsten Typus dieser Kette. Der Ackerbauer besitzt hier schon als Privat
* [In der Handschrift gestrichen:] Obwohl das kapitalistische System im Westen im Verblühen ist, und sich die Zeit nähert, da es nur noch eine „archaische" Formation sein wird, sind seine russischen Verehrer...
eigentum das Haus, das er bewohnt, und den Garten, der dazu gehört. Da haben wir das erste auflösende Element der archaischen Form, das den älteren Typen unbekannt war. Andererseits beruhen diese alle auf Verhältnissen der Blutsverwandtschaft zwischen den Mitgliedern der Gemeinde, während der Typus, zu dem die russische Dorfgemeinde gehört, von diesen engen Banden befreit und dadurch einer größeren Entwicklung fähig ist. Die Isolierung der Dorfgemeinden, die fehlende Verbindung zwischen dem Leben der einen und dem der anderen, dieser lokalgebundene Mikrokosmos kommt nicht überall als immanenter Charakterzug des letzten der Urtypen vor; aber überall, wo er-vorhanden ist, läßt er einen zentralen Despotismus über die Gemeinden aufkommen. Es scheint mir, daß in Rußland diese ursprüngliche Isolierung, die durch die weite Ausdehnung des Territoriums verursacht wurde, leicht zu beseitigen ist, sobald die von der Regierung angelegten Fesseln gesprengt sein werden. Ich komme jetzt zum Kern der Frage. Man sollte nicht ignorieren, daß der archaische Typus, zu dem die russische Gemeinde gehört, einen inneren Dualismus birgt, der unter gewissen historischen Bedingungen ihren Untergang herbeiführen kann. Das Eigentum am Boden ist gemeinsam, aber jeder Bauer bearbeitet und bewirtschaftet sein Feld auf eigene Rechnung, ähnlich, wie der Kleinbauer im Westen. Gemeineigentum, parzellenweise Bewirtschaftung des Bodens, diese in weiter zurückliegenden Epochen nützliche Kombination wird in unserer Epoche zur Gefahr. Einerseits differenziert die bewegliche Habe, ein Element, das selbst in der Landwirtschaft eine immer bedeutendere Rolle spielt, allmählich das Vermögen der Gemeindemitglieder und ermöglicht dadurch einen Interessenkonflikt, besonders unter dem fiskalischen Druck des Staats; andererseits geht die ökonomische Überlegenheit des Gemeineigentums, als der Basis der genossenschaftlichen und kombinierten Arbeit, verloren. Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß die russischen Bauern bei der Nutzung der ungeteilten Wiesen bereits die kollektive Arbeitsweise durchführen, und daß ihr Vertrautsein mit den Artelbeziehungen ihnen den Übergang von der Parzellen- zur kollektiven Bewirtschaftung sehr erleichtern würde, daß die physische Beschaffenheit des russischen Bodens zu einer kombinierten maschinellen Bearbeitung in großem Maßstabe geradezu einlädt, und daß schließlich die russische Gesellschaft, die so lange auf Kosten und zu Lasten der Dorfgemeinde gelebt hat, ihr die ersten notwendigen Vorschüsse für diese Umwandlung schuldet. Selbstverständlich handelt es sich nur um eine allmähliche Umwandlung, die damit beginnen müßte, die Gemeinde auf ihrer gegenwärtigen Basis in eine normale Lage zu versetzen.
5. Jede mehr oder weniger theoretische Frage beiseite lassend, brauche ich Ihnen nicht zu sagen, daß heute die nackte Existenz der russischen Gemeinde durch eine Verschwörung mächtiger Interessengruppen bedroht ist. Eine gewisse Art von Kapitalismus, genährt durch Vermittlung des Staats auf Kosten der Bauern, hat sich gegen die Gemeinde erhoben, dieser Kapitalismus hat ein Interesse daran, sie zu zerstören. Es ist auch im Interesse der Gutsbesitzer, die mehr oder minder begüterten Bauern zu einer ländlichen Mittelklasse zu konstituieren und die armen Ackerbauern - d.h. die Masse - in einfache Lohnarbeiter zu verwandeln. Das würde wohlfeile Arbeit bedeuten! Und wie könnte dem eine durch die Geldeintreibungen des Staats ausgesaugte, durch den Handel ausgeplünderte, durch die Gutsbesitzer ausgebeutete und durch den Wucher von innen ausgehöhlte Gemeinde Widerstand leisten? Was das Leben der russischen Gemeinde bedroht, ist weder eine historische Unvermeidlichkeit, noch eine Theorie; es ist die Unterdrückung seitens des Staats und die Ausbeutung durch kapitalistische Eindringlinge, die durch den gleichen Staat auf Kosten und zu Lasten der Bauern mächtig geworden sind.
[Dritter Entwurf]
Liebe Bürgerin! Um die in Ihrem Brief vom 16. Februar vorgebrachten Fragen gründlich zu behandeln, müßte ich auf Einzelheiten eingehen und dringende Arbeiten unterbrechen, aber ich hoffe, daß die gedrängte Erläuterung, die ich die Ehre habe, Ihnen zu übersenden, genügen wird, um jedes Mißverständnis bezüglich meiner sogenannten Theorie zu zerstreuen. I. Bei der Analyse der Entstehung der kapitalistischen Produktion sage ich: „Dem kapitalistischen System liegt also die radikale Trennung des Produzenten von den Produktionsmitteln zugrunde... Die Grundlage dieser ganzen Entwicklung ist die Expropriation der Ackerbauern. Sie ist auf radikale Weise erst in England durchgeführt... Aber alle anderen Länder Westeuropas durchlaufen die gleiche Bewegung" („Le Capital", ed. fran^aise, P-315). Die „historische Unvermeidlichkeit" dieser Bewegung ist also ausdrücklich auf die Länder Westeuropas beschränkt. Die Begründung dieser Einschränkung wird im folgenden Absatz des Kapitels XXXII gegeben: „Das Privateigentum, das auf persönlicher Arbeit gegründet ist..., wird verdrängt durch das kapitalistische Privateigentum, das auf der Ausbeutung der Arbeit andrer, der Lohnarbeit gegründet ist" (I.e. p.341). Bei dieser Bewegung des Westens handelt es sich also um die Verwandlung einer Form des Privateigentums in eine andere Form des Privateigentums. Bei den russischen Bauern würde man im Gegenteil ihr Gemeineigentum in Privateigentum umzuwandeln haben. Ob man die Unvermeidlichkeit dieser Umwandlung bejaht oder verneint, die Gründe für und wider haben nichts mit meiner Analyse der Genesis der kapitalistischen Ordnung zu tun. Man könnte höchstens daraus folgern, daß, angesichts der gegenwärtigen Lage der großen Mehrheit der russischen Bauern, der Akt ihrer Umwandlung in Kleinbesitzer nur der Prolog zu ihrer raschen Expropriation sein würde.
IL Das ernsthafteste Argument, das man gegen die russische Dorfgemeinde erhoben hat, läuft auf folgendes hinaus: Geht zu den Ursprüngen der westlichen Gesellschaften zurück und Ihr werdet überall das Gemeineigentum an Grund und Boden finden; mit dem gesellschaftlichen Fortschritt mußte es überall vor dem Privateigentum weichen; also würde es dem gleichen Schicksal auch in Rußland nicht entrinnen können. Ich möchte diesem Argument nur insofern Rechnung tragen, als es sich auf die europäischen Erfahrungen stützt. Was zum Beispiel Ostindien anbelangt, so ist es aller Welt, mit Ausnahme von Sir H. Maine und anderen Leuten gleichen Schlags, nicht unbekannt, daß dort die gewaltsame Aufhebung des Gemeineigentums an Grund und Boden nur ein Akt des englischen Vandalismus war, der die Eingeborenen nicht nach vorn, sondern nach rückwärts stieß. Die Urgemeinschaften sind nicht alle nach dem gleichen Muster zugeschnitten. Ihre Gesamtheit bildet im Gegenteil eine Reihe von gesellschaftlichen Gruppierungen, die sich sowohl im Typus wie im Alter voneinander unterscheiden und die aufeinanderfolgende Entwicklungsphasen kennzeichnen. Einer dieser Typen, den man übereingekommen ist, „Ackerbaugemeinde" zu nennen, ist auch der der russischen Gemeinde. Ihr Gegenstück im Westen ist die germanische Gemeinde, die sehr jungen Datums ist. Zur Zeit Julius Cäsars existierte sie noch nicht, und sie existierte nicht mehr, als die germanischen Stämme Italien, Gallien, Spanien etc. eroberten. In der Epoche Julius Cäsars gab es schon eine jährliche Aufteilung des Ackerlands unter Gruppen, den Gentes und den Stämmen, aber noch nicht unter die einzelnen Familien einer Gemeinde; wahrscheinlich erfolgte die Bebauung auch in Gruppen, gemeinschaftlich. Auf germanischem Boden selbst hat sich diese Gemeinschaft von archaischerem Typus durch eine natürliche Entwicklung zur Ackerbaugemeinde umgewandelt, so wie sie Tacitus beschrieben hat. Nach seiner Zeit verlieren wir sie aus den Augen. Sie gingin den unaufhörlichen Kriegen undWanderungenunbemerktzugrunde; sie endete vielleicht auf gewaltsame Weise. Aber ihre natürliche Lebensfähigkeit ist durch zwei unbestreitbare Tatsachen erwiesen. Einige verstreute Exemplare dieser Art haben alle Wechselfälle des Mittelalters überlebt und sich bis auf unsere Tage erhalten, z.B. in meiner Heimat, der Gegend von Trier. Aber am wichtigsten ist, wir finden das Gepräge dieser „Ackerbaugemeinde" so gut auf die neue Gemeinde, die daraus hervorging, übertragen, daß Maurer, da er die eine erforscht hatte, die andere rekonstruieren konnte. Die neue Gemeinde, in der das Ackerland den Acker
bauern als Privateigentum gehört, während Wälder, Weiden, Ödland etc. immer noch Gemeineigentum bleiben, wurde von den Germanen in allen eroberten Ländern eingeführt. Dank der ihrem Prototyp entlehnten Wesenszüge wurde sie während des ganzen Mittelalters zum einzigen Hort der Volksfreiheit und des Volkslebens. Man begegnet der „Dorfgemeinde" auch in Asien, bei den Afghanen etc., aber sie stellt überall den atterjüngsten Typus dar, sozusagen das letzte Wort der archaischen Formation der Gesellschaften. Um diese Tatsache hervorzuheben, bin ich auf einige Einzelheiten hinsichtlich der germanischen Gemeinde eingegangen. Wir müssen jetzt die charakteristischsten Züge betrachten, welche die „Ackerbaugemeinde" von den archaischeren Gemeinwesen unterscheiden. 1. Alle anderen Gemeinwesen beruhen auf Beziehungen der Blutsverwandtschaft zwischen ihren Mitgliedern. Man gehört zu ihr nur, wenn man blutsverwandt oder adoptiert ist. Ihre Struktur ist die eines Stammbaums. Die „Ackerbaugemeinde" war die erste gesellschaftliche Gruppierung freier Menschen, die nicht durch Blutsbande eingeengt war. 2. In der Ackerbaugemeinde gehören das Haus und was dazu gehört, der Hof, dem Ackerbauern persönlich. Das gemeinsame Haus und die kollektive Wohnung waren dagegen eine ökonomische Basis der primitiveren Gemeinwesen, und das schon lange vor dem Aufkommen von Viehhaltung und Ackerbau. Gewiß findet man Ackerbaugemeinden, wo die Häuser, obwohl sie aufgehört haben, kollektive Wohnplätze zu sein, periodisch die Besitzer wechseln. Die persönliche Nutzung ist also kombiniert mit dem Gemeineigentum. Aber solche Gemeinden tragen noch ihr Geburtsmal - sie befinden sich im Übergangsstadium von einem archaischeren Gemeinwesen zur Ackerbaugemeinde im eigentlichen Sinne des Wortes. 3. Das Ackerland als unveräußerliches und gemeinsames Eigentum wird periodisch zwischen den Mitgliedern der Ackerbaugemeinde derart aufgeteilt, daß jeder die ihm zugewiesenen Felder auf eigene Rechnung bewirtschaftet und sich die Früchte persönlich aneignet. In den primitiveren Gemeinwesen wird die Arbeit gemeinsam verrichtet und das gemeinschaftliche Produkt bis auf den für die Reproduktion reservierten Anteil je nach den Bedürfnissen aufgeteilt. Man versteht, daß der der Ackerbaugemeinde innewohnende Dualismus sie mit großer Lebenskraft erfüllen kann. Befreit von den starken, aber engen Banden der Blutsverwandtschaft wird ihr durch das Gemeineigentum an Grund und Boden und die sich daraus ergebenden sozialen Beziehungen eine feste Grundlage gesichert, während gleichzeitig das Haus und der dazu
gehörige Hof, ausschließlicher Bereich der einzelnen Familie, die Parzellenwirtschaft und die private Aneignung ihrer Früchte der Entwicklung der Persönlichkeit einen Auftrieb geben, der mit dem Organismus der primitiveren Gemeinwesen unvereinbar ist. Aber es ist nicht weniger offensichtlich, daß der gleiche Dualismus sich mit der Zeit zu einem Keim der Zersetzung entwickeln kann. Abgesehen von allen von außen kommenden schädlichen Einflüssen trägt die Gemeinde in ihrem eigenen Innern die sie zerstörenden Elemente. Das Privateigentum an Grund und Boden hat sich bereits dorthin eingeschlichen in Gestalt eines Hauses mit seinem Hof, es kann sich zu einem starken Bollwerk verwandeln, von wo aus der Angriff gegen das gemeinschaftliche Land vorbereitet wird. Dies hat man schon gesehen. Aber das Wesentliche ist die parzellierte Arbeit als Quelle der privaten Aneignung. Sie läßt der Akkumulation beweglicher Güter Raum, z.B. von Vieh, Geld, bisweilen sogar von Sklaven oder Leibeigenen. Dieses bewegliche, von der Gemeinde unkontrollierbare Eigentum, Gegenstand individuellen Tausches, wobei List und Zufall leichtes Spiel haben, wird auf die ganze ländliche Ökonomie einen immer größeren Druck ausüben. Das ist das zersetzende Element der ursprünglichen ökonomischen und sozialen Gleichheit. Es führt heterogene Elemente ein, die im Schöße der Gemeinde Interessenkonflikte und Leidenschaften schüren, die geeignet sind, zunächst das Gemeineigentum an Ackerland, dann das an Wäldern, Weiden, Brachland etc. anzugreifen, die, einmal in Gemeindeanhängsel des Privateigentums umgewandelt, ihm schließlich zufallen werden. Als letzte Phase der primitiven Gesellschaftsformation ist die Ackerbaugemeinde gleichzeitig eine Übergangsphase zur sekundären Formation, also Übergang von der auf Gemeineigentum begründeten Gesellschaft zu der auf Privateigentum begründeten Gesellschaft. Die sekundäre Formation umfaßt, wohlverstanden, die Reihe der Gesellschaften, die auf Sklaverei, Leibeigenschaft beruhen. Aber heißt das, daß die historische Laufbahn der Ackerbaugemeinde unvermeidlich zu diesem Ergebnis führen muß? Keineswegs. Der ihr innewohnende Dualismus läßt eine Alternative zu: entweder wird ihr Eigentumselement über das kollektive Element oder dieses über jenes siegen. Alles hängt vom historischen Milieu ab, in dem sie sich befindet. Sehen wir für einen Augenblick von dem Elend ab, das die russische Gemeinde bedrückt, um allein ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu betrachten. Sie nimmt eine einzigartige Stellung ein, die keinen Präzedenzfall in der Geschichte aufweist. Als einzige in Europa ist sie noch die organische,
vorherrschende Form im Landleben eines ungeheuren Reiches. Das Gemeineigentum an Grund und Boden bietet ihr die natürliche Basis der kollektiven Aneignung und ihr historisches Milieu, die Gleichzeitigkeit mit der kapitalistischen Produktion, bietet ihr fix und fertig dar die materiellen Bedingungen der in großem Maßstabe organisierten kollektiven Arbeit. Sie kann sich also die von dem kapitalistischen System hervorgebrachten positiven Errungenschaften aneignen, ohne dessen Kaudinisches Joch durchschreiten zu müssen. Sie kann den parzellierten Ackerbau allmählich durch eine kombinierte und mit Hilfe von Maschinen betriebene Landwirtschaft ersetzen, zu der die physische Beschaffenheit des russischen Bodens geradezu einlädt. Nachdem sie erst einmal in ihrer jetzigen Form in eine normale Lage versetzt worden ist, kann sie der unmittelbare Ausgangspunkt des ökonomischen Systems werden, zu dem die moderne Gesellschaft tendiert, und ein neues Leben anfangen, ohne mit ihrem Selbstmord zu beginnen.* Die Engländer haben solche Versuche in Ostindien gemacht; es ist ihnen nur gelungen, die einheimische Landwirtschaft zu ruinieren und die Anzahl und Intensität der Hungersnöte zu verdoppeln. Doch was ist mit dem Fluch, mit dem die russische Dorfgemeinde beladen ist - ihre Isolierung, die fehlende Verbindung zwischen dem Leben der einen Gemeinde mit dem der anderen, dieser lokal gebundene Mikrokosmos, der ihr bisher jede historische Initiative untersagt hat? Er würde inmitten einer allgemeinen Erschütterung der russischen Gesellschaft verschwinden. Das Vertrautsein des russischen Bauern mit dem Ariel würde ihm speziell den Übergang von der Parzellen- zur genossenschaftlichen Wirtschaft erleichtern, die er übrigens schon bis zu einem gewissen Grade bei der Heuernte und bei Gemeindeunternehmungen, wie Entwässerungsarbeiten etc. anwendet. Eine ganz archaische Eigentümlichkeit - der Alpdruck der modernen Agronomen - wirkt ebenfalls in diesem Sinne. Man komme in irgendein Land, wo das Ackerland Spuren einer eigenartigen Zersplitterung verrät, die ihm das Aussehen eines aus kleinen Feldern zusammengesetzten Schach»
* [In der Handschrift gestrichen:] Aber ihr gegenüber erhebt sich das Grundeigentum, das fast die Hälfte des Bodens, und zwar den besseren Teil, in seinen Klauen hält. Eben deswegen stimmt die Erhaltung der Dorfgemeinde auf dem Wege ihrer Weiterentwicklung mit der allgemeinen Bewegung der russischen Gesellschaft übereiri, deren Wiedergeburt nur zu diesem Preis erkauft werden kann. Rußland würde vergeblich versuchen, durch das kapitalistische Pachtverhältnis nach englischer Art, dem alle sozialen Bedingungen des Landes widersprechen, aus seiner Sackgasse herauszukommen ...
bretts verleiht, dann gibt es keinen Zweifel, vor uns ist die Domäne einer untergegangenen Ackerbaugemeinde! Ihre Mitglieder begriffen, ohne ein Studium der Theorie der Grundrente absolviert zu haben, daß eine gleiche Arbeitsmenge, angewandt auf Felder unterschiedlicher natürlicher Fruchtbarkeit und Lage, auch unterschiedliche Erträge ergeben wird. Um die Erfolgsaussichten der Arbeit auszugleichen, teilten sie das Land in eine bestimmte Anzahl von Abschnitten, bedingt durch die natürlichen und ökonomischen Bodenunterschiede, und teilten diese größeren Abschnitte in ebenso viele Parzellen wie es Landleute gab. Dann erhielt jeder einen Anteil von jedem Abschnitt. Diese bis auf den heütigen Tag in der russischen Gemeinde beibehaltene Ordnung widerspricht selbstverständlich den agronomischen Forderungen. Abgesehen von anderen Unzuträglichkeiten erfordert sie eine Verschwendung von Kraft und Zeit. Nichtsdestoweniger begünstigt sie den Übergang zur kollektiven Bewirtschaftung, der sie auf den ersten Blick so zu widersprechen scheint. Die Parzelle1
Geschrieben Ende Februar/Anfang März 1881. Nach der Handschrift. Aus dem Französischen.
1 Hier bricht das Manuskript ab
Karl Marx [Notizen zur Reform von 1861 und der damit verbundenen Entwicklung in Rußland12401]
II]
Gang [der Vorbereitung der ReformJ
Wie angenehm Alex[ ander] II. (Kommissionsavis konnte nichts daran andern) den Aufkauf der ycadböu1 gemacht in den ersten allerhöchsten Reskripten von 1857 (Skaldin 117 unten und 118[241])- Unter demselben Alexander Defraudation der Bauern wegen Aufgekauften vor und nach 1848 (123t242]). 1. (Nach der Proklamation des Emanzipations-Mara/esfs am 19. Februar 1861 (3.März) allgemeine Erregung und Unruhen unter den Bauern; sie hielten es für ein gefälschtes, unechtes Dokument; militärische Exekutionen; allgemeines Verprügeln der Leibeigenen während der ersten 3 Monate nach dem „Manifest". Weshalb diese seltsame „Ouvertüre" zu dieser mit so viel Lärm angekündigten Vorstellung?) Die folgenden Punkte müssen neben den lateinischen später andre Ziffern enthalten, um zu sehn, wie sie aufeinander folgen. a) Mit Bezug auf die Redaktionskommission und ihre Freiheit (Heft p. 102[243]). 4. März 1859 eröffnete die Redaktionskommission ihre Sitzungen, 5. März erste eigentliche Sitzung. 15. April 1859 (angebliche Zuziehung des Volks) (p. 106). In Sitzungen vom 6., 9., 13. Mai und 20.Mai 1859 über zeitlich-gebundenen Zustand angenommen mit Protesten von <Graf) Peter Schuwalow und Knjas2 Paskewitsch: die persönliche Befreiung der Bauern dürfe nicht abhängig gemacht werden von den ihnen vorgeschriebenen (zwangsweise auferlegt) Bedingungen, Grundeigentum zu erwerben[244]. Sofort allerhöchster Befehl Verweigert 21. Mai Aufnahme ihrer Proteste ins Protokollbuch (p.107, 108). Phrase der Kommission: „wie die kleinste Abweichung vom kaiserlichen Willen verderblich" (p. 108 oben). S.Januar 1859
1 Bauernhöfe - 2 Fürst
verboten den (Gouvernements-Adelskomitees, die Öffentlichkeit zuzulassen etc.). Verbote von Druck etc. an selbe vom 21. Januar 1859 und 3. März 1859 (p.106). (Schließlich: Der Kaiser hätte öffentlich versprochen, daß, ehe das Projekt Gesetz werden würde, Abgeordnete von den Gouvernementskomitees nach St.Petersburg eingeladen werden sollten, um Einwände vorzubringen und Verbesserungen vorzuschlagen... Sie wurden zur Hauptstadt zitiert, es wurde ihnen aber nicht gestattet, eine öffentliche Versammlung zur Diskussion der Frage zu veranstalten. Alle ihre Bemühungen, Zusammenkünfte abzuhalten, wurden vereitelt: Man verlangte von ihnen nur, eine Liste von gedruckten Fragen über Detailangelegenheiten schriftlich zu beantworten. Diejenigen, die es wagten, Einzelheiten zu diskutieren, wurden aufgefordert, persönlich den Kommissionssitzungen beizuwohnen, dort grob angefahren; mehrere Gruppen von Abgeordneten reichten dem Zaren Petitionen ein, die einen Protest dagegen enthielten, wie sie behandelt wurden; sie erhielten einen förmlichen Tadel durch die Polizei.) Wollten nun (protestieren in den dreijährlichen Gouvernements-Versammlungen der Adligen. Ein Zirkular verbot ihnen, die Frage der Befreiung zu berühren. Einige Versammlungen unterbreiteten trotzdem dem Zaren, daß die Zeit auch für andere Reformen gekommen sei.) Darauf (einige Adelsmarschälle getadelt, andere abgesetzt. Von den Führern wurden zwei in entfernte Gouvernements verbannt, andere unter Polizeiaufsicht gestellt.)
In der Tat ging alles zu par ordre du moufti1. Alexander II. (war von Anfang an entschlossen, den Besitzern soviel wie möglich zu geben (und den Bauern sowenig wie möglich), um sie mit der formalen Abschaffung der Leibeigenschaft auszusöhnen; er wollte nur den Loskauf des Hofes des Bauern obligatorisch machen - seines Hofes, seiner Gemüsegärten, seiner Flachsfelder und außerdem Nießbrauch an Feldern (wo er existierte); er wollte sogar eine Art Rechtsprechung der Gutsherren über die Bauern beibehalten; er bestand darauf, daß sie eine 12jährige Übergangsperiode der Leibeigenschaft durchmachen sollten etc. Siehe sein Reskript vom 20. November 1857 an den Generaladjutanten Nasimow, den Generalgouverneur der drei Gouvernements Wilna, Kowno und Grodno als Antwort an deren Adelskomitees (p. 103t242]).)
1 auf allerhöchsten Befehl
Durch seine Zögerung, während er schon März 1855 - nach dem Landsturmaufgebot vom 29. Januar 1855 - dem Gouvernementsmarschall und Kreismarschällen gegenüber von Abschaffung der Leibeigenschaft gesprochen, die er aber nicht die Absicht habe gleich vorzunehmen (J), erlaubte er den noMfemHKaM]1, die sächlichen Verhältnisse der Bauern sehr zu verschlechtern. Siehe Zirkulare p. 105; p. 110 Skaldin und p. 114. 3. Januar 1857auf Vorschlag des Lanskoj Geheimes Komitee gebildet unter Vorsitz Alexanders, in seiner Abwesenheit des Fürsten Orlow. Beschlossen, Adelskomitees zur Mitarbeit einzuladen etc. (p. 103). Es beschloß gleich in Sitzungen vom 14., 17., 18.August die Verbesserung der Bauern nur langsam und vorsichtig (I.e.). 8. Januar 1858. „Geheimes Komitee" verwandelt sich in „Hauptkomitee", dem außerdem „Besondre Kommission" zugefügt, zur vorläufigen Prüfung der Entwürfe des Gouvernementskomitees. Außerdem gebildet 8eMCK[afl]3 (Agrar}-Abteilung des zentralen statistischen Komitees des Ministeriums des Innern zur Beurteilung der (Agrar)-Verhältnisse des Reichs, auch zur vorläufigen Prüfung der Gouvernementskomitees (p.103). I (2) 21. April (1858) mit Zirkular von Lanskoj abgesandt allerhöchst bestätigtes Programm der Beschäftigung der Gouvernementskomitees etc. (p. 105). Weiteres in derselben <Linie>, 18. Oktober 1858 vom Hauptkomitee gefaßte Beschlüsse bilden Ausgangspunkt der Redaktionskommissionen (p. 105). 17.Februar 1859 die 2 Redaktionskommissionen unter Vorsitz Rostowzews (p. 105). 27.April 1859 (noch Finanzkommission zugefügt) bestehend nur aus Spezialisten und Beamten des Finanzministeriums und des Innern (p. 105). Die 3 Perioden der Redaktionskommissionen (p. 105). (6. Februar 1860 starb Rostowzew.)
[II]
[Drei Arbeitsperioden der Redaktionskommissionen] Iste Periode 4. März - 5. September 1859 2te Periode 5. September 1859 - 12. März 1860 3te Periode 12. März - 10. Oktober 1860. ( Zusammen 1 Jahr 7 Monate.
1 Gutsbesitzern - 2 Semstwo
Angebliche Prinzipien (schon früher Praxis, durch kaiserlichen Brief etc. und Hauptkomitee aufgestellt). a) Aufkauf muß freiwillig von beiden a) Obligatorisch Aufkauf nur für die Seiten sein (mit Ausschluß der Bauern; (Gutsbesitzer) kann sie zum ycadeö1. Aufkauf zwingen (cf.p. 108 unten und 109, ib., p.109 Golowatschow[245]). (29. April1859Rostowzewj (p. 106[246 J). :
zungvom27.Mail859)(p.l07unten). BbiKyn2 mit (Regierungshilfe) schon hypothetisch in Journal des Hauptkomitees vom 4. Dez. 1858 (p. 108). Graf Peter Schuwalow und Knjas Paskewitsch hatten in ihren Protesten etc. sehr richtig bemerkt, daß die Vorlage des Rostowzew „die schließliche Befreiung des Bauernstands" vom BHKyn abhängig mache; und „es sei unnatürlich, einen freien Men__L . scnai zu zwingen, wiucr seinen rr iuc.ii Grundeigentum zu erwerben4 (p. 108). 14.Februar 1859 Vorlage des Finanzielle Seite der AufkaufRostowzew. Damals sollte die Auf- Operationen (p.109 Golowatschow). kauffrist nur 31 Jahre sein (später Gewinne der Börsianer (I.e.). Fall der 49), und... zwar „auf dem gewöhn- Papiere; (Gutsbesitzer) zum freiwillilichen Obrok3 der Bauern". gen Aufkauf verlangen (zusätzliche
b) (Leibeigener) soll nicht für seine per- b) (Leibeigener) hat für seine persön
Ditto (20.Mai 1859) - I.e.). Weiteres über den Aufkauf (p. 106). (Vorschläge) des Hauptkomitees vom 4. Dezember 1858 (führt Rostowzew in die Kommissionssitzung ein. Sit
Zahlung) von Bauern (Skaldin p. 110, p.117) (Skrebizki p. 123).
sönliche Freiheit zahlen. liehe Freiheit zu zahlen (113 Skaldin) (ditto p.115). p.124 Janson, Janson p.125 untenmi].
1 Bauernhöfe - 2 Loskauf - 3 Grundzins
c) Der bestehende Obrok sollte nicht c) Der bestehende Obrok wird erhöht erhöht werden. (schon durch die Verminderung des Nadjel1, p. 116). d) Die Bauern sollen solche Anteile d) (Tatsächlich) solche Teile (selbst erkalten, daß ihre Existenz völlig ge- die höchsten eingeschlossen), daß sichert, neben Aufkauf von Abgaben- Bauers Existenz nicht durch Nadjel Zahlung. gedeckt, er aber abhängig bleibt zeitlich vom (Gutsbesitzer). 1. b) Die zeitlich Gebundnen Sitzungen vom 6., 9., 13.Mai 1859 (p. 107). Damals 12 Jahre für zeitlich Gebundene bestimmt (p. 107). Bis zu Beginn des Aufkaufs der bäuerlicheJ Landanteil in seiner existierenden Ausdehnung erhalten „mit den notwendigen Ausnahmen und Beschränkungen" (p. 107), nicht so bei euKyn (sieh Rostowzew, p.108 unter Loskauft Zahlungen der zeitlich Gebundnen (p. 111 Skaldin; in nichtschwarzf erdigJer Zone). Bauern in mittlerer und südlicher Zone ziehen (Frondienst} vor, ihnen früher so verhaßt (p. 115, Skaldin, Anfang). Die auf 9 Jahre an die Scholle Gefesselten können nicht heraus (Skaldin 117,118). Wo die Bauern aus örtlichen Gründen yca^LÖBi besonders] aufkaufen wollen, verhindert durch (Gutsbesitzer) etc. (p.l 18 ad. 2) Skaldin. Es kommt faktisch nie vor (ib.). Warum vor Ablauf der ersten 9jährigen Periode durch die (Gutsbesitzer) BHKyn beschleunigt (p.l 19Skaldin). 1878 Zahl der zeitflichj Gebundnen (Janson p. 119). 2. Die Bauern auf eunyn. Für 49 Jahre (an den Boden gefesselt) (p. 118 und 119 Skaldin). Unmögliche Bedingungen des Austritts (I.e.). c) Wachsende Seelensteuern auf Bauer etc. unter Alexander II. (p.109) (Golowatschow), (p.l 11 Skaldin und 112), (p. 113 unten)(p.ll4 Anfang). System von Gratifikation für Beamte für Eintreibung der (Rückstände} O.e.) (109). Über die Seelensteuer überhaupt (112, Skaldin). So wenig wie Adel zahlen Kaufleute Steuer von Land, das sie seit 1861 kaufen können (112, Skaldin). Starowerzen2 gegen Seelensteuer (112) (Skaldin).
1 Landanteils - 2 Altgläubige
Zugleich Paßwesen (I.e. und 113), (seit 1863Paßgeld an die (Dorfgemeinde> zahlbar, I.e.). Staatsgefahr aus dem System (unten 112 I.e. Skaldin). Auch die Landlosen den Gemeinden zugeschrieben (p. 113) (Skaldin). d) Abschneiden von (Bauernland). Wirkung von Wegnahme von Wald, Wiese, Weide und dem Abschneiden Stücke des bäuerlichen Nadjels. Sachliche Abhängigkeit der Bauern von der noMfeufUHbeü]1 (Absurdität) (114 SkaldinJ . Pacht von (Gutsbesitzern} und Staat (110 Skaldin). Aufkaufen dieser Abschnitte durch Kaufleute etc., Staatspächter etc. (110) (Skaldin) id. p.114. Er muß pachten vom (Gutsbesitzer) (110) (Skaldin). Abschnitte von (Bauernland), mindestens in mehr als 1f2 der (Güter, Verkleinerung der Landabschnitte und Steigerung der Zahlung darauf) (114 Skaldin) und (unter 2. (p. 114) (und angefügt den Ländereien des Guisbesitzers)). Unzureichenheit des Nadjel ((daher) Notwendigkeit zu pachten und Arbeitslohn beizuschaffen). Reicht kaum zur Ernährung hin (auch in Schwarzerde) (III Skaldin). ( Unfruchtbarkeit der den Bauern zugewiesenen Felder und ungünstige Lage) (114) (Skaldin). Nach IIoMXHcfeHUio: Je fruchtbarer Boden, desto geringer Nadjel (I.e. Skaldin). Kommissionsfestsetzungen des höchsten Nadjel (i 16, Skaldin). Noch mehr vermindert durch (Staatsrat> (ib. Skaldin). Janson, p. 124. Dazu Erschwerung der Übersiedlung (I.e.). Ursprünglich die Ungenügenheit des Nadjel sollte durch (Regjierungs])Erleichterung für Übersiedlung kompensiert werden; dies später ganz fallengelassen (125). a) Durch die Verhältnisse, worin die Regierung den Bauern gestellt, seine Plünderung durch KyjiaKaMH3 und Kaufleute (p. 110 Skaldin). Hungersnöte (Note unter p. 113,114), (vergl. mit Leibeigenschaft, p. 114 zit. Skaldin p.205). b) Überlastung des Nadjel. Sieh Beispiele in Nordzone (p. 113) ebenfalls zu hoch in Mittel- und Südrußland (I.e.). Die lächerlichen Ungeheuerlichkeiten bei 1. Festsetzung des Obrok (Skaldin p. 115 und 116) für Fronarbeiter (p. 116). Gradationssystem per Desjatine auf Seele (p.l 16 Skaldin) (in Schwarzerde am höchsten). (Je kleiner Land, desto größer Obrok.) 1 gutsherrlichen - 2 Verordnung - 3 Kulaken
Niedrigstes 1/3 Nadjel, (letzte Zeilen p.l 16 Skaldin). Wo weniger sollte zugeschnitten werden, aber Staatsrat ließ das nicbt zu (p.l 16 Skaldin Anfang). Die Mecmnocmu1 festgesetzt für Obrok auf Aufkauf (117, Skaldin). Allgemeine Erhöhung des Obrok (p.l25 Janson). 2. Festsetzung der höchsten Anteile und der niedrigeren. Die niedrigeren Anteile bei den zeitlich Gebundenen C/2» V4) (p-117, 118, Skaldin). Niedrigster Anteil bei ebinyn Bauern V3 (Skaldin p. II8), (sieh 118 ad2.; Aufkauf von bloßen ycaßtßii kommt faktisch nie vor (118). Festsetzung des Nadjel waltenden Gesichtspunkte dabei (p. 124 Janson). 1I3 als Minimum für (Gutsbesitzer) (darüber Janson p.l25). Dies noch bedeutend verschlimmert und schließlich durch Il0Ji0Mc[eHiie] (ib.). System der Gradationen (p.l25 Janson). 3. „(Waisen)-Nadjel". In den rein agrikolen Gouvernements (p.l 15 Skaldin). a) Kapitalisierung des zu hohen Obroks bei euKyn; (daher) Überschätzung des Bodens (Skaldin p. 117, Beispiel von Smolensk). In nichtschwarzerdiger Zone (117). In schwarzerdiger ib. b) Bank, und Abkauf (p. 126-130) (p. 132 Ende). c) Aktuelle Lage der Bauern: (Janson) Bedingung der Übersiedlung nur für die bemitteltem, Janson 143; «faktisch) „Verbot" der Übersiedlung, Janson p.l44). a) Schwarzerdige (Dreifelder)-Zone (p. 120 Janson). ß) Steppenzone (westlicher Teil): Cherson, Taurien, Jekaterinoslaw (Janson, Ende 120 und Anfang 121). y) Die westlichen Gouvernements (119, Skaldin; p. 121, Janson, 126 ditto).
[III] Semstwo (Die obligatorischen Kosten (für die lokale Zivil- und Militärverwaltung) verschlingen den größten Teil; soweit diese Einrichtungen allein Instrumente der Regierungsverwaltung. Die Regierungsausgaben steigen jährlich. Fortlaufend Anleihen nur zur Zahlung der Zinsen für frühere Anleihen. In dem kurzen Zeitraum von 1862 bis 1868 stiegen die gewöhnlichen Regierungsausgaben von 1862 bis 1868 um 42% oder um durchschnittlich 20^2 Millionen Rbl. (1862 betrugen die gewöhnlichen Jahresausgaben
1 Das Gelände
295 532 000 Rbl., 1868: Rbl. 418 930 000.) Als ein Beispiel für das Anwachsen der obligatorischen Gouvernements- und Kreisausgaben können wir eins der ärmsten russischen Gouvernements nehmen, das von Nowgorod, dessen obligatorische Ausgaben im Jahre 1861 80000 Rbl. ausmachten, 1868 412 000 Rbl.) Eigentlicher Inhalt der Emanzipation (Guerillakrieg zwischen Bauern und Grundbesitzern. Die Befreiung läuft einfach darauf hinaus, daß der adlige Gutsbesitzer nicht mehr über die Person des Bauern verfügen, ihn nicht verkaufen kann etc. Diese persönliche Leibeigenschaft ist abgeschafft. Sie haben ihre persönliche Gewalt über die Person des Bauern verloren. Kaum gelangten Gerüchte über die beabsichtigte Emanzipation der Bauern nach draußen, als die Regierung sich gezwungen sah, Maßnahmen zu ergreifen gegen die Versuche der Gutsbesitzer, mit Gewalt die Bauern zu expropriieren oder ihnen den unfruchtbarsten Boden zuzuweisen. Früher, in den Zeiten der Leibeigenschaft, hatten die Gutsbesitzer ein Interesse daran, den Bauer als eine unentbehrliche Arbeitskraft zu erhalten; das hat aufgehört. Der Bauer gelangte in ökonomische Abhängigkeit von seinem früheren Gutsbesitzer.) Abkauf Wegen des Falls (der Abkauf- (Tausch-) Obligationen, die von der Regierung ausgegeben wurden, um 20%, begannen viele Gutsbesitzer nicht •- J 11' . 1 A 1 £ L J mit dem „ODiigatonscnen nDsaui, sie IOIUCHCH vu» ueu uauem ^usumliche Zahlungen, um diesen Verlust auszugleichen. An einigen Urten zahlten die Bauern durch freiwillige Übereinkunft mit den Gutsbesitzern diese zusätzlichen Summen, hörten jedoch nach 1J/2 Jahren auf, der Regierung das Abkaufgeld zu zahlen. Diese zusätzliche Zahlung 27 Rbl.) per Revisionsseele1[248]. Die Abkauf-Periode 49 (und (nicht} 41) Jahre; die Bauern damals schon skeptisch, (ob das Versprechen gehalten werden würde, daß nach Ablauf dieser Zeit kein o6poK für das Land gezahlt werden müßte, das sie von der Regierung gekauft hatten). Abzug der Schulden bei Auszahlung an die (Gutsbesitzer} (Die Regierung zog sofort die Schulden der Gutsbesitzer an den Vormundschaftsrat (Vormundschaftsamt), das ihnen als Bank gedient hatte, ohne irgendwelche Entschädigung für die Zeit ab, die noch bis zur Fälligkeit der Anleihen verblieb.
Zum Beispiel: Am 1.April 1870 wurden von den 505 652 107 Rbl., die auf Rechnung der Bauern gezahlt worden waren, 235 032183 Rbl. abgezogen, welche die Gutsbesitzer den staatlichen Kredit-Institutionen schuldeten.) Erhöhung der Seelenabgabe Seit 1864 noflynrnan noflaTt1 wächst (etwa) 80%; zugleich der eocydapcmfeeHHuü] 3eMcnuü cöop2. Größte Erhöhung der Seelensteuer 1867. Er sichtbar aus den Arbeiten der Kommission über direkte Abgaben[249J: 1862: Aus der ganzen russischen Steuersumme (direkt und indirekt), nämlich aus 292 000 000 Rbl. lagen 76% oder 232 Mill. Rbl. auf den armen Klassen (Bauern und Handwerkern). Aber seit der Zeit dies bedeutend verschlechtert, indem erhöht die Seelensteuer für Bauern aller Kategorien, die oöponnan no,n;aTb3 auf die Kronbauern und der eocydf apcmeeHHuü] 3eMcn[uü] cöop bezahlt fast nur durch die nodamnue dyuiu^. 1863: Seelensteuer per Kopf 25 Kopeken, 1867: bereits 50 Kopeken. 3YMEB[OÖ] cöop5 für roc[y,n;apcTBeHHHe] 3EM[CKNE] IIOBHH[HOCTH]6 seit 1865 erhöht um 20 Kopeken, beträgt jetzt im Durchschnitt 98 K. per Seele. Die oöpoufuaa,J nodamb von Kronbauern erhöht von 1862 bis 1867von 25256000 auf 35 648000 Rbl. (mehr als 1 Rbl. per Seele). 1. Juli 1863 noflyrnfHan] noflaTB auf MemaH[ax]7 abgeschafft, verlegt mit Zuschlag auf unbewegliches Eigentum in Städten, Vorstädten, Marktflecken, woran MemaHe und Bauern ihren Teil haben, und cöop8 auf Attestate auf Kleinhandel und Industrie-Billets fallen fast ganz auf die nomaTHHe9 Klassen. Von 1862 bis 1867 wuchsen die (gewöhnlichen Regierungs)ausgaben (abgesehn von den (außergewöhnlichen» von 295 532 000 Rbl. auf 398 298 000 Rbl., d.h. (etwa) um 35%. Die (Staatsschuld) aber wuchs um etwa 461 160 000 Rbl., um 60%; (also) Zahlung dafür jährlich mehr: 25 315 000 (ganze Staatsschuld 1867: 1 219 443 000 Rbl., jährlich: Zahlung darauf 73 843 000 Rbl.). 1874 bereits Staatsschuld: (konsolidierte und in das große Buch nicht eingetragne) über 14711/2 Mill. Rubel. Dazu über 1208 Mill schwebende Schuld (= 4833 Mill. fr.). 1867lagen auf den direkt steuerbaren Klassen 111 Mill. direkter Abgaben; dazu liegend auf den bloßen Seelen (nodytunf aa] nodamb, socyfdapcmeenhuü] seMcnf uü] cöop und oöufecmeeHHbiü cöop10 auf Kronbauern) über
1 Seelensteuer - 2 die staatliche SemstWosteuer -s Grundzins&bgabe - 4 steuerpflichtigen Seelen - 6 Kopfsfeuer - 8 staatliche Semstwoverpflichtungen — 7 Kleinbürger - 8 Steuer 9 steuerpflichtigen -10 öffentliche Steuer
62 Mill. Rbl. Hinzu nicht gerechnet weder Aufkaufgelder noch ryöepHC[KHÜ] und YE3FL[HHÖ] 3EMCK[NÜ] cöop1 noch ocoöuü cöop HA coftepHtaime MHPOB[HX] no npec[mbüHCKUM] deJictM ynpeotcdeHuül2 in den Gouvernements, wo nicht die 3eMCK[aa] Einrichtung eingeführt. (CnajiduH.) Nach Janson(Professor der Kaiserl.St.Petersb.Universität) ( „Onbimbumi] etc. 1877) zahlen die Bauern an direkten Abgaben: 176 Mill.Rubel: (nämlich) 63,6 Mill. Seelensteuer, oöiyecmeeH[hozo] und eocyfdapcmeenhozo] 3eMcn[oso] cöopoe, 37,5 Mill. oöpouHOü nodamu über 7 Mill. ryöepHc[KHx] und ye3^HHX c6opoß, über 3 Mill. örtlicher c6opoß in Gouvernements, wo nicht IIojiojKeHHe eingeführt, über 39 Mill. Loskaufgelder; eingerechnet Naturalabgaben. Fast ganz hinzuzurechnen Akzisen auf Soff und Salz (180 Mill.) und oßpoKH ÖHBmnx noMem[nqMx] Kpec[TI»HH]3 - über 25 Mill. Zusammen über 372 Mill., über 56% kaiserlichen Budgets. Befinden sich in Hand des Staats: 151 684 185 Desjatinen (= 165335 763 Hektar) Bauern: 120 628 246 Desjatinen (= 131 484 744 Hektar) (Gutsbesitzer): 100 000 000 Desjatinen (= 109 000 000 Hektar) Apanage: 7 528 212Desjatinen oder 8 205 859 Hektar 1. Die Kronbauern (ohne Archangelsk und Gstseeprovinzen): 9194 891 Seelen - 77 297 029 Desjatinen 2. Apanagebauern: 862 740 Seelen - 4 336 454 Desjatinen 3. Ehemalige Privatleibeigene 35149 048Desjatinen für alle Sorten derselben. Bis 1. Januar 1878 aufgekauft mit Hilfe der (Regierung) in 37 Gouvernements (minus die 9 westlichen, Bessarabien und 3 Ostseeprovinzen)
1 Gouvernements- und Kreissemstwosteuer - 2 Sondersteuer für den Unterhalt der Friedensgerichte für bäuerliche Angelegenheiten - 3 Grundzins ehemaliger Bauern der Gutsherren
4 898 073 Seelen (74,6% aller noMfeimrebnx] KpecT[tHH]) und 17109 239 Desjatinen. Auf Verlangen der <Gutsbesitzer) in allen nichtschwarzerdigen Gouvernements, wo Aufkaufwert weit über realem Wert des Bodens. In den rein Schwarzerde-Gouvernements durch Übereinkunft der Bauern <mit) den <Gutsbesitzern). Zu 3. — teils Obrok, teils Corv^e1. 4. Zeitlich Gebundene. (,Januar 1878 = 1 882696 Seelen mit 6657919 Desjatinen Seelenanteil.) Kronministerium (1. April 1870) zählt: 5 830 005 ehemaliger noMenj[HHBHX] [Bauern] aufgekauft, Desjatinen 20 123 940.
Staatsschuld Staatsschuld 1867 = 1 219 443 000 Rbl. War gewachsen seit 1862 [um] 461160 000 758 283 000 war also letztere 1862. 1869 Staatsschuld: 1907,5Mill. Rbl. 1878 „ „ ,3474 „ „
Vorteile der <Regierung) bei der Emanzipation: 1. Übertragung der Schuld an die unter Garantie der <Regierung> stehenden Banken (später alle aufgelöst in die Staatsbank), an Regierung, der die Bauern dafür die Zinsen zu zahlen. 2. In den Arbeiten der Redaktionskommission (Skrebizki: Brief von Rostowzew an Kaiser: „ IIp ABHTE JIBCTBO2 erhält viele Kandidaten für die höchsten Plätze, sowohl der Provinzial- als Zentraladministration"). 3. Direkte Eintreibung der Steuern von Bauern (früher dafür haftbar die noMefv^uKuJ) und große Erleichterung damit der Steuererhöhung. 4. Bruch der Machtdomäne des Landadels. 5. Konskriptionsgebiet (und allgemeine Reform der Armee) damit erweitert. 6. Verbunden mit der Emanzipation die sog. 3eMCK[ue] Institutionen; Last des Staats auf Provinzen und Kreise zum großen Teil gewälzt (ohne Verminderung, vielmehr Erhöhung der direkten Staatssteuern).
Nach den (Feststellungen in Band 22 der offiziellen Veröffentlichungen der „ Untersuchungskommission für direkte Besteuerung" und auch nach den von der „Agrikulturkommission" veröffentlichten Blaubüchern ersehen wir):
1. Die <Staatsbauern und die Bauern der kaiserlichen Familie) (Apanagebauern) (in 37 Gouvernements (die westlichen Gouvernements hier ausgeschlossen) zahlten aus der sogenannten Netto-Reoenue 92,75%, so daß ihnen für alle ihre anderen Bedürfnisse für sich selbst aus ihrer landwirtschaftlichen Revenue nur 7,25% blieben. 2. Die früheren Leibeigenen des grundbesitzenden Adels zahlten aus ihrer landwirtschaftlichen Revenue 198,25%, so daß sie der Regierung nicht nur ihre ganze Revenue aus dem Lande abgeben, sondern fast einen gleichen Betrag aus den Gehältern (Löhnen) zahlen müssen, die sie für verschiedene Beschäftigungen, landwirtschaftlicher und anderer Art, erhalten.)
1862 Budget: 292 000 000Röbel 1878 „ : 626,9 Mill. Rubel Seelensteuer 1852 gegen 18% Million. Rubel. 1855 sank sie infolge des Krimkriegs unter 15 Mill. Rbl. 1862 kam sie auf 28\ Mill. 1867 durch Steuerschraube auf 40^2 Mill., jetzt über 94x/2 Mill. (Aus einer Veröffentlichung des Ministeriums der Staatsdomänen sehen wir z.B., daß von 1871 bis 1878 ungeachtet großer Veränderungen in den Getreideerträgen von Jahr zu Jahr die Produktion, wenn wir die Durchschnitte nehmen, absolut stagnierte. (Indessen erhöhte sich der Getreideexport im größten Maßstabe, nur etwas unterbrochen durch die Hungersnöte, die etwa alle 5 Jahre einmal auftraten, und zuletzt gehemmt durch das Hungerjahr 1880.) Gleichzeitig erhöhte sich der Getreideexport 1877-78 um etwa 86%, verglichen mit dem Getreideexport von 1871-72. Was die Westeuropäer sahen, war die ungeheure Steigerung des Getreideexports durch die Entwicklung des Eisenbahnnetzes; was sie nicht sahen, war, daß dieser Export sich ausglich durch die Kontraktion der immer wieder auftretenden Perioden der Hungersnot, die jetzt alle 5 Jahre eintreten und ihren Höhepunkt 1880 erreicht haben.)
Status der (emanzipierten Bauern Nachdem er festgestellt hat, daß die wirtschaftliche Lage der Bauern in der Schwarzerde-Zone (in ihrem Dreifelder-System-Teil, nicht dem Steppengebiet) im allgemeinen „schlechter ist, als sie unter der Leibeigenschaftsordnung war", entnimmt Janson den offiziellen Publikationen über die Viehproduktion (ebenfalls in der Schwarzerde-Zone) folgendes:
Im Gouvernement Kasan hat sich der Viehbestand) (bei den (ehemaligen Leibeigenen, die früher ihr Vieh auf die Weiden ihrer Gutsherren treiben konnten) beträchtlich verringert; daraus die Gründe für die Verringerung: Mangel an Weideland, Verkauf des Viehs, um die Steuern bezahlen zu können, geringe Ernten. Im Gouvernement Simbirsk der Viehbestand etwas verringert; die reicheren Bauern verkaufen das Vieh, das sie nicht unbedingt brauchen, bei günstiger Gelegenhfeit, um nicht gezwungen zu sein, es für Steuerrückstände zu verkaufen, für die sie bei der allgemeinen Solidarität der Gemeinde (mehrere zugleich oder alle gemeinsam) haften (Gesamthaftung). Andere Ursache: das Abschneiden des Weidelands von dem Ha^eJi, hauptsächlich Waldanteile. Dasselbe im Gouvernement Samara, Saratow, Pensa) (wo auch Pferde abnehmen); (im (Gouvernement) Rjasan Verringerung des Viehs um 50% aus Mangel an Weide. Im Gouvernement Tula aus demselben Grunde, Zwangsverkauf durch die Steuereinnehmer und Viehkrankheit, die Aufzucht von Pferden und Vieh verringert. Im Gouvernement Kursk derselbe erbarmungslose Verkauf von Vieh für Steuerrückstände, aus Mangel an Weiden, Aufteilung in der Familie etc. (siehe p.75). Nicht-Schwarz[erde/-Zone (nördliche Gouvernements). Ein Beispiel wird genügen. Im Gottoemement Nowgorod nach der Schätzung durch die Semstwos verhalten sich die Zahlungen zu den Einkünften pro Desjatine jfür die ehemaligen Staatsbauern ~ 100% (d.h. die gesamte Revenue); die ehemaligen Apanagebauern - 161% die ehemaligen Leibeigenen der Gutsbesitzer - 180% die zeitlich Gebundenen> - 210% ferner (jene mit kleinen Landstücken) und (hohen Steuern für die früher losgekauften Leibeigenen - 275%; für die zeitlich Gebundenen — 565%. (Veröffentlichung der „Steuer-Kommission" Band 22.) Ihre Landanteile reichen meistens nicht aus) - in Nicht-(SchwarzerdeBezirk - für die bloße Ernährung der Bauern. Diese nördlichen Gouvernements sind gleichzeitig die industriellen, aber ihre örtlichen Industrielöhne reichen nicht aus, um das Defizit {auch durch Landarbeit bei Gutsbesitzern}1 auszugleichen; sie müssen Lohnarbeit weit weg von ihren eigenen Wohnorten, im Süden, in Neu-Rußland, jenseits des Urals, in Sibirien und Zentralasien suchen.)
1 Die geschweiften Klammern stehen an Stelle der von Marx verwendeten eckigen Klammern
(1 Desjatine = 1,092 Hektar. 1 Pud = 40 russische Pfunde = 16,38 Kilogramm. 1 Tschetweri = 209,901 Liter oder 0,72 englische quarters.)
[IV] (Rußland} I. Staatseinnahmen und Ausgaben von 1877. Einnahme = 548 Mill. <Rubel) Davon: 117 Mill. (von den Bauern gezahlte direkte Steuern). 189 676 000 Mill. (indirekte Steuern> fällt wieder meistens auf (Bauern). 10 Mill. (indirekte Steuern>2 ditto. 52 (Millionen> für (Zölle}. i Ausgabe = 585 (Millionen (Defizit = 37 Millionen)) Davon: 115 Mill. für (Zinsen und Amortisierung der Staatsschuld). 220 Mill. für Krieg und Marine. 86 Mill. für (Finanzministerium). 421 Mill. - Hauptausgaben des Staats. Dann die (außerordentlichen, durch den Krieg verursachten Ausgaben). Das Budget von 1864 war: 354 600 000 Rubel: (Die Steuern somit seit 1864 um 55% erhöht.) II. (Budget des Eisenbahnfonds, das im Staatsbudget enthalten ist.) Gegenwärtig sind die Eisenbahnen Privatvermögen; die Staatseisenbahnen sind verwandelt in Eigentum der Privatgesellschaften, aber diese Gesellschaften haben nicht die Mittel ihrer Konstruktion geliefert. (Die Regierung hält zurück) für (ihre) Rechnung einen Teil des Kapitals in Aktien und Obligationen und, um diese zu realisieren, gibt sie die (konsolidierten Obligationen der russischen Eisenbahnen) aus. Die Summen, die (sie) daraus bezieht, bilden den („Eisenbahnfonds">. und daraus zahlt (die Regierung) für die Aktien und Obligationen, die (sie) rückbehalten hat, und macht außerdem Vorschüsse (auf die Eisenbahnpapiere. Am I.Januar 1878) gab es für 1.388 Millionen (emittierte EisenbahnAktien und Obligationen), wovon die Regierung rückbehalten für ihre Rechnung 720 Millionen und 577 Mill. fr. oder 144 433 000 (Metall-Rubel), für die (Obligationen der Nikolaus-Eisenbahn Petersburg — Moskau), d.h. (etwa) 52% vom Gesamtkapital, (ausgenommen die Papiere, auf welche die Regierung Vorschüsse gegeben hat).
Aus dem <Eisenbahnfonds,) hat die Regierung gezahlt: 1877... 80 Mill., aber die Gesamtsumme, welche die Regierung gezahlt hat bis zum 1 .Januar 1878 = 554 475 000 (Rubel und) für die (Nikolaus-Eisenbahn-Obligationen) 577 Mill. fr. Um diese Zahlungen zu decken, hat (die Regierung 5 konsolidierte russische Eisenbahn-Anleihen ausgegeben) für die Summe von 69 Mill. Pfd.St., (deren Realisierung 385 Mill. Metall-Rubel ergeben hat; zwei NikolausEisenbahn-Anleihen für die Summe von) 577 Mill. fr., endlich (die innere Anleihe mit Prämien 1866, deren) Realisation gegeben 107 650 000. Außer diesen Subsidien noch die Garantie. (1877 betrug die von der Regierung gezahlte Garantiesumme) = 16617 000. Der (Fiskus) hat diese Summe geliefert, ebenso wie die (Zinsen und Amortisation der EisenbahnObligationen>. Die letztere Summe 1877 = 324 800 000 Rubel. Total also gegeben durch den Staat für die (Eisenbahn): 139 034 000. Der(Eisenbahn-Fondsyhat vorgeschossen 60Mill. mehr als er erhalten hat. Der (Fiskus) - 37 800 000 mehr als er erhalten. Die (Schulden der Eisenbahn an den Fiskus) haben sich vermehrt um 39 500 000 etc. Januar 1878 betrugen alle (Schulden) an den (Fiskus): 469 900 000Rubel. Die (Schulden der Bauern) =32,5 Mill = 6,9%. Die (Schulden der Eisenbahn) = 315500000 = 67% oder 57%(aller Staatsrevenuen). III. Banken. Außer (durch die Regierung) die (Eisenbahn unterstützt) durch die (Banken). Bis 1864 gab es nur (staatliche Kreditinstitute). 1864 das erste (private Kreditinstitut); seit der Zeit rasen vermehrt, (zogen sie beträchtliche Summen auf den laufenden Konten befristet und unbefristetverzinslich an. Man mußte diese Summen vorschießen;) da erschienen (Aktiengesellschaften); an der Spitze aller dieser (Gesellschaften) die der (Eisenbahnen). Das Kapital aller Aktien (der Gesellschaften) und Obligationen (gegen) 1877 = 2043 Mill (Rubel). Die (Eisenbahnen) davon 67,91% = 1388 Mill. Rbl. (Bis 1864 haben die Staatsbank und die Filialen auf die öffentlichen Fonds, Aktien und Obligationen 18,6 Mill vorgeschossen. Bis) 1877 haben alle (Banken auf die öffentlichen Fonds, Aktien und Obligationen 360 Mill vorgeschossen, was eine Erhöhung von 2007% bedeutet). Man kann aus (den Bankberichten) nicht sehn, wieviel von diesen (Vorschüssen) auf die (Eisenbahn) kommt. Doch kennt Danielson Fälle,
wo (der Regierung) ein Teil (de? Papiere einer Eisenbahngesellschaft) gehörte, während eine Privatkreditgesellschaft ihre (Vorschüsse) machte für den Rest der Aktien. Doch geschah es, daß die (Eisenhahnunternehmen), deren Einkommen nicht garantiert durch Regierung, keinen Profit abwarfen. In diesem Fall kommt die Staatsbank zur Hülfe den Privatbanken, (wo diese Aktien deponiert sind, indem sie Vorschüsse darauf gibt oder sie aufkauft). (iStaatsbank> nie (ohne Mittel; der Fiskus) z.B. pumpt von Bank, ohne sich um ihren Kassenbestand zu kümmern; die Bank, ihrerseits, (erhöht die produktivste Fabrikation der Welt. Die Kreditscheine, die auf diese Weise emittiert wurden, figurieren in der Bankbilanz unter Nr. 18 (Bilanz vom 1 .Januar 1879 = 467 850 000; dazu die Kreditscheine, die in der Bilanz unter Nr. 1 figurieren) = 720 265 000; so Totalsumtne dieser (im Umlauf befindliehen Kreditscheine> = 1188 000 000 Rubel). IV. Revenue der Eisenbahnen. Für das Jahr 1877 noch keine vollständige Statistik der Eisenbahnen erschienen. In den vorhergehenden Jahren (die Gesami-Revenue> beständig wachsend; war: 1865 24 Millionen, 1877 190 Millionen, 1878 220 Millionen (geschätzt), so daß (sich die Gesami-Revenue von jeder Werst um 17% erhöht hat, während die Netto-Revenue von jeder Werst sich verringerte>. Dennoch betrug die Netto-Revenue der letzten Jahre 48-52 Millionen jährlich; d.h. wenn die ganze Revenue (der Eisenbahnen an den Fiskus zurückflösse, würde sich das Defizit der Eisenbahnen beträchtlich verringert haben). Aber der ganze Profit (fließt den Privatpersonen zu) und die ganze Last des Defizits fällt auf den (Fiskus). Welchen Profit hat also (die Regierung) von diesen ungeheuren Ausgaben? Sie haben zum Resultat beträchtliche Entwicklung des Handels, wozu zugleich mitwirkten die (Kreditbanken) und (die Hypothekenbanken), gestiftet in dieser selben Epoche. V. Banken; Kommerzielle Klassen (Ausfuhr von (Getreide) etc.). Alle Depositen (zuZinsen) und Kontokorrent der Staatsbank und ihrer Filialen 1864-262 Millionen Rubel, wovon 42 Mill. angewandt zum Profit des Handels, nämlich: 23 Mill. für Wechsel 18 Mill. für (Vorschüsse auf Staatspapiere, Aktien, Obligationen etc.)
1877: 723,8 Mill. in allen Kreditinstitutionen, Vermehrung von 175%. Davon360Mill. für ( Vorschüsse) auf (Aktien}, Obligationen, (öffentlicheFonds), für 489Mill. für Wechseldiskontierung>, Vermehrung von 1900%. Der wichtigste Handelszweig: Getreidehandel; rascheste Entwicklung desselben. 1864 ... 9,25 Mill. Tschetwert nach Europa exportiert für 54,7 Mill. Rbl. (Wert) aller exportierten Waren = 164,9 Mill. Rbl. (Wert des exportierten Getreides) = etwa 33 % des ganzen Exports. 1877 ... 30,5 Mill. Tschetwert exportiert = 264 Mill. Rbl. (Wert aller exportierten Waren) = 508 Mill. Rbl. (Wert des Getreides) = 51,8% des ganzen Exports. (Wert des Getreides nahm um 382 % zu. Die Zahl der Tschetwerts um 241 %.) (Gleichzeitig) überstieg der (Wert des Getreides) den Wert des Gesamtexports von 1864 um 100 Mill. Rbl. 1869 beförderten die Eisenbahnen 149 Mill. Pud Getreide — 33,4% aller ihrer Frachten. 1877 ...547,8Mill.Pud(Getreide) = 41,28% (allerFrachten), Neben (Getreide) Hauptexportartikel: Vermehrung % 1864 ...(Vieh für 1 821 000 Rbl. 1877 für 15 724 000Rbl. 763% „ ...Leinen „ 15985000Rbl. „ „ 67690 000 „ 323% w ...Hanf) „ 8993000Rbl. „ „ 16820000 „ 87% Eingeführt (Baumwolle) [1864] 21 824 000 Rbl.; importiert (Baumwolle) [1877] 35 500 000 [Rbl.] 62% Vi. (Hypothekenkreditinstitutionen.) 1864 in den (alten Hypothekenkreditinstituten Schulden) für 395,5 Mill. Rbl. wovon beträchtlicher Teil auf Bauernf ielf ür (Loskauf von Landanteilen). (Hypothekenschulden der russischen Eigentümer (Polen) und Ostseeprovinzen) a) (Hypothekenschulden in den alten Kreditinstituten) bis 1874.... 99 614 000 b) Die (Hypothekenkreditgesellschaften haben geliehen bis 1874 102 692 000 c) die Hypothekenbanken) 63 668 000 d) die (Kreditbanken auf Gegenseitigkeit) (?) 7 182 000 273 156 000
Dagegen 1877 dieselben Institute suba) 73 393 000 b) 163 505 000 c) 118 322000 d) 11 250000 366 470 000 Rbl. VII. Nebmen wir nun alle die Kreditinstitute (und Eisenbahnen) und sehen, welche Summe sie angezogen haben, und wie sie gruppiert um 1877: Folglich im Lauf von 3 Jahren den Schulden (Bauern ausgeschlossen) zugesetzt: 34%.
1. 2. 3. 4. (Griindwigskapital
Rbl.
% Verzinsliche Depositen etc.
Pfandbriefe der HypothekenkreditgesellSchäften
Obligationen
Kreditinstitute 167778800 18,8 723790000
Hypothekeninstitute bis 1878 27753000
5,6
6848000 460000000
Eisenbahnen bis 1878 474185000
34,3
669726000 25 915706000)
D[anieison] rechnet die Schulden der verschiedenen Gesellschaften sub 2,3 und 4 zusammen = 2 006 440 000 Rubel, macht aber 2106 344 000. Für die <Kreditinstitute Kapitalverpflichtungen im Vergleich zum Kapital} =81,2% für die (Hypothekeninstitute — 94,4 % Eisenbahnen) = 65,97%
Geschrieben Ende 1881 bis 1882. Nach der Handschrift.
Friedrich Engels Zur Urgeschichte der Deutschen^501
Cäsar und Tacitus
Die Deutschen sind keineswegs die ersten Bewohner des jetzt von ihnen eingenommenen Landes.* Wenigstens drei Racen sind ihnen vorhergegangen. Die ältesten Spuren des Menschen in Europa finden sich in einigen Schichten Südenglands, deren Alter bis jetzt nicht genau festzustellen ist, die aber wahrscheinlich zwischen die beiden Vergletscherungsperioden der sog. Eiszeit fallen. Nach der zweiten Gletscherperiode, mit dem allmählich wärmer werdenden Klima, tritt der Mensch über ganz Europa, Nordafrika und Vorderasien bis nach Indien hinein auf, in Gemeinschaft mit den ausgestorbenen großen Dickhäutern (Mammut, gradzahniger Elefant, wolliges Rhinozeros) und Raubtieren (Höhlenlöwe, Höhlenbär) wie mit noch lebenden Tieren (Renntier, Pferd, Hyäne, Löwe, Bison, Auerochs). Die dieser Zeit angehörigen Werkzeuge weisen auf eine sehr niedrige Kulturstufe hin: ganz rohe Steinmesser, birnförmige, steinerne Hacken oder Äxte, die ohne Stiel gebraucht wurden, Schabmesser zum Reinigen von Tierhäuten, Bohrer, alles von Feuerstein, etwa die Entwicklungsstufe der jetzigen Eingebornen Australiens andeutend. Die bis jetzt gefundenen Knochenreste erlauben keinen Schluß auf den Körperbau dieser Menschen, deren weite Verbreitung und überall gleichförmige Kultur auf eine sehr lange Dauer dieser Periode schließen läßt. Was aus diesen frühpaläolithischen Menschen geworden, wissen wir nicht. In keinem der Länder, wo sie aufgetreten, auch in Indien nicht, sind Menschenracen erhalten, die als ihre Vertreter in der heutigen Menschheit gelten können. In den Höhlen Englands, Frankreichs, der Schweiz, Belgiens und Süd
* Ich folge hier vorwiegend Boyd Dawkins, „Early Man in Britain", London 1880.
deutschlands finden sich die Werkzeuge dieser untergegangenen Menschen meist nur in den untersten Schichten des abgelagerten Bodens. Über dieser untersten Kulturschicht, und häufig von ihr getrennt durch eine dickere oder dünnere Lage Tropfstein, findet sich eine zweite, Werkzeuge führende Ablagerung. Diese, einem späteren Zeitabschnitt angehörigen Werkzeuge sind bereits weit geschickter gearbeitet und auch in ihrem Material mannigfacher. Die Steininstrumente sind zwar noch nicht poliert, aber doch schon zweckmäßiger in Anlage und Ausführung; daneben finden sich Pfeil- und Speerspitzen von Stein, Renntierhorn, Knochen; Dolche und Nähnadeln von Bein oder Geweih, Halsgeschmeide von durchbohrten Tierzähnen etc. Auf einzelnen Stücken finden wir teilweise sehr lebendige Zeichnungen von Tieren, Renntieren, Mammut, Auerochse, Seehund, Walfisch, auch Jagdszenen mit nackten Menschen, selbst Anfänge von Skulptur in Horn. Treten die frühpaläolithischen Menschen in Begleitung von Tieren auf, die vorwiegend südlicher Herkunft waren, so erscheinen neben den spätpaläolithischen Tiere nordischen Ursprungs: zwei noch lebende nordische Bärenarten, der Polarfuchs, Vielfraß, die Schnee-Eule. Mit diesen Tieren sind auch diese Menschen wahrscheinlich von Nordosten her eingewandert, und ihre letzten Reste in der heutigen Welt scheinen die Eskimos zu sein. Die Werkzeuge beider stimmen nicht nur im einzelnen, sondern auch in der Gesamtgruppe vollständig zusammen; die Zeichnungen ebenfalls; die Nahrung beider wird von fast genau denselben Tieren geliefert; die Lebensweise, soweit wir sie für die untergegangene Race feststellen können, stimmt genau zusammen. Auch diese Eskimos, die bis jetzt nur nördlich von den Pyrenäen und Alpen nachgewiesen, sind vom europäischen Boden verschwunden. Wie die amerikanischen Rothäute noch im vorigen Jahrhundert die Eskimos durch einen unerbittlichen Vernichtungskrieg nach dem äußersten Norden zurückdrängten, so scheint auch in Europa die nun auftretende neue Race sie allmählich zurückgetrieben und endlich ausgerottet zu haben, ohne sich mit ihnen zu vermischen. Diese neue Race kam, wenigstens im westlichen Europa, von Süden; sie drang wahrscheinlich von Afrika nach Europa zur Zeit, wo beide Weltteile sowohl bei Gibraltar wie bei Sizilien noch durch Land verbunden waren. Sie stand auf einer bedeutend höheren Kulturstufe als ihre Vorgänger. Sie kannte den Ackerbau; sie hatte Haustiere (Hund, Pferd, Schaf, Ziege, Schwein, Rindvieh). Sie kannte die Handtöpferei, das Spinnen und Weben. Ihre Werkzeuge waren zwar noch von Stein, aber schon mit großer Sorgfalt gearbeitet und meistenteils glatt geschliffen (sie werden als neo
lithische von denen der früheren Perioden unterschieden). Die Äxte haben Stiele und werden damit zum ersten Mal zum Holzfällen brauchbar; damit wird es möglich, Baumstämme zu Booten auszuhöhlen, auf denen man zu den jetzt durch allmähliche Bodensenkung vom Festland getrennten britischen Inseln überfahren konnte. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern bestatteten sie ihre Toten sorgfältig; es sind uns daher Skelette und Schädel genug erhalten, um über ihren Körperbau urteilen zu können. Die langen Schädel, die kleine Statur (Durchschnitt der Weiber etwa 1,46, der Männer 1,65 Meter), die niedrige Stirn, die Adlernase, die starken Brauen und schwachen Backenknochen und mäßig entwickelten Kinnbacken weisen auf eine Race hin, als deren letzte heutige Vertreter die Basken erscheinen. Die neolithischen Einwohner nicht nur Spaniens, sondern auch Frankreichs, Britanniens und des ganzen Gebiets mindestens bis an den Rhein, sind nach aller Wahrscheinlichkeit iberischer Race gewesen. Auch Italien wurde vor Ankunft der Arier11871 von einer ähnlichen kleinen, schwarzhaarigen Race bewohnt, über deren nähere oder entferntere Verwandtschaft zu den Basken heute schwer zu entscheiden ist. Virchow verfolgt diese langen Baskenschädel bis tief nach Norddeutschland und Dänemark hinein1251und die ältesten neolithischen Pfahlbauten des nördlichen Alpenabhangs gehören ihnen ebenfalls an. Andrerseits erklärt Schaafhausen eine Reihe nächst des Rheins gefundener Schädel für entschieden finnisch, speziell lappischI252J, und kennt die älteste Geschichte als nördliche Grenznachbarn der Deutschen in Skandinavien, der Litauer und Slawen in Rußland nur Finnen. Diese beiden kleinen, dunkelhaarigen Racen, die eine von jenseits des Mittelmeers, die andre direkt aus Asien nördlich vom Kaspischen Meer her eingewandert, scheinen hiernach in Deutschland zusammengestoßen zu sein. Unter welchen Umständen, bleibt vollständig im dunkeln. Auf diese verschiednen Einwanderungen folgt endlich, auch noch in vorgeschichtlicher Zeit, die des letzten großen Hauptstamms, der Arier, der Völker, deren Sprachen sich um die altertümlichste unter ihnen, um das Sanskrit, gruppieren. Die frühesten Einwanderer waren die Griechen und Lateiner, die die beiden südöstlichen Halbinseln Europas in Besitz nahmen; daneben wohl die jetzt verschollenen Skythen, Bewohner der Steppen nördlich des Schwarzen Meers, dem medisch-persischen Stamm wohl zunächst verwandt. Dann folgten die Kelten. Von ihrem Wanderzug wissen wir nur, daß er nördlich des Schwarzen Meers erfolgte und durch Deutschland ging. Ihre vordersten Massen drangen nach Frankreich, eroberten das Land
bis an die Garonne und unterwarfen selbst einen Teil des westlichen und mittleren Spaniens. Das Meer hier, der Widerstand der Iberer dort brachte sie zum Stehen, während hinter ihnen von beiden Seiten der Donau her andre keltische Stämme noch nachdrängten. Hier, am äußersten Ozean und an den Donauquellen, kennt sie Herodot. Sie müssen aber schon bedeutend früher eingewandert sein. Die Gräber und sonstigen Funde aus Frankreich und Belgien beweisen, daß die Kelten, als sie das Land in Besitz nahmen, noch keine metallnen Werkzeuge kannten; dagegen treten sie in Britannien von Anfang an mit Bronzewerkzeugen auf. Zwischen der Eroberung Galliens und dem Zug nach Britannien muß also eine gewisse Zeit verflossen sein, während deren die Kelten durch Handelsverbindungen mit Italien und Marseille die Bronze kennenlernten und bei sich einführten. Inzwischen drängten die hinteren Keltenvölker, selbst von den Deutschen gedrängt, immer stärker nach; vorn waren die Auswege versperrt, und so entstand ein Rückstrom in südöstlicher Richtung, wie wir ihn später bei den germanischen und slawischen Völkerzügen wiederfinden. Keltenstämme überstiegen die Alpen, überzogen Italien, die thrakische Halbinsel und Griechenland und fanden teils ihren Untergang, teils feste Sitze in der Po-Niederung und in Kleinasien. Die Masse des Stammes finden wir um jene Zeit (-400 bis -300 *) in Gallien bis zur Garonne, in Britannien und Irland und nördlich der Alpen, zu beiden Seiten der Donau, bis an den Main und das Riesengebirge, wo nicht darüber hinaus. Denn, wenn auch die keltischen Berg- und Flußnamen in Norddeutschland weniger häufig und unbestritten sind als im Süden, so ist doch nicht anzunehmen, daß die Kelten den schwierigeren Weg durch das gebirgige Süddeutschland allein gewählt haben sollen, ohne zugleich den bequemeren durch die offene norddeutsche Ebene zu benutzen. Die keltische Einwanderung verdrängte die vorgefundnen Einwohner nur zum Teil; namentlich im Süden und Westen Galliens machten diese auch jetzt noch die Mehrzahl der Bevölkerung aus, wenn auch als unterdrückte Race, und haben der jetzigen Bevölkerung ihren Körperbau vererbt. Daß sowohl Kelten wie auch Germanen in ihren neuen Sitzen über eine vorgefundne dunkelhaarige Bevölkerung herrschten, geht aus der bei beiden bestehenden Sitte des Gelbfärbens der Haare mit Seife hervor. Helles Haar war Zeichen der herrschenden Race, und wo dies infolge von Racenmischung verlorenging, da mußte eben die Seife nachhelfen.
* Ich bezeichne die Jahreszahlen vor unsrer Zeitrechnung der Kürze halber nach mathematischer Art mit dem Minuszeichen (—).
Den Kelten folgten die Deutschen; und hier können wir den Zeitpunkt der Einwanderung wenigstens annähernd mit einiger Wahrscheinlichkeit bestimmen. Sie begann schwerlich lange vor dem Jahre -400 und war zur Zeit Cäsars noch nicht ganz vollendet. Um das Jahr -325 gibt uns Pytheas' Reiseberichtf253J die erste authentische Kunde von Deutschen. Er fuhr von Marseille nach der Bernsteinküste und erwähnt dort Guttonen und Teutonen, unzweifelhaft deutsche Völker. Wo aber lag die Bernsteinküste? Die gewöhnliche Vorstellung kennt freilich nur die ostpreußische, und wenn als Nachbarn jener Küste Guttonen genannt werden, so stimmt das allerdings. Aber die von Pytheas gegebnen Abmessungen stimmen nicht zu dieser Gegend, während sie ziemlich gut passen für die große Bucht der Nordsee zwischen der norddeutschen Küste und der cimbrischen Halbinsel. Dorthin passen auch die ebenfalls als Nachbarn genannten Teutonen. Dort - an der Westseite Schleswigs und Jütlands - ist auch eine Bernsteinküste; Ringkjöbing treibt heute noch einen ziemlichen Handel mit dort gefundenem Bernstein. Auch erscheint es äußerst unwahrscheinlich, daß Pytheas so früh schon so weit in ganz unbekannte Gewässer vorgedrungen sei, und noch mehr, daß in seinen so sorgfältigen Angaben die verwickelte Fahrt vom Kattegat bis Ostpreußen nicht nur ganz unerwähnt geblieben ist, sondern überhaupt nicht in sie hineinpaßt. Man müßte sich also ganz entschieden für die zuerst von Lelewel ausgesprochne Ansicht erklären, daß die Bernsteinküste des Pytheas an der Nordsee zu suchen sei, wäre es nicht wegen des Namens der Guttonen, die nur an die Ostsee gehören können. Dieses letzte Hindernis wegzuräumen, hat Müllenhoff einen Schritt getan; er hält die Lesart: Guttonen für verfälscht aus: Teutonen. Um 180 vor unsrer Zeitrechnung treten Bastarner, unzweifelhafte Deutsche, an der Unterdonau auf und erscheinen wenige Jahre später als Söldner im Heere des makedonischen Königs Perseus gegen die Römer die ersten Landsknechte. Es sind wilde Krieger: „Männer, nicht zum Ackerbau geschickt oder zur Schiffahrt, oder die von Herden ihren Unterhalt suchen, die im Gegenteil nur ein Werk und eine Kunst pflegen: stets zu kämpfen und zu überwinden, was sich ihnen entgegenstellt." Es istPlutarch, der uns diese erste Nachricht von der Lebensweise eines deutschen Volks gibt.t254] Auch diese Bastarner finden wir noch Jahrhunderte später nördlich von der Donau, wenn auch in westlicherer Gegend. Fünfzig Jahre später brechen Cimbern und Teutonen in das keltische Donaugebiet, werden von den in Böhmen wohnenden keltischen Bojern abgewiesen, ziehen in mehreren Haufen nach Gallien, bis in Spanien hinein, schlagen
ein römisches Heer nach dem andern, bis endlich Marius ihren fast zwanzigjährigen Wanderzügen ein Ende macht, indem er ihre sicher schon sehr geschwächten Scharen vernichtet: die Teutonen bei Aix in der Provence (-102) und die Cimbern bei Vercelli in Oberitalien (-101). Ein halbes Jahrhundert später traf Cäsar in Gallien auf zwei neue germanische Heerzüge; zuerst am Oberrhein den des Ariovist, in dem sieben verschiedne Völkerschaften, darunter Markomannen und Sueven, vertreten waren; bald darauf, am Niederrhein, den der Usipeter und Tenkterer, die, von den Sueven in ihren früheren Sitzen bedrängt, diese verlassen und nach dreijährigem Herumziehen den Rhein erreicht hatten. Beide Heerzüge erlagen der geordneten römischen Kriegsführung, die Usipeter und Tenkterer aber auch römischem Vertragsbruch. In den ersten Jahren des Augustus kennt Dio Cassius einen Einfall der Bastamer nach Thrakien; Marcus Crassus schlug sie am Hebrus (der heutigen Maritza). Derselbe Geschichtschreiber12551 erwähnt noch eines Zuges von Hermunduren, die um den Beginn unsrer Zeitrechnung ihre Heimat aus unbekannten Ursachen verlassen und vom römischen Feldherrn Domitius Ahenobarbus „in einem Teile des Landes der Markomannen "[2561 angesiedelt worden seien. Das sind die letzten Wanderzüge aus jener Epoche. Die Befestigung der römischen Herrschaft an Rhein und Donau schob ihnen auf längere Zeit einen Riegel vor; daß aber im Nordosten, jenseits der Elbe und des Riesengebirgs, die Völker noch lange nicht zu festen Sitzen gekommen waren, darauf deuten nur zu viele Zeichen. Diese Auszüge der Germanen bilden den ersten Akt jener Völkerwanderung, die, dreihundert Jahre lang durch römischen Widerstand aufgehalten, gegen Ende des dritten Jahrhunderts unwiderstehlich über die beiden Grenzströme brach, Südeuropa und Nordafrika überflutete und erst mit der Eroberung Italiens durch die Langobarden 568 ihr Ende erreichte - ihr Ende, soweit die Germanen dabei beteiligt waren, nicht aber die hinter ihnen noch längere Zeit in Bewegung bleibenden Slawen. Es waren buchstäblich Wanderungen von Völkern. Ganze Volksstämme oder doch starke Bruchteile derselben machten sich auf die Reise, mit Weib und Kind, mit Hab und Gut. Mit Tierfellen eingedeckte Wagen dienten zur Wohnung und zum Transport der Weiber und Kinder wie des dürftigen Hausrats; das Vieh wurde mitgetrieben. Die Männer gerüstet und geordnet zur Niederwerfung alles Widerstands, zur Abwehr von Überfällen; ein Kriegsmarsch am Tag, ein Kriegslager in der Wagenburg bei Nacht. Der Menschenverbrauch auf diesen Zügen, durch fortwährende Kämpfe, durch Mühsal, Hunger und Krankheiten muß ungeheuer gewesen sein. Es war
ein Abenteuer auf Tod und Leben. Gelang der Zug, so siedelte sich der übriggebliebne Teil auf fremdem Boden an; mißlang er, so verschwand der ausgezogne Stamm von der Erde. Was nicht im Gemetzel der Schlacht fiel, verkam in der Sklaverei. Die Helvetier und ihre Bundesgenossen, deren Wanderzug Cäsar hemmte, zogen aus mit 368 000 Köpfen, darunter 92 000 Waffenfähige; nach der Niederlage durch die Römer waren nur noch 110000 übrig, die Cäsar ausnahmsweise, aus politischen Gründen, in die Heimat zurücksandte. Die Usipeter und Tenkterer waren mit 180 000 Köpfen über den Rhein gegangen; sie kamen fast alle in der Schlacht und auf der Flucht um. Kein Wunder, daß da, während dieser langen Wanderzeit, ganze Volksstämme oft spurlos verschwinden. Dieser unsteten Lebensweise der Germanen entsprechen ganz die Zustände, die Cäsar am Rhein vorfand. Der Rhein war keineswegs scharfe Grenze zwischen Galhern und Deutschen. Belgisch-gallische Menapier hatten in der Gegend von Wesel Dörfer und Äcker auf dem rechten Rheinufer; dagegen war das linksrheinische Maasdelta von den germanischen Batavern besetzt, und um Worms bis gegen Straßburg wohnten germanische Vangionen, Triboker und Nemeter - ob seit Ariovist oder früher schon, ist unsicher. Die Belgier führten fortwährende Kriege mit den Deutschen, überall war noch strittiges Gebiet. Südlich vom Main und Erzgebirge wohnten damals noch keine Deutschen; die Helvetier waren erst kurz vorher von den Sueven aus dem Gebiet zwischen Main, Rhein, Donau und Böhmerwald vertrieben worden wie die Bojer aus Böhmen (Boihemum), das ihren Namen bis heute trägt. Die Sueven hatten aber das Land nicht besetzt, sondern in jene 600 römische (150 deutsche) Meilen lange Waldwüste verwandelt, die sie nach Süden hin decken sollte. Weiter östlich kennt Cäsar noch Kelten (Volker-Tektosagen) im Norden der Donau, da, wo Tacitus später deutsche Quaden nennt. Erst zu Augustus' Zeit führte Maroboduus seine suevischen Markomannen nach Böhmen, während die Römer den Winkel zwischen Rhein und Donau durch Verschanzung abschlössen und mit Galliern bevölkerten. Das Gebiet jenseits dieses Grenzwalls scheint dann von den Hermunduren besetzt. Es geht hieraus unzweifelhaft hervor, daß die Germanen durch die Ebene auf der Nordseite der Karpaten und der böhmischen Grenzgebirge nach Deutschland gezogen sind; erst nachdem das nördliche Flachland besetzt, trieben sie die südlicher im Gebirg wohnenden Kelten über die Donau. Auch die Lebensweise der Germanen, wie Cäsar sie schildert, beweist, daß sie noch keineswegs seßhaft in ihrem Lande waren. Sie leben hauptsächlich von der Viehzucht, von Käse, Milch und Fleisch, weniger von
Korn; Hauptbeschäftigung der Männer ist Jagd und Waffenübung. Sie treiben etwas Ackerbau, aber nur nebenbei und in waldursprünglichster Weise. Cäsar berichtet, sie hätten die Äcker nur ein Jahr lang bebaut und im folgenden stets neues Land unter den Pflug genommen .[2571 Es scheint Brandwirtschaft gewesen zu sein, wie noch jetzt im nördlichen Skandinavien und Finnland; der Wald - und außer dem Wald hatte man nur die damals für den Ackerbau nutzlosen Sümpfe und Torfmoore - wurde niedergebrannt, die Wurzeln notdürftig entfernt und mit dem vernarbten oberen Boden ebenfalls verbrannt; in den durch die Asche gedüngten Boden säte man das Korn. Aber selbst in diesem Fall wird Cäsars Angabe alljährlicher Erneuerung des Ackerlands nicht wörtlich zu nehmen und in der Regel auf einen gewohnheitsmäßigen Übergang zu Neuland, nach mindestens zwei oder drei Ernten, zu beschränken sein. Die ganze Stelle, die undeutsche Landteilung durch Fürsten und Beamte und besonders die den Germanen untergeschobnen Beweggründe für diesen raschen Wechsel atmen römische Vorstellungen. Dem Römer war dieser Landwechsel unerklärlich. Den rheinischen Deutschen, die schon im Übergang zur festen Ansiedlung begriffen, mochte er schon als überkommene Gewohnheit erscheinen, die mehr und mehr Zweck und Sinn verlor. Den inneren Deutschen, den eben erst am Rhein ankommenden Sueven, für die er auch hauptsächlich galt, war er dagegen noch wesentliche Bedingung einer Lebensweise, bei der das ganze Volk sich langsam voranschob, in der Richtung und mit der Geschwindigkeit, die der vorgefundne Widerstand zuließ. Auf diese Lebensweise ist auch ihre Verfassung zugeschnitten: Die Sueven teilen sich in hundert Gaue, deren jeder jährlich tausend Mann zum Heere stellt, während der Rest der Mannschaft daheim bleibt, Vieh und Äcker besorgt und im zweiten Jahr die Ausgezognen ablöst. Die Volksmasse mit Weib und Kind folgt dem Heer erst, sobald dies neues Gebiet erobert hat. Es ist schon ein Fortschritt zur Seßhaftigkeit, verglichen mit den Heerzügen der Cimbernzeit. Wiederholt kommt Cäsar auf die Sitte der Deutschen zurück, sich auf der Seite nach dem Feinde, d.h. nach jedem fremden Volk hin, durch breite Waldwüsten zu sichern. Es ist dies dieselbe Sitte, die noch bis ins späte Mittelalter herrscht. Die nordelbischen Sachsen schützte der Grenzwald zwischen Eider und Schlei (altdänisch Jarnwidhr) gegen die Dänen, der Sachsenwald von der Kieler Förde bis zur Elbe gegen die Slawen, und der slawische Name Brandenburg, Branibor, ist wieder nur Bezeichnung eines solchen Schutzwalds (tschechisch braniti - verteidigen, bor - Kiefer und Kiefernwald).
Über die Zivilisationsstufe der von Cäsar vorgefundnen Deutseben kann nach alledem kein Zweifel sein. Sie waren weit entfernt davon, Nomaden zu sein in dem Sinn, wie es die heutigen asiatischen Reitervölker sind. Dazu gehört die Steppe, und die Deutschen lebten im Urwald. Aber sie waren auch ebensoweit entfernt von der Stufe ansässiger Bauernvölker. Noch Strabo sagt von ihnen sechzig Jahre später: „Gemein ist allen diesen" (deutschen) „Völkerschaften die Leichtigkeit, mit der sie auswandern, wegen der Einfachheit ihrer Lebensart, weil sie nicht des Ackerbaus pflegen und keine Schätze sammeln; sondern sie leben in Hütten, die sie sich jeden Tag errichten, und nähren sich größtenteils vom Vieh wie die Nomaden, denen sie auch darin gleichen, daß sie ihre Habseligkeiten auf Wagen mit sich führen und mit ihren Herden dahin ziehen, wohin es sie gelüstet." Kenntnis des Ackerbaus hatten sie, wie die Sprachvergleichung beweist, schon aus Asien mitgebracht; daß sie diese nicht wieder vergessen hatten, zeigt Cäsar. Aber es war der Ackerbau, der halbnomadischen, langsam durch die mitteleuropäischen Waldebenen sich fortwälzenden Kriegerstämmen als Notbehelf und untergeordnete Lebensquelle diente. Es geht hieraus hervor, daß die Einwanderung der Deutschen in ihre neue Heimat zwischen Donau, Rhein und Nordmeer zu Cäsars Zeit noch nicht vollendet war oder sich doch eben erst vollendete. Daß zur Zeit des Pytheas Teutonen und vielleicht auch Cimbern die jütische Halbinsel, die vordersten Deutschen den Rhein erreicht haben mochten - wie die Abwesenheit aller Kunde von ihrer Ankunft schließen läßt -, steht dem durchaus nicht entgegen. Die nur mit dauernder Wanderung vereinbare Lebensweise, die wiederholten Züge nach West und Süd, endlich die Tatsache, daß Cäsar die größte ihm bekannte Masse, die Sueven, noch in voller Bewegung fand, lassen nur einen Schluß zu: Offenbar haben wir hier die letzten Momente der großen germanischen Einwanderung in ihren europäischen Hauptsitz fragmentarisch vor uns. Es ist der römische Widerstand am Rhein und später an der Donau, der dieser Wanderung ein Ziel setzt, die Deutschen auf das nunmehr besetzte Gebiet einschränkt und sie damit zwingt, feste Wohnsitze zu nehmen. Im übrigen waren unsre Vorfahren, wie Cäsar sie sah, rechte Barbaren. Kaufleute lassen sie nur ins Land, damit sie jemand haben, der ihnen die Kriegsbeute abkauft, sie selbst kaufen ihnen fast nichts ab; was hätten sie denn auch Fremdes nötig? Sogar ihre schlechten Ponys ziehn sie den schö-, nen und guten gallischen Pferden vor. Wein aber lassen die Sueven überhaupt nicht ins Land, weil er verweichliche. Da waren doch ihre bastarnischen Vettern zivilisierter; auf jenem Einfall nach Thrakien schickten sie
Gesandte an Crassus, der diese betrunken machte, ihnen die nötigen Nachrichten über Stellung und Absichten der Bastarner abfrug und diese dann in einen Hinterhalt lockte und vernichtete. Noch vor der Schlacht auf dem Idisiavisus (16 unsrer Zeitrechnung) schildert Germanicus seinen Soldaten die Deutschen als Leute ohne Panzer oder Helm, nur mit Schilden von Weidengeflecht oder schwachen Brettern bewehrt, und nur das erste Glied habe wirkliche Lanzen, die hinteren nichts als im Feuer gehärtete und gespitzte Stangen. Metallbearbeitung war den Anwohnern der Weser also noch kaum bekannt, und die Römer werden wohl dafür gesorgt haben, daß die Kaufleute keine Waffen nach Deutschland einschleppten. Reichlich anderthalb Jahrhunderte nach Cäsar gibt uns Tacitus seine berühmte Beschreibung der Deutschen. Hier sieht schon vieles ganz anders aus. Bis an die Elbe und darüber hinaus sind die unsteten Stämme zur Ruhe, zur festen Ansiedlung gekommen. Von Städten ist freilich noch lange keine Rede; die Niederlassungen erfolgen teils in Dörfern, die hier aus Einzelhöfen, dort aus zusammenliegenden Höfen bestehn, aber auch in diesen ist jedes Haus für sich gebaut, umgeben von einem freien Raum. Die Häuser noch ohne Bruchsteine und Dachziegel, roh gezimmert aus unbehauenen Stämmen (materia informi muß dies hier bedeuten, im Gegensatz zu caementa und tegulae); Blockhäuser, wie noch im nördlichen Skandinavien, aber doch schon nicht mehr Hütten, die man in einem Tage bauen kann, wie bei Strabo. Auf die Ackerverfassung kommen wir später zurück. Auch haben die Deutschen schon unterirdische Vorratskammern, eine Art Keller, in denen sie sich im Winter der Wärme halber aufhielten und wo nach Plinius die Weiber Weberei trieben. Der Ackerbau ist also schon wichtiger; doch ist Vieh noch immer Hauptreichtum; es ist zahlreich, aber von schlechter Race, die Pferde häßlich und keine Renner, die Schafe und Rinder klein, letztere ohne Hörner. Bei der Nahrung wird Fleisch, Milch, wilde Äpfel aufgeführt, kein Brot. Die Jagd wird nicht mehr viel betrieben, der Wildstand war also seit Cäsar schon bedeutend verringert. Auch die Kleidung ist noch sehr ursprünglich, bei der Masse eine grobe Decke, sonst nackt (fast wie bei den Zulukaffern), doch bei den Reichsten schon eng anschließende Kleider; Tierfelle werden auch verwandt; auch die Weiber tragen sich ähnlich wie die Männer, doch haben sie schon häufiger leinene Gewänder ohne Ärmel. Die Kinder laufen alle nackt umher. Lesen und Schreiben ist unbekannt, doch deutet eine Stelle darauf hin, daß die von den lateinischen Schriftzeichen entlehnten, in Holzstäbe eingeschnittenen Runen den Priestern schon gebräuchlich waren. Gold und Silber ist den inneren Deutschen gleichgültig, den Fürsten und Gesandten von Römern geschenkte Silber
gefäße dienen demselben gemeinen Gebrauch wie irdene. Der geringe Handelsverkehr ist einfacher Tausch. Die Männer haben noch ganz die allen Urvölkern gemeinsame Gewohnheit, Arbeit in Haus und Feld den Weibern, Greisen und Kindern als unmännlich zu überlassen. Dagegen haben sie zwei zivilisierte Sitten angenommen: den Trunk und das Spiel, und betreiben beides mit der ganzen Maßlosigkeit jungfräulicher Barbaren, das Spiel bis zum Verwürfeln der eigenen Person. Thr Trunk, im Innern, ist Gersten- oder Weizenbier; wäre der Schnaps schon erfunden gewesen, die Weltgeschichte hätte wohl einen andern Verlauf genommen. An den Grenzen des römischen Gebiets sind noch weitere Fortschritte gemacht: Man trinkt importierten Wein; man hat sich schon einigermaßen ans Geld gewöhnt, wobei natürlich dem für beschränkten Austausch handlicheren Silber und nach Barbarensitte Münzen mit altbekanntem Gepräge der Vorzug gegeben wird. Wie sehr diese Vorsicht begründet war, wird sich zeigen. Handel mit den Germanen wurde nur am Rheinufer selbst betrieben; nur die über dem Pfahlgraben sitzenden Hermunduren gehn schon in Gallien und Rhätien Handels halber aus und ein. Zwischen Cäsar und Tacitus fällt also der erste große Abschnitt in der deutschen Geschichte: der endliche Übergang vom Wanderleben zu festen Wohnsitzen, wenigstens für den größeren Teil des Volks, vom Rhein bis weit über die Elbe hinaus. Die Namen der einzelnen Stämme fangen an, mehr oder weniger, mit bestimmten Landstrichen zu verwachsen. Bei den widersprechenden Nachrichten der Alten und bei den schwankenden und wechselnden Namen ist es jedoch oft unmöglich, jedem einzelnen Stamm einen sichern Wohnsitz zuzuweisen. Es würde dies uns auch zu weit abführen. Hier genügt die allgemeine Angabe, die wir bei Plinius linden: „Es gibt fünf Hauptstämme der Deutschen: die Vindiler, zu denen die Burgundionen, Variner, Cariner, Guttonen gehören; den zweiten Stamm bilden die Ingävonen, davon die Cimbern, Teutonen und die chaukischen Völker einen Teil ausmachen. Zunächst am Rhein wohnen die Iskävonen, darunter die Sigamber. Mitten im Lande die Hermionen, darunter die Sueven, Hermunduren, Chatten, Cherusker. Den fünften Stamm bilden die Peuldner und Bastarner, die an die Daken grenzen." Dazu kommt dann noch ein sechster Zweig, der Skandinavien bewohnt: die Hillevionen. Von allen Nachrichten der Alten stimmt diese am besten mit den späteren Tatsachen und den uns erhaltenen Sprachresten. Die Vindiler umfassen die Völker gotischer Zunge, die die Ostseeküste zwischen Elbe und Weichsel bis tief ins Land hinein besetzt hielten; jenseits
der Weichsel saßen um das Frische Haff die Guttonen (Goten). Die spärlichen erhaltenen Sprachreste lassen nicht den geringsten Zweifel, daß die Vandalen (die jedenfalls zu Plinius' Vindilern gehören müßten, da er ihren Namen auf den ganzen Hauptstamm überträgt) und die Burgunder gotische Dialekte sprachen. Bedenken erregen könnten nur die Warner (oder Variner), die man, auf Nachrichten aus dem 5. und 6. Jahrhundert fußend, gewohnt ist, zu den Thüringern zu stellen; von ihrer Sprache wissen wir nichts. Der zweite Stamm, der der Ingävonen, umfaßt die Völker zunächst friesischer Zunge, die Bewohner der Nordseeküste und der cimbrischen Halbinsel, und höchstwahrscheinlich auch diejenigen sächsischer Zunge zwischen Elbe und Weser, in welchem Fall die Cherusker auch dazu zu rechnen wären. Die Iskävonen zeichnen sich durch die zu ihnen gezognen Sigamber sofort als die späteren Franken, die Bewohner des rechten Rheinufers vom Taunus abwärts bis an die Quellen der Lahn, Sieg, Ruhr, Lippe und Ems, nördlich von Friesen und Chauken begrenzt. Die Hermionen oder, wie Tacitus sie richtiger nennt, Herminonen sind die späteren Hochdeutschen; die Hermunduren (Thüringer), Sueven (Schwaben und Markomannen, Baiern), Chatten (Hessen) usw. Die Cherusker sind ganz unzweifelhaft durch einen Irrtum hierher geraten. Es ist der einzige sichre Irrtum in dieser ganzen Aufstellung des Plinius. Der fünfte Stamm, Peukiner und Bastarner, ist verschollen. Ohne Zweifel stellt ihn Jakob Grimm mit Recht zum gotischen. Endlich der sechste, hillevionische Stamm umfaßt die Bewohner der dänischen Inseln und der großen skandinavischen Halbinsel. Die Einteilung des Plinius entspricht also mit einer überraschenden Genauigkeit der Gruppierung der später wirklich auftretenden deutschen Mundarten. Wir kennen keine Dialekte, die nicht unter Gotisch, FriesischNiedersächsisch, Fränkisch, Hochdeutsch oder Skandinavisch gehörten, und wir können diese Einteilung des Plinius auch heute noch als mustergültig anerkennen. Was etwa dagegen zu sagen wäre, untersuche ich in der Anmerkung über die deutschen Stämme.1 Die ursprüngliche Einwanderung der Deutschen in ihre neue Heimat hätten wir uns also ungefähr so vorzustellen, daß in erster Linie, mitten in der norddeutschen Ebene, zwischen den südlichen Gebirgen und der Ostund Nordsee, die Iskävonen vorgedrungen sind, dicht hinter ihnen, aber näher der Küste, die Ingävonen. Diesen scheinen die Hillevionen gefolgt,
aber nach den Inseln abgebogen zu sein. Auf diese wären Goten (des Plinius Vindiler) gefolgt, unter Zurücklassung der Peukiner und Bastarner im Südosten; der gotische Name in Schweden ist Zeuge dafür, daß einzelne Zweige sich der Wanderung der Hillevionen anschlössen. Endlich, südlich von den Goten, die Herminonen, die, wenigstens größtenteils, erst zu Cäsars und selbst Augustus' Zeit in die Wohnsitze einrücken, die sie bis zur Völkerwanderung behaupten.1
Die ersten Kämpfe mit Rom
Seit Cäsar standen Römer und Deutsche einander am Rhein, seit der Unterwerfung von Rhätien, Noricum und Pannonien durch Augustus an der Donau gegenüber. In Gallien hatte sich inzwischen die römische Herrschaft festgesetzt; ein Heerstraßennetz war durch Agrippa über das ganze Land gezogen, Festungen waren gebaut, eine neue Generation, im römischen Joch geboren, war herangewachsen. Gallien, durch die unter Augustus gebauten Alpenstraßen über den Kleinen und Großen Bernhard in direkteste Verbindung mit Italien gebracht, konnte als Basis dienen für die Eroberung Germaniens vom Rhein her. Diese mit den am Rhein lagernden acht Legionen zu vollenden, übertrug Augustus seinem Stiefsohn (oder wirklichen Sohn?) Drusus. Vorwand boten fortwährende Reibereien der Grenzbewohner, Einfälle der Deutschen nach Gallien sowie eine angebliche oder wirkliche Verschwörung der unzufriedenen Belgier mit den Sigambern, nach welcher diese den Rhein überschreiten und einen allgemeinen Aufstand bewirken sollten. Drusus versicherte sich (-12) der belgischen Häuptlinge, ging dicht an der Batavischen Insel, oberhalb des Rheindeltas, über den Strom, verheerte das Gebiet der Usipeter und teilweise das der Sigamber, schiffte dann den Rhein hinab, zwang die Friesen, ihm Hülfstruppen zu Fuß zu stellen, und fuhr mit der Flotte die Küste entlang bis in die Emsmündung hinein, um die Chauken zu bekriegen. Hier aber setzten seine römischen, der Gezeiten ungewohnten Seeleute die Flotte bei der Ebbe auf den Grund; nur durch die Hülfe der mit der Sache besser bekannten friesischen Bundestruppen brachte er sie wieder los und kehrte heim. Dieser erste Feldzug war nur eine große Rekognoszierung. Im folgenden Jahr (-11) begann er die wirkliche Eroberung. Er überschritt den Rhein
1 In der Handschrift mit Bleistift eingefügt: »Folgt Kapitel über die Agrarverfassung und Kriegsverfassung."
wiederum unterhalb der Lippemündung, unterwarf die hier wohnenden Usipeter, überbrückte die Lippe und brach in das Gebiet der Sigamber ein, die grade gegen die Chatten zu Felde lagen, weil diese sich dem Bund gegen die Römer unter sigambrischer Führung nicht anschließen wollten. Dann legte er am Zusammenfluß der Lippe und des Eliso ein festes Lager an (Aliso) und zog sich, als der Winter nahte, wieder über den Rhein zurück. Auf diesem Rückzug in einer engen Talschlucht von den Deutschen überfallen, entging sein Heer nur mit genauer Not der Vernichtung. Auch legte er in diesem Jahr ein andres verschanztes Lager an „im Lande der Chatten, fast am Rhein"I260J. Dieser zweite Feldzug des Drusus enthält schon den ganzen Eroberungsplan, wie er seitdem konsequent befolgt wurde. Das zunächst zu erobernde Gebiet ist ziemlich scharf abgegrenzt: das iskävonische Binnenland bis an die Grenze der Cherusker und Chatten und der dazugehörige Küstenstrich bis zur Ems, womöglich bis zur Weser. Die Hauptarbeit zur Unterwerfung des Küstenlands fällt der Flotte zu. Im Süden dient als Operationsbasis das von Agrippa gegründete und von Drusus erweiterte Mainz, in dessen Nachbarschaft wir das „im Lande der Chatten" angelegte Kastell (man sucht es neuerdings in der Saalburg bei Homburg) zu suchen haben. Von hier aus führt der Lauf des Untermains in das offene Gelände der Wetterau und der oberen Lahngegend, dessen Besetzung Iskävonen und Chatten voneinander trennt. Im Zentrum der Angriffsfront bietet das ebene, von der Lippe durchflössen Land und namentlich der flache Höhenrücken zwischen Lippe und Ruhr der römischen Hauptmacht die bequemste Operationslinie, durch deren Besitznahme sie das zu unterwerfende Gebiet in zwei ungefähr gleiche Stücke und gleichzeitig die Brukterer von den Sigambern trennt; eine Stellung, von der aus sie links mit der Flotte zusammenwirken, rechts mit der aus der Wetterau debouchierenden Kolonne das iskävonische Schiefer-? gebirgsland isolieren und in der Front die Cherusker im Zaum halten kann. Das Kastell Aliso bildet den äußersten befestigten Stützpunkt dieser Operationslinie: es lag nahe den Lippequellen, entweder Elsen bei Paderborn, am Einfluß der Alme in die Lippe, oder bei Lippstadt, wo neuerdings ein großes römisches Kastell aufgedeckt. Im folgenden Jahr (-10) verbanden sich die Chatten, die gemeinsame Gefahr einsehend, endlich mit den Sigambern. Aber Drusus überzog und zwang sie wenigstens teilweise zur Unterwerfung, Diese kann aber den Winter nicht überdauert haben, denn im nächsten Frühling (-9) überfällt er sie nochmals, dringt vor bis zu den Sueven (also wohl Thüringern - nach Florus und Orosius auch Markomannen, die damals noch nördlich des Erz
gebirgs wohnten), greift dann die Cherusker an, setzt über die Weser und kehrt erst an der Elbe um. Alles durchzogne Land hatte er verheert, aber überall heftigen Widerstand gefunden. Auf dem Rückweg starb er, dreißig Jahre alt, noch ehe er den Rhein erreicht. Zu obiger, dem Dio Cassius entlehnten Erzählung ergänzen wir aus Suetonius, daß Drusus den Kanal vom Rhein zur Ijssel graben ließ, vermittelst dessen er seine Flotte durchs Friesenland und den Flevo (Vliestrom - jetziges Fahrwasser aus der Südersee zwischen Vlieland und Terschelling) in die Nordsee führte; aus Florus, daß er den Rhein entlang über fünfzig Kastelle und bei Bonn eine Brücke errichtete und ebenso die Maaslinie befestigte, also die Stellung der rheinischen Legionen sowohl gegen Aufstände der Gallier wie gegen Einfälle der Germanen sicherte. Was Florus von Kastellen und Verschanzungen an der Weser und Elbe fabelt, ist eitel Prahlerei; Schanzen mag er während seiner Märsche dort aufgeworfen haben, aber er war ein zu guter Feldherr, um auch nur einen Mann Besatzung darin zu lassen. Dagegen ist wohl zweifellos, daß er die Operationslinie längs der Lippe mit befestigten Etappen versehen ließ. Die Übergänge über den Taunus verschanzte er ebenfalls. Tiberius, des Drusus Nachfolger am Rhein, ging im folgenden Jahr (-8) über den Fluß; die Deutschen sandten Friedensunterhändler, nur die Sigamber nicht; Augustus, der in Gallien war, weigerte jede Verhandlung, solange diese nicht vertreten seien. Als die Sigamber endlich auch Gesandte schickten, „zahlreiche und angesehene Männer", sagt Dio, ließ Augustus sie greifen und in verschiedene Städte im Innern des Reichs internieren; „aus Gram darüber töteten sie sich selbst"12613. Auch im nächsten Jahre (-7) ging Tiberius wieder mit dem Heer nach Germanien, wo außer einigen unbedeutenden Unruhen schon nicht viel mehr zu bekämpfen war. Von dieser Zeit sagt Vellejus: „Tiberius hat das Land" (Germanien) „so durch und durch unterworfen, daß es sich kaum noch von einer steuerpflichtigen Provinz unterschied."[262] Dieser Erfolg wird, außer den römischen Waffen und der mehrfach gerühmten diplomatischen „Klugheit" des Tiberius, wohl namentlich der Verpflanzung von Deutschen aufs römische Rheinufer zu danken sein. Schon Agrippa hatte die Ubier, die den Römern immer anhänglich gewesen, mit ihrem Willen aufs linke Rheinufer bei Köln versetzt. Tiberius zwang 40 000 Sigamber zur Übersiedelung und brach damit auf längere Zeit die Widerstandskraft dieses mächtigen Stammes. Tiberius zog sich nun auf längere Zeit von allen Staatsgeschäften zurück, und wir erfahren nichts davon, was sich während mehrerer Jahre in Deutsch
land zutrug.- Ein Fragment des Dio meldet von einem Zuge des Domitius Ahenobarbus von der Donau aus bis über die Elbe. Bald darauf aber, um das erste Jahr unsrer Zeitrechnung, standen die Deutschen auf. Marcus Vinicius, der römische Oberbefehlshaber, kämpfte, nach Vellejus' Aussage, im ganzen glücklich und erhielt auch Belohnungen zum Dank dafür. Dennoch mußte im Jahre 4, gleich nach seiner Adoption durch Augustus, Tiberius nochmals über den Rhein, um die erschütterte römische Herrschaft wiederherzustellen. Er unterwirft die nächst dem Russe wohnenden Canninefaten und Chattuarier, sodann die Brukterer und „gewinnt" die Cherusker. Weitere Einzelheiten gibt Vellejus, der diesen und den folgenden Feldzug mitmachte, nicht. Der milde Winter erlaubte den Legionen, bis im Dezember in Bewegung zu bleiben, dann bezogen sie Winterlager in Deutschland selbst - wahrscheinlich an den Lippequellen. Der Feldzug des nächsten Jahres (5) sollte die Unterwerfung Westdeutschlands vollenden. Während Tiberius von Aliso aus vordrang und die Langobarden an der Niederelbe besiegte, fuhr die Flotte die Küste entlang und „gewann6" die Chauken. An der Niederelbe traf das Landheer die den Fluß hinauf segelnde Flotte. Mit den Erfolgen dieses Zuges schien nach Vellejus die Arbeit der Römer im Norden erledigt; Tiberius wandte sich im folgenden Jahr nach der Donau, wo die seit kurzem unter Maroboduus nach Böhmen übergesiedelten Markomannen die Grenze bedrohten. Maroboduus, in Rom erzogen und mit römischer Taktik vertraut, hatte ein Heer von 70 000 Mann zu Fuß und 4000 Reitern nach römischem Vorbild organisiert. Diesem trat Tiberius an der Donau in der Front entgegen, während Sentius Saturninus die Legionen vom Rhein durch das Chattenland in Rücken und Flanke des Feindes führen sollte. Da empörten sich im eignen Rücken des Tiberius die Pannonier, das Heer mußte umkehren und sich seine Operationsbasis wiedererobern. Der Kampf dauerte drei Jahre: aber als die Pannonier eben niedergeworfen, hatten sich die Dinge auch in Norddeutschland so gewandt, daß an Eroberungen im Markomannenland nicht mehr zu denken war. Der Eroberungsplan des Drusus war vollständig beibehalten worden; nur zu seiner gesicherten Durchführung waren die Land- und Seezüge bis zur Elbe nötig geworden. In dem Feldzugsplan gegen"Maroboduus schimmert die Idee durch, die Verlegung der Grenze an die kleinen Karpaten, das Riesengebirge und die Elbe bis zur Mündung zu verlegen; das lag jedoch einstweilen noch in weiter Ferne und wurde bald ganz unausführbar. Wie weit die Wetterau hinauf damals römische feste Plätze gereicht haben mögen, wissen wir nicht; allem Anschein nach war diese Operationslinie
damals vernachlässigt worden gegenüber der wichtigeren längs der Lippe. Hier aber hatten sich die Römer offenbar in ziemlicher Breite häuslich eingerichtet. Die Rheinebene des rechten Ufers von Bonn abwärts gehörte ihnen; das westfälische Flachland von der Ruhr nordwärts bis über die Ems hinaus, bis an die Grenzen der Friesen und Chauken, blieb militärisch besetzt. Im Rücken waren Bataver und Friesen damals noch sichere Freunde; weiter nach Westen hin konnten Chauken, Cherusker, Chatten für hinreichend gebändigt gelten, nach ihren wiederholten Niederlagen und nach dem Schlag, der auch die Langobarden getroffen. Und jedenfalls bestand damals bei jenen drei Völkern eine ziemlich mächtige Partei, die nur im Anschluß an Rom Rettung sah. Im Süden war die Macht der Sigamber vorderhand gebrochen; ein Teil ihres Gebiets, zwischen Lippe und Ruhr sowie in der Rheinebene, war besetzt, der Rest war von den römischen Stellungen am Rhein, an der Ruhr, in der Wetterau auf drei Seiten umklammert und sicher oft genug von römischen Kolonnen durchzogen. Römerstraßen in der Richtung auf die Lippequellen, von Neuwied zur Sieg, von Deutz und Neuß zur Wupper über dominierende Bergrücken führend, sind wenigstens bis an die Grenze von Berg und Mark neuerdings nachgewiesen. Noch weiter ab hatten die Hermunduren im Einverständnis mit Domitius Ahenobarbus einen Teil des von den Markomannen verlassenen Gebiets besetzt und standen mit den Römern in friedlichem Verkehr. Und endlich berechtigte die wohlbekannte Uneinigkeit der deutschen Völkerstämme zu der Erwartung, die Römer würden nur noch solche Einzelkriege zu führen haben, wie sie ihnen selbst zur allmählichen Umwandlung der Bundesgenossen in Untertanen erwünscht sein mußten. Der Kern der römischen Stellung war das Land zu beiden Seiten der Lippe bis an den Osning. Hier gewöhnte die ständige Anwesenheit der Legionen in befestigten Lagern an römische Herrschaft und römische Sitten, durch die die Barbaren nach Dio „wie umgewandelt wurden"12633; hier entstanden um die Standquartiere des Heeres jene Städte und Märkte, von denen derselbe Historiker erzählt und deren friedlicher Verkehr das meiste zur Befestigung der Fremdherrschaft beitrug. Alles schien vortrefflich zu gehn. Aber es sollte anders kommen. Quinctilius Varus wurde zum Oberbefehlshaber der Truppen in Deutschland ernannt. Ein Römer des hereinbrechenden Verfalls, phlegmatisch und bequem, auf den Lorbeeren seiner Vorgänger zu ruhen geneigt, noch mehr aber, diese Lorbeeren für sich auszubeuten. „Wie wenig er ein Verächter des Geldes war, bezeugte Syrien, das er verwaltet hatte; arm war er in das reiche Land gekommen, reich verließ er ein armes Land" (Vellejus)/264] Sonst war
er „von milder Natur"; aber diese milde Natur muß arg ergrimmt sein bei Versetzung nach einem Lande, wo ihr das Erpressen so sauer gemacht wurde, weil dort fast nichts zu holen war. Indes versuchte es Varus, und zwar auf die bei römischen Prokonsuln und Proprätoren längst üblich gewordene Methode. Vor allen Dingen galt es, den besetzten Teil Deutschlands so rasch wie möglich auf den Fuß einer römischen Provinz einzurichten, an die Stelle der einheimischen öffentlichen Gewalt, die bisher unter der Militärherrschaft fortbestanden, römische zu setzen, und damit das Land zu einer Quelle von Einkünften zu machen - für den Fiskus sowohl wie für den Prokonsul. Varus versuchte demnach, die Deutschen „mit größerer Schnelligkeit und Nachdruck umzuwandeln", er „erteilte ihnen Befehle wie Sklaven und forderte Geldzahlungen von ihnen wie von Untergebenen" (Dio).12651 Und das alterprobte Hauptmittel der Unterjochung und Erpressung, das er hier anwandte, war die oberrichterliche Gewalt der römischen Provinzvorsteher, die er sich hier anmaßte und kraft deren er den Deutschen das römische Recht aufzwingen wollte. Leider waren Varus und seine zivilisatorische Mission der Geschichte um fast anderthalb Jahrtausende voraus; denn ungefähr so lange dauerte es, bis Deutschland reif wurde zur „Rezeption des römischen Rechts". In der Tat mußte das römische Recht mit seiner klassischen Zergliederung der Privateigentumsverhältnisse den Deutschen rein widersinnig vorkommen, den Deutschen, die das wenige Privateigentum, das sich bei ihnen entwickelt, nur besaßen kraft ihres Gemeineigentums an Grund und Boden. Ebenso mußten ihnen, die gewohnt waren, im offenen Volksgericht binnen wenigen Stunden nach ererbtem Herkommen selbst Recht und Urteil zu linden, die feierlichen Formen und Einreden, die ewigen Vertagungen des römischen Prozesses erscheinen als ebensoviel Mittel der Rechtsverweigerung, und der den Prokonsul umdrängende Schwärm von Sachwaltern und Ferkelstechern als das, was sie in der Tat waren, reine Gurgelschneider. Und nun sollten die Deutschen, ihr freies Ding, wo Genossen den Genossen gerichtet, aufgeben und sich unterwerfen dem Machtspruch eines einzelnen Mannes, der in fremder Sprache verhandelte, der im besten Fall ein ihnen unbekanntes, dazu total unanwendbares Recht zugrunde legte und - der selbst interessiert war. Der freie Germane, den nach Tacitus nur der Priester in seltenen Fällen schlagen durfte, der Leib und Leben nur durch Verrat gegen sein Volk verwirkte, sonst aber jede Verletzung, selbst Mord, durch eine Buße (Wergeid) sühnen konnte, der zudem gewohnt war, die Blutrache für sich und seine Verwandten selbst zu üben - der sollte sich jetzt den Ruten und dem Richtbeil des Liktors unterwerfen. Und alles das zu keinem andern
Zweck, als um der Aussaugung des Landes durch Steuern für den Fiskus, durch Erpressungen und Bestechungen für den Prokonsul und seine Helfershelfer Tür und Tor zu öffnen. Aber Varus hatte sich verrechnet. Die Deutschen waren keine Syrer. Mit seiner aufgedrängten römischen Zivilisation imponierte er ihnen nur nach einer Seite hin. Er zeigte den in die Bundesgenossenschaft genötigten Nachbarstämmen nur, welch unerträgliches Joch auch ihnen bevorstehe, und zwang ihnen damit jene Einigung auf, die sie bisher nie hatten finden können. Varus stand mit drei Legionen in Deutschland, Asprenas mit zwei andren am Niederrhein, nur fünf bis sechs Märsche von Aliso, dem Kernpunkt der Stellung, entfernt. Einer solchen Macht gegenüber bot nur ein lange und sorgsam vorbereiteter, dann aber plötzlich geführter Entscheidungsschlag Aussicht auf Erfolg. Der Weg der Verschwörung war also vorgeschrieben. Diese zu organisieren, übernahm Arminius. Arminius, aus cheruskischem Stammesadel, Sohn des Segimerus, der in seinem Volke ein Geleitherzog zu sein scheint, hatte seine erste Jugend in römischem Kriegsdienst zugebracht, war römischer Sprache und Sitten mächtig, im römischen Hauptquartier ein häufiger und gern gesehener Gast, dessen Treue über allen Zweifel erhaben schien. Noch am Vorabend des Überfalls baute Varus felsenfest auf ihn. Vellejus nennt ihn „einen Jüngling von edlem Geschlecht, tapferer Hand, gewandt im Geiste, mehr als sonst Barbaren- es sind, einen Jüngling, aus dessen Antlitz und Augen geistiges Feuer leuchtete, der unser steter Begleiter auf den früheren Feldzügen" (also gegen Deutsche) „gewesen war und der neben dem römischen Bürgerrecht den Rang eines römischen Ritters besaß". Aber Arminius war mehr als das alles, er war ein großer Staatsmann und ein bedeutender Feldherr. Einmal entschlossen, der rechtsrheinischen Römerherrschaft ein Ende zu machen, wandte er auch die erforderlichen Mittel unbedenklich an. Der, schon sehr von römischem Einfluß beherrschte, heerführende Adel der Cherusker mußte wenigstens größtenteils gewonnen, die Chatten und Chauken, noch mehr aber die direkt unter römischem Joch stehenden Brukterer und Sigamber in die Verschwörung gezogen werden. Alles das erforderte Zeit, so sehr auch Varus' Erpressungen vorgearbeitet hatten; und während dieser Zeit galt es, Varus einzuschläfern. Dies geschah, indem man ihn bei seiner Liebhaberei, dem Gerichthalten, faßte und ihn damit förmlich zum Narren hielt. Die Deutschen [sind], erzählt Vellejus, „weis, wer es nicht selbst erfahren hat, kaum glauben wird, bei der höchsten Wildheit durch und durch verschlagene Köpfe und ein Geschlecht, wie geschaffen zum Lügen"
die Deutschen „spiegelten ihm eine ganze Reihe von ersonnenen Rechtshändeln vor; bald belangte einer den andern ohne Grund, bald sagten sie ihm Dank, daß er das alles mit römischer Gerechtigkeit entscheide, daß ihre Wildheit durch die neue, unbekannte Zucht und Ordnung schon nachzulassen anfinge und daß, was sonst mit den Waffen ausgemacht zu werden pflegte, nunmehr nach Recht und -Billigkeit auseinandergesetzt werde. So verführten sie ihn zur höchsten Sorglosigkeit, so sehr, daß er glaubte, als Stadtprätor auf dem Forum Recht zu sprechen, nicht mitten in deutschen Landen ein Heer zu befehligen."[266] So verstrich der Sommer des Jahres 9. Um den Erfolg noch mehr zu sichern, hatte man den Varus verleitet, seine Truppen durch allerlei Detachierungen zu zersplittern, was bei dem Charakter des Mannes und unter den Umständen nicht schwer sein konnte. „Varus", sagt Diö, „hielt seine Heeresmacht nicht, wie es sich in Feindesland gebührt, gehörig zusammen, sondern überließ die Soldaten scharenweise hülfsbedürftigen Leuten, die darum baten, bald um irgendeinen festen Platz zu bewachen, bald um Räuber einzufangen, bald um Getreidetransporte zu begleiten." Inzwischen waren die Hauptverschworenen, namentlich Arminius und Segimerus, stets um ihn und häufig an seiner Tafel. Nach Dio wurde Varus schon jetzt gewarnt, aber sein Vertrauen kannte keine Grenzen. Endlich im Herbst, als alles zum Losschlagen vorbereitet und man Varus mit seiner Hauptmacht ins Cheruskerland, bis an die Weser gelockt hatte, gab ein fingierter Aufstand in einiger Entfernung das Zeichen. Noch als Varus diese Nachricht erhielt und den Befehl zum Aufbruch gab, warnte ihn ein andrer Cheruskerhäuptling, Segestes, der mit des Arminius Familie in einer Art Clanfeindschaft gestanden zu haben scheint. Varus wollte ihm nicht glauben. Da schlug ihm Segestes vor, ihn selbst, den Arminius und die andern Cheruskerhäuptlinge in Fesseln zu legen, ehe er abmarschiere; der Erfolg werde dann zeigen, v/er recht habe. Aber Varus' Zuversicht war unerschütterlich, auch als bei seinem Abzüge die Verschwornen zurückblieben, unter dem Vorwand, Bundesgenossen zu sammeln und damit zu ihm zu stoßen. Das geschah denn auch in der Tat, aber nicht wie Varus erwartet. Die cheruskische Mannschaft war bereits versammelt. Das erste, was sie tat, war, die bei ihnen stationierten, von ihnen selbst früher erbetenen römischen Abteilungen zu erschlagen und sodann Varus auf seinem Marsch in die Flanke zu fallen. Dieser bewegte sich auf schlechten Waldwegen, denn hier, im Cheruskerland, gab es noch keine chaussierten römischen Heerstraßen. Überfallen, erkennt er endlich seine Lage, ermannt sich und zeigt von nun an den römischen Feldherrn - aber zu spät. Er läßt seine Truppen aufschließen, den zahlreichen Troß von Weibern, Kindern, Wagen, Last
tieren usw. ordnen und schützen, so gut es bei den engen Wegen und in den dichten Wäldern geht, und wendet sich seiner Operationsbasis zu - wofür wir Aliso annehmen müssen. Strömender Regen erweichte den Boden, hemmte den Marsch, brach stets aufs neue die Ordnung bei dem übermäßigen Troß. Es gelang Varus, unter schweren Verlusten, einen dichtbewaldeten Berg zu erreichen, der indes freien Platz für ein notdürftiges Lager bot, das auch noch in ziemlicher Ordnung und nach der Vorschrift bezogen und verschanzt wurde; das Heer des Germanicus, das die Stelle nach sechs Jahren besuchte, erkannte darin noch deutlich „dreier Legionen Werk"1268 J. Mit der der Lage entsprechenden Entschlossenheit ließ hier Varus alle nicht durchaus notwendigen Wagen und Gepäckstücke verbrennen. Am nächsten Tage kam er durch ein offenes Gelände, litt aber wieder so bedeutend, daß die Truppen noch mehr auseinanderkamen und das Lager am Abend schon nicht mehr ordnungsgemäß befestigt werden konnte; Germanicus fand nur einen halb eingestürzten Wall und flachen Graben. Am dritten Tage ging der Marsch wieder durch Waldgebirg, und hier verloren Varus und die meisten Führer den Mut. Varus tötete sich selbst, die Legionen wurden fast bis auf den letzten Mann vernichtet. Nur die Reiterei entkam unter Vala Numonius; auch einzelne Flüchtlinge von den Fußtruppen scheinen sich nach Aliso gerettet zu haben. Aliso selbst hielt sich wenigstens noch einige Zeit, da die Deutschen den regelmäßigen Belagerungsangriff nicht kannten; später schlug sich die Besatzung ganz oder teilweise durch. Asprenas, eingeschüchtert, scheint sich auf einen kurzen Vormarsch zu ihrer Aufnahme beschränkt zu haben. Brukterer, Sigamber, alle kleineren Völker standen auf, die römische Macht war wieder über den Rhein geworfen. Über die örtlichkeiten dieses Feldzugs ist viel gestritten [worden]. Am wahrscheinlichsten ist, daß Varus vor der Schlacht im Talkessel von Rinteln stand, irgendwo zwischen Hausberge und Hameln; daß der fingierte Aufstand und auf den ersten Überfall hin beschlossene Rückzug nach der Dörenschlucht bei Detmold ging, die einen ebenen und breiten Paß durch den Osning bildet. Dies ist im allgemeinen auch die traditionell gewordene Ansicht, und stimmt mit den Quellen wie mit den militärischen Notwendigkeiten der Kriegslage. Ob Varus die Dörenschlucht erreicht, bleibt ungewiß; der Durchbruch der Reiterei und vielleicht der Spitze des Fußvolks scheint dafür zu sprechen. Die Nachricht von der Vernichtung der drei Legionen und dem Aufstand des ganzen Westdeutschlands traf Rom wie ein Donnerschlag. Schon sah man Arminius über den Rhein ziehen und Gallien insurgieren,
Maroboduus von der andern Seite die Donau überschreiten und die kaum gebändigten Pannonier zum Zug über die Alpen mit sich fortreißen. Und Italien war schon so erschöpft, daß es fast keine Mannschaft mehr stellen konnte. Dio erzählt, wie in der Bürgerschaft nur noch wenige waffenfähige junge Leute waren, wie die älteren sich sträubten einzutreten, so daß Augustus sie mit Vermögenskonfiskation und selbst einige mit dem Tode strafte; wie der Kaiser endlich aus Freigelassenen und schon Ausgedienten notdürftig einige Truppen zum Schutz Roms zusammenbrachte, seine deutsche Leibwache entwaffnete und alle Deutschen aus der Stadt verwies. Indes ging Arminius nicht über den Rhein, Maroboduus dachte an keinen Angriff, und so konnte Rom sich ungestört seinen Wutausbrüchen über die „treubrüchigen Germanen" überlassen. Wir sahen schon, wie Vellejus sie beschrieb, als „durch und durch verschlagene Köpfe, ein Volk, wie geschaffen zum Lügen". Ebenso Strabo. Er weiß nichts von „deutscher Treue" und „welscher Tücke", ganz im Gegenteil. Während er die Kelten „einfach und ohne Falsch" nennt, so einfältig, daß sie „vor aller Augen und ohne Vorsicht zum Kampf eilen, so daß ihren Gegnern der Sieg leicht wird"t269] - heißt es von den Germanen: »Gegen sie war es immer vorteilhaft, ihnen nicht zu trauen; denn diejenigen, denen man traute, haben großen Schaden angerichtet, z.B. die Cherusker, bei denen drei Legionen samt dem Feldherrn Varus mit Verletzung der Verträge in einem Hinterhalt umkamen." Von den entrüsteten und rachedürstenden Versen Ovids gar nicht zu sprechen. Man meint, französische Schriftsteller aus der besten chauvinistischen Zeit zu lesen, die die Schale ihres Zorns ausgießen über den Treubruch Yorcks und den Verrat der Sachsen bei Leipzig12711. Die Deutschen hatten die Vertragstreue und Redlichkeit der Römer hinreichend kennengelernt, als Cäsar die Usipeter und Tenkterer während der Unterhandlung und des Waffenstillstands überfiel; sie hatten sie kennengelernt, als Augustus die Gesandten der Sigamber, vor deren Ankunft er jede Verhandlung mit den deutschen Stämmen verweigerte, gefangennehmen ließ. Es ist allen erobernden Völkern gemein, ihre Gegner auf jede Art zu überlisten; und dies finden sie ganz in der Ordnung; sobald sich die Gegner jedoch dasselbe erlauben, nennen jene es Treubruch und Verrat. Die Mittel aber, die man zur Unterjochung anwendet, müssen auch gestattet sein zur Abwerfung des Jochs. Solange es ausbeutende und herrschende Völker und Klassen auf einer, ausgebeutete und beherrschte auf der andern Seite gibt, solange wird die Anwendung der List neben der der Gewalt auf beiden Seiten eine Notwendigkeit sein, gegen die alle Moralpredigt machtlos bleibt.
So kindisch auch das dem Arminius bei Detmold errichtete Phantasiestandbild ist - es hat nur das eine Gute gehabt, Louis-Napoleon zur Errichtung eines ebenso lächerlichen Phantasiekolosses des Vercingetorix auf einem Berge bei Alise[-Sainte-Reine] zu verleiten so richtig bleibt es, daß die Varusschlacht einen der entscheidendsten Wendepunkte der Geschichte bildet. Mit ihr war die Unabhängigkeit Deutschlands von Rom ein für allemal entschieden. Es läßt sich darüber viel zwecklos hin und her streiten, ob denn diese Unabhängigkeit für die Deutschen selbst ein so großer Gewinn war; sicher ist, daß ohne sie die ganze Geschichte eine andre Richtung eingeschlagen hätte. Und wenn in der Tat die ganze folgende Geschichte der Deutschen fast nur eine große Reihe von - großenteils selbstverschuldeten - Nationalunglücksfällen darstellt, so daß auch die bestechendsten Erfolge fast immer zum Schaden des Volks ausschlagen - so muß man doch sagen, daß die Deutschen hier, am Anfang ihrer Geschichte, entschieden Glück hatten. Es waren die letzten Lebenskräfte der sterbenden Republik, die Cäsar zur Unterwerfung Galliens verwendet hatte. Die Legionen, seit Marius aus geworbnen Söldnern, aber immer noch ausschließlich Italiern gebildet, starben seit Cäsar buchstäblich aus, in dem Maß wie die Italier selbst unter den reißend um sich greifenden Latifundien und ihrer Sklavenbewirtschaftung ausstarben. Die 150 000 Mann, die die geschlossene Infanterie der 25 Legionen ausmachten, waren nur durch Aufwendung der äußersten Mittel zusammenzuhalten. Die zwanzigjährige Dienstzeit wurde nicht eingehalten, die ausgedienten Veteranen wurden gezwungen, auf unbestimmte Zeit bei der Fahne zu bleiben. Das war der Hauptgrund der Meuterei der rheinischen Legionen beim Tode des Augustus, die Tacitus so anschaulich schildert und die in ihrer wunderlichen Mischung von Aufsässigkeit und Disziplin so lebhaft an die Meutereien der spanischen Soldaten Philipps II. in den Niederlanden erinnert, in beiden Fällen das feste Gefüge des Heeres bezeugend, dem das gegebne Wort vom Fürsten gebrochen war. Wir sahen, wie vergebens Augustus' Versuch blieb, nach der Varusschlacht die alten, längst außer Übung gekommenen Aushebungsgesetze wieder durchzuführen; wie er auf schon Ausgediente zurückgreifen mußte und selbst auf Freigelassene - er hatte diese schon einmal während des pannonischen Aufstandes eingestellt. Der Ersatz an freien italischen Bauernsöhnen war mit den freien italischen Bauern selbst verschwunden. Jedes neue, den Legionen zugeführte Ersatzkontingent verschlechterte die Qualität des Heeres. Und da man dennoch diese Legionen, den schwer zu erhaltenden Kern der ganzen Heeresmacht, möglichst schonen mußte, treten die Hülfstruppen
mehr und mehr in den Vordergrund, schlagen die Schlachten, in denen die Legionen nur noch die Reserve bilden, so daß schon zu Claudius' Zeit die Bataver sagen konnten: mit dem Blut der Provinzen würden die Provinzen erobert. Mit einem solchen, sich mehr und mehr der altrömischen Disziplin und Festigkeit und damit der altrömischen Kampfweise entfremdenden, mehr und mehr aus Provinzialen, endlich sogar meist aus reichsfremden Barbaren sich zusammensetzenden Heer waren jetzt schon fast keine großen Angriffskriege mehr zu führen - bald auch keine großen Angriffsschlachten mehr zu schlagen. Die Entartung des Heers verwies den Staat auf die Defensive, die zuerst noch angriffsweise, bald aber immer passiver geführt wurde, bis endlich das Schwergewicht des Angriffs, ganz auf Seite der Deutschen gekommen, auf der ganzen Linie von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer über Rhein und Donau unaufhaltsam hereinbrach. Inzwischen galt es, selbst zur Sicherung der Rheinlinie, den Deutschen auf ihrem eignen Gebiet das Übergewicht der römischen Waffen wieder fühlbar zu machen. Zu diesem Zweck eilte Tiberius an den Rhein, stellte die erschlaffte Disziplin durch eignes Beispiel und strenge Strafen wieder her, beschränkte den Troß des mobilen Heeres aufs Notwendigste und durchzog Westdeutschland in zwei Feldzügen (Jahre 10 und 11). Die Deutschen stellten sich nicht zu Entscheidungsschlachten, die Römer wagten nicht, ihre Winterlager rechts des Rheins zu beziehn. Ob Aliso und das an der Emsmündung im Lande der Chauken angelegte Kastell auch im Winter ständige Besatzung behielten, wird nicht gesagt, ist aber wohl anzunehmen. Im August 14 starb Augustus. Die rheinischen Legionen, denen weder Entlassung nach vollbrachter Dienstzeit noch Soldzahlung eingehalten worden, weigerten sich, Tiberius anzuerkennen und proklamierten des Drusus Sohn Germanicus zum Kaiser. Dieser stillte den Aufstand selbst, brachte die Truppen zum Gehorsam zurück und führte sie in drei von Tacitus geschilderten Feldzügen nach Deutschland. Hier trat ihm Arminius entgegen und bewies sich als ein seines Gegners vollkommen würdiger Feldherr. Er suchte alle Entscheidungsschlachten im offnen Gelände zu vermeiden, den Marsch der Römer möglichst zu hindern und sie nur in Sümpfen und Engpässen anzugreifen, wo sie sich nicht entwickeln konnten. Aber die Deutschen folgten ihm nicht immer. Kampflust riß sie oft fort zu Gefechten unter ungünstigen Umständen, Beutegier rettete mehr als einmal die schon in der Falle festsitzenden Römer. So erfocht Germanicus zwei unfruchtbare Siege auf Idisiavisus und am angrivarischen Grenzwall, entkam mit Not auf den Rückzügen durch die Defileen der Sümpfe, verlor Schiffe und Mannschaft
durch Stürme und Fluten an der friesischen Küste und wurde endlich nach dem Feldzuge des Jahres 16 von Tiberius abberufen. Damit nahmen die Römerzüge ins Innere Deutschlands ein Ende. Aber die Römer wußten nur zu gut, daß man eine Flußlinie nur dann beherrscht, wenn man auch den Übergang aufs jenseitige Ufer beherrscht. Weit entfernt, sich passiv hinter den Rhein zurückzuziehn, verlegt sich die römische Defensive aufs rechte Ufer. Die Römerschanzen, die das Gebiet der unteren Lippe, Ruhr und Wupper in großen, wenigstens in einzelnen Fällen späteren Gauen entsprechenden Gruppen bedecken, [und] die vom Rhein bis an die Grenze der Grafschaft Mark ausgebauten Heerstraßen lassen vermuten, daß hier ein System von Verteidigungswerken lag, dessen Zug von der Ijssel bis an die Sieg der jetzigen Grenzlinie zwischen Franken und Sachsen entsprach - mit einzelnen Abweichungen der Grenze der Rheinprovinz gegen Westfalen. Dies im 7. Jahrhundert wohl noch einigermaßen verteidigungsfähige System wäre es dann auch, das die damals vordringenden Sachsen vom Rhein abgehalten und so ihre heutige Stammesgrenze gegen die Franken festgestellt hat. Die interessantesten Entdeckungen sind hier erst in den letzten Jahren (von J.Schneider) gemacht; es werden also wohl noch weitere zu erwarten sein. Weiter rheinaufwärts wurde allmählich, besonders unter Domitian und Hadrian, der große römische Grenzwall ausgebaut, der sich von unterhalb Neuwied über die Montabaurer Höhe nach Ems zieht, dort die Lahn überschreitet, bei Adolfseck sich westlich wendet, dem Nordabhang des Taunus folgend als nördlichsten Punkt Grüningen in der Wetterau umfaßt und von dort aus, in südsüdöstlicher Richtung verlaufend, südlich von Hanau den Main erreicht. Von hier aus geht der Wall auf dem linken Mainufer bis Miltenberg; von da in nur einmal gebrochener grader Linie bis an die württembergische Rems in die Nähe der Burg Hohenstaufen. Hier wendet die später, wahrscheinlich unter Hadrian, fortgebaute Linie sich östlich, über Dinkelsbühl, Günzenhausen, Ellingen und Kipfenberg, und erreicht bei Irnsing oberhalb Kelheim die Donau. Hinter dem Wall lagen kleinere Schanzen und in weiterer Entfernung größere feste Plätze als Rückhalt. Das hiermit abgeschlossene rechtsrheinische Land, das wenigstens südlich vom Main seit der Vertreibung der Helvetier durch die Sueven wüst gelegen hatte, wurde nach Tacitus durch gallische Vagabunden, Nachzügler der Truppen, bevölkert. So traten an Rhein, Pfahlgraben und Donau allmählich ruhigere und gesichertere Zustände ein. Kämpfe und Streifzüge dauerten fort, aber die gegenseitigen Gebietsgrenzen blieben ein paar hundert Jahre unverändert.
Fortschritte bis zur Völkerwanderung Mit Tacitus und Ptolemäus versiegen die schriftlichen Quellen über Zustände und Vorgänge im Innern Deutschlands. D^für tut sich uns eine Reihe anderer, viel anschaulicherer Quellen auf: die Funde von Altertümern, soweit sie sicn aut den vorliegenden Zeitabschnitt zurückführen lassen. Daß zu Plinius' und Tacitus' Zeit der Handel der Römer mit dem Innern Deutschlands fast Null war, haben wir gesehn. Aber wir finden bei Plinius doch die Andeutung eines alten, noch zu seiner Zeit dann und wann benutzten Handelswegs von Carnuntum (gegenüber der Mündung der March in die Donau), die March und Oder entlang nach der Bernsteinküste. Dieser Weg sowie ein zweiter durch Böhmen, die Elbe entlang, ist wahrscheinlich schon in sehr früher Zeit von den Etruskern benutzt worden, deren Anwesenheit in den nördlichen Alpentälern durch zahlreiche Funde, besonders den Hallstätter Fund[2721, erwiesen ist. Der Einbruch der Gallier nach Oberitalien soll diesem Handel-ein Ende gemacht haben (gegen -400) (Boyd Dawkins). Bestätigt sich diese Ansicht, so müßte dieser etruskische Handelsverkehr, hauptsächlich Einfuhr von Bronzewaren, mit den Völkern stattgefunden haben, die vor den Deutschen das Land an Weichsel und Elbe besetzt hielten, also wohl mit Kelten, und die Einwanderung der Deutschen würde dann wohl ebensoviel mit seiner Unterbrechung zu tun haben wie der Rückstrom der Kelten nach Italien. Erst seit dieser Unterbrechung scheint der östlichere Handelsweg, von den griechischen Städten des Schwarzen Meers den Dnjestr wie den Dnjepr entlang, nach der Gegend an der Weichselmündung aufgekommen zu sein. Dafür sprechen die bei Bromberg, auf der Insel ösel und andern Orten gefundnen alten griechischen Münzen; es sind darunter Stücke aus dem vierten, vielleicht aus dem fünften Jahrhundert vor unsrer Zeitrechnung, geprägt in Griechenland, Italien, Sizilien, Cyrene usw. Die unterbrochenen Handelswege längs der Oder und Elbe mußten sich von selbst wiederherstellen, sobald die wandernden Völker zur Ruhe kamen. Zur Zeit des Ptolemäus scheinen nicht nur diese, sondern auch noch andre Verkehrswege durch Deutschland wieder in Aufnahme gekommen zu sein, und wo Ptolemäus' Zeugnis aufhört, da fahren die Funde fort zu sprechen. C.F.Wiberg* hat durch sorgfältige Zusammenstellung der Funde hier vieles klargestellt und den Nachweis geliefert, daß im 2. Jahrhundert unsrer Zeitrechnung die Handelswege sowohl durch Schlesien die Oder wie durch
* „Bidrag tili kännedomen om Grekers och Romares förbindelse med Norden". Deutsch von J. Mestorf: „Der Einfluß der klassischen] Völker etc.", Hamburg 1867.
Böhmen die Elbe hinab wieder benutzt wurden. In Böhmen erwähnt schon Tacitus „Beuteaufkäufer und Händler" (lixae ac negotiatores) „aus unsern Provinzen, die Geldgier und Vaterlandsvergessenheit ins feindliche Gebiet und an das Heerlager des Maroboduus geführt hatte".[273j Ebenso haben die Hermunduren, die, seit langem mit den Römern befreundet, nach Tacitus in den Dekumatländern und Rhätien bis nach Augsburg ungehindert verkehrten, wohl jedenfalls römische Waren und Münzen vom Obermain zur Saale und Werra weiter vertrieben. Auch weiter abwärts am römischen Grenz wall, an der Lahn, zeigen sich Spuren eines Handelswegs ins Innere. Der bedeutendste Weg scheint der durch Mähren und Schlesien geblieben zu sein. Die Wasserscheide zwischen March resp. Becva und Oder, die einzige, die zu überschreiten ist, geht durch ein offnes Hügelland und liegt unter 325 Meter Meereshöhe; die Eisenbahn geht noch jetzt hierher. Von Niederschlesien an öffnet sich die norddeutsche Tiefebene und erlaubt Wegen, in allen Richtungen zur Weichsel und Elbe abzuzweigen. In Schlesien und Brandenburg müssen römische Kaufleute im 2. und 3. Jahrhundert ansässig gewesen sein. Wir finden dort nicht nur Glasurnen, Tränenfläschchen und Graburnen mit lateinischer Inschrift (Massel bei Trebnitz in Schlesien und anderwärts), sondern selbst vollständige römische Grabgewölbe mit Urnennischen (Columbarien) (Nachein bei Glogau). Auch bei Warin in Mecklenburg fand man unzweifelhaft römische Gräber. Ebenso bezeugen Funde von Münzen, römischen Metallwaren, tönernen Lampen etc. den Gang des Handelsverkehrs auf dieser Straße. Überhaupt ist das ganze östliche Deutschland, obwohl nie von römischen Heeren betreten, wie übersät mit römischen Münzen und Fabrikaten; diese letzteren häufig beglaubigt durch dieselben Fabrikstempel, die auch auf den Funden in den Provinzen des Römerreichs vorkommen. In Schlesien gefundene Tonlampen haben denselben Fabrikstempel wie andre in Dalmatien, Wien etc. gefundene. So findet sich der Stempel: Ti.Robilius Sitalcis auf Bronzevasen, von denen eine in Mecklenburg, eine zweite in Böhmen gefunden; dies weist auf den Handelsweg entlang der Elbe. Dann aber befuhren in den ersten Jahrhunderten nach Augustus auch römische Handelsschiffe die Nordsee. Dies beweist der Fund von Neuhaus an der Oste (Elbmündung), von 344 römischen Silbermünzen von Nero bis Marcus Aurelius und mit Resten eines dort wahrscheinlich gescheiterten Schiffs. Auch längs der Südküste der Ostsee fand ein Schiffsverkehr statt, der bis zu den dänischen Inseln, Schweden und Gotland reichte und mit
dem wir uns noch näher beschäftigen werden. Die von Ptolemäus und Marcianus (um das Jahr 400) angegebnen Entfernungen der verschiednen Küstenpunkte voneinander können nur auf den Berichten von Kaufleuten, welche jene Küsten befahren hatten, beruhen. Sie gehn von der mecklenburgischen Küste bis Danzig und von da bis Scandia. Dies beweisen endlich die zahlreichen sonstigen Funde römischer Herkunft in Holstein, Schleswig, Mecklenburg, Vorpommern, den dänischen Inseln und Südschweden, deren Fundorte in geringer Entfernung von der Küste am dichtesten zusammenliegen. Inwieweit dieser römische Handelsverkehr eine Einfuhr von Waffen nach Deutschland einschloß, wird sich schwerlich entscheiden lassen. Die zahlreichen römischen, in Deutschland gefundenen Waffen können ebensogut Beutestücke sein, und die römischen Behörden an der Grenze boten selbstredend alles auf, den Deutschen die Waffenzufuhr abzuschneiden. Auf dem Seeweg mag indes manches, besonders zu den ferneren Völkern, z.B. auf der cimbrischen Halbinsel, gekommen sein. Die übrigen römischen Waren, die auf diesen verschiednen Wegen nach Deutschland kamen, bestanden aus Hausrat, Schmucksachen und Toilettegegenständen usw. Der Hausrat weist auf: Schüsseln, Maße, Becher, Gefäße, Kochgeschirre, Siebe, Löffel, Scheren, Kellen etc. von Bronze, einzelne Gefäße von Gold oder Silber, Lampen von Ton, die sehr verbreitet sind; die Schmucksachen von Bronze, Silber oder Gold: Halsbänder, Diademe, Arm- und Fingerringe, Spangen in der Art unsrer Broschen; unter den Toilettegegenständen finden wir Kämme, Pinzetten, Ohrlöffel usw. - von Gegenständen zu schweigen, deren Gebrauch streitig ist. Die meisten dieser Fabrikate sind nach Worsaaes Zugeständnis unter dem Einfluß des im ersten Jahrhundert in Rom herrschenden Geschmacks entstanden. Der Abstand ist groß von den Deutschen des Cäsar, und selbst noch des Tacitus, zu dem Volk, das sich dieser Geräte bediente, selbst zugegeben, daß dies nur von den Vornehmeren und Reicheren geschah. Die „einfachen Speisen", womit die Deutschen nach Tacitus „ohne viel Zubereitung (sine apparatu), ohne Würze den Hunger austreiben"t2741, haben einer Küche Platz gemacht, die sich schon eines ziemlich zusammengesetzten Apparats bediente und außer diesem Apparat auch wohl die entsprechenden Würzen von den Römern bezog. An die Stelle der Verachtung der Gold- und Silbersachen ist die Lust getreten, sich damit zu schmücken; an die Stelle der Gleichgültigkeit gegen römisches Geld seine Verbreitung über das ganze germanische Gebiet. Und nun gar die Toilettesachen - welche beginnende Umwälzung in den Sitten verrät nicht ihre bloße Gegenwart bei einem
Volk, das zwar, soviel wir wissen, die Seife erfand, aber sie nur zum Gelbfärben des Haares zu brauchen verstand! Was die Deutschen den römischen Händlern für all dies bare Geld und diese Waren lieferten, darüber sind wir zunächst auf die Nachrichten der Alten angewiesen, und diese lassen uns, wie gesagt, fast ganz im Stich. Plinius erwähnt Gemüse, Gänsefedern, wollene Zeuge und Seife als Artikel, die das Reich aus Deutschland einführte. Aber dieser beginnende Handel an der Grenze kann keinen Maßstab abgeben für die spätere Zeit. Der Hauptartikel, von dem wir wissen, war der Bernstein, der aber nicht hinreicht, um einen so über das ganze Land sich verbreitenden Verkehr zu erklären. Vieh, das den Hauptreichtum der Deutschen ausmachte, wird auch wohl der wichtigste Ausfuhrgegenstand gewesen sein, die an der Grenze aufgestellten Legionen allein bürgen für starken Fleischbedarf. Tierfelle und Pelz waren, die zu Jornandes' Zeit aus Skandinavien nach der Weichselmündung und von da in römisches Gebiet versandt wurden, haben gewiß auch schon in früherer Zeit aus den ostdeutschen Wäldern ihren Weg dorthin gefunden. Wilde Tiere für den Zirkus, meint Wiberg, seien von den römischen Seefahrern aus dem Norden hereingebracht. Aber außer Bären, Wölfen und etwa Auerochsen war dort nichts zu holen, und da waren Löwen und Leoparden und selbst Bären aus Afrika und Asien näher und leichter zu haben. - Sklaven? fragt Wiberg endlich, fast verschämt, und hier wird er wohl das Richtige getroffen haben. In der Tat waren Sklaven außer Vieh der einzige Artikel, von dem Deutschland hinreichend ausführen konnte, um damit seine Handelsbilanz gegen Rom zu saldieren. Italien allein verbrauchte in den Städten wie auf den Latifundien eine ungeheure, sich nur zum allergeringsten Teil fortpflanzende Sklavenbevölkerung. Die ganze römische Großgrundbesitz Wirtschaft hatte zur Voraussetzung jene kolossale Zufuhr von verkauften Kriegsgefangnen, die in den unaufhörlichen Eroberungskriegen der verfallenden Republik und noch des Augustus nach Italien strömte. Das hatte jetzt ein Ende genommen. Das Reich war auf festen Grenzen in die Defensive getreten. Die überwundenen Feinde, aus denen die Masse der Sklaven sich rekrutierte, wurden bei den römischen Heeren immer seltner. Man mußte sie bei den Barbaren kaufen. Und da sollten die Deutschen nicht auch als Verkäufer auf dem Markt erschienen sein? Die Deutschen, die nach Tacitus schon Sklaven verkauften („Germania]" 24), die fortwährend untereinander im Krieg lagen, die, wie die Friesen, ihre Steuern an die Römer bei Geldmangel mit Übergabe ihrer Weiber und Kinder in Sklaverei bezahlten und die schon im dritten Jahrhundert, wenn nicht schon früher, die Ostsee befuhren und deren Seezüge
in der Nordsee von den Sachsenfahrten des dritten bis zu den Normannen» fahrten des zehnten Jahrhunderts neben anderm Seeraub vorzugsweise Sklavenjagd zum nächsten Zweck hatten - Sklavenjagd fast ausschließlich für den Handel? - dieselben Deutschen, die wenige Jahrhunderte später, sowohl während der Völkerwanderung wie in ihren Kriegen gegen die Slawen, als die ersten Sklavenräuber und Sklavenhändler ihrer Zeit auftreten? Entweder müssen wir annehmen, daß die Deutschen des zweiten und dritten Jahrhunderts ganz andre Leute waren<als alle übrigen Grenznachbarn der Römer und ganz anders als ihre eignen Nachkommen vom dritten, vierten und fünften Jahrhundert an, oder aber wir müssen zugeben, daß sie sich ebenfalls an dem damals für recht anständig und sogar ehrenvoll geltenden Sklavenhandel nach Italien stark beteiligt haben. Und damit fällt denn auch der geheimnisvolle Schleier, der sonst den deutschen Exporthandel jener Zeit verhüllt. Hier müssen wir auf den Ostseeverkehr jener Zeit zurückkommen. Während die Küste des Kattegats fast gar keine römischen Funde aufzuweisen hat, ist die Südküste der Ostsee bis nach Livland hinein, Schleswig-Holstein, der Südrand und das Innere der dänischen Inseln, die südliche und südöstliche Küste Schwedens, Oeland und Gotland sehr reich daran. Bei weitem die meisten dieser Funde gehören der sogenannten Denarperiode an, auf die wir noch zu sprechen kommen und die bis auf die ersten Regierungsjahre des Septimius Severus, also rund bis 200 reicht. Schon Tacitus nennt die Suionen stark durch ihre Ruderflotten und sagt, daß sie den Reichtum in Ehren halten; sie trieben also wohl sicher schon Seehandel. Die in den Balten, dem Oeres- und Oelandssund sowie in der Küstenfahrt zuerst entwickelte Schiffahrt mußte sich schon auf die hohe See wagen, um Bornholm und Gotland in seinen Kreis zu ziehn; sie mußte schon eine bedeutende Sicherheit in der Handhabung der Fahrzeuge erlangt haben, um den lebhaften Verkehr auszubilden, als dessen Mittelpunkt grade die am weitesten vom Festland abgelegene Insel Gotland sich darstellt. Hier sind in der Tat bis 1873* über 3200 römische Silberdenare gefunden worden gegen etwa 100 auf Oeland, kaum 50 auf dem schwedischen Festland, 200 auf Bornholm, 600 auf Dänemark und Schleswig (wovon 428 in einem einzigen Fund, Slageise auf Seeland). Die Untersuchung dieser Funde beweist, daß bis zum Jahr 161, wo Marc Aurel Kaiser wurde, nur wenige, von da aber bis zum Ende des Jahrhunderts massenhaft römische
* Hans Hildebrand, „Das heidnische Zeitalter in Schweden". Deutsch von Mestorf, Hamburg 1873.
Denare nach Gotland kamen. In der letzten Hälfte muß also die Ostseeschiffahrt schon eine bedeutende Entwicklung erreicht haben; daß sie schon früher bestand, beweist die Angabe des Ptolemäus, wonach [es] von den Weichselmündungen bis Scandia 1200 bis 1600 Stadien weit war (30 bis 40 geographische Meilen). Beide Entfernungen sind ungefähr richtig für die Ostspitze von Blekinge wie für die Südspitze von Oeland oder Gotland, je nachdem man von Rixhöft oder von Neufahrwasser resp. Pillau mißt. Sie können nur auf Schiffernachrichten beruhen, ganz wie die andern Entfernungsangaben längs der deutschen Küste bis zu den Weichselmündungen. Daß diese Schiffahrt auf der Ostsee nicht von den Römern betrieben wurde, dafür spricht erstens die Nebelhaftigkeit aller ihrer Vorstellungen von Skandinavien und zweitens die Abwesenheit aller römischen Münzfunde am Kattegat und in Norwegen. Das cimbrische Vorgebirge (Skagen), das die Römer unter Augustus erreichten und von dem sie das endlose Meer sich ausbreiten sahen, scheint der Grenzpunkt ihres direkten Seeverkehrs geblieben zu sein. Danach haben also die Germanen selbst die Ostsee befahren und den Verkehr unterhalten, römisches Geld und römische Fabrikate nach Skandinavien verführt. Und dies kann auch gar nicht anders sein. Von der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts an treten die sächsischen Seezüge an der gallischen und britannischen Küste urplötzlich auf, und zwar mit einer Kühnheit und Sicherheit, die ihnen nicht über Nacht gekommen sein konnte, die vielmehr eine lange Vertrautheit mit der Fahrt auf hoher See voraussetzt. Und diese Vertrautheit können sich die Sachsen, unter denen wir hier auch alle Völker der cimbrischen Halbinsel verstehn müssen, also auch Friesen, Angeln, Jüten, nur erworben haben auf der Ostsee. Dies große Binnenmeer, ohne Ebbe und Flut, auf dem die atlantischen Südweststürme erst ankommen, nachdem sie sich auf der Nordsee großenteils ausgetobt haben, dies langgestreckte Bassin mit seinen vielen Inseln, Bodden und Sunden, wo man bei der Überfahrt von Ufer zu Ufer höchstens nur auf kurze Zeit kein Land sieht, war wie geschaffen dazu, einer sich neu entwickelnden Schiffahrt als Übungsgewässer zu dienen. Hier weisen schon die schwedischen, der Bronzezeit zugeschriebnen Felsenbilder mit ihren zahlreichen Darstellungen von Ruderbooten auf uralte Schiffahrt hin. Hier bietet Uns der Nydamer Moorfund in Schleswig ein 70 Fuß langes, 8 bis 9 Fuß breites, aus Eichenbrettern gezimmertes Boot aus dem Anfang des dritten Jahrhunderts, ganz geeignet zur Fahrt auf hoher See. Hier bildete sich in der Stille jene Technik des Schiffbaus und jene seemännische Erfahrung, die den Sachsen und Normannen ihre späteren Eroberungszüge
auf hoher See möglich machte und auf Grund welcher der germanische Stamm bis heute an der Spitze aller Seevölker der Welt steht. Die bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts nach Deutschland gekommenen römischen Münzen waren vorwiegend Silberdenare (S Denar = 1,06 Mark). Und zwar zogen die Deutschen, wie uns Tacitus mitteilt, die alten, langbekannten Münzen vor, mit gezahntem Rande und dem Doppelgespann im Gepräge. Wirklich sind unter den älteren Münzen auch viele dieser serrati bigatique gefunden worden. Diese alten Münzen hatten nur 5 bis 10 Prozent Kupferzusatz. Schon Trajan ließ dem Silber 20 Prozent Kupfer zusetzen; dies scheinen die Deutschen nicht gemerkt zu haben. Aber als Septimius Severus von 198 an den Zusatz auf 50 bis 60 Prozent erhöhte, wurde dies den Deutschen zu arg; die unterwertigen späteren Denare kommen in den Funden nur ganz ausnahmsweise vor, die Einfuhr des römischen Geldes hörte auf. Sie beginnt erst wieder, nachdem Konstantin im Jahre 312 den Goldsolidus (72 aufs römische Pfund Feingold von 327 g, also 1 Solidus = 4,55 g fein = 12,70 Mark) als Münzeinheit festgesetzt hatte, und nun sind es vorzugsweise Goldmünzen, Solidi, die nach Deutschland, noch mehr aber nach Oeland und besonders Gotland kommen. Diese zweite Periode der römischen Geldeinfuhr, die Solidusperiode, geht für weströmische Münzen bis zum Ende des Westreichs, für byzantinische bis Anastasios (starb 518). Die Funde fallen meist auf Schweden, die dänischen Inseln, einige auf die deutsche Ostseeküste; im Innern Deutschlands sind sie sehr sporadisch. Die Münzfälschung des Septimius Severus und seiner Nachfolger genügt indes nicht, um das plötzliche Abbrechen des Handelsverkehrs zwischen Deutschen und Römern zu erklären. Es müssen andre Ursachen hinzugekommen sein. Die eine liegt offenbar in den politischen Verhältnissen. Seit Anfang des dritten Jahrhunderts beginnt der Angriffskrieg der Deutschen gegen die Römer, und gegen 250 ist er auf der ganzen Linie von der Donaumündung bis zum Rheindelta entbrannt. Dabei konnte natürlich kein geregelter Handel zwischen den Kriegführenden bestehn. Aber diese plötzlichen, allgemeinen, hartnäckigen Angriffskriege wollen selbst erklärt sein. In den inneren römischen Verhältnissen finden sie sich nicht; das Reich leistet im Gegenteil noch überall erfolgreichen Widerstand und produziert zwischen einzelnen Perioden wüster Anarchie immer noch kräftige Kaiser, grade um diese Zeit. Die Angriffe müssen also durch Veränderungen bedingt sein, die bei den Deutschen selbst vorgegangen. Und hier sind es wieder die Funde, die die Erklärung geben. In den ersten sechziger Jahren unsres Jahrhunderts wurden in zwei
Schleswiger Torfmooren Funde von hervorragender Wichtigkeit gemacht, die, von Engelhardt in Kopenhagen sorgsam gehoben, nach verschiednen Irrfahrten jetzt im Kieler Museum niedergelegt sind. Was sie vor andern Funden ähnlicher Art auszeichnet, sind die dazugehörigen Münzen, die ihr Alter mit ziemlicher Sicherheit feststellen. Der eine, aus dem Taschberger (bei den Dänen Thorsbjerger) Moor bei Süderbrarup, enthält 37 Münzen von Nero bis Septimius Severus, der andre, aus dem Nydamer Moor, einer verschlammten und vertorften Seebucht, 34 Münzen von Tiberius bis Macrinus (218). Die Funde gehören also wohl unzweifelhaft in die Zeit von 220 bis 250. Sie enthalten aber nicht nur Gegenstände römischen Ursprungs, sondern auch zahlreiche andre, die im Lande selbst gefertigt sind und die, bei der fast vollständigen Erhaltung durch das eisenhaltige Torfwasser, uns den Zustand der norddeutschen Metallindustrie, Weberei, des Schiffbaus und vermittelst der Runenzeichen auch des Schriftgebrauchs in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts in überraschender Weise klarlegen. Und hier überrascht uns noch mehr der Stand der Industrie selbst. Die feinen Gewebe, die zierlichen Sandalen und das sauber gearbeitete Riemenzeug zeigen eine weit höhere Kulturstufe an als die der taciteischen Deutschen; was aber besonders in Erstaunen setzt, sind die einheimischen Metallarbeiten. Daß die Deutschen Kenntnis des Metallgebrauchs aus der asiatischen Heimat mitbrachten, beweist die Sprachvergleichung. Die Kenntnis der Metallgewinnung und -bearbeitung haben sie vielleicht ebenfalls gehabt, hatten sie aber kaum noch, als sie mit den Römern zusammenstießen. Wenigstens findet sich bei den Schriftstellern des ersten Jahrhunderts keine Andeutung davon, daß zwischen Rhein und Elbe Eisen oder Bronze gewonnen und verarbeitet worden sei; sie lassen eher aufs Gegenteil schließen. Von den Gothinen (in Oberschlesien?) sagt Tacitus allerdings, daß sie Eisen grüben, und den benachbarten Quaden schreibt Ptolemäus Eisenwerke zu; beiden kann die Kenntnis des Schmelzens von der Donau her wieder zugekommen sein. Auch die durch Münzen beglaubigten Funde des ersten Jahrhunderts weisen nirgends einheimische Metallprodukte auf, sondern nur römische; wie wären die Massen römischer Metallwaren nach Deutschland gekommen, wenn dort eine eigne Metallverarbeitung bestanden hätte? Allerdings finden sich in Deutschland alte Gußformen, unvollendete Gußstücke und Gußabfälle aus Bronze, aber stets ohne das Alter beglaubigende Münzen; aller Wahrscheinlichkeit nach Spuren aus vorgermanischer Zeit, Reste der Tätigkeit herumziehender etruskischer Bronze
gießer. Übrigens ist die Frage zwecklos, ob den einwandernden Deutschen die Metallbereitung gänzlich abhanden gekommen war; alle Tatsachen sprechen dafür, daß sie im ersten Jahrhundert faktisch keine oder so gut wie keine Metallverarbeitung betrieben. Hier tauchen nun auf einmal die Taschberger Moorfunde auf und enthüllen uns eine unerwartete Höhe der einheimischen Metallindustrie. Schnallen, Metallplatten zu Beschlägen, mit Tier- und Menschenköpfen verziert, ein silberner Helm mit vollständiger Gesichtseinrahmung, nur Augen, Nase und Mund freilassend; Ringpanzer von Drahtgeflecht, die äußerst mühsame Arbeit voraussetzen, da der Draht erst gehämmert werden mußte (das Drahtziehen wurde erst 1306 erfunden), ein goldner Kopfring, andrer Gegenstände nicht zu erwähnen, deren einheimischer Ursprung in Zweifel gezogen werden könnte. Mit diesen Fundstücken stimmen andre des Nydamer Moors sowie Moorfunde aus Fünen und endlich ein böhmischer Fund (Hörovice), ebenfalls im Anfang der sechziger Jahre aufgedeckt: prachtvolle Bronzescheiben mit Menschenköpfen, Spangenbuckel etc. ganz nach Art der Taschberger, also wohl ebenfalls derselben Zeit angehörig. Vom dritten Jahrhundert an muß die Metallindustrie sich unter steigender Vervollkommnung über das ganze deutsche Gebiet ausgebreitet haben; bis zur Zeit der Völkerwanderung, sagen wir, bis Ende des fünften Jahrhunderts, erreichte sie einen verhältnismäßig sehr hohen Stand. Nicht nur Eisen und Bronze, auch Gold und Silber wurden regelmäßig verarbeitet, römische Münzen in den Gold-Brakteaten nachgemacht, die unedlen Metalle vergoldet; eingelegte Arbeit, Email, Filigranarbeit kommen vor; bei oft plumper Gestalt des ganzen Werkstücks zeigen sich höchst kunstund geschmackvolle, nur zum Teil den Römern nachgebildete Verzierungen - letzteres gilt namentlich von den Schnallen und Spangen oder Gewandnadeln, bei denen gewisse charakteristische Formen allgemein vorkommen. Im Britischen Museum liegen Spangen aus Kertsch am Asowschen Meer neben ganz ähnlichen, die in England gefunden sind; sie könnten aus einer Fabrik sein. Der Stil dieser Arbeiten ist im Grundzug derselbe - bei oft scharfen lokalen Besonderheiten - von Schweden bis zur Unterdonau und vom Schwarzen Meer bis Frankreich und England. Diese erste Periode der deutschen Metallindustrie geht unter auf dem Festlande mit dem Schluß der Völkerwanderung und der allgemeinen Annahme des Christentums; in England und Skandinavien erhält sie sich etwas länger. Wie allgemein verbreitet diese Industrie bei den Deutschen im 6. und J.Jahrhundert war und wie sehr sie sich schon als besondrer Gewerbs
zweig abgeschieden hatte, beweisen die Volksrechte. Schmiede, Schwertmacher, Gold- und Silberschmiede werden häufig erwähnt, im alamannischen Gesetz sogar solche, die öffentlich geprüft (publice probati) sind. Das bayrische Gesetz belegt den Diebstahl aus einer Kirche, aus dem herzoglichen Hof, aus einer Schmiede oder Mühle mit höherer Strafe, „weil diese vier Gebäude öffentliche Häuser sind und stets offen stehn". Der Goldschmied hat im friesischen Gesetz ein um höheres Wergeid als andre Leute seines Standes; das salische Gesetz schätzt den einfachen Leibeignen auf 12 Solidi, dagegen den, der Schmied (faber) ist, auf 35. Vom Schißbau haben wir schon gesprochen. Die Nydamer Boote sind Ruderboote, das größere, eichene, für vierzehn Paar Ruderer, das kleinere ist aus Föhrenholz. Ruder, Steuer, Schöpfkellen lagen noch darin. Erst nachdem die Deutschen auch die Nordsee zu befahren angefangen, scheinen sie von Römern und Kelten den Gebrauch der Segel angenommen zu haben. Töpferei war ihnen schon zu Tacitus' Zeit bekannt, wohl nur Handtöpferei. Die Römer hatten an der Grenze, namentlich innerhalb des Grenzwalls in Schwaben und Bayern, große Töpfereien, worin, wie die eingebrannten Namen der Arbeiter beweisen, auch Deutsche beschäftigt wurden. Mit diesen muß die Kenntnis des Glasflusses und der Töpferscheibe sowie höhere technische Fertigkeit nach Deutschland gekommen sein. Auch die Glasbereitung war den über die Donau eingebrochenen Deutschen bekannt geworden; in Bayern und Schwaben sind Glasgefäße, farbige Glasperlen und Glaseinsätze bei Metallwaren, sämtlich deutschen Ursprungs, oft gefunden worden. Endlich finden wir die Runenschrift nunmehr allgemein verbreitet und angewandt. Der Taschberger Fund hat eine Schwertscheide und einen Schildbuckel, die mit Runen bezeichnet sind. Dieselben Runen treffen wir auf einem in der Walachei gefundnen Goldring, auf Spangen aus Bayern und Burgund, endlich auf den ältesten Runensteinen Skandinaviens. Es ist das vollständigere Runenalphabet, aus dem später die angelsächsischen Runen sich fortgebildet haben; es enthält sieben Schriftzeichen mehr als die später in Skandinavien zur Herrschaft gekommne nordische Runenzeile und zeigt auch auf eine ältere Sprachform hin als die, in der das älteste Nordisch uns erhalten ist. Es war übrigens ein äußerst schwerfälliges Schriftsystem, aus römischen und griechischen Buchstaben so abgeändert, daß es sich bequem auf Stein oder Metall und namentlich auf Holzstäbe einritzen (writen) ließ. Die runden Formen hatten eckigen weichen müssen; nur senkrechte oder schräge Striche waren möglich^ keine horizontalen,
alles der Holzfaser wegen; aber eben dadurch wurde es äußerst unbehüiflieb für Schrift auf Pergament oder Papier. Und in der Tat» soweit wir beurteilen können, hat es auch fast nur für Kultuszwecke und Zauberei und für Inschriften, wohl auch für andre kurze Mitteilungen gedient; sobald das Bedürfnis einer wirklichen Bücherschrift entstand, wie bei Goten und später bei Angelsachsen, wurde es fortgeworfen und eine neue Anpassung des griechischen oder römischen Alphabets vorgenommen, bei der nur einzelne Runenzeichen bewahrt blieben. Endlich müssen die Deutschen während des hier behandelten Zeitraums auch in Ackerbau und Viehzucht bedeutende Fortschritte gemacht haben. Die Beschränkung auf feste Wohnsitze zwang dazu; der enorme Zuwachs an Bevölkerung, der in der Völkerwanderung zum Überfluten kommt, wäre ohne sie unmöglich gewesen. Manches Stück Urwald muß gerodet worden sein, und wahrscheinlich gehören die meisten der „Hochäcker" - Waldstücke, die Spuren uralten Ackerbaus aufzeigen - hierher, soweit sie auf damals deutschem Gebiet liegen. Die speziellen Nachweise fehlen hier natürlich. Wenn aber schon Probus gegen Ende des S.Jahrhunderts deutsche Pferde für seine Reiterei vorzog, und wenn das große weiße Rind, das in den sächsischen Gegenden Britanniens das kleine schwarze keltische verdrängt hat, durch die Angelsachsen dorthin gekommen ist, wie jetzt angenommen wird, so zeigt dies auch in der Viehzucht und damit im Ackerbau der Deutschen eine vollständige Revolution an.
Das Ergebnis unsrer Untersuchung ist, daß die Deutschen von Cäsar bis Tacitus einen bedeutenden Fortschritt in der Zivilisation gemacht hatten, daß sie aber von Tacitus bis zum Beginn der Völkerwanderung rund 400 - noch weit rascher fortschritten. Der Handel kam zu ihnen, brachte ihnen römische Industrieprodukte und damit wenigstens teilweise römische Bedürfnisse; er erweckte eine eigne Industrie, die sich zwar an römische Vorbilder anlehnte, aber dabei ganz selbständig sich entwickelte. Die schleswigschen Moorfunde stellen die erste der Zeit nach bestimmbare Etappe dieser Industrie dar; die Funde aus der Zeit der Völkerwanderung die zweite, eine höhere Entwicklung aufweisende. Eigentümlich ist dabei, daß die westlicheren Stämme gegen die des Innern und namentlich der Ostseeküsten entschieden zurückstehn. Die Franken und Alamannen und noch später die Sachsen liefern Metallwaren von geringerer Arbeit als die Angelsachsen, Skandinavier und die aus dem Innern ausgezognen Völker
die Goten am Schwarzen Meer und der Unterdonau, die Burgunder in Frankreich. Der Einfluß der alten Handelswege von der Mitteldonau längs der Elbe und Oder ist hier nicht zu verkennen. Gleichzeitig bilden sich die Küstenbewohner zu geschickten Schiffsbauern und kühnen Seeleuten; überall nimmt die Volkszahl reißend zu; das von den Römern eingeengte Gebiet reicht nicht mehr; es entstehn zuerst im fernen Osten neue Züge landsuchender Stämme, bis endlich die wogende Masse an allen Ecken und Enden, zu Land wie zu See, unaufhaltsam auf neues Gebiet hinüberströmt.
Anmerkung: Die deutschen Stämme
In das Innere von Großgermanien sind römische Heere nur auf wenigen Marschlinien und während eines kurzen Zeitraums gekommen, und auch da nur bis zur Elbe; Kaufleute und sonstige Reisende kamen ebenfalls bis auf Tacitus' Zeit nur selten und nicht weit hinein. Kein Wunder, daß die Nachrichten über dies Land und seine Bewohner so ungenügend und widersprechend sind; es ist eher überraschend, daß wir überhaupt noch so viel Sichres erfahren. Unter den Quellen selbst sind die beiden griechischen Geographen nur da unbedingt brauchbar, wo sie unabhängige Bestätigung finden. Beide waren Buchgelehrte, Sammler, in ihrer Art und nach ihren Mitteln auch kritische Sichter eines uns jetzt großenteils verlornen Materials. Persönliche Kenntnis des Landes fehlte ihnen. Strabo läßt die den Römern so wohlbekannte Lippe, statt in den Rhein, parallel mit Ems und Weser in die Nordsee fließen und ist ehrlich genug einzugestehn, daß die Gegend jenseits der Elbe gänzlich unbekannt sen Während er sich der Widersprüche seiner Quellen und eigner Zweifel entledigt vermittelst eines naiven Rationalismus, der oft an den Anfang unsres Jahrhunderts erinnert, versucht der wissenschaftliche Geograph Ptolemäus, den einzelnen in seinen Quellen genannten deutschen Stämmen im unerbittlichen Gradnetz seiner Karte mathematisch bestimmte Plätze anzuweisen. So großartig das Gesamtwerk des Ptolemäus für seine Zeit, so irreleitend ist seine Geographie Germaniens1275Erstens sind die ihm vorliegenden Nachrichten meist unbestimmt und widerspruchsvoll, oft direkt falsch. Zweitens aber ist seine Karte verzeichnet, Flußläufe und Gebirgszüge großenteils total unrichtig eingetragen. Es ist, als wenn ein ungereister Berliner Geograph, etwa um 1820, sich verpflichtet fühlte, den leeren Raum auf der Karte von Afrika auszufüllen, indem er die Nachrichten aller Quellen seit Leo Africanus
in Harmonie bringt und jedem Fluß und jedem Gebirge einen bestimmten Lauf, jedem Volk einen genauen Sitz anweist. Bei solchen Versuchen, Unmögliches zu leisten, müssen die Irrtümer der benutzten Quellen noch verschärft werden. So setzt Ptolemäus viele Völker doppelt an; Lakkobarden an der Niederelbe, Langobarden vom Mittelrhein bis zur Mittelelbe; er kennt ein doppeltes Böhmen, das eine bewohnt von Markomannen, das andre von Bainochaimen usw. Wenn Tacitus ausdrücklich sagt, es gäbe keine Städte in Germanien, so weiß Ptolemäus, kaum 50 Jahre später, schon 96 Orte mit, Namen anzuführen. Manche dieser Namen mögen richtige Ortsnamen sein; Ptolemäus scheint viele Nachrichten von Kaufleuten gesammelt zu haben, die um diese Zeit schön in größerer Zahl den Osten Deutschlands besuchten und die sich allmählich fixierenden Namen der von ihnen besuchten Orte kennenlernten. Woher andre rühren, zeigt das eine Beispiel der angeblichen Stadt Siatutanda, die unser Geograph aus den Worten: ad sua tutanda1 des Tacitus, wohl aus einer schlechten Handschrift, herausliest. Daneben finden sich Nachrichten von überraschender Genauigkeit und vom höchsten historischen Wert. So ist Ptolemäus der einzige unter den Alten, der die Langobarden, zwar unter dem entstellten Namen Lakkobarden, genau an die Stelle setzt, wo noch heute Bardengau und Bardenwic von ihnen zeugen; ebenso Ingrionen in dem Engersgau, wo noch heute Engers am Rhein bei Neuwied. So führt er, ebenfalls allein, die Namen von den litauischen Galinden und Suditen auf, die noch heute in den ostpreußischen Landschaften Gelünden und Sudauen fortbestehn. Solche Fälle aber beweisen nur seine große Gelehrsamkeit, nicht die Richtigkeit seiner übrigen Angaben. Zum Uberfluß ist der 1 ext, besonders was die Hauptsache, die Namen, angeht, entsetzlich verderbt. Direkteste Quelle bleiben die Römer, namentlich die, welche das Land selbst besucht haben. Vellejus war in Deutschland als Soldat und schreibt als Soldat, etwa in der Art, wie ein Offizier der grande armee von den Feldzügen von 1812 und 1813 schreibt. Nicht einmal für die militärischen Ereignisse erlaubt seine Erzählung die Lokalitäten festzustellen; kein Wunder in einem Lande ohne Städte. Plinius hatte ebenfalls in Deutschland als Reiteroffizier gedient und u. a. die chaukische Küste besucht; auch hatte er in zwanzig Büchern alle mit den Germanen geführten Kriege beschrieben; hieraus schöpfte Tacitus. Dazu war Plinius der erste Römer, der an den Dingen im Barbarenlande ein mehr als politisch-militärisches, ein theoretisches Interesse nahm.2 Seine Nachricht von den deutschen
1 zu seinem Schutze - 2 in der Handschrift gestrichen: „Dazu war er Naturforscher."
Stämmen muß daher, als auf eigener Erkundigung des wissenschaftlichen Enzyklopädisten Roms beruhend, von besonderm Gewicht sein. Daß Tacitus in Deutschland gewesen, wird traditionell behauptet, einen Beweis finde ich nicht. Jedenfalls konnte er zu seiner Zeit direkte Nachrichten nur dicht an Rhein und Donau sammeln. Die Völkertafeln der „Germania" [des Tacitus] und des Ptolemäus unter sich und mit dem Gewirr der übrigen alten Nachrichten in Einklang zu bringen, haben zwei klassische Bücher vergebens versucht: Kaspar Zeuß' „[Die] Deutsche[n und die Nachbarstämme]" und Jakob Grimms „Geschichte der deutschen Sprache". Was diesen beiden genialen Gelehrten und was auch seitdem nicht gelungen, wird man wohl als mit unsern gegenwärtigen Mitteln unlösbar ansehn dürfen. Die Unzulänglichkeit dieser Mittel geht grade daraus hervor, daß jene beide genötigt waren, sich falsche Hülfstheorien zu konstruieren; Zeuß, daß das letzte Wort aller streitigen Fragen in Ptolemäus zu suchen sei, obwohl niemand die Grundirrtümer des Ptolemäus schärfer kennzeichnet als grade er; Grimm, daß die Macht, die das römische Weltreich umstürzte, auf einem breiteren Boden erwachsen sein müsse als das Gebiet zwischen Rhein, Donau und Weichsel, und daß deshalb mit Goten und Daken noch der größte Teil des Landes im Norden und Nordosten der Unterdonau als deutsch anzusetzen sei. Sowohl Zeuß' wie Grimms Annahmen sind heute veraltet. Versuchen wir wenigstens einige Klarheit in die Sache zu bringen, indem wir die Aufgabe beschränken. Gelingt es uns, eine allgemeinere Gruppierung der Völkerschaften nach einigen wenigen Hauptstämmen fertigzubringen, so wird der späteren Detailforschung ein sicherer Boden gewonnen. Und hier bietet uns die Stelle des Plinius einen Anhaltspunkt, dessen Festigkeit sich im Verfolg der Untersuchung mehr und mehr bewährt und der jedenfalls auf weniger Schwierigkeiten führt, uns in weniger Widersprüche verwickelt als irgendein andrer. Allerdings, wenn wir von Plinius ausgehn, müssen wir die unbedingte Anwendbarkeit der taciteischen Trias und der alten Sage von des Mannus drei Söhnen Ing, Isk und Ermin fallenlassen. Aber erstens weiß Tacitus selbst mit seinen Ingävonen, Iskävonen und Herminonen nichts anzufangen. Er macht nicht den geringsten Versuch, die von ihm einzeln aufgezählten Völker unter jene drei Hauptstämme zu gruppieren. Und zweitens ist dies auch später niemandem gelungen. Zeuß strengt sich gewaltig an, die gotischen Völker, die er als „Istävonen" faßt, in die Trias einzuzwängen, und bringt dadurch nur eine noch größere Verwirrung zustande. Die Skandinavier hineinzubringen, versucht er nicht einmal und konstituiert sie als
vierten Hauptstamm. Damit ist aber die Trias ebensosehr durchbrochen wie mit den fünf Hauptstämmen des Plinius. Sehen wir uns nun diese fünf Stämme im einzelnen an. I. Vindili, quorum pars Burgundiones, Varini, Carini, Guttones.1 Wir haben hier drei Völker: die Vandalen, die Burgunder und die Goten selbst, von denen es feststeht, erstens, daß sie gotische Dialekte sprachen, und zweitens, daß sie um jene Zeit tief im Osten Germaniens wohnten: Goten an und jenseits der Weichselmündung, Burgunder von Ptolemäus in die Wartagegend bis zur Weichsel gesetzt, Vandalen von Dio Cassius (der das Riesengebirge nach ihnen benennt) nach Schlesien. Zu diesem gotischen Hauptstamm, wie wir ihn nach der Sprache bezeichnen wollen, dürfen wir wohl unbedingt alle jene Völker rechnen, deren Dialekt Grimm auf den gotischen zurückgeführt hat, also zunächst die Gegenden, denen Prokop gradezu, wie auch den Vandalen, gotische Sprache zuschreibt^2763. Von ihrem früheren Wohnsitz wissen wir nichts, ebensowenig von dem der Heruler, die Grimm neben Skiren und Rugiern auch zu den Goten stellt. Die Skiren nennt Plinius an der Weichsel, die Rugier Tacitus gleich neben den Goten an der Küste. Die gotische Mundart hält hiernach ein ziemlich kompaktes Gebiet zwischen den vandalischen Bergen (Riesengebirge), der Oder und der Ostsee bis an und über die Weichsel hinaus besetzt. Wer die Cariner waren, wissen wir nicht. Einige Schwierigkeit verursachen die Warner. Tacitus führt sie neben Angeln unter den sieben der Nerthus opfernden Völkern an, von denen schon Zeuß mit Recht bemerkt, daß sie ein eigentümlich ingävonisches Aussehn haben. Die Angeln aber rechnet Ptolemäus zu den Sueven, was offenbar falsch. Zeuß sieht in einem oder zwei entstellten Namen bei demselben Geographen die Warner und stellt sie demgemäß ins Havelland und zu den Sueven. Die Uberschrift des alten Volksrechts identifiziert ohne weiteres Warner und Thüringer; aber das Recht selbst ist den Warnern und Angeln gemeinsam. Nach allem diesem muß es zweifelhaft bleiben, ob die Warner gotischem oder ingävonischem Stamm zuzurechnen sind; da sie gänzlich verschollen, ist die Frage auch nicht von besondrer Bedeutung. II. Altera pars Ingaevones, quorum pars Cimbri, Teutoni ac Chaucorum gentes.1 Plinius weist hier den Ingävonen also zunächst die cimbrische Halbinsel und das Küstenland zwischen Elbe und Ems als Wohnsitz an. Von den drei genannten Völkern waren die Chauken wohl unzweifelhaft nächste
Verwandte der Friesen. Friesische Sprache herrscht noch heute an der Nordsee, im holländischen Westfriesland, im oldenburgischen Saterland, im schleswigschen Nordfriesland. Zur Karolingerzeit wurde an der ganzen Küste vom Sinkfal (der Bucht, die noch heute die Grenze zwischen dem belgischen Flandern und dem holländischen Seeland bildet) bis nach Sylt und dem schleswigschen Widau und wahrscheinlich noch ein gut Stück weiter nach Norden fast nur friesisch gesprochen; nur zu beiden Seiten der Elbmündung trat sächsische Sprache bis ans Meer. Unter Cimbern und Teutonen versteht Plinius offenbar die damaligen Bewohner des cimbrischen Chersones, die also zum chaukisch-friesischen Sprachstamm gehörten. Wir dürfen also mit Zeuß und Grimm in den Nordfriesen direkte Nachkommen jener ältesten Halbinsel-Deutschen sehn. Dahlmann („Geschfichte] von Dänemark") behauptet zwar, die Nordfriesen seien erst im fünften Jahrhundert von Südwesten her nach der Halbinsel eingewandert. Aber er gibt nicht den geringsten Beleg dafür, und seine Angabe ist auch bei allen späteren Untersuchungen mit Recht ganz unberücksichtigt geblieben. Ingävonisch wäre hiernach zunächst gleichbedeutend mit Friesisch, in dem Sinne, daß wir den ganzen Sprachstamm nach der Mundart benennen, von der allein uns ältere Denkmäler und fortlebende Dialekte geblieben sind. Aber ist damit der Umfang des ingävonischen Stammes erschöpft? Oder hat Grimm recht, wenn er die Gesamtheit dessen, was er, nicht ganz genau, als niederdeutsch bezeichnet, darunter zusammenfaßt, also neben den Friesen noch die Sachsen? Geben wir von vornherein zu, daß bei Plinius den Sachsen ein ganz unrichtiger Platz angewiesen wird, indem die Cherusker zu den Herminonen gestellt werden. Wir werden später finden, daß in der Tat nichts übrigbleibt, als die Sachsen ebenfalls den Ingävonen zuzurechnen und so diesen Haüptstamm als den friesisch-sächsischen zu fassen. Es ist hier der Ort, von den Angeln zu sprechen, die Tacitus möglicherweise, Ptolemäus mit Bestimmtheit zu den Sueven rechnet. Dieser setzt sie aufs rechte Elbufer, den Langobarden gegenüber, womit, wenn die Angabe überhaupt etwas Richtiges enthalten soll, nur die wirklichen Langobarden an der Niederelbe gemeint sein können; die Angeln kämen also von Lauenburg etwa bis in die Prignitz. Später finden wir sie in der Halbinsel selbst, wo ihr Name sich erhalten hat und von wo sie mit den Sachsen nach Britannien zogen. Ihre Sprache erscheint jetzt als Element des Angelsächsischen, und zwar als das entschieden friesische Element dieser neugebildeten Mundart. Was auch aus den im Innern Deutschlands zurückgebliebenen
oder verschlagenen Angeln geworden sein mag, diese Tatsache allein zwingt uns, die Angeln zu den Ingävonen zu schlagen, und zwar zum friesischen Zweig derselben. Ihnen ist der ganze, weit mehr friesische als sächsische Vokalismus des Angelsächsischen zu danken, ihnen der Umstand, daß die Weiterentwicklung dieser Sprache in vielen Fällen auffallend der der friesischen Dialekte parallel geht. Von allen kontinentalen Dialekten stehn die friesischen dem englischen heute am nächsten. So ist auch die Umwandlung der Kehllaute in Zischlaute im Englischen nicht französischen, sondern friesischen Ursprungs. Das englische ch = c statt k> das englische dz für g vor weichen Vokalen konnte wohl aus friesischem tz, tj für ki dz für g entstehn, nie aber aus französischem ch und g. Mit den Angeln müssen wir auch die Jüten zum friesisch-ingävonischen Stamm schlagen, ob sie nun schon zu Plinius' oder Tacitus' Zeit auf der Halbinsel saßen oder erst später dahin eingewandert sind. Grimm findet ihren Namen in dem der Eudoses, einem der Nerthus dienenden Völker des Tacitus; sind die Angeln ingävonisch, so wird es schwer, die übrigen Völker dieser Gruppe einem andern Stamm zuzuweisen. Dann reichten die Ingävonen bis in die Gegend der Odermündung, und die Lücke zwischen ihnen und den gotischen Völkern wäre ausgefüllt. III. Proximi autem Rheno Iscaevones (alias Istaevones), quorum pars Sicambri.1 Schon Grimm und nach ihm andre, z.B. Waitz, identifizierten mehr oder weniger Iskävonen und Franken. Was Grimm aber irremacht, ist die Sprache. Seit der Mitte des neunten Jahrhunderts sind alle deutschen Dokumente des Frankenreichs ^2773 in einer von der althochdeutschen nicht zu trennenden Mundart abgefaßt; Grimm nimmt also an, daß das Altfränkische in der Fremde untergegangen und in der Heimat durch Hochdeutsch ersetzt worden sei, und so schlägt er denn die Franken schließlich zu den Hochdeutschen. Daß das Altfränkische den Wert -eines selbständigen, zwischen Sächsisch und Hochdeutsch die Mitte haltenden Dialekts hat, gibt Grimm selbst als das Resultat seiner Untersuchung der erhaltenen Sprachreste an. Dies genügt hier vorderhand; eine nähere Untersuchung der fränkischen Sprachverhältnisse, über welche noch viel Unklarheit herrscht, muß einer besondern Anmerkung2 vorbehalten bleiben. Allerdings erscheint das dem iskävonischen Stamm zufallende Gebiet Verhältnismäßig klein für einen ganzen deutschen Hauptstamm, und noch
1 Siehe vorl. Band, S.435 - 2 siehe vorl. Band, S. 494-518
dazu für einen, der eine so gewaltige Rolle in der Geschichte gespielt hat. Vom Rheingau an begleitet es den Rhein, bis an die Quellen der Dill, Sieg, Ruhr, Lippe und Ems ins innere Land reichend, nach Norden durch Friesen und Chauken von der See abgeschnitten, dazu an der Rheinmündung durchsetzt von Völkertrümmern andern, meist chattischen Stamms: Batavern, Chattuariern etc. Zu den Franken gehören dann noch die links vom Niederrhein angesiedelten Deutschen; ob auch Triboker, Vangionen, Nemeter? Der geringe Umfang dieses Gebiets erklärt sich indes durch den Widerstand, den am Rhein die Kelten und seit Cäsar die Römer der Ausbreitung der Iskävonen entgegensetzten, während im Rücken schon Cherusker sich niedergelassen hatten und von der Seite Sueven, namentlich Chatten,* wie von Cäsar bezeugt, sie mehr und mehr einengten. Daß hier eine für deutsche Verhältnisse dichte Bevölkerung auf kleinem Raum zusammengedrängt war, beweist das fortwährende Andringen über den Rhein: anfangs durch erobernde Scharen, später durch freiwilligen Übertritt auf römisches Gebiet, wie bei den Ubiern. Aus demselben Grunde gelang es hier und nur hier den Römern mit Leichtigkeit, schon früh bedeutende Teile iskävonischer Volksstämme auf römisches Gebiet überzuführen. Die in der Anmerkung über den fränkischen Dialekt zu führende Untersuchung wird den Beweis liefern, daß die Franken eine gesonderte, in sich in verschiedne Volksstämme gegliederte Gruppe der Deutschen ausmachen, einen besondern, in mannigfaltige Mundarten zerfallenden Dialekt sprechen, kurz, alle Kennzeichen eines germanischen Hauptstamms besitzen, wie dies erforderlich ist, um sie mit den Iskävonen für identisch zu erklären. Über die einzelnen, diesem Hauptstamm angehörigen Völkerschaften hat bereits j. Grimm das Nötige gesagt. Er rechnet hierher außer den Sigambern Ubier, Chamaver, Brukterer, Tenkterer und Usipeter, also die Völker, die das früher von uns als iskävonisch bezeichnete rechtsrheinische Gebiet bewohnten. IV. Mediterranei Hermiones, quorum Suevi, Hermunduri, Chatti, Cherusci.1 Schon J. Grimm identifiziert die Herminonen, um des Tacitus' genauere Schreibweise zu gebrauchen, mit den Hochdeutschen. Der Name Sueven, der nach Cäsar alle Hochdeutschen umfaßte, soweit sie ihm bekannt, fängt an, sich zu differenzieren. Thüringer (Hermunduren) und Hessen (Chatten) treten als gesonderte Völker auf. Noch ungeschieden bleiben die übrigen
Sueven, Wenn wir die vielen mysteriösen, schon in den nächsten Jahrhunderten verschollenen Namen zunächst als unergründlich beiseite lassen, so müssen diese Sueven doch drei große, später in die Geschichte eingreifende Stämme hochdeutscher Zunge umfassen: die Alamannen-Schwaben, die Bayern und die Langobarden. Die Langobarden, das wissen wir bestimmt, wohnten am linken Ufer der Niederelbe, um den Bardengau, vereinzelt von ihren übrigen Stammesgenossen, vorgeschoben mitten zwischen ingävonischen Völkern; diese ihre isolierte Stellung, die durch lange Kämpfe behauptet werden mußte, schildert Tacitus vortrefflich, ohne ihre Ursache zu kennen. Die Bayern, wie wir seit Zeuß und Grimm ebenfalls wissen, wohnten unter dem Namen Markomannen in Böhmen; Hessen und Thüringer in ihren jetzigen Wohnsitzen und in den südlich anstoßenden Gebieten, Da nun südlich von Franken, Hessen und Thüringern römisches Gebiet begann, bleibt für die Schwaben-Aiamannen kein andrer Platz übrig als zwischen Elbe und Oder, in der heutigen Mark Brandenburg und dem Königreich Sachsen; und hier finden wir ein suevisches Volk, die Semnonen. Mit diesen also wären sie wohl identisch und grenzten im Nordwesten an Ingävonen, im Nordosten und Osten an gotische Stämme. Soweit geht alles ziemlich glatt ab. Nun aber rechnet Plinius auch die Cherusker zu den Herminonen, und hierin macht er entschieden ein Versehn. Schon Cäsar trennt sie bestimmt von den Sueven, zu denen er noch die Chatten rechnet. Auch Tacitus weiß nichts von einer Zusammengehörigkeit der Cherusker mit irgendwelchem hochdeutschen Stamm. Ebensowenig Ptolemäus, der doch die Suevennamen bis über die Angeln ausdehnt. Die bloße Tatsache, daß die Cherusker den Raum zwischen Chatten und Hermunduren im Süden und Langobarden im Nordosten ausfüllen, reicht noch lange nicht hin, um daraus auf nähere Stammesverwandtschaft zu schließen; wenn auch vielleicht gerade sie den Plinius hier irregeführt hat. Zu den Hochdeutschen hat meines Wissens kein Forscher, dessen Meinung in Betracht kommt, die Cherusker gerechnet. Bleibt also nur die Frage, ob sie zu den Ingävonen oder Iskävonen zu schlagen sind. Die wenigen Namen, die uns überliefert, zeigen fränkisches Gepräge: ch statt des späteren h in Cherusci, Chariomerus; e statt i in Segestes, Segimerus, Segimundus. Aber fast alle deutschen Namen, die den Römern von der Rheinseite her kommen, scheinen in fränkischer Form durch Franken ihnen überliefert. Und ferner wissen wir nicht, ob die Gutturalaspirata der ersten Lautverschiebung, noch im 7ten Jahrhundert bei den Franken ch, im ersten Jahrhundert nicht bei allen Westdeutschen ch lautete und sich erst später
in das allen gemeinsame h abschwächte. Auch sonst finden wir keine Stammesverwandtschaft der Cherusker mit Iskävonen, wie sie sich z.B. in der Aufnahme der dem Cäsar entronnenen Reste der Usipeter und Tenkterer durch die Sigamber zeigt. Ebenso deckt sich das von den Römern zu Varus* Zeit besetzte und als Provinz behandelte rechtsrheinische Gebiet mit dem iskävonisch-fränkischen. Hier lagen Aliso und die übrigen römischen Festen; vom Cheruskerland scheint höchstens der Strich zwischen Osning und Weser wirklich besetzt gewesen zu sein; jenseits waren Chatten, Cherusker, Chauken, Friesen mehr oder weniger unsichre, durch Furcht im Zaum gehaltene, aber in ihren innern Angelegenheiten autonome und von ständiger römischer Besetzung befreite Bundesgenossen. Die Römer machten in dieser Gegend bei stärkerem Widerstand stets die Stammesgrenze zum zeitweiligen Abschnitt der Eroberung. So hatte es auch Cäsar in Gallien gemacht; an der Grenze der Belgier machte er halt und überschritt sie erst, als er des eigentlich sog. keltischen Galliens sicher zu sein glaubte. Es bleibt also nichts übrig, als die Cherusker und die ihnen nächstverwandten kleineren Nachbarvölker mit J. Grimm und der gewöhnlichen Ansicht zum sächsischen Stamm und damit zu den Ingävonen zu schlagen. Hierfür spricht auch, daß grade im aitcheruskischen Gebiet das alte sächsische a gegenüber dem in Westfalen herrschenden o des genitivus pluralis und schwachen Masculinums sich am reinsten erhalten hat. Hiermit fallen alle Schwierigkeiten; der ingävonische Stamm erhält wie die andren ein ziemlich abgerundetes Gebiet, in das nur die herminonischen Langobarden etwas vorspringen. Von den beiden großen Abteilungen des Stammes hält die friesisch-anglisch-jütische die Küste und wenigstens den nördlichen und westlichen Teil der Halbinsel besetzt, die sächsische das innere Land und vielleicht auch jetzt schon einen Teil von Nordalbingien, wo bald darauf Ptolemäus die Saxones zuerst nennt. V. Quinta pars Peucini, Basternae contermini Dacis.1 Das Wenige, das wir von diesen beiden Völkern wissen, stempelt sie, wie schon die Namensform Basternae, zu Stammverwandten der Goten. Wenn Plinius sie als besondern Stamm aufführt, so rührt dies wohl davon her, daß er seine Kunde von ihnen von der Unterdonau her, durch griechische Vermittlung erhielt, während seine Kenntnis von den gotischen Völkern an Oder und Weichsel am Rhein und der Nordsee geschöpft war und daher der Zusammenhang von Goten und Bastarnern ihm entging.
Bastarner wie Peukiner sind an Karpaten und Donaumündung zurückgebliebne, noch längere Zeit berumziehende deutsche Völker, die das spätere große Gotenreich vorbereiten, in dem sie verschollen sind. VI. Die Hillevionen, unter welchem Gesamtnamen Plinius die germanischen Skandinavier aufführt, erwähne ich nur der Ordnung wegen und um nochmals zu konstatieren, daß alle alten Schriftsteller diesem Hauptstamm nur die Inseln (wozu auch Schweden und Norwegen gerechnet) anweisen, ihn von der cimbrischen Halbinsel ausschließend. Somit hätten wir fünf germanische Hauptstämme mit fünf Hauptdialekten. Der gotische, im Osten und Nordosten, hat im genitivus pluralis des Masculinums und Neutrums e, das Femininum o und e; das schwache Masculinum hat a. Die Flexionsformen der Präsenskonjugation (des Indikativs) schließen sich, unter Berücksichtigung der Lautverschiebung, noch eng an die der urverwandten Sprachen, besonders des Griechischen und Lateinischen. Der ingävonische, im Nordwesten, hat im genitivus pluralis a, für das schwache Masculinum ebenfalls a; im praesens indicativus alle drei Pluralpersonen auf d oder dk mit Ausstoßung aller Nasalen. Er teilt sich in die beiden Hauptzweige des Sächsischen und Friesischen, die im Angelsächsischen wieder zu einem verschmelzen. An den friesischen Zweig schließt sich der skandinavische Stamm; genitivus pluralis auf a, schwaches Masculinum auf i, das aus a geschwächt ist, wie die ganze Deklination beweist. Im praesens indicativus ist das ursprüngliche s der II. Person singularis in r übergegangen, die I. Person pluralis bewahrt m, die II. dh, die übrigen Personen sind mehr oder weniger verstümmelt. Diesen dreien gegenüber stehn die beiden südlichen Stämme: der iskävonische und herminonische, in späterer Ausdrucksweise der fränkische und hochdeutsche. Beiden ist gemein das schwache Masculinum auf o; höchstwahrscheinlich auch der genitivus pluralis auf 6, obwohl er im Fränkischen nicht belegt ist und in den ältesten westlichen (salischen) Denkmälern der accusativus pluralis auf as endigt. In der Präsenskonjugation stehn beide Dialekte, soweit wir dies fürs Fränkische belegen können, nahe zusammen und schließen sich, hierin dem Gotischen ähnlich, eng an die urverwandten Sprachen an. Beide Dialekte aber in einen zusammenzuwerfen verhindert uns die ganze Sprachgeschichte, von den sehr bedeutenden und altertümlichen Eigenheiten des ältesten Fränkisch an bis auf den großen Abstand der heutigen Mundarten beider; ebenso wie uns die ganze
SCHEMA DER ANSIEDLUNGEN DER GERMANEN NACH FRIEDRICH ENGELS'ARBEIT „DIE DEUTSCHEN STÄMME"
DEUTSCHE STÄMME GOTEN (gotische Stämme); Goten Skinen Burgunder Rugier Vanaalen Bastärner INGÄVONEN (friesisch-sächsische Stämme): Friesen (Halbinsel-Friesen.Cimbern undTeutonen) Chauken Juten (Eudoser) Sachsen Cherusker Angeln Warner (Variner)
ISKÄVONEN (fränkische Stämme); Ubier Usipeter Chamaven Triboken Brukterer Vangionen Sigamben Nemeter Tenkterer HERMINONEN Sueven(Langobarden, Schwaben, Atemannen, Bayern - Markomannen) Hermunduren (Thüringer! Chatten (Hessen) Chattische Stämme: Bataver und Chattuarier
SKANDINAVIER (Hillevionen) 100 0 100 200hm

Geschichte der Völker selbst unmöglich macht, beide zu einem Hauptstamm zu werfen. Wenn ich in dieser ganzen Untersuchung nur auf die Flexionsformen, nicht aber auf die Lautverhältnisse Rücksicht genommen, so erklärt sich das aus den bedeutenden Veränderungen, die in diesen - wenigstens in vielen Dialekten - zwischen dem ersten Jahrhundert und der Abfassungszeit unsrer ältesten Sprachquellen stattgefunden. In Deutschland brauche ich bloß an die zweite Lautverschiebung zu erinnern; in Skandinavien zeigen die Stabreime der ältesten Lieder, wie sehr die Sprache sich zwischen der Zeit ihrer Abfassung und der ihrer Niederschrift verändert hat. Was hier noch zu leisten ist, wird wohl von deutschen Sprachforschern von Fach noch geleistet werden, hier hätte es die Untersuchung nur unnötig verwickelt gemacht.
Geschrieben 1881/1882. Nach der Handschrift.
Friedrich Engels Fränkische Zeit12501
Die Umwälzung der Grundbesitzverhältnisse unter Merowingern und Karolingern
Die Markverfassung blieb bis ans Ende des Mittelalters die Grundlage fast des gesamten Lebens der deutschen Nation. Nach anderthalbtausendjährigem Bestehn ging sie endlich allmählich zugrund auf rein ökonomischem Wege. Sie erlag vor den wirtschaftlichen Fortschritten, denen sie nicht länger entsprach. Wir werden ihren Verfall und schließlichen Untergang später zu untersuchen haben; wir werden finden, daß Reste von ihr noch heute fortbestehn. Wenn sie aber so lange sich erhielt, so geschah dies auf Kosten ihrer politischen Bedeutung. Sie war jahrhundertelang die Form gewesen, in der die Freiheit der germanischen Stämme sich verkörpert hatte. Sie wurde jetzt die Grundlage tausendjähriger Volksknechtschaft. Wie war dies möglich? Die älteste Genossenschaft» sahen wir, umfaßte das ganze Volk. Ihm gehörte ursprünglich alles in Besitz genommene Land. Später wurde die, unter sich näher verwandte, Gesamtheit der Bewohner eines Gaus Besitzer des von ihnen besiedelten Gebiets, und dem Volk als solchem blieb nur das Verfügungsrecht über die noch übrigen herrenlosen Striche. Die Gaubewohnerschaft trat wieder an die einzelnen Dorfgenossenschaften - ebenfalls aus näheren Geschlechtsverwandten gebildet - ihre Feld- und Waldmarken ab, wobei dann wieder das überschüssige Land dem Gau verblieb. Ebenso die Stammdörfer bei der Aussendung neuer, aus der alten Mark des Urdorfs mit Land ausgestatteter Dorfkolonien. Der Blutsverband, auf dem hier wie überall die ganze Volksverfassung beruhte, kam mit der Vermehrung der Volkszahl und der Weiterentwicklung des Volks mehr und mehr in Vergessenheit. Dies war der Fall zuerst mit Bezug auf die Gesamtheit des Volks. Die gemeinsame Abstammung wurde immer weniger als wirkliche Blutsverwandtschaft empfunden; die Erinnerung daran wurde immer schwächer,
es blieb nur noch die gemeinsame Geschichte und Mundart. Dagegen erhielt sich das Bewußtsein des Blutsverbandes der Gaubewohner, wie natürlich, länger. Das Volk reduzierte sich damit auf eine mehr oder minder feste Konföderation von Gauen. In diesem Zustand scheinen die Deutschen zur Zeit der Völkerwanderung gewesen zu sein. Von den Alamannen erzählt dies Ammianus Marcellinus ausdrücklich; in den Volksrechten blickt es noch überall durch; bei den Sachsen bestand diese Entwicklungsstufe noch zur Zeit Karls des Großen, bei den Friesen bis zum Untergang der friesischen Freiheit. Aber die Wanderung auf römischen Boden brach auch den Blutsverband des Gaues und mußte ihn brechen. Lag auch die Ansiedlung nach Stämmen und Geschlechtern in der Absicht, so war sie doch nicht durchzuführen. Die langen Züge hatten nicht nur Stämme und Geschlechter, sie hatten selbst ganze Völker durcheinandergeworfen. Nur mühsam ließ sich noch der Blutsverband der einzelnen Dorfgenossenschaften zusammenhalten; und diese waren damit die wirklichen politischen Einheiten geworden, aus denen das Volk sich zusammensetzte. Die neuen Gaue auf römischem Gebiet waren schon von vornherein mehr oder weniger willkürlicheoder durch vorgefundne Verhältnisse bedingte - Gerichtsbezirke oder wurden es doch sehr bald. Damit war das Volk aufgelöst in einen Verband kleiner Dorfgenossenschaften, unter denen kein oder doch fast kein ökonomischer Zusammenhang bestand, da ja jede Mark sich selbst genügte, ihre eignen Bedürfnisse selbst produzierte und außerdem die Produkte der einzelnen benachbarten Marken fast genau dieselben waren. Austausch zwischen ihnen war also ziemlich unmöglich. Und eine solche Zusammensetzung des Volks aus lauter kleinen Genossenschaften, die zwar gleiche, aber ebendeshalb keine gemeinsamen ökonomischen Interessen haben, macht eine nicht aus ihnen hervorgegangene, ihnen fremd gegenüberstehende, sie mehr und mehr ausbeutende Staatsgewalt zur Bedingung der Fortexistenz der Nation. Die Form dieser Staatsgewalt ist wieder bedingt durch die Form, in der sich die Genossenschaften zur Zeit befinden. Da, wo - wie bei den arischen Völkern Asiens und bei den Russen - sie entsteht zu einer Zeit, wo die Gemeinde den Acker noch für Gesamtrechnung bestellt oder doch den einzelnen Familien nur auf Zeit zuweist, wo also noch kein Privateigentum am Boden sich gebildet hat, tritt die Staatsgewalt als Despotismus auf. In den von den Deutschen eroberten römischen Ländern finden wir dagegen, wie wir sahen, die einzelnen Anteile an Acker und Wiese bereits als Allod, als freies, nur den gemeinen Markverpflichtungen unterworfenes Eigentum
der Besitzer. Wir haben nun zu untersuchen» wie auf Grundlage dieses Allods eine Gesellschafts- und Staatsverfassung entstand, die - mit der gewöhnlichen Ironie der Geschichte - schließlich den Staat auflöste und in ihrer klassischen Form alles Allod vernichtete. Mit dem Allod war nicht nur die Möglichkeit, sondern die Notwendigkeit gegeben, daß die ursprüngliche Gleichheit des Grundbesitzes sich in ihr Gegenteil verkehrte.* Von dem Augenblick seiner Herstellung auf ehemals römischem Boden wurde das deutsche Allod, was das römische Grundeigentum, das neben ihm lag, schon lange gewesen war - Ware. Und es ist ein unerbittliches Gesetz aller auf Warenproduktion und Warenaustausch beruhenden Gesellschaften, daß in ihnen die Verteilung des Besitzes immer ungleicher, der Gegensatz von Reichtum und Armut immer größer, der Besitz immer mehr in wenigen Händen konzentriert wird; ein Gesetz, das in der modernen kapitalistischen Produktion zwar seine volle Entwicklung erhält, aber keineswegs erst in ihr überhaupt zur Wirkung kommt» Von dem Augenblick also, wo Allod, frei veräußerliches Grundeigentum, Grundeigentum als Ware entstand, von dem Augenblick war also die Entstehung des großen Grundeigentums nur eine Frage der Zeit. In der Epoche aber, mit der wir uns beschäftigen, waren Ackerbau und Viehzucht die entscheidenden Produktionszweige. Der Grundbesitz und seine Produkte machten bei weitem den größten Teil des damaligen Reichtums aus. Was sonst von beweglichen Reichtümern existierte, folgte der Natur der Sache nach dem Grundbesitz, fand sich mehr und mehr in denselben Händen zusammen wie dieser. Industrie und Handel waren schon unter dem römischen Verfall heruntergebracht, die deutsche Invasion vernichtete sie fast vollständig. Was davon noch blieb, wurde meist von Unfreien und Fremden betrieben und blieb verachtete Beschäftigung. Die herrschende Klasse, die hier, bei aufkommender Ungleichheit des Besitzes, sich allmählich bildete, konnte nur eine Klasse großer Grundbesitzer sein, ihre politische Herrschaftsform die einer Aristokratie. Wenn wir also sehn werden, wie bei der Entstehung und Ausbildung dieser Klasse vielfach, ja scheinbar vorwiegend, politische Hebel, Gewalt und Betrug wirksam sind, so dürfen wir darüber nicht vergessen, daß diese politischen Hebel nur dienen zur Beförderung und Beschleunigung eines notwendigen ökonomischen Vorgangs. Wir werden freilich ebenso häufig sehn, wie diese politischen Hebel die ökonomische Entwicklung hemmen; dies geschieht oft genug und jedesmal da, wo die verschiednen Beteiligten sie in entgegengesetzten oder einander durchkreuzenden Richtungen ansetzen. Wie entstand nun diese Klasse großer Grundbesitzer?
Fürs erste wissen wir, daß sich auch nach der fränkischen Eroberung in Gallien eine Menge römischer Großgrundbesitzer forterhielten, die ihre Güter meist durch freie oder hörige Hintersassen gegen Zins (Canon) bebauen ließen. Dann aber haben wir gesehn, wie das Königtum durch die Eroberungskriege bei allen ausgezogenen Deutschen eine ständige Einrichtung und wirkliche Macht geworden, wie es das alte .Volksland in königliche Domäne verwandelt und ebenso die römischen Staatsländereien seinem Besitz einverleibt hatte. Während der vielen Bürgerkriege, die aus den Teilungen des Reichs entsprangen, vermehrte sich dies Krongut noch fortwährend durch massenhafte Einziehungen der Güter sogenannter Rebellen. Aber so rasch es wuchs, so rasch wurde es verschleudert in Schenkungen an die Kirche wie an Privatleute, Franken und Romanen, Gefolgsleute (Antrustionen) oder sonstige Günstlinge des Königs. Als während und durch die Bürgerkriege sich bereits die Anfänge einer herrschenden Klasse von Großen und Mächtigen, Grundbesitzern, Beamten und Heerführern gebildet, wurde auch ihr Beistand von den Teilfürsten durch Landschenkungen erkauft. Daß dies alles in weitaus den meisten Fällen wirkliche Schenkungen, Übertragungen zu freiem, erblichem und veräußerlichem Eigentum waren, bis mit Karl Martell hierin eine Änderung eintrat, hat Roth unwiderleglich bewiesen*. Als Karl das Staatsruder ergriff, war die Macht der Könige vollständig gebrochen, aber die der Hausmeier darum noch lange nicht an ihre Stelle gesetzt. Die unter den Merowingern auf Kosten der Krone geschaffene Klasse von Großen begünstigte auf jede Weise den Ruin der königlichen Gewalt, aber keineswegs, um sich den Hausmeiern, ihren Standesgenossen, zu unterwerfen. Im Gegenteil, ganz Gallien war in der Hand, wie Einhard sagt, dieser „Tyrannen, die überall die Herrschaft in Anspruch nahmen" (tyrannos per totam Galliam dominatum sibi vindicantes)12781. Neben den weltlichen Großen geschah dies auch von den Bischöfen, die in vielen Gegenden sich die Herrschaft über umliegende Grafschaften und Herzogtümer angeeignet hatten und durch Immunität wie durch feste Organisation der Kirche geschützt wurden. Dem innern Zerfall des Reichs folgten Einfälle des äußern Feindes; die Sachsen drangen in das rheinische Franken, die Avaren nach Bayern, die Araber über die Pyrenäen nach Aquitanien. In solcher Lage konnte einfache Niederwerfung der inneren, Vertreibung der
* P. Roth, „Geschichte des Beneficialwesens", Erlangen 1850. Eins der besten Bücher der vormaurerschen Zeit, dem ich in diesem Kapitel manches entlehne.
äußern Feinde nicht auf die Dauer helfen; es mußte ein Weg gefunden werden, die gedemütigten Großen oder die von Karl an ihre Stelle gesetzten Nachfolger fester an die Krone zu binden. Und da ihre bisherige Macht auf dem Großgrundbesitz beruht hatte, war erste Bedingung hierzu eine totale Umwälzung der Grundbesitz Verhältnisse. Diese Umwälzung ist das Hauptwerk der karolingischen Dynastie. Sie zeichnet sich wieder dadurch aus, daß das Mittel, gewählt, das Reich zu einigen, die Großen auf immer an die Krone zu binden und diese dadurch zu stärken, schließlich bewirkt die vollständigste Machtlosigkeit der Krone, die Unabhängigkeit der Großen und den Zerfall des Reichs. Um zu verstehn, wie Karl dazu kam, dies Mittel zu wählen, müssen wir vorher die Besitzverhältnisse der Kirche zu jener Zeit untersuchen, die ohnehin als wesentliches Element der damaligen Agrarverhältnisse hier nicht zu übergehn sind. Schon zur Römerzeit hatte die Kirche in Gallien nicht unbedeutenden Grundbesitz, dessen Erträge durch große Privilegien in Beziehung auf Steuern und andre Leistungen noch gesteigert wurden. Nach der Bekehrung der Franken zum Christentum jedoch brach erst die goldene Zeit für die gallische Kirche an. Die Könige wetteiferten unter sich, wer der Kirche die meisten Schenkungen an Land, Geld, Kleinodien, Kirchengerät etc. machen würde. Schon Chilperich pflegte (Gregor von Tours) zu sagen: „Seht, wie arm unser Fiskus geworden, seht, wie alle unsere Reichtümer der Kirche überwiesen sind." *279' T Infor riiinf«tr! Aam I i'sklirtR Hn AV tinrkf ^®rPfatfßri iiaffon ^rltfinkungen keine Grenzen mehr. So floß dann der eingezogne Grundbesitz freier Franken, die der Rebellion bezichtigt, großenteils in den Besitz der Kirche. Wie die Könige, so das Volk. Kleine wie Große konnten der Kirche nicht genug schenken. „Eine wunderbare Heilung von einem wirklichen oder vermeinten Übel, die Erfüllung eines sehnlichen Wunsches, z.B. die Geburt eines Sohnes, die Rettung aus einer Gefahr, trug der Kirche, deren Heiliger sich hülfreich gezeigt hatte, eine Schenkung ein. Es wurde für um so notwendiger erachtet, die Hand immer offenzuhalten, als bei Hohen und Niederen die Meinung verbreitet war, daß Schenkungen an die Kirche Vergebung der Sünden bewirkten." (Roth, S.250.) Dazu kam die Immunität, die das Eigentum der Kirche vor Vergewaltigung schützte zu einer Zeit unaufhörlicher Bürgerkriege, Plünderungen, Konfiskationen. Mancher kleine Mann fand es angebracht, sein Eigentum der Kirche abzutreten, wenn ihm dessen Nießbrauch gegen mäßigen Zins verblieb.
Alles das indes genügte den frommen Pfaffen noch nicht. Durch Drohungen mit ewiger Höllenstrafe erpreßten sie förmlich immer ausgedehntere Schenkungen, so daß Karl der Große noch 811 im Aachener Kapitular12801 ihnen dies vorwirft und außerdem, daß sie die Leute „zu Meineid und falschem Zeugnis verführen, um euren Reichtum (der Bischöfe und Äbte) zu mehren". Ungesetzliche Schenkungen wurden erschlichen im Vertrauen darauf, daß die Kirche, außer ihrem privilegierten Gerichtsstand, noch Mittel genug besitze, der Justiz eine Nase zu drehn. Es verging im 6. und 7. Jahrhundert kaum ein gallisches Konzil, das nicht alle und jede Anfechtung von Schenkungen an die Kirche mit Kirchenbann bedrohte. Selbst formell ungültige Schenkungen sollten auf diesem Wege in gültige verwandelt, die Privatschulden einzelner Geistlichen vor Eintreibung geschützt werden.
„Wirklich verächtlich sind die Mittel, die wir anwenden sehn, um die Lust zu Schenkungen immer von neuem zu erwecken. Zogen die Schilderungen der himmlischen Seligkeiten und höllischen Qualen nicht mehr, so ließ man aus entfernten Gegenden Reliquien kommen, hielt Translationes und baute neue Kirchen; es war dies im 9. Jahrhundert ein förmlicher Geschäftszweig." (Roth, S.254.) „Als die Abgesandten des Klosters St. Medard von Soissons in Rom mit großer Mühe den Körper des Heiligen Sebastian erbettelt und den des Gregorius dazu gestohlen hatten und beide nun in dem Kloster niedergelegt waren, liefen so viele Leute zu den neuen Heiligen, daß die Gegend wie mit Heuschrecken besät war und die Hülfesuchenden nicht einzeln, sondern in ganzen Herden geheilt wurden. Die Folge war, daß die Mönche das Geld in Scheffeln maßen, deren sie 85 zählten, und daß sich ihr Vorrat an Gold auf 900 Pfund belief." (S.255.) Betrug, Taschenspielerstücke, Erscheinungen Verstorbener, besonders Heiliger, dienten zur Erschwindelung von Reichtümern für die Kirche, endlich aber auch und hauptsächlich - Urkundenfälschung. Diese wurde wir lassen wieder Roth sprechen „von vielen Geistlichen in großartigem Maßstab betrieben... es begann dies Geschäft schon sehr früh... In welcher Ausdehnung dies Gewerbe betrieben wurde, ergibt sich aus der großen Zahl gefälschter Dokumente, welche unsre Sammlungen enthalten. Unter den 360 merowingischen Diplomen bei Brequigny sind ungefähr 130 entschieden falsch... Das falsche Testament des Remigius wurde schon von Hinkmar von Reims dazu angewandt, seiner Kirche eine Reihe von Besitzungen zu verschaffen, von denen das echte nichts sagt, obwohl das letztere nie verloren war und Hinkmar die Unechtheit des ersteren recht gut kannte." Selbst Papst Johann VIII. suchte „den Besitz des Klosters St. Denis bei Paris durch eine ihm als falsch bekannte Urkunde zu erwerben". (Roth, S. 256ff.)
So kann es uns nicht wundern, wenn der durch Schenkung, Erpressung, Erschleichung, Prellerei, Fälschung und andre Zuchthausindustrien zusammengeraffte Grundbesitz der Kirche in wenigen Jahrhunderten ganz kolossale Verhältnisse annahm. Das Kloster Saint-Germain-des-Pres, jetzt im Umfang von Paris, hatte zu Anfang des 9. Jahrhunderts einen Grundbesitz von 8000 Mansi oder Hufen, deren Flächeninhalt Guerard auf 429 987 Hektar mit einem Jahresertrag von 1 Mill. frs. = 800 000 Mark berechnet.12811 Legen wir denselben Durchschnitt von 54 Hektar Fläche und 125 frs. = 100 Mark Einkommen für die Hufe zugrunde, so hatten um dieselbe Zeit die Klöster St. Denis, Luxeuil, St. Martin von Tours jedes bei 15 000 Mansi einen Grundbesitz von 810 000 Hektar und ein Einkommen von IV2 Mill. Mark. Und dies war nach der Konfiskation des Kirchenguts durch Pippin den Kleinen! Das gesamte Kirchengut in Gallien zu finde des 7. Jahrhunderts schätzt Roth (S.249) eher über, als unter ein Drittel der Gesamtfläche. Diese ungeheuren Gütermassen wurden bebaut teils von unfreien, teils aber auch von freien Hintersassen der Kirche. Von den Unfreien waren die Sklaven (servi) ursprünglich ungemessenen Leistungen an ihre Herrn unterworfen, da sie keine Rechtspersonen waren; es scheint aber auch hier für ansässige Sklaven bald ein gewohnheitsmäßiges Maß von Abgaben und Diensten hergestellt. Die Leistungen der übrigen beiden unfreien Klassen, der Kolonen und Liten (über deren rechtlichen Unterschied zu jener Zeit keine Nachricht vorliegt), waren dagegen festgesetzt und bestanden in gewissen Hand- und Spanndiensten sowie in einem bestimmten Teil des Gutsertrags. Es waren dies Abhängigkeitsverhältnisse längst hergebrachter Art. Dagegen war es für Deutsche etwas Neues, daß freie Männer auf andern als gemeinem oder ihrem eignen Boden saßen. Freilich fanden die Deutschen in Gallien und überhaupt im Gebiet des römischen Rechts oft genug freie Römer als Pächter; daß sie aber selbst nicht Pächter zu werden brauchten, sondern auf eignem Land sitzen konnten, dafür war bei der Landnahme gesorgt. Ehe also freie Franken Hintersassen irgend jemandes werden konnten, mußten sie ihr bei der Landnahme erhaltenes Allod auf irgendeine Weise verloren, mußte sich eine eigne Klasse landloser freier Franken gebildet haben. Diese Klasse bildete sich durch die beginnende Konzentration des Grundbesitzes, durch dieselben Ursachen* aus denen diese hervorging: einerseits durch die Bürgerkriege und Konfiskationen, andrerseits durch die großenteils dem Drang der Zeitumstände, dem Verlangen nach Sicherheit geschuldeten Übertragungen von Land an die Kirche. Und die Kirche fand
bald nocb ein besonderes Mittel, solche Übertragungen zu befördern, indem sie dem Schenker nicht nur sein Gut zu Nießbrauch gegen Zins ließ, sondern ihm auch noch ein Stück Kirchengut dazu in Zins gab. Diese Schenkungen geschahen nämlich in doppelter Form. Entweder behielt der Schenker sich den Nießbrauch des Guts auf Lebenszeit vor, so daß es erst nach seinem Tode ins Eigentum der Kirche überging (donatio post obitum); in diesem Fall war es üblich und wurde später in den Kapitularien der Könige ausdrücklich festgesetzt, daß der Schenker von der Kirche das Doppelte des geschenkten Guts zu Zins verliehen erhalte. Oder die Schenkung wurde gleich wirksam (cessio a die praesente), und dann erhielt der Schenker das Dreifache an Kirchengut nebst seinem eignen Gut zu Zins vermittelst einer sog. Prekaria, eines von der Kirche ausgestellten Dokuments, das ihm diese Grundstücke, meist auf Lebenszeit, manchmal aber auch auf längere oder kürzere Zeit, übertrug. Die Klasse landloser Freien einmal geschaffen, traten auch manche von diesen in ein solches Verhältnis; die ihnen bewilligten Prekarien scheinen anfangs meist auf 5 Jahre ausgestellt gewesen zu sein, wurden aber auch hier bald lebenslänglich. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß schon zur Merowingerzeit sich auf den Gütern der weltlichen Großen ganz ähnliche Verhältnisse herausbildeten wie auf dem Kirchengut, daß also auch dort neben unfreien freie Hintersassen, zu Zins angesiedelt waren. Sie müssen sogar unter Karl Martell schon sehr zahlreich gewesen sein, weil sonst die durch ihn begonnene, von seinem Sohn und Enkel vollendete Umwälzung der Grundbesitzverhältnisse wenigstens nach einer Seite hin unerklärlich blieb. Diese Umwälzung beruht in ihrer Grundlage auf zwei neuen Einrichtungen. Erstens wurde, um die Großen des Reichs an die Krone zu fesseln, von nun an das Krongut ihnen in der Regel nicht mehr geschenkt, sondern nur noch lebenslänglich, als „beneficium", verliehen, und dies unter bestimmten, bei Strafe der Einziehung einzuhaltenden Bedingungen. Sie wurden auf diese Weise selbst Hintersassen der Krone. Und zweitens, um die Gestellung der freien Hintersassen der Großen zum Kriegsdienst zu sichern, wurde diesen ein Teil der Amtsbefugnisse des Gaugrafen über die auf ihren Gütern angesiedelten Freien übertragen, sie zu „Senioren" über diese ernannt. Von diesen beiden Änderungen haben wir hier vorläufig nur die erste zu betrachten. Bei der Unterwerfung der rebellischen kleinen „Tyrannen" wird Karl die Nachrichten fehlen - nach alter Sitte ihren Grundbesitz eingezogen, ihnen aber, soweit er sie nachher in Amt und Würden wieder einsetzte, denselben ganz oder teilweise als Benefizium neu verliehen haben. Mit dem
Kirchengut der widerspenstigen Bischöfe wagte er noch nicht so zu verfahren; er entsetzte sie und gab ihre Stellen an ihm ergebne Leute, von denen freilich mancher vom Geistlichen nichts als die Tonsur hatte (sola tonsura clericus). Diese neuen Bischöfe und Äbte fingen jetzt an, auf sein Geheiß große Striche des Kirchenguts an Laien zu Prekarien zu übertragen; das war schon früher nicht ohne Beispiel, geschah aber jetzt massenhaft. Sein Sohn Pippin ging bedeutend weiter. Die Kirche war verfallen, die Geistlichkeit verachtet, der Papst von den Langobarden bedrängt, allein auf die Hülfe Pippins angewiesen. Dieser half dem Papst, begünstigte die Ausdehnung seiner kirchlichen Herrschaft, hielt ihm den Steigbügel. Aber er machte sich bezahlt, indem er den weitaus größten Teil des Kirchenguts dem Krongut einverleibte und den Bischöfen und Klöstern nur das zu ihrem Unterhalt Nötige ließ. Diese erste Säkularisation auf großem Maßstab ließ sich die Kirche widerstandslos gefallen, die Synode von Lestines bestätigte sie, zwar mit beschränkender Klausel, die indes nie eingehalten wurde. Diese gewaltige Gütermasse stellte das erschöpfte Krongut wieder auf einen respektablen Fuß und diente großenteils zu weiteren Verleihungen, die tatsächlich bald die Form gewöhnlicher Benefizien annahmen. Fügen wir hier ein, daß die Kirche sich recht bald von diesem Schlag zu erholen wußte. Kaum war die Auseinandersetzung mit Pippin erfolgt, so begannen die braven Männer Gottes die alten Praktiken wieder. Die Schenkungen regneten wieder von allen Seiten, die kleinen freien Bauern waren fortwährend in derselben schlimmen Lage zwischen Hammeivund Amboß wie seit 200 Jahren; unter Karl dem Großen und seinen Nachfolgern ging es ihnen noch weit schlechter, und viele begaben sich mit Haus und Hof unter den Schutz des Krummstabs. Die Könige gaben bevorzugten Klöstern einen Teil des Raubs zurück, andern, besonders in Deutschland, schenkten sie enorme Striche Kronland; unter Ludwig dem Frommen schienen die gesegneten Zeiten Guntrams für die Kirche wiedergekehrt. Die Archive der Klöster sind besonders reich an Schenkungen aus dem neunten Jahrhundert. Das Benefizium, diese neue Institution, die wir jetzt näher zu untersuchen haben, war noch nicht das spätere Lehen, wohl aber sein Keim. Es war von vornherein übertragen für die gemeinsame Lebenszeit sowohl des Verleihers wie des Empfängers. Starb der eine oder der andre, so fiel es dem Eigentümer oder dessen Erben wieder zu. Zur Erneuerung des bisherigen Verhältnisses mußte eine neue Übertragung an den Empfänger oder dessen Erben stattfinden. Das Benefizium war also, in der späteren Ausdrucksweise, dem Thronfall wie dem Heimfall unterworfen. Der Thronfall kam bald
außer Anwendung; die großen Benefiziare wurden eben mächtiger als der König. Der Heimfall führte schon früh nicht selten die Weiterverleihung des Guts an den Erben des vorigen Benefiziars mit sich. Ein Gut Patriciacum (Percy) bei Autun, von Karl Martell dem Hildebrannus als Benefiz verliehen, blieb in der Familie von Vater auf Sohn durch vier Generationen, bis der König es 839 dem Bruder des vierten Benefiziars als volles Eigentum schenkt. Andre Beispiele sind seit Mitte des 8. Jahrhunderts nicht selten. Das Benefizium konnte vom Verleiher eingezogen werden in allen Fällen, wo überhaupt Vermögenskonfiskation verwirkt war. Und diese Fälle gab es auch unter den Karolingern genug und übergenug. Die Aufstände in Alamannien unter Pippin dem Kleinen, die Verschwörung der Thüringer, die wiederholten Aufstände der Sachsen führten zu immer neuen Einziehungen, sei es von freiem Bauernland, sei es von Gütern und Benefizien der Großen. Dasselbe war der Fall, allen entgegenstehenden Vertragsbestimmungen zum Trotz, während der innern Kriege unter Ludwig dem Frommen und seinen Söhnen. Auch gewisse nichtpolitische Verbrechen zogen Konfiskationen nach sich. Ferner konnten die Benefizien von der Krone eingezogen werden, wenn der Benefiziar seine allgemeinen Untertanenpflichten vernachlässigte, z. B. den Räuber aus der Immunität nicht ausliefert, seinen Harnisch nicht zum Feldzug bringt, königliche Briefe nicht respektiert etc. Dann aber waren die Benefizien übertragen unter besonderen Bedingungen, deren Bruch die Einziehung nach sich zog, von der dann selbstredend das übrige Vermögen des Benefiziars nicht betroffen wurde. So z. B., wenn ehemalige Kirchengüter verliehen waren und der Benefiziar vernachlässigte, die darauf haftenden Abgaben an die Kirche (nonae et decimae) zu entrichten. So, wenn er das Gut verkommen ließ, in welchem Fall gewöhnlich erst ein einjähriger Warnungstermin gesetzt wurde, damit der Benefiziar sich durch Aufbesserung vor der sonst eintretenden Konfiskation schützen könne etc. Ferner konnte auch die Übertragung des Guts an bestimmte Dienstverrichtungen geknüpft sein und wurde es in der Tat mehr und mehr in dem Maß, als sich das Benefizium zum eigentlichen Lehen , fortentwickelte. Aber ursprünglich war dies durchaus nicht nötig; am wenigsten, was Kriegsdienst betrifft; eine Menge Benefizien wurde an niedre Geistliche, an Mönche, an geistliche und weltliche Frauen verliehn. Endlich ist keineswegs ausgeschlossen, daß die Krone anfangs auch Ländereien auf Widerruf oder auf bestimmte Zeit, also als Prekarien, verliehen habe. Einzelne Nachrichten und der Vorgang der Kirche machen es
wahrscheinlich. Doch hörte dies jedenfalls bald auf, da die Verleihung auf Benefiziarbedingungen im 9. Jahrhundert die allgemeine wurde. Die Kirche nämlich - und von den großen Grundbesitzern und Benefiziaren müssen wir dasselbe annehmen - die Kirche, die früher ihren freien Hintersassen Güter meist nur als Prekarien auf Zeit übertragen hatte, mußte dem von der Krone gegebnen Impuls folgen. Nicht nur fing sie an, auch Benefizien zu verleihen, diese Verleihungsweise wurde sogar so vorherrschend, daß die schon bestehenden Prekarien lebenslänglich werden, unmerklich die Natur des Benefiziums annehmen, bis im 9. Jahrhundert die erstere fast ganz in das letztere aufgeht. In der letzten Hälfte des9. Jahrhunderts müssen die Benefiziare der Kirche und ebenso die der weltlichen Großen schon eine wichtige Stellung im Staat angenommen haben; manche davon müssen Leute von bedeutendem Besitz, Gründer des späteren niederen Adels gewesen sein. Sonst hätte sich Karl der Kahle wohl nicht so lebhaft derer angenommen, denen Hinkmar von Laon ihre Benefizien ohne Grund genommen hatte» Wir sehn, das Benefizium hat schon manche Seiten, die sich im entwickelten Lehen wiederfinden. Beiden ist gemeinsam Thronfall wie Heimfali. Wie das Lehen ist das Benefizium nur unter bestimmten Bedingungen der Einziehung unterworfen. In der durch die Benefizien geschaffenen gesellschaftlichen Hierarchie, die von der Krone durch die großen Benefiziare Vorgänger der Reichsfürsten - zu den mittleren Benefiziaren - dem späteren Adel - und von diesen zu freien und unfreien, weitaus größten Teils im Markverband lebenden Bauern hinabsteigt, sehn wir die Grundlage der späteren geschlossenen Feudalhierarchie. Wenn das spätere Lehnsgut unter allen Umständen ein Dienstgut ist und zum Kriegsdienst für den Lehnsherrn verpflichtet, so ist letzteres zwar beim Benefizium noch nicht der Fall und ersteres durchaus nicht notwendig. Aber die Tendenz des Benefiziums, Dienstgut zu werden, ist bereits unverkennbar vorhanden und erhält im 9. Jahrhundert mehr und mehr Spielraum; und in demselben Maß, wie sie sich frei entfaltet, entwickelt sich auch das Benefizium zum Lehen. Bei dieser Entwicklung wirkt aber noch ein zweiter Hebel mit: die Veränderung, die Gau- und Heeresverfassung erst unter dem Einfluß des großen Grundeigentums erfuhr und später unter dem der großen Benefizien, in die das frühere große Grundeigentum sich mehr und mehr verwandelt hatte infolge der unaufhörlichen inneren Kriege und der damit verknüpften Konfiskationen und Wieder Verleihungen. Es ist begreiflich, daß in diesem Kapitel die Rede ist nur von dem Benefizium in seiner reinen, klassischen Gestalt, in der es allerdings nur
eine verschwindende, nicht einmal überall gleichzeitig auftretende Form war. Aber solche historische Erscheinungsformen ökonomischer Verhältnisse versteht man nur, wenn man sie in dieser ihrer Reinheit erfaßt, und diese klassische Gestalt des Benefiziums aus all den wirren Anhängseln herausgeschält zu haben, ist eins der Hauptverdienste von Roth.
Gau- und Heerverfassimg
Die soeben dargestellte Umwälzung im Stand des Grundbesitzes konnte nicht ohne Einfluß bleiben auf die alte Verfassung. Sie rief in dieser ebenso bedeutende Veränderungen hervor, und diese wirkten ihrerseits zurück auf die Gru n dbesitzVerhältnisse. Wir lassen zunächst die Umbildung der allgemeinen Staatsverfassung beiseite und beschränken uns hier auf den Einfluß der neuen ökonomischen Lage auf die noch fortbestehenden Reste der alten Volksverfassung in Gau und Heer. Unter den Merowingern schon finden wir Grafen und Herzöge häufig als Verwalter von Krongut. Erst im 9. Jahrhundert jedoch finden wir unzweifelhaft gewisse Krongüter mit dem Grafenamt derart verbunden, daß der zeitweilige Graf ihr Einkommen bezog. Das frühere Ehrenamt war in ein durch Fundierung besoldetes übergegangen. Daneben finden wir auch, was sich unter den damaligen Verhältnissen von selbst versteht, die Grafen im Besitz königlicher, ihnen persönlich überwiesener Benefizien. So wurde der Graf ein mächtiger Grundherr innerhalb seiner Grafschaft. Zunächst ist klar, daß die Autorität des Grafen leiden mußte durch das Aufkommen großer Grundbesitzer unter und neben ihm; Leute, die unter den Merowingern und ersten Karolingern oft genug dem Befehle des Königs spotteten, mußten dem Gebot des Grafen noch weniger Respekt erweisen. Ihre freien Hintersassen, im Vertrauen auf den Schutz mächtiger Grundherren, vernachlässigten ebenso häufig, der Vorladung des Grafen vor Gericht nachzukommen oder seinem Aufgebot zum Heer. Es war dies grade eine der Ursachen, die die Einführung der Verleihung zu Benefizium statt zu Allod herbeiführte und die spätere allmähliche Umwandlung des meisten, ehemals freien großen Grundbesitzes in Benefizium. Damit allein war die Herbeiziehung der auf den Gütern der Großen ansässigen Freien zu den Staatsleistungen noch nicht gesichert. Eine weitere Änderung mußte erfolgen. Der König sah sich genötigt, die Großgrundbesitzer für das Erscheinen ihrer freien Hintersassen zu Gericht, im Heer und bei sonstigen herkömmlichen Staatsdiensten verantwortlich zu machen,
in derselben Art wie bisher der Graf für alle freien Einwohner seiner Grafschaft gehaftet hatte. Und dies konnte nur dadurch geschehn, daß der König den Großen einen Teil der gräflichen Amtsbefugnisse über ihre Hintersassen übertrug. Der Grundherr oder Benefiziar mußte seine Leute vor Gericht stellen; sie mußten also durch seine Vermittlung vorgeladen werden. Er mußte sie dem Heer zuführen; durch ihn mußte also ihr Aufgebot erfolgen; er mußte, um fortwährend für sie haften zu können, die Führung und das Recht der Kriegszucht über sie haben. Aber es war und blieb Königsdienst der Hintersassen; den Widerspenstigen strafte nicht der Gutsbesitzer, sondern der königliche Graf; dem königlichen Fiskus fiel die Strafe zu. Auch diese Neuerung führt sich auf Karl Martell zurück. Wenigstens finden wir erst seit seiner Zeit die Sitte der großen kirchlichen Würdenträger, selbst ins Feld zu ziehn, die nach Roth nur daraus zu erklären ist, daß Karl die Bischöfe an der Spitze ihrer Hintersassen zum Heer stoßen ließ, um sich des Erscheinens der letzteren zu versichern. Unzweifelhaft geschah mit den weltlichen Großen und ihren Hintersassen dasselbe. Unter Karl dem Großen erscheint die neue Einrichtung schon fest gegründet und allgemein durchgeführt. Hiermit war aber eine wesentliche Veränderung eingetreten auch in der politischen Stellung der freien Hintersassen. Sie, die früher ihrem Grundherrn rechtlich gleichstanden, wie sehr sie auch wirtschaftlich von ihm abhängen mochten, wurden jetzt auch rechtlich seine Untergebenen. Die ökonomische Unterwerfung erhielt politische Sanktion. Der Grundherr wird Senior, Seigneur, die Hintersassen werden seine homines; der „Herr" wird der Vorgesetzte des „Mannes". Die Rechtsgleichheit der Freien ist dahin, der unterste „Mann", dessen Vollfreiheit durch den Verlust des Erbguts schon starken Abbruch erlitten, rückt dem Unfreien wieder um eine Stufe näher. Um soviel mehr erhebt sich der neue „Herr" über das Niveau der alten Gemeinfreiheit. Die ökonomisch bereits hergestellte Grundlage der neuen Aristokratie wird vom Staat anerkannt, wird eins der regelrecht mitwirkenden Triebräder der Staatsmaschine. Neben diesen aus freien Hintersassen bestehenden homines gab es aber noch eine andre Art. Dies waren die freiwillig in ein Dienst- oder Gefolgsverhältnis zu den Großen getretenen verarmten Freien. Die Merowinger hatten ihre Gefolgschaft in den Antrustionen, die Großen jener Zeit werden ebenfalls nicht ohne Gefolge geblieben sein. Unter den Karolingern werden die Gefolgsleute des Königs Vassi, Vasalli oder Gasindi genannt, Ausdrücke, die in den ältesten Volksrechten noch für einen Unfreien gebraucht werden,
jetzt aber bereits die Bedeutung eines in der Regel freien Gefolgsmanns angenommen baben. Dieselben Bezeichnungen gelten für die Gefolgsleute der Großen, die jetzt ganz allgemein vorkommen und ein immer zahlreicheres und wichtigeres Element in Gesellschaft und Staat werden. Wie die Großen zu solchen Gefolgsleuten kamen, zeigen die alten Vertragsformeln12823. In einer solchen (Form[ulae] Sirmond[icae] 44) heißt es z.B.: „Sintemal es männiglich bekannt, daß ich nichts habe, wovon ich mich nähren oder kleiden soll, so bitte ich von Eurer" (des Herrn) „Frömmigkeit, daß ich mich in Eure Schutzherrschaft" (mundoburdum - gleichsam Vormundschaft) „begeben und kommendieren möge, der Art, ... daß Ihr mir mit Nahrung und Kleidung auszuhelfen schuldig, je nachdem ich Euch dienen und solches verdienen werde; ich aber, solange ich lebe, Euch nach Art eines freien Mannes (ingenuili ordine) Dienst und Folge zu leisten schuldig sei; auch zu meinen Lebzeiten Eurer Gewalt und Schutzhoheit zu entziehen nicht die Macht, sondern mein Lebtag unter Eurer Gewalt und Schutz zu bleiben habe." Diese Formel gibt vollständigen Aufschluß über die Entstehung und Natur des einfachen, aller fremden Beimischung entkleideten Gefolgsverhältnisses, und zwar um so mehr, weil sie den extremen Fall eines ganz heruntergekommnen armen Teufels darstellt. Der Eintritt in den Gefolgsverband des Seniors geschah infolge eines freien Übereinkommens beider Teile - frei im Sinn der römischen und modernen Jurisprudenz, oft genug ähnlich wie. der Eintritt eines heutigen Arbeiters in den Dienst eines Fabrikanten. Der „Mann" kommendierte sich dem Herrn, und dieser nahm seine Kommendation an. Diese bestand im Handschlag und Eid der Treue. Das Übereinkommen war lebenslänglich und wurde nur durch den Tod eines von beiden Kontrahenten gelöst. Der Dienstmann war verpflichtet zu allen mit der Stellung eines Freien verträglichen Dienstleistungen, die ihm sein Herr auftragen mochte. Dafür wurde er von diesem unterhalten und je nach Ermessen belohnt. Eine Überweisung von Land war damit keineswegs notwendig verbunden und fand in der Tat auch durchaus nicht in allen Fällen statt. Dies Verhältnis wurde unter den Karolingern, besonders seit Karl dem Großen, nicht nur toleriert, sondern direkt begünstigt und zuletzt, wie es scheint durch ein Kapitular von 847, allen Gemeinfreien zur Pflicht gemacht und staatlich geregelt. So durfte der Dienstmann das Verhältnis zu seinem Herrn nur dann einseitig lösen, wenn dieser ihn töten, mit einem Stock schlagen, seine Frau oder Tochter entehren oder sein Erbgut ihm nehmen wollte (Kapitfularj von 813). Und zwar war der Dienstmann an den Herrn
gebunden, sobald er von diesem den Wert eines Solidus erhalten hatte; woraus nochmals klar hervorgeht, wie wenig damals das Vasallitätsverhältnis an Landverleihung notwendig geknüpft war. Dieselben Bestimmungen wiederholt ein Kapitular von 816 mit dem Zusatz, der Dienstmann sei entbunden, wenn sein Herr ihn unrechtmäßig in den Unfreienstand bringen wolle oder.ihm den versprochnen Schutz zwar leisten könne, aber nicht leiste. Gegenüber dem Staat bekam nun der Gefolgsherr dieselben Rechte und Pflichten mit Bezug auf seine Gefolgsleute wie der Grundherr oder Benefiziar mit Bezug auf seine Hintersassen. Sie blieben dem König dienstpflichtig, nur schob sich auch hier zwischen den König und dessen Grafen der Gefolgsherr. Er stellte die Vasallen vor Gericht, er bot sie auf, führte sie im Krieg an und hielt die Manneszucht unter ihnen aufrecht, er haftete für sie und ihre vorschriftsmäßige Ausrüstung. Dadurch bekam aber der Gefolgsherr eine gewisse Strafgewalt über seine Untergebnen, und diese bildet den Ausgangspunkt der später sich entwickelnden Gerichtsbarkeit des Lehnsherrn über seine Vasallen. In diesen weiteren beiden Einrichtungen, in der Ausbildung des Gefolgschaftswesens und in der Übertragung gräflicher, also staatlicher, Amtsgewalt an den Grundherrn, Krön-, Benefiziar- und Gefolgsherrn über seine nun bald sämtlich als Vassi, Vasalli, Homines zusammengefaßten Untergebnen - Hintersassen wie landlose Gefolgsleute -, in dieser staatlichen Bestätigung, Verstärkung der faktischen Macht des Herrn über die Vasallen, sehen wir den in den Benefizien gegebnen Kemnades Lehnwesens sich schon bedeutend weiter entwickeln. Die Hierarchie der Stände, vom König abwärts durch die großen Benefiziare zu deren freien Hintersassen und endlich den Unfreien herab, wird anerkanntes, in amtlicher Eigenschaft mitwirkendes Element der Staatsordnung. Der Staat erkennt an, daß er ohne ihre Hülfe nicht bestehn kann. Wie diese Hülfe tatsächlich geleistet wurde, wird sich freilich zeigen. Die Unterscheidung von Gefolgsleuten und Hintersassen ist nur wichtig für den Anfang, um den doppelten Ursprung der Abhängigkeit der Freien nachzuweisen. Sehr bald fließen beide Arten von Vasallen, wie im Namen so auch in der Tat, untrennbar zusammen. Die großen Benefiziare nahmen mehr und mehr den Brauch an, sich dem König zu kommendieren, neben seinen Benefiziaren also seine Vasallen zu werden. Die Könige fanden es in ihrem Interesse, sich den Treueid der Großen, Bischöfe, Äbte, Grafen und Vasallen persönlich ableisten zu lassen („Ann[alesl Bertin[ianil" 837[28oJ und öfter im 9. Jahrhundert), wobei dann der Unterschied zwischen dem
allgemeinen Untertaneneid und dem besondern Vasalleneid sieb bald verwischen mußte. So verwandeln sich nach und nach sämtliche Große in königliche Vasallen. Hiermit aber war die langsam vor sich gegangne Entwicklung der großen Grundbesitzer zu einem besondren Stand, zu einer Aristokratie, vom Staat anerkannt, der Staatsordnung eingefügt, einer ihrer amtlich wirkenden Hebel geworden. Ebenso geht der Gefolgsmann des einzelnen Großgrundbesitzers allmählich auf in den Hintersassen. Abgesehn von der direkten Verpflegung am Herrenhofe, die doch nur für eine geringe Anzahl von Köpfen stattfinden konnte, blieb kein andres Mittel, sich Gefolgsleute zu sichern, als indem man sie auf Grund und Boden ansetzte, ihnen Land zu Benefizium übertrug. Ein zahlreiches streitbares Gefolge, Hauptbedingung der Existenz der Großen in jener Zeit ewiger Kämpfe, war also nur durch Landverleihung an die Vasallen zu erlangen. Daher verschwinden allmählich die landlosen Dienstleute des Herrenhöfs vor der Masse der auf Herrenland angesessenen. Je mehr aber dies neue Element in die alte Verfassung sich einschob, desto mehr mußte diese erschüttert werden. Die alte, unmittelbare Übung der Staatsgewalt durch König und Grafen machte mehr und mehr Platz einer mittelbaren; zwischen die Gemeinfreien und den Staat trat der Senior, dem jene in immer größerem Maß persönlich zur Treue verbunden waren. Das wirksamste Triebstück der Staatsmaschine, der Graf, mußte mehr und mehr in den Hintergrund treten und tat es auch wirklich. Karl der Große verfuhr hier, wie er überall zu verfahren pflegte. Zuerst begünstigte er, wie wir sahen, das Überhandnehmen des Vasallen Verhältnisses, bis die unabhängigen kleinen Freien fast verschwanden; als dann die hierdurch herbeigeführte Schwächung seiner Macht zutage trat, versuchte er ihr durch staatliches Eingreifen wieder auf die Beine zu helfen. Das mochte in manchen Fällen unter einem so energischen und gefürchteten Herrscher gelingen; unter seinen schwachen Nachfolgern brach die Macht der mit seiner Hülfe geschaffnen Tatsachen sich unaufhaltsam Bahn. Das beliebte Mittel Karls war die Aussendung königlicher Sendboten (missi dominici) mit außerordentlicher Machtvollkommenheit. Wo der gewöhnliche königliche Beamte, der Graf, der einreißenden Unordnung nicht steuern konnte, da sollte ein Spezialgesandter dies tun. (Dies historisch weiter zu begründen und entwickeln.) Nun gab es aber noch ein andres Mittel, und dies bestand darin, den Grafen in eine solche Stellung zu versetzen, daß er auch an materiellen Machtmitteln den Großen seiner Grafschaft mindestens gleichstand. Dies war nur möglich, wenn der Graf ebenfalls in die Reihe der großen Grund
besitzet trat, was wieder auf zwei Wegen geschehen konnte. Gewisse Grundstücke konnten in den einzelnen Gauen dem Grafenamt als Dotation beigegeben werden, so daß der jeweilige Graf sie von Amts wegen verwaltete und ihre Einkünfte bezog. Hiervon finden sich viele Beispiele besonders in Urkunden, und zwar schon seit Ende des 8. Jahrhunderts; seit dem 9. ist dies Verhältnis ganz gewöhnlich. Solche Dotationen stammen selbstredend meist aus dem königlichen Fiskalgut, wie wir schon zur Merowingerzeit häufig Grafen und Herzöge als Verwalter der in ihrem Gebiet liegenden königlichen Fiskalgüter finden. Merkwürdigerweise finden sich auch manche Beispiele (sogar ein Formular dafür), wo Bischöfe das Grafenamt aus dem Kirchengut dotieren, * natürlich, bei der Unveräußerlichkeit des Kirchenguts, in irgendeiner Form des Benefiziums. Die Freigebigkeit der Kirche ist zu bekannt, um hierfür einen andern Grund zulässig zu halten als die bittere Not. Unter dem wachsenden Druck der benachbarten weltlichen Großen blieb der Kirche nur der Bund mit den Resten der Staatsgewalt. Diese mit den Grafenstellen verknüpften Pertinenzen (res comitatus, pertinentiae comitatus), sind anfänglich noch scharf geschieden von den Benefizien, die dem jeweiligen Grafen persönlich übertragen waren. Auch diese wurden gewöhnlich reichlich erteilt, so daß, Dotation und Benefizien zusammengerechnet, die Grafenämter, ursprünglich Ehrenstellen, jetzt sehr einträgliche Posten und seit Ludwig dem Frommen ganz wie andre königliche Freigebigkeiten an Leute vergeben wurden, die man gewinnen oder deren man sich versichern wollte. So heißt es von Ludwig dem Stammler, daß er „quos potuit conciliavit [sibi], dans eis abbatias et comitatus ac villas"1 („Annjales] Bertin[iani]" 877). Die Benennung Honor, womit früher das Amt mit Beziehung auf die damit verbundenen Ehrenrechte bezeichnet worden, erhält im Lauf des 9. Jahrhunderts ganz dieselbe Bedeutung wie Benefizium. Und hiermit vollzog sich notwendig auch eine wesentliche Veränderung im Charakter des Grafenamts, die mit Recht von Roth (S.408) hervorgehoben wird. Ursprünglich war das Seniorat, soweit es einen öffentlichen Charakter erhielt, dem Grafenamt nachgebildet, mit gräflichen Befugnissen ausgestattet. Jetzt - in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts hatte das Seniorat so allgemein um sich gegriffen, daß es das Grafenamt zu überwuchern drohte und dieses sich nur in seiner Machtstellung halten konnte, indem es selbst mehr und mehr den Charakter eines Seniorats
1 „sofort suchte, möglichst viele für sich zu gewinnen, indem er Abteien und Güter nach jedes Wunsch und Verlangen schenkte"
annahm. Die Grafen usurpierten mehr und mehr, und nicht erfolglos, die Stellung eines Seniors gegenüber ihren Gaubewohnern (pagenses), und zwar sowohl was deren private wie öffentliche Verhältnisse betraf. Ganz wie die übrigen „Herren" die ihnen benachbarten kleinen Leute, so suchten auch die Grafen die weniger bemittelten freien Gaubewohner mit Güte oder Gewalt dahin zu bringen, sich ihnen als Vasallen zu unterwerfen. Dies gelang um so leichter, als die bloße Tatsache, daß die Grafen ihre Amtsgewalt derart mißbrauchen konnten, der beste Beweis ist, wie wenig Schutz der noch übrige Rest der Gemeinfreien von der königlichen Macht und ihren Organen erwarten durfte. Von allen Seiten der Vergewaltigung preisgegeben, mußten die kleineren Freien froh sein, selbst gegen Abtretung ihres Allods und Wiedererlangung desselben zu bloßem Benefizium, irgendeinen Schutzherrn zu finden. Schon Kap[itular] 811 klagt Karl der Große, daß Bischöfe, Abte, Grafen, Richter, Zentenare kleine Leute durch fortwährende Rechtsschikanen oder stets wiederholtes Aufgebot zum Heere so weit herunterbringen, bis sie jenen ihr Allod übertragen oder verkaufen, daß die Armen sich laut über den an ihrem Eigentum geschehenden Raub beklagen usw. Auf diese Weise war in Gallien bereits Ende des 9. Jahrhunderts der größte Teil des freien Eigentums in die Hände der Kirche, der Grafen und andrer Großen gekommen (Hincmar Remfensis] 869), und etwas später gab es in einigen Provinzen schon gar kein freies Grundeigentum kleiner Freier mehr. (Maurer, „Einleitung]", S. 212.) Sobald nun die Benefizien bei der wachsenden Macht der Benefiziare und der verfallenden der Krone allmählich erblich wurden, wurden es gewohnheitsmäßig die Grafenämter auch. Sahen wir in der Menge der königlichen Benefiziare die Ansätze zur Bildung des späteren Adels, so hier den Keim der Territorialhoheit der aus den Gaugrafen hervorgegangnen späteren Landesherrn.
Während so die gesellschaftliche und staatliche Ordnung vollständig anders wurde, blieb die alte Heerverfassung, gegründet auf Waffendienstso Recht wie Pflicht - aller Freien, äußerlich dieselbe, nur daß, wo die neuen Abhängigkeitsverhältnisse bestanden, der Senior zwischen seine Vasallen und den Grafen sich einschob. Aber die Gemeinfreien waren von Jahr zu Jahr weniger imstand, die Last des Heerdienstes zu tragen. Diese bestand nicht nur im persönlichen Dienst; der Aufgebotene mußte sich auch selbst ausrüsten und während der ersten sechs Monate auf eigene Kosten verpflegen, bis endlich die unaufhörlichen Kriege Karls des Großen dem Faß den
Boden ausschlugen. Die Last wurde so unerträglich, daß, um ihr zu entgehn9 die kleinen Freien massenweise vorzogen, nicht nur den Rest ihres Besitzes, sondern ihre eigne Person und die ihrer Nachkommen den Großen, besonders aber der Kirche zu übertragen. Dahin hatte Karl die freien kriegerischen Franken heruntergebracht» daß sie lieber Hörige und Leibeigne wurden, um nur nicht m den Krieg zu ziehn. Das war die Folge davon, daß Karl sich darauf versteifte, eine auf allgemeinen und gleichen Grundbesitz aller Freien gegründete Kriegs Verfassung auch dann noch durchzuführen, und zwar bis auf die äußerste Spitze zu treiben, als der großen Menge der Freien der Grundbesitz ganz oder größtenteils abhanden gekommen war. Die Tatsachen waren indes stärker als Karls Eigensinn und Ehrgeiz. Die alte Heerverfassung war nicht mehr zu halten. Das Heer auf Staatskosten auszurüsten und zu verpflegen, ging erst recht nicht in jener Zeit einer fast geld- und handelslosen Naturalwirtschaft. Karl war also genötigt, die Dienstpflicht so zu beschränken, daß Ausrüstung und Verpflegung des Mannes möglich blieb. Dies geschah im Aachener Kapitular 807, als die Kriege sich nur noch auf Grenzkämpfe beschränkten und der Bestand des Reichs im ganzen gesichert schien. Vor allem sollte jeder königliche Benefiziar ohne Unterschied sich stellen, dann, wer zwölf Hufen (mansi) besitzt, geharnischt, also auch wohl zu Pferd erscheinen (das Wort cabaliarius Ritter, kommt in demselben Kapitular vor). Besitzer von drei bis fünf Hufen waren pflichtig. Von zwei Besitzern von je zwei Hufen, von dreien zu einer Hufe, von sechsen zu einer halben Hufe mußte jedesmal einer gestellt und von den andern ausgerüstet werden. Von ganz landlosen, aber Mobiliarvermögen im Werte von fünf Solidi besitzenden Freien sollte ebenfalls der sechste Mann ausrücken und eine Geldunterstützung von einem Solidus von jedem der andern fünf erhalten. Auch wird die Auszugspflicht der verschiednen Landesteile, die bei diesen benachbarten Kriegen voll eintritt, für entferntere Kriege je nach der Entfernung auf die Hälfte bis ein Sechstel der Mannschaft beschränkt. Karl suchte hier offenbar die alte Verfassung der veränderten ökonomischen Lebenslage der Dienstpflichtigen anzupassen, zu retten, was noch zu retten war. Aber auch diese Konzession half nicht; schon bald-darauf war er genötigt, im Capfitulare] de exercitu promovendo1 neue Befreiungen zu gestatten. Dies Kapitular, gewöhnlich früher als das Aachener datiert, ist seinem ganzen Inhalt nach unzweifelhaft mehrere Jahre später als dies. Es erhöht die Hufenzahl, von der je ein Mann zu stellen ist, von drei auf vier;
1 Kapitular über das Aufgebot zum Heeresdienst
die Besitzer von halben Hufen und die Landlosen erscheinen als dienstfrei, und auch für Benefiziare ist die Stellungspflicht auf einen Mann für je vier Hufen beschränkt. Unter den Nachfolgern Karls scheint das Minimum der Hufenzahl, die einen Mann stellte, sogar auf fünf erhöht zu sein. Merkwürdig ist, daß die Gestellung der geharnischten Zwölfhufner die größten Schwierigkeiten gefunden zu haben scheint. Wenigstens wird das Gebot, daß sie gepanzert zu erscheinen haben, unzählige Male in den Kapitularien wiederholt. So verschwanden die Gemeinfreien immer mehr. Hatte ihre allmähliche Trennung von Grund und Boden einen Teil in die Vasallität der neuen großen Grundherren getrieben, so trieb die Furcht vor direktem Ruin durch den Heerdienst den andern Teil geradezu in die Leibeigenschaft. Wie rasch diese Ergebung in die Knechtschaft vor sich ging, dafür zeugt das Polyptichon (Gründbesitzregister) des Klosters Saint-Germain-des-Pres, das damals noch außerhalb Paris lag. Es ist vom Abt Irminon im Anfang des 9. Jahrhunderts zusammengestellt und weist unter den Hintersassen des Klosters auf: 2080 Familien von Kolonen, 35 von Liten, 220 von Sklaven (servi), dagegen nur ackt freie Familien. Das Wort Colonus jener Zeit war aber in Gallien entschieden ein Unfreier. Die Heirat einer Freien mit einem Kolonen oder Sklaven unterwarf sie als geschändet (deturpatam) dem Herrn (Kap[itular] 817). Ludwig der Fromme befiehlt, daß „colonus vel servus" (eines Klosters zu Poitiers) „ad naturale servitium velit nolit redeat"1 .im] Sie erhielten Hiebe (capitulare 853,861,864,873) und wurden manchmal freigelassen (Guerard, „[Polyptyque de l'abbe] Irminon"). Und diese leibeignen Bauern waren nicht etwa Romanen, sondern nach Jakob Grimms eignem Zeugnis („Geschfichte] der deutschen] Sprlache]", I), der die Namen untersuchte, „fast lauter fränkische, die einer geringen Anzahl romanischer weit überwogen". Eine so gewaltige Zunahme der unfreien Bevölkerung verschob wiederum die Klassenverhältnisse der fränkischen Gesellschaft. Neben die sich damals rasch zu einem eignen Stand ausbildenden Großgrundbesitzer, neben ihre freien Vasallen trat nun eine den Rest der Gemeinfreien mehr und mehr aufsaugende Klasse von Unfreien. Aber diese Unfreien waren teils selbst noch frei gewesen, teils Kinder von Freien; die seit drei und mehr Generationen in erblicher Knechtschaft Lebenden waren weitaus die Minderzahl. Auch waren sie großenteils nicht von außen eingeschleppte,
1 „ein Kolone oder Sklave, ob er wolle oder nicht, in seine natürliche Lage zurückkehren solle"
sächsische, wendische etc. Kriegsgefangne; im Gegenteil, die meisten waren einheimische Franken und Romanen. Mit solchen Leuten, wenn sie noch dazu die Masse der Bevölkerung auszumachen anfingen, war nicht so leicht umzugehn wie mit ererbten oder fremden Leibeignen. Die Knechtschaft war ihnen noch ungewohnt, die Hiebe, die selbst der Kolone erhielt (Kap[itular] 853, 861, 873), wurden noch als Schmach, nicht als selbstverständlich empfunden. Daher die vielen Verschwörungen und Aufstände der Unfreien und selbst der bäuerlichen Vasallen. Karl der Große schlug selbst einen Aufstand der Hintersassen des Bistums Reims gewaltsam nieder. Ludwig der Fromme spricht im Kfapitular] 821 von Verschwörungen der Sklaven (servorum) in Flandern und Menapiscus (an der obern Lys). 848 und 866 mußten Aufstände der Dienstleute (homines) des Bistums Mainz unterdrückt werden. Die Gebote, solche Verschwörungen zu unterdrücken, wiederholen sich in den Kapitularien seit 779. Der Aufstand der Stellinga12851 in Sachsen muß ebenfalls hierher gehören. Offenbar eine Folge dieser drohenden Haltung der unfreien Massen war es, wenn seit Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts die Leistungen der Unfreien, selbst der ansässigen Sklaven, mehr und mehr auf ein bestimmtes unüberschreitbares Maß gesetzt wurden und Karl der Große in seinen Kapitularien dies vorschreibt. Das also war der Preis, um den Karl sein neurömisches Kaiserreich erkaufte: die Vernichtung des Standes der Gemeinfreien, die zur Zeit der Eroberung Galliens das ganze Frankenvolk umfaßt hatten; die Spaltung des Volks in große Grundbesitzer, Vasallen, Leibeigne. Aber mit den Gemeinfreien fiel die alte Heerverfassung, mit beiden fiel das Königtum. Karl hatte die einzige Grundlage seiner eignen Herrschaft vernichtet. Ihn hielt's noch aus; unter seinen Nachfolgern aber trat an den Tag, was in Wirklichkeit das Werk seiner Hände war.
Anmerkung; Der fränkische Dialekt12861
Es ist diesem Dialekt sonderbar mitgespielt worden von den Sprachgelehrten. Hatte Grimm ihn in Französisch und Hochdeutsch untergehn lassen, so geben ihm Neuere eine Ausdehnung, die von Dünkirchen und Amsterdam bis an die Unstrut, Saale und Rezat, wo nicht gar bis an die Donau und durch Kolonisation ins Riesengebirge reicht. Während selbst ein Philolog wie Moritz Heyne aus einer in Werden angefertigten Handschrift des Heliand12871 eine altniederfränkische Sprache konstruiert, die
fast reines, sehr gelind fränkisch angehauchtes Altsächsisch ist, schlägt Braune alle wirklich niederfränkischen Dialekte ohne weiteres hier zum Sächsischen, dort zum Niederländischen. Und endlich beschränkt Arnold den Eroberungsbezirk der Ripuarier auf das Gebiet nördlich der Wasserscheide von Ahr und Mosel und läßt alles südlich und südwestlich gelegene, zuerst von Alamannen, später ausschließlich von Chatten (die er auch zu den Franken schlägt) besetzt sein, also auch alamannisch-chattisch sprechen. Reduzieren wir vorerst das fränkische Sprachgebiet auf seine wirklichen Grenzen. Thüringen, Hessen und Mainfranken haben absolut keinen andern Anspruch, dazugerechnet zu werden, als daß sie zur Karolingerzeit unter Francia mit einbegriffen wurden. Die Sprache, die östlich des Spessarts und Vogelsbergsund des Kahlen Asten gesprochen wird, ist alles, nur nicht Fränkisch. Hessen und Thüringen haben ihre eignen selbständigen Dialekte, wie sie von selbständigen Stämmen bewohnt werden; in Mainfranken ist ein Gemisch slawischer, thüringischer und hessischer Bevölkerung mit bayrischen und fränkischen Elementen durchsetzt worden und hat sich seinen aparten Dialekt ausgebildet. Nur wenn man den Grad, in welchem die hochdeutsche Lautverschiebung in die Dialekte eingedrungen, als Hauptunterscheidungsmittel anwendet, kann man diese drei Sprachzweige dem Fränkischen zuweisen. Es ist aber, so werden wir sehn, grade dies Verfahren, das all die Verwirrung in der Beurteilung fränkischer Sprache durch Nichtfranken verursacht. Fangen wir mit den ältesten Denkmälern an, und stellen wir zuerst Moritz Heynes* sogenanntes Altniederfränkisch ins rechte Licht. Die in Werden gefertigte, jetzt in Oxford befindliche sog. Cottonsche Handschrift des Heliand soll altniederfränkisch sein, weil sie im Kloster Werden, noch auf fränkischem Boden, aber hart an der sächsischen Grenze, angefertigt worden. Die alte Stammesgrenze ist hier auch heute noch die Grenze zwischen Berg und Mark; von den dazwischenliegenden Abteien gehört Werden zu Franken, Essen zu Sachsen. Werden ist in allernächster Nähe, östlich und nördlich von unbestritten sächsischen Ortschaften begrenzt; in der Ebene zwischen Ruhr und Lippe dringt sächsische Sprache stellenweise fast bis an den Rhein. Der Umstand, daß ein sächsisches Werk in Werden abgeschrieben, und zwar offenbar von einem Franken, daß diesem Franken hie und da fränkische Wortformen in die Feder geflossen, reicht noch lange
* „Kleine altsächsische und altniederfranlasche Grammatik" von Moritz Heyne, Paderborn 1873.
nicht hin, die Sprache der Abschrift für fränkisch zu erklären. Außer dem Cottonschen Heliand zieht Heyne als niederfränkisch in Betracht einige Werdener Fragmente, die denselben Charakter zeigen, und die Überbleibsel einer Psalmenübersetzung, die nach ihm in der Aachener Gegend entstanden ist, von Kern (Glossen in der Lex Salica) dagegen kurzerhand für niederländisch erklärt wird. In der Tat hat sie einerseits ganz niederländische Formen, daneben aber auch echt rheinfränkische und selbst Spuren hochdeutscher Lautverschiebung. Sie ist offenbar an der Grenze von Niederländisch und Rheinfränkisch, etwa zwischen Aachen und Maastricht entstanden. Ihre Sprache ist bedeutend jünger als die der beiden Heliand[handschriften]. Der Cottonsche Heliand allein reicht indes hin, um aus den wenigen darin vorkommenden fränkischen Formen einige Hauptunterschiede von Fränkisch und Sächsisch unzweifelhaft festzustellen. I. Alle ingävonischen Mundarten endigen die drei Personen des Plurals praesens indicativus gleich, und zwar auf einen Dental mit vorhergehendem Vokal; altsächsisch auf d, angelsächsisch auf dh, altfriesisch auf th (das wohl auch für dh steht). So heißt im Altsächsischen hebbiad- wir haben, ihr habt, sie haben; ebenso heißen von fallan, gawinnan alle drei Personen gleichmäßig fallad, winnad. Es ist die dritte Person, die sich aller drei bemächtigt hat, aber, wohl zu merken, mit spezifisch ingävonischer, ebenfalls allen drei genannten Dialekten gemeinsamer Ausstoßung des n vor dem d oder dh. Von allen lebenden Dialekten hat sich diese Eigentümlichkeit nur der westfälische erhalten; dort heißt es noch jetzt wi, ji, se hebbed usw. Die übrigen sächsischen Mundarten ebenso wie das Westfriesische kennen sie nicht mehr; sie unterscheiden die drei Personen. Die westrheinischen Psalmen haben wie das Mittelhochdeutsche für die I.Person pluralis -m, II. -t, III. -nt. Dagegen hat der Cottonsche Heliand neben den sächsischen einigemal Formen ganz andrer Art: tholSnd - sie dulden, gomond-ihr klagt, und als Imperativ märient - verkündigt, seggient sagt, wo das Sächsische tholod, gor not, märiad, seggiad fordert. Diese Formen sind nicht nur fränkisch, sie sind sogar echt Werdener, bergischer Lokaldialekt bis heute. Im Bergischen mächen wir ebenfalls alle drei Pluralpersonen des Präsens gleich, aber nicht sächsisch auf d, sondern fränkisch auf nt. Gegen märkisches wi hebbed heißt es da gleich an der Grenze wi hant, und analog dem obigen Imperativ seggient wird gesagt seient ens — sagt einmal. Braune und andre haben auf die einfache Wahrnehmung hin, daß hier im Bergischen die drei Personen gleich gemacht werden, das ganze bergische Gebirgsland kurzerhand für sächsisch erklärt. Die Regel ist allerdings aus
Sachsen herübergedrungen, leider aber wird sie fränkisch ausgeführt und beweist damit das Gegenteil dessen, was sie beweisen soll. Die Ausstoßung des n vor Dentalen ist in den ingävonischen Dialekten nicht auf diesen Fall beschränkt; sie ist im Altfriesischen weniger, im Altsächsischen und Angelsächsischen dagegen ziemlich weit verbreitet: mudh Mund, kudh - kund, us - uns, odhar - ein anderer. Der fränkische Abschreiber des Heliand in Werden schreibt statt odhar zweimal die fränkische Form andar. Die Werdener Heberegister wechseln mit den fränkischen Namens{ormenReinswind,Meginsu)ind,urid den sächsischenReinswidnndMeginswid. in den linksrheinischen Psalmen heißt es dagegen überall munt, k.unt, uns, nur einmal haben die (aus der verlorenen Handschrift dieser Psalmen ausgezogenen) sog. Lipsiusschen Glossen l2&S]farkutha abominabiles statt farkuntha. Die altsalischen Denkmäler haben ebenfalls das n überall bewahrt in den Namen Gund, Segenand, Chlodosindis, Ansbertus usw., was nicht in Betracht kommt. Die modernen fränkischen Dialekte haben das n überall (einzige Ausnahme im Bergischen die Form os - uns). II. Die Sprachdenkmäler, aus denen gewöhnlich die sog. sächsische Grammatik konstruiert wird, gehören alle dem südwestlichen Westfalen an, Münster, Freckenhorst, Essen. Die Sprache dieser Denkmäler zeigt einige wesentliche Abweichungen nicht nur von den allgemein ingävonischen Formen, sondern auch von solchen, die uns in Eigennamen aus Engern und Ostfalen als echt altsächsisch erhalten sind; dagegen stimmen sie merkwürdig mit Fränkisch und Althochdeutsch. Der neueste Grammatiker des Dialekts, Cosijn, nennt ihn daher auch geradezu altwestsächsisch. Da wir bei dieser Untersuchung fast nur auf Eigennamen in lateinischen Urkunden angewiesen sind, können die nachweisbaren Formenunterschiede des West- und Ostsächsischen nur wenig zahlreich sein; sie beschränken sich auf zwei, aber sehr entscheidende Fälle. 1. Angelsächsisch und Altfriesisch hat genitivus pluralis aller Deklinationen auf a. Altwestsächsisch, Altfränkisch und Althochdeutsch dagegen o. Was ist nun die richtige altsächsische Form? Sollte dieser Dialekt hier in der Tat die ingä vonische Regel verlassen? Die Urkunden aus Engern und Ostfalen geben die Antwort. In Stedieraburg, Horsadal, Winethahüsen, Edingahüsun,Magathaburg und vielen andern Namen steht der erste Teil der Zusammensetzung im genitivus pluralis und hat a. Selbst in Westfalen ist das a noch nicht ganz verschwunden: Die Freckenhorster Rolle[289] hat einmal Aningera-ld und Wernerä-Holthuson, und das a in Osnabrück ist eben auch ein alter genitivus pluralis. 2. Ebenso endigt das schwache Maskulinum im Fränkischen wie im
Althochdeutschen auf o gegen gotisch-ingävonisches a. Für das Altwestsächsische steht ebenfalls o als Regel fest; also wieder Abweichung vom ingävonischen Brauch. Dies gilt aber keineswegs für das Altsächsische überhaupt. Nicht einmal in Westfalen galt o ohne Ausnahme; die Freckenhforsterj Rolle hat schon neben o eine ganze Reihe von Namen auf a (Siboda, Uffa, Asica, Hassa, Wenda usw.); Paderborner Denkmäler bei Wigand[290J ergeben fast immer a, nur ganz ausnahmsweise o; in ostfälischen Urkunden herrscht a fast ausschließlich; so daß schon Jakob Grimm („Geschlichte] der d[eutschenl Sprlachel") zu dem Schluß kommt, es lasse sich nicht verkennen, daß a und an (m obliquen Kasus) die ursprünglich sächsische, allen Teilen des Volks gemeine Form war. Das Vordringen des o für a beschränkte sich auch nicht auf Westfalen. Im Anfang des 15. Jahrhunderts haben die ostfriesischen Mannesnamen der Chroniken etc. fast regelmäßig o: Fokhp, Occo, Enno, Smelo usw., gegen früheres im Westfriesischen in Einzelfällen noch erhaltenes a. Es darf also als feststehend angenommen werden, daß beide Abweichungen des Westsächsischen von der ingävonischen Regel nicht ursprünglich sächsisch, sondern durch fremden Einfluß veranlaßt sind. Dieser Einfluß erklärt sich sehr einfach durch die Tatsache, daß Westsachsen früher fränkisches Gebiet war. Erst nach Abzug der Hauptmasse der Franken rückten die Sachsen über Osning und Egge allmählich bis an die Linie, die noch heute Mark und Sauerland von Berg und Siegerland scheidet. Der Einfluß der zurückgebliebnen, mit den Sachsen jetzt verschmolzenen Franken zeigt sich in jenen beiden o statt a; er ist auch noch in den heutigen Dialekten unverkennbar. III. Eine von der Ruhr bis an die Mosel reichende Eigentümlichkeit rheinfränkischer Sprache ist die Endung der I. [Person] praesens indicativus auf -n, die sich am besten erhalten in dem Fall1, wo ein Vokal folgt: dat don ek - das tue ich, ek han - ich habe (bergisch). Diese Verbalform gilt für den ganzen Niederrhein und die Mosel, wenigstens bis an die lothringische Grenze: don, han. Dieselbe Eigentümlichkeit findet sich schon in den linksrheinischen Psalmen: biddon - ich bitte, wirthon - ich werde, wenn auch nicht konsequent. Der salischen Mundart fehlt dies n; es heißt dort schon im ältesten Dokument12921: ecforsacho, gelöbo. Es fehlt ebenso dem Niederländischen. Das Altwestsächsische steht hier vom Fränkischen insofern ab, als es dies n nur in einer einzigen Konjugation kennt (der sog. zweiten schwachen): skawön - ich schaue, thionon - ich diene, usw. Dem Angel
1 Von Engels mit Bleistift am Rand vermerkt: Otfriedt291}
sächsischen und Altfriesischen ist es ganz fremd. Wir dürfen also vermuten, daß auch dies n ein fränkischer Überrest im Altwestsächsischen ist. Außer den uns in Urkunden etc. erhaltenen zahlreichen Eigennamen und den oft bis zur Unkenntlichkeit entstellten Glossen der Lex Salica haben wir fast gar keine Reste der salischen Mundart. Indes hat Kern („Die Glossen in der Lex Salica") eine bedeutende Anzahl dieser Entstellungen entfernt und den in manchen Fällen sichern, in andern höchst wahrscheinlichen Text hergestellt und nachgewiesen, daß er in einer Sprache geschrieben ist, die die direkte Vorfahrin des Mittel- und Neuniederländischen ist. Doch ist dies so rekonstruierte Material natürlich nicht für die Grammatik ohne weiteres verwendbar. Außerdem besitzen wir nur noch die kurze Abschwörungsformel, die dem Kapitular Karlmanns vom Jahre 743 angefügt und wahrscheinlich auf dem Konzil von Lestines, also in Belgien, verfaßt ist. Und hier stoßen wir gleich im Anfang auf zwei charakteristisch fränkische Worte: ec forsacho - ich entsage. Et für ich ist heute noch weit verbreitet unter Franken. In Trier und Luxemburg eich, in Köln und Aachen ech, im Bergischen ek• Wenn das Schriftniederländische ik hat, so hört man doch oft genug im Volksmund, namentlich in Flandern, ek. Die altsalischen Namen Segenahdus, Segemtmdus, Segefredus zeigen einstimmend e für i. In forsacho steht ch für g zwischen Vokalen: Dies kommt auch sonst in den Denkmälern vor (rachineburgius) und ist noch heute ein Kennzeichen aller fränkischen Mundarten von der Pfalz bis an die Nordsee. Auf diese beiden Hauptkennzeichen des Fränkischen: e häufig für i und ch zwischen Vokalen für g, kommen wir bei den einzelnen Mundarten zurück. Als Resultat der obigen Untersuchung, zu der man noch das von Grimm in der „Gesch[ichte] der deutschen} Spr[ache]" am Schluß des ersten Bandes über das Altfränkische Gesagte vergleichen kann, dürfen wir den Satz aufstellen, der übrigens jetzt schwerlich noch bestritten wird: daß das Fränkische schon im 6. und 7. Jahrhundert ein eigner, zwischen dem Hochdeutschen, also zunächst Alamannischen, und dem Ingävonischen, also zunächst Sächsischen und Friesischen, den Übergang bildender, damals noch ganz auf gotisch-niederdeutscher Verschiebungsstufe stehender Dialekt war. Ist dies aber zugegeben, so ist damit auch anerkannt, daß die Franken nicht ein durch äußere Umstände verbündeter Mischmasch verschiedner Stämme, sondern ein eigner deutscher Hauptstamm, die Iskävonen waren, die wohl zu verschiednen Zeiten fremde Bestandteile in sich aufnahmen, aber auch sie zu assimilieren die Kraft hatten. Und ebenfalls dürfen wir als erwiesen ansehn, daß jeder der beiden Hauptzweige des fränkischen Stammes schon früh eine besondre Mundart sprach, daß der Dialekt sich schied in
Salisch und Ripuarisch und daß manche trennenden Eigentümlichkeiten der alten Mundarten noch fortleben im heutigen Volksmund.
Gehen wir nun über zu diesen noch lebenden Mundarten. I. Darüber besteht jetzt kein Zweifel mehr, daß das Salische fortlebt in den beiden niederländischen Mundarten, dem Flämischen und Holländischen, und zwar am reinsten in den seit dem 6. Jahrhundert schon fränkischen Gebieten. Seitdem nämlich die großen Sturmfluten im 12., 13. und H.Jahrhundert fast ganz Seeland vernichtet, die Südersee, den Dollart und die jade gebildet und dadurch mit dem geographischen auch den politischen Zusammenhang unter den Friesen gebrochen, erlagen die Reste der alten friesischen Freiheit dem Andrang der umliegenden Landesherrn und mit ihr fast überall auch die friesische Sprache. Im Westen wurde sie durch Niederländisch, im Osten und Norden durch Sächsisch und Dänisch eingeengt oder ganz verdrängt, in allen Fällen starke Spuren in der eindringenden Sprache zurücklassend. Das altfriesische Seeland und Holland wurden im 16. und 17. Jahrhundert Kern und Rückhalt des niederländischen Unabhängigkeitskampfs, wie sie schon der Sitz der Haupthandeisstädte des Landes waren. Hier also vorzugsweise bildete sich die neuniederländische Schriftsprache und nahm friesische Elemente, Worte und Wortformen auf, die von dem fränkischen Grundstock wohl zu unterscheiden sind. Andrerseits ist von Osten her sächsische Sprache auf ehedem friesisches und fränkisches Gebiet vorgedrungen. Die genauen Grenzen zu ziehn, muß der Detailforschung überlassen bleiben; rein salisch sind nur die flämisch sprechenden Teile von Belgien, Nordbrabant, Utrecht sowie Gelderland und Overijsel mit Ausnahme der östlichen, sächsischen Striche. Zwischen der französischen Sprachgrenze an der Maas und der säch» sischen nördlich vom Rhein stoßen Salier und Ripuarier zusammen. Auf die Scheidelinie, die auch hier im einzelnen erst festzustellen ist, kommen wir weiter unten zu sprechen. Beschäftigen wir uns zunächst mit den grammatischen Eigentümlichkeiten des Niederländischen. Bei den Vokalen fällt zuerst auf, daß in echt fränkischer Weise i durch e ersetzt wird: brengen - bringen, kx^b ~ Krippe, hemel - Himmel, geweten Gewissen, ben - bin, stem - Stimme. Dies ist im Mittelniederländischen noch weit häufiger der Fall: gewes - gewiß, es - ist, selber - Silber, bleut blind, wo Neuniederländisch gewis, is, zilver, blind. Ebenso finde ich in der Nähe von Gent zwei Orte: Destelbergen und Desteldonck, wonach auch jetzt noch Distel dort Destel heißt. Das auf rein fränkischem Boden erwachsene
Mittelniederländische stimmt hier genau zum Ripuarischen, schon weniger das friesischem Einfluß ausgesetzte Schrift-Neuniederländische. Ferner steht, abermals mit dem Ripuarischen stimmend, o statt u vor m oder n mit folgendem Konsonanten, doch nicht so konsequent wie Mittelniederländisch und Ripuarisch. Neben konst, gonst, kpnd steht neuniederländisch kirnst* gunst, kund; dagegen stimmen in beiden: mond - Mund, hond - Hund, jong - jung, ons - uns. Im Abstand vom Ripuarischen ist das lange i (ij) in der Aussprache zu ei geworden, was im Mittelniederländischen noch nicht der Fall gewesen zu sein scheint. Aber dies ei wird nicht wie hochdeutsches ei= ai gesprochen, sondern wie wirklich e + i, wenn auch nicht ganz so dünn wie z.B. ej bei Dänen und Slawen. Wenig abweichend davon lautet der nicht ij, sondern ei geschriebne Diphthong. Entsprechend steht für hochdeutsches au: ou, ouu). Der Umlaut ist aus der Flexion verschwunden. In der Deklination haben Singular und Plural, in der Konjugation Indikativ und Konjunktiv denselben Wurzelvokal. Dagegen kommt Umlaut in der Wortbildung in doppelter Gestalt vor: 1. in der allen nachgotischen Dialekten gemeinsamen [Veränderung] des a durch i in e; 2. in einer dem Niederländischen eigentümlichen, erst später entwickelten Form. Das Mittelniederländische wie das Ripuarische kennt noch hus—Haus, brun - braun, rum - geräumig, tun Zaun, pluralis Aase, brune. Das Neuniederländische kennt nur noch die dem Mittelniederländischen und Ripuarischen fremden Formen huis, bruin, ruim, tuin {tu = hochdeutsches eu). Dagegen drängt sich eu für kurzes o (hochdeutsches u) bereits im Mittelniederländischen ein: jeughet, neben joghet, neuniederländisch jeugd - Jugend; doghet - Tugend, dor - Tür, kor ~ Wahl, woneben die Formen mit eu [oder oe]; neuniederländisch gilt nur noch deugd, keur, deur. Es stimmt dies ganz zu dem seit dem 12. Jahrhundert im Nordfranzösischen entwickelten eu für lateinisches betontes o. Auf einen dritten Fall macht Kern aufmerksam: Neuniederländisch ist ei Umlaut aus e (ee). Alle diese drei Formen des Umlauts sind dem Ripuarischen wie den übrigen Dialekten unbekannt und ein besonderes Kennzeichen des Niederländischen. Aid, alt, old, uld, ult verwandeln sich in oud, out. Dieser Übergang findet sich schon im Mittelniederländischen, wo indes noch guldin, hulde, sculde neben goudin, houde, scoude (sollte) vorkommen, so daß die Zeit ungefähr feststeht, wo er eingeführt wurde. Er ist ebenfalls dem Niederländischen eigentümlich, wenigstens gegenüber allen kontinentalen germanischen Mundarten;dagegen besteht er auch im englischen Dialekt von Lancashire: gowd, howd, owd für gold, hold, old.
Was die Konsonanten angeht, so kennt das Niederländische kein reines g (das gutturale italienische, französische oder englische g). Dieser Konsonant wird wie ein stark aspiriertes gh gesprochen, das sich in gewissen Lautverbindungen vom tief gutturalen (schweizerischen, neugriechischen oder russischen) ch nicht unterscheidet. Wir sahen, daß'dieser Übergang von g in ch schon dem Altsalischen bekannt war. Er findet sich auch in einem Teil des Ripuarischen und der auf ehemals fränkischem Boden ausgebildeten sächsischen Dialekte, z. B. im Münsterland, wo sogar, wie auch im Bergischen, j im Anlaut, besonders von Fremdwörtern, unter Umständen wie ch lautet und man den Choseph und selbst das Chahr (Jahr) hören kann. Hätte M. Heyne hierauf Rücksicht genommen, so blieb ihm die Schwierigkeit der häufigen Verwechslung und gegenseitigen Alliteration von j, g und ch im Heliand so ziemlich erspart. Im Anlaut bewahrt das Niederländische stellenweise wr: wringen ringen, wreed - grausam, hart, Wremen - rächen. Ein Rest davon bleibt auch im Ripuarischen. Aus dem Friesischen ist genommen die Erweichung des Diminutivs \en in tje, je: mannet je - Männchen, bietje - Bienchen, halsje - Hälschen etc. Doch wird auch \bewahrt: vrouken- Frauchen, hoeteken ~ Hütchen. Besser bewahrt das Flämische, wenigstens in der Volkssprache, das das bekannte Männchen in Brüssel heißt manne^en-pis. Aus dem Flämischen haben also die Franzosen ihr mannequin, die Engländer manikin entlehnt. Der Plural beider Endungen ist vroukens, mannetjes. Dies s werden wir im Ripuarischen wiederfinden. Gemeinsam mit sächsischen und selbst skandinavischen Dialekten ist dem Niederländischen die Ausstoßung von d zwischen Vokalen, besonders zwischen zwei e: leder und leer, weder und weer, neder und neer, vader und vaer, moeder und möer - Mutter. Die niederländische Deklination zeigt vollständige Vermischung starker und schwacher Formen, so daß, da der Pluralumlaut ebenfalls fehlt, die niederländischen Pluralbildungen nur m den seltensten Fällen selbst zu den ripuarischen oder sächsischen stimmen, und auch hier ein sehr greifbares Kennzeichen der Sprache vorliegt. Gemeinsam ist dem Salischen und Ripuarischen mit sämtlichen ingävonischen Dialekten der Wegfall des Nominativzeichens in er, der, wer: niederländisch hij, de (Artikel) und die (Demonstrativpronomen), wie. Auf die Konjugation einzugehn, würde zu weit führen. Das Gesagte wird genügen, um die heutige salische Sprache überall von den angrenzenden Mundarten unterscheiden zu lassen. Genauere Untersuchung der nieder
ländischen Volksmundarten wird sicher noch manches Wichtige zutage fördern. 11. Rheinfränkisch. Mit diesem Ausdruck bezeichne ich sämtliche übrigen fränkischen Mundarten. Wenn ich hier dem Salischen nicht nach alter Art Ripuarisch entgegensetze, so hat das einen sehr guten Grund. Schon Arnold hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Ripuarier im eigentlichsten Sinn einen verhältnismäßig engen Bezirk eingenommen haben, dessen Südgrenze durch die beiden Orte Reifferscheid bei Adenau und bei Schleyden mehr oder weniger bezeichnet wird. Dies ist insofern richtig, als hiermit das rein ripuarische Gebiet auch sprachlich abgegrenzt wird gegen die von echten Ripuariern nach oder gleichzeitig mit andern deutschen Stämmen besetzten Gebiete. Da nun der Name Niederfränkisch bereits eine andre Bedeutung erhalten hat, die auch das Salische einschließt, so bleibt mir zur Bezeichnung der von der salischen Sprachgrenze bis zu dieser Linie sich ausbreitenden Gruppe eng verwandter Mundarten nur die Bezeichnung Ripuarisch - im engeren Sinn. 1. Ripuarisch. Die Scheidelinie dieser Gruppe von Mundarten gegen das Salische fällt keineswegs zusammen mit der holländisch-deutschen Grenze. Im Gegenteil gehört dem Salischen auf der rechten Rheinseite noch der größte Teil des Kreises Rees, wo in der Gegend von Wesel Salisch, Ripuarisch und Sächsisch zusammenstoßen. Auf dem linken Ufer sind salisch das Kievische und Geldrische, etwa bis zu einer Linie, die vom Rhein, zwischen Xanten und Wesel, südlich auf das Dorf Vluyn (westlich von Mörs) und von da südwestlich auf Venlo zu gezogen wird. Genauere Grenzbestimmung ist nur an Ort und Stelle möglich, da durch langjährige holländische Verwaltung nicht nur von Geldern, sondern auch der Grafschaft Mörs sich viele ripuarische Namen auf den Karten in salisch-niederländischer Form erhalten haben. Von der Gegend von Venlo an aufwärts scheint der größte Teil des rechten Maasufers ripuarisch, so daß die politische Grenze hier nirgends salisches, sondern stets ripuarisches Gebiet durchschneidet und dies bis nahe an Maastricht sich erstreckt. Namen auf heim (nicht hem) und auf das spezifisch ripuarische ich kommen hier in großer Zahl auf holländischem Gebiete vor, weiter südlich schon die verschobenen auf broich (holländisch broek), z.B. Dallenbroich bei Roermond; ebenso auf rade (Bingelrade bei Sittard, dabei Amstenrade, Hobbeirade und 6 bis 7 andre); das zu Belgien gefallene Stückchen deutsches Gebiet rechts der Maas ist ganz ripuarisch (vgl. Krützenberg, 9 Kilometer von der Maas, mit Kruisberg, nördl. von Venlo). Ja, links der Maas, im belgischen sog. Limburg, finde ich Kessenich
bei Maaseyk, Stockheim und Reckheim an der Maas, Gellik bei Maastricht als Beweis, daß hier keine rein salische Bevölkerung.wohnt. Gegen Sachsen geht die ripuarische Grenze aus der Gegend von Wesel südöstlich in zunehmender Entfernung vom Rhein, zwischen Mülheim an der Ruhr und Werden fränkischer- und Essen sächsischerseits hindurch an die Grenze von Berg und Mark, hier noch jetzt die Grenze von Rheinprovinz und Westfalen. Sie verläßt diese erst südlich von Olpe, wo sie östlich geht, das Siegerland als fränkisch vom sächsischen Sauerland trennend. Weiter östlich fängt bald hessische Mundart an. Die oben erwähnte Südgrenze gegen die von mir als Mittelfränkisch bezeichnete Mundart stimmt ungefähr mit den Südgrenzen der alten Gaue Avalgau, Bonngau und Eiflia und geht von da westlich an das Wallonische, sich eher etwas nach Süden haltend. Das so umschriebene Gebiet umfaßt den alten großen Gau Ribuaria nebst Teilen der nördlich und westlich anstoßenden Gaue. Wie schon gesagt, stimmt das Ripuarische in vielen Beziehungen zum Niederländischen, doch so, daß das Mittelniederländische ihm nähersteht als das Neuniederländische. Mit diesem, dem Neuniederländischen, stimmt die ripuarische Aussprache von ei = e + i und ou für au, der Übergang von i in e, der ripuarisch wie mittelniederländisch noch viel weiter geht als neuniederländisch: Die mittelniederländischen gewes, es, blend, selver (Silber) sind noch heute gut ripuarisch. Ebenso wandelt sich, und zwar konsequent u vor m oder n mit folgendem Konsonanten in o: jong, lomp, domm, konst. Ist dieser folgende Konsonant ein d oder t, so wandelt sich dies in einigen Mundarten in g oder k»' z.B. konk ~ Hund, pluralis häng, wo die Erweichung zu g Nachwirkung des abgestoßenen Endvokals e ist. Dagegen sind die Umlautsverhältnisse des Ripuarischen scharf geschieden von den niederländischen; sie stimmen im ganzen zu dem Hochdeutschen und in einzelnen Ausnahmen (z.B. hanen für Hähne) zum Sächsischen. wr im Anlaut hat sich zu fr verhärtet, erhalten in fringen — Wasser aus einem Tuch etc. auswringen, und fred (holländisch türeed) mit der Bedeutung abgehärtet. Für er, der, wer steht he, de, we. Die Deklination steht in der Mitte zwischen hochdeutscher und sächsischer. Pluralbildungen auf s sind häufig, stimmen aber fast nie zu den niederländischen; dies s wird im Lokalhochdeutschen in richtiger Erinnerung der Sprachentwicklung zu r. Das Diminutiv chen wird nach n in sehen verwandelt, männschen;
der Plural hat wie im Niederländischen s (mäntisches). Beide Formen werden wir bis nach Lothringen hinein verfolgen. r vor s, st, d, t, z wird ausgestoßen, der vorhergehende Vokal bleibt in einigen Mundarten kurz, in andern wird er verlängert. So wird aus hart — hatt (bergisch), haad (kölnisch). Dabei wird durch oberdeutschen Einfluß st zu seht: Durst - doascht bergisch, doscht kölnisch. Ebenfalls ist durch hochdeutschen Einfluß anlautendes sl, stü, st, sp zu schl usw. geworden. Wie dem Niederländischen, ist dem Ripuarischen reines g unbekannt. Ein Teil der an der salischen Grenze liegenden Mundarten, so wie die bergische, hat für an- und inlautendes g ebenfalls aspiriertes gh, doch weicher als das niederländische. Die übrigen haben j. Im Auslaut wird g überall wie ch gesprochen, doch nicht wie das harte niederländische, sondern das weiche rheinfränkische ch, das wie ein verhärtetes j lautet. Den wesentlich niederdeutschen Charakter des Ripuarischen bezeugen Ausdrücke wie boven für oben. Die Mehrzahl der stummen Konsonanten steht überall auf der ersten Stufe der Lautverschiebung. Nur bei t und bei in- und auslautendem k und zuweilen p ist für die südlichen Mundarten hochdeutsche Verschiebung eingetreten; sie haben losze für loten - lassen, holz statt holt, rieh statt rik ~ reich, ech statt ek ~ ich, pief statt pipe - Pfeife. Aber et, dat, wat und einige andre bleiben. Es ist dies nicht einmal konsequent durchgeführtes Eindringen der hochdeutschen Verschiebung in drei Fällen, auf die sich die gewöhnliche Abgrenzung von Mittel- und Niederfränkisch gründet. Hierdurch aber wird eine durch bestimmte Lautverhältnisse, wie gezeigt, zusammengehörige Gruppe von Mundarten, die sich auch noch im Volksbewußtsein als zusammengehörig erkennt, willkürlich und nach einem hier ganz zufälligen Merkmal auseinandergerissen. Ganz zufällig, sage ich. Die übrigen mitteldeutschen Dialekte, der hessische, thüringische, obersächsische etc., stehen, jeder für sich, auf einer im ganzen bestimmten Stufe hochdeutscher Verschiebung. Sie mögen an der niedersächsischen Grenze etwas weniger, an der oberdeutschen etwas mehr Verschiebung zeigen, aber das begründet höchstens Lokalunterschiede. Dagegen zeigt das Fränkische an Nordsee, Maas und Niederrhein gar keine, an der alamannischen Grenze fast ganz alamannische Verschiebung; dazwischen liegen mindestens drei Mittelstufen. Die Verschiebung ist also in das bereits unabhängig entwickelte Rheinfränkisch eingedrungen und hat es in mehrere Stücke zerrissen. Die letzte Spur dieser Verschiebung
braucht durchaus nicht an der Grenze einer schon vorher bestehenden, besondren Gruppe von Mundarten zu verschwinden, sie kann mitten in einer solchen Gruppe absterben, und tut es in der Tat. Dagegen hört der wirklich mundartbildende Einfluß der Verschiebung, wie sich zeigen wird, allerdings an der Grenze zweier, schon früher verschiedener, mundartlicher Gruppen auf. Und ist nicht das schl, schto usw., das auslautende seht ebenfalls und noch weit später von dem Hochdeutschen zu uns gekommen? Dies aber - wenigstens das erstere ~ geht noch tief nach Westfalen hinein. Die ripuarischen Mundarten bildeten eine feste Gruppe, lange ehe ein Teil von ihnen t, in- und auslautendes k und p verschieben lernte. Wie weit diese Änderung innerhalb der Gruppe vordringen konnte, war und bleibt für die Gruppe rein zufällig. Der Dialekt von Neuß ist mit dem von Krefeld und München-Gladbach bis auf Kleinigkeiten, die ein. Fremder gar nicht hört, identisch. Trotzdem soll der eine mittel-, der andre niederfränkisch sein. Die Mundart des bergischen Industrielandes geht in unmerklichen Stufen in die der südwestlichen Rheinebene über. Dennoch sollen sie zwei grundverschieden Gruppen angehören. Für jeden, der im Lande selbst zu Hause, ist es offenbar, daß hier die Stubengelehrsamkeit die ihr wenig oder gar nicht bekannten lebendigen Volksmundarten in das Prokrustesbett a priori konstruierter Kennzeichen zwängt. Und wohin führt diese rein äußerliche Unterscheidung? Dazu, daß man die südripuarischen Mundarten zu einem sogenannten Mittelfränkisch zusammenwirft, mit andern Dialekten, von denen sie, wie wir sehn werden, viel weiter abstehn als von den sog. niederfränkischen. Und daß man andrerseits einen schmalen Streifen zurückbehält, mit dem man nichts anzufangen weiß, und sich endlich genötigt sieht, ein Stück für sächsisch, ein zweites für niederländisch zu erklären, was dem Tatbestand dieser Mundarten geradezu ins Gesicht schlägt. Nehmen wir z.B. den bergischen Dialekt, den Braune kurzerhand sicher sächsisch nennt. Er bildet, wie wir sahen, alle drei Pluralpersonen praesens indicativus gleich, aber fränkisch in der uralten Form nt. Er hat regelmäßig o statt u vor m und n mit folgendem Konsonanten, was nach demselben Braune entschieden unsächsisch und spezifisch niederfränkisch ist. Er stimmt in allen oben angeführten ripuarischen Eigenschaften mit den übrigen ripuarischen Dialekten. Während er unmerklich von Dorf zu Dorf, von Bauernhof zu Bauernhof in die Mundart der Rheinebne übergeht, ist er an der westfälischen Grenze haarscharf vom sächsischen Dialekt geschieden. Vielleicht nirgendwo anders in ganz Deutschland findet sich eine gleich unvermittelt gezogene Sprachgrenze wie hier. Und welcher Abstand in der
Sprache! Der ganze Vokalismus ist wie umgewälzt; dem scharfen niederfränkischen ei steht das breiteste ai unvermittelt gegenüber, wie dem ou das au; von den vielen Diphthongen und Vokalnachschlägen stimmt nicht ein einziger; hier sch wie im übrigen Deutschland, dort s + ch wie in Holland; hier wi hant, dort wi hebbed; hier die pluralisch gebrauchten Dualformen gel und enk, ihr und euch, dort nur ji, i und jü, ü; hier heißt der Sperling gemein-ripuarisch Mosche, dort gemein-westfälisch Lüning. Von andern, der bergischen Mundart spezifisch eignen Besonderheiten gar nicht zu reden, die hier an der Grenze ebenfalls plötzlich verschwinden. Dem Fremden tritt die Eigenart eines Dialekts am nächsten, wenn der Betreffende nicht den Dialekt spricht, sondern das jenem verständliche Hochdeutsch, was ja bei uns Deutschen meist unter starkem Einfluß des Dialekts geschieht. Dann aber ist der angeblich sächsische Bewohner des bergischen Industriebezirks vom Bewohner der Rheinebne, der mittelfränkisch sein soll, für den Nichteingebornen absolut ununterscheidbar, außer an dem etwas härteren aspirierten gh, wo der andre j spricht. Der bergische Heckinghauser (aus Oberbarmen, links der Wupper) aber und der kaum einen Kilometer weiter östlich wohnende märkische Langerfelder stehen auch im Lokalhochdeutsch des alltäglichen Lebens weiter voneinander ab als der Heckinghauser und der Koblenzer, geschweige der Aachener oder Bonner. Dem Rheinfranken selbst macht das Eindringen der Verschiebung von t und auslautendem k. so wenig den Eindruck einer Sprachscheide, daß er, selbst auf ihm ganz bekanntem Gebiet, sich wird erst besinnen müssen, wo denn die Grenze zwischen t und z, k. und ch liegt, und daß ihm beim Überschreiten dieser Grenze das eine fast so mundgerecht ist wie das andre. Dies wird noch erleichtert durch die vielen, in die Mundarten gedrungenen hochdeutschen Wörter mit verschobenen sz, z, ch und /. Ein schlagendes Beispiel bietet die alte bergische Gerichtsordnung aus dem 14. Jahrhundert (Lacomblet, Archiv, I, p. 79ff.). Hier finden sich zo, uiss (aus), zween, bezahlen; daneben in demselben Satz setten, dat nutteste (nützeste); ebenso Dache, redelich neben reichet (reicht); upladen, upheven, hulper (Helfer) neben verkouffen. In einem andern Absatz p.85 steht abwechselnd sogar zo und tho ~ zu. Kurzum, die Mundarten des Gebirgs und der Ebne laufen fortwährend durcheinander, ohne daß es den Schreiber im geringsten stört. Wie immer ist diese letzte Welle, mit der die hochdeutsche Verschiebung fränkisches Gebiet überfließt, auch die schwächste und seichteste. Es ist sicher von Interesse, die Linie zu bezeichnen, bis wohin sie reicht. Aber eine Dialektgrenze kann diese Linie nicht sein; sie vermag nicht, eine selbständige
Gruppe alt und. eng verwandter Mundarten voneinander zu reißen und den Vorwand zu bieten, kraft dessen man die gewaltsam getrennten Bruchstücke, im Widerspruch mit allen sprachlichen Tatsachen, entfernteren Gruppen zuweisen will. 2. Mittelfränkisch. Aus Vorstehendem geht selbstredend hervor, daß ich die Nordgrenze des Mittelfränkischen bedeutend südlicher setze, als gewöhnlich geschieht. Aus der Tatsache, daß der linksrheinische mittelfränkische Landstrich zur Zeit Chlodwigs in alamannischem Besitz gewesen zu sein scheint, nimmt Arnold Veranlassung, die dortigen Ortsnamen auf Spuren alamannischer Ansiedlung zu untersuchen, und kommt zu dem Resultat, daß bis zur Linie Köln—Aachen sich eine vorfränkische, alamannische Bevölkerung nachweisen läßt; wobei selbstredend die Spuren, im Süden am zahlreichsten, gegen Norden immer seltner werden. Die Ortsnamen, sagt er, deuten auf ein zeitweiliges Vorrücken der Alamannen bis über die Gegend um Koblenz und Aachen hinaus wie auf einen längeren Besitz der Wetterau und der südlichen Gebiete im Nassauischen. Denn die Namen mit den echt alamannischen Endungen -ach, -hrunen, -felden, -hofen, -Ingen, -schwand, -Stetten, -Wangen und -Weiler, die in rein fränkischem Gebiet nirgends vorkommen, finden sich vom Elsaß an über die ganze Pfalz, Rheinhessen und Rheinpreußen zerstreut, nur daß sie gegen Norden immer seltner werden und mehr und mehr den vorzugsweis fränkischen Namen auf -bach, -berg, -dorf, -born, -feld, -hausen, -heim und -scheid Platz machen („Deutsche Urzeit"). Untersuchen wir zunächst die angeblich alamannischen Namen des mittelfränkischen Landes. Die Endungen -brunen, -Stetten, -felden,-Wangen sind mir auf der Reymannschen Kartel293' (die ich, ein für allemal gesagt, hier gebrauche) hier nirgends vorgekommen. Die Endung -schwand kommt einmal vor: Metzelschwander Hof bei Winnweiler, und dann noch Schwanden nördl. von Landstuhl. Also beide Male in der oberfränkischen Pfalz, die uns hier noch nicht angeht. Auf -ach haben wir längs des Rheins Kreuznach, Bacharach, Hirzenach bei St. Goar, Rübenach bei Koblenz (Ribiniacus der Spruner-Menkeschen Gaukarte[294]), Andernach (Antunnacum der Römer), daneben Wassenach. Da nun am ganzen linken Rheinufer zur Römerzeit die romanisierte keltische Endung -acum allgemein vorkommt - Tolbiacum Zülpich, Juliacum - Jülich, Tiberiacum - Ziewerich bei Bergheim, Mederiacum -, so könnte in den meisten dieser Fälle höchstens die Wahl der Form -ach statt ich - alamannischen Einfluß anzeigen. Nur das eine Hirzenach (— Hirschenbach) ist unbedingt deutsch, und dies hieß nach der Gaukarte früher Hirzenowe — Hirschenau, nicht Hirschenbach. Wie aber dann
Wallach erklären, das zwischen Büderich und Rheinberg hart an der salischen Grenze liegt? Das ist doch sicher nicht alamannisch. Im Moselgebiet kommen auch einige -ach vor: Irmenach östlich Bernkastel, Waldrach, Crettnach bei Trier, Mettlach an der Saar. In Luxemburg Echternach, Medernach, Kanach; in Lothringen nur rechts der Mosel: Montenach, Rodlach, Brettnach. Selbst wenn wir zugeben wollten, daß alle diese Namen auf alamannische Ansiedlung deuten, so doch nur auf eine sehr dünngesäte, die noch dazu nicht über den südlichsten Teil des mittelfränkischen Landes hinausgeht. Bleiben -weiler, -hofen und -ingen, die eingehendere Untersuchung fordern. Die Endung -weiler ist zunächst nicht ohne weiteres alamannisch, sondern das provinzial-lateinische villarium, villare, und findet sich höchstens ganz ausnahmsweise außerhalb der alten Grenzen des Römerreichs. Nicht die Verdeutschung von villare zu Weiler war Privileg der Alamannen, sondern nur die Vorliebe, mit der sie diese Endung auch für neue Ansiedlungen massenhaft anwandten. Soweit römische villaria vorkommen, waren auch die Franken genötigt, die Endung als wilare, später weiler, zu verdeutschen oder sie ganz fallenzulassen. Wahrscheinlich taten sie bald das eine, bald das andere, wie sie sicher auch hier und da neuen Ansiedlungen Namen auf -weiler gegeben haben werden, nur weit seltner als die Alamannen. Arnold kann nördlich von Eschweiler bei Aachen und Ahrweiler keine bedeutenden Orte auf -weiler finden. Aber die heutige Bedeutung der Orte tut nichts zur Sache, die Tatsache ist, daß auf dem linken Rheinufer die —weiler sich nahe bis an die salische Grenze nach Norden erstrecken (Garzweiler und Holzweiler sind keine fünf Meilen vom nächsten niederländisch sprechenden Ort des Geldrischen) - nördlich der Linie Eschweiler und Ahrweiler gibt es ihrer mindestens zwanzig. Am häufigsten sind sie begreiflicherweise in der Nähe der alten Römerstraße von Maastricht über Jülich nach Köln, zwei davon, WalwiHer und Nyswiller, sogar auf holländischem Gebiet; sind das auch alamannische Ansiedlungen? Weiter südlich kommen sie in der Eifel fast gar nicht vor, die Sektion Malmedy (Nr. 159 Reymann) hat nicht einen einzigen Fall. Auch in Luxemburg sind sie selten, ebenso an der unteren Mosel und bis auf den Kamm des Hunsrücks. Dagegen treten sie an der oberen Mosel zu beiden Seiten des Flusses häufig auf, nach Osten zu immer dichter werdend, und östlich von Saarlouis v/erden sie mehr und mehr herrschende Endung. Hier aber fängt auch schon oberfränkische Sprache an, und hier wird von niemandem bestritten, daß die Alamannen vor den Franken das Land besetzt,hatten.
Für das mittelfränkische und ripuarische Gebiet beweisen also die -weilet ebensowenig wie die vielen -villers in Frankreich alamannische Ansiedlung. Gehen wir über zu - hofen. Diese Endung ist erst recht nicht ausschließlich alamannisch. Sie kommt auf dem ganzen fränkischen Gebiet vor, mit Einschluß des später von Sachsen besetzten jetzigen Westfalens. Auf dem rechten Rheinufer nur ein paar Beispiele: Wehofen bei Ruhrort, Meilinghofen und Eppinghofen bei Duisburg, Benninghofen bei Mettmann, ein andres Eppinghofen bei Dinslaken, in Westfalen Kellinghofen bei Dorsten, Westhofen bei Castrop, Wellinghofen, Wichlinghofen, Niederhofen, zwei Benninghofen, Berghofen, Westhofen, Wandhofen, alle am Hellweg, usw. Bis in die Heidenzeit reicht Ereshofen an der Agger, Mortis Villa, und schon die Bezeichnung des Kriegsgottes als Eru zeigt, daß hier keine Alamannen denkbar sind, sie hießen sich Tiuwäri, nannten also den Gott nicht Eru, sondern Tiu, verschoben später Ziu. Auf dem linken Rheinufer steht es noch schlimmer mit der alamannischen Abstammung des —hofen. Da ist wieder ein Eppinghofen südöstl. Xanten, also vielleicht schon salisch, und von da an südlich wimmelt das ganze ripuarische Gebiet von -hofen, neben -hof für Einzelhöfe. Gehen wir aber erst auf salisches Land, so wird's noch schlimmer. Die Maas wird an beiden Seiten, von der französischen Sprachgrenze an, von -hofen begleitet. Der Kürze halber wollen wir gleich aufs westliche Ufer gehn. Da finden wir in Holland und Belgien wenigstens sieben Ophoven, in Holland Kinckhoven usw.; für Belgien wollen wir zunächst die Sektion Löwen (Nr. 139 Reymann) nehmen. Hier gibt es Ruykhoven, Schalkhoven, Bommershoven, Wintershoven, Mettecoven, Heishoven, Engelmanshoven bei Tongern; Zonhoven, Reekhoven, Konings-Hoven bei Hasselt; weiter westlich Bogenhoven, Schuerhoven, Nieuwenhoven, Gippershoven, Baulershoven bei St. Truyen; am westlichsten Gussenhoven und Droenhoven östlich und nordöstlich Tirlemont (Thienen). Die Sektion Turnhout (Nr. 120) hat mindestens 33 —hoven, die meisten auf belgischem Gebiet. Weiter südwestlich gehen die —hove (das Dativ-n wird hier regelmäßig unterdrückt) der ganzen französischen Sprachgrenze entlang; von Heerlinkhove und Nieuwenhove bei Ninove, das selbst ein romanisiertes —hove ist - die Mittelglieder, ca. 10 gezählt, lasse ich weg -, bis Ghyverinckhove und Pollinchove bei Dixmuyden und Volkerinckhove bei St. Omer im französischen Flandern. Dreimal kommt Nieuwenhove vor, was beweist, daß die Endung noch im Volk lebendig ist. Daneben sehr zahlreiche Einzelhöfe auf -hof. Hiernach mag der angeblich ausschließlich alamannische Charakter des -hofen beurteilt werden.
Endlich zu -ingen. Die Bezeichnung gleicher Abstammung durch -ing, ~ung ist allen germanischen Völkern gemein. Da die Niederlassung geschlechter weise geschah, spielt diese Endung auch überall eine bedeutende Rolle in den Ortsnamen. Bald wird sie im genitivus pluralis mit einer Lokalendung verknüpft: Wolvarädingahusun bei Minden, Snoiingaham (Nottingham) in England. Bald steht der Plural allein für die Ortsbezeichnung: Flissinghe (Vlissingen), Phladirtinga (Viaardingen), Crastlingi im holländischen Friesland, Grupilinga, Britlinga, Otlinga in Altsachsen. Diese Namen sind heutzutage meist auf den Dativ reduziert und endigen auf -ingen, selten —ing. Die meisten Völker kennen und brauchen beide Verwendungsarten; die Alamannen, scheint es, vorwiegend die letztere, wenigstens jetzt. Rümmingen bei Lörrach hieß früher (764) Romaninchova, so daß die schwäbischen -ingen manchmal auch erst neueren Ursprungs sind (Mone, „Urzeit des badischen Landes", I, S.213). Die schweizerischen~kon und -\ojen sind fast alle aus -inghojen zusammengezogen: ZollinchovonZollikojen, Smarinchowa-Schmerikon, etc. Vgl. F. Beust, „Historischer Atlas des Kantons Zürich", wo sie sich zu Dutzenden auf der die Alamannenzeit repräsentierenden Karte 3 finden. Da diese aber auch bei Franken, Sachsen und Friesen vorkommen, so ist es sehr gewagt, aus dem Vorkommen von Ortsnamen auf —ingen sofort auf alamannische Ansiedlung zu schließen. Die eben angeführten Namen beweisen, daß Namen auf -ingas (nominativus pluralis) und -ingum,-ingon (dativus pluralis) sowohl bei Friesen wie Sachsen von der Scheide bis zur Elbe nichts Ungewöhnliches waren. Auch heute noch sind die —ingen in ganz Niedersachsen keine Seltenheit. In Westfalen zu beiden Seiten der Ruhr, südlich der Linie Unna-Soest, finden sich allein mindestens zwölf —ingen neben —ingsen und —inghausen. Und so weit fränkisches Gebiet, so weit finden wir auch Namen auf —ingen. Auf dem rechten Rheinufer finden wir zunächst in Holland Wageningen am Rhein und Genderingen an der Ijssel (wobei wir alle möglicherweise friesischen Namen ausschließen), im Bergischen Huckingen, Ratingen, Ehingen (dicht dahinter auf sächsischem Gebiet Hattingen, Sodingen, Ummingen), Heisingen bei Werden (das Grimm von der Silva Caesia des Tacitus herleitet, das also uralt wäre), Solingen, Husingen, Leichlingen (auf der Gaukarte Leigelingon, also an tausend Jahre alt), Quettingen und an der Sieg Bödingen und Röcklingen, zwei Namen auf —ing ungerechnet. Hönningen bei Rheinbrohl und EUingen im Wiedschen stellen die Verbindung her mit der Gegend zwischen Rhein, Lahn und Dill, die gering gezählt 12 —ingen liefert. Weiter südlich zu gehn, hat keinen Zweck, da hier das Land anfängt, das unbestritten eine Periode alamannischer Besiedlung durchgemacht hat.
Links vom Rhein haben wir Millingen in Holland oberhalb Nijmegen, Lüttingen unterhalb Xanten, nochmals Millingen unterhalb Rheinberg, dann Kippingen, Rödingen, Höningen, Worringen, Fühlingen, alle nördlicher als Köln, Wesselingen und Köttingen bei Brühl. Von hier verfolgen die Namen auf —ingen zwei Richtungen. In der hohen Eifel sind sie selten; wir finden bei Malmedy an der französischen Sprachgrenze: Büllingen, Hünningen, Mürringen, Iveldingen, Eibertingen als Übergang zu den sehr zahlreichen —ingen in Luxemburg und an der preußischen und lothringischen Obermosel. Eine andre Verbindungslinie geht den Rhein und die Seitentäler (in der Ahrgegend 7 bis 8), schließlich das Moseltal entlang, ebenfalls nach der Gegend oberhalb Trier, wo die —ingen vorherrschen, aber zuerst durch die —Weiler und dann die —heim von der großen Masse der alamannisch-schwäbischen -ingen abgetrennt werden. Wenn wir also nach Arnolds Forderung „alle Umstände im Zusammenhang erwägen", so werden wir zu dem Schluß kommen, daß die —ingen des oberen deutschen Moselgebiets fränkisch sind und nicht alamannisch. Wie wenig wir hier alamannische Hülfe nötig haben, wird erst recht Idar, sobald wir die —ingen von der französisch-ripuarischen Sprachgrenze bei Aachen aus auf salisches Gebiet verfolgen. Bei Maaseyk westlich der Maas liegt Geystingen, weiter westlich bei Bree Gerdingen. Dann finden wir, wenn wir wieder Sektion Nr. 139, Löwen, zur Hand nehmen: Mopertingen, Vlytingen, Rixingen, Aerdelingen, Grimmers ingen, Gravelingen, Ordange (für Ordingen), Bevingen, Hatingen, Buvingen, Hundelingen, Bovelingen, Curange, Raepertingen, Boswinningen, Wimmertingen und andre in der Gegend von Tongern, St. Truyen und Hasselt. Die westlichsten, nicht weit von Löwen, sind Willebringen, Redingen, Grinningen. Hier scheint die Verbindung abzubrechen. Gehn wir aber auf das jetzt französisch redende, aber im 6. bis 9. Jahrhundert zwischen beiden Sprachen streitige Gebiet, so finden wir von der Maas an einen ganzen Gürtel französierter —ange, welche Form auch in Lothringen und Luxemburg dem —ingen entspricht, von Osten nach Westen gehend: Ballenge, Roclenge, Ortrange, Lantremange, Roclange, Libertange, Noderange, Herdange, Oderinge, Odange, Gobertang, Wahenges; etwas weiter westlich Louvrenge bei Wavre und Revelinge bei Waterloo stellen die Verbindung her mit Huysinghen und Buisinghen, den ersten Posten einer Gruppe von über 20 —inghen, die sich südwestlich von Brüssel von Hai bis Gram« mont die Sprachgrenze entlang verbreitet. Und endlich in französisch Flandern: Gravelingen, Wulverdinghe (also ganz das altsächsische Wolvaradinges-hüsun), Leubringhen, Leulinghen, Bonninghen, Peuplingue, HOrding hen, Hermelinghen, bei St. Omer und bis hinter Boulogne Herbinghen,
Hocquinghen, Velinghen, Lottinghen, Ardinghen, alle scharf geschieden von den in derselben Gegend noch zahlreicheren Namen auf —inghem (—ingheim). Die drei Endungen also, die Arnold für spezifisch alamannisch hält, erwiesen sich ebensosehr als fränkisch, und der Versuch, eine alamannische Ansiedlung vor der fränkischen auf mittelfränkischem Gebiet aus diesen Namen zu beweisen, muß als gescheitert gelten. Wobei die Möglichkeit eines nicht sehr starken alamannischen Elements im südöstlichen Teil dieses Gebiets immer zugegeben werden kann. Von den Alamannen führt uns Arnold zu den Chatten. Diese sollen, mit Ausschluß der eigentlichen Ripuarier, das Gebiet südlich vom Gau Ribuaria, dasselbe also, das wir mittel- und oberfränkisch nennen, nach und neben den Alamannen besetzt haben. Auch dies wird aus den sich in dieser Gegend neben den alamannischen findenden hessischen Ortsnamen begründet: „Die Übereinstimmung der Ortsnamen diesseits und jenseits des Rheins bis zur alamannischen Grenze ist so merkwürdig und auffallend, daß es ein wahres Wunder wäre, wenn sie zufällig sein sollte, wogegen sie überaus natürlich erscheint, sobald wir annehmen, daß die Einwanderer ihre heimischen Ortsnamen auch den neuen Sitzen beilegten, wie das in Amerika noch alle Tage geschieht." Gegen diesen Satz ist wenig zu sagen. Um so mehr gegen die Schlußfolgerung, daß die eigentlichen Ripuarier mit der Besiedlung des ganzen mittel- und oberfränkischen Landes nichts zu tun hatten, daß wir hier nur Alamannen und Chatten finden. Die meisten der von der Heimat nach Westen ausgezogenen Chatten scheinen sich von jeher (so schon die Bataver, Canninefaten und Chattuarier) den Iskävonen angeschlossen zu haben; wohin sollten sie sich auch wenden? In den ersten beiden Jahrhunderten unserer Zeitrechnung waren die Chatten nur im Rücken durch die Thüringer mit den übrigen Herminonen verknüpft; auf der einen Seite hatten sie ingävonische Cherusker, auf der andern Iskävonen und vor sich die Römer. Die herminonischen Stämme, die später vereint als Alamannen auftreten, kamen aus dem Innern Germaniens, waren von den Chatten seit Jahrhunderten durch Thüringer und andre Völker getrennt und ihnen viel fremder geworden als die iskävonischen Franken, mit denen mehrhundertjährige Waffenbrüderschaft sie verband. Die Beteiligung der Chatten an der Besetzung des fraglichen Landstrichs wird also nicht bezweifelt. Wohl aber der Ausschluß der Ripuarier davon. Dieser ist nur dann nachgewiesen, wenn hier keine spezifisch ripuarischen Namen vorkommen. Das Gegenteil findet statt. Unter den von Arnold als spezifisch fränkisch angegebnen Endungen
ist —hausen Franken, Sachsen, Hessen und Thüringern gemein; —heim heißt salisch —ham, —bach salisch und niederripuarisch —beek; von den andern ist nur —scheid wirklich charakteristisch. Es ist spezifisch ripuarisch, ebenso wie —ich, —rath oder —rade und —siepen. Beiden fränkischen Dialekten gemein sind ferner —loa (loh), —dank und —bruch oder —broich (salisch —broek)• —scheid kommt nur im Gebirge vor und in der Regel von Orten auf der Wasserscheide. Die Franken haben diese Endung im ganzen westfälischen Sauerland zurückgelassen bis an die hessische Grenze, wo sie nur noch als Bergnamen bis östlich Korbach vorkommt. An der Ruhr tritt dem altfränkischen —scheid die sächsisch gemachte Endung —schede gegenüber: Melschede, Selschede, Meschede, dicht dabei Langscheid, Ramscheid, Bremscheid. Im Bergischen häufig, findet es sich bis in den Westerwald, aber nicht südlicher, auf der rechten Rheinseite. Links vom Rhein dagegen fangen die —scheid begreiflicherweise erst in der Eifel an*; in Luxemburg sind ihrer mindestens 21, im Hochwald und Hunsrück sind sie häufig. Aber wie südlich der Lahn, so tritt ihnen auch hier an der Ost- und Südseite des Hunsrücks und Soonwalds die Form —schied zur Seite, welche eine hessische Adaptation scheint. Beide Formen nebeneinander ziehen sich südlich über die Nahe bis an die Vogesen, wo wir finden: Bisterscheid westlich vom Donnersberg, Langenscheid bei Kaiserslautern, ein Plateau Breitscheid südlich Hochspeyer, Haspelscheid bei Bitsch, den Scheidwald nördlich Lützelstein, endlich als südlichsten Posten Walscheid am Nordabhang des Donon, noch südlicher als das Dorf Hessen bei Saarburg, den äußersten chattischen Posten bei Arnold. Spezifisch ripuarisch ist ferner —ich, aus derselben Wurzel gotisch -ahva - Wasser, wie —ach; beide verdeutschen auch das belgisch-römische —actim, wie Tiberiacum beweist, auf der Gaukarte Civiraha, heute Ziewerichj Rechtsrheinisch ist es nicht sehr häufig; Meiderich und Lirich bei Ruhrort sind die nördlichsten, von da an ziehen sie sich den Rhein entlang bis Biebrich, Die linksrheinische Ebene, von Büderich gegenüber Wesel an, ist voll davon, durch die Eifel gehn sie bis in den Hochwald und Hunsrück, verschwinden aber im Soonwald und der Nahegegend, noch ehe —scheid und —roth aufhören. Im westlichen Teil unsres Gebiets dagegen gehn sie fort bis an die französische Sprachgrenze und darüber hinaus. DasTriersche, das eine Menge hat, übergehn wir; im holländischen Luxemburg zähle ich
* (Anm.) In der Ebene finde ich nur Waterscheid, ostlich Hasselt im belgischen Limburg, wo wir schon oben starke ripuarische Mischung beobachteten.
zwölf, noch jenseits im belgischen Törtlich und Merzig (Messancy - die Schreibart —ig ändert nichts, Etymologie und Aussprache sind dieselben), in Lothringen Soetrich, Sentzich, Marspich, Daspich westlich der Mosel; östlich von ihr Kintzich, Penserich, Kemplich, Oestrich, zweimal Kerprich, Hibrich, Helsprich. Die Endung —rade, —rad, linksrheinisch —rath, geht ebenfalls weit über die Grenzen ihrer altripuarischen Heimat hinaus. Sie erfüllt die ganze Eifel und das mittlere und niedere Moseltal sowie dessen Seitentäler. In derselben Gegend, wo -scheid sich mit —schied mischt, kommt auf beiden Rheinufern —rod, —roth neben —rad und —rath vor, ebenfalls hessischen Ursprungs, nur daß rechtsrheinisch, im Westerwald, die —rod weiter nördlich gehn. Im Hochwald hat der Nordabhang —rath, der Südabhang -roth als Regel. Am wenigsten vorgedrungen ist —siepen, verschoben —seifen. Das Wort bedeutet ein kleines Bachtal mit steilem Gefälle und wird noch allgemein dafür gebraucht. Links vom Rhein reicht es nicht weit über die altripuarische Grenze, rechts findet es sich im Westerwald an der Nister und noch bei Langenschwalbach (Langenseifen). Auf die anderen Endungen einzugehn würde zu weit führen. Jedenfalls aber dürfen wir die zahllosen —heim, die den Rhein von Bingen aufwärts bis weit ins alamannische Gebiet hinein begleiten und die sich überhaupt überall finden, wo Franken sich niedergelassen, für nicht chattisch, sondern ripuarisch erklären. Ihre Heimat ist nicht in Hessen, wo sie selten vor Kommen und später eingedrungen scheinen, sondern im Salier land und der Rheinebene um Köln, wo sie neben den andern spezifisch ripuarischen Namen in fast gleicher Zahl vorkommen. Das Resultat dieser Untersuchung ist also, daß die Ripuarier, weit entfernt davon, durch den Strom hessischer Einwanderung an Westerwald und Eifel festgehalten zu sein, im Gegenteil selbst das ganze mittelfränkische Gebiet überfluteten. Und zwar in der Richtung nach Südwesten, nach dem oberen Moselgebiet, stärker als nach Südosten, nach dem Taunus und dem Nahegebiet. Dies wird auch durch die Sprache bestätigt. Die südwestlichen Mundarten, bis nach Luxemburg und Westlothringen hinein, stehen dem Ripuarischen weit näher als die östlichen, besonders rechtsrheinischen. Jene können als eine mehr hochdeutsch verschobene Verlängerung des Ripuarischen gelten. DasCharakteristische der mittelfränkischen Mundarten ist zunächst das Eindringen der hochdeutschen Verschiebung. Nicht der bloßen Verschiebung einiger Tenues zu Aspiraten, die sich auf verhältnismäßig wenige
Worte erstreckt und den Charakter der Mundart nicht berührt, sondern die beginnende Verschiebung der Medien, die die eigentümlich mittel- und oberdeutsche Vermischung von b und p, g und k, d und i herbeiführt. Erst wo die Unmöglichkeit sich zeigt, b und p, d und t, g und k im Anlaut scharf zu unterscheiden, also das, was die Franzosen ganz besonders unter accent allemand verstehen, erst da macht sich dem Niederdeutschen der große Riß fühlbar, den die zweite Lautverschiebung durch die deutsche Sprache gerissen hat. Und dieser Riß geht durch zwischen Sieg und Lahn, zwischen Ahr und Mosel. Danach hat das Mittelfränkische ein anlautendes g, das den nördlicheren Dialekten fehlt, in- undauslautend spricht es indes noch weiches ch für g. Ferner geht das ei und ou der nördlichen Dialekte in ai und au über. Einige echt fränkische Besonderheiten: In allen salischen und ripuarischen Mundarten ist Bach, unverschoben Beek, weiblich. Dies gilt auch für wenigstens den größten, westlichen Teil des Mittelfränkischen. Wie die zahllosen andern gleichnamigen Bäche in Niederland und am Niederrhein, ist auch die luxemburgische Glabach (Gladbach, niederländisch Glabeek) weiblich. Dagegen werden Mädchennamen als Neutra behandelt: Man sagt nicht nur das Mädchen, das Mariechen, das Lisbethchen, sondern auch das Marie, das Lisbeth, von Barmen bis über Trier hinaus. Bei Forbach in Lothringen zeigt die ursprünglich von Franzosen aufgenommene Karte einen Karninschesberg (Kaninchenberg). Also dasselbe Diminutiv —sehen, pluralis —sches, das wir oben als ripuarisch fanden. Mit der Wasserscheide zwischen Mosel und Nahe und rechts des Rheins mit dem Hügelland südlich der Lahn fängt eine neue Gruppe von Mii ndarten an: 3. Oberfränkisch. Hier sind wir auf einem Landstrich, der unbestritten zuerst alamannisches Eroberungsgebiet war (abgesehn von der früheren Besetzung durch Vangionen usw., von deren Stammverwandtschaft und Sprache wir nichts wissen), und wo auch eine stärkere chattische Beimischung gern zugegeben werden kann. Aber auch hier weisen die Ortsnamen, wie wir nicht zu wiederholen brauchen, auf die Anwesenheit nicht unbedeutender ripuarischer Elemente hin, besonders in der Rheinebene. Noch mehr aber die Sprache selbst. Nehmen wir den südlichsten bestimmbaren Dialekt, der zugleich eine Literatur hat, den pfälzischen. Hier finden wir wieder die allgemein fränkische Unmöglichkeit, in- und auslautendes g anders denn als weiches ch auszusprechen.* Es heißt da: Vöchel, Flechel,
* Alle Zitate sind aus „Fröhlich Falz, Gott erhalt's! Gedichte in Pfälzer Mundart" von K. G. Nadler, Frankfurt a.M. 1851.
geleche (gelegen), gsacht — gesagt, licht - liegt etc. Ebenso das allgemein fränkische w statt h im Inlaut: Büiße — Buben, glätoe ~ glauben (aber igläb), bleiiüe, selwer - selbst, hahoe - halbe. Die Verschiebung ist lange nicht so vollkommen, wie sie aussieht, es findet sogar, bei Fremdwörtern namentlich, Rückverschiebung statt, d.h., der stumme Konsonant des Anlautes wird eine Stufe nicht vorwärts, sondern rückwärts verschoben: t wird d, p wird b, wie sich zeigen wird; d und p im Anlaut bleiben auf niederdeutscher Stufe: dün - tun, dag, danze, dür, dodt; jedoch vor r: trinke, trage; paff Pfaff, peife, palz - Pfalz, parre - Pfarrer. Da nun d und p für hochdeutsch t und pf stehn, so wird auch in Fremdwörtern anlautendes t zu d, anlautendes p aber zu b rückverschoben: derke ~ Türke, dafel - Tafel, babeer Papier, borzlan - Porzellan, buhoer - Pulver. Dann duldet das Pfälzische, hierin nur mit dem Dänischen stimmend, keine Tenues zwischen Vokalen: ebbes — etwas, labbe - Lappen, schlubbe - schlupfen, schobbe - Schoppen, Peder - Peter, dridde — dritte, rodhe - raten. Nur k bildet eine Ausnahme: brocke, backe. Aber in Fremdwörtern g: musigande - Musikanten. Es ist dies ebenfalls ein Rest niederdeutscher Lautstufe, der sich vermittelst RückVerschiebung weiter ausgedehnt hat1; nur dadurch, daß dridde, hadde un~ verschoben blieb, konnte aus Peter Peder werden und so die entsprechenden hochdeutschen i gleiche unparteiische Behandlung erfahren. Ebenso bleibt in halde - halten, aide - alte usw. d auf niederdeutscher Stufe. • Trotz des, für Niederdeutsche, entschieden hochdeutschen Gesamteindrucks ist also die Pfälzer Mundart weit entfernt davon, die hochdeutsche Lautverschiebung auch nur so weit angenommen zu haben, wie unsre Schriftsprache sie bewahrt. Im Gegenteil, das Pfälzische protestiert vermittelst seiner Rückverschiebung gegen die hochdeutsche Stufe, die, von außen eingedrungen, bis heute sich als fremdes Element in der Mundart erweist. Es ist hier der Ort, auf eine gewöhnlich verkannte Erscheinung einzugehn: auf die Verwechslung von d und t, b und p, selbst g und k bei denjenigen Deutschen, in deren Dialekt die Medien hochdeutsche Verschiebung erlitten haben. Diese Verwechslung findet nicht statt, solange jeder seine Mundart spricht. Im Gegenteil. Wir haben soeben gesehn, daß z.B. der Pfälzer hier sehr genau unterscheidet, so sehr, daß er sogar Fremdwörter rückwärts verschiebt, um sie den Anforderungen seines Dialekts anzupassen. Ausländisches anlautendes t wird ihm nur darum zu d, weil schriftdeutsches t seinem d, ausländisches p zu b, weil seinem p schriftdeutsches
1 Von Engels mit Bleistift am Rand vermerkt: stimmt mit Otfried ^2fll
pf entspricht. Ebensowenig werden in andern oberdeutschen Mundarten die stummen Konsonanten durcheinandergeworfen, solange man die Mundart spricht. Jede derselben hat ihr eignes, genau durchgeführtes Verschiebungsgesetz. Anders wird es, sobald die Schriftsprache oder eine fremde Sprache gesprochen wird. Der Versuch, das jedesmalige mundartliche Verschiebungsgesetz auf diese anzuwenden - und dieser Versuch wird unwillkürlich gemacht -, kollidiert mit dem Versuch, die neue Sprache korrekt zu sprechen. Dabei verlieren dann die geschriebenen b und p, d und t alle feste Bedeutung, und so konnte es kommen, daß z.B. Börne in seinen Pariser Briefen sich darüber beklagt, die Franzosen könnten b und p nicht unterscheiden, weil sie hartnäckig meinten, sein Name, den er Perne aussprach, finge mit einem p an. Doch zurück zur Pfälzer Mundart, Der Nachweis, daß ihr die hochdeutsche Verschiebung sozusagen von außen aufgedrängt und bis heute noch ein fremdes Element geblieben, dazu auch nicht einmal die Lautstufe der Schriftsprache erreicht (über die weit hinausgehend Alamannen und Bayern im ganzen diese oder jene althochdeutsche Stufe bewahren) — dieser Beweis allein reicht hin, den vorwiegend fränkischen Charakter des Pfälzischen festzustellen. Denn selbst in dem weit nördlicher liegenden Hessen ist die Verschiebung im ganzen weiter durchgeführt und damit der angeblich vorwiegend hessische Charakter des Pfälzischen auf ein bescheidenes Maß zurückgeführt. Um hart an der alamannischen Grenze, unter zurückgebliebnen Alamannen, der hochdeutschen Verschiebung solchen Widerstand zu leisten, dazu müssen neben den, selbst wesentlich hochdeutschen, Hessen mindestens ebenso zahlreiche Ripuarier am Platz gewesen sein. Und deren Anwesenheit wird ferner bewiesen - außer durch die Ortsnamen - durch zwei allgemein fränkische Eigenheiten: die Bewahrung des fränkischen u) statt b im Inlaut und die Aussprache des g als ch im In-und Auslaut. Dazu kommen noch eine Menge einzelner Fälle von Übereinstimmung. Mit dem pfälzischen Gundach - „guten Tag" kommt man bis Dünkirchen und Amsterdam. Ebenso wie in der Pfalz „ein gewisser Mann" ein sichrer Mann heißt, so in ganz Niederland een zeteren man. Handsching für Handschuh stimmt zum ripuarischen Händschen. Sogar g für j in Ghannisnacht (Johannisnacht) ist ripuarisch und geht, wie wir sehen, bis ins Münsterland. Und das allen Franken, auch den Niederländern, gemeinsame baten (bessern, nützen von bat - besser) ist in der Pfalz gebräuchlich: 's badd alles nix - es hilft alles nichts - wo sogar das t nicht hochdeutsch zu tz verschoben, sondern pfälzisch zwischen Vokalen zu d erweicht ist.
Beilagen

Friedrich Engels [Vorwort zur „Kritik des Gothaer Programms" von Karl Marx]
Das hier abgedruckte Manuskript - der Begleitbrief an Bracke sowohl wie die Kritik des Programmentwurfs1 - wurde 1875 kurz vor dem Gothaer Einigungskongreß an Bracke zur Mitteilung an Geib, Auer, Bebel und Liebknecht und spätem Rücksendung an Marx abgesandt. Da der Haller Parteitag die Diskussion des Gothaer Programms auf die Tagesordnung der Partei gesetzt hat, würde ich glauben, eine Unterschlagung zu begehn, wenn ich dies wichtige - vielleicht das wichtigste - in diese Diskussion einschlagende Aktenstück der Öffentlichkeit noch länger vorenthielte. Das Manuskript hat aber noch eine andere und weiter reichende Bedeutung. Zum ersten Mal wird hier die Stellung von Marx zu der von. Lassalle seit dessen Eintritt in die Agitation eingeschlagnen Richtung klar und fest dargelegt, und zwar sowohl was die ökonomischen Prinzipien wie die Taktik Lassalles betrifft. Die rücksichtslose Schärfe, mit der hier der Programmentwurf zergliedert, die Unerbittlichkeit, womit die gewonnenen Resultate ausgesprochen, die Blößen des Entwurfs aufgedeckt werden, alles das kann heute, nach fünfzehn Jahren, nicht mehr verletzen. Spezifische Lassalleaner existieren nur noch im Ausland als vereinzelte Ruinen, und das Gothaer Programm ist in Halle sogar von seinen Schöpfern als durchaus unzulänglich preisgegeben worden. Trotzdem habe ich einige persönlich scharfe Ausdrücke und Urteile da, wo dies für die Sache gleichgiltig war, ausgelassen und durch Punkte ersetzt. Marx selbst würde dies tun, wenn er das Manuskript heute veröffentlichte. Die stellenweise heftige Sprache desselben war provoziert durch zwei Umstände: Erstens waren Marx und ich mit der deutschen Bewegung inniger verwachsen als mit irgendeiner andern; der in diesem Programmentwurf bekundete entschiedene Rückschritt mußte uns also besonders heftig erregen. Zweitens aber lagen wir damals, kaum zwei Jahre nach dem Haager Kongreß der Internationale, i-m heftigsten Kampf mit Bakunin und seinen Anarchisten, die uns für alles verantwortlich machten, was in
Deutschland in der Arbeiterbewegung geschah; wir mußten also erwarten, daß man uns auch die geheime Vaterschaft dieses Programms zuschob. Diese Rücksichten fallen jetzt weg, und mit ihnen die Notwendigkeit der fraglichen Stellen. Auch aus preßgesetzlichen Gründen sind einige Sätze nur durch Punkte angedeutet. Wo ich einen milderen Ausdruck wählen mußte, ist er in eckige Klammern gesetzt. Sonst ist der Abdruck wörtlich.
London, 6. Januar 1891
Fr. Engels
Nach: „Die Neue Zeit", Nr. 18, 9.Jahrgang, I.Band, 1890-1891.
Friedrich Engels Vorwort zur vierten Auflage (1891) [„Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft •']
Meine Vermutung, daß der Inhalt dieser Schrift1 unsern deutschen Arbeitern wenig Schwierigkeiten machen werde, hat sich bestätigt. Wenigstens sind seit März 1883, wo die erste Auflage erschien, drei Auflagen von im ganzen 10 000 Exemplaren abgesetzt worden, und das unter der Herrschaft des verblichnen Sozialistengesetzes - zugleich ein neues Beispiel davon, wie ohnmächtig Polizeiverbote sind gegenüber einer Bewegung wie die des modernen Proletariats. Seit der ersten Auflage sind noch verschiedne Übersetzungen in fremde Sprachen erschienen: eine italienische von Pasquale Martignetti: „II Socialismo Utopico e il Socialismo scientifico", Benevento 1883; eine russische: „Razvitie naucznago Socializma", Genf 1884; eine dänische: „Socialismens Udvikling fra Utopi til Videnskab", in „Socialistisk Bibliötek", I. Bind, Kjöbenhavn 1885; eine spanische: „Socialismo utopico y Socialismo cientifico", Madrid 1886; und eine holländische: „De Ontwikkeling van het Socialisme van Utopie tot Wetenschap", Haag 1886. Die gegenwärtige Auflage hat verschiedne kleine Abänderungen erfahren; wichtigere Zusätze sind nur an zwei Stellen gemacht: im ersten Kapitel über Saint-Simon, der gegenüber Fourier und Owen doch etwas zu kurz kam, und gegen Ende des dritten über die inzwischen wichtig gewordne neue Produktionsform der „Trusts".
London, 12. Mai 1891
Friedrich Engels
Friedrich Engels Einleitung [zur englischen Ausgabe (1892) „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft"]12951
Die vorliegende kleine Schrift ist ursprünglich Teil eines größern Ganzen. Um 1875 verkündete Dr. E. Dühring, Privatdozent an der Berliner Universität, plötzlich und ziemlich geräuschvoll seine Bekehrung zum Sozialismus und bescherte dem deutschen Publikum nicht allein eine umständliche sozialistische Theorie, sondern auch einen kompletten praktischen Plan zur Reorganisation der Gesellschaft. Es war eine Selbstverständlichkeit, daß er über seine Vorgänger herfiel; vor allem beehrte er Marx damit, daß er die volle Schale seines Grimms über ihn ausgoß. Dies geschah um die Zeit, als die beiden Sektionen der Sozialistischen Partei in Deutschland - Eisenacher und Lassalleaner - eben ihre Verschmelzung vollzogen hatten und damit nicht nur einen immensen Kraftzuwachs, sondern, was mehr war, die Fähigkeit zum Einsatz dieser ganzen Kraft gegen den gemeinsamen Feind erhielten. Die Sozialistische Partei in Deutschland war im Begriff, rasch zu einer Macht zu werden. Sie aber zu einer Macht zu machen, dazu war die erste Bedingung, daß die neugewonnene Einheit nicht gefährdet wurde. Dr. Dühring nun schickte sich offen an, um seine Person herum eine Sekte, den Kern einer künftigen separaten Partei zu bilden. So wurde es notwendig, den uns hingeworfnen Fehdehandschuh aufzunehmen und den Strauß auszufechten, ob uns das nun behagen mochte oder nicht. Nun war dies, wenn auch kein allzu schwieriges, so doch augenscheinlich ein langwieriges Geschäft. Wie man wohl weiß, besitzen wir Deutsche eine erschreckend gewichtige Gründlichkeit, einen fundamentalen Tiefsinn oder eine tiefsinnige Fundamentalität, wie man es immer nennen mag. Sooft einer von uns etwas darlegt, was er als eine neue Doktrin ansieht, hat er es zunächst zu einem allumfassenden System auszuarbeiten. Er hat zu beweisen, daß sowohl die ersten Prinzipien der Logik als auch die Grundgesetze des Universums von aller Ewigkeit her zu keinem andern Zweck existiert haben als dazu, in letzter Instanz zu dieser neuentdeckten, allem die Krone aufsetzenden Theorie hinzuleiten. Und Dr. Dühring war in dieser Hinsicht ganz nach dem nationalen Standard. Nicht weniger als ein
komplettes „System der Philosophie", der Geistes-, Moral-, Natur- und Geschichtsphilosophie; ein komplettes „System der politischen Ökonomie und des Sozialismus" und zum Schluß eine „Kritische Geschichte der politischen Ökonomie" - drei dicke Oktavbände, schwerfällig von außen und von innen, drei Armeekorps von Argumenten, ins Feld geführt gegen alle vorhergehenden Philosophen und Ökonomen im allgemeinen und gegen Marx im besondern - in der Tat, der Versuch einer kompletten „Umwälzung der Wissenschaft" - das war's, was ich aufs Korn nehmen sollte. Ich hatte alle nur möglichen Gegenstände zü behandeln; von den Begriffen der Zeit und des Raums bis zum Bimetallismus; von der Ewigkeit der Materie und der Bewegung bis zu der vergänglichen Natur der moralischen Ideen; von Darwins natürlicher Zuchtwahl bis zur Jugenderziehung in einer zukünftigen Gesellschaft. Immerhin gab mir die systematische Weitläufigkeit meines Opponenten Gelegenheit, in Opposition zu ihm und in einer zusammenhängenderen Form, als dies früher geschehn war, die von Marx und mir vertretnen Ansichten über diese große Mannigfaltigkeit von Gegenständen zu entwickeln. Und das war der Hauptgrund, der mich diese sonst undankbare Aufgabe in Angriff nehmen ließ. Meine Antwort wurde zuerst veröffentlicht in einer Artikelreihe im Leipziger „Vorwärts", Zentralorgan der Sozialistischen Partei, und später als Buch: „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft", von dem 1886 in Zürich eine zweite Auflage erschien. Auf Ersuchen meines Freundes Paul Lafargue, gegenwärtig Vertreter von Lille in der französischen Deputiertenkammer, richtete ich drei Kapitel dieses Buchs als Broschüre ein, die er übersetzte und 1880 unter dem Titel: „Socialisme utopique et socialisme scientifique" veröffentlichte. Nach diesem französischen Text wurden eine polnische und eine spanische Ausgabe veranstaltet. Im Jahre 1883 brachten unsre deutschen Freunde die Broschüre in der Originalsprache heraus. Seitdem sind auf Grund des deutschen Texts italienische, russische, dänische, holländische und rumänische Übersetzungen veröffentlicht worden. Zusammen mit der vorliegenden englischen Ausgabe ist diese kleine Schrift also in zehn Sprachen verbreitet. Ich wüßte nicht, daß irgendein andres sozialistisches Werk, nicht einmal unser „Kommunistisches Manifest" von 1848 oder Marx' „Kapital", so viele Male übersetzt worden wäre. In Deutschland hat es vier Auflagen von insgesamt etwa 20 000 Exemplaren erlebt. Der Anhang, „Die Mark"1, wurde in der Absicht geschrieben, in der deutschen Sozialistischen Partei einige grundlegende Kenntnisse über die Geschichte und die Entwicklung des Grundeigentums in Deutschland zu verbreiten. Das schien besonders notwendig zu einer Zeit, da sich der Einfluß dieser Partei bereits auf annähernd die gesamte städtische Arbeiter-,
schaft erstreckte und es galt, die Landarbeiter und die Bauern zu gewinnen. Dieser Anhang wurde in die Übersetzung einbezogen, da die ursprünglichen, allen germanischen Stämmen gemeinsamen Formen des Bodenbesitzes und die Geschichte ihres Verfalls in England noch weit weniger bekannt sind als in Deutschland. Ich habe den Originaltext unverändert gelassen, also nicht Bezug genommen auf die unlängst von Maxim Kowalewski aufgestellte Hypothese, derzufolge der Teilung des Acker- und Wiesenlandes unter die Mitglieder der Mark seine für gemeinsame Rechnung erfolgende Bestellung durch eine große patriarchalische Familiengemeinschaft vorausging, die mehrere Generationen umfaßte (wofür die noch heute bestehende südslawische Zadruga ein Beispiel ist), und die Teilung später erfolgte, als die Gemeinschaft so groß geworden war, daß sie für gemeinsamen Wirtschaftsbetrieb zu schwerfällig wurde. Kowalewski hat wahrscheinlich ganz recht, aber die Frage ist noch sub judice1. Die in diesem Buch verwendeten ökonomischen Ausdrücke stimmen, soweit sie neu sind, mit den in der englischen Ausgabe von Marx' „Kapital" benutzten überein. Wir bezeichnen als „Warenproduktion" diejenige ökonomische Phase, in welcher die Gegenstände nicht nur für den Gebrauch der Produzenten, sondern auch für Zwecke des Austausches produziert werden, d.h. als Waren, nicht als Gebrauchswerte. Diese Phase reicht von den ersten Anfängen der Produktion für den Austausch bis herab in unsre gegenwärtige Zeit; sie erlangt ihre volle Entwicklung erst unter der kapitalistischen Produktion, d.h. unter Bedingungen, wo der Kapitalist, der Eigentümer der Produktionsmittel, gegen Lohn Arbeiter beschäftigt, Leute, die aller Produktionsmittel, ihre eigne Arbeitskraft ausgenommen, beraubt sind, und den Überschuß des Verkaufspreises der Produkte über seine AusT l . W7' . •! V 1 ' 1 , J _ • J 1 • 1! D 1 I • • lagen einstecKt. wir tenen aie vjescmcnie aer inuusiiieiien & iouUKiion seit dem Mittelalter in drei Perioden ein: 1 .Handwerk, kleine Handwerksmeister mit wenigen Gesellen und Lehrlingen, wobei jeder Arbeiter den vollständigen Artikel herstellt; 2. Manufaktur, wobei eine größre Anzahl Arbeiter, in einer großen Werkstätte gruppiert, den vollständigen Artikel nach dem Prinzip der Arbeitsteilung herstellt, indem jeder Arbeiter nur eine Teiloperation verrichtet, so daß das Produkt erst vollendet ist, nachdem es nacheinander durch die Hände aller gegangen ist; 3. moderne Industrie, wobei das Produkt durch die mittels Kraft angetriebene Maschinerie hergestellt wird und die Tätigkeit des Arbeiters sich darauf beschränkt, die Verrichtungen des Mechanismus zu überwachen und zu korrigieren.2 Ich weiß sehr gut, daß der Inhalt dieses Büchleins einen großen Teil des britischen Publikums vor den Kopf stoßen wird. Aber hätten wir Kontinentalen die geringste Rücksicht genommen auf die Vorurteile der briti
1 nicht entschieden - 2 nach diesem Absatz beginnt der von Engels übersetzte Teil der Einleitung, der in der „Neuen Zeit" veröffentlicht wurde
sehen „Respektabilität", d.h. des britischen Philisteriums, so wären wir noch schlimmer dran als ohnehin der Fall ist. Diese Schrift vertritt das, was wir den „historischen Materialismus" nennen, und das Wort Materialismus ist für die Ohren der ungeheuren Mehrzahl britischer Leser ein schriller Mißton. „Agnostizismus" ginge noch an, aber Materialismus - rein unmöglich. Und doch ist die Urheimat alles modernen Materialismus, vom siebzehnten Jahrhundert an, nirgendwo anders als in - England. „Der Materialismus ist der eingeborne Sohn Großbritanniens. Schon sein Scholastiker Duns Scotus fragte sich, ,ob die Materie nicht denken könne*. Um dies Wunder zu bewerkstelligen, nahm er zu Gottes Allmacht seine Zuflucht, d.h.,er zwang die Theologie selbst, den Materialismus zu predigen. Er war überdem Nominalist. Der Nominalismus findet sich als ein Hauptelement bei den englischen Materialisten, wie er überhaupt der erste Ausdruck des Materialismus ist. Der wahre Stammvater des englischen Materialismus ist Baco. Die Naturwissenschaft gilt ihm als die wahre Wissenschaft und die sinnliche Physik als der vornehmste Teil der Naturwissenschaft. Anaxagoras mit seinen Homoiomerien und Demokrit mit seinen Atomen sind häufig seine Autoritäten. Nach seiner Lehre sind die Sinne untrüglich und die Quelle aller Kenntnisse. Die Wissenschaft ist Erfahrungswissenschaft und besteht darin, eine rationelle Methode auf das sinnlich Gegebne anzuwenden. Induktion, Analyse, Vergleichung, Beobachtung, Experimentieren sind die Hauptbedingungen einer rationellen Methode. Unter den der Materie eingebornen Eigenschaften ist die Bewegung die erste und vorzüglichste, nicht nur als mechanische und mathematische Bewegung, sondern mehr noch als Trieb, Lebensgeist, Spannkraft, als Qual-um den Ausdruck Jakob Böhmes zu gebrauchen* - der Materie. Die primitiven Formen der letztern sind lebendige, individualisierende, ihr inhärente, die spezifischen Unterschiede produzierende Wesenskräfte. In Baco, als seinem ersten Schöpfer, birgt der Materialismus noch auf eine naive Weise die Keime einer allseitigen Entwicklung in sich. Die Materie lacht in poetisch-sinnlichem Glänze den ganzen Menschen an. Die aphoristische Doktrin selbst wimmelt dagegen noch von theologischen Inkonsequenzen.
* „Qual" ist ein philosophisches Wortspiel. Qual bedeutet wörtlich torture, einen Schmerz, der zu irgendeiner Tat antreibt; zugleich trägt der Mystiker Böhme in das deutsche Wort etwas von der Bedeutung des lateinischen qualitas1 hinein; im Gegensatz zu einem Schmerz, der von außen zugefügt wird, war seine „Qual" das aktivierende Prinzip, das aus der spontanen Entwicklung des Dings - der Beziehung oder der Person, die dieser Qual ausgesetzt sind - entsteht und seinerseits fördernd auf die Entwicklung einwirkt. [Fußnote von Engels zum englischen Text; fehlt in der „Neuen Zeit".]
In seiner Fortentwicklung wird der Materialismus einseitig. Hobbes ist der Systematiker des baconiscben Materialismus. Die Sinnlichkeit verliert ihre Blume und wird zur abstrakten Sinnlichkeit des Geometers. Die physische Bewegung wird der mechanischen oder mathematischen geopfert; die Geometrie wird als die Hauptwissenschaft proklamiert. Der Materialismus wird menschenfeindlich. Um den menschenfeindlichen, fleischlosen Geist auf seinem eignen Gebiet überwinden zu können, muß der Materialismus selbst sein Fleisch abtöten und zum Asketen werden. Er tritt auf als ein Verstandeswesen, aber er entwickelt auch die rücksichtslose Konsequenz des Verstandes. Wenn die Sinnlichkeit alle Kenntnisse den Menschen liefert, demonstriert Hobbes, von Baco ausgehend, so sind Anschauung, Gedanke, Vorstellung etc. nichts als Phantome der mehr oder mjnder von ihrer sinnlichen Form entkleideten Kör per weit. Die Wissenschaft kann diese Phantome nur benennen. Ein Name kann auf mehrere Phantome angewandt werden. Es kann sogar Namen von Namen geben. Es wäre aber ein Widerspruch, einerseits alle Ideen ihren Ursprung in der Sinnenwelt finden zu lassen und andrerseits zu behaupten, daß ein Wort mehr als ein Wort sei, daß es außer den vorgestellten, immer einzelnen Wesen noch allgemeine Wesen gebe. Eine unkörperliche Substanz ist vielmehr derselbe Widerspruch wie ein unkörperlicher Körper. Körper, Sein, Substanz ist eine und dieselbe reelle Idee. Man kann den Gedanken nicht von einer Materie trennen, die denkt. Sie ist das Subjekt aller Veränderungen. Das Wort unendlich ist sinnlos, wenn es nicht die Fähigkeit unseres Geistes bedeutet, ohne Ende hinzuzufügen. Weil nur das Materielle wahrnehmbar, wißbar ist, so weiß man nichts von Gottes Existenz. Nur meine eigne Existenz ist sicher. Jede menschliche Leidenschaft ist eine mechanische Bewegung, die endet oder anfängt. Die Objekte der Triebe sind das Gute. Der Mensch ist denselben Gesetzen unterworfen wie die Natur. Macht und Freiheit sind identisch. Hobbes hatte den Baco systematisiert, aber sein Grundprinzip, den Ursprung der Kenntnisse und Ideen aus der Sinnenweit, nicht näher begründet. Locke begründet das Prinzip des Baco und Hobbes in seinem Versuch über den Ursprung des menschlichen Verstandes. Wie Hobbes die theistischen Vorurteile des baconischen Materialismus vernichtete, so Collins, Dodwell, Coward, Hartley, Priestley etc. die letzte theologische Schranke des Lockeschen Sensualismus. Mehr als eine bequeme und nachlässige Weise, die Religion loszuwerden, ist der Deismus wenigstens für den Materialisten nicht."*
* K.MarxtmdF. Engels, „Die heilige Familie", Frankfurt a.M.1845,p.201-204.F.E.1
1 Vgl. Band 2 unserer Ausgabe, S. 135/136
So sprach Karl Marx sich aus über den britischen Ursprung des modernen Materialismus. Und wenn heutzutage die Engländer sich nicht besonders erbaut fühlen durch die Anerkennung, die er ihren Vorfahren zollte, so kann uns das nur leid tun. Es bleibt trotzdem unleugbar, daß Baco, Hobbes und Locke die Väter waren jener glänzenden Schule französischer Materialisten, die, trotz aller von Deutschen und Engländern zu Land und zur See über Franzosen erfochtnen Siege, das achtzehnte Jahrhundert zu einem vorv/iegend französischen Jahrhundert machten; und das lange vor jener den Jahrhundertschluß krönenden französischen Revolution, deren Resultate wir andern, in England wie in Deutschland, noch immer zu akklimatisieren bestrebt sind. Es ist nun einmal nicht zu leugnen. Wenn um die Mitte unseres Jahrhunderts ein gebildeter Ausländer in England Wohnsitz nahm, so fiel ihm eins am meisten auf, und das war - wie er es auffassen mußte die religiöse Bigotterie und Dummheit der englischen „respektablen" Mittelklasse. Wir waren damals alle Materialisten oder doch sehr weitgehende Freidenker; es erschien uns unbegreiflich, daß fast alle gebildeten Leute in England an allerlei unmögliche Wunder glaubten, und daß selbst Geologen wie Buckland und Mantell die Tatsachen ihrer Wissenschaft verdrehten, damit sie nur ja nicht zu sehr den Mythen der mosaischen Schöpfungsgeschichte ins Gesicht schlugen; unbegreiflich, daß, um Leute zu finden, die ihren Verstand in religiösen Dingen zu brauchen wagten, man gehn mußte zu den Ungebildeten, zu der „ungewaschenen Horde", wie es damals hieß, zu den Arbeitern, besonders den owenistischen Sozialisten. Aber seitdem ist England „zivilisiert" worden. Die Ausstellung von 1851 läutete die Totenglocke der englischen insularen Ausschließlichkeit. England internationalisierte sich allmählich, in Essen und Trinken, in Sitten, in Vorstellungen; so sehr, daß ich mehr und mehr wünsche, gewisse englische Sitten fänden auf dem Kontinent dieselbe allgemeine Annahme wie andre kontinentale Gebräuche in England. Soviel ist sicher: Die Ausbreitung des (vor 1851 nur der Aristokratie bekannten) Salatöls war begleitet von einer fatalen Ausbreitung des kontinentalen Skeptizismus in religiösen Dingen; und dahin ist es gekommen, daß der Agnostizismus zwar noch nicht für ebenso fein gilt wie die englische Staatskirche, aber doch, was Respektabilität anlangt, fast auf derselben Stufe steht wie die Baptistensekte und jedenfalls einen höheren Rang einnimmt als die Heilsarmee .Und da kann ich mir nicht anders vorstellen, als daß für viele, die diesen Fortschritt des Unglaubens von Herzen bedauern und verfluchen, es tröstlich sein wird, zu erfahren, daß diese neugebacknen Ideen nicht ausländischen Ursprungs, nicht mit der Marke: Made in Germany, deutsches Fabrikat, versehen sind wie so viele andre Artikel alltäglichen Gebrauchs, daß sie im Gegenteil altenglischen Ursprungs sind, und daß ihre britischen Urheber
vor zweihundert Jahren ein gut Stück weiter gingen als ihre Nachkommen heutigestags. In der Tat, was ist Agnostizismus anders als verschämter Materialismus? Die Naturanschauung des Agnostikers ist durch und durch materialistisch. Die ganze natürliche Welt wird von Gesetzen beherrscht und schließt jederlei Einwirkung von außen absolut aus. Aber, setzt der Agnostiker vorsichtig hinzu, wir sind nicht imstande, die Existenz oder Nichtexistenz irgendeines höchsten Wesens jenseits der uns bekannten Welt zu beweisen. Dieser Vorbehalt mochte seinen Wert haben zur Zeit, als Laplace, auf Napoleons Frage, warum in der „Mecanique Celeste" des großen Astronomen der Schöpfer nicht einmal erwähnt sei, die stolze Antwort gab: Je n'avais pas besoin de cette hypothese.1 Heute aber läßt unser Gedankenbild vom Weltall in seiner Entwicklung absolut keinen Raum weder für einen Schöpfer noch für einen Regierer: wollte man aber ein von der ganzen existierenden Welt ausgeschloßnes höchstes Wesen annehmen, so wäre das ein Widerspruch in sich selbst und obendrein, wie mir scheint, eine unprovozierte Verletzung der Gefühle religiöser Leute. Ebenso gibt unser Agnostiker zu, daß all unser Wissen beruht auf den Mitteilungen, die wir durch unsre Sinne empfangen. Aber, setzt er hinzu, woher wissen wir, ob unsre Sinne uns richtige Abbilder der durch sie wahrgenommenen Dinge geben? Und weiters berichtet er uns: Wenn er von Dingen oder ihren Eigenschaften spricht, so meint er in Wirklichkeit nicht diese Dinge und ihre Eigenschaften selbst, von denen er nichts Gewisses wissen kann, sondern nur die Eindrücke, die sie auf seine Sinne gemacht haben. Das ist allerdings eine Auffassungsweise, der es schwierig scheint, auf dem Wege der bloßen Argumentation beizukommen. Aber ehe die Meni . . ... i j.u T A_£ J:-T_«. «TT_J x. scnen argumemiei ICH, xituiucueu sie. „uu.muaiig wai uic J. ai. uiiuiiiensuiliche Tat hatte die Schwierigkeit schon gelöst, lange ehe menschliche Klugtuerei sie erfand. The proof of the pudding is in the eating.2 In dem Augenblick, wo wir diese Dinge, je nach den Eigenschaften, die wir in ihnen wahrnehmen, zu unserm eignen Gebrauch anwenden, in demselben Augenblick unterwerfen wir unsre Sinneswahrnehmungen einer unfehlbaren Probe auf ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit. Waren diese Wahrnehmungen unrichtig, dann muß auch unser Urteil über die Verwendbarkeit eines solchen Dings unrichtig sein, und unser Versuch, es zu verwenden, muß fehlschlagen. Erreichen wir aber unsern Zweck, finden wir, daß das Ding unsrer Vorstellung von ihm entspricht, daß es das leistet, wozu wir es anwandten, dann ist dies positiver Beweis dafür, daß innerhalb dieser Grenzen unsre Wahrnehmungen von dem Ding und von seinen Eigenschaften mit der außer uns bestehenden Wirklichkeit stimmen. Finden wir dagegen, daß wir einen Fehlstoß gemacht, dann dauert es meistens auch nicht lange, ehe wir
1 Ich bedurfte dieser Hypothese nicht. — 2 Man prüft den Pudding, indem man ihn ißt.
die Ursache davon entdecken; wir finden, daß die unserm Versuch zugrunde gelegte Wahrnehmung entweder selbst unvollständig und oberflächlich oder mit den Ergebnissen andrer Wahrnehmungen in einer durch die Sachlage nicht gerechtfertigten Weise verkettet worden war. Solange wir unsre Sinne richtig ausbilden und gebrauchen und unsre Handlungsweise innerhalb der durch regelrecht gemachte und verwertete Wahrnehmungen gesetzten Schranken halten, solange werden wir finden, daß die Erfolge unsrer Handlungen den Beweis liefern für die Ubereinstimmung unsrer Wahrnehmungen mit der gegenständlichen Natur der wahrgenommenen Dinge. Nicht in einem einzigen Fall, soviel bis heute bekannt, sind wir zu dem Schluß gedrängt worden, daß unsre wissenschaftlich kontrollierten Sinneswahrnehmungen in unserm Gehirn Vorstellungen von der Außenwelt erzeugen, die ihrer Natur nach von der Wirklichkeit abweichen, oder daß zwischen der Außenwelt und unsren Sinneswahrnehmungen von ihr eine angeborne Unverträglichkeit besteht. Aber dann kommt der neukantianische Agnostiker und sagt: Ja, wir können möglicherweise die Eigenschaften eines Dings richtig wahrnehmen, aber nicht durch irgendwelchen Sinnes- oder Denkprozeß das Ding selbst erfassen. Dies Ding an sich ist jenseits unsrer Kenntnis. Hierauf hat schon Hegel vor langer Zeit geantwortet: Wenn ihr alle Eigenschaften eines Dings kennt, so kennt ihr auch das Ding selbst; es bleibt dann nichts als die Tatsache, daß besagtes Ding außer uns existiert, und sobald eure Sinne euch diese Tatsache beigebracht haben, habt ihr den letzten Rest dieses Dings, Kants berühmtes unerkennbares Ding an sich, erfaßt. Heute können wir dem nur noch zufügen, daß zu Kants Zeit unsre Kenntnis der natürlichen Dinge fragmentarisch genug war, um hinter jedem noch ein besondres geheimnisvolles Ding an sich vermuten zu lassen. Aber seitdem sind diese unfaßbaren Dinge eines nach dem andern durch den Riesenfortschritt der Wissenschaft gefaßt, analysiert und, was mehr ist, reproduziert worden. Und was wir machen können, das können wir sicherlich nicht als unerkennbar bezeichnen. Für die Chemie der ersten Hälfte unsres Jahrhunderts waren die organischen Substanzen solche geheimnisvolle Dinge. Jetzt lernen wir sie eine nach der andern aus den chemischen Elementen und ohne Hilfe organischer Prozesse aufbauen. Die moderne Chemie erklärt: Sobald die chemische Konstitution einerlei welches Körpers bekannt ist, kann dieser Körper aus den Elementen zusammengesetzt werden. Nun sind wir noch weit entfernt von genauer Kenntnis der Konstitution der höchsten organischen Substanzen, der sogenannten Eiweißkörper; aber es liegt durchaus kein Grund vor, warum wir nicht, wenn auch erst nach Jahrhunderten, diese Kenntnis erlangen und mit ihrer Hilfe künstliches Eiweiß machen sollten. Kommen wir aber dahin, so haben wir auch gleichzeitig organisches Leben produziert, denn Leben, von seinen niedrigsten bis zu seinen höchsten Formen, ist nichts als die normale Daseinsweise der Eiweißkörper.
Hat unser Agnostiker aber diese formellen Vorbehalte einmal gemacht, so spricht und handelt er ganz als der hartgesottne Materialist, der er im Grunde ist. Er mag sagen: Soweit wir wissen, kann Materie und Bewegung, oder wie man jetzt sagt, Energie, weder geschaffen noch vernichtet werden, aber wir haben keinen Beweis dafür, daß beide nicht zu irgendeiner unbekannten Zeit erschaffen worden sind. Versucht ihr aber einmal, dies Zugeständnis in einem gegebnen Fall gegen ihn zu verwerten, so wird er euch schleunigst ab- und zur Ruhe verweisen. Gibt er die Möglichkeit des Spiritualismus in abstracto zu, so will er in concreto nichts von ihr wissen. Er wird euch sagen: Soviel wir wissen und wissen können, gibt es keinen Schöpfer oder Regierer des Weltalls; soweit wir in Betracht kommen, sind Materie und Energie ebenso unerschaffbar wie unzerstörbar; für uns ist das Denken eine Form der Energie, eine Funktion des Gehirns; alles, was wir wissen, läuft darauf hinaus, daß die materielle Welt von unveränderlichen Gesetzen beherrscht wird - usw. usw.; soweit er also ein wissenschaftlicher Mann ist, soweit er etwas weiß, soweit ist er Materialist; außerhalb seiner Wissenschaft, auf Gebieten, wo er nicht zu Hause ist, übersetzt er seine Unwissenheit ins Griechische und nennt sie Agnostizismus. jedenfalls scheint eines sicher: Selbst wenn ich ein Agnostiker wäre, könnte ich die in diesem Büchlein skizzierte Geschichtsauffassung nicht bezeichnen als „historischen Agnostizismus". Religiöse Leute würden mich auslachen, und die Agnostiker würden mich entrüstet fragen, ob ich sie verhöhnen will. Und so hoffe ich, daß auch die britische „Respektabilität", die man auf deutsch Philisterium heißt, nicht gar zu entsetzt sein wird, wenn ich im Englischen, wie in so vielen andern Sprachen, den Ausdruck: „historischer Materialismus" anwende zur Bezeichnung derjenigen Auffassung j.. w/.i,.v JI- __Li:-J3i:_i._ n L_ i aes weitgescinciiisveiiauis, uie uie suuicunuic ^isacnc uim uic entscheidende Bewegungskraft aller wichtigen geschichtlichen Ereignisse sieht in der ökonomischen Entwicklung der Gesellschaft, in den Veränderungen der Produktions- und Austauschweise, in der daraus entspringenden Spaltung der Gesellschaft in versenieane Klassen und in den Kämpfen dieser Klassen unter sich. Man wird mir diese Nachsicht vielleicht um so eher angedeihen lassen, wenn ich nachweise, daß der historische Materialismus von Nutzen sein kann sogar für die Respektabilität des britischen Philisters. Ich habe auf die Tatsache hingewiesen, daß vor vierzig oder fünfzig Jahren jedem gebildeten Ausländer, der sich in England niederließ, das unangenehm gegenübertrat, was ihm erscheinen mußte als die religiöse Bigotterie und Verranntheit der englischen „respektablen" Mittelklasse. Ich werde jetzt nachweisen, daß die respektable englische Mittelklasse jener Zeit doch nicht ganz so dumm war wie sie dem intelligenten Ausländer erschien. Ihre religiösen Tendenzen lassen sich erklären. Als Europa aus dem Mittelalter herauskam, war das emporkommende
Bürgertum der Städte sein revolutionäres Element. Die anerkannte Stellung, die es sich innerhalb der mittelalterlichen Feudalverfassung erobert hatte, war bereits zu eng geworden für seine Expansionskraft. Die freie Entwicklung des Bürgertums vertrug sich nicht mehr mit dem Feudalsystem, das Feudalsystem mußte fallen. Das große internationale Zentrum des Feudalsystems aber war die römisch-katholische Kirche. Sie vereinigte das ganze feudalisierte Westeuropa, trotz aller innern Kriege, zu einem großen politischen Ganzen, das im Gegensatz stand sowohl zu der schismatisch-griechischen wie zur muharnmedanischen Welt. Sie umgab die Feudalverfassung mit dem Heiligenschein göttlicher Weihe. Sie hatte ihre eigne Hierarchie nach feudalem Muster eingerichtet, und schließlich war sie der größte aller Feudalherrn, denn mindestens der dritte Teil alles katholischen Grundbesitzes gehörte ihr. Ehe der weltliche Feudalismus in jedem Land und im einzelnen angegriffen werden konnte, mußte diese seine zentrale, geheiligte Organisation zerstört werden. Schritt für Schritt mit dem Emporkommen des Bürgertums entwickelte sich aber der gewaltige Aufschwung der Wissenschaft. Astronomie, Mechanik, Physik, Anatomie, Physiologie wurden wieder betrieben. DasBürgertum gebrauchte zur Entwicklung seiner industriellen Produktion eine Wissenschaft, die die Eigenschaften der Naturkörper und die Betätigungsweisen der Naturkräfte untersuchte. Bisher aber war die Wissenschaft nur die demütige Magd der Kirche gewesen, der es nicht gestattet war, die durch den Glauben gesetzten Schranken zu überschreiten - kurz, sie war alles gewesen, nur keine Wissenschaft, jetzt rebellierte die Wissenschaft gegen die Kirche; das Bürgertum brauchte die Wissenschaft und machte die Rebellion mit. Ich habe hiermit nur zwei der Punkte berührt, bei denen das emporstrebende Bürgertum mit der bestehenden Kirche in Kollision kommen mußte; das wird aber genügen zum Beweis, erstens, daß die bei dem Kampf gegen die Machtstellung der katholischen Kirche am meisten beteiligte Klasse eben dies Bürgertum war; und zweitens, daß damals jeder Kampf gegen den Feudalismus eine religiöse Verkleidung annehmen, sich in erster Instanz richten mußte gegen die Kirche. Wurde aber der Schlachtruf angestimmt von den Universitäten und den Geschäftsleuten der Städte, so fand er unvermeidlich starken Widerhall bei den Massen des Landvolks, den Bauern, die überall mit ihren geistlichen und weltlichen Feudalherrn einen harten Kampf kämpften, und zwar um die Existenz selbst. Der große Kampf des europäischen Bürgertums gegen den Feudalismus kulminierte in drei großen Entscheidungsschlachten. Die erste war das, was wir die Reformation in Deutschland nennen. Dem Ruf Luthers zur Rebellion gegen die Kirche antworteten zwei politische Aufstände; zuerst der des niedern Adels unter Franz von Sickingen 1523,
dann der große Bauernkrieg 1525. Beide wurden erdrückt, hauptsächlich infolge der Unentschlossenheit der meistbeteiligten Partei, der Städtebürger - eine Unentschlossenheit, deren Ursachen wir hier nicht untersuchen können. Von dem Augenblick an entartete der Kampf in einen Krakeel zwischen den Einzelfürsten und der kaiserlichen Zentralgewalt und hatte zur Folge, daß Deutschland für 200 Jahre aus der Reihe der politisch tätigen Nationen Europas gestrichen wurde. Die. lutherische Reformation brachte es allerdings zu einer neuen Religion - und zwar zu einer solchen, wie die absolute Monarchie sie grade brauchte. Kaum hatten die nordostdeutschen Bauern das Luthertum angenommen, so wurden sie auch von freien Männern zu Leibeignen degradiert. Aber wo Luther fehlschlug, da siegte Calvin. Sein Dogma war den kühnsten der damaligen Bürger angepaßt. Seine Gnadenwahl war der religiöse Ausdruck der Tatsache, daß in der Handelswelt der Konkurrenz Erfolg oder Bankrott nicht abhängt von der Tätigkeit oder dem Geschick des Einzelnen, sondern von Umständen, die von ihm unabhängig sind. „So liegt es nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern am Erbarmen" überlegner, aber unbekannter ökonomischer Mächte. Und dies war ganz besonders wahr zu einer Zeit ökonomischer Umwälzung, wo alle alten Handelswege und Handelszentren durch neue verdrängt, wo Amerika und Indien der Welt eröffnet wurden und wo selbst die altehrwürdigsten ökonomischen Glaubensartikel - die Werte des Goldes und Silbers - ins Wanken und Krachen gerieten. Dazu war Calvins Kirchen Verfassung durchweg demokratisch und republikanisch; wo aber das Reich Gottes republikanisiert war, konnten da die Reiche dieser Welt Königen, Bischöfen und Feudalherrn Untertan bleiben? Wurde das deutsche Luthertum ein gefügiges Werkzeug in den Händen deutscher Klemfürsten, so gründete der Calvinismus eine Republik in Holland und starke republikanische Parteien in England und namentlich in Schottland. Im Calvinismus fand die zweite große Erhebung des Bürgertums ihre Kampftheorie fertig vor. Diese Erhebung fand statt in England. Das Bürgertum der Städte setzte sie in Gang, und die Mittelbauern (yeomanry) der Landdistrikte erkämpften den Sieg. Es ist sonderbar genug: In allen den drei großen bürgerlichen Revolutionen liefern die Bauern die Armee zum Schlagen, und die Bauern sind grade die Klasse, die nach erfochtnem Sieg durch die ökonomischen Folgen dieses Siegs am sichersten ruiniert wird. Hundert Jahre nach Cromwell war die yeomanry Englands so gut wie verschwunden. Jedenfalls aber war es nur durch die Einmischung dieser yeomanry und des plebejischen Elements der Städte, daß der Streit bis auf die letzte Entscheidung durchgekämpft wurde und Karl I. aufs Schafott kam. Damit selbst nur diejenigen Siegesfrüchte vom Bürgertum eingeheimst wurden, die damals erntereif waren, war es nötig, daß die Revolution bedeutend über das Ziel hinaus geführt wurde - ganz wie 1793 in Frankreich
und 1848 in Deutschland. Es scheint dies in der Tat eins der Entwicklungsgesetze der bürgerlichen Gesellschaft zu sein. Auf dies Übermaß revolutionärer Tätigkeit folgte die unvermeidliche Reaktion, die ihrerseits weit übers Ziel hinausschoß. Nach einer Reihe von Schwankungen wurde der neue Schwerpunkt endlich festgehalten und diente der weitern Entwicklung als Ausgangspunkt. Die großartige Periode der englischen Geschichte, die vom Philisterium als „die große Rebellion" bezeichnet wird, und die ihr folgenden Kämpfe erreichen ihren Abschluß in dem verhältnismäßig winzigen Ereignis von 1689, das die liberale Geschichtsschreibung „die ruhmreiche Revolution" nennt. Der neue Ausgangspunkt war ein Kompromiß zwischen der aufkommenden Bourgeoisie und den ehemals feudalen Großgrundbesitzern. Diese, obwohl damals wie heute als die Aristokratie bezeichnet, waren schon längst auf dem Wege, das zu werden, was Louis-Philippe in Frankreich erst viel später wurde: die ersten Bourgeois der Nation. Zum Glück für England hatten sich die alten Feudalbarone in den Rosenkriegen gegenseitig totgeschlagen. Ihre Nachfolger, wenn auch meist Sprößlinge derselben alten Familien, kamen doch von so entfernten Seitenlinien, daß sie eine ganz neue Körperschaft ausmachten; ihre Gewohnheiten und Tendenzen waren weit mehr bürgerlich als feudal; sie kannten vollauf den Wert des Geldes und gingen sofort auf Erhöhung ihrer Bodenrenten aus, indem sie Hunderte kleiner Pächter durch Schafe verdrängten. Heinrich VI 11. schuf massenweise neue Bourgeois-Landlords, indem er die Kirchengüter verschenkte und verschleuderte; dasselbe taten die bis Ende des siebenzehnten Jahrhunderts ununterbrochen fortgesetzten Konfiskationen von großen Gütern, die dann an ganze oder halbe Emporkömmlinge vergeben wurden. Daher hatte die englische „Aristokratie" seit Heinrich VII. nicht nur der Entwicklung der industriellenProduktion nicht entgegengewirkt, sondern umgekehrt aus ihr Nutzen zu ziehn gesucht. Und ebenso hatte sich jederzeit ein Teil der großen Grundbesitzer, aus ökonomischen oder politischen Beweggründen, bereit finden lassen zum Zusammenwirken mit den Führern der finanziellen und industriellen Bourgeoisie. So war also der Kompromiß von 1689 leicht zustande gekommen. Die politischen spolia opima1 - Ämter, Sinekuren, große Gehälter - verblieben den großen Landadelsfamilien unter der Bedingung, daß sie die ökonomischen Interessen der finanziellen, fabrizierenden und handeltreibenden Mittelklasse genügend wahrnähmen. Und diese ökonomischen Interessen waren schon damals mächtig genug; sie bestimmten schließlich die allgemeine Politik der Nation. Über Einzelfragen mochte man sich zanken, aber die aristokratische Oligarchie wußte nur zu gut, wie untrennbar ihre eigne ökonomische Prosperität verkettet war mit der der industriellen und kommerziellen Bourgeoisie.
Von dieser Zeit an war die Bourgeoisie ein bescheidner, aber anerkannter Bestandteil der herrschenden Klassen Englands. Mit ihnen allen hatte sie gemein das Interesse an der Niederhaltung der großen arbeitenden Masse des Volks. Der Kaufmann oder Fabrikant selbst hatte gegenüber seinen Kommis, seinen Arbeitern, seinem Gesinde die Stellung des Brotherrn, oder wie man das noch vor kurzem in England nannte, des „natürlichen Vorgesetzten". Er mußte aus ihnen so viel und so gute Arbeit herausschlagen wie möglich; zu diesem Zweck hatte er sie zur entsprechenden Unterwürfigkeit zu erziehen. Er war selbst religiös; seine Religion hatte ihm die Fahne geliefert, worunter er König und Lords bekämpft hatte; nicht lange, so hatte er auch die Mittel entdeckt, die diese Religion ihm bot, um die Gemüter seiner natürlichen Untergebenen zu bearbeiten und sie gehorsam zu machen den Befehlen der Brotherrn, die Gottes unerforschlicher Ratschluß ihnen vorgesetzt. Kurz, der englische Bourgeois war jetzt mitbeteiligt bei der Niederhaltung der „niederen Stände", der großen produzierenden Volksmasse, und eins der dabei gebrauchten Mittel war der Einfluß der Religion. Es kam aber noch ein andrer Umstand dazu, der die religiösen Neigungen der Bourgeoisie stärkte: das Aufkommen des Materialismus in England. Diese neue gottlose Lehre entsetzte nicht nur den frommen Mittelstand, sie kündigte sich obendrein noch an als eine Philosophie, die sich nur schicke für Gelehrte und gebildete Weltleute, im Gegensatz zur Religion, die gut genug sei für die ungebildete große Masse, mit Einschluß der Bourgeoisie. Mit Hobbes betrat sie die Bühne als Verteidigerin königlicher Allgewalt und rief die absolute Monarchie auf zur Niederhaltung jenes puer robustus sed maütiosus1, des Volks. Und auch bei Hobbes' Nachfolgern, Bolingbroke, k/^iaiLtcuui j civ». uucu uit ÜWUW, uciono^ii^ i uixu VA\_.O maiLiiaiisiiiuo cmw aristokratische, esoterische Lehre, und deshalb der Bourgeoisie verhaßt, nicht nur wegen ihrer religiösen Ketzerei, sondern auch wegen ihrer antibürgerlichen politischen Konnexionen. Demgemäß stellten auch, im Gegensatz zum Materialismus und Deismus der Anst ok raae, gr ade u.ie protestantischen Sekten, die die Fahne und die Mannschaft im Kampf gegen die Stuarts geliefert, ebenfalls die Hauptstreitkräfte der fortschrittlichen Mittelklasse und bilden noch heute den Rückgrat der „großen liberalen Partei". Inzwischen verpflanzte sich der Materialismus von England nach Frankreich, wo er eine zweite materialistische Philosophenschule vorfand, die aus dem Cartesianismus hervorgegangen war und mit der er verschmolz. Auch in Frankreich blieb er anfangs eine ausschließlich aristokratische Doktrin. Bald aber trat sein revolutionärer Charakter an den Tag. Die französischen Materialisten beschränkten ihre Kritik nicht auf bloß religiöse Dmge; sie kritisierten jede wissenschaftliche Überlieferung, jede politische Institution
ihrer Zeit; um die allgemeine Anwendbarkeit ihrer Theorie nachzuweisen, nahmen sie den kürzesten Weg: Sie wandten sie kühnlich an auf alle Gegenstände des Wissens in dem Riesenwerk, nach dem sie benannt wurden, in der „Encyclopedie". So wurde denn der Materialismus in dieser oder jener Form - als erklärter Materialismus oder als Deismus - die Weltanschauung der gesamten gebildeten Jugend Frankreichs; und zwar in solchem Maß, daß während der großen Revolution die von englischen Royalisten in die Welt gesetzte Lehre den französischen Republikaner^ und Terroristen die theoretische Fahne lieferte und den Text für die „Erklärung der Menschenrechte" abgab. Die große französische Revolution war die dritte Erhebung der Bourgeoisie, aber die erste, die den religiösen Mantel gänzlich abgeworfen hatte und auf unverhüllt politischem Boden ausgekämpft wurde. Sie war aber auch die erste, die wirklich ausgekämpft wurde bis zur Vernichtung des einen Kombattanten, der Aristokratie, und zum vollständigen Sieg des andern, der Bourgeoisie. In England fanden die ununterbrochene Kontinuität der vorrevolutionären und nachrevolutionären Institutionen und der Kompromiß zwischen Großgrundbesitzern und Kapitalisten ihren Ausdruck in der Kontinuität der gerichtlichen Präzedenzfälle wie in der respektvollen Beibehaltung der feudalen Gesetzesformen. In Frankreich machte die Revolution einen vollständigen Bruch mit den Traditionen der Vergangenheit, fegte die letzten Spuren des Feudalismus weg und schuf im Code civil eine meisterhafte Anpassung, an modern kapitalistische Verhältnisse, des alten römischen Rechts - jenes fast vollkommenen Ausdrucks der juristischen Beziehungen, die aus der von Marx als „Warenproduktion" bezeichneten ökonomischen Entwicklungsstufe entspringen; so meisterhaft, daß dies revolutionäre französische Gesetzbuch noch heute in allen andern Ländern - England nicht ausgenommen - als Muster dient bei Reformen des Eigentumsrechts. Vergessen wir aber darüber eines nicht. Wenn das englische Recht fortfährt, die ökonomischen Verhältnisse der kapitalistischen Gesellschaft auszudrücken in einer barbarischen Feudalsprache, die der auszudrückenden Sache ganz so entspricht wie die englische Orthographie der englischen Aussprache - vous 6crivez Londres et vous prononcez Constantinople1, sagte ein Franzose -, so ist dies selbe englische Recht auch das einzige, das unverfälscht aufrechterhalten und nach Amerika und den Kolonien verpflanzt hat den besten Teil jener persönlichen Freiheit, lokalen Selbstverwaltung und Sicherung vor allen fremden Eingriffen außer denen der Gerichte, kurz jener altgermanischen Freiheiten, die auf dem Kontinent unter der absoluten Monarchie verlorengegangen und bis jetzt nirgends vollständig wiedererobert sind. Doch zurück zu unserm britischen Bourgeois. Die französische Revolu
1 ihr schreibt London und sprecht Konstantinopel
tion gab ihm eine herrliche Gelegenheit, mit Hilfe der kontinentalen Monarchien den französischen Seehandel zu ruinieren, französische Kolonien zu annexieren und die letzten französischen Ansprüche auf Nebenbuhlerschaft zur See zu unterdrücken. Das war der eine Grund, warum er sie bekämpfte. Ein zweiter war, daß die Methoden dieser Revolution ihm sehr wider die Haare gingen. Nicht nur ihr „verdammenswerter" Terrorismus, sondern schon ihr Versuch, die Bourgeoisherrschaft bis aufs äußerste durchzuführen. Was in aller Welt sollte der britische Bourgeois anfangen ohne seine Aristokratie, die ihm Manieren beibrachte (sie waren auch danach) und Moden für ihn erfand, die die Offiziere lieferte für die Armee, die Erhalterin der Ordnung zu Hause, und für die Flotte, die Eroberin neuer Kolonialbesitzungen und neuer Märkte? - Allerdings fand sich auch eine fortschrittliche Minorität der Bourgeoisie, Leute, deren Interessen bei dem Kompromiß nicht so gut wegkamen; diese Minorität, aus der geringeren Mittelklasse bestehend, sympathisierte mit der Revolution, aber sie war machtlos im Parlament. Je mehr also der Materialismus das Credo der französischen Revolution wurde, desto fester hielt der gottesfürchtige englische Bourgeois an seiner Religion. Hatte nicht die Schreckenszeit in Paris bewiesen, was daraus entsteht, wenn dem Volk die Religion abhanden kommt? Je mehr der Materialismus sich von Frankreich über die Nachbarländer ausbreitete und durch verwandte theoretische Strömungen, namentlich durch die deutsche Philosophie, Verstärkung erhielt, je mehr in der Tat auf dem Kontinent Materialismus und Freidenkertum überhaupt die notwendige Qualifikation eines gebildeten Menschen wurde, desto zäher hielt die englische Mittelklasse an ihren mannigfachen religiösen Glaubensbekenntnissen. Sie mochten noch so sehr voneinander abweichen, entschieden religiöse, christliche Bekennt11 nisse waren sie ane. Während die Revolution den politischen Triumph der Bourgeoisie in Frankreich sicherstellte, leiteten in England Watt, Arkwright, Cartwright und andere eine industrielle Revolution ein, die den Schwerpunkt der ökonomischen Macht vollständig verschob. Der Reichtum der Bourgeoisie wuchs jetzt unendlich schneller als der der Grundaristokratie. Innerhalb der Bourgeoisie selbst trat die Finanzaristokratie, die Bankiers etc., mehr und mehr in den Hintergrund vor den Fabrikanten. Der Kompromiß von 1689, selbst nach den allmählich erfolgten Abänderungen zugunsten der Bourgeoisie, entsprach nicht mehr der gegenseitigen Stellung der Beteiligten. Der Charakter dieser Beteiligten hatte sich ebenfalls geändert; die Bourgeoisie von 1830 war sehr verschieden von der des vorigen Jahrhunderts. Die der Aristokratie noch verbliebne und gegen die Ansprüche der neuen industriellen Bourgeoisie in Bewegung gesetzte politische Macht wurde unverträglich mit den neuen ökonomischen Interessen. Ein erneuter Kampf gegen die Aristokratie wurde nötig; er konnte nur endigen mit dem Sieg
der neuen ökonomischen Macht. Unter dem Impuls der französischen Revolution von 1830 wurde zuerst trotz alles Widerstands die Reformakte durchgesetzt. Das gab der Bourgeoisie eine anerkannte und mächtige Stellung im Parlament. Dann kam die Abschaffung der Korngesetze, die ein für allemal die Vorherrschaft der Bourgeoisie und namentlich die ihres tätigsten Teils, der Fabrikanten, über die Grundaristokratie herstellte. Es war dies der größte Sieg der Bourgeoisie, aber auch der letzte, den sie in ihrem eignen ausschließlichen Interesse gewann. Alle ihre späteren Triumphe hatte sie zu teilen mit einer neuen, ihr anfangs verbündeten, nachher aber mit ihr rivalisierenden sozialen Macht. Die industrielle Revolution hatte eine Klasse großer fabrizierender Kapitalisten geschaffen, aber auch eine weit zahlreichere Klasse fabrizierender Arbeiter. Diese Klasse wuchs fortwährend an Zahl, im Maß, wie die industrielle Revolution einen Produktionszweig nach dem andern ergriff. Mit ihrer Zahl aber wuchs auch ihre Macht, und diese Macht zeigte sich schon 1824, wo sie das widerhaarige Parlament zur Aufhebung der Gesetze gegen die Koalitionsfreiheit zwang. Während der Reformagitation machten die Arbeiter den radikalen Flügel der Reformpartei aus; als die Akte von 1832 sie vom Stimmrecht ausschloß, faßten sie ihre Forderungen in der VolksCharte (people's charter) zusammen und konstituierten sich, im Gegensatz zur großen bürgerlichen Antikorngesetzpartei, als unabhängige Chartistenpartei. Es war dies die erste Arbeiterpartei unserer Zeit. Dann kamen die kontinentalen Revolutionen vom Februar und März 1848, worin die Arbeiter eine so bedeutende Rolle spielten und wo sie, wenigstens in Paris, mit Forderungen auftraten, die entschieden unzulässig waren vom Standpunkt der kapitalistischen Gesellschaft. Und dann erfolgte die allgemeine Reaktion. Zuerst die Niederlage der Chartisten am 1 O.April 1848, dann die Zermalmung des Pariser Arbeiteraufstands vom Juni desselben Jahres, dann die Unfälle von 1849 in Italien, Ungarn, Süddeutschland, endlich der Sieg des Louis Bonaparte über Paris am 2. Dezember 1851. So war, wenigstens für einige Zeit, der Popanz der Arbeiterforderungen verscheucht, aber mit welchem Kostenaufwand! War also der britische Bourgeois schon früher überzeugt von der Notwendigkeit, das gemeine Volk in religiöser Stimmung zu erhalten, um wieviel dringender mußte er diese Notwendigkeit empfinden nach allen diesen Erfahrungen? Und ohne von dem Hohnlächeln seiner kontinentalen Genossen die geringste Notiz zu nehmen, fuhr er fort, Tausende und Zehntausende aufzuwenden, jahraus, jahrein, für die Evangelisierung der niederen Stände. Nicht zufrieden mit seiner eignen religiösen Maschinerie, wandte er sich an Bruder Jonathan, den dermaligen größten Organisator des religiösen Geschäfts, und importierte aus Amerika den Revivalismus, Moody und Sankey und so weiter; schließlich nahm er sogar den gefährlichen Beistand der Heilsarmee an, die die Propagandamittel des Urchristentums neu belebt, die an die Armen sich wendet als an die
Auserwählten, die den Kapitalismus in ihrer religiösen Weise bekämpft und so ein Element urchristlichen Klassenkampfs züchtet, das eines Tages den wohlhabenden Leuten, die heute das bare Geld dafür beischaffen, sehr fatal werden kann. Es scheint ein Gesetz der historischen Entwicklung, daß die Bourgeoisie in keinem europäischen Land die politische Macht - wenigstens nicht für längere Zeit - in derselben ausschließlichen Weise erobern kann, wie die Feudalaristokratie sie während des Mittelalters sich bewahrte. Selbst in Frankreich, wo der Feudalismus so vollständig ausgerottet wurde, hat die Bourgeoisie, als Gesamtklasse, die Herrschaft nur während kurzer Zeiträume besessen. Unter Louis-Philippe, 1830-1848, herrschte nur ein kleiner Teil der Bourgeoisie, der bei weitem größere war durch den hohen Zensus vom Wahlrecht ausgeschlossen. Unter der zweiten Republik herrschte die ganze Bourgeoisie, aber nur drei Jahre; ihre Unfähigkeit bahnte den Weg für das zweite Kaisertum, Erst jetzt, unter der dritten Republik, hat die Bourgeoisie als Gesamtheit zwanzig Jahre hindurch das Steuer geführt, und dabei entwickelt sie schon jetzt erfreuliche Zeichen des Verfalls. Eine langjährige Herrschaft der Bourgeoisie war bis jetzt nur möglich in Ländern wie Amerika, wo der Feudalismus nie bestand und die Gesellschaft von vornherein von bürgerlicher Grundlage ausging. Und selbst in Frankreich und Amerika klopfen die Nachfolger der Bourgeoisie, die Arbeiter, schon laut an die Tür. In England hat die Bourgeoisie nie ungeteilte Herrschaft geübt. Selbst der Sieg von 1832 ließ die Aristokratie in fast ausschließlichem Besitz aller hohen Regierungsämter. Die Unterwürfigkeit, womit die reiche Mittelklasse sich das gefallen ließ, blieb mir unerklärlich, bis eines Tages der große liberale Fabrikant Herr W.E. Forster in einer Rede die jungen Leute von Bradford anflehte, ihres eignen Fortkommens wegen doch ja Französisch zu lernen, und dabei erzählte, wie schafsmäßig er sich vorgekommen, als er, Staatsminister geworden, auf einmal in eine Gesellschaft versetzt wurde, wo Französisch mindestens so nötig war wie Englisch! Und in der Tat waren die damaligen englischen Bourgeois, im Durchschnitt, ganz ungebildete Emporkömmlinge, die wohl oder übel der Aristokratie alle jene höheren Regierungsposten überlassen mußten, wo andre Eigenschaften gefordert wurden als insulare Beschränktheit und insulare Aufgeblasenheit, gepfeffert durch Geschäftsschlauheit.* Selbst heute noch zeigen die endlosen Zeitungs
* Und selbst in Geschäftssachen ist die Aufgeblasenheit des nationalen Chauvinismus ein gar kläglicher Ratgeber. Bis ganz kürzlich hielt es der gewöhnliche englische Fabrikant für erniedrigend für einen Engländer, eine andre als seine eigne Sprache zu sprechen, und war gewissermaßen stolz darauf, daß „arme Teufel" von Ausländern sich in England niederließen und ihm die Mühe abnahmen, seine Produkte im Ausland zu vertreiben. Er merkte nicht einmal, daß diese Ausländer, meist Deutsche, dadurch einen großen Teil des englischen auswärtigen Handels in ihre Hände bekamen - Einfuhr
debatten über „Middle-class-education"1, daß die englische Mittelklasse sich noch immer nicht gut genug hält für die beste Erziehung und sich nach etwas Bescheidnerem umsieht. Es schien also auch nach Abschaffung der Korngesetze selbstverständlich, daß die Leute, die den Sieg erkämpft, die Cobdens, Brights, Forsters etc., von jeder Beteiligung an der offiziellen Regierung ausgeschlossen blieben, bis endlich, zwanzig Jahre später, eine neue Reformakte ihnen die Tür des Ministeriums öffnete. Ja, bis heute ist die englische Bourgeoisie so tief durchdrungen vom Gefühl ihrer eignen gesellschaftlichen Inferiorität, daß sie auf ihre eignen und des Volkes Kosten eine Zierkaste von Faulenzern unterhält, die die Nation, bei allen Prunkgelegenheiten würdig repräsentieren muß, und daß sie selbst sich höchlichst geehrt fühlt, wenn ein beliebiger Bourgeois würdig befunden wird der Zulassung in diese, schließlich von der Bourgeoisie selbst fabrizierte, exklusive Körperschaft. So hatte also die industrielle und kommerzielle Mittelklasse es noch nicht fertiggebracht, die Grundaristokratie vollständig von der politischen Macht zu vertreiben, als der neue Konkurrent, die Arbeiterklasse, auf der Bühne erschien. Die Reaktion nach der Chartistenbewegung und den kontinentalen Revolutionen, dazu die unerhörte Ausdehnung der englischen Industrie von 1848-1866 (die gewöhnlich allein dem Freihandel zugut geschrieben wird, die aber weit mehr der kolossalen Ausdehnung der Eisenbahnen »Ozeandampfer und Verkehrsmittel überhaupt geschuldet ist) hatte die Arbeiter wiederum in die Abhängigkeit von den Liberalen gebracht, bei denen sie, wie zur vor chartistischen Zeit, den radikalen Flügel bildeten. Allmählich aber wurden die Ansprüche der Arbeiter auf das Stimmrecht unwiderstehlich; während die Whigs, die Führer der Liberalen, noch angstmeierten, bewies Disraeli seine Überlegenheit; er nutzte den günstigen Moment für die Tories aus, indem er das Household-Stimmrecht (das jeden einschloß,
nicht minder als Ausfuhr - und daß der direkte Auslandshandel der Engländer sich allmählich auf die Kolonien, China, die Vereinigten Staaten und Südamerika beschränkte. Noch weniger merkte er, daß diese Deutschen handelten mit andern Deutschen im Ausland, die mit der Zeit ein vollständiges Netzwerk von Handelskolonien über die ganze Welt organisierten. Als aber vor etwa vierzig Jahren Deutschland im Ernst anfing, für die Ausfuhr zu fabrizieren, da fand es in diesen deutschen Handelskolonien ein Werkzeug vor, das ihm wunderbare Dienste leistete in seiner Verwandlung, in so kurzer Zeit, aus einem kornausführenden Land in ein Industrieland ersten Rangs. Da endlich, vor etwa zehn Jahren, überkam den englischen Fabrikanten die Angst, und er frug an bei seinen Gesandten und Konsuln, wie es käme, daß er seine Kunden nicht mehr beisammenhalten könne. Die einstimmige Antwort war: 1. ihr lernt nicht die Sprache eures Kunden, sondern verlangt, daß er die eurige spreche, und 2. ihr versucht nicht einmal, die Bedürfnisse, Gewohnheiten und Geschmäcke eures Kunden zu befriedigen, sondern verlangt, daß er eure englischen annehme.
der ein apartes Haus bewohnte) in den städtischen Wahlbezirken einführte und damit eine Änderung der Wahlbezirke verband. Dann folgte bald die geheime Abstimmung (the ballot); dann, 1884, die Ausdehnung des Household-Stimmrechts auf alle, auch die Grafschafts-Wahlbezirke, und eine neue Verteilung der Wahlkreise, die diese wenigstens einigermaßen ausglich. Durch alles dies wurde die Macht der Arbeiterklasse bei den Wahlen so sehr vermehrt, daß sie jetzt in 150 bis 200 Wahlkreisen die Mehrzahl der Wähler stellt. Aber keine bessere Schule des Respekts vor der Überlieferung als das parlamentarische System! Wenn die Mittelklasse mit Andacht und Ehrfurcht auf die Gruppe schaut, die Lord john Manners scherzweise „unsern alten Adel" nennt, so blickte damals die Masse der Arbeiter mit Respekt und Ehrerbietung auf die damals sogenannte „bessere Klasse", die Bourgeoisie. Und tatsächlich war der britische Arbeiter vor fünfzehn Jahren der Musterarbeiter, dessen respektvolle Rücksichtnahme auf die Stellung seines Arbeitgebers und dessen Selbstbezähmung und Demut bei Erhebung seiner eignen Ansprüche Balsam in die Wunden goß, die unsern deutschen Kathedersozialisten geschlagen waren durch die unheilbaren kommunistischen und revolutionären Tendenzen ihrer heimischen deutschen Arbeiter. Jedoch die englischen Bourgeois waren gute Geschäftsleute und sahen weiter als die deutschen Professoren. Nur widerwillig hatten sie ihre Macht mit den Arbeitern geteilt. Während der Chartistenzeit hatten sie gelernt, wessen jener puer robustus sed malitiosus, das Volk, fähig ist. Seitdem war ihnen der größere Teil der Volks-Charte aufgenötigt und Landesgesetz geworden. Mehr als je galt es jetzt, das Volk im Zaum zu halten durch moralische Mittel; das erste und wichtigste moralische Mittel aber, womit man
majontäten in den Schulbehörden, daher die wachsende Selbstbesteurung der Bourgeoisie für alle möglichen Sorten frommer Demagogie, vom Ritualismus bis zur Heilsarmee. Und jetzt kam der Triumph des britischen respektablen Phiiisteriums über die Freigeisterei und religiöse Indifferenz des kontinentalen Bourgeois. Die Arbeiter Frankreichs und Deutschlands waren rebellisch geworden. Sie waren total vom Sozialismus durchseucht, und dabei, aus sehr guten Gründen, keineswegs sehr versessen auf die Gesetzlichkeit der Mittel, sich die Herrschaft zu erobern. Der puer robustus war hier in der Tat täglich mehr malitiosus geworden. Was blieb dem französischen und deutschen Bourgois als letzte Hülfsquelle anders, als ihre Freigeisterei stillschweigend fallenzulassen, ganz wie ein kecker Bengel, wenn die Seekrankheit ihn mehr und mehr beschleicht, die brennende Zigarre verschwinden läßt, mit der er renommistisch an Bord stolziert war? Einer nach dem andern nahmen die Spötter ein äußerlich frommes Wesen an, sprachen mit Achtung von der Kirche, ihren Lehren und Gebräuchen, und machten selbst von den letz
teren soviel mit, als nicht zu umgehn war. Französische Bourgeois wiesen am Freitag Fleisch zurück, und deutsche Bourgeois schwitzten in ihren Kirchenstühlen ganze endlose protestantische Predigten durch. Sie waren mit ihrem Materialismus ins Pech geraten. „Die Religion muß dem Volk erhalten werden" - das war das letzte und einzige Mittel zur Rettung der Gesellschaft vor totalem Untergang. Zum Unglück für sie selbst entdeckten sie dies erst, nachdem sie ihr Menschenmöglichstes getan, die Religion für immer zu ruinieren. Und da kam der Moment, wo der britische Bourgeois an der Reihe war zu höhnen und ihnen zuzurufen: Ihr Narren, das hätte ich euch schon vor zweihundert Jahren sagen können! Jedennoch, fürchte ich, wird weder die religiöse Vernageltheit des britischen noch die post festum erfolgte Bekehrung des kontinentalen Bourgeois die ansteigende proletarische Flut eindämmen. Die Tradition ist eine große hemmende Kraft, sie ist die Trägheitskraft der Geschichte. Aber sie ist bloß passiv und muß deshalb unterliegen. Auch die Religion bildet auf die Dauer keine Schutzmauer der kapitalistischen Gesellschaft. Sind unsre juristischen, philosophischen und religiösen Vorstellungen die nähern oder entferntem Sprößlinge der in einer gegebnen Gesellschaft herrschenden ökonomischen Verhältnisse, so können diese Vorstellungen sich nicht auf die Dauer halten, nachdem die ökonomischen Verhältnisse sich gründlich geändert. Entweder müssen wir an übernatürliche Offenbarung glauben, oder zugeben, daß keine religiösen Predigten eine zusammenbrechende Gesellschaft zu stützen imstande sind. Und in der Tat, auch in England haben die Arbeiter wieder angefangen sich zu bewegen. Unzweifelhaft sind sie gefesselt durch allerlei Traditionen. Bourgeoistraditionen - so der weitverbreitete Aberglaube, es seien nur zwei Parteien möglich, Konservative und Liberale, und die Arbeiterklasse müsse sich ihre Erlösung erarbeiten vermittelst der großen liberalen Partei. Arbeitertraditionen, ererbt aus der Zeit ihrer ersten tastenden Versuche selbständigen Handelns, - so die Ausschließung, bei zahlreichen alten Trades Unions, aller derjenigen Arbeiter, die keine regelmäßige Lehrzeit durchgemacht; was nichts andres heißt, als daß jede solche Union sich ihre eignen Strikebrecher züchtet. Aber trotz alledem und alledem bewegt sich die englische Arbeiterklasse vorwärts, wie selbst Herr Professor Brentano seinen kathedersozialistischen Brüdern mit Leidwesen zu berichten genötigt war. Sie bewegt sich, wie alles in England, mit langsamem, gemessenem Schritt, mit Zaudern hier, mit teilweis unfruchtbaren, tastenden Versuchen dort; sie bewegt sich stellenweise mit übervorsichtigem Mißtrauen gegen den Namen Sozialismus, während sie die Sache allmählich in sich aufnimmt; sie bewegt sich, und die Bewegung ergreift eine Schicht der Arbeiter nach der andern. Jetzt hat sie die ungelernten Arbeiter des Londoner Ostendes aus ihrem Todesschlaf emporgerüttelt, und wir alle haben gesehn, welchen prächtigen Anstoß diese neuen Kräfte ihr dafür zurückgegeben haben. Und
wenn die Gangart der Bewegung nicht Schritt hält mit der Ungeduld dieser und jener, so mögen diese und jene nicht vergessen, daß es gerade die Arbeiterklasse ist, die die besten Seiten des englischen Nationalcharakters lebendig erhält, und daß jeder Schritt vorwärts, der in England einmal gewonnen ist, nie wieder verlorengeht. Waren die Söhne der alten Chartisten, aus vorhin erwähnten Gründen, nicht alies, was man erwarten konnte, so sieht es doch aus, als würden die Enkel der Großväter würdig sein. Indes hängt der Sieg der europäischen Arbeiterklasse nicht von England allein ab. Er kann nur sichergestellt werden durch das Zusammenwirken von, mindestens, England, Frankreich und Deutschland. In den beiden letztern Ländern ist die Arbeiterbewegung der englischen ein gut Stück voraus. In Deutschland steht sie sogar innerhalb meßbarer Entfernung vom Triumph. Der Fortschritt, den sie dort seit fünfundzwanzig Jahren gemacht, ist ohnegleichen. Er bewegt sich voran mit stets wachsender Geschwindigkeit. Hat die deutsche Bourgeoisie bewiesen,welchen jammervollen Mangel sie leidet an politischer Fähigkeit, Disziplin, Mut, Energie, so hat die deutsche Arbeiterklasse gezeigt, daß sie alle diese Eigenschaften in reichlichem Maß besitzt. Vor fast vierhundert Jahren war Deutschland der Ausgangspunkt der ersten großen Erhebung der europäischen Mittelklasse; wie die Dinge heute liegen, sollte es unmöglich sein, daß Deutschland auch der Schauplatz sein wird für den ersten großen Sieg des europäischen Proletariats?
F. Engels
Anhang und Register

Anmerkungen
1 Engels* Brief an Beb el vom 18./28. März 1875 lehnt sich seinem Inhalt nach eng an die von Marx geschriebene „Kritik des Gothaer Programms" an und drückt den Standpunkt von Marx und Engels zu der für Mai 1875 geplanten Vereinigung der beiden deutschen Arbeiterparteien - der Eisenacher und der Lassalleaner .- aus. Unmittelbarer Anlaß für diesen Brief war der am 7. März 1875 in den Zeitungen „Der Volksstaat" (Organ der Eisenacher) und „Neuer Social-Demokrat" (Organ der Lassalleaner) veröffentlichte Programmentwurf für die künftige vereinigte sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands. Dieser Entwurf, der eine ganze Reihe politisch falscher und unwissenschaftlicher Thesen und Konzessionen an den Lassaileanismus enthielt, wurde mit geringen Veränderungen auf dem Vereinigungsparteitag in Gotha (22.-27. Mai 1875) angenommen und später unter der Bezeichnung Gothaer Programm bekannt. Marx und Engels begrüßten die Vereinigung der beiden Arbeiterparteien. Sie vertraten jedoch den Standpunkt, daß eine gesunde, dauerhafte Vereinigung nur auf prinzi-1 pieller Grundlage, ohne Konzessionen an den Lassaileanismus, erreicht werden kann. In dem Brief an Bebel, der für die Führung der Eisenacher bestimmt war, übt Engels daher auch in diesem Sinne Kritik an dem Entwurf des Gothaer Programms. Der Brief wurde erst 36 Jahre später von Bebel in seinem Werk „Aus meinem Leben", 2. Teil, Stuttgart 1911, SL51 8- 524, zum erstenmal veröffentlicht. 3 2 Eisenacher Programm von 1869 (Programm und Statuten der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei) - angenommen auf dem allgemeinen deutschen sozialdemokratischen Arbeiterkongreß, der vom 7. bis 9. August 1869 in Eisenach stattfand. Auf diesem Kongreß, an dem auch Vertreter verschiedener deutscher Arbeitervereine Österreichs und der Schweiz teilnahmen, wurde die Sozialdemokratische Arbeiterpartei gegründet. Damit besaß die deutsche Arbeiterklasse eine selbständige revolutionäre Partei, die sich auf die Prinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus stützte. Diese Partei war in der Auseinandersetzung mit dem Opportunismus Lassalles unter entscheidendem Einfluß von Marx und Engels entstanden. Ihr Programm war vom Geist der Internationalen Arbeiterassoziation erfüllt. Führer und Mitglieder dieser Partei wurden auch Eisenacher genannt. 3 13 3 Die Deutsche Volkspartei entstand 1865; sie setzte sich aus den demokratischen Elementen der Kleinbourgeoisie, teilweise aus Vertretern der Bourgeoisie - besonders der süddeutschen Staaten - zusammen. Im Gegensatz zu den Nationailiberalen trat die Deutsche . Volkspartei gegen die Hegemonie Preußens in Deutschland auf und bestand auf einem föderativen Großdeutschland, dem sowohl Preußen als auch Österreich angehören soll
ten. Diese Partei, die eine antipreußische Politik betrieb und allgemein-demokratische Losungen verfocht, war zugleich Fürsprecherin der partikularistischen Bestrebungen einiger deutscher Staaten. Sie propagierte die Idee eines deutschen Bundesstaates und trat gleichzeitig gegen die Vereinigung Deutschlands in Form einer einheitlichen zentralisierten demokratischen Republik auf. 1866 schloß sich der Deutschen Volkspartei die Sächsische Volkspartei an, deren Kern aus Arbeitern bestand. Dieser linke Flügel der Volkspartei hatte seinem Wesen nach nichts mit der Volkspartei gemein, außer der antipreußischen Haltung; er strebte danach, mit vereinten Kräften die nationale Einigung des Landes auf demokratischem Wege zu erreichen. In der Folgezeit entwickelte sich dieser Flügel in sozialistischer Richtung. Der Hauptteil der Partei schloß sich nach seiner Trennung von den kleinbürgerlichen Demokraten im August 1869 der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Eisenacher) an. 413 4 „Der Volksstaat ~ Organ der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Eisenacher); erschien vom 2. Oktober 1869 bis zum 29. September 1876 in Leipzig (anfangs zweimal., ab Juli 1873 dreimal wöchentlich). Die Zeitung spiegelte die Ansichten der revolutionären Richtung in der deutschen Arbeiterbewegung wider. Wegen ihrer mutigen, revolutionären Haltung war die Zeitung ständig den Verfolgungen durch Polizei und Regierung ausgesetzt. Die Zusammensetzung des Redaktionsstabes, änderte sich durch die Verhaftung der Redakteure häufig, die allgemeine Leitung blieb jedoch in der Hand von Wilhelm Liebknecht. Großen Einfluß auf den Charakter der Zeitung hatte August Bebel, der Leiter des Verlags „Volksstaat". Marx und Engels waren Mitarbeiter des „Volksstaats" seit seiner Gründung. Sie standen der Redaktion helfend zur Seite und trugen durch ihre Kritik dazu bei, daß die Zeitung konsequent ihre revolutionäre Linie beibehielt. Ungeachtet einzelner Schwächen und Fehler war „Der Volksstaat" eine der besten Arbeiterzeitungen der siebziger Jahre. 4 5 „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt" - Tageszeitung kleinbürgerlich-demokratischer Richtung; erschien von 1856 (ab 1866 unter diesem Titel) bis 1943 in Frankfurt a. M, 4 * die sieben politischen Forderungen - Es sind folgende Punkte aus dem Entwurf des Goth&er Programms gemeint: „Die deutsche Arbeiterpartei verlangt als freiheitliche Grundlage des Staates: 1. Allgemeines, gleiches,.direktes und geheimes Wahlrecht aller Männer vom 21. Lebensjahre an für alle Wahlen in Staat und Gemeinde. 2. Direkte Gesetzgebung durch das Volk mit Vorschlags- und Verwerfungsrecht. 3. Allgemeine Wehrhaftigkeit. Volkswehr an Stelle der stehenden Heere. Entscheidung über Krieg und Frieden durch die Volksvertretung. 4. Abschaffung aller Ausnahmegesetze, namentlich der Preß-, Vereins- und Versammlungsgesetze. 5. Rechtsprechung durch das Volk. Unentgeltliche Rechtspflege. Die deutsche Arbeiterpartei verlangt als geistige und sittliche Grundlage des Staates: 1. Allgemeine und gleiche Volkserziehung durch den Staat. Allgemeine Schulpflicht. Unentgeltlichen Unterricht. 2. Freiheit der Wissenschaft. Gewissensfreiheit." 4 7 Friedens- und Freiheitsliga - bürgerlich-pazifistische Organisation. Sie wurde 1867 in der Schweiz von kleinbürgerlichen und bürgerlichen Republikanern sowie Liberalen unter maßgeblicher Beteiligung von Victor Hugo, Guiseppe Garibaldi u.a. gegründet. 1867/68
nahm Bakunin an der Arbeit der Liga teil. Anfangs versuchte die Liga, unter dem Einfluß von Bakunin, die Internationale und die Arbeiterbewegung für ihre Zwecke auszunutzen. Die Erklärungen der Liga, daß es möglich sei, durch die Schaffung von „Vereinigten Staaten von Europa" mit Kriegen Schluß zu machen, riefen bei den Massen Illusionen hervor und lenkten das Proletariat vom Klassenkampf ab. 4 24
8 Ferdinand Lassalle, „Offnes Antwortschreiben an das Central-Comite zur Berufung eines Allgemeinen Deutschen Arbeitercongresses zu Leipzig"; erschien 1863 in Zürich. 5 9 Wilhelm Bracke, „Der Lassalle'sche Vorschlag", Braunschweig 1873.5 10 Diese Schrift Bakunins erschien 1873 unter dem Titel „Gossudarstwennost i anarchija" anonym und ohne Ortsangabe in der Schweiz in russischer Sprache. Die Haltlosigkeit der von Bakunin vorgebrachten Beschuldigungen wurde von Marx in einem Konspekt des Buches Bakunins bewiesen (siehe Band 18 unserer Ausgabe, S.599-642). 7 13 11 „Demokratisches Wochenblatt" - eine Arbeiterzeitung, die von Januar 1868 bis September 1869 in Leipzig unter der Redaktion Wilhelm Liebknechts erschien. Ab Dezember 1868 wurde sie das Organ des kleinbürgerlich-demokratischen Verbandes der deutschen Arbeitervereine, an dessen Spitze August Bebel stand. Anfangs befand sich die Zeitung in einem gewissen Maße unter dem kleinbürgerlichen Einfluß der Volkspartei. Aber dank der Bemühungen von Marx und Engels begann sie bald den Kampf gegen den Lassaileanismus zu führen, die Ideen der Internationale zu propagieren und deren wichtigste Dokumente zu veröffentlichen. Bei der Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei spielte sie eine bedeutende Rolle. Auf dem Eisenacher Kongreß 1869 wurde sie zum Zentralorgan der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei erklärt und in „Der Volksstaat" umbenannt (siehe Anm.4). 7 12 Die „Kritik des Gothaer Programms" (von Marx „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei" genannt) ist einer der wichtigsten Beiträge zur Entwicklung der grundlegenden programmatischen Fragen des wissenschaftlichen Kommunismus. Die Schrift ist ein Musterbeispiel unversöhnlichen Kampfes gegen den Opportunismus. Genau wie Engels in seinem Brief an Bebel (siehe vorl. Band, S.3-9), gibt Marx in seinen „Randglossen" eine prinzipielle, kritische Einschätzung des Programmentwurfs für die künftige vereinigte sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands. Marx' Kritik am Programmentwurf wurde 1891 zum erstenmal von Engels veröffentlicht, und zwar trotz des Widerstands opportunistischer Mitglieder des Parteivorstandes. Die „Randglossen" sowie der Begleitbrief an Wilhelm Bracke erschienen in der Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie, „ Die Neue Zeit" Nr. 18,9. Jahrgang, 1. Band, Stuttgart 1890-1891, mit einem Vorwort von Friedrich Engels (siehe vorl. Band, S. 521/522). Wie aus dem Brief von Engels an Kautsky vom 23. Februar 1891 hervorgeht, mußte sich Engels jedoch damit einverstanden erklären, einige besonders scharfe polemische Formulierungen abzuschwächen. Der vorliegende. Abdruck erfolgt nach der ursprünglichen Fassung von Marx. Das handschriftliche Original wurde im Herbst 1960 von Marx' Urenkel Marcel Charles Longuet dem Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU als Geschenk überreicht. 11
18 Am Kopf des Briefes hat Marx folgende Bemerkung zugefügt: „N[ota]bene. Das Manuskript muß in Ihre Hände zurückkehren, damit es mir nötigenfalls zu Gebot steht." 13
14 Die autorisierte französische Übersetzung des ersten Bandes des „Kapitals" wurde in Paris von 1872 bis 1875 in Fortsetzungen veröffentlicht. 14 15 „Kölner Kommunistenprozeß" - Es handelt sich um Marx* Arbeit „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 405 - 470), die der „Volksstaat" in Leipzig 1874 in Fortsetzungen zum erstenmal in Deutschland veröffentlichte und die 1875 vom Verlag der Zeitung als Buch herausgegeben wurde. 14 16 internationales Statut - die „Allgemeinen Statuten und Verwaltungs-Verordnungen der Internationalen Arbeiterassoziation", die 1866 auf dem Genfer Kongreß der Internationale angenommen wurden. Ende September und im Oktober 1871 bereiteten Marx und Engels eine Neuausgabe vor. Dabei wurden alle Bestimmungen, die ihre Gültigkeit verloren hatten, gestrichen und alle vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen im Anhang begründet. Die authentische deutsche Ausgabe erschien 1871 in Leipzig (siehe Band 17 unserer Ausgabe, S. 440 - 455). 17 17 Berliner Marat - offenbar ironisierend für Wilhelm Hasselmann, der damals in Berlin Chefredakteur des Organs des lassalleanischen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins „Neuer Social-Demokrat" und neben Wilhelm Liebknecht Mitverfasser des Programmentwurfs war. „Neuer Social-Demokrat - Organ des lassalleanischen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins; erschien von 1871 bis 1876 dreimal wöchentlich in Berlin. Die Zeitung spiegelte die Politik der Lassalleaner wider: Anpassung an das Bismarcksche Regime, Liebäugeln mit den herrschenden Klassen Deutschlands sowie den Opportunismus und Nationalismus der lassalleanischen Führer. 23 18 Bismarcks „Norddeutsche" - „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" - Tageszeitung, die von 1861 bis 1918 in Berlin erschien; in den sechziger bis achtziger Jahren offizielles Organ der Regierung Bismarck. Marx bezieht sich auf den Leitartikel, den die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in der Nr. 67 vom 20. März 1875 zum sozialdemokratischen Programmentwurf schrieb und in dem es zu Punkt 5 heißt: „Die sozialdemokratische Agitation ist in mancher Hinsicht behutsamer geworden: sie verleugnet die internationale..." 24 10 Friedrich Albert Lange, „Die Arbeiterfrage in ihrer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft", Duisburg 1865. 25 20 „L"Atelier" - französische Monatsschrift, die von 1840 bis 1850 in Paris erschien; Organ von Handwerkern und Arbeitern, die unter dem Einfluß der Ideen des christlichen Sozialismus standen. Die Zeitung wurde von Arbeitervertretern redigiert; ihren Redaktionsstab wählte man alle drei Monate neu. 27 21 Kulturkampf - „...der Kampf, den Bismarck in den siebziger Jahren durch polizeiliche Verfolgungen des Katholizismus gegen die deutsche Partei der Katholiken, die .Zentrums'partei, führte. Durch diesen Kampf hat Bismarck den streitbaren Klerikalismus der Katholiken nur gestärkt, hat er der Sache der wirklichen Kultur nur Abbruch getan, denn statt der politischen Scheidewände rückte er die religiösen Scheidewände in den Vordergrund und lenkte so die Aufmerksamkeit gewissser Schichten der Arbeiterklasse und der Demokratie von den dringenden Aufgaben des revolutionären und des Klassenkampfes auf einen ganz oberflächlichen und bürgerlich-verlogenen Antiklerikalismus ab." (W.I.Lenin, Werke, Band 15, S.405/406.) 31
23 Dieser Brief an den Generalrat der Internationalen Arbeiterassoziation in New York wurde zum erstenmal veröffentlicht in „Briefe und Auszüge aus Briefen von Joh. Phil. Becker, Jos. Dietzgen, Friedrich Engels, Karl Marx u.A. an F.A.Sorge und Andere", Stuttgart 1906, S. 145/146. 33 23 Zirkulare - ein vertrauliches Zirkular des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation vom 16. Mai 1875 über die Einberufung einer Konferenz in Philadelphia. Dieses Dokument sollte die Mitglieder der Internationale auf die bevorstehende offizielle Auflösung der IAA vorbereiten. 33 24 Arbeiterverein (deutsche Sektion) - es handelt sich um den Deutschen Bildungsverein für Arbeiter in London, der Anfang 1865 der Internationalen Arbeiterassoziation als deutsche Sektion beigetreten, war. Der Deutsche Bildungsverein für Arbeiter in London wurde am 7. Februar 1840 von Karl Schapper, Joseph Moll, Heinrich Bauer und anderen Mitgliedern des Bundes der Gerechten gegründet. Nachdem der Bund der Kommunisten organisiert war, spielten im Arbeiterbildungsverein die Gemeinden des Bundes die führende Rolle. 1847 und 1849/50 nahmen Marx und Engels an der Tätigkeit des Vereins aktiven Anteil. Am 17. September 1850 traten sie und mehrere ihrer Mitkämpfer aus dem Verein aus, weil er im Kampf zwischen der von Marx und Engels geführten Mehrheit der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten und der sektiererischen, zu abenteuerlichen Taktiken neigenden Minderheit (Willich, Schapper) für die letztere Partei ergriff. Ende der fünfziger Jahre begannen Marx und Engels erneut an der Tätigkeit des Bildungsvereins teilzunehmen. Der Verein bestand bis zu seiner Auflösung durch die englische Regierung im Jahre 1918. 33 59 26 Allianzisten - Mitglieder bzw. Anhänger der anarchistischen Organisation Internationale Allianz der sozialistischen Demokratie, die 1868 von Bakunin und anderen in der Schweiz gegründet wurde. In ihrem Programm verkündete die Allianz vor allem die sog. Gleichmachung der Klassen und die Vernichtung jeglicher Staatsformen. Die Allianz verneinte den organisierten Kampf der Arbeiterklasse um die politische Herrschaft. Dieses kleinbürgerliche, anarchistische Programm fand in den industriell schwach entwickelten Gegenden Italiens, der Schweiz und einiger anderer Länder Anklang. 1868 und 1869 bat die Allianz den Generalrat um Aufnahme in die Internationale Arbeiterassoziation. 1869 stimmte der Generalrat unter der Bedingung zu, daß sich die Allianz als selbständige internationale Organisation auflöse. Jedoch hielten die Mitglieder der Allianz nach ihrer Aufnahme in die IAA ihre eigene internationale Organisation aufrecht und kämpften, geführt von Bakunin, gegen den Generalrat, mit dem Ziel, die Internationale Arbeiterassoziation zu beherrschen. Nach dem Fall der Pariser Kommune verstärkten die Anarchisten ihre Aktionen gegen den Generalrat. Bakunin und seine Anhänger wandten sich damals besonders scharf gegen die marxistische Staatstheorie, insbesondere gegen die Diktatur des Proletariats, gegen die Festigung der selbständigen politischen Arbeiterpartei und gegen die Prinzipien des demokratischen Zentralismus. Im September 1872 beschloß der Haager Kongreß mit überwältigender Stimmenmehrheit den Ausschluß der Führer der Allianz, Bakunin und Guillaume, aus den Reihen der Internationalen Arbeiterassoziation. 33 26 „La Plebeu - italienische Zeitung, die von 1868 bis 1875 in Lodi und ab 1875 bis 1883 in Mailand unter der Redaktion von Enrico Bignami herauskam; 1871 erschien sie dreimal wöchentlich. Anfangs Organ des linken Flügels der bürgerlich-demokratischen Republi
kaner, war sie von 1871 bis 1873 ein Organ der Sektionen der Internationale und führte die Linie des Generalrats durch; „La Plebe" spielte trotz gewisser Inkonsequenzen eine bedeutende Rolle im Kampfe gegen den Anarchismus. Engels gewährte der Zeitung große Hilfe durch seine Mitarbeit in den Jahren 1871-1873 und 1877-1879 sowie durch regelmäßigen Briefwechsel mit Bignami. „La Plebe" hatte großen Anteil am Entstehen der ersten selbständigen Partei des italienischen Proletariats (siehe auch vorl. Band, S.91 -95). 34
27 Engels hielt diese Rede am 22. Januar 1876 auf der internationalen Versammlung, die zu Ehren des Jahrestages des polnischen Aufstands von 1863 einberufen worden war. Auf der Versammlung waren einige Dutzend Menschen anwesend -Polen,Tschechen, Serben, Russen, Deutsche und Franzosen. Vorsitzender war der polnische Sozialist Walery Wroblewski, Mitglied der Internationalen Arbeiterassoziation. Engels hielt seine Rede in deutscher Sprache; einige Tage später sandte er Wr6blewski die französische Übersetzung, wahrscheinlich zur Übersetzung ins Polnische. 35
28 „Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie" - Tageszeitung, die unter der Redaktion von Karl Marx vom I.Juni 1848 bis 19.Mai 1849 in Köln herausgegeben wurde. Zur Redaktion gehörten Friedrich Engels, Wilhelm Wolff, Georg Weerth, Ferdinand Wolff, Ernst Dronke, Ferdinand Freiligrath und Heinrich Bürgers. Als Kampforgan des proletarischen Flügels der Demokratie wurde die „NeueRheinische Zeitung" zum Erzieher der Volksmassen im Kampf gegen die Konterrevolution. Die wegweisenden Leitartikel zu den wichtigsten Fragen der deutschen und europäischen Revolution wurden in der Regel von Marx und Engels verfaßt. Die entschlossene und unversöhnliche Haltung der „Neuen Rheinischen Zeitung", ihr kämpferischer Internationalismus, ihre politischen Enthüllungen riefen bereits in den ersten Monaten ihres Erscheinens eine Hetze von seiten der feudal-monarchistischen und bürgerlich-liberalen Presse sowie Verfolgungen durch die preußische Regierung hervor, die sich nach dem konterrevolutionären Umsturz in Preußen im November/Dezember 1848 noch verstärkten. Ungeachtet aller Verfolgungen und polizeilichen Maßregelungen verteidigte die „Neue Rheinische Zeitung" mutig die Interessen der revolutionären Demokratie und damit die Interessen des Proletariats. Im Mai 1849, als die Konterrevolution allgemein zum Angriff überging, erließ die preußische Regierung, nachdem sie Marx bereits die preußische Staatsbürgerschaft verweigert hatte, den Befehl, ihn aus Preußen auszuweisen. Seine Ausweisung und die Repressalien gegen die anderen Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung" zwangen die Redaktion, das Erscheinen des Blattes einzustellen. Die letzte Nummer der „Neuen Rheinischen Zeitung" (Nr.301 vom 19.Mai 1849) erschien in rotem Druck. In ihrem Abschiedsaufruf an die Arbeiter Kölns erklärten die Redakteure, „ihr letztes Wort wird überall und immer sein: Emanzipation der arbeitenden Klasse!" Die „Neue Rheinische Zeitung" war „das beste, unübertroffene Organ des revolutionären Proletariats" (Lenin). 35
29 Die Arbeit „Preußischer Schnaps im deutschen Reichstag" wurde von Engels im Februar 1876 geschrieben. Er entlarvt in diesem Artikel die Machenschaften des preußischen Junkertums. Die Veröffentlichung im „Volksstaat" und als Sonderdruck rief rasende Wut bei der Regierung Bismarck hervor. Die Verbreitung der Werke von Engels in Deutschland wurde daraufhin verboten. 37
30 „Kölnische Zeitung" - Tageszeitung, die von 1802 bis 1945 erschien; während der Revolution 1848/49 und der darauffolgenden Zeit der Reaktion verteidigte sie die feige, verräterische Politik der preußischen liberalen Bourgeoisie. Später war sie das Organ der rheinischen Großbourgeoisie und der Nationalliberalen Partei. In den siebziger Jahren wurde die Zeitung zum Sprachrohr Bismarcks. 37 31 Ereignisse von 1830 - die Julirevolution 1830 in Frankreich, unter deren Einfluß auch in Deutschland Aufstände - namentlich im Süden - ausbrachen. 41 32 Nach der griechischen Mythologie wurden die Griechen während des Feldzugs nach Troja irrtümlich in eine Schlacht mit dem Heere ihres Verbündeten Telephos, des Sohnes von Herakles, verwickelt. Während der Schlacht verwundete Achilles den Telephos, und dieser konnte nur dadurch geheilt werden, daß seine Wunde mit Spänen bestreut wurde, die von der Lanze Achilles' abgeschabt worden waren. 45 33 Nach der Überlieferung hat Correggio diese Worte vor Raffaels Gemälde „Die heilige Cacilia" gesprochen. 45 34 Die Kreisordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern,Posen, Schlesien und Sachsen vom 13. Dezember 1872 diente als Grundlage für die Verwaltungsreform in Preußen. Mit ihr wurden das vererbbare Recht der Polizeigewalt der Gutsbesitzer auf dem Lande abgeschafft und gewisse Elemente der lokalen Selbstverwaltung eingeführt, wie wählbare Gemeindevorsteher, Kreistage bei den Landräten, wählbar nach dem Ständesystem usw. Die Reform hatte die Festigung des Staatsapparats und die Stärkung der Zentralgewalt im Interesse des Junkertums zum Ziel. Die junkerlichen Gutsbesitzer behielten in den Kreisen und Provinzen praktisch ihre Macht, indem sie die meisten wählbaren Amter persönlich innehatten oder durch ihre Beauftragten besetzen ließen. 46 35 Auf Beschluß des Wiener Kongresses erhielt Preußen 1815 westlich der Elbe Teile von Westfalen, Gebiete am Rhein, die Herzogtümer Jülich und Berg, die Kurfürstentümer Köln und Trier und das Fürstentum Neuchätel (Neuenburg) in der Schweiz. 46 36 Aus Schillers Gedicht „Die Götter Griechenlands". 51 37 Die Arbeit „ Wilhelm Wolff" schrieb Engels von Juni bis November 1876 für die von Wilhelm Liebknecht redigierte Zeitschrift „Die Neue Welt". Die Aufsatzreihe enthält das knapp aber treffend skizzierte Lebensbild eines der angesehensten deutschen proletarischen Revolutionäre seiner Zeit, dessen Andenken Marx den ersten Band seines Hauptwerkes „Das Kapital" widmete. Schon Marx beabsichtigte, eine Biographie Wilhelm Wolffs zu schreiben (siehe die von ihm angefertigte Skizze, erstmalig in der Zeitschrift „Nowaja i nowejschaja istorija", Nr.4, Moskau 1959, S. 105, veröffentlicht). Da Marx in jener Zeit nicht über alle notwendigen Angaben aus Wolffs Leben verfügte, kam er jedoch von seinem Vorhaben wieder ab. In seiner Schrift „Wilhelm Wolff" kommentiert und zitiert Engels ausführlich eine Artikelserie über die Lage der schlesischen Bauern, die Wolff 1848/49 in der „Neuen Rheinischen Zeitung" veröffentlichte. Diese Artikel waren ein Teil der systematischen Propaganda für die Gewinnung der Bauernmassen Deutschlands. Wilhelm Wolffs Artikel „Die schlesische Milliarde" erschienen 1886 in HottingenZürich als Broschüre. Engels schrieb die Einleitung und verwendete dazu als ersten Teil seine vorliegende Schrift, in die er einige kleinere Ergänzungen einfügte (siehe Fußnoten im vorl.Band,S.58 und 84) und die Zitate aus Wolffs Artikel sowie deren Kommentar
durch einen kurzen Absatz ersetzte (siehe Fußnote im vorl. Band, S.63). Den zweiten Teil der Einleitung, den Abschnitt „Zur Geschichte der preußischen Bauern", schrieb Engels 1885. 53 38 Es handelt sich um die Schrift „Die deutsche Ideologie", an der Marx und Engels in den Jahren 1845/1846 arbeiteten (siehe Band 3 unserer Ausgabe). 55 89 Bei neuesten Nachforschungen wurde u.a. festgestellt, daß der Geburtsort Wilhelm Wolffs nicht Tarnau (Tarnow) bei Frankenstein (Zabkowice Slaskie), sondern das Dorf Tarnau (Tarnawa) im Kreis Schweidnitz (Swidnica) ist, und ferner, daß Wilhelm Wolff am 30. Juli 1838 aus der Festungshaft entlassen wurde (vgl. vorl. Band, S.57). 55 40 Demagogen - so wurden in den Beschlüssen der Karlsbader Konferenz der Minister der deutschen Staaten vom August 1819 die Teilnehmer oppositioneller Bewegungen der deutschen Intelligenz genannt, die sich in den Jahren nach dem Wiener Kongreß gegen die reaktionäre Ordnung in den deutschen Staaten richteten. Die „Demagogen" organisierten politische Kundgebungen, auf denen sie die Vereinigung Deutschlands forderten. Der Kampf gegen die „Demagogen" wiederholte sich, als unter dem Einfluß der französischen Julirevolution (1830) in Europa die oppositionelle Bewegung wuchs. Als juristische Handhabe für die Demagogenverfolgungen dieser Zeit dienten die im Schlußprotokoll der Wiener Konferenzen (12. Juni 1834) dargelegten Grundsätze zum „Schutz des Rechtszustandes" in den deutschen Bundesstaaten. 56 41 Bundestag - Zentralorgan des Deutschen Bundes, das unter dem ständigen Vorsitz Österreichs in Frankfurt a.M. tagte und zu einem Bollwerk der deutschen Reaktion wurde. 56 42 Der von Engels erwähnte Brief Wilhelm Wolffs an Fritz Reuter vom 30. Dezember 1863 wurde zum erstenmal in der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft", Heft 6, Berlin 1957, S. 1244/1245, veröffentlicht. 56 43 In dem Brief an Fritz Reuter vom 30. Dezember 1863 hatte Wilhelm Wolff erwähnt, daß das Manuskript eines seiner Artikel, das in die Hände der preußischen Polizei gefallen war, zum Anlaß genommen wurde, gegen ihn einen Prozeß wegen Verletzung des Pressegesetzes einzuleiten. 58 44 „Deutsche-Brüsseler-Zeitung" - von deutschen politischen Emigranten in Brüssel gegründetes Blatt, erschien vöm 3. Januar 1847 bis Februar 1848 zweimal wöchentlich. Ursprünglich wurde die Richtung dieser Zeitung durch ihren Herausgeber und Redakteur Adalbert von Bornstedt, einen kleinbürgerlichen Demokraten, bestimmt. Dieser versuchte, die verschiedenen Strömungen des radikalen und demokratischen Lagers miteinander zu versöhnen. Die Zeitung wurde jedoch durch den Einfluß von Marx und Engels und deren Mitkämpfer ab Sommer 1847 immer mehr zu einem Sprachrohr revolutionär-demokratischer und kommunistischer Ideen. Ab September 1847 waren Marx und Engels ständige Mitarbeiter der Zeitung und gewannen unmittelbaren Einfluß auf ihre Richtung, indem sie in den letzten Monaten des Jahres 1847 faktisch die Redaktionsleitung innehatten. Unter ihrem Einfluß wurde die Zeitung zum Organ der sich bildenden revolutionären Partei des Proletariats - des Bundes der Kommunisten. 59 98 45 Der Deutsche Arbeiterverein in Brüssel wurde von Marx und Engels Ende August 1847 mit dem Ziel gegründet, die in Belgien lebenden deutschen Arbeiter politisch aufzuklären und mit den Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus bekannt zu machen. Unter der Leitung von Marx und Engels sowie deren Kampfgefährten entwickelte sich der Ver
ein zu einem legalen Zentrum, um das sich die revolutionären proletarischen Kräfte in Belgien zusammenschlössen. Die fortschrittlichsten Mitglieder des Vereins traten der Brüsseler Gemeinde des Bundes der Kommunisten bei. Der Deutsche Arbeiterverein stellte jedoch bald nach der Februarrevolution 1848 in Frankreich, als die belgische Polizei die meisten seiner Mitglieder verhaftete und auswies, seine Tätigkeit ein. 59 97 181 46 Die Demokratische Gesellschaft in Köln wurde im April 1848 gegründet. Ihr gehörten neben Kleinbürgern auch Arbeiter an. Marx und Engels traten in die Demokratische Gesellschaft ein, um Einfluß auf die Arbeiter zu gewinnen und die kleinbürgerlichen Demokraten zu entschlossenem Handeln zu drängen. Marx beteiligte sich an der Leitung der Gesellschaft. Marx, Engels und andere Redaktionsmitglieder der „Neuen Rheinischen Zeitung" erreichten auf den Versammlungen der Demokratischen Gesellschaft die Annahme von Beschlüssen, welche die verräterische Politik der preußischen Regierung entlarvten und die unentschlossene Haltung der Berliner und Frankfurter Versammlung verurteilten. Im April 1849, als Marx und seine Anhänger dazu übergingen, eine proletarische Partei zu schaffen, trennten sie sich auch organisatorisch von der kleinbürgerlichen Demokratie und traten aus der Demokratischen Gesellschaft aus. 60 47 Der Waffenstillstand Von Malmö wurde am 26. August 1848 zwischen Preußen und Dänemark auf sieben Monate geschlossen. Mit einer Volksbewegung in Schleswig und Holstein hatte der Krieg gegen Dänemark begonnen; er war ein Teil des revolutionären Kampfes deutscher Patrioten um die Einheit Deutschlands. Die Regierungen der deutschen Staaten - darunter vor allem Preußen - wurden unter dem Druck der Volksmassen gezwungen, an diesem Krieg teilzunehmen. In Wirklichkeit jedoch sabotierten die herrschenden Kreise Preußens die militärischen Operationen und gingen im August 1848 auf einen verräterischen Waffenstillstand ein. Dadurch wurden die revolutionär-demokratischen Errungenschaften in SchleswigHolstein zunichte gemacht und die dänische Herrschaft über beide Herzogtümer faktisch aufrechterhalten. Damit hatte sich Preußen über die Absicht des Deutschen Bundes, in dessen Namen der Krieg geführt worden war, hinweggesetzt. Dennoch stimmte die Frankfurter Nationalversammlung nach anfänglicher Weigerung am 16. September 1848 den Waffenstillstandsbedingungen zu. Am nächsten Tag protestierten 20 000 Demokraten auf der Pfingstweide bei Frankfurt a. M. gegen diesen Beschluß. In Frankfurt selbst kam es am 18. September zuBarrikadenkämpfen gegenpreußischeund österreichische Truppen. Der Krieg zwischen Preußen und Dänemark wurde Ende März/Anfang April 1849 wieder aufgenommen und endete im Juli 1850 mit dem Sieg Dänemarks. Schleswig und Holstein blieben in dänischem Besitz. 61 48 Verfassungs' Vereinharungs- Versammlung nannten Marx und Engels die preußische Nationalversammlung, die im Mai 1848 in Berlin zur Ausarbeitung einer Verfassung „durch Vereinbarung mit der Krone" einberufen wurde. Mit Annahme dieser Formulierung verzichtete die preußische Nationalversammlung auf das Prinzip der Volkssouveränität. 61 49 Unter Hutmacher - Straße in Köln. 62 50 „Preußischer Staats-Anzeiger1 - offizielles Organ der preußischen Regierung, das von Mai 1848 bis Juli 1851 in Berlin erschien. Von 1819 bis April 1848 war die Zeitung unter dem Titel „Allgemeine Preußische Staats-Zeitung" ein halbamtliches Organ der preußischen Regierung. 64 51 galizische Wutszenen - der große Bauernaufstand im Februar und März 1846 in Galizien. 64
52 mediatisierte Standesherren - ehemalige, selbständig regierende Landesherren, die noch zahlreiche Vorrechte besaßen, namentlich auf dem Gebiete der Gerichtsbarkeit, der Polizei und der Beamtenernennung. Sie bildeten zusammen mit den regierenden Fürsten den hohen Adel. 70 53 Hexder - Spottname für die bürgerlichen Konstitutionellen, den sie von den republikanischen Demokraten während der Revolution 1848/49 in Deutschland erhielten. 71 64 Wühler wurden 1848/49 in Deutschland die republikanischen Demokraten von den bürgerlichen Konstitutionellen genannt. 83 65 Siehe „Papiers et correspondance de 3a famille imperiale", veröffentlicht 1871. 86 100 56 Aus Briefen von Marx, Engels und Frau Jenny Marx geht hervor, daß Wolff bereits im September 1853 nach Manchester übersiedelte. 87 57 Landwehr - ursprünglich die allgemeine Landesbewaffnung, das Aufgebot aller Wehrfähigen zur Verteidigung; mit Einfühlung der stehenden Heere trat diese Bedeutung der Landwehr zurück; erst mit dem zunehmenden Bedarf an Streitkräften in den napoleonischen Kriegen griff man auf sie zurück. Die Landwehrordnung von 1815 teilte die Landwehr in zwei Aufgebote. Das erste umfaßte alle aus dem Heer entlassenen Männer vom 26. bis zum 32. Lebensjahr (die ausgedienten Reservisten) und diente neben dem stehenden Heer zur Bildung der Feldarmee; das zweite die Männer vom 32. bis zum 40. Lebensjahr als Festungsbesatzung. Nach den preußischen Gesetzen war die Einberufung der Landwehr nur im Falle eines Krieges möglich. 90 58 Hier und weiter unten zitiert Engels einen Brief Bakunins an den spanischen Sozialisten Francisco Mora vom 5.April 1872: enthalten, zusammen mit anderen Dokumenten der Allianz, im 1 I.Abschnitt der Arbeit von Marx und Engels „L'Alliance de la Democratie Socialiste et l'Association Internationale des Travailleurs", die in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Ein Complot gegen die Internationale Arbeiter-Association", 1874 in Braunschweig erschienen ist (siehe Band 18 unserer Ausgabe, S. 469 -471). An der Redaktion der Übersetzung war Engels beteiligt. 91 SBIT • .• 1 IT • I J • 1 « f 1- I . 1 Ti 1. J . . 1 • . 1 .« fit " nemncn neine, „junge fernen , vjeaicnt aus aem „oucn aer i_,ieaer . vz. 80 ,,Bulletin de la Federation Jjzrassienne de VAssociation Internationale des Travailleurs" Organ der Schweizer Anarchisten, das in französischer Sprache von 1872 bis 1878 zuerst zweimal im Monat, ab Juli 1873 einmal wöchentlich unter der Redaktion von Guillaume in Sonvillier erschien. 93 61 „Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe" - Tageszeitung, die vom I.Januar 1842 bis zum 3I.März 1843 in Köln erschien. Die Zeitung war von Vertretern der rheinischen Bourgeoisie gegründet worden, die dem preußischen Absolutismus gegenüber oppositionell eingestellt waren. Zur Mitarbeit wurden auch einige Junghegelianer herangezogen. Ab April 1842 wurde Karl Marx Mitarbeiter der „Rheinischen Zeitung" und ab Oktober des gleichen Jahres ihr Chefredakteur. Die Zeitung veröffentlichte auch Artikel von Friedrich Engels. Unter der Redaktion von Karl Marx begann die Zeitung einen immer ausgeprägteren revolutionär-demokratischen Charakter anzunehmen. Diese Richtung der „Rheinischen Zeitung", deren Popularität in Deutschland ständig wuchs, rief Besorgnis und Unzufriedenheit in Regierungskreisen und eine wütende Hetze der reaktionären Presse gegen sie hervor. Am 19. Januar 1843 erließ die preußische Regierung eine Verordnung, die die „Rheinische Zeitung" mit dem 1. April 1843 verbot und bis dahin eine besonders strenge Zensur über sie verhängte. 96
62 Die „Deutsch-Französischen Jahrbücher1 wurden unter der Redaktion von Karl Marx und Arnold Rüge in deutscher Sprache in Paris herausgegeben. Es erschien nur die erste Doppellieferung im Februar 1844; sie enthielt Karl Marx' Schriften „Zur Judenfrage5* und „Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung", ferner Friedrich Engels' Arbeiten „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie" und „Die Lage Englands. ,Past and Present' by Thomas Carlyle. London 1843" (siehe Band 1 unserer Ausgabe). Diese Arbeiten kennzeichnen den endgültigen Übergang von Marx und Engels zum Materialismus und Kommunismus. Die Hauptursache dafür, daß die Zeitschrift ihr Erscheinen einstellte, waren die prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten zwischen Marx und dem bürgerlichen Radikalen Rüge. 97 63 Im Januar 1845 war von der französischen Regierung unter dem Druck der preußischen Regierung eine Verfügung über die Ausweisung von Karl Marx und anderen Mitarbeitern des „Vorwärts!" aus Frankreich erlassen worden. 97 84 „Kreuz-Zeitung" - „Neue Preußische Zeitung" - Tageszeitung, die im Juni 1848 in Berlin gegründet wurde; sie war das Organ der konterrevolutionären Hofkamarilla und des preußischen Junkertums. Diese Zeitung wurde „Kreuz-Zeitung" genannt, da sie in ihrem Titel ein Landwehrkreuz (Eisernes Kreuz) trug. 98 65 „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue" — Zeitschrift, die von Marx und Engels im Dezember 1849 gegründet und bis November 1850 herausgegeben wurde. Die Zeitschrift war das theoretische und politische Organ des Bundes der Kommunisten, die Fortsetzung der von Marx und Engels während der Revolution 1848/49 in Köln herausgegebenen „Neuen Rheinischen Zeitung" (siehe Anm. 28). Insgesamt erschienen von März bis November 1850 sechs Hefte der Zeitschrift, davon als letztes das Doppelheft 5/6. Die Zeitschrift wurde in London redigiert und in Hamburg gedruckt. Auf dem Titelblatt war auch New York angegeben, weil Marx und Engels mit ihrer Verbreitung unter den deutschen Emigranten in Amerika rechneten. Der überwiegende Teil der Beiträge (Artikel, internationale Übersichten, Rezensionen) ist von Marx und Engels geschrieben, die auch ihre Anhänger Wilhelm Wolff, Weydemeyer und Eccarius zur Mitarbeit heranzogen. Von den Schriften der Begründer des Marxismus wurden u.a. in der Zeitschrift veröffentlicht: „Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850" von Marx, „Die deutsche Reichsverfassungskampagne" und „Der deutsche Bauernkrieg" von Engels sowie mehrere andere Arbeiten (siehe Band 7 unserer Ausgabe). Wegen der polizeilichenRepressalien inDeutschland und des Fehlens finanzieller Mittel war die Zeitschrift gezwungen, ihr Erscheinen einzustellen. 99 66 „New-York Daily Tribüne" - eine amerikanische Zeitung, die von 1841 bis 1924 erschien. Sie ist von dem bekannten amerikanischen Journalisten und Politiker Horace Greeley gegründet worden und war bis Mitte der fünfziger Jahre das Organ des linken Flügels der amerikanischen Whigs, danach das Organ der Republikanischen Partei. In den vierziger und fünfziger Jahren nahm die Zeitung eine fortschrittliche Haltung ein und trat gegen die Sklaverei auf. An der Zeitung arbeiteten mehrere bedeutende amerikanische Schriftsteller und Journalisten; einer ihrer Redakteure war seit Ende der vierziger Jahre der von den Ideen des utopischen Sozialismus beeinflußte Charles Dana. Marx* Mitarbeit an der Zeitung begann im August 1851 und währte bis März 1862; eine große Anzahl Artikel für die „New-York Daily Tribüne" wurde auf Marx' Bitte von Engels geschrieben. Die Artikel von Marx und Engels in der „New-York Daily Tribüne" behandeln wichtige Fragen der Arbeiterbewegung, der Innen- und Außenpolitik und der ökonomischen Ent
wicklung der europäischen Länder, Fragen der kolonialen Expansion und der nationalen Befreiungsbewegung in den unterdrückten und abhängigen Ländern und andere mehr. In der Periode der in Europa wieder aufkommenden Reaktion benutzten Marx und Engeis diese weitverbreitete fortschrittliche amerikanische Zeitung, um an Hand von Tatsachen die Gebrechen der kapitalistischen Gesellschaft anzuprangern, die dieser Gesellschaft innewohnenden unversöhnlichen Widersprüche aufzudecken sowie auf den beschränkten Charakter der bürgerlichen Demokratie hinzuweisen. ^ Im März 1862, während des Bürgerkrieges in den USA, hörte Marx' Mitarbeit an der Zeitung auf. Eine entscheidende Rolle beim Abbruch der Beziehungen zwischen der „New-York Daily Tribüne" und Marx spielten die verstärkte Besetzung der Redaktion mit Anhängern eines Kompromisses mit den Sklavenhalterstaaten sowie die Aufgabe ihrer fortschrittlichen Positionen. 99 67 „Das Volk" ~ Wochenzeitung, die in deutscher Sprache vom 7. Mai bis zum 20. August 1859 in London erschien. Sie wurde als offizielles Organ des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London unter der Redaktion des deutschen Publizisten und kleinbürgerlichen Demokraten Elard Biscamp gegründet. Ab Nr. 2 arbeitete Marx inoffiziell an der Zeitung mit, gab ständig Ratschläge und Hilfe, redigierte Artikel, organisierte finanzielle Unterstützungsaktionen usw. In Nr. 6 vom 11. Juni 1859 gala die Redaktion der Zeitung offiziell die Mitarbeit von Marx, Engels, Freiligrath, Wilhelm Wolff und Heinrich Heise bekannt. Von diesem Zeitpunkt an war Marxfaktisch Redakteur der Zeitung, die nunmehr zu einem Organ der proletarischen Revolutionäre wurde. Anfang Juli übernahm Marx die gesamte Leitung. Im „Volk" erschienen von Marx das Vorwort zu seiner Schrift „Zur Kritik der Politischen Ökonomie" und eine Reihe anderer Artikel von Marx und Engels (siehe Band 13 unserer Ausgabe). Insgesamt erschienen 16 Nummern der Zeitung. Am 20. August 1859 stellte dieZeitungwegen Geldmangels ihr Erscheinen ein. 100 68 Die besonders tiefgreifende Wirtschaftskrise 1873 erfaßte Österreich, Deutschland, die USA, England, Frankreich, Holland, Belgien, Italien, Rußland und andere Länder. 104 69 Marx schrieb den Brief an die Redaktion der Zeitschrift „Otetschestwennyje Sapiski" bald nach Erscheinen des von dem Ideologen der Volkstümler N. K. Michailowski verfaßten Artikels „Karl Marx vor dem Tribunal des Herrn J.Shukowski" (veröffentlicht in Nr. 10 der „Otetschestwennyje Sapiski" vom Oktober 1877). Der Brief wurde von Marx nicht abgesandt. Engels fand ihn nach dem Tode von Marx unter dessen Papieren, fertigte Abschriften an und schickte eine davon, mit einem Begleitschreiben vom 6. März 1884, nach Genf an Vera Iwanowna Sassulitsch, die der Gruppe Befreiung der Arbeit angehörte. Ins Russische übersetzt, wurde der Brief 1886 in Nr. 5 des „Westnik Narodnoi Woli" und im Oktober 1888 im „Juriditscheski Westnik" veröffentlicht. Eine deutsche Ubersetzung erschien im „Sozialdemokrat" vom 3. Juni 1887 in Zürich. Auszüge aus dem Brief wurden von Engels in seinem „Nachwort zu .Soziales aus Rußland'" (siehe Band 18 unserer Ausgabe, S. 663 - 674) in deutscher Übersetzung gebracht, die in der vorliegenden Fassung verwendet wurde. „Otetschestwennyje Sapiski'1 - literarisch-politische Zeitschrift, erschien erstmalig 1820 in Petersburg; von 1839 an war sie eine der besten fortschrittlichsten Zeitschriften jener Zeit. Zur Redaktion gehörte u.a. W.G.Belinski; auch A.I.Herzen arbeitete daran mit. Nach dem Ausscheiden Belinskis aus der Redaktion (1846) begann die Bedeutung der
„Otetsehestwennyje Sapiski" zu sinken. 1868 übernahmen N. A. Nekrassow und M. J. Saltykow-Schtschedrin die Redaktion; sie sammelten die revolutionäre demokratische Intelligenz um sich, und für die Zeitschrift begann eine neue Blütezeit. Nach dem Tode Nekrassows (1877) wurde sie zum Sprachrohr der Volkstümler. Die „Otetschestwennyje- Sapiski" waren unaufhörlichen Verfolgungen durch die Zensur ausgesetzt; im April 1884 wurden sie von der zaristischen Regierung verboten. 107 70 Karl Marx, „Le Capital", Paris 1875 (vgl. Band 23 unserer Ausgabe, S.744). Die Unterschiede zwischen dem Text dieses Zitats und dem Wortlaut der angegebenen Stelle in Band 23 beruhen darauf, daß Marx nach der französischen Ausgabe zitiert, von der er sagt, „sie besitzt einen wissenschaftlichen Wert unabhängig vom Original". 108 71 Das mißglückte Attentat auf Bismarck wurde am 7. Mai 1866 in Berlin verübt. 113 72 Krise in Frankreich - Konflikt, der nach den Wahlen von 1876 zwischen den monarchistischen Kreisen und der republikanischen Mehrheit der Deputiertenkammer entstand. In diesem Konflikt siegte die Kammer, und in Frankreich festigte sich die parlamentarische Republik. 113 73 1877 nahm in den USA der Kampf der Arbeiterklasse gegen die Unternehmer breite Ausmaße an. Eines der größten Ereignisse dieses Kampfes war der Streik der Eisenbahner im Juli 1877, der durch eine zehnprozentige Lohnherabsetzung auf drei Haupteisenbahnlinien, die nach dem Westen führten - der Pennsylvania, der Baltimore-Ohio und der New-York Central-Railway-hervorgerufen worden war. Der Streik konnte nur durch blutigen Terror der Regierungstruppen und der National Guard (eine Art Miliz) unterdrückt werden. 114 74 Der Russisch-Türkische Krieg 1877/1878. 114 75 Vorliegenden Aufsatz schrieb Engels für die New-Yorker Wochenschrift „The Labor Standard", die von 1876 bis 1900 von Mac Donnel, einem in die USA emigrierten Funktionär der irischen Arbeiterbewegung, herausgegeben wurde. In deutscher Übersetzung erschien der Aufsatz in der Zeitschrift „Die Gesellschaft" (Jahrgang 8, 1931, Band 2). Für unsere Ausgabe ist die Ubersetzung neu bearbeitet worden. 117 76 Hinweis auf die desorganisierende Tätigkeit der Anarchisten. 119 77 Bei einem Aufstand im Jahre 1877 ergriffen die Anarchisten Besitz von der kleinen Stadt Letino in der Provinz Benevent in Süditalien; der Aufstand wurde rasch von der Polizei unterdrückt. 123 78 Drei Londoner Schneider aus der Tooley-Street sollen an das Unterhaus eine Beschwerde gerichtet haben, die mit den Worten begann: „Wir, das Volk von England ...". 125 79 Hinweis auf die Neue Madrider Föderation, die am 8. Juli 1872 von den Redaktionsmitgliedern der Zeitung „La Emancipacion" gegründet worden war, nachdem die anarchistische Mehrheit sie aus der Madrider Föderation ausgeschlossen hatte. Den Anlaß für den Ausschluß boten die in der „Emancipacion" veröffentlichten Enthüllungen über die Tätigkeit einer geheimen Allianz in Spanien. An der Gründung und Tätigkeit der Neuen Madrider Föderation nahm Paul Lafargue großen Anteil. Die Neue Madrider Föderation bekämpfte mit Entschlossenheit die Ausdehnung des anarchistischen Einflusses in Spanien, propagierte'die Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus und kämpfte für die Schaffung einer selbständigen proletarischen Partei in Spanien. Zu den Mitarbeitern von
„La Emancipacion" gehörte auch Engels. Die Mitglieder der Neuen Madrider Föderation waren die Organisatoren der 1879 gegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens. 125 80 „0 Proteste11 - portugiesische sozialistische Wochenzeitung, 1875 in Lissabon gegründet. 125 81 Die Wochenschrift „Narodna Volja" erschien in Smederevo (Serbien) von Dezember 1875 bis Juni 1876. 128 82 Dieser Artikel wurde in deutscher Übersetzung u.a. in der „Berliner Freien Presse" vom 16. Juni 1878 und im „Vorwärts" vom 21. Juni 1878 veröffentlicht. Der „Vorwärts" weist in einer Notiz am 28. Juni 1878 darauf hin, daß die Übersetzung Fehler enthält. Unsere Veröffentlichung richtet sich nach dem Text der „Daily News". „The Daily Netos" - liberale Tageszeitung, Organ der Industriebourgeoisie; erschien von 1846 bis 1930 in London. 138 83 „National-Zeitung" - Tageszeitung, die von 1848 bis 1915 in Berlin erschienen den fünfziger Jahren vertrat sie eine liberale Richtung; ab 1915 „8-Uhr-Abendblatt/Nationalzeitung". 138 84 „Staats-Anzeiger" - „Königlich Preußischer Staats-Anzeiger", offizielles Organ der preußischen Regierung; erschien unter diesem Titel von 1851 bis 1871 in Berlin. 138 85 „Der Vorlote" - Monatsschrift, offizielles Organ der deutschen Sektionen der Internationale in der Schweiz, das in deutscher Sprache von 1866 bis 1871 in Genf erschien. Verantwortlicher Redakteur war Johann Philipp Becker. Die Zeitschrift verfolgte im allgemeinen die Linie von Marx und vom Generalrat, veröffentlichte systematisch die Dokumente der Internationalen Arbeiterassoziation und informierte über die Tätigkeit der Sektionen der Internationale in den verschiedenen Ländern. 139 86 Das deutsche Panzerschiff „Großer Kurfürst" sank am 31.Mai 1878 im Ärmelkanal bei Folkestone infolge eines Zusammenstoßes mit dem Schiff „König Wilhelm". 139 8? Rrittf Are/>1i>ov) /vArinnfimtn in ITr.rtUiiv^A^ HanrUoblatt" Nr. 180 vom 29. Juni 1878, in der „Vossischen Zeitung" Nr. 152 vom 2. Juli 1878 und im „Vorwärts" Nr.78 vom 5. Juli 1878. 140 88 Der Artikel „Herrn George Howells Geschichte der Internationalen Arbeiterassoziation" wurde von Marx Anfang Juli 1878 geschrieben als Entgegnung auf den Aufsatz des Renegaten Howell über die Geschichte der Internationalen Arbeiterassoziation, welcher in der Zeitschrift „The Nineteenth Century" veröffentlicht worden war. In seinem Aufsatz verbreitet Howell lügnerische Behauptungen über die Geschichte der Internationale und über die Rolle, die Marx in der Internationalen Arbeiterassoziation gespielt hatte. Die Redaktion des „Nineteenth Century" lehnte die Veröffentlichung von Marx* Artikel ab; er wurde in der Zeitschrift „The Secular Century" gedruckt. Diese Zeitschrift hätte atheistisch-republikanischen Charakter, ihr Redakteur, Harriet Law, war Mitglied der Internationale gewesen. In deutscher Übersetzung wurde der Artikel in der „Neuen Zeit", Nr. 1, 20. Jahrgang, I.Band, 1901/1902, S.585-589 veröffentlicht. Für unsere Ausgabe ist die Übersetzung neu bearbeitet worden. 142 89 „The Nineteenth Century" -liberale Monatsschrift, erschien unter diesem Namen von 1877 bis 1900 in London. 142
90 Howell bezeichnet die Londoner Konferenz, die vom 25. bis 29. September 1865 stattfand, als Kongreß; an ihr nahmen die Mitglieder des Zentralrats und die Führer der einzelnen Sektionen teil. Die Konferenz hörte den Bericht des Zentralrats, bestätigte seinen Finanzbericht und die Tagesordnung des bevorstehenden Kongresses. Diese Londoner Konferenz, deren Vorbereitung und Durchführung Marx leitete, spielte in der Periode des Entstehens und der organisatorischen Festigung der Internationale eine große Rolle. 142 91 Dieser Brief Martins wurde in „Le Siecle" vom 14.,Oktober 1865 veröffentlicht. „Le Siecle" - Tageszeitung, erschien von 1836 bis 1939 in Paris. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts brachte sie die Anschauungen jenes Teils des Kleinbürgertums zum Ausdruck, der sich auf die Forderungen gemäßigter Reformen beschränkte; in den fünfziger und sechziger Jahren Organ der gemäßigten Republikaner. 143 92 Neues Testament, Apostelgeschichte des Lukas, 17, 26. 144 93 Die Adresse an Abraham Lincoln schrieb Marx zwischen dem 22. und 29. November 1864. Den Beschluß, Lincoln zu seiner Wiederwahl zum Präsidenten zu beglückwünschen, hatte der Zentralrat (der spätere Generalrat) am 22. November gefaßt (siehe Band 16 unserer Ausgabe, S. 18-20). Der von Marx verfaßte Text der Adresse an Lincoln wurde vom Zentralrat am 29. November 1864 einstimmig angenommen und dem Präsidenten Lincoln über den amerikanischen Botschafter in London, Adams, zugestellt. Am 28. Januar 1865 erfolgte im Namen Lincolns eine Antwort an den Zentralrat. Sie wurde auf der Sitzung des Rats am 31. Januar verlesen und in der „Times" vom 6. Februar 1865 veröffentlicht. Wie Marx in einem Brief an Wilhelm Liebknecht vom Februar 1865 bemerkte, war von allen Antworten Lincolns auf die ihm zugegangenen Glückwünsche der verschiedensten Organisationen nur die Antwort an die Internationale Arbeiterassoziation nicht einfach eine formale Empfangsbestätigung. 144 94 „The Commonwealth" — englische Wochenschrift, ein Organ des Zentral- bzw. Generalrats der Internationale, das von Februar 1866 bis Juli 1867 in London erschien. Marx gehörte der Redaktionskommission bis Juni 1866 an, von Februar bis April 1866 war Eccarius Redakteur. Die Zeitung veröffentlichte Berichte von den Sitzungen des Generalrats und Dokumente der Internationale. Durch die versöhnlerische Politik der tradeunionistischen Führer, die in die Leitung der Wochenschrift eintraten, änderte das Blatt während des Kampfes für die Wahlrechtsreform seine Richtung und wurde faktisch zu einem Organ der radikalen Bourgeoisie. 144 96 Fenier-Unruhen - Im Februar/März 1867 erlitt der von den Feniern seit langem vorbereitete bewaffnete Aufstand eine Niederlage, die isolierten Erhebungen in den einzelnen Grafschaften wurden unterdrückt, viele Führer verhaftet und vor Gericht gestellt. Die Geheimorganisation der Fenier entstand Ende der fünfziger Jahre unter den irischen Emigranten in Amerika und später auch in Irland selbst. Die Fenier waren wegen ihrer Verschwörertaktik und infolge von Fehlern sektiererischen und bürgerlich-nationalistischen Charakters von den breiten Schichten des irischen Volkes isoliert. Marx und Engels wiesen des öfteren auf die schwachen Seiten der Fenierbewegung hin, würdigten aber auch ihren revolutionären Charakter und bemühten sich, den Feniern den Weg zum Massenkampf und zu gemeinsamen Aktionen mit der englischen Arbeiterklasse zu weisen. 145 331
96 Krautjunkerversammlung - verächtliche Bezeichnung für die im Februar 1871 in Bordeaux zusammengetretene Nationalversammlung, die in ihrer Mehrheit aus reaktionären Monarchisten, aus Gutsbesitzern, Beamten, Rentiers und Kaufleuten bestand, die in den ländlichen Wahlbezirken gewählt worden waren. Von 630 Deputierten der Versammlung waren etwa 430 Monarchisten. Ende 1871 unternahm die Nationalversammlung eine Untersuchung der Ereignisse der Pariser Kommune, deren Ergebnis unter dem Titel „Enquete parlementaire sur l'insurrection du 18 mars 1871" veröffentlicht wurde. 145 97 Der „Zirkularbrief" von Marx und Engels vom 17./18. September 1879 trägt den Charakter eines internen Parteimaterials. Hiervon zeugen sein Inhalt und die Erklärungen von Marx und Engels zum Brief selbst. In dem Brief an Sorge vom 19. September 1879 nennt Marx dieses Dokument einen „Zirkularbrief", bestimmt „für Privatzirkulation unter den deutschen Parteiführern". Den Entwurf dieses Briefes fertigte Engels Mitte September an. Am 17. September, nachdem Marx von einer Erholungsreise nach London zurückgekehrt war, unterzogen beide diesen Entwurf noch einmal einer gemeinsamen Beurteilung und formulierten den Brief endgültig. Der „Zirkularbrief" wurde erstmalig in der Zeitschrift „Die Kommunistische Internationale", 12. Jg., 1.Halbjahr, Berlin 1931, S.1012-1024, veröffentlicht. 150 98 „RichterschesJahrbuch" - „Jahrbuch für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik", Zeitschrift mit reformistischer Tendenz, die Karl Höchberg von 1879 bis 1881 (unter dem Pseudonym Dr. Ludwig Richter) in Zürich herausgab. 150 89 Das neuzugründende Parteiorgan - es handelt sich um den „Sozialdemokrat" (siehe auch Anm. 118), dessen Herausgabe damals vorbereitet wurde. 150 100 „Die Laterne" - deutsche sozialdemokratische satirische Wochenschrift; erschien von Dezember 1878 bis Juni 1879 in Brüssel unter der Redaktion von Karl Hirsch. Die Zeitschrift kritisierte opportunistische Tendenzen innerhalb der deutschen sozialdemokratii r» . • j. i . i. .. r>__: j c * t^ i _ icrs scnen rartei, aie Desonacrs zu ucgum ucs ijuiituisLcngcsciics aummui, u\j 101 „Freiheit" - von Johann Most Anfang 1879 in London gegründete und vorwiegend von ihm redigierte deutsche Wochenzeitung anarchistischer Prägung. Die „Freiheit" erschien in London (1879-1882), in der Schweiz (1882) und in New York (1882-1908). Marx und Engels kritisierten Most und seine Zeitung wiederholt wegen anarchistischer Agitation. 155 102 „ Vorwärts" - Zentralorgan der deutschen Sozialistischen Arbeiterpartei nach dem Gothaer Kongreß 1876; herausgegeben ab Oktober 1876 in Leipzig. Die Zeitung mußte im Oktober 1878 mit der Annahme des Sozialistengesetzes ihr Erscheinen einstellen. 158 103 Es handelt sich um den berüchtigten Drei-Sternchen-Artikel, der von Karl Höchberg, Eduard Bernstein und Karl August Schramm geschrieben und in der Zeitschrift „Jahrbuch für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik", 1. Jg., I.Hälfte, Zürich-Oberstrass 1879, S. 75 - 96, veröffentlicht wurde. 159 104 18. März 1848 - Beginn und Höhepunkt der bürgerlich-demokratischen Revolution 1848/49. Als Antwort auf den Befehl des Kronprinzen Wilhelm, die Berliner Massenversammlungen und -demonstrationen mit Waffengewalt auseinanderzutreiben, kam es an diesem Tage zu Barrikadenkämpfen. 161
106 Krach von 1873 ~ Krise, mit der in Deutschland die Periode der sogenannten Gründerjahre endete. „Gründer" nannte man deutsche Unternehmer der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, die mit Hilfe der nach dem Krieg 1870/71 von Frankreich erpreßten Kontributionen und durch gewaltige Spekulationen emporkamen. 162 169 106 Oktobergesetz - Ausnahmegesetz gegen die sozialistische deutsche Arbeiterbewegung, das im Oktober 1878 vom Reichstag angenommen wurde und als Sozialistengesetz in die Geschichte der Arbeiterbewegung eingegangen ist. 163 107 „DieZukunft" - Zeitschrift mit reformistischer Tendenz; erschien von Oktober 1877 bis November 1878 in Berlin. Herausgeber der Zeitschrift war Karl Höchberg. Marx und Engels kritisierten die Zeitschi ift scharf wegen der Versuche, die Partei auf den reformistischen Weg zu ziehen. „Die Neue Gesellschaft" - reformistische Monatsschrift, die von Oktober 1877 bis März 1880 in Zürich von Dr. F. Wiede herausgegeben wurde. 164 108 „Der Sozialismus des Herrn Bismarck" ~ diesen Artikel schrieb Engels Ende Februar 1880. Er wurde in der Zeitung „L'Egalit£" in den Nummern 7 und 10 veröffentlicht; Engels stützte sich dabei auf Angaben, die in Rudolph Meyers Buch „Politische Gründer und die Corruption in Deutschland", Leipzig 1877, enthalten sind. „LEgalite" - französische sozialistische Wochenzeitung, 1877 von Jules Guesde gegründet; 1880-1883 Organ der französischen Arbeiterpartei in Paris. Die Zeitung erschien in sechs Serien. Die 12. und 3. Serie wöchentlich (insgesamt 113 Nummern), die 4. und 5. Serie täglich (insgesamt 56 Nummern). Von der 6. Serie, die wöchentlich erscheinen sollte, kam nur eine Nummer 1886 heraus. Die einzelnen Serien unterschieden sich durch ihre Untertitel. Außer „Der Sozialismus des Herrn Bismarck" von Engels wurden in der „Egalit6" auch die „Einleitung zum Programm der französischen Arbeiterpartei" (siehe vorl. Band, S.238) und „Über .Misere de la Philosophie'" (siehe vorl. Band, S.229) von Marx veröffentlicht. 167 109 Credit mobilier (Soci£t£ g6n6rale de credit mobilier) - eine französische Aktienbank, die von den Brüdern P6reire gegründet und durch Dekret vom 18. November 1852 gesetzlich anerkannt wurde. Hauptziel des Credit mobilier war die Kreditvermittlung und die Gründung von industriellen und anderen Unternehmen. Die Bank beteiligte sich in breitem Maße am Eisenbahnbau in Frankreich, Österreich, Ungarn, der Schweiz, Spanien und Rußland. Ihre größte Einnahmequelle war die Börsenspekulation mit Wertpapieren der von ihr gegründeten Aktiengesellschaften. Aus der Emission ihrer Aktien, die nur durch die in ihrem Besitz befindlichen Wertpapiere anderer Unternehmen garantiert wurden, erzielte die Bank Mittel, die sie wiederum zum Ankauf von Aktien verschiedenster Gesellschaften verwandte. Auf diese Weise wurde ein und derselbe Besitz zur Quelle eines fiktiven Kapitals von doppeltem Umfang: in Form von Aktien des betreffenden Unternehmens und in Form von Aktien des Credit mobilier, der dieses Unternehmen finanzierte und seine Aktien aufkaufte. Die Bank war eng liiert mit der Regierung Napoleons III. und genoß deren Schutz. 1867 erfolgte der Bankrott der Bank, 1873 ihre Liquidation. Das wahre Wesen des Credit mobilier enthüllte Marx in mehreren Artikeln, die in der „New-York Daily Tribüne" erschienen (siehe Band 12 unserer Ausgabe, S.20 bis 36, 202-209 und 289-292). 169 110 Franz Reuleaux, „Briefe aus Philadelphia", Braunschweig 1877. 170
111 „Der Generalrat der Internationalen Arbeiterassoziation über den Krieg" {siehe Band 17 unserer Ausgabe, S. 1-8 und 271-279). 175 112 „Die Entwicklung des Sozialismus oon der Utopie zur Wissenschaft" entstand aus drei Kapiteln des Werkes „Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Wissenschaft" („Anti-Dühring"), das Engels 1876—1878 geschrieben hatte. Auf Bitten von Paul Lafargue arbeitete Engels 1880 drei Kapitel des „Anti-Dühring" (das 1 .Kapitelder Einleitungund die Kapitel 5 und 2 des dritten Abschnitts) zu einer selbständigen populären Schrift um, die zuerst in der französischen sozialistischen Zeitschrift „La Revue socialiste" gedruckt und noch in demselben Jahr als Einzelschrift herausgegeben wurde. Die französische Ausgabe diente als Grundlage für die polnische und italienische Ausgabe. 1883 wurde die Schrift, von Engels selbst vorbereitet, in deutscher Sprache veröffentlicht (auf dem Titelblatt ist als Erscheinungsjahr 1882 angegeben). Diese Schrift wurde zu Lebzeiten Engels' in eine Reihe europäischer Sprachen übersetzt. Unter den Arbeitern fand sie weite Verbreitung und spielte eine wesentliche Rolle bei der Propaganda der marxistischen Ideen. Die letzte von Engels besorgte deutsche (vierte) Auflage wurde 1891 in Berlin veröffentlicht (siehe auch vorl. Band, S.523). Die Schrift unterscheidet sich von den entsprechenden Kapiteln des „Anti-Dühring" durch die Anordnung des Materials, sie enthält Ergänzungen und einige Änderungen gegenüber dem Text des „Anti-Dühring". Um den Zusammenhang mit dem Werk zu wahren, sind im vorliegenden Band — abweichend von der chronologischen Reihenfolge - die von Marx verfaßte Vorbemerkung zur französischen Ausgabe (siehe Anm. 113) und das 1882 von Engels geschriebene Vorwort zur ersten deutschen Auflage der Arbeit von Engels vorangestellt. 177 113 Die Vorbemerkung zur französischen Ausgabe {1880} von Friedrich Engels' „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" wurde von Marx etwa am 4. oder 5. Mai 1880 geschrieben. In der Broschüre wurde die Vorbemerkung mit Lafargues Unterschrift veröffentlicht, der die französische Übersetzung der Arbeit von Engels vorbereitet hatte. In der vor kurzem aufgefundenen Handschrift befindet sich folgender Zusatz: „Lieber Lafargue, Beiliegend die Frucht meiner Konsultation (von gestern abend) mit Engels. Bringen Sie den Stil in Ordnung, aber. lassen Sie den Inhalt unverändert Ganz der Ihre. Karl Marx." Unserer Übersetzung liegt die Handschrift zugrunde. Größere Zusätze in der von Lafargue unterzeichneten Veröffentlichung erscheinen in Fußnoten; einige kleinere, dem besseren Verständnis dienende Änderungen wurden stillschweigend übernommen. 181 114 „La Revue socialiste" - Monatsschrift, von dem französischen kleinbürgerlichen Sozialisten und späteren Possibilisten Benott Malon gegründet; ursprünglich republikanischsozialistisches, dann syndikalistisches und genossenschaftliches Organ; wurde 1880 in Lyon und von 1885 bis 1914 in Paris herausgegeben. 1880 arbeiteten Marx und Engels an der Zeitschrift mit. 181 116 Friedrich Engels, „Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Wissenschaft". Leipzig 1878 (siehe Band 20 unserer Ausgabe). 181 116 „The Northern Star" - englische Wochenzeitung, Hauptorgan der Chartisten; erschien von 1837 bis 1852, anfangs in Leeds und ab November 1844 in London. Begründer und Redakteur der Zeitung war Feargus Edward O'Connor; in den vierziger Jahren wurde sie von George Julian Harney redigiert. Engels war von September 1845 bis März 1848 Mitarbeiter dieser Zeitung.
„The New Moral World; and Gazette of the Rational Society'1 - eine 1834 von Robert Owen gegründete Wochenzeitung utopischer Sozialisten, die bis 1846 erschien; zunächst wurde sie in Leeds und ab I.Oktober 1841 in London herausgegeben. Friedrich Engels war von November 1843 bis Mai 1845 Mitarbeiter der Zeitung. 181 117 Friedrich Engels schildert die Ereignisse in „Die deutsche Reichsverfassungskampagne" (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 109 -197). 182 118 „Der Sozialdemokrat" - Zentralorgan der deutschen Sozialdemokratie, erschien während des Sozialistengesetzes ab September 1879 bis September 1888 in Zürich und ab Oktober 1888 bis 27. September 1890 in London. Marx und Engels berichtigten Fehler der Zeitung und halfen dem Zentralorgan, die marxistische Linie durchzusetzen. Engels arbeitete selbst an der Zeitung mit. 186 119 der Rousseausche Gesellschaftsvertrag - nach der Theorie Jean-Jacques Rousseaus lebten die Menschen ursprünglich im Naturzustand, in dem alle gleich waren. Die Entstehung des Privateigentums und die Entwicklung ungleicher Besitzverhältnisse hätten den „Übergang der Menschen aus dem Zustand der Natur in den staatsbürgerlichen" bedingt und zur Bildung des Staates geführt, der auf einem Gesellschaftsvertrag beruhe. Die Fortentwicklung der politischen Ungleichheit führe jedoch zur Zerstörung dieses Gesellschaftsvertrages und zur Entstehung eines neuen Naturzustandes. Diesen zu beseitigen sei der Vernunftstaat berufen, der auf einem neuen Gesellschaftsvertrag beruhe. Diese Theorie ist entwickelt in Rousseaus Werken „Discours sur l'origine et les fondemens de l'inegalite parmi les hommes", Amsterdam 1755 und „Du contrat social; ou, principes du droit politique", Amsterdam 1762. 190 120 Levellers - hier die wahren Leveller (Gleichmacher) oder Digger (die Grabenden), die in der englischen bürgerlichen Revolution des 17. Jahrhunderts den äußersten linken Flügel der Leveller bildeten und sich im Verlaufe der Revolution von ihnen absonderten. Die Digger, die die Interessen der ärmsten ländlichen und städtischen Schichten verfochten, vertraten den Standpunkt, daß das arbeitende Volk die Gemeindeländereien bewirtschaften solle, ohne Pacht zu zahlen. In einigen Dörfern besetzten sie aus eigener Machtvollkommenheit nichtbewirtschaftete Ländereien und gruben sie für die Saat um. Als sie von den Soldaten Cromwells auseinandergetrieben wurden, leisteten sie keinerlei Widerstand, da sie in diesem Kampfe nur friedliche Mittel anwenden wollten und auf die Kraft der Überzeugung vertrauten. 191 121 Gemeint sind vor allem die Werke der Vertreter des utopischen Kommunismus Thomas More (Morus) („De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia", herausgegeben 1516) und Thomas Campanella („Civitas solis", beigegeben der 1623 erschienenen „Philosophia epilogistica realis", als Einzelschrift herausgegeben 1643). 191 122 Schreckenszeit - die Periode der revolutionär-demokratischen Diktatur der Jakobiner (Juni 1793 bis Juli 1794), in der die Jakobiner als Antwort auf den konterrevolutionären Terror der Girondisten und Royalisten den revolutionären Terror anwandten. Direktorium - oberstes Regierungsorgan in Frankreich, bestehend aus fünf Mitgliedern, von denen eines jährlich durch Neuwahl zu ersetzen war. Das Direktorium wurde gebildet auf der Grundlage der nach dem Sturz der Jakobinerdiktatur angenommenen Verfassung von 1795. Es bestand bis zum Staatsstreich Bonapartes (18.Brumaire 1799), führte ein Terrorregime gegen die demokratischen Kräfte und vertrat die Interessen der Großbourgeoisie. 192
123 Die revolutionäre Devise - „Freiheit! Gleichheit! Brüderlichkeit!" - Losung der Französischen Revolution. 193 124 Saint-Simons Genfer Briefe - „Lettres d'un habitant de Geneve k ses contemporains", das erste Werk Saint-Simons, das 1802 in Genf geschrieben, 1803 anonym und ohne Hinweise auf Ort und Zeit der Herausgabe in Paris veröffentlicht wurde. Die Zeitangabe von Engels stammt aus Nicolas-Gustave Hubbards Buch „Saint-Simon, sa vie et ses travaux", Paris 1857, das Engels benutzte und in dem bei der Datierung einzelner Werke Saint-Simons Ungenauigkeiten enthalten sind. Fouriers erstes großes Werk war die „Theorie des quatre mouvemens et des destin6es g£n£rales ...", das in den ersten Jahren des 19.Jahrhunderts geschrieben und 1808 in Lyon anonym herausgegeben wurde. Auf dem Titelblatt ist als Ausgabeort Leipzig vermerkt. Neu) Lanark - Baumwollspinnerei in der Nähe der schottischen Stadt Lanark, die 1784 zusammen mit einer kleinen Siedlung gegründet worden war. 193 125 Diese Zitate sind dem zweiten Brief aus Saint-Simons „Lettres d'un habitant de Geneve ä ses contemporains" entnommen. In Hubbards Buch „Saint-Simon ..." befinden sich diese Stellen auf den Seiten 143 und 135. 195 126 Hinweis auf Brief acht aus Saint-Simons „Correspondance politique et philosophique. Lettres de H. Saint-Simon ä un Am£ricain", enthalten in einem Sammelband, der 1817 unter dem Titel „L'industrie, ou discussions politiques, morales et philosophiques, dans 1'inteiet de tous les hommes livres ä des travaux utiles et independans", T.2, in Paris erschienen war. Vgl. p. 83-87, ebenda, In Hubbards Buch „Saint-Simon ..." befindet sich die Darlegung dieser Auffassung Saint-Simons auf den Seiten 155-157. 195 127 Engels bezieht sich auf zwei von Saint-Simon und seinem Schüler Augustin Thierry (1795-1856) geschriebene Arbeiten „De la r^organisation de la soci£t6 europ^enne ou de la n£cessit£et des moyens de rassembler les peuples de l'Europe en un seul corps politique, en conservant * chacun son ind^pendance nationale" (Paris 1814) und „Opinion sur les 1 — !„„ „a— ä tu: 1Q1S" !Q!S\ U..LL..J. D-.-L iiiwuivo a pi^nuiv wuuc m '-wcii.1 nui! uc iui^ vi au» ivi^;, in l muuaius UUCI1 „oarnI.Simon ..." befindet sich ein Auszug aus der ersten Arbeit auf den Seiten 149-154, und der Inhalt beider Arbeiten wird auf den Seiten 68 - 76 dargelegt. Einzug der Verbündeten - am 3I.März 1814 zog das Heer der gegen Napoleon gerichteten Koalition (Rußland, Österreich, England, Preußen und andere Staaten) in Paris ein. Das Kaiserreich brach zusammen, Napoleon mußte abdanken und wurde gezwungen, auf die Insel Elba in die Verbannung zu gehen. Hundert Tage - die Zeit der Herrschaft Napoleons I. zwischen dem 20. März 1815, an dem Napoleon von der Insel Elba kommend in Paris einzog, und dem 28. Juni 1815, an dem er nach der Niederlage bei Waterloo erneut abdanken mußte. 196 188 Bei Waterloo (Belle Alliance) in Belgien wurde Napoleon am 18. Juni 1815 von den englisch-holländischen Truppen unter Wellington und der preußischen Armee unter Blücher geschlagen. Die Schlacht war von entscheidender Bedeutung für den Feldzug von 1815 und führte zum endgültigen Sieg der antinapoleonischen (siebenten) Koalition (England, Rußland, Österreich, Preußen, Schweden, Spanien und andere Staaten) und zum Sturz Napoleons. 196 129 Diesen Gedanken entwickelte Fourier bereits in seiner „Theorie des quatre mouve» ments und zwar in folgender These: „Die sozialen Fortschritte und Veränderungen
der Zeit gehen mit der fortschreitenden Emanzipation der Frauen einher, der Verfall der sozialen Ordnung führt dementsprechend zur Vermindenmg der Freiheit der Frauen." Und Fourier zog hieraus die Schlußfolgerung: „Die Erweiterung der Rechte der Frauen ist das Hauptprinzip aller sozialen Fortschritte." (Vgl. Charles Fourier, CEuvres completes, T.l,Paris 1841, p.l95/196.) 196 130 Vgl. Charles Fourier, „Th6orie de l*unit6 universelle", vol. 1 und 4, in CEuvres completes, T.2, Paris 1843, p.78/79 und T.5, Paris 1841, -p.213/214. Über den „fehlerhaften Kreislauf", in dem sich die Zivilisation bewegt, siehe Charles Fourier, „Le nouveau monde industriel et soci6taire, ou invention du proc6de d'industrie attrayante et naturelle distribu€e en s6ries passionn6es", in CEuvres completes, T.6, Paris 1845, p.27-46, 390. Die erste Ausgabe dieser Schrift erschien 1829 in Paris. Vgl. auch Charles Fourier, CEuvres completes, T.l, Paris 1841, p.202. 197 131 Charles Fourier, CEuvres completes, T.6, Paris 1845, p.35. 197 132 Charles Fourier, CEuvres completes, T. 1, Paris 1841, p.50 et suiv. 197 133 Siehe Robert Owen, „Report of the proceedings at the several public meetings, held in Dublin. On the 18th March - 12th April - 19th April and 3rd May", Dublin 1823, p. 110 sqq,199 134 Robert Owen entwickelte diesen Zukünftsplan in seinem Werk „The book of the new moral world, containing the rational sysiem of society, founded on demonstrable facts, developing the Constitution and laws of human nature and of society", London 1842-1844. 199 135 1812 schlug Owen auf einer Versammlung in Glasgow eine Reihe von Maßnahmen zur Erleichterung der Lage für alle in den Baumwollspinnereien arbeitenden Kinder und Erwachsenen vor. Der auf Initiative Owens im Juni 1815 eingebrachte entsprechende Gesetzentwurf wurde erst 1819, und zwar stark verstümmelt, vom Parlament als Gesetz angenommen. Das Gesetz, welches nur für die Baumwollfabriken Geltung besaß, verbot u.a. die Arbeit von Kindern unter 9 Jahren (Owens Vorschlag sah das Verbot der Kinderarbeit für Kinder unter 10 Jahren vor) und beschränkte die Arbeitszeit für Personen unter 16 Jahren auf 12 Stunden. Nach Owen dagegen sollte die Arbeitszeit für alle Arbeiter 10% Stunden nicht überschreiten. 200 136 Im Oktober 1833 fand in London unter dem Vorsitz Owens ein Kongreß der Kooperativgesellschaften und der Gewerkschaften (Trade-Unions) statt, auf dem formal die Grand national Consolidated Trades' Union gegründet wurde; Programm und Statut wurden im Februar 1834 angenommen. Nach der Idee Owens sollte dieser Verband die Lenkung der Produktion in seine Hände nehmen und auf friedlichem Wege eine völlige Umgestaltung der Gesellschaft verwirklichen. Dieser utopische Plan scheiterte jedoch. Der Verband begegnete starkem Widerstand seitens der bürgerlichen Gesellschaft und des Staates und löste sich im August 1834 auf. 200 137 Arbeitsbasars (Equitable Labour Exchange Bazaars - Basare für gerechten Austausch von Arbeitsprodukten) wurden in mehreren Städten Englands von Arbeiter-Kooperativgenossenschaften geschaffen; den ersten Arbeitsbasar gründete Owen im September 1832 in London, er bestand bis Mitte 1834. 200 138 Die Proudhonsche Tauschbank ins Leben zu rufen, versuchte Proudhon während der Revolution 1848/49. Am 31. Januar 1849 gründete er in Paris die Banque du peuple (Volks
bank). Sie bestand etwa zwei Monate und das nur auf dem Papier. Die Bank „scheiterte schon, ehe sie ordentlich in Gang gekommen war" (Marx). 200 139 Denis Diderots Dialog „Le neveu de Rameau" wurde etwa 1762 geschrieben und später zweimal vom Autor umgearbeitet. Er wurde zuerst 1805 in Leipzig, von Goethe übersetzt, herausgegeben. Die erste französische Ausgabe erfolgte in dem 1823 in Paris erschienenen Buch »CEuvres ineaites de Diderot", aas jedoch als Erscheinungsjahr 1821 angibt. 202 140 alexandrinische Periode - die Zeit der Ptolemäer (323-30 v.u.Z.) und der römischen Herrschaft bis zum Einfall der Araber (30 v. u. Z. bis 640 u. Z.) in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria, dem Zentrum des geistigen Lebens jener Zeit. In der alexandrinischen Periode gelangte eine Reihe von Wissenschaften, Mathematik (Euklid und Archimedes), Geographie, Astronomie, Anatomie, Physiologie u.a., zu großer Entfaltung. 203 141 Die Nebulartheorie Kants ist dargelegt in seiner 1755 in Königsberg und Leipzig anonym erschienenen Schrift „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, oder Versuch von der Verfassung und dem mechanischen Ursprünge des ganzen Weitgebäudes, nach Newton'schen Grundsätzen abgehandelt". Laplace entwickelte seine Hypothese über die Entstehung des Sonnensystems im letzten Kapitel seiner 1795/1796 erschienenen zweibändigen Schrift „Exposition du systeme du monde". In der letzten von Laplace besorgten Ausgabe dieser Schrift, die aber erst nach seinem Tode 1835 erschien, ist seine Hypothese in der Anmerkung 7 dargelegt. 205 142 Handelskriege des 17. und 18. Jahrhunderls - eine Reihe von Kriegen zwischen den größten europäischen Staaten um die Hegemonie im Handel mit Indien und Amerika und um die Eroberung von Kolonialmärkten. Ursprünglich waren die wichtigsten miteinander konkurrierenden Länder England und Holland (typische Handelskriege waren die englischholländischen Kriege 1652-1654, 1664-1667 und 1672-1674) und später England und Frankreich. England gingals Sieger aus allen diesen Kriegen hervor. Am Ende des 1 S.Jahrhunderts konzentrierte es in seinen Händen fast den gesamten Welthandel. 216 143 Siehe Charles Fourier, CEuvres completes, T.6, Paris 3845, p.393/394. 219 144 Seehandlung - preußische Seehandlungsgesellschaft (offizielle Bezeichnung bis 1904 „General-Direktion der Seehandlungssozietät"). Sie wurde 1772 als Handelskreditgesellschaft gegründet und mit einer Reihe wichtiger staatlicher Privilegien ausgestattet. Die Gesellschaft stellte der Regierung große Darlehen zur Verfügung und spielte faktisch die Rolle ihres Bankiers und Maklers. 1820 wurde sie zum Geld- und Handelsinstitut des preußischen Staates erklärt und 1904 in die „Königliche Seehandlung (Preußische Staatsbank)" umgewandelt. 221 145 Der „freie Volksstaat war „eine Programmforderung und landläufige Losung der deutschen Sozialdemokraten der siebziger Jahre" (Lenin). Siehe die Kritik dieser Losung im 4. Abschnitt von Marx' „Randglossen zumProgramm der deutschen Arbeiterpartei" („Kritik des Gothaer Programms") und den Brief von Engels an Bebel vom 18./28.März 1875 (siehe vorl. Band, S. 11-32 und 3-9). Siehe auch Lenins Schrift „Staat und Revolution", Kapitel 1,4und Kapitel IV, 3 (Werke, 4. Ausgabe, Band 25, S. 407-413 und 453 -455). 224 146 Die hier veröffentlichten Zahlenangaben über die Gesamtsumme aller Reichtümer Großbritanniens und Irlands sind dem Vortrag von Robert Giffen über die Akkumulation des Kapitals im Vereinigten Königreich („Recent accumujations of capital in the United
Kingdom") entnommen, der am 15. Januar 1878 in der Statistical Society gehalten und im Londoner „Journal of the Statistical Society" März 1878 gedruckt wurde.226 147 Die Note „Über,Misere de la philosophie'" erschien in der „Egalite" Nr. 12., 2. Serie, am 7. April 1880 als Einführung der Redaktion in das von der Zeitung veröffentlichte Werk „Misere de la philosophie". Die Note wurde nach der Handschrift von Marx zum erstenmal in der Zeitschrift „Annali", Anno Primo, Mailand 1958, S. 204/2Q5 veröffentlicht. 229 148 „Journal des Economistes" - liberale ökonomische Zeitschrift, von 1841 bis 1943 in Paris erschienen. 229 149 Marx schrieb den Artikel „Über P.-J.Proudhon" am 24. Januar 1865 anläßlich des Todes Proudhons auf Ersuchen Schweitzers, des Redakteurs des „Social-Demokrat". Er wurde in Nr. 16, 17 und 18 am 1., 3. und 5. Februar 1865 veröffentlicht (siehe Band 16 unserer Ausgabe, S. 25-32). „Der Social-Demokrat" — Organ des lassalleanischen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, das von 1864 bis 1871 erschien. Von 1864 bis 1865 wurde es unter der Redaktion Johann Baptist von Schweitzers herausgegeben. Ab Nr.79 vom I.Juli 1865 erschien die Zeitung unter dem Titel „Social-Demokrat". Marx und Engels, die über kein anderes Publikationsorgan zur Einwirkung auf die deutsche Arbeiterbewegung verfügten, sagten ihre Mitarbeit am „Social-Demokrat" zu, da der programmatische Prospekt der Zeitung, den ihnen Schweitzer im November 1864 zusandte, keine Thesen Lassalles enthielt. Jedoch schon im Februar 1865 stellten sie wegen prinzipieller Meinungsverschiedenheiten mit Schweitzer ihre Mitarbeit ein (siehe Band 16 unserer Ausgabe, S. 86-89). 229
150 Den „Fragebogen für Arbeiter" verfaßte Marx in der ersten Aprilhälfte 1880 auf Bitte des Herausgebers der Zeitschrift „La Revue socialiste", Benoit Malon. Unter dem wachsenden Einfluß der sozialistischen und Arbeiterbewegung in Frankreich war Malon gezwungen, sich für den wissenschaftlichen Sozialismus zu erklären. Die Redaktion veröffentlichte den Fragebogen ohne Unterschrift in der „Revue socialiste" am 20. April 1880 und als Sonderdruck, der in ganz Frankreich verbreitet wurde. Der Fragebogen ist bisher aus dem Französischen nach der „Revue socialiste" ins Deutsche übersetzt worden. Die vorliegende Übersetzung erfolgte nach der Handschrift von Marx aus dem Englischen. Dem in der „Revue socialiste" veröffentlichten Fragebogen ging folgende Einleitung voraus: „Keine Regierung (ob monarchistisch oder bürgerlich-republikanisch) hat es gewagt, ernsthafte Untersuchungen über die Lage der französischen Arbeiterklasse anzustellen. Wieviele Untersuchungen gibt es dagegen über Agrar-, Finanz-, Industrie-, Handels- und politische Krisen! Die Infamie der kapitalistischen Ausbeutung, die durch die offizielle Untersuchung der englischen Regierung aufgedeckt wurde, die gesetzlichen Folgen dieser Enthüllungen (Beschränkung des gesetzlichen Arbeitstags auf zehn Stunden, Gesetze über Frauen- und Kinderarbeit etc.) haben die Furcht der französischen Bourgeoisie vor den Gefahren, die eine unparteiische und systematische Untersuchung mit sich bringen könnte, noch gesteigert. In der Hoffnung, daß wir die republikanische Regierung veranlassen könnten, dem Beispiel der monarchistischen Regierung Englands zu folgen und eine umfassende Unter
suchung über die Taten und Untaten der kapitalistischen Ausbeutung zu eröffnen, wollen wir mit den geringen Mitteln, über die wir verfügen, eine solche Untersuchung beginnen. Wir hoffen dabei auf die Unterstützung aller Arbeiter in Stadt und Land, die begreifen, daß nur sie allein in voller Sachkenntnis die Leiden schildern können, die sie erdulden; daß nur sie allein und keine von der Vorsehung bestimmten Erlöser energisch Abhilfe schaffen können gegen das soziale Elend, unter dem sie leiden; wir rechnen auch auf die Sozialisten aller Schulen, die, da sie eine soziale Ref&rm anstreben, auch die genaue zuverlässige Kenntnis der Bedingungen wünschen müssen, unter welchen die Arbeiterklasse, die Klasse, der die Zukunft gehört, arbeitet und sich bewegt. Diese Hefte der Arbeit sind der erste Schritt, den die sozialistische Demokratie tun muß, um die gesellschaftliche Erneuerung vorzubereiten. Die hundert unten angeführten Fragen sind von höchster Wichtigkeit. - Die Antworten müssen die laufende Nummer der Frage enthalten. - Es ist nicht notwendig, alle Fragen zu beantworten, aber wir empfehlen, die Antworten so umfassend und ausführlich wie nur möglich abzufassen. - Der Name der antwortenden Arbeiterin bzw. des Arbeiters wird nicht veröffentlicht, wenn nicht ausdrückliches Einverständnis vorliegt, indessen muß jeder Antwortende seinen Namen und seine Adresse mitteilen, damit man nötigenfalls mit ihm in Verbindung treten kann. Die Antworten sind an den Geschäftsführer der ,Revue socialiste', Herrn Leclme, 28, rue Royale, in Saint-Cloud bei Paris zu richten. Die Antworten werden klassifiziert und werden die Grundlage bilden für besondere Monographien, die die ,Revue socialiste* veröffentlichen und später in einem Band zusammenfassen wird." 230
151 Nachdem 1879 auf dem sozialistischen Kongreß in Marseille die französische Arbeiterpartei geschaffen worden war, beschloß eine Gruppe französischer Sozialisten mit Jules Guesde an der Spitze, sich über Paul Lafargue an Marx und Engels mit der Bitte zu wenden, ihnen einen Entwurf für das Programm der Arbeiterpartei ausarbeiten zu helfen. Marx und Engels erklärten, daß sie sich freuen würden, der französischen Arbeiterbewegung nützlich zu sein. Im Mai 1880 kam Guesde nach London, wo gemeinsam mit Marx, Engels und Lafargue das Programm der französischen Arbeiterpartei ausgearbeitet wurde. Das Programm bestand aus einem theoretischen und einem praktischen Teil (oder Minimalprogramm). Die theoretische Einleitung wurde Guesde von Marx diktiert. Was den übrigen Teil des Programms betrifft, so schrieb Engels darüber in seinem Brief an Bernstein vom 25. Oktober 1881: »Der übrige Inhalt des Programms wurde dann diskutiert, wir brachten einiges hinein und anderes heraus." Das Programm wurde am 30. Juni 1880 in der „Egalite", am 10.Juli 1880 im „Prosta! re" und am 20.JuIi 1880 in der „Revue socialiste" veröffentlicht. Wir bringen hier den Text des Minimalprogramms nach der „Egalit6": A. Politisches Programm 1. Aufhebung aller Gesetze über die Presse, Versammlungen und Vereinigungen und insbesondere des Gesetzes gegen die Internationale Arbeiterassoziation. - Abschaffung des Arbeitsbuchs, dieser Registrierung der Arbeiterklasse, und aller Gesetze, die die mangelnde Gleichberechtigung des Arbeiters gegenüber dem Unternehmer zum Ausdruck bringen. 2. Abschaffung des Budgets für religiöse Zwecke, und „Rückgabe an die Nation der sogenannten unveräußerlichen beweglichen und unbeweglichen Güter, die religiösen
Körperschaften gehören" (Dekret der Kommune vom 2. April 1871), einschließlich aller Industrie- und Handels-Unternehmungen dieser Körperschaften. 3. Allgemeine Volksbewaffnung. 4. Der Kommune untersteht die Administration und die Polizei. B. ökonomisches Programm 1. Montagsruhe, d.h. Erlaß eines Gesetzes, das den Unternehmern untersagt, am Montag arbeiten zu lassen. - Gesetzliche Beschränkung des Arbeitstags für Erwachsene auf 8 Stunden. - Verbot der Arbeit von Kindern'unter 14 Jahren in Privatwerkstätten und gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit für Vierzehn- bis Achtzehnjährige auf 6 Stunden täglich. 2. Gesetzlicher Mindestlohn, der in jedem Jahr nach den örtlichen Lebensmittelpreisen festzulegen ist. 3. Gleicher Lohn für die Arbeiter beiderlei Geschlechts. 4. Wissenschaftliche und technische Bildung für alle Kinder auf Kosten der Gesellschaft, die durch den Staat und die Gemeinden vertreten ist. 5. Beseitigung jeder Einmischung von Unternehmern in die Verwaltung der Arbeiterkassen für gegenseitige Hilfe, der Versicherungskassen etc., die zur ausschließlichen Verfügung den Arbeitern zurückzugeben sind. 6. Verantwortlichkeit der Unternehmer für Unfälle, die durch eine vom Unternehmer zu zahlende Kaution zu gewährleisten ist, deren Höhe im Verhältnis zur Zahl der bei ihm beschäftigten Arbeiter und den Gefahren des Betriebes zu berechnen ist. 7. Beteiligung der Arbeiter bei der Ausarbeitung besonderer Arbeitsreglements für die verschiedenen Werkstätten, Beseitigung des von den Unternehmern angemaßten Rechts, ihren Arbeitern Geldstrafen aufzuerlegen oder Abzüge vom Arbeitslohn vorzunehmen (Dekret der Kommune vom 27. April 1871). 8. Revision aller Kontrakte, durch die öffentliches Eigentum (Banken, Eisenbahnen, Bergwerke etc.) veräußert wurden, und die Überlassung der Nutzung aller Staatswerkstätten den in ihnen tätigen Arbeitern. 9. Abschaffung aller indirekten Steuern und Umwandlung aller direkten Steuern in eine progressive Steuer für Einkommen über 3000 Francs und für Erbschaften über 20 000 Francs. 238 152 Dieser offene Brief wurde auf einem Meeting in Genf am 29. November 1880 verlesen, anläßlich des Gedenktages an den polnischen Aufstand von 1830. Das Meeting war von der Redaktion der polnischen Zeitung „Rownosc" einberufen worden. An ihm nahmen etwa 500sozialistischeVertreter verschiedener Nationalitäten teil: Polen,Russen,Deutsche, Franzosen, Italiener und Schweizer. Das Meeting fand statt unter der Losung der internationalen Solidarität und der Einheit der Ziele und Aufgaben der Werktätigen aller Länder in ihrem Kampf gegen den Kapitalismus. 239 153 Im Februar 1846 wurde in Polen ein Aufstand vorbereitet, der die nationale Befreiung des Landes zum Ziel hatte. Die Hauptinitiatoren waren polnische revolutionäre Demokraten (Dembowski u.a.). Infolge des Verrats des Adels und der Verhaftung der Führer des Aufstandes durch die preußische Polizei war jedoch der ganze Aufstand zersplittert, und es kam nur zu vereinzelten revolutionären Erhebungen. Allein in Krakau, das seit 1815 der gemeinsamen Kontrolle Österreichs, Rußlands und Preußens unterlag, gelang es den Aufständischen am 22. Februar, den Sieg davonzutragen und eine Nationalregierung zu schaffen, die ein Manifest über die Aufhebung der Feudallasten herausgab.
In dem von Dembowski in den Tagen des Krakauer Aufstandes formulierten Programm, das die Interessen der Bauernschaft und der unteren Schichten der städtischen Bevölkerung widerspiegelte, waren auch revolutionär-demokratische und utopisch-sozialistische Forderungen enthalten (Verteilung der Ländereien an die Landlosen, Verbesserung der Lage der Arbeiter von Grund auf durch Errichtung von National- oder „gesellschaftlichen" Werkstätten). Der Aufstand in Krakau wurde Anfang März 1846 durch Truppen Österreichs, Preußens und Rußlands unterdrückt. Im November 1846 unterschrieben diese Staaten den Vertrag über die Einverleibung Krakaus in das österreichische Kaiserreich. 240 154 1847 fanden zwei Kongresse des Bundes der Kommunisten statt. Der zweite Kongreß, auf dem Marx und Engels den Auftrag erhielten, das „Manifest der Kommunistischen Partei" zu verfassen, fand vom 29. November bis 8. Dezember statt. 240 155 Vera Sassulitsch hatte sich im Namen ihrer Genossen, die später in die Gruppe Befreiung der Arbeit eintraten, am 16.Februar 1881 mit einem Brief an Marx gewandt und ihn gebeten, seine Ansicht über die Perspektiven der historischen Entwicklung Rußlands und insbesondere über das Schicksal der russischen Dorfgemeinde zu äußern. Vera Sassulitsch schrieb, daß das „Kapital" in Rußland große Popularität genießt, und daß es auch bei den Diskussionen der Revolutionäre über dife Agrarfrage in Rußland und über die Dorfgemeinde eine Rolle spielt. In ihrem Brief heißt es weiter: „Sie wissen besser als jeder andere, wie außerordentlich dringend diese Frage in Rußland ist... besonders für unsere" russische „sozialistische Partei... In letzter Zeit hörten wir oft sagen, daß die Dorfgemeinde eine archaische Form ist, die die Geschichte ... zum Untergang verurteilt hat. Jene, die das prophezeien, nennen sich Ihre Schüler: .Marxisten' ... Sie verstehen also, Bürger, inwiefern uns Ihre Meinung zu dieser Frage interessiert und welchen großen Dienst Sie uns leisten würden, wenn Sie Ihre Ansichten über das mögliche Schicksal unserer Dorfgemeinde darlegten und über die Theorie der historischen Notwendigkeit, daß alle Länder"der Welt alle Phasen der kapitalistischen Produktion durchlaufen." Bei der Vorbereitung einer Antwort auf diesen Brief von Vera Sassulitsch fertigte Marx vier Entwürfe an, die in ihrer Gesamtheit einen tiefgründigen verallgemeinernden Abriß der russischen bäuerlichen Dorfgemeinde und der genossenschaftlichen Form der landwirtschaftlichen Produktion geben. Die Entwürfe des Briefes an Vera Sassulitsch (mit Ausnahme des letzten, des vierten, der textlich fast vollständig mit dem Brief übereinstimmt) werden im vorliegenden Band in dem Abschnitt „Aus dem handschriftlichen Nachlaß" (S.384 - 406) veröffentlicht. 242 384 lo6 St,Petersburger Komitee - das Exekutivkomitee der Geheimorganisation der Volkstümler, Narodnaja Wolja (Volkswille). Die Mitglieder waren utopische Sozialisten, die sich die Aufgabe gestellt hatten, mittels individuellen Terrors die zaristische Selbstherrschaft zu stürzen und politische Freiheiten zu erobern. 242 157 Die beiden Zitate sind nach der französischen Ausgabe des „Kapitals" übersetzt, da sie vom Text der deutschen Ausgabe abweichen (vgl. Band 23 unserer Ausgabe, S, 742, 744 und 789/790). Uber die Varianten im Text siehe auch Anm. 70. 242 384 158 Auf dem Meeting, das am 21. März 1881 in London stattfand, waren Vertreter verschiedener Nationalitäten anwesend:-russische, polnische, tschechische und serbische Sozialisten. Den Vorsitz führte der russische Revolutionär und Volkstümler Leo Hartmann. Auf dem Meeting wurde ein slawischer revolutionärer Klub gegründet. 244
159 Am I.März 1881 wurde in Petersburg, gemäß dem Urteil des Exekutivkomitees der Narodnaja Wolja, Zar Alexander II. durch ein Attentat getötet. 244 160 Gemeint ist damit das Sozialistengesetz von 1878, das 1880 bis zum Herbst 1884 verlängert wurde. 244 161 Der Brief wurde mit den Unterschriften von Karl Marx und Friedrich Engels in der „Daily News" vom I.April 1881 veröffentlicht. 246 162 Vorliegender Aufsatz ist der erste einer Serie, die Engels zwischen Mai und August 1881 für die Zeitung „The Labour Standard" schrieb. Während dieses Zeitraums wurde fast jede Woche einer dieser Aufsätze ohne Unterschrift als Leitartikel veröffentlicht. Angesichts der allgemeinen opportunistischen Tendenz des Blattes sah sich Engels gezwungen, seine Mitarbeit aufzugeben. „ The Labour Standard" - englische Wochenzeitung, Organ der Trade-Unions, erschien in London von 1881 bis 1885 unter der Redaktion von George Shipton. 247 163 Diese Antikpalitionsgesetze verboten die Gründung und Tätigkeit jeder Art Arbeiterorganisation. Sie wurden zwar 1824 duich Parlamentsakt aufgehoben, 1825 wurde jedoch ein neues Vereinsgesetz verabschiedet, das die Tätigkeit der Trade-Unions äußerst einschränkte. Darin wurde z.B. die Werbung für den Eintritt in die Trade-Unions und die Agitation zur Beteiligung an Streiks als „Nötigung" und „Anwendung von Gewalt" betrachtet und wie ein kriminelles Verbrechen streng bestraft. 247 164 Kanzleigericht (Court of Chancery) - eines der obersten Zivilgerichte Englands; bis zum Jahre 1873 unter dem Vorsitz des Lordkanzlers, seitdem eine Abteilung des Obersten Gerichts. 251 165 Es handelt sich hier um die Unzufriedenheit der Landlords, die in Irland im Besitz des Bodens waren und deren Willkür gegenüber den Pächtern die Regierung Gladstone in gewissem Maße einzuschränken versuchte, um so die irischen Bauern vom wachsenden revolutionären Kampf abzulenken. Die irische Landbill beschränkte das Recht der Landlords, Pächter von deren Landanteilen zu vertreiben, wenn die Pacht rechtzeitig bezahlt worden war; die Höhe der Pachtsumme wurde auf 15 Jahre festgelegt. Obwohl das Gesetz von 1881 den Landlords die Möglichkeit gab, den Boden vorteilhaft an die Regierung zu verkaufen, und die festgelegte Pachtsumme ungewöhnlich hoch blieb, wehrten sich die englischen Grundbesitzer gegen die Durchführung des Gesetzes, um ihre uneingeschränkte Herrschaft in Irland aufrechtzuerhalten. 256 278 166 Fabrikgesetze - Anlaß für die Annahme von Fabrikgesetzen in England war einerseits der ständige Kampf der englischen Arbeiterklasse um die Verbesserung ihrer Lage und andererseits die hohe Sterblichkeit sowie der schlechte Gesundheitszustand der Arbeiterbevölkerung. Die ersten Gesetze wurden Anfang des 19. Jahrhunderts zur Regelung der Arbeitszeit für Frauen, Kinder und Jugendliche in einigen Zweigen der englischen Textilindustrie geschaffen. In den vierziger und fünfziger Jahren wurden diese Gesetze auf die gesamte Textilindustrie ausgedehnt. Man erweiterte später die Gesetzgebung für weitere Industriezweige und ergänzte sie. Trotzdem bot sie genügend Lücken für die Fabrikanten, um die Gesetze zu umgehen. 257 187 Die Volks'Charte (people's charter) - ein Dokument, das die Forderungen der Chartisten enthielt; es wurde am 8. Mai 1838 als Gesetzentwurf, der ins Parlament eingebracht wer
den sollte, veröffentlicht. Die Forderungen waren: 1. allgemeines Wahlrecht (für Männer über 21 Jahre), 2. jährliche Parlaments wählen, 3. geheime Abstimmung, 4. Ausgleichung der Wahlkreise, 5. Abschaffung des Vermögenszensus für die Kandidaten zu den Parlamentswahlen, 6. Diäten für die Parlamentsmitglieder. Die Eingaben der Chartisten mit der Forderung, die Volks-Charte anzunehmen, wurden vom Parlament 1839 und 1842 abgelehnt. 258 168 Unter dem Druck der Massenbewegung der Arbeiter wurde 1867 die zweite Parlamentsreform in England durchgeführt. Der Generalrat der Internationalen Arbeiterassoziation nahm an dieser Bewegung aktiv teil. Nach dem neuen Gesetz wurde der Vermögenszensus herabgesetzt. In den ländlichen Wahlbezirken wurde das Wahlrecht auf die Pächter ausgedehnt, die mindestens 12 Pfd.St. jährlich Pacht bezahlten. In den Städten erhielten das Wahlrecht alle Hausbesitzer und -pächter sowie Wohnungsmieter, die nicht unter einem Jahr am selben Ort ansässig waren und nicht weniger als 10 Pfd. St. Miete zahlten. Durch die Reform von 1867 erhöhte sich die Zahl der Wähler in England bedeutend, das Wahlrecht erhielt auch ein großer Teil der gelernten Arbeiter. 259
169 Manchesters chule - ökonomische Lehrmeinung, die besonders von den englischen bürgerlichen Ideologen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vertreten wurde. Die Vertreter des Freihandels, Anhänger dieser Richtung, bildeten die sog. Manchesterpartei, die Partei der englischen Industriebourgeoisie. Sie verteidigten die Freiheit des Handels, die Nichteinmischung des Staates in das wirtschaftliche Leben des Landes und die uneingeschränkte Ausbeutung der Arbeiterklasse. Manchester war das Zentrum der Agitation. An der Spitze der Bewegung standen die beiden Textilfabrikanten Cobden und Bright, die 1838 die Anti-Korngesetz-Liga (siehe Anm. 172) gründeten. In den vierziger und fünfziger Jahren waren die Anhänger des Freihandels eine besondere politische Gruppierung; sie bildeten den linken Flügel der Liberalen Partei in England. 261 170 Indien kam 1858 unter die unmittelbare Herrschaft der britischen Krone, nachdem die Ostindische Kompanie liquidiert worden war (siehe auch Band 12 unserer Ausgabe, 5=523 -526), 262 171 Die Korngesetze, die 1815 in England erlassen wurden, setzten hohe Einfuhrzölle für Getreide fest und verboten die Einfuhr von Getreide, wenn der Inlandpreis für den Quarter (etwa 291 Liter) niedriger war als 80 Schilling. Die Korngesetze, die sich äußerst schwer auf die Lage der ärmsten Bevölkerungsschichten auswirkten, waren auch für die Industriebourgeoisie unvorteilhaft, weil sie die Arbeitskraft verteuerten, die Aufnahmefähigkeit des inneren Marktes verringerten und die Entwicklung des Außenhandels behinderten. Sie wurden 1846 nach einem langjährigen Kampf zwischen den Großgrundbesitzern und der Bourgeoisie aufgehoben. 262 172 Anti-Korngesetz-Liga (Anti-Corn-Law League) - eine freihändlerische Vereinigung, die 1838 von den Fabrikanten Cobden und Bright in Manchester gegründet wurde. Die Liga erhob die Forderung nach völliger Handelsfreiheit und kämpfte für die Abschaffung der Korngesetze mit dem Ziel, die Löhne der Arbeiter zu senken und die ökonomischen und politischen Positionen der Grundaristokratie zu schwächen. In ihrem Kampf gegen die Grundbesitzer versuchte die Liga, die Arbeitermassen auszunutzen. Aber gerade zu dieser Zeit schlugen die fortgeschrittensten Arbeiter Englands den Weg einer selbständigen politisch ausgeprägten Arbeiterbewegung (Chartismus) ein. Nach Abschaffung der Korngesetze im Jahre 1846 hörte die Liga auf zu existieren. 263
173 Dogberry - der Nachtwächter Holzapfel, ein eifriger, aber beschränkter Beamter; Gestalt aus Shakespeares „Viel Lärm um nichts". 269 174 Wortspiel: Landbill - Landbull; Bull hat hier die Bedeutung von Unsinn, Ungereimtheit. 278 176 Das Inkrafttreten der Landbill im August 1881 rief seitens der irischen Pächter Widerstand hervor. Forster, der- Staatssekretär für Irland, ergriff daraufhin außerordentliche Maßnahmen; er setzte Truppen ein, um Pächter, die Pachtzahlungen verweigerten, auszusiedeln. 280 176 Ausnahmegesetze (coercion bills) wurden vom englischen Parlament im Laufe des 19. Jahrhunderts mehrere Male erlassen, um die revolutionäre und nationale Befreiungsbewegung in Irland zu unterdrücken. Kraft dieser Gesetze wurde auf dem Territorium Irlands der Belagerungszustand eingeführt und den englischen Behörden wurden außerordentliche Vollmachten eingeräumt. 281 177 John Dillon, ein irischer Politiker, Mitglied des englischen Parlaments, befand sich während dieser Zeit im Gefängnis. 281 178 Irische Landliga - eine Massenorganisation, die 1879 von dem kleinbürgerlichen Demokraten Michael Davitt gegründet wurde. Die Landliga vereinte in ihren Reihen breite Schichten der irischen Bauernschaft sowie der armen Stadtbevölkerung und genoß die Unterstützung der forschrittlichen Elemente der irischen Bourgeoisie. Sie widerspiegelte in ihren Agrarforderungen den elementaren Protest der irischen Volksmassen gegen die Herrschaft der Gutsherren und gegen die nationale Unterdrückung. Die Führer der Landliga nahmen jedoch eine inkonsequente, schwankende Haltung ein, die sich die bürgerlichen Nationalisten (Parnell u.a.) zunutze machten, um die Landliga in den Kampf für Home Rule zu führen, d.h. die beschränkte Selbstverwaltung Irlands im Rahmen des Britischen Reiches. 1881 wurde die Landliga zwar verboten, setzte aber trotzdem ihre Tätigkeit bis Ende der achtziger Jahre fort. 282 179 Thomas Carlyle, „Past and present" und „Latter-Day pamphlets", Nr. 1, „The present time". 284 180 Die Reform des Parlaments (Gesetz über die Wahlrechtsreform) wurde 1831 vom englischen Unterhaus beschlossen und am 7. Juni 1832 von König Wilhelm IV. bestätigt. Die Reform richtete sich gegen die politische Monopolstellung der Grund- und Finanzaristokratie, beseitigte die schlimmsten feudalen Überreste im englischen Wahlrecht und verschaffte den Vertretern der industriellen Bourgeoisie den Zutritt zum Parlament. Proletariat und Kleinbürgertum, die Hauptkräfte im Kampf für die Reform, wurden von der liberalen Bourgeoisie betrogen und erhielten kein Wahlrecht. 288 181 Bei den Reichstagswahlen vom 27. Oktober 1881 erhielten die Sozialdemokraten über 300 000 Stimmen. 292 182 Die „Vorrede zur zweiten russischen Ausgabe des ,Manifests der Kommunistischen Partei'" verfaßten Marx und Engels auf Ersuchen Lawrows. Zwar war die Initiative zur Vorbereitung der zweiten russischen Ausgabe von Plechanow ausgegangen, aber auf Grund seiner engen Beziehungen zu Marx und Engels war es Lawrow, der sich an sie wandte. Am 23. Januar 1882 sandten ihm Marx und Engels den deutschen Text der Vorrede, die dann zum erstenmal am 5. Februar 1882 in russischer Sprache in der Zeitschrift „Narodnaja Wolja" veröffentlicht wurde. Eine besondere Ausgabe des „Manifests der Kommunisti
sehen Partei" (in der Übersetzung Plechanows) mit der Vorrede von Marx und Engels erschien 1882 in Genf in der Schriftenreihe der „Russkaja sozialno-rewoluzionnaja biblioteka". „Der Sozialdemokrat" veröffentlichte in Nr. 16 vom 13. April 1882 dieses Vorwort in deutscher Fassung, und zwar als Rückübersetzung. Engels selbst übersetzte die Vorrede aus dem Russischen zurück und nahm sie in die Vorrede zur neuen deutschen Ausgabe des „Manifests der Kommunistischen Partei" (1890) auf. 295 183 Das Datum ist ungenau; die erwähnte Ausgabe erschien 1869. 295 184 „Kolokpl" - russische revolutionär-demokratische Zeitung, die von 1857 bis 1865 in London, danach in Genf von A.I.Herzen und N.P.Ogarjow in russischer Sprache und 1868/69 in französischer Sprache mit russischen Beilagen herausgegeben wurde. 295 185 Gatschina - Schloß im gleichnamigen Ort nahe Leningrad. Hier hielt sich - nach der Tötung des Zaren Alexander II. von Polizei und Militär bewacht, Alexander III. auf, aus Furcht vor etwaigen neuen terroristischen Aktionen des Exekutivkomitees der Geheimorganisation der Volkstümler Narodnaja Wolja (Volkswille). 2% 186 Den Artikel über ,J3rtmo Bauer und das Urchristentum" schrieb Engels speziell für die Zeitung „Der Sozialdemokrat", die ihn am 4. und 1 I.Mai 1882 (Nr. 19 und Nr.20) veröffentlichte. Die in dem vorliegenden Aufsatz enthaltenen Gedanken wurden von Engels in seinen späteren Arbeiten „Das Buch der Offenbarung" (1883) und „Zur Geschichte des Urchristentums" (1894) weiterentwickelt. 297 187 Engels benutzt auf Grund des wissenschaftlichen Sprachgebrauchs seiner Zeit den Ausdruck „Arier" für die Bezeichnung der Indoeuropäer oder „der Völker, deren Sprachen sich um die altertümlichste unter ihnen, um das Sanskrit, gruppieren" (siehe vorl. Band, S.427). Seiner Herkunft nach war der Terminus „Arier" nur die Selbstbenennung der alten Inder und Iranier. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er jedoch von einigen Forschern auch als gleichbedeutend mit „Indoeuropäer" verwandt. Später versuchten Pseudowissenschaftler aus dem Begriff „Arier" eine rassische Einheit der indoeuropäischen Völker in deren Vergangenheit zu konstruieren; seine Auswüchse fand diese unwissenschaftliche Begriffsdeutung in der Rassenideologie des deutschen Faschismus. 297 427 188 Die Kritik des Neuen Testaments ist in folgenden Büchern Bruno Bauers enthalten: „Kritik der evangelischen Geschichte des Johannes", Bremen 1840, „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker" Bd. 1 u. 2, Leipzig 1841, und im dritten Band dieses Werkes „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker und des Johannes", Braunschweig 1842. 297 189 „Der Apollogott"- satirisches Gedicht von Heinrich Heine aus der Sammlung „Roman-, zero", in dem ein junger, leichtlebiger Sänger der Amsterdamer Synagoge als Apollo dargestellt wird. 299 190 Petronius - Autor eines lateinischen Romans („Satirae ..."), der 20 Bücher umfaßte und den Sittenzerfall der Gesellschaft unter Nero widerspiegelte. Von diesem Roman existieren nur noch Fragmente, das größte davon ist die berühmte „Cena Trimalchionis", worin das üppige Gastmahl eines reich gewordenen Freigelassenen geschildert wird. 301 191 „The Whitehall Review" - englische Wochenzeitschrift konservativer Richtung; erschien von 1876 bis 1929 in London. 306
192 Petroleur - frzr. Petroleummordbrenner; auch verleumderische Bezeichnung für Teilnehmer des Aufstandes der Pariser Kommune, die angeblich Gebäude in Brand gesteckt haben sollen. 306 393 „New Yorker Volkszeitung" r Tageszeitung der deutschen Sozialdemokraten in den USA; erschien in New York von 1878 bis 1932. 307 194 Der Artikel „ Wie der Pindter flunkert" wurde im „Sozialdemokrat" ohne Namensangabe des Autors veröffentlicht; ihm ging nur folgende Redaktionsmitteilung voraus: „Zum Thema: ,Wie der Pindter flunkert' wird uns von einem unserer hervorragendsten deutschen Genossen geschrieben ...".312 195 Vorgänge in Frankreich - Durch die Wirtschaftskrise, von der 1882 auch Frankreich heimgesucht wurde, verschlechterte sich die Lage der französischen Arbeiterklasse rapide, und es kam zu Streikbewegungen. Besonders heftig war die Empörung unter den Bergarbeitern von Montceau-les-Mines, die sich gegen ihre Grubenbesitzer erhoben. Über die Ereignisse in Montceau-les-Mines berichtete die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" im Oktober 1882 in einer Reihe Korrespondenzen in der von Engels gekennzeichneten Weise. 312 196 Am 4.Juli 1882 organisierte die Polizei in Wien eine Provokation: Auf den Schuhmacher Merstallinger wurde ein RaubüberfalHnszeniert, um gegen die österreichischen Sozialdemokraten einen Prozeß wegen Mordanschlags zur Auffüllung der „revolutionären Kassen" anstrengen zu können. In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" Nr.401 vom 29. August 1882 befindet sich eine Korrespondenz, die diesen Mordversuch mit der Sozialdemokratie in Zusammenhang bringt. 313 197 „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" Nr.493 vom 21.Oktober 1882. 313 198 „Die Mark" schrieb Engels von Mitte September bis Mitte Dezember 1882 als Anhang zur deutschen Ausgabe seiner Schrift „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zür Wissenschaft". Für die Skizze benutzte Engels vor allem Materialien, die er im Zusammenhang mit seinen Studien über die Urgeschichte der Deutschen gesammelt hatte und die im vorl. Band in dem Abschnitt „Aus dem handschriftlichen Nachlaß" enthalten sind. „Die Mark" wurde 1883 im „Sozialdemokrat" und als von Engels besonders bearbeitetes Bauernflugblatt mit dem Titel „Der deutsche Bauer. Was war er? Was ist er? Was könnte er sein?" veröffentlicht. Zusammen mit der Arbeit „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" wurde „Die Mark" zu Lebzeiten von Engels in deutscher Sprache in vier Auflagen herausgegeben. Der vorliegende Abdruck erfolgt nach der vierten deutschen, von Engels durchgesehenen Ausgabe der „Entwicklung des Sozialismus ..." von 1891. Im Jahre 1892 erschien „Die Mark", ebenfalls als Anhang zur „Entwicklung des Sozialismus..." in der englischen Übersetzung von Edward Aveling mit einem besonderen Vorwort von Engels (siehe vorl. Band, S.524-544). 315 199 Die Arbeiten von Georg Ludwig von Maurer (12 Bände) sind Studien über den Dorf-, Stadt- und Staatsaufbau des mittelalterlichen Deutschlands. Es sind dies: „Einleitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und Stadt-Verfassung und der öffentlichen Gewalt", München 1854, „Geschichte der Markenverfassung in Deutschland", Erlangen 1856, „Geschichte der Fronhöfe, der Bauernhöfe und der Hofverfassung in Deutschland",
Bd. 1-4, Erlangen 1862 - 1863, „Geschichte der Dorfverfassung in Deutschland", Bd. 1 u. 2, Erlangen 1865 - 1866, „Geschichte der Städteverfassung in Deutschland", Bd. 1-4, Erlangen 1869-1871.317 200 Siehe Caesar, „De hello Gallico", liber VI, cap.22. 317 201 „Kaiserrecht" - die kaiserlichen, von der Zentralgewalt herausgegebenen Gesetze des mittelalterlichen Deutschen Reichs. Eine der vollständigsten Sammlungen dieser Gesetze ist „Das Keyserrecht nach der Handschrift von 1372", hrsg. von H.E. Endemann, Cassel 1846. Engels* Angaben stammen aus dem Abschnitt „Von rechte das die waelde hant" .318 202 Vol^srechte - Aufzeichnungen des Gewohnheitsrechts der Germanenstämme (lat.: leges barbarorum), die im 5. bis 7. Jahrhundert auf dem Territorium des ehemaligen weströmischen Reiches und der ihm benachbarten Gebiete einzelne Königreiche oder Herzogtümer gegründet hatten. Diese Rechte wurden zwischen dem 5. und 9 Jahrhundert zusammengestellt; sie sind in die Sammlung mittelalterlicher Geschichtsquellen, die „Monumenta Germaniae historica", aufgenommen worden. 320 203 ripuarisches Volksrecht - Gewohnheitsrecht eines der altgermanischen Stämme, der ripuarischen Franken, die im 4. bis 5. Jahrhundert zwischen Rhein und Maas wohnten. Das ripuarische Volksrecht ist die Hauptquelle für das Studium der Gesellschaftsordnung der ripuarischen Franken. Mit dem Privatbesitz des bebauten Landes befassen sich §82 (Absatz A) und § 84 (Absatz B) der „Lex Ribuaria et lex Francorum Chamavorum", Hannover 1883. 320 204 Beerengesetzgebung - „Gesetz, betreffend den Forstdiebstahl" vom 15. April 1878, das insbesondere das Sammeln von Kräutern, Beeren und Pilzen ohne besondere polizeiliche Genehmigung verbot. 322 205 Schößengerichte wurden in einigen deutschen Staaten nach der Revolution von 1848 und in ganz Deutschland 1871 eingeführt. Sie bestanden aus dem beamteten flichter und zwei Beisitzern (Schöffen), die an der Urteilsfindung beteiligt waren, wobei sie zum Unterschied von den Schwurgeridusbeisitzcrn nicht nur die Schuld feststellten, sondern auch das Strafmaß bestimmten; ihre Urteüsfindung war anfechtbar. 323 206 Das westfränkische Reich wurde nach dem Zerfall des Reichs Karls des Großen gebildet. Es stellte eine vorübergehende und unbeständige militärisch-administrative Einheit dar. 843 erfolgte die endgültige Teilung des Reichs zwischen den drei Enkeln Karls. Die westlichen Länder fielen Kar! IL, dem Kahlen, zu. Sie umfaßten den größeren Teil des Territoriums des heutigen Frankreichs und bildeten das westfränkische Reich. Die Länder östlich des Rheins (der Kern des künftigen Deutschlands) wurden Ludwig dem Deutschen übergeben. Den mittleren Landgürtel von der Nordsee bis Mittelitalien erhielt Lothar, der älteste Enkel Karls des Großen. 325 207 Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) war ein gesamteuropäischer Krieg, der mit einem Aufstand in Böhmen gegen das Joch der Habsburger Monarchie und den Vormarsch der katholischen Reaktion begann. Er verwandelte sich in einen Krieg zwischen dem feudalkatholischen Lager (dem Papst, den spanischen und österreichischen Habsburgern, den katholischen Fürsten in Deutschland) und den protestantischen Ländern (Böhmen, Dänemark, Schweden, dem bürgerlichen Holland und einer Reihe deutscher Staaten, die die Reformation übernommen hatten), die von den französischen Königen, den Rivalen der Habsburger, Unterstützung erhielten. Deutschland wurde zum Hauptschauplatz dieses Kampfes, zum Objekt der Ausplünderung und räuberischer Ansprüche der am Kriege
Beteiligten. Der Krieg, der in seinem ersten Stadium den Charakter des Widerstandes gegen die reaktionären Kräfte des feudal-absolutistischen Europas trug, führte, besonders s eit 1635, zu einer Reihe von Invasionen der miteinander rivalisierenden ausländischen Eroberer in das deutsche Gebiet. Der Krieg endete 1648 mit dem Abschluß des Westfälischen Friedens, der die politische Zersplitterung Deutschlands verankerte. 328 208 Code civil - französisches Zivilgesetzbuch von 1804, das 1807 als Code Napoleon neu gefaßt wurde. Dieses bürgerliche Gesetzbuch wurde von Frankreich in den eroberten Gebieten West- und Südwestdeutschlands eingeführt. In der Rheinprovinz blieb es auch nach der Vereinigung mit Preußen gültig. Der Code Napoleon behielt im wesentlichen die Errungenschaften der Französischen Revolution bei und stand auf dem Boden der formalen bürgerlichen Gleichheit. 329 209 Die Niederlage von Jena, die Preußen am 14. Oktober 1806 erlitt und die die Kapitulation Preußens vor dem napoleonischen Frankreich nach sich zog, zeigte die ganze Morschheit der sozialen und politischen Ordnung der feudalen Hohenzollern-Monarchie. 329 210 „La Justice" - französische Tageszeitung; Organ der Partei der Radikalen; wurde von 1880 bis 1930 in Paris herausgegeben. In den Jahren 1880 bis 1897, als die Zeitung von ihrem Gründer Clemenceau geleitet wurde, war sie Organ der sog. äußersten Linken der Partei der Radikalen, die das Programm der demokratischen und sozialen Reformen verteidigte und die Interessen des Kleinbürgertums und der mittleren Bourgeoisie zum Ausdruck brachte.331 211 „La Marseillaise" - französische Tageszeitung, Organ der linken Republikaner; erschien von Dezember 1869 bis September 1870 in Paris. Die Zeitung veröffentlichte Materialien über die Tätigkeit der Internationale und der Arbeiterbewegung. Die Artikel von Jenny Marx zur irischen Frage wurden in der „Marseillaise" Nr. 71, 79, 89, 91, 99, 113, 118 und 125 vom I.März bis 24.April 1870 (8 Artikel) veröffentlicht (siehe Band 16 unserer Ausgabe, S.577-601). 331 212 NeuJtaledonien - Insel in Melanesien (Stiller Ozean); zeichnet sich durch ein außerordentlich ungesundes Klima aus; seit 1853 französische Kolonie. In den Jahren 1863 bis 1896 war Neukaledonien Strafkolonie und ab 1871 insbesondere Verbannungsort für Pariser Kommunarden. 332 213 Der Entwurf zur Grabrede wurde von der Pariser Zeitung „La Justice" am 20. März 1883 mit folgendem Zusatz veröffentlicht: „Was Marx in seinem privaten Leben, was er seiner Familie und seinen Freunden war, das vermag ich in diesem Augenblick mit Worten nicht auszudrücken. Aber das ist auch nicht nötig, da Sie es alle wissen, die Sie hier hergekommen sind,*um von ihm Abschied zu nehmen. Einen letzten Gruß, Marx! Dein Werk und Dein Name werden durch die Jahrhunderte fortleben." 334 214 „Vorwärts!" - deutsche Zeitung, die von Januar bis Dezember 1844 zweimal wöchentlich in Paris erschien. Marx und Engels arbeiteten an dieser Zeitung mit. Unter dem Einfluß von Marx, der ab Sommer 1844 an der Redaktion des „Vorwärts!" beteiligt war, begann die Zeitung kommunistischen Charakter anzunehmen; sie übte u.a. scharfe Kritik an den reaktionären Zuständen in Preußen. Auf Forderung der preußischen Regierung verfügte das Ministerium Guizot im Januar 1845 die Ausweisung von Marx und einiger anderer Mitarbeiter der Zeitung aus Frankreich; der „Vorwärts!" stellte daraufhin sein Erscheinen ein. 336
215 Der „Sozialdemokrat" in Zürich veröffentlichte am 19. April 1883 in der Nr. 17 die Bitte Odessaer Studenten, am Grabe von Marx einen Kranz mit roter Schleife niederzulegen. Die Inschrift sollte lauten: „Karl Marx, dem Schöpfer des .Kapitals' und Gründer der Internationalen Arbeiterassoziation, von einer Gruppe Sozialisten der Odessaer Universität, seinen Schülern und Jüngern, gewidmet." 340 216 Es handelt sich um den slawischen sozialistischen Studentenverein Slavia, der die in Zürich lebende Jugend slawischer Länder erfaßte. 341 217 Central Labor Union in New York ~ eine Vereinigung der New-Yorker Gewerkschaften, die 1882 entstanden war und sich in den achtziger Jahren zu einer Massenorganisation der Arbeiter entwickelte. Sie vereinigte in ihren Reihen Arbeiter amerikanischer und ausländischer Herkunft, weißer und schwarzer Hautfarbe. An der Spitze der Vereinigung standen Sozialisten, die anerkannten, daß zur erfolgreichen Führung des proletarischen Klassenkampfes sowohl berufliche als auch politische Organisationen der Arbeiterklasse notwendig sind. 344 218 Den Originalbrief an Van Patten vom 18. April 1883 hatte Engels in englischer Sprache geschrieben. 344 219 Marx und Engels haben bereits in den Jahren 1845 und 1846, als sie an ihrem großen gemeinsamen Werk „Die deutsche Ideologie" arbeiteten, die Rolle des Staates als Machtinstrument der jeweils herrschenden Klasse aufgedeckt (siehe Band 3 unserer Ausgabe). 344 220 Achille Loria, „La rendita fondiaria e la sua elisione naturale", Milano 1880. 346 221 Achille Loria, „La teoria del valore negli economisti italiani", Bologna 1882.346 222 „Nuova Antologia di scienze, lettere ed arti" - italienische liberale Zeitschrift für Literatur, Kunst und Wissenschaft; erschien von 1866 bis 1877 in Florenz und ab 1878 bis 1943 in Rom. 346 223 Die „Bemerkung zu Seite 29 der ,tlistoire de la communehat Engels Anfang Februar 1877 geschrieben, nachdem er die „Histoire de la commune de 1871" des französischen republikanischen Journalisten und Teilnehmers an der Pariser Kommune, Lissagaray, gelesen hatte. In seinem Antwortbrief vom 9. Februar 1877 dankt der Autor Engels für dessen Schreiben, das eine „glänzende Bemerkung" über die militärischen Ereignisse enthielt. Lissagaray schrieb dieses Buch nach dem Studium eines umfangreichen Tatsachenmaterials. Er entlarvte die antinationale Politik der herrschenden Klasse Frankreichs, legte die Geschichte der Pariser Kommune dar und wies auf die Rolle der Volksrnassen bei ihrer Errichtung hin. Marx nannte dieses Buch „die erste authentische Geschichte der Kommune"; er bezeichnete es als ein für die proletarische Partei wichtiges und für den deutschen Leser interessantes Werk und trug in großem Maße dazu bei, daß das Werk in deutscher Sprache erschien. 351 224 Die zwischen Bismarck und Bazaine im September/Oktober 1870 geführten Waffenstillstandsverhandlungen wurden am 24. Oktober ohne Ergebnis abgebrochen. Fast gleichzeitig wurden zwischen der Regierung der nationalen Verteidigung und Bismarck im Zusammenhang mit dem englischen Angebot einer Friedensvermittlung Verhandlungen vorbereitet, die zwischen Thiers und Bismarck vom 1. bis 6. November 1870 in Versailles stattfanden. Nachdem Bismarck Zeit gewonnen hatte, brach er die Verhandlungen ab.
Die Pariser Bevölkerung erfuhr am 30. Oktober von den Verhandlungen und war empört über den bevorstehenden Abschluß eines verräterischen Waffenstillstands, den die Regierung der nationalen Verteidigung als höchstes Wohl für Frankreich darstellte. Die Nachricht von den Verhandlungen und die Kapitulation der Festung Metz gaben den Anstoß zur revolutionären Erhebung der Pariser Arbeiter am 3I.Oktober 1870.351 225 Männer des 4.September - die sog. Regierung der nationalen Verteidigung. Marx sagt dazu; „Am 4. September 1870, als die Pariser Arbeiter die Republik proklamierten, der fast in demselben Augenblick ganz Frankreich ohne eine einzige Stimme des Widerspruchs zujubelte - da nahm eine Kabale stellenjagender Advokaten, mit Thiers als Staatsmann und Trochu als General, Besitz vom Hotel de Ville" (siehe Band 17 unserer Ausgabe, S.319). 351 226 „Militärische Gedanken und Betrachtungen über den deutsch-französischen Krieg der Jahre 1870und 1871 vom Verfasser des »Krieges um Metz'" von H.von Hannecken; 1871 in Mainz anonym erschienen. 352 227 Franktireurs (francs-tireurs) - Freischärler, die in kleinen Trupps, aber auch in größeren Gruppen, den in Frankreich einfallenden Feinden heftigen Widerstand entgegensetzten. Erstmalig kämpften Franktireurs Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts gegen die eindringenden Truppen der antifranzösischen Koalitionen. 1867 bildeten sich Franktireurgesellschaften. Als 1870 der Deutsch-Französische Krieg ausbrach und deutsche Truppen in Frankreich einmarschierten, wurden die Franktireurs von der Regierung aufgerufen, sich zu bewaffnen und den Kampf gegen den Feind mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu führen. Nach der Zerschlagung der regulären französischen Armee und ihrer Blockierung in den Festungen wuchs die Zahl der Franktireurs sprunghaft an. 352. 228 Franz von Erlach, „Aus dem französisch-deutschen Kriege 1870-1871. Beobachtungen und Betrachtungen eines Schweizer-Wehrmanns", Leipzig und Bern 1874. 353 22S Wilhelm Blume, „Die Operationen der deutschen Heere von der Schlacht bei Sedan bis zum Ende des Krieges", 2. unveränd. Aufl., Berlin 1872. 354 230 Die Randglossen zu Adolph Wagners „Lehrbuch der politischen Ökonomie" wurden von Marx in der zweiten Hälfte des Jahres 1879 bis November 1880 in London niedergeschrieben und sind in seinem Exzerptenheft aus den Jahren 1879-1881 enthalten. Die kritischen Bemerkungen von Marx beziehen sich auf Adolph Wagners Buch „Allgemeine oder theoretische Volkswirthschaftslehre. Erster Theil. Grundlegung", 2. verbesserte und vermehrte Ausgabe, Leipzig und Heidelberg 1879, das als Band 1 eines „Lehrbuches der politischen Ökonomie" erschien. Marx übt Kritik an Wagners Entstellung der im „Kapital" entwickelten Werttheorie und legt noch einmal die Grundthesen seiner ökonomischen Lehre dar. In Marx' Exzerptenheft geht den Bemerkungen ein Literaturverzeichnis von 54 Titeln voraus, das von ihm nach den bibliographischen Angaben in Wagners Buch zusammengestellt wurde. 355 231 Die Seitenzahl bezieht sich auf die zweite Ausgabe des ersten Bandes des „Kapitals", Hamburg 1872.358 369 370 373 377 232 ,Quintessenz' - Buch von Albert Schäffle, „Die Quintessenz des Socialismus", das 1875 anonym in Gotha erschien. 360 233 Die Seitenangabe bezieht sich auf Raus Buch „Grundsätze der Volkswirthschaftslehre"; bei Wagner befindet sich diese Stelle auf S. 46. 364
234 „Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft" - liberale, politisch-ökonomische Rundschau, die mit Unterbrechungen von 1844 bis 1943 in Tübingen herausgegeben wurde. Rodbertus' Brief an Wagner erschien im Bd. 34 der Zeitschrift in Wagners Aufsatz „Einiges von und über Rodbertus-Jagetzow". 368 235 Die von Marx erwähnte Note befindet sich in seiner Arbeit „Zur Kritik der Politischen Ökonomie" (siehe Band 13 unserer Ausgabe, S. 16). 369 236 Die französischen 5 Milliarden - Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 mußte Frankreich gemäß dem Frankfurter Friedensvertrag vom 10. Mai 1871 an Deutschland eine Kontribution in Höhe von 5 Milliarden Francs zahlen. 381 237 Peterspfennige - eine jährliche Abgabe, die der Papst von allen Katholiken forderte (ursprünglich je einen Silberpfennig von jeder Familie am Feiertag des Petrus); bis heute eine wichtige Einnahmequelle der päpstlichen Kurie, aus der die reaktionäre katholische Propaganda finanziert wird. 383 238 Kaudinisches Joch - Bei den Kaudinischen Pässen, in der Nähe der Stadt Gaudium (im alten Rom), brachten die Samniter im Jahre 321 v. u. Z. während des zweiten Samniterkrieges den römischen Legionen eine Niederlage bei und zwangen sie, durch das „Joch" zu gehen, was für ein besiegtes Heer als höchster Schimpf galt. Daher der Ausdruck „durch das Kaudinische Joch gehen", d.h. die schlimmste Erniedrigung erleiden. 389 238 Das Bestreben Katharinas II., eine Zunftordnung einzuführen, fand seinen Ausdruck in der am 21. April 1785 veröffentlichten Urkunde über die Rechte und Privilegien der Städte des Russischen Reiches, worin die besondere Stellung des Handwerks und eine ausführliche Zunftordnung festgelegt wurde. Die Eintragung in die Zünfte war für alle städtischen Handwerker obligatorisch, eine Ausübung nichtzünftigen Handwerks war verboten. 397 240 Marx verfaßte die „Notizen zur Reform von 1861 und der damit verbundenen Entwicklung in Rußland" Ende 1881 bis 1882. Er benutzte für seine Arbeit Angaben offizieller Publikationen und auch viele Werke russischer Autoren. Während Marx seine anderen Aufzeichnungen beim Studium russischer Quellen in seine Hefte geschrieben hatte, benutzte er für die Notizen zur Reform von 1861 einzelne Blätter. Diese versah er mit den Titeln der Arbeiten und Abschnitte und mit Ziffern und Buchstaben in Übereinstimmung mit dem Text. Neben Verweisen auf das in vielen Heften gesammelte Material finden sich hier schon systematisierte Faktenangaben mit Schlußfolgerungen über die Grundfragen der Reform von 1861 und der damit verbundenen Entwicklung in Rußland. Die Notizen sind in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefaßt. Die aus dem Englischen und Französischen übersetzten Textstellen werden in spitzen Klammern gebracht. Marx verwendet auch russische Termini, z.T. in lateinischer, z.T. in kyrillischer Schrift. 407 241 Hinweis auf die Heftseite mit Aufzeichnungen von Marx über Skaldins Buch „W sacholustij i w stolize". 407 042 Hinweis auf die Heftseite mit Aufzeichnungen von Marx über Haxthausens Buch „Die ländliche Verfassung Rußlands". 407 408 243 Verweis auf die Aufzeichnungen „Zur russischen Leibeignen-Emanzipation", die Marx auf Grund der „Pisma bes adressa" von Tschernyschewski verfaßt hatte. 407
244 Obwohl sich Schuwalow und Paskewitsch für die persönliche Befreiung der Bauern aussprachen, wollten sie das ganze Land den Gutsbesitzern belassen und den Bauern nur das Recht auf Nutzung eines Bodenabschnitts gegen Arbeitsverpflichtung einräumen. 407 245 Hinweis auf die Heftseite mit Aufzeichnungen von Marx über Golowatschows Buch „Desjat let reform, 1861 -1Ö71". 410 246 Hinweis auf die Heftseite mit Aufzeichnungen von Marx über Skrebizkis Buch „Krestjanskoje delo w zarstwowanije imperatora Alexandra II", Bd. 1 und 4. 410 247 Hinweis auf die Heftseite mit Aufzeichnungen vön Marx über Jartsons Buch „Opyt statistitscheskawo issledowanija o krestjanskich nadelach i plateshach" bzw. auf das Buch selbst. 410 416 248 Revisionsseelen - die männliche Bevölkerung des fronherrlichen Rußlands, die der Kopfoder „Seelen"steuer unterlag (hauptsächlich die Bauern und Städtebürger) und zu diesem Zweckin besonderen Zählungen (sog. Revisionen) registriert wurden. Solche „Revisionen" wurden in Rußland seit 1718 durchgeführt; 1858 erfolgte die letzte - die zehnte - „Revision". 414 249 „Trudy komissii wyssotschaische utschreshdjonnoi dlja peresmotra sistemy podatej i sborow", Bd.22, Teil 3, Abschnitt 1, S.6-7. Die von Marx angeführten Zahlen sind errechnet worden. 415 250 Die Manuskripte „Zur Urgeschichte der Deutschen" und „Fränkische Zeit" sind Resultate einer umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit, die Engels in den Jahren 1881 bis 1882 leistete; ihr ging ein jahrelanges spezielles Studium der Geschichte Deutschlands und Europas voraus. Zu Engels* Lebzeiten kamen diese Schriften nicht zum Druck. Nach einem ursprünglichen Plan beabsichtigte, Engels, das Thema „Zur Urgeschichte der Deutschen" in zwei Teilen zu behandeln. Der erste Teil sollte vier Kapitel umfassen; der zweite war für „Noten" als Ergänzung zum ersten Teil vorgesehen. Im Verlaufe der Arbeit änderte Engels seinen Plan. So schrieb er z.B. am Ende des ersten Kapitels: „Es folgt ein Kapitel über Agrarverfassung und Kriegsverfassung". Dieses Kapitel ist jedoch im Manuskript „Zur Urgeschichte der Deutschen" nicht enthalten. Offensichtlich hat Engels dieses Material für die Schrift „Fränkische Zeit", zweites Kapitel („Gau- und Heerverfassung") benutzt. Vom zweiten Teil der Arbeit ist nur das zweite Kapitel vorhanden. Das dritte von Engels im Plan vorgesehene Kapitel („Fränkischer Dialekt") ist von ihm in das Manuskript „Fränkische Zeit" eingearbeitet worden. Die Reihenfolge der einzelnen Kapitel sowie die Überschriften sind von der Redaktion nach Engels* ursprünglichem Plan festgelegt worden. 425 474 251 Mitteilung Virchows auf der Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte am 21. Dezember 1878. Siehe „Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte", veröffentlicht in der „Zeitschrift für Ethnologie", Bd. 10, Berlin 1878. 427 252 Mitteilung Schaafhausens auf der VIII. allgemeinen Versammlung der deutschen anthropologischen Gesellschaft, die in Konstanz vom 24.-26. September 1877 stattfand. Siehe „Correspondenz-Blatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte", Nr. 11, München 1877. 427 2o3 Pytheas' Reisebericht entnahm Engels Joachim Lelewels Buch „Pytheas de Marseille et la geographie de son temps", Brüssel 1836. 429
254 Plutarch(os), „Vitae parallelae", cap. 12 (Biographie des Aemilius Paullus). 429 255 Auszüge aus den Werken des Dio Cassius und anderer von Engels erwähnter und zitierter Geschichtsschreiber sind enthalten in „Die Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit". 430 256 Dio Cassius, „Historiae Romanae", liber LV, cap. 10a. 430 257 Caesar, „De bello Gallico", liber IV, cap. 1, liber VI, cap.22. 432 258 Strabo, „Geographicae", liber VII, cap. 1. 433 259 Plinius Secundus, „Naturalis historia", liber IV, cap. 15. 435 260 Dio Cassius, „Historiae Romanae", liber LIV, cap.22. 438 261 Dio Cassius, „Historiae Romanae", liber LV, cap. 6. 439 262 Vellerns Paterculus, „Historia Romana", liber II, cap.97. 439 263 Dio Cassius, „Historiae Romanae", liber LVI, cap. 18. 441 264 Vellerns Paterculus, „Historia Romana", liber II, cap. 118. 441 285 Dio Cassius, „Historiae Romanae", liber LVI, cap. 18. 442 286 Hier und weiter oben zitiert Engels aus Vellerns Paterculus, „Historia Romana"» liber II, cap. 118. 444 267 Dio Cassius, „Historiae Romanae", liber LVI, cap. 19. 444 268 Zitiert aus Tacitus, „Annales", liber I» cap.61. 445 269 Strabo, „Geographicae", liber IV, cap.4. 446 270 Strabo, „Geographicae", liber VII, cap. 1. 446 271 Treubruch Yorc\s - General Yorck von Wartenburg, der 1812 das preußische Hilfskorps der napoleonischen Armee in Rußland befehligte, schloß mit dem russischen Oberkommando am 30. Dezember 1812 die Konvention von Tauroggen, wodurch er sich verpflichtete, zwei Monate nicht an kriegerischen Aktionen gegen die russische Armee teilzunehmen. Verrat der Sachsen bei Leipzig - Das gesamte sächsische Korps, das in der napoleonischen Armee gekämpft hatte, ging auf dem Höhepunkt der Völkerschlacht bei Leipzig 0 6.-19. Oktober 1813) auf die Seite der verbündeten Truppen Rußlands, Preußens» Österreichs und Schwedens über und richtete die Waffen gegen Napoleon. 446 272 Hallstätter Fund - Gräberfelder, die 1846 in Oberösterreich, nahe der Stadt Hallstatt» entdeckt wurden und eine Kulturperiode (Hallstätter Zeit) repräsentieren, die ihre Blüte etwa von 1000 bis 500 v. u. Z. erreichte. 450 273 Tacitus, „Annales", liber II, cap.61. 451 274 Tacitus, „Germania", cap.23. 452 275 Geographie Germaniens - enthalten in Ptolemäus, „Geographiae", 2. und 3.Buch. 461 276 Prokop(ius), „De bello Gothico", liber IV, cap.5. 464 277 Frankenreich - Reich der Merowinger, später Karolinger (siehe auch Anm.206). 466 278 Einhardus, „Vita Karoli Magni", cap. 2. 477 279 Zitiert aus Gregor Turonensis, „Historia Francorum", liber VI, cap.46. 478
280 Kapitularien - königliche Verordnungen und Verfügungen aus der Periode des frühen Mittelalters (Karolingerzeit, 8. bis 9. Jahrhundert). Das Aachener Kapitular ist ein Beweis für die umfangreichen Konfiskationen von Bauernland durch geistliche und weltliche Feudalherren jener Zeit und eine wichtige historische Quelle. 479 281 Die von Engels genannten Angaben sind in einem im 9. Jahrhundert aufgestellten Verzeichnis über Landgüter, Bevölkerung und Einkünfte des Klosters Saint-Germain-desPres enthalten. Zum erstenmal wurde dieses Verzeichnis 1844 von dem französischen Historiker Guerard unter dem Titel „Polyptyque de l'abbe Irminon" in Paris veröffentlicht. 480 282 Vertragsformeln - Muster für die Abfassung von Urkunden über die verschiedensten Verträge, in denen sowohl die Eigentumsverhältnisse als auch die sozialen Verhältnisse juristisch formuliert wurden. Einige Sammlungen solcher Formeln sind erhalten geblieben. Sie geben uns eine Vorstellung von den sozial-ökonomischen Verhältnissen der fränkischen Zeit vom Ende des 6. bis Ende des 9. Jahrhunderts. Die von Engels zitierte Formel ist in der Sammlung „Formulae Turonenses vulgo Sirmondicae dictae" (Nr.43) enthalten. Engels entnahm sie offensichtlich aus Roth, „Geschichte des Beneficialwesens", S.379, wo diese Formel unter der Nr.44 angegeben wird. 487 283 „Annales Berliniani" - eine Geschichtsquelle aus der Zeit der Karolinger. Die Chronik, die im Kloster St. Bertin gefunden wurde und danach ihre Bezeichnung erhielt, umfaßt die Zeit von 830 bis 882 und besteht aus drei Teilen, die von verschiedenen Verfassern, u.a. von Hinkmar von Reims (Hincmar Remensis), stammen. Die „Annales Bertiniani" sind in den „Monumenta Germaniae historica" enthalten. 488 284 Zitat enthalten in „Corpus iuris Germanici antiqui", Band2, „Capitulariaregum Francorum usque.ad Ludovicum pium continens", Berlin 1824, herausgegeben von F. Walter. 493 285 Stellinga - Bund der Stellinger (Söhne des alten Rechts), den freie (Frilinge) und halbfreie (Liten) Sachsen bildeten und der 841-842 an der Spitze eines Aufstandes gegen den fränkischen und sächsischen Adel stand. Ziel des Aufstandes war, die alten vor der fränkischen Adelsherrschaft bestehenden Rechte und Sitten wiederherzustellen. Der Aufstand wurde grausam niedergeschlagen. 494 286 „Der fränkische Dialekt" besitzt eine völlig selbständige wissenschaftliche Bedeutung, obwohl Engels diese Untersuchung nur als „Anmerkung" kennzeichnet und sie auch im Planentwurf „Zur Urgeschichte der Deutschen" nur als „Note" vorsah. Engels hat in diesem Kapitel den historischen Materialismus beispielhaft auf die Sprachwissenschaft angewendet. „Der fränkische Dialekt" blieb unvollendet und wurde zu Engels' Lebzeiten nicht veröffentlicht. 494 287 Heliand - bedeutendes Denkmal altsächsischer Sprache und Literatur; stammt aus dem 9. Jahrhundert und stellt eine stark verkürzte germanisierte Nacherzählung des Evangeliums dar. Vermutlich wurde der „Heliand" im Kloster Werden an der Ruhr verfaßt. Zwei Handschriften blieben erhalten: die Münchener und die Cottonsche (nach dem englischen Altertümer-Sammler Cotton). 1830 wurde der „Heliand" von dem Germanisten Schmeller veröffentlicht, der ihm auch den Titel gab. Der „Heliand" ist in Heynes „Bibliothek der ältesten deutschen Litteratur-Denkmäler", Band 2, Paderborn 1866, enthalten. 494
288 Lipsiussche Glossen - von dem niederländischen Philologen Justus Lipsius erklärte unverständliche Wörter in einer aus dem 9. Jahrhundert stammenden Niederschrift von Psalmen. Diese Glossensindin Heynes,, Kleinere altniederdeutsche Denkmäler" enthalten. 497 289 Freckenhorster Rolle - Steuerverzeichnis des Klosters Freckenhorst (9. bis Anfang 11. Jahrhundert); enthalten in Heynes „Kleinere altniederdeutsche Denkmäler". 497 290 Paderborner Denkmäler - Dokumente des lokalen Rechts aus dem 10.-11. Jahrhundert, die von dem Historiker Paul Wigand im „Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens" (erschienen von 1826 bis 1838) und 1832 in „Die Provinzialrechte der Fürstentümer Paderborn und Corvei" herausgegeben wurden. 498 291 Otfried - Mönch im Kloster Weißenburg/Elsaß (ab 825); Verfasser einer deutschen Nacherzählung des Evangeliums (geschrieben zwischen 863 und 870). Das „Evangelium" Otfrieds gehört zu den ersten Denkmälern der althochdeutschen Sprache und Literatur; sein Dialekt wird zu den südlichen rheinfränkischen gerechnet. 498 517 292 im äliesien Dokumeni - in der Handschrift eines Taufgelöbnisses vom Ende des 8. oder Anfang des 9.Jahrhunderts; enthalten in Heynes „Kleinere altniederdeutsche Denkmäler". 498 293 Reymannsche Karte - ein Kartenwerk, das zuerst von D.G.Reymann, dann von einer Reihe anderer Personen herausgegeben wurde; es ist in numerierte Sektionen aufgeteilt, die nach den Hauptorten benannt sind. 508 294 Gaukarie - Die geographischen Angaben, auf die sich Engels im Zusammenhang mit den ehemaligen römischen Ortsbezeichnungen bezieht, sind dem „Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit" von Spruner-Menke (hauptsächlich der Karte 33 „Deutschlands Gaue II") entnommen. 508 296 Die englische Ausgabe von Engels' Arbeit „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft", für die Engels die vorliegende Einleitung schrieb, erschien 1892 in London unter dem Titel „Socialism utopian and scientific" in der Ubersetzung von Edward Aveling. Ihrer Bedeutung wegen übersetzte Engels die Einleitung im Juni 1892 ins Deutsche. Sie wurde in der „Neuen Zeit" unter der Überschrift „Über historischen Materialismus" in Nr. 1 und 2,11.Jahrgang, I.Band, 1892-1893, veröffentlicht. Dabei ließ die Redaktion die ersten sieben Absätze weg, da sie - wie in einer redaktionellen Anmerkung festgestellt wird - Notizen enthielten, die dem deutschen Leser bekannt oder für ihn nicht von Interesse seien. Für den vorliegenden Band wurde die Übersetzung der ersten sieben Absätze neu überprüft und im weiteren der in der „Neuen Zeit" veröffentlichte Text wiedergegeben. 524
Literaturverzeichnis einschließlich der von Marx und Engels erwähnten Schriften
Bei den von Marx und Engels zitierten Schriften werden, soweit sie sich feststellen ließen, die vermutlich von ihnen benutzten Ausgaben angegeben. In einigen Fällen, besonders bei allgemeinen Quellen- und Literaturhinweisen, wird keine bestimmte Ausgabe angeführt. Gesetze und Dokumente werden nur dann angeführt, wenn aus ihnen zitiert wurde. Einige Quellen konnten nicht ermittelt werden.
/. Werke und Aufsätze genannter und anonymer Autoren
Address and provisional rtiles of the Working Mens International Association, established September 28,1864, at a public meeting held at St. Martin's Hall, Long Acre, London. [London] 1864. 95 101142 Allgemeine Statuten und Vericaltungs-Verordnungen der Internationalen Arbeiterassoziation. Amtl. deutsche Ausg., revidirt durch den Generalrath. Leipzig o. J. (siehe auch Anm. 16). 17 22 23 Ammianus Marcellinus: Rerum gestarum libri qui supersunt ex recensione Valesio Gronoviana ... Augustus Guil[elmus] Ernesti. Lipsiae 1773. 475 Annales Bertiniani. In: Monumenta Germaniae historica. Ed. Georgius Heinricus Pertz. Scriptorum 1.1. Hannoverae 1826. 488 490 491 Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens. Hrsg. v. Paul Wigand. Bd.5. H.2. Lemgo 1831. 498 Archiv für die Geschichte des Niederrheins. Hrsg. v. Theod. Jos. Lacomblet. Abth. 1. Bd. 1. R. 1. Düsseldorf 1831. 507 Arnold, Wilhelm: Deutsche Urzeit. Gotha 1879. 495 503 508 509 512 -514
[Bakunin, MichailAlexandrowitsch:] rocyjjapCTBeHHOCTB H aHapxifl. HaCTfc l.o.O. 1873 (siehe auch Anm. 10). 7 13 Bauer, Bruno: Kritik der evangelischen Geschichte des Johannes. Bremen 1840.297 298 300 - Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker. Bd. 1-2. Leipzig 1841.297 298 300
Bauer, Bruno: Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker und des Johannes. 3. und letzter Bd. Braunschweig 1842. 297 298 300 Bericht des Generalraths der Internationalen Arbeiter-Association an den IV. allgemeinen Congreß in Basel. Basel 1869. 146 Beust, F[riedrich]: Kleiner historischer Atlas des Kantons Zürich. Zürich 1873. 51! Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des alten und neuen Testaments, nach der deutschen Übers. Martin Luthers. 300 304 Blume, Wilhelm; Die Operationen der deutschen Heere von der Schlacht bei Sedan bis zum Ende des Krieges nach den Operations-Akten des Großen Hauptquartiers dargestellt. 2. unveränd. Aufl. Berlin 1872. 354 Böckh, August: Die Staatshaushaltung der Athener. 2. Ausg. Bd.!. Buch 1 - 4. Berlin 1851.380 Börne,Ludwig: Briefe aus Paris. 518 Bracke, Wilhelm: Der Lassalle'sche Vorschlag. Ein Wort an den 4.Congreß der social-demokratischen Arbeiterpartei. Braunschweig 1873. 5 Braune, Wilhelm: Zur kenntnis des fränkischen und zur hochdeutschen lautverschiebung. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Bd. 1. Halle 1874. 495 496 506
Caesar: De bello Gallico. 317 431-433 467 468 Capitularia regum Francorum (siehe auch Anm,280). 479 481 487 488 491-494 Carlyle, Thomas: Latter-Day pamphlets. London 1850. 284 - past and present. London 1843.192 284 Code civil siehe Code Napoleon Code Napoleon (siehe auch Anm.208). 329 537 Corpus iuris Germania antiqui. Ed. Ferdinand] Walter. "1.2. Berolini 1824. 493 Cosijn,P[ieter] J[akob]: Altwestsächsische Grammatik. I.Hälfte. Haag 1883. 497 Cournot, Augustin: Recherches sur les principes math^matiques de la th^orie des richesses. Paris 1838. 383
Dahlmann, F[riedrich] C[hristoph]; Geschichte von Dänemark. Bd. 1. Hamburg 1840. 465 Dante Alighieri: Goetthche Gomoedie. Metrisch übertragen ... von Philalethes. Th. 1—3* Dresden und Leipzig 1833-1849. 96 Darwin, Charles: On the origin of species by means of natural selection, or the preservation of favoured races in the struggle for life. London 1859. 205 333 335 525 Dawkins, W[illiam] Boyd: Early man in Britain and his place in the tertiary period. London 1880.425 450 Diderot, Denis: Le neveu de Rameau. In: CEuvres in£dites de Diderot. T. 2. Paris 1821 (siehe auch Anm. 139). 202 Dio Cassius: Historiae Romanae. 430 438 - 442 444 446 464
Dühring, Eugen: Cursus der National- und Socialökonomie einschließlich der Hauptpunkte der Finanzpolitik. 2. theilw. umgearb. Aufl. Leipzig 1876. 45 185 524/525 ~ Cursus der Philosophie als streng wissenschaftlicher Weltanschauung und Lebensgestaltung. Leipzig 1875. 185524/525 - Kritische Geschichte der Nationalökonomie und des Socialismus. Berlin 1871.185 524/525
Einhardus: Vita.Karoli Magni. Ex monumentis Germaniae historicis reduci fecit Georgius Heinrigis Pertz. Ed. altera. Hannoverae 1845. 477 Encyclopedie, ou dictionnaire raisonne des sciences, des arts et des m£tiers, par une socidte de gens de lettres. Nouvelle 6d. T. 1 -28. Genf 1777-1778. 537 Engel, Ernst: Das Zeitalter des Dampfes in technisch-statistischer Beleuchtung. 2. Aufl. Berlin 1881. 285 Engelhardt, Conrad: Den mark in the early iron age, illustrated by recent discoveries in the peat mos ses of Slesvig. London 1866. 457 Engels,Friedrich: Die Bakunisten an der Arbeit. In: Der Volksstaat, Leipzig, vom 3I.Oktober, 2. und 5. November 1873. 182 - Die Bakunisten an der Arbeit. Denkschrift über den letzten Aufstand in Spanien. [Leipzig] o.J. 182 -- Der deutsche Bauernkrieg. In: Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue. H. 5/6. Mai bis Oktober. Hamburg 1850. 182 - Der deutsche Bauernkrieg. 2. mit Einl. vers. Abdr. Leipzig 1870. 182 - Der deutsche Bauernkrieg. 3. Abdr. Leipzig 1875. 182 - Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. Hottingen-Zürich 1882 (siehe auch Anm. 112). 523 525 - Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. 2. unveränd. Aufl. Hottingen-Zürich 1883. 523 525 - Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. 3. unveränd. Aufl. Hottingen-Zürich 1883. 523 525 - Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. 4. vervollst. Aufl. Berlin 1891. 523 525 - Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Philosophie. Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der politischen Oekonomie. Herrn Eugen Dühring's Umwälzung des Sozialismus. In: Vorwärts, Leipzig, vom 3. Januar bis 7. Juli 1877. 185 525 - Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Wissenschaft. Philosophie. Politische Oekonomie. Sozialismus. Leipzig 1878. 181 185 186 525 - Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Wissenschaft. 2. Aufl. Zürich 1886. 525 - Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Nach eigner Anschauung und authentischen Quellen. Leipzig 1845. 181 217 - De Ontwikkeling van het Socialisme van Utopie tot Wetenschap. Gravenhage 1886. 523 525 - Preußischer Schnaps im deutschen Reichstag. In: Der Volksstaat, Leipzig, vom 25. und 27. Februar und 1. März 1876. 182
Engels, Friedrich: Preußischer Schnaps im deutschen Reichstag. Separatabdr. aus dem „Volksstaat" 1876. 182 - Pa3BHTie HayiHaro cou;iajiH3Ma. JKeneBa 1884. 523 525 - Socialism utopian and scientific. Translated by Edward Aveling ... With a special introduction by the author. London 1892. 524 525-527 - Socialism Utopie ?i socialism stiintific. Bucuresti 1891. 525 - Socialisme utopique et socialisme scientifique. Trad. fran^aise par Paul Lafargue. Paris 1880.186 525 - Socialismens Udvilding fra Utopitil Videnskab. In: Soci'alistisk Bibliotek. Bd. 1. K«-benhavn 1885. 523 525 - II socialismo utopico e il socialismo scientifico. Benevento 1883. 523 525 - Socialismo utopico y socialismo cientifico. Madrid 1886.523 525 - Socyjalizm utopijny a naukowy. Geneve 1882. 186 525 - [Soziales aus Rußland.] Fiüchtlingsliteratur. V. In; Der Volksstaat, Leipzig, vom 16., 18. und 21. April 1875. 182 - Soziales aus Rußland. Leipzig 1875. 182 - Umrisse zu einer Kritik der Nationaloekonomie. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Lfg.1 u. 2. Paris 1844. 181 _ Zur Wohnungsfrage. In: Der Volksstaat vom 26. Juni 1872 bis 22. Februar 1873. 182 - Zur Wohnungsfrage. [HJ.] Separatabdr. aus dem „VolksStaat". Leipzig 1872. 182 - Zur Wohnungsfrage. H.2. Sonderabdr. aus dem „Volksstaat". Leipzig 1872. 182 - Zur Wohnungsfrage. H.3. Sonderabdr. aus dem „Volksstaat". [Leipzig 1873]. 182 Engels, Friedrich, und Karl Marx: Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer & Consorten. Frankfurt a.M. 1845. 97 Erlach, Franz von: Aus dem französisch-deutschen Kriege 1870-1871. Beobachtungen und Betrachtungen eines Schweizer-Wehrmanns. Leipzig und Bern 1874. 353 Ewald, Heinrich: Geschichte des Volkes Israel bis Christus. 2. Ausg. Bd.4. Göttingen 1852. 299
Fallmerayer, Jahph Philipp: Geschichte der Halbinsel Morea während des Mittelalters, Th. 1, Stuttgart und Tübingen 1830. 302 Florus,L[ucius] Annaeus: Epitome rerum Romanarum ... Eine der studirenden Jugend zum besten deutlich und leicht verfaste Erklärung des Flori... Durch Germanicum Sincerum. Gießen 1732.438 439 Formulae Turonenses vulgo Sirmondicae dictae. In: Monumenta Germaniae historica. Ed. Georgius Heinricus Pertz. Legum sectio 5. Formulae. P. prior. Hannoverae 1882 (siehe auch Anm.282). 487 [Fourier, Charles:] Theorie des quatre mouvemens et des destin£es g€n£rales. Prospectus et annonce de la d&ouverte. Leipzig 1808 (siehe auch Anm. 124). 193 Fourier, Ch[arles]; Theorie des quatre mouvements et des destin&s g6n6rales. In: CEuvres completes. T.l. Paris 1841. 196 197
Fourier, Ch[arles]: Theorie de l'unit€ universelle. Vol. 1. Ebendort, T.2. Paris 1843. 1% - Theorie de l'unite universelle. Vol.4. Ebendort, T.5. Paris 1841. 196 - Le nouveau monde industriel et soci€taire, ou invention du proc€de d'industrie attrayante et naturelle distribu^e en s€ries passionn6es. Ebendort, T.6. Paris 1845. 1% 197 216 219
Die Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit. Bd. 1. Hrsg. v. G.H.Pertz, J.Grimm u.a. Berlin 1849 (siehe auch Anm. 255). 430 Giffen, Robert: Recent accumulations of capital in the United Kingdom. In: Journal of the Statistical Society. March 1878. Vol. 16. P. 1. London 1878. 226 Goethe, Johann Wolfgang von: Das Göttliche. In: Vermischte Gedichte. 25 [Golowatschow] roAOöanee-b, A[Aeitcjbü\ A[dpianoeunb]: Juchts Jien> pe^opMt. CaHKTneTepßyprc. 1872 (siehe auch Anm.245). 410 411 Goltz, Th[eodor] D.d.: Die Lage der ländlichen Arbeiter im Deutschen Reich. Berlin 1875.46 Gregor Turonensis: Historica Francorum. In: Monumenta Germaniae historica. Ed. Georgius Heinricus Pertz. Scriptorum rerum Merovingicarum 1.1. Hannoverae 1885. 478 Grimm, Jacob: Geschichte der deutschen Sprache. Bd. 1. Leipzig 1848. 436 463-469 493 494 498 499 511 Guerard,B[enjamin-Edme-Charles]: Polyptyquede I'abb6 Irminon... T. 1-2. Paris 1844 (siehe auch Anm.281). 480 493
[Hannecken, H. von:] Militärische Gedanken und Betrachtungen über den deutsch-französischen Krieg der Jahre 1870 und 1871 vom Verfasser des „Krieges um Metz". Mainz 1871. 352 Haxthausen, August von: Studien über die innern Zustände, das Volksleben und insbesondere die ländlichen Einrichtungen Rußlands. Th.1-2. Hannover 1847. Th.3. Berlin 1852. 107 - Die ländliche Verfassung Rußlands. Ihre Entwicklung und ihre Feststellung in der Gesetzgebung von 1861. Leipzig 1866 (siehe auch Anm. 242). 407-409 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. In: Werke. Vollst. Ausg. durch einen Verein von Freunden des Verewigten. Bd. 9.2. Aufl. Berlin 1840. 189 190 193 206 297 Heine, Heinrich: Buch der Lieder. 92 - Romanzero (siehe auch Anm. 189). 299 Heliand. Mit ausführlichen Glossen. Hrsg. v. Moritz Heyne. In: Bibliothek der ältesten deutschen Litteratur-Denkmäler. Bd. 2. Kleinere (?) Altniederdeutsche Denkmäler. T. 1. Paderborn 1866 (siehe auch Anm. 287). 494 4% 497 502 Heraklit: Fragmente. 202 Heyne, Moritz: Kleine altsächsische und altniederfränkische Grammatik. Paderborn 1873.495 Hildebrand, Hans: Das heidnische Zeitalter in Schweden. Nach d. 2. schwed. Orig.-Ausg. übers, v. J.Mestorf. Hamburg 1873. 454 Hubbard, [Nicolas-] G[ustave]: Saint-Simon, sa vie et ses travaux. Paris 1857 (siehe auch Anm. 124-127). 193 195 196
Inauguraladresse siehe Address and provisional rules of the Wor^ing Mens International /4ssociation ...
[Janson] HHCOHT,, IO[jiiü ddyapdoeunb]: OntiTt cTaTHCTHHeCKa.ro H3CJrfe,n;0BaHiH0 KPECTBHHCKHXT HA,N^JIAXT> H IUIATOKAXT. C.-IIeTep6ypn> 1877 (siehe auch Anm.247).4i 1-413 416 418 419 Jhering, Rudolph von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. 3. verb. Aufl. Th.2. I.Abt. Leipzig 1874. 378 380
Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, oder Versuch von der Verfassung und dem mechanischen Ursprünge des ganzen Weltgebäudes, nach Newton'sehen Grundsätzen abgehandelt. In: Sämmtliche Werke. Th. 6. Schriften zur physischen Geographie. 3. Leipzig 1839 (siehe auch Anm. 141). 205 Kern, [Johann] H[endrtk]: Die Glossen in der Lex Salica und die Sprache der salischen Franken. Haag 1869. 496 499 501 Das Keyserrecht nach der Handschrift von 1372. In Ver^leichung mit anderen Handschr. u. mit erl. Anm. Hrsg. v. Hermann Ernst Endemann u. mit einer Vorrede vers. v. Bruno Hildebrand. Cassel 1846 (siehe auch Anm.201). 318 Kleinere altniederdeutsche Denkmäler. Hrsg. v. Moritz Heyne. Paderborn 1867 (siehe auch Anm. 288, 289 und 292). 497 498 Kovalevsky, Maxime: Tableau des origines de l'evolution de la famille et de la propri6t6. Stockholm 1890. 526
Lange, Fr[iedrich] A[lbert]: Die Arbeiterfrage in ihrer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft. Duisburg 1865. 25 Laplace, Pierre-Simon: Exposition du systeme du monae. T. 1-2. Paris, l'an IV de la Republique Fran?aise [1795/96] (siehe auch Anm. 141). 205 - Traite de mecanique Celeste. T.1-5. Paris [1798/991-1823. 530 Lassalle, Ferdinand: Arbeiterlesebuch. Rede Lassalle's zu Frankfurt am Main am 17. und 19. Mai 1863. 5. Aufl. In: Broschüren. Berlin 1874. 5 - Offnes Antwortschreiben an das Central-Comite zur Berufung eines Allgemeinen Deutschen Arbeitercongresses zu Leipzig. Zürich 1863. 5 Lelewel, Joachim: Pytheas de Marseille et la g^ographie de son temps. Bruxelles 1836. 429 Lex Ribuaria et lex Francorum Chamavorum. Ed. Rudolphus Sohm. Hannoverae 1883 (siehe auch Anm. 203). 320 Lissagaray, [Prosper-Olivier\: Histoire de la commune de 1871. Bruxelles 1876 (siehe auch Anm.223).351 Loria, Achille: Karl Marx. Estratto dalla Nuova Antologia. Fascicolo 7. Roma 1883. 346 - La rendita fondiaria e la sua elisione naturale. Milano 1880. 346 - La teoria del valore negli economisti italiani. Bologna 1882. 346
Mably, [Gabriel-Bonnot] de: De la l6gislation, ou principes des loix. Amsterdam 1776. 191 Maine, Henry [James] Statiner: Viilage-Communities in the East and West. London 1871.386 Marx,Karl: Der 18te Brumaire des Louis Napoleon. In: Die Revolution. Eine Zeitschrift in zwanglosen Heften. H. 1. New-York 1852. 99 - Der Achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Ausg. Hamburg 1869. 99 - Der Bürgerkrieg in Frankreich. Adresse des Generalraths der Internationalen ArbeiterAssoziation an alle Mitglieder in Europa und den Vereinigten Staaten. Separatabdr. aus dem Volksstaat. Leipzig 1871. 101 145 - Capital: a critical analysis of capitalist production. Transl. from the 3rd German ed., by Samuel Moore and Edward Aveling and ed. by Frederick Engels. Vol. 1. London 1887. 526 - Le Capital. Trad. de M.J.Roy, entierement rev. par l'auteur. Paris [1872-1875 in Lfgen. ersch,]. 14 108 242 243 384 - The civil war in France. Address of the General Council of the International WorkingMen's Association. [London] 1871. 145 - Discours sur la question du libre 6change, prononc£ a I'Association D^mocratique de Bruxelles. Bruxelles 1848. 97 - Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln. Basel 1853. 99 - Enthüllurtgen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln. Boston 1853. 99 - Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln. In: Der Volksstaat, Leipzig, vom 28. Oktober bis 18. Dezember 1874. 14 99 - Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln. Neuer Abdr. Leipzig 1875. 14 99 - Herr Vogt. London 1860. 100 - Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie. Bd. 1. Buch 1. Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg 1867.5 100 106 107 111 181 212 217 218 229 345 358 369 371 374 525 - Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie. Bd. 1. Buch 1. Der Produktionsprocess des Kapitals. 2. verb. Aufl. Hamburg 1872. 100 107 358 359 369 370 371 373 377 - Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie. Bd. 2. Buch 2. Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg 1885.100 102 106 343 347 - Zur Kritik der Politischen Oekonomie. Berlin 1859. 100 359 369 - Misere de la philosophie. Reponse ä la philosophie de la misere de M. Proudhon. Paris, Bruxelles 1847. 7 97 229 Marx, Karl, und Friedrich Engels: Ein Complot gegen die Internationale Arbeiter-Association. Im Auftrage des Haager (Kongresses verfaßter Bericht über das Treiben Bakunin's und der Allianz der socialistischen Demokratie. Braunschweig 1874 (siehe auch Anm. 58). 91 - Manifest der Kommunistischen Partei. London 1848.7 22 23 98 164 182 187 229 240 295 2% 344 525 - MaHH<J>ecn, KOMMyHixcTHiiecKOÄ napTin. JKeHeBa 1882. 295 - Les pr&endues scissions dans 1'Internationale. Circulaire priv6e du Conseil G6n6ral de I'Association Internationale des Travailleurs. Geneve 1872. 144 Maurer, Georg Ludwig von: Einleitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und StadtVerfassung und der öffentlichen Gewalt. München 1854. 317 491
Maurer, Georg Ludwig von: Geschichte der Dorf Verfassung in Deutschland. Bd. 1-2. Erlangen 1865-1866.317 - Geschichte der Fronhöfe, der Bauernhöfe und der Hofverfassung in Deutschland. Bd. 1 - 4. Erlangen 1862-1863. 317 - Geschichte der Markenverfassung in Deutschland. Erlangen 1856. 317 - Geschichte der Städteverfassung in Deutschland. Bd. 1-4. Erlangen 1869-1871. 317 Mone,F[ranz] J[oseph].- Urgeschichte des badischen Landes bis zu Ende des siebenten Jahrhunderts. Bd. 1. Karlsruhe 1845. 511 Morel'ty: Code de la nature ... Paris 1841. 191 Morgan, Lewis H[enry]: Ancient society or researches in the lines of human progress from savagery, through barbarism to civilisation. London 1877. 386 Most, Johann: Kapital und Arbeit. Ein populärer Auszug aus „Das Kapital" von Karl Marx. Chemnitz [1873]. 345 346 Möllenhoff, Karl: Deutsche Altertumskunde. Bd.1. Berlin 1870. 429
Nadler, Karl Gottfried: Fröhlich Palz, Gott erhältst Gedichte in Pfälzer Mundart. Frankfurt a.M. 1851.516
9 Orosius: Historiarum adversum paganos. Libri VII. Recensuit et commentario critico instruxit Carolus Zangemeister. Vindobona 1882. 438 Ovid[ius]: Tristia. 446 - Epistulae ex Ponto. 446 Owen, Robert: The book of the new moral world, containing the rational system of society, founded on demonstrable facts, developing the Constitution and laws of human nature and of society. P. 1-7. London 1842-1844. 199 - Report of the proceedings at the several public meetings, neld in Dublin. On the 18th March - 12t"h April - 19t"h April and 3rd May. Dublin 1823. 199 - The revolution in the mind and practice of the human race; or, the Coming change from irrationality to rationality. London 1849. 198 199
Papiers et correspondance de lafamille imperiale. T.2. Paris 1871. 86 100 Petronius: Satirae (siehe auch Anm. 190). 301 Plinius Secundus: Naturalis historia. 434 -437 450 453 462 - 470 Plutarch: Vitae parallelae. 429 Programm der deutschen Arbeiterpartei. In: Protokoll des Vereinigungs-Congresses der Sozialdemokraten Deutschlands. Leipzig 1875. 521 Programmund Statuten der sozial-demokratischen Arbeiter-Partei. In: Demokratisches Wochenblatt, Leipzig, Nr.33 vom 14. August 1869 (siehe auch Anm. 2). 3 5 8 13 Proklamation an das deutsche Volk. In: Stenographische Berichte über die Verhandlungen der deutschen constituirenden Nationalversammlung zu Frankfurt a.M. Bd.9. Frankfurt a.M. 1849.84 -86
Prokppim: De beüo Gothico. 464 Proudhon, P[ierre] J[oszph]: Systeme des contradictions 6conomiques, OU philosophie de la misire. T. 1 -2. Paris 1846. 97 229 Ptolemaeus: Geographiae. 452 455 457 461-465 468 469
Rau, Karl Heinrich: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. 5. venn. u. verb. Ausg. Heidelberg 1847. 356 361 364 367 Retdeaux, F[ranz]: Briefe aus Philadelphia. Braunschweig 1877. 170 Reuter, Fritz: Ut mine Festungstid. 56> » Reymarm, Daniel Gottlob: Reymann's topographische Special-Karte von Deutschland, Schweiz, Ostfrankreich, Belgien, Niederlande und Polen. Glogau o. J. (siehe auch Anm.293). 508 512 Rost, VaIent[in]Christ[ian] Friedlich]: Deutsch-Griechisches Wörterbuch. I.Abt. A-L. Göttingen 1829. 372 Roth, Paul: Geschichte des Beneficialwesens von der ältesten Zeit bis ins zehnte Jahrhundert. Erlangen 1850.477-480 485 -487 490 Rousseau, J[ean-] J[acques\: Du contrat social,v-ou, principes du droit politique. Amsterdam 1762 (siehe auch Anm. 119). 190 192 - Discours sur l'origine et les fondemens de l'in£galit6 parmi les hommes. Amsterdam 1755 (siehe auch Anm. 119). 190 202
[Saint-Simon, Claude-Henri de:] Lettres d'un habitant de Geneve k ses contemporains. [Paris 18031 (siehe auch Anm. 124). 193 -195 Saint-Simon, [Claude-Henri de]: L'industrie, ou discussions politiques, morales et philosophiques, dans l'int£ret de tous les hommes livr€s h des travaux utiles et ind£pendans. T.2. Paris 1817. 195 Saint-Simon, et Augustin Thierry: De la r£organisation de la soci6t6 europ&nne ou de la n6cessitä et des moyens de rassembler les peuples de l'Europe en un 3eul corps politique, en conservant ä chacun son ind6pendance nationale. Paris 1814 (siehe auch Anm. 127). 195 196 Schaffte, Albert Friedrich Eberhard: Bau und Leben des socialen Körpers. Tübingen 1878. 360 361376377 - Kapitalismus und Socialismus mit besonderer Rücksicht auf Geschäfts- und Vermögensformen. Tübingen 1870. 360 - (anonym) Die Quintessenz des Socialismus. Von einem Volkswirth. Gotha 1875. 360 361 - Die Quintessenz des Socialismus. 2. unveränd. Aufl. (3. Abdr.) Gotha 1877.360 361 Schiller, Friedrich von: Die Götter Griechenlands. 51 Schneider, Jacob: Die alten Heer- und Handelswege der Germanen, Römer und Franken im deutschen Reiche. H. 2. Düsseldorf 1883. H.3 u. 4. Leipzig 1884-1885.449 Schulze, Ernst: Gothisches Glossar. Magdeburg 1847. 372
[Sieker] 3u6ep-b, H[ukoaoü Heanoeim]: Teopin u^hhoctü h KauHTajia JLPhKapflO BT) CBH8K CT» UOBHITMHIKMK ^OnOJIHeHlHMH H paBtHCHeniHMH. KieB1> 1871. 358 [Skaldin] Cttajidum: Bi»aaxojiycTbH H BI>CTOJIHU,^, CaHKTneTepoyprt 1870(siehe auch Anm.241). 407 409 -433 416 {Skrehizki] Cnpe6ui}Kiü, AjieKcandp%: KpeCTbHHCKoe J^JIO BT» napcTBOBauie HMnepaxopa AjieKcaH^pa II. MATEPIAJIH ÄJIH Hcropin OCBOÖ OJKJ^eniH KpecTBHHT». T. 1-4. BOHHT. Ha PeftH-fe 1862-1868 (siehe auch Anm. 246). 410417 Spruner-Menke: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit. 3.Aufl. Gotha 1874.508 514 Strabo: Geographicae. 433 434 446 461 Stroms, David Friedrich: Das Leben Jesu. Kritisch bearbeitet. Bd. 1-2. Tübingen 1835-1836. 298
Suetonius: Opera. London 1824. 439
Tacitus: Annales. 445 451 - Germania. 319 431 434 436 442 447-449 452-454 456 457 462-465 467 468 Tooke, Thomas, and William Newmarch: A history of prices, and of the state of the circulation during the nine years 1848-1856. Vol. 1-2. Forming the 5th and 6th vols. of the „History of prices from 1792 to the present time". London 1857. 380 [Trudy kommissii...] Tpydbt KOMMucciu eucoHaüiue ynpeMcdeHHOü Oah nepeCMompa cucmeMH nodameu u c6opoe-b. T. 22. Hacrh 3. OTjvij.irB 1. C.-TIeTepßypn. 1873 (siehe auch Anm. 249). 415 [Tschernyscheswki] ¥epnbiiueecKiü, Hukoaüu FaepuAoeuHb: IIiiCLMa 6e3T> a#peca. In: CoBpeMeHHHKT». CanKTneTepßypri. 1862 (siehe auch Anm.243). 407
Velleius Paterculus: Historia Romana. 439 - 444 446 462
Wagner, Adolph: Lehrbuch der politischen Oekcnomie. Allgemeine oder theoretische Volkswirtschaftslehre. 2. verb. u. verm. Ausg. Bd. 1. Th. 1. Grundlegung. Leipzig u. Heidelberg 1879 (siehe auch Ahm. 230). 355-362 364-368 371 373 374 376-383 Waitz, Georg: Deutsche Verfassungsgeschichte. Bd. 1. Kiel 1844. 466 WermuthjStieber: Die Kommunisten-Verschwörungen des neunzehnten Jahrhunderts. Im arntl. Auftr. zur Benutzung der Polizei-Behörden der sämmtl. deutschen Bundesstaaten ... dargest. Th.2. Berlin 1854. 58 Wiberg, CarlFredrik: Bidrag tili kännedomen om Grekers och Romares förbindelse med Norden och om de nordiska handelsvägarne. Gelle 1861. 450 451 453 - Der Einfluß der klassischen Völker auf den Norden durch den Handelsverkehr. Aus d. Schwed. v. J. Mestorf. Hamburg 1867. 450/451 Wilke, Christian Gottlob: Der Urevangelist oder exegetisch kritische Untersuchung über das Verwandtschaftsverhältniß der drei ersten Evangelien. Dresden und Leipzig 1838.298
Wolff, Wilhelm: Die schlesische Milliarde. Abdr. aus der „Neuen Rheinischen Zeitung" März bis April 1849. Mit Einleitung von Friedrich Engels. Hottingen-Zürich 1886 (siehe auch Anm.37). 63 Worsaae, J[ens] J[acob] A[smussen]: Die Vorgeschichte des Nordens nach gleichzeitigen Denkmälern. Ins Deutsche übertr. v. J.Mestorf. Hamburg 1878. 452
Zeuß, Kaspar: Die Deutschen und die Nachbarstämme. München 1837. 463 -465 468 Ziemann, Adolf: Mittelhochdeutsches Wörterbuch zum Handgebrauch. Quedlinburg und Leipzig 1838.372 373
II. Periodica
VAtelier. Pari? (siehe auch Anm. 20). 27
Bulletin de la Föderation Jurassienne de VAssociation Internationale des Travailleurs. Sonvillier (siehe auch Anm.60). 93 94
Christian Reader. 144 The Commonwealth. London (siehe auch Anm. 94). 144 Correspondenz'Blatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. München, November 1877. 427
The Daily News. London (siehe auch Anm. 82). 138 246 280 340 - vom 26. Juni 1871. 145 - vom 13. Juni 1878. 140 141 - vom 31. März 1881.246 Demokratisches Wochenblatt. Leipzig (siehe auch Anm. 11). 7 Deutsche-Brüsseler-Zeitung (siehe auch Anm. 44). 59 98 181 336 Deutsch-Französische Jahrbücher. Hrsg. von Arnold Rüge und Karl Marx. Lfg. 1 und 2. Paris 1844 (siehe auch Anm.62). 97 181
Frankfurter Zeitung und Handelsblatt (siehe auch Anm. 5). 4 Freiheit. London (siehe auch Anm. 101). 155 246 345 - vom 19. März 1881. 246
Hansard's Parliamentary Debates: Vol. 262. London 1881. 261
Jahrbuch für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik- Mg- 1-Hälfte. Zürich-Oberstrass 1879 (siehe auch Anm. 98 und 103). 150 159 -163
Journal des Economistes. T. 12. Paris 1845 (siehe auch Anm. 148). 229 La Justice. Paris (siehe auch Anm. 210). 331
Kölnische Zeitung (siehe auch Anm. 30). 96 - vom 5.Februar 1876 (I.Blatt). 37 45 47 49 - vom 8. Februar 1876 (1. Blatt). 48 Kolokol. Geneve (siehe auch Anm. 184). 295 Königlich Preußischer Staats-Anzeiger. Berlin (siehe auch Anm. 84). 138 140 Kreuz-Zeitung siehe Neue Preußische Zeitung
The Labour Standard. London (siehe auch Anm. 162). 266 273 Die Laterne. Brüssel (siehe auch Anm. 100). 150 156 158 159 - vom 18. Mai 1879. 158
La Marseillaise. Paris (siehe auch Anm. 211). 331
National-Zeihmg. Berlin (siehe auch Anm. 83). 138 Narodna Volja. Smederevo (siehe auch Anm. 81). 128 Die Neue Gesellschaft. Hrsg. v.F.Wiede. Zürich (siehe auch Anm. 107). 164 Neue Preußische Zeitung. Berlin (siehe auch Anm. 64). 98 Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Köln (siehe auch Anm. 28). 60 61 86 98 99 182 336 - vom 20.August 1848.35 - vom 12. Oktober 1848. 62 - vom 17. Dezember 1848. 63 - vom 29. Dezember 1848. 63 - vom 20. Januar 1849. 64 65 - vom 16. März 1849. 65 - vom 17. März 1849. 65 66 - vom 22. März 1849.67-69 - vom 25. März 1849 (2. Ausg.). 69 70 - vom 27.März 1849. 70-72 - vom 29. März 1849. 72-74 - vom 5. April 1849. 74 - vom 12. April 1849. 75-77 - vom 13. April 1849. 77 - vom M.April 1849. 77-79 - vom 25.April 1849. 67 79-81 - vom 19. Mai 1849. 83 99
Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue. H.1-6. London, Hamburg u. New York 1850 (siehe auch Anm.65). 99 182 The New Moral World; and Gazette of the Rational Society (siehe auch Anm. 116). 181 New-York Daily Tribüne (siehe auch Anm. 66). 99 336 New Yorker Volkszeitung (siehe auch Anm. 193). 307 The Nineteenth Century. A monthly review. London, Juli 1878 (siehe auch Anm.88 u. 89). 142-147 Norddeutsche Allgemeine Zeitung. Berlin (siehe auch Anm. 18). 312-314 - vom 20. März 1875. 24 - vom 20. Juni 1878. 140 - vom 29. August 1882. 313 - Oktober 1882. 312 - vom 2I.Oktober 1882. 313 The Northern Star, and National Trades' Journal. London (siehe auch Anm. 116). 181 Nuova Antologia di scienze, lettere ed arti. Roma (siehe auch Anm. 222). 346
Otetschestwennyje Sapiski (OTeneCTBeHHHfl 3anHCKH). St.Petersburg (siehe auch Anm. 69). 107
La Plebe. Lodi u. Milano (siehe auch Anm.26). 34 93 - vom 21. Januar 1877. 94 - vom 26. Februar 1877. 94 Preußischer Staats-Anzeiger. Berlin (siehe auch Anm.50). 64 O Proteste. Lissabon (siehe auch Anm. 80). 125
La Revue socialiste. Paris (siehe auch Anm. 114). 181 186 Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe. Köln (siehe auch Anm.61). 96 291 293 336
Le Stiele. Paris, vom M.Oktober 1865 (siehe auch Anm.91). 143 Der Social-Demokrat. Berlin (siehe auch Anm. 149). 229 Der Sozialdemokrat. Zürich (siehe auch Anm. 118). 186 313 314 335 341 347 - vom 19. April 1883. 340 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituirenden Nationalversammlung zu Frankfurt a.M. Bd.9. Frankfurt a. M. 1849.84-86
Das Volk. London (siehe auch Anm. 67). 100 Der Volksstaat. Leipzig (siehe auch Anm. 4). 4 182
Der Volksstaat vom 7.März 1875. 3 - 8 13 -32 521 Der Vorbote. Genf (siehe auch Anm.85). 139 Vorwärts. Leipzig (siehe auch Anm. 102). 158 182 525 Vorwärts! Pariser Deutsche Zeitschrift (siehe auch Anm.214). 336
The Whitehall Review. London (siehe auch Anm. 191). 306
Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Bd. 34. Tübingen 1878 (siehe auch Anm. 234). 368 373 374 Zeitschrift für Ethnologie. Bd. 10. Berlin 1878. 427 Die Zukunft. 1. Jg. 1877/78. Berlin (siehe auch Anm. 107). 164
Karl Marx und Friedrich Engels Daten aus ihrem Leben und ihrer Tätigkeit (März 1875 bis Mai 1883)
1875
März 1875 Engels setzt die 1873 begonnene Arbeit an der „Dialektik der Natur" bis 1876 fort, einem Werk, in dem er sich das Ziel setzte, eine dialektisch-materialistische Verallgemeinerung der theoretischen Erkenntnisse der Naturwissenschaften zu geben und die idealistischen, metaphysischen und vulgär-materialistischen Anschauungen auf dem Gebiete der Naturwissenschaften der Kritik zu unterziehen. 1875 und 1876 schreibt er zwei Kapitel („Einleitung" und „Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen") sowie viele Bemerkungen und Fragmente. 18. bis 28. März Im Zusammenhang mit der sich abzeichnenden Vereinigung der zwei Arbeiterorganisationen Deutschlands - der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Eisenacher) und des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (Lassalleaner) - schreibt Engels einen Brief an August Bebel, den Führer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, worin er den kompromißlerischen Programmentwurf scharf kritisiert, und zwar alle in ihm enthaltenen lassalleanischen Dogmen, die opportunistischen Formulierungen über den Staat und die Abkehr vom Prinzip des proletarischen Internationalismus. 28. April Marx schreibt das Nachwort zur autorisierten französischen Ausgabe des ersten Bandes des „Kapitals" und hebt hervor, daß diese Ausgabe einen selbständigen wissenschaftlichen Wert besitzt. 5. Mai Marx schickt seine kritischen Randglossen zum Programmentwurf für die künftige vereinigte sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands („Kritik des Gothaer Programms") mit einem Brief an Wilhelm Bracke. Marx entwickelt in dieser Arbeit die Lehre von der Diktatur des Proletariats weiter, behandelt Probleme der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Kommunismus, gibt eine wissenschaftliche Begründung für die wichtigsten Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der kommunistischen Gesellschaft, begründet die historische Notwendigkeit zweier Phasen des Kommunismus - Sozialismüs und Kommunismus - und versetzt damit dem Lassaileanismus einen empfindlichen Schlag.
8. Mai Marx teilt dem russischen Revolutionär P.L. Lawrow seine Maßnahmen mit, um eine konspirative Adresse für den Briefwechsel mit Rußland zu sichern. 20. Mai bis August Marx führt eine Vielzahl von Berechnungen durch, die den Unterschied zwischen der Mehrwert- und der Profitrate illustrieren. Diese Berechnungen wurden später dem 3. Kapitel des dritten Bandes des „Kapitals" „Verhältnis der Profitrate zur Mehrwertsrate" - zugrunde gelegt. Juni bis Dezember Marx trifft sich häufig mit Lawrow und wechselt Briefe mit ihm. Juni bis September Marx und Engels erhalten von Sozialisten aus Frankreich, Belgien, Dänemark, Portugal und den USA Informationen über die Lage der Arbeiterbewegung in diesen Ländern. 18. Juni Marx widmet den Experimenten des deutschen Chemikers und Physiologen Moritz Traube zur Schaffung einer künstlichen Zelle besondere Aufmerksamkeit; in einem Brief an Lawrow unterstreicht Marx, daß diese Experimente für die Erkenntnisse über die Entstehung des Lebens auf der Erde bedeutungsvoll sind. 21. Juni Engels, der nach dem Haager Kongreß der Internationale in ständiger Verbindung mit dem Generalrat steht (dessen Sitz nach New York verlegt worden war), erhält vom Generalrat Exemplare eines vertraulichen Rundschreibens über die Einberufung einer Konferenz der Internationale nach Philadelphia, die zur Verbreitung in den Sektionen des europäischen Kontinents und Englands bestimmt sind. Anfang August Marx sieht gemeinsam mit Engels Johann Mösts Broschüre „ Kapital und Arbeit" vor der zweiten Auflage durch. Etwa 12.August " Marx fährt von London zur Kur nach Karlsbad. Etwa 13.114. August Marx unterbricht in Frankfurt a. M. kurz seine Reise nach Karlsbad, besucht die Redaktion der demokratischen „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt" und führt ein langes Gespräch mit dem Redakteur Leopold Sonnemann. 13. August Engels berichtet dem Generalrat der Internationalen Arbeiterassoziation über die von ihm getroffenen Maßnahmen zur Verbreitung des vertraulichen Rundschreibens zur Einberufung der Konferenz nach Philadelphia und schildert die Situation in den europäischen Sektionen der Internationale. 15.August bis Marx weilt zur Kur in Karlsbad; er trifft sich oft mit dem russischen 11.September Soziologen und Historiker M. M. Kowalewski. Marx wird unter geheime Polizeiaufsicht gestellt. Zweite Augusthälfte Engels erholt sich in Ramsgate. bis etwa 22. September 11 .September Marx macht auf der Rückreise von Karlsbad nach London in Prag Station und trifft sich hier mit dem demokratischen deutschen Publizisten Max Oppenheim.
Karl Marx und Friedrich Engels - Daten . März 1875 bis Mal 1883 603
20.September Nach dem 20. September bis Oktober
Etwa 9. Oktober
Marx kehrt nach London zurück. Marx beschäftigt sich wieder intensiv mit der politischen Ökonomie; besonders viel Zeit widmet er dem Studium der Agrarverhältnisse in Rußland; er liest und konspektiert die 1875 in Berlin erschienenen Bücher von Vertretern der russischen liberalen Opposition - J.F.Samarin, A. I. Koscheljew, K. D. Kawelin. Marx und Engels werden von dem Leiter der Mailänder Sektion der Internationalen Arbeiterassoziation, dem italienischen Sozialisten Bignami, brieflich gebeten, in der von ihm herausgegebenen „Biblioteca Socialista" einen Band mit ihren Werken zu veröffentlichen. II. und 12.Oktober Engels erklärt in Briefen an Bracke und Bebel, daß sowohl er als auch Marx das Gothaer Programm nach wie vor ablehnen, daß sie jedoch nicht öffentlich dagegen auftreten werden, da die Arbeiter das Programm kommunistisch auslegen und Marx und Engels damit rechnen, daß ein Erfolg der echten kommunistischen Propaganda unter den Arbeitern nicht ausbleiben wird. 15. Oktober
Zweite Oktoberhälfte bis 6. November
November bis Dezember
12. November
Ende November
In einem Brief an Bebel hebt Engels hervor, daß es notwendig sei, die Ereignisse in Rußland aufmerksam zu verfolgen, da die Lage der Volksrnassen, die Politik der russischen Regierung und der Stand der revolutionären Bewegung Grund zu der Annahme geben, daß Rußland das erste Land sein wird, in dem eine Revolution beginnt. Engels fährt mit seiner Frau in Familienangelegenheiten nach Heidelberg; er unterbricht in Reinau seine Reise und trifft sich hier mit einem Bekannten, dem Chemiker Pauli; auf dem Rückweg weilt er noch in Bingen und Köln und kehrt über Ostende nach London zurück. Marx studiert umfangreiches Quellenmaterial und Literatur über Agrochemie (er konspektiert z.B. ausführlich A.N.Engelhardts Arbeit „Chimitscheskije osnowy-semledelija"), Physik und politische Ökonomie, speziell zu Agrarproblemen. Er liest das Buch „Deneshnyi rynok w Rossiiot 1700 do 1762 g." von I. I.Patlajewski, einen Artikel Engelhardts zu Fragen der russischen Landwirtschaft und die 4. Ausgabe des 1871 vom russischen Generalstab herausgegebenen militärstatistischen Sammelbandes, wobei er sich ausführliche Notizen macht. Nachdem Engels auf Bitte von Lawrow dessen Artikel über Sozialismus und Kampf ums Dasein (gedruckt in der Zeitschrift „Wperjod!", 15. September 1875) gelesen hatte, gibt er in einem Brief an Lawrow sein Urteil über die Lehre Darwins ab, entlarvt die antiwissenschaftliche Haltung der bürgerlichen Darwinisten und kritisiert auch Lawrow selbst. Die letzte Lieferung der autorisierten französischen Ausgabe des ersten Bandes des „Kapitals" ist erschienen. Marx schickt sie in verschiedene Länder an hervorragende Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung, an die Initiatoren und Übersetzer der russischen Ausgabe des „Kapitals", G.A.Lopatin und N. F. Danielson, und auch an Lawrow und Kowalewski.
Dezember 1875 bis Februar 1876
17.Dezember
22,januar
Februar
7. Februar
Mitte Februar
März bis Mai
Anfang April
4. April
Marx studiert die ihm von Danielson aus Rußland übersandten 10 Bände über die Arbeiten der Steuerkommission und eine Zusammenfassung von Gutachten der Gouvernementsämter für Bauernangelegenheiten. Marx hält dieses Material für die Behandlung von Problemen des Grundeigentums, der Rente und überhaupt der Agrarbeziehungen für äußerst wichtig, und er nimmt sich vor, seine Notizen darüber bei der endgültigen Textbearbeitung des dritten Bandes des „Kapitals" zu verwenden. Marx teilt Lawrow mit, daß er wegen des großen Umfanges der französischen Ausgabe des „Kapitals" das von ihm zusammengestellte Sachregister zu dieser Ausgabe nicht veröffentlichen konnte.
1876
Engels hält eine Rede auf der Versammlung zum Jahrestag des polni« sehen Aufstandes von 1863. Die Rede wird am 15. Februar in der von Lawrow in London herausgegebenen Zeitung „Wperjod!" veröffentlicht. Engels schreibt den Aufsatz „Preußischer Schnaps im deutschen Reichstag", in dem er das preußische Junkertum als Stütze aller reaktionären Kräfte Deutschlands anprangert. Die Arbeit wird am 25. und 27. Februar und am I.März im „Volksstaat" veröffentlicht und erscheint außerdem als Broschüre. Marx und Engels sprechen auf der Festversammlung zum 36. Jahrestag der Gründung des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London über die Geschichte des Vereins. Marx unterstreicht in seiner Rede, daß sich die ersten Organisationen des Proletariats - insbesondere der Bund der Kommunisten - vom Prinzip des Internationalismus leiten ließen. Bei der Beschäftigung mit Problemen des dritten Bandes des „Kapitals" schreibt Marx eine kleine Betrachtung über „Differentialrente und Rente als bloßer Zins des dem Boden einverleibten Kapitals"; diese Betrachtung wurde später von Engels in das 44. Kapitel des dritten Bandes des „Kapitals" eingearbeitet. Marx studiert eine Reihe Werke von Schleiden, Ranke, Herrmann u.a. über Fragen der Physiologie. Marx erhält aus den USA einen Brief von Friedrich Adolf Sorge, Mitbegründer der Sozialistischen Arbeiterpartei der USA, in dem dieser über die Erfolge der Arbeiterbewegung berichtet und betont, daß es notwendig sei, das „Manifest der Kommunistischen Partei" unter den amerikanischen Arbeitern zu verbreiten. Sorge wendet sich zu diesem Zweck an Marx und Engels mit der Bitte, die in ihren Händen befindliche englische Übersetzung des „Manifests" von Hermann Meyer durchzusehen. Marx teilt in einem Brief an Sorge seine Absicht mit, für die Arbeit am „Kapital" Quellen über die Landwirtschaft, die Agrarbeziehungen und
den Kredit in den USA zu studieren und bittet Sorge, ihm zu diesen Themen Buchkataloge zu schicken. Mai bis Juni Marx studiert Formen der Allmende und liest Arbeiten des Historikers Georg Ludwig Maurer. Etwa 20. Mai bis Engels erholt sich in Ramsgate. Miite Juni Etwa 24. Mai Marx erhält aus Budapest einen Brief von Leo Frankel, einem der Führer der ungarischen Arbeiterbewegung und ehemaligem Mitglied der Pariser Kommune. In dem Brief sind einige Angaben über das Grundeigentum in Ungarn enthalten. 24. bis 26. Mai Marx und Engels stellen in ihrem Briefwechsel fest, daß die kleinbürgerlichen, antimarxistischen Anschauungen Eugen Dührings, die unter einem Teil der Mitglieder der sozialdemokratischen Partei in Deutschland Verbreitung fanden, einen wachsenden Einfluß ausüben. Marx und Engels halten es für notwendig, mit einer Kritik an Dührings Anschau- ungen in der Presse aufzutreten. 28. Mai Engels skizziert in einem Brief an Marx Plan und Inhalt seiner Schrift gegen Dühring. Ende Mai bis Engels unterbricht die Arbeit an der „Dialektik der Natur" und beginnt Ende August Material für seine Kritik an Dühring zu sammeln. Zu diesem Zweck beschäftigt er sich mit Dührings Büchern „Cursus der Philosophie", „Cursus der National- und Socialökonomie", „Kritische Geschichte der Nationalökonomie und des Socialismus". Juni bis November Engels schreibt einen Abriß über das Leben und die Tätigkeit Wilhelm Wolffs, des proletarischen Revolutionärs und Kampfgenossen von Marx und Engels. Wolffs Biographie erscheint vom 1 .Juli bis 25. November als Artikelserie in der von Wilhelm Liebknecht redigierten sozialdemokratischen Zeitschrift „Die Neue Welt". Mitte Juni bis Engels befindet sich zur Regelung von Familienangelegenheiten in etwa 30. Juni Heidelberg. 18. bis 23. Juli Marx besucht seine Frau, die sich zur Kur in Brighton aufhält. 24. Juli bis Engels erholt sich in Ramsgate. LSeptember 16. August bis Marx weilt zur Kur in Karlsbad. 15. September September 1876 Engels schreibt den ersten Abschnitt des „Anti-Dühring" („Philosobis Anfang phie"). Der Abschnitt erscheint vom 3. Januar bis 11 • Mai 1877 im „ VorJanuar 1877 wärts" als Artikelserie. 16. bis 22.Sep' Auf der Rückreise von Karlsbad nach London besucht Marx in Prag tember Max Oppenheim und in Lüttich das ehemalige aktive Mitglied der russischen Sektion der Internationalen Arbeiterassoziation N. I. Utin.
23.September 1876 Marx wechselt Briefe mit Bracke, dem er vorschlägt, die Herausgabe bis August 1877 einer deutschen Übersetzung von Lissagarays „Histoire de la commune" zu übernehmen. Da Marx die Verbreitung dieser Schrift für wichtig hält, übernimmt er es, die Übersetzung selbst zu überprüfen. 21.Oktober
Anfang November
20. November
Dezember
Erste Dezemberhälfte 18.Dezember
21.Dezember
Marx teilt Lawrow brieflich mit, daß bei einer Gruppe reaktionärer russischer Literaten die Absicht besteht, in London eine Zeitschrift zur Aufklärung der Engländer über die politische und soziale Bewegung in Rußland herauszugeben. Lawrow veröffentlicht Teile aus Marx' Brief am 1.November in der Zeitschrift „Wperjod!". Marx schickt dem englischen Radikalen Collet Material über die Rußlandpolitik Gladstones zur Verwendung in der „Diplomatie Review". In einem Brief an den proletarischen Revolutionär Johann Philipp Bekker erklärt Engels auch in Marx' Namen, daß die Anstrengungen aller aktiven Funktionäre der Internationale nicht auf die Wiederherstellung der alten internationalen Organisation, sondern auf die Gründung und Festigung von starken Arbeiterparteien in jedem Lande gerichtet werden sollten. Marx und Engels sehen ihre Hauptaufgabe während dieser Etappe darin, mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten die proletarische Bewegung von der theoretischen Seite her zu stärken. Marx liest Schriften von Hanssen, Demelic, Utiesenovic über das Gemeineigentum, eine Arbeit von Cardcnas über die Geschichte des Grundeigentums in Spanien und von Cremazy „Le droit fran?ais et lois hindou compar£s". Marx trifft sich oft mit M. M. Kowalewski.
Engels analysiert in einem Brief an seinen Bruder Hermann die Lage auf dem Balkan und kommt zu dem Schluß, daß ein russisch-türkischer Krieg unausbleiblich ist. Engels kritisiert in einem Brief an Johann Philipp Becker den Opportunismus der englischen Trade-Unions und die Haltung ihrer Führer, die sich bei der liberalen Bourgeoisie anbiedern; er informiert ihn außerdem über die Lage der Arbeiterbewegung in Belgien, Deutschland und Italien und über die Beschlüsse der im Juli stat>gefundenen internationalen Konferenz in Philadelphia, auf der u.a. die formelle Auflösung der Internationalen Arbeiterassoziation beschlossen wurde. *
1877
Januar bis Marx setzt das Studium der ökonomischen und gesellschaftlichen EntDezember wicklung Rußlands fort, insbesondere beschäftigt er sich mit den russischen Agrarverhältnissen, wie sie sich nach Abschaffung der Leibeigenschaft in Rußland entwickelten. Er liest u.a. A. I. Wassiltschikows „Semlewladenije i semledelije w Rossii i dnigich jewropejskich gossudarstwach", Band 1 und 2, M. W.Nerutschews „Russkoje semlewladenije i
semledelije" und P.A.Sokolowskis „Otscherk istorii selskoj obschtschiny na sewere Rossii". 9. Januar Engels schickt an Liebknecht den letzten Teil seines ersten Abschnitts vom „Anti-Dühring" zur Veröffentlichung im „Vorwärts". Februar bis Marx gibt dem englischen Journalisten Maltman Barry, einem ehemaliAnfang März gen Mitglied der Internationalen Arbeiterassoziation, Hinweise für Artikel zur Entlarvung der Außenpolitik Gladstones. Diese Artikel erscheinen Anfang März in einigen englischen konservativen Zeitungen. Anfang Februar Engels schreibt die „Bemerkung zu Seite 29 der .Histoire de la commune' (Der Waffenstillstand des Herrn Thiers vom 30. Oktober 1870)" und schickt sie Lissagaray, dem Autor der genannten Arbeit. 13.Februar Engels schreibt an Bignami einen Bericht über die Reichstagswahlen von 1877 und über die Erfolge der deutschen sozialdemokratischen Partei. Engels* Brief wird auf dem 2. Kongreß der Oberitalienischen Föderation (17. und 18. Februar in Mailand) verlesen und am 26. Februar in der sozialistischen Zeitung „La Plebe" veröffentlicht. Etwa vom Engels hält sich in Brighton bei seiner kranken Frau auf. 20. Februar bis etwa M.März 5. März Marx, der für den „Anti-Dühring" das 10. Kapitel des zweiten Abschnitts schreibt, in dem Dührings Anschauungen über die Geschichte der politischen Ökonomie einer Kritik unterzogen werden, schickt Engels den ersten Teil dieses Kapitels. Zwischen 6. und Engels schreibt auf Anregung von Marx den Artikel „Aus Italien". 14. März Er beschäftigt sich in diesem Artikel mit den Erfolgen der sozialistischen Bewegung und begründet, daß es für die Bildung einer Arbeiterpartei notwendig ist, den Einfluß des Anarchismus zu überwinden. Der Beitrag wird am 16. März im „Vorwärts" veröffentlicht. 16. März Marx bittet Lawrow, eine Übersicht über gerichtliche und polizeiliche Verfolgungen in Rußland zusammenzustellen, da er dem irischen Mitglied des Unterhauses O'Clery entsprechendes Material für dessen Auftreten im Parlament geben will. Lawrow erfüllt Marx* Bitte. Ende März Marx beginnt wieder mit der Arbeit am zweiten Band des „Kapitals". Mai bis Dezember Engels notiert sich Einzelheiten über Zusammensetzung und Standortverteilung der russischen Armee im russisch-türkischen Krieg. Juni bis August Engels schreibt den zweiten Abschnitt des „Anti-Dühring". („Politische Ökonomie"), der vom 27. Juli bis 30. Dezember als Artikelserie im „Vorwärts" (Beilage) veröffentlicht wird. Juni bis Juli Engels schreibt die Abhandlung „Taktik der Infanterie aus den materiellen Ursachen abgeleitet. 1700-1870" (jetzt enthalten in den Materialien zum „Anti-Dühring"). MUte Juni Auf Brackes Bitte schreibt Engels für den „Volks-Kalender" eine Kurzbiographie von Karl Marx, die 1878 veröffentlicht wird.
Juli bis August Marx liest Bücher des russischen Ökonomen und Statistikers 1.1. Kaufman - „Teorija kolebanija zen", „K utscheniju o dengach i kredite", l.Aufl. - und K.Knies' Werk „Das Geld. Darlegung der Grundlehren von dem Gelde". 4. Juli Engels fährt für einige Tage nach Manchester. IL Juli bis Engels und seine kranke Frau erholen sich in Ramsgate. 28.August Etwa 23. bis Marx trifft sich häufig mit Karl Hirsch, der aus Paris gekommen ist, um 29. Juli ihn zu besuchen. Hirsch teilt Marx eine Reihe von Tatsachen über die wirtschaftliche und politische Entwicklung Frankreichs und über die Lage in der deutschen sozialdemokratischen Partei mit. August 1877 bis Engels schreibt den dritten Abschnitt des „ Anti-Dühring" („SozialisApril 1878 mus"), der vom 5.Mai bis 7.Juli 1878 als Artikelserie im „Vorwärts" (Beilage) veröffentlicht wird. 8. August Marx schickt Engels den zweiten Teil vom 10. Kapitel des zweiten Abschnitts des „Anti-Dühring". Marx fährt mit seiner kranken Frau und seiner Tochter Eleanor zur Kur nach Neuenahr. 5. September bis Engels und seine Frau weilen zur Erholung in Schottland. etwa 21 .September Etwa 27.September Marx kehrt nach London zurück. In einem Brief an Sorge berichtet er über sein Studium der Lage in Rußland nach russischen Originalquellen und erklärt, daß dieses Land sich an der Schwelle einer revolutionären Umwälzung befindet. 19. Oktober Marx schickt Sorge das Manuskript des ersten Bandes des „Kapitals' zur Übersetzung ins Englische und gibt Hinweise für Veränderungen, die bei der amerikanischen Ausgabe am Text vorzunehmen wären. Diese Ausgabe kam nicht zustande. 19. und 23. Oktober In Briefen an Sorge und Bracke schildert Marx die Lage in der deutschen sozialdemokratischen Partei, in der sich durch den Kompromiß mit dfen Lassalleanern und den Anhängern Dührings „nicht so sehr in der Masse als unter den Führern (höherklassigen ...) ein fauler Geist geltend" macht. Marx kritisiert besonders Höchberg, der sich in die Partei „eingekauft" hat, und dessen Zeitschrift „Die Zukunft", weil sie die wissenschaftlichen materialistischen Erkenntnisse durchPhrasen über „Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit" ersetzen will. Marx kritisiert auch die Redaktion des „Vorwärts", da in den Spalten des Zentralorgans der Partei Leute zu Wort kommen, die Ignoranten der Theorie sind und mit dem Klassenkampf des Proletariats nichts gemeinsam haben. Marx bereitet das erste Kapitel des zweiten Bandes des „Kapitals" für den Druck vor. Marx schreibt einen Brief an die Redaktion der „Otetschestwennyje Sapiski" als Antwort auf den Artikel „Karl Marx vor dem Tribunal des Herrn Shukowski", den N. K. Michailowski, russischer Publizist, Literaturkritiker und einer der Ideologen der Volkstümler, geschrieben hatte. November 1877 bis Juli 1878 Etwa November
November bis Dezember 10. November
In dem Brief bringt Marx seine Ansicht zum Ausdruck, daß für Rußland die Möglichkeit besteht, den kapitalistischen Entwicklungsweg zu vermeiden. Der Brief wurde jedoch nicht abgesandt; er erschien 1886 in Genf und 1888 in der legalen Presse Rußlands. Marx studiert Werke von Robert Owen.
In einem Brief an Wilhelm Bios bringt Marx seinen und Engels' Widerwillen gegen den Personenkult zum Ausdruck.
1878
1878 bis 1882 Marx beschäftigt sich intensiv und systematisch mit Algebra; er studiert und konspektiert Abhandlungen von Lacroix, Maclaurin, Euler und Pots und schreibt eine Vielzahl von Notizen in speziell dafür angelegte Hefte. Er setzt die in den sechziger Jahren begonnenen mathematischen Forschungen fort; studiert und konspektiert u.a. Bücher von Sori, Boucharlat, Hind, Hall, Hemming und schreibt einen Abriß der Geschichte der Differentialrechnung. Anfang 1878 Engels schreibt den Artikel „Die Naturforschung in der Geisterwelt", der später von ihm in die „Dialektik der Natur" aufgenommen wurde. 11. Januar Engels drückt in einem Brief an JohannPhilipp Becker seine Befriedigung über die Bildung der Schweizer Arbeiterpartei aus, analysiert die Arbeiterbewegung Frankreichs und erörtert Fehler der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei. 12.Januar Engels analysiert in einem Brief an Bignami die Arbeiterbewegung Deutschlands, Frankreichs und der USA; besondere Aufmerksamkeit widmet er den Verhältnissen in Rußland, da in diesem Lande eine revolutionäre Situation heranreift. Teile dieses Briefes veröffentlicht Bignami am 22. Januar in „La Plebe". 4. und 11. Februar Marx schreibt Wilhelm Liebknecht zwei Briefe zur orientalischen Frage. Liebknecht veröffentlicht daraus Ausschnitte in der zweiten Auflage seiner Broschüre zur orientalischen Frage, die Anfang März erscheint. Etwa 9.Februar
Mitte Februar bis Mitte März
Marx erhält von Hirsch aus Paris eine Information über die sozialistische Bewegung in Frankreich; Hirsch weist auf Schwierigkeiten bei der Herausgabe der „Egalite" hin und bittet Engels um Mitarbeit. Engels schreibt die längere Abhandlung „Die europäischen Arbeiter im Jahre 1877", in der er den Stand der Arbeiterbewegung untersucht, die Niederlage der anarchistischen Dogmen, das Fiasko der anarchistischen Taktik und den Triumph der politischen Linie der Internationalen Arbeiterassoziation nachweist. Er zeigt ferner, daß die von der Internationale geschaffenen Grundlagen der Einheit und Solidarität des internationalen Proletariats im Kampf gegen seine Unterdrücker von den in verschiedenen Ländern entstandenen Parteien der Arbeiterklasse weiter gefestigt werden. Der Aufsatz erscheint als Artikelserie in der New-Yorker
sozialistischen Zeitung „The Labor Standard" vom 3., 10., 17., 24. und 31.März. Ende März bis Mai Marx liest und konspektiert ausführlich 1.1. Kauf mans Buch „Teorija i praktika bankowowo dela" und schreibt dazu zahlreiche Bemerkungen. 15. April bis Marx und Engels treffen sich mit Wilhelm Liebknecht, der aus Deutsch20.April land gekommen ist. Mai bis Anfang Engels schreibt die ursprüngliche Variante des Vorworts zur ersten geJuni sonderten Ausgabe des „Anti-Dühring"; später nimmt Engels jedoch dieses Vorwort in seine Arbeit „Dialektik der Natur" auf („Alte Vorrede zum ,[Anti-]Dühring\ Über die Dialektik"). 21.Mai bis Für seine Arbeit am „Kapital" konspektiert Marx statistische Quellen, Ende Mai die er aus den USA erhalten hat. Ende Mai bis Juni Marx setzt sein Studium der Agrochemie und Geologie verstärkt fort; er liest Arbeiten von Jukes, Johnstone, Koppe u.a. und macht sich daraus Auszüge. Engels schreibt die endgültige Fassung des Vorworts zur ersten Buchausgabe des „Anti-Dühring". Marx schreibt an die Redaktionen der „Daily News" und der „Frankfurter Zeitung" Erklärungen, die Lothar Bucher, einen Vertrauten Bismarcks, entlarven. Die Erklärungen erscheinen am 13. Juni in der „Daily News" und am 29. Juni in der „Frankfurter Zeitung". Marx schreibt den Artikel „Herrn George Howells Geschichte der Internationalen Arbeiterassoziation"; er entlarvt darin die falschen Behauptungen Howells und hebt die große Idee der internationalen proletarischen Solidarität hervor, die von den überall entstehenden Parteien der Arbeiterklasse verwirklicht wird. Der Artikel erscheint am 4. August in der Zeitschrift „The Secular Chronicle". T i - •. i A I r i_* u i7 _ _ rv-L in J_£ipzig ersciieini tue eisic nusjjauc vun j_,ugci;> „1 KUH j_>ugcn i_»Uurings Umwälzung der Wissenschaft "(„Anti-Dühring"). Im „Anti-Dühring" ist rieben der Kritik an Dührings „Theorien" eine systematische Darlegung der drei Bestandteile des Marxismus enthalten — des dialektischen und historischen Materialismus, der marxistischen politischen Ökonomie und des wissenschaftlichen Kommunismus. Marx erhält einen Brief von Sorge mit Informationen über die Tätigkeit der Sozialistischen Arbeiterpartei und der deutschen Sozialdemokraten in den USA; Sorge berichtet außerdem über den Stand der Arbeiterbewegung sowie über die allgemeine politische Lage im Lahde. Nach Beendigung des „Anti-Dühring" beabsichtigt Engels eine systematische Bearbeitung des Materials für die „Dialektik der Natur" und entwirft zu diesem Zweck einen Arbeitsplan. 4. bis 14.September Marx weilt zur Kur in Malvern. 12. September Engels' Lebensgefährtin Lizzy Burns stirbt. Oktober bis Marx liest und exzerpiert für seine Arbeit am „Kapital" Bücher über November die Geschichte der Banken und des Geldumlaufs von Pietro Rota, 11.Juni 12. und 27. Juni Anfang Juli Etwa S. Juli 19.Juli August
A.Ciccone, Karl Dietrich Hüllmann, L.Gossa, Ch.A.Mann, A.Walker u.a; er schreibt dazu kritische Bemerkungen. Marx und Engels raten Wilhelm Liebknecht, in der Schweiz ein Parteiorgan zur illegalen Verbreitung in Deutschland herauszugeben, da durch das Sozialistengesetz die Herausgabe legaler Parteiorgane in Deutschland nicht möglich ist. Marx erhält von Kowalewski Informationen darüber, daß in der russischen Presse eine lebhafte Polemik über das „Kapital" geführt wird. Marx weist in Briefen an Danielson auf Änderungen am Text des ersten Bandes des „Kapitals" hin, die bei der Vorbereitung einer neuen russischen Ausgabe berücksichtigt werden müssen. Er lenkt Danielsons Aufmerksamkeit besonders auf die Entwicklung von Monopolen in den USA nach Beendigung des Bürgerkriegs und auf die Industriekrise in England. Marx arbeitet am zweiten und dritten Band des „Kapitals"; er studiert Quellen zur Geschichte der Agrarbeziehungen, darunter Bücher von Georg Hanssen und Stefano Jacini sowie den Jahresbericht für 1870 der Kommission der Agrar-Hauptverwaltung der USA. Er liest Literatur über die Geschichte Frankreichs. Etwa 26. November Engels erhält von Lopatin, der gerade von einer seiner illegalen Reisen nach Rußland zurückgekehrt ist, Informationen über die Lage in Rußland nach Beendigung des russisch-türkischen Krieges und über die Tätigkeit der Volkstümler. Dezember 1878 bis Marx studiert weiteres Material über Finanz- und Bankfragen und macht Januar 1879 zahlreiche Auszüge und Bemerkungen. Er liest Bücher von Q.DiestDaber, G.L.Rey, Bonnet, Gassiot u.a. Dezember Marx liest Arbeiten von 0. Caspari und E. Du Bois-Reymond über Leibniz und Werke von Descartes über Physik und Mathematik.
1879
Januar bis Marx setzt seine politisch-ökonomischen Forschungen fort, und zwar beDezember sonders an Hand russischer und amerikanischer Quellen. Ende Februar Marx sichtet die auf seinen Wunsch von Danielson zusammengestellten Informationen über die russische Finanzlage und Finanzpolitik der letzten 15 Jahre. Nach dem 16. März Marx liest die russische wissenschaftliche und literarisch-politische Zeitschrift „Slowo" und schreibt einige Anmerkungen zu Kowalewskis Artikel über den Entwurf der bulgarischen Verfassung. 21.März Engels schreibt für „LaPlebe" den Artikel „Das Ausnahmegesetz gegen die Sozialisten in Deutschland - Die Lage in Rußland", in dem er die italienischen Arbeiter über die Erfolge der Arbeiterbewegung in Deutschland und die heranreifende Revolution in Rußland informiert. Der Beitrag erscheint am 30. März.
Ende Oktober
Erste Novemberhälfte 15. und 28. November
Zweite Novemberhälfte bis Dezember
Nicht später als April
April
lO.Abril
Juni bis Juli
Mitte Juni bis September
Mitte Juni bis Anfang August
17. Juni
Marx erhält aus Paris einen Brief von dem französischen Sozialisten Jules Guesde» der in dieser Zeit aktiv für die Bildung einer Arbeiterpartei in Frankreich kämpft. In diesem Brief solidarisiert sich Guesde mit den Anschauungen von Marx, informiert ihn über die französische Arbeiterbewegung und teilt seine Absicht mit, Marx zu besuchen. Marx äußert in einem Brief an Kowalewski seine Ansicht über die Bedeutung der Physiokraten in der Geschichte der politischen Ökonomie (in Verbindung mit der Rezension des Buches „Krestjane i krestjanskij wopros wo Franzii w poslednej tschetwerti 18 weka" von N. I.Karejew). Marx schildert in einem Brief an Danielson, warum sich die Herausgabe des zweiten Bandes des „Kapitals" verzögert; er charakterisiert die Ursachen und Folgen der Wirtschaftskrise in Europa und Amerika und schreibt über die Entwicklung der Eisenbahnen und deren Einfluß auf die Konzentration des Kapitals, auf das Wachstum des Außenhandels und die Lage der Volksmassen. Marx und Engels helfen maßgeblich, die Herausgabe eines zum illegalen Vertrieb in Deutschland bestimmten Zentralorgans der deutschen Sozialdemokratie vorzubereiten. Marx und Engels kritisieren in ihren Briefen an führende Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung die anarchistische Position der von Johann Most geführten „Linken". Die „Linken" zogen völlig grundlos in der von Most redigierten „Freiheit" über die gesamte Tätigkeit der sozialdemokratischen Parteiführung her, besonders über die Ausnutzung des Parlaments als Tribüne. Marx und Engels lesen und exzerpieren das in Deutschland verbotene Buch des konservativen Publizisten Rudolph Meyer „Politische Gründer und die Corruption in Deutschland", das ihnen vom Autor zur Verfügung gestellt wurde. Die Auszüge und Notizen benutzt Engels später für seinen Artikel „Der Sozialismus des Herrn Bismarck". Engels entwickelt in einem Brief an Bernstein seinen Standpunkt zur Tätigkeit der Trade-Unions, die jegliche Teilnahme am politischen Kampf ablehnen und nur für Erhöhung der Löhne und Verkürzung des Arbeitstages eintreten. Zweite Hälfte 1879 Marx schreibt kritische Bemerkungen über Adolph Wagners „Alliis November 1880 gemeine oder theoretische Volkswirthschaftslehre", Bd. 1. Hierbei formuliert und vervollständigt Marx eine ganze Reihe von Grundsätzen seiner im „Kapital" entwickelten Werttheorie. August Marx erhält aus den USA von dem Leiter des Arbeitsbüros in Massachusetts Berichte über die Jahre 1874 bis 1879 und von Sorge statistische Unterlagen der Arbeitsbüros von Pennsylvanien, Ohio und Massachusetts. Anfang August Marx erhält von Danielson ausführliche, auf Semstwo-Statistiken beruhende Informationen über die Finanzlage und den Zustand der Landwirtschaft in Rußland.
Etwa 5. bis 27. August Etwa 8. August bis etwa 17. September Etwa M.August
Nicht vor September 9.September
4.August Engels teilt in einem Brief an Bebel in seinem und Marx* Namen mit, daß sie nicht mehr gewillt sind, an dem geplanten Zentralorgan der Partei „Der Sozialdemokrat" mitzuarbeiten, da ihnen bekannt wurde, daß für die Leitung dieser Zeitung die opportunistische Gruppe HöchbergSchramm-Bernstein vorgesehen ist, die das Blatt in ein Sprachrohr für kleinbürgerliche Elemente innerhalb der Partei verwandeln würde. Engels erholt sich in Eastbourne.
Marx weilt zur Kur und Erholung auf der Insel Jersey und in Ramsgate.
Marx liest Carletons Buch „Traits and stories of the Irish peasantry". Am 14. August gibt er in einem Brief an Engels eine Einschätzung über Buch und Autor. Engels schreibt für seine „Dialektik der Natur" das Kapitel „Dialektik".
Engels informiert Marx brieflich über den Inhalt des von Höchberg herausgegebenen „Jahrbuchs für Sozialwissenschaft und Socialpolitik", insbesondere über den von Höchberg, Bernstein und Schramm geschriebenen Drei-Sternchen-Artikel. In diesem Artikel wird offen erklärt, die deutsche Sozialdemokratie habe durch ihren proletarischen Klassenstandpunkt das Sozialistengesetz selbst heraufbeschworen; die sozialdemokratische Bewegung müsse leisetreten, dürfe nur Reformcharakter tragen, und die Führung dieser Bewegung gehöre in die Hände „gebildeter" Leute. Engels schlägt vor, den Opportunisten eine sofortige Abfuhr zu erteilen. lO.September In seiner Antwort auf diese Mitteilung von Engels unterstreicht Marx, daß man unverzüglich schroff und rücksichtslos gegen die Opportunisten auftreten muß. 17. September Marx kehrt nach London zurück. 17.jl8.Sepiember Engels schreibt den von Marx und ihm entworfenen Zirkularbrief an Bebel, Liebknecht, Bracke u.a., in dem sie die opportunistische Gruppe Höchberg-Bernstein-Schramm und die Schwankungen, die innerhalb der Partei nach Annahme des Sozialistengesetzes auftraten, scharf kritisieren und sich gegen das Versöhnlertum der Parteiführung wenden, die solche Elemente duldet. Marx und Engels verteidigen konsequent den Klassencharakter der proletarischen Partei und fordern, daß jeglicher Einfluß opportunistischer Elemente auf Partei und Parteiorgane energisch bekämpft wird. Die Kritik von Marx und Engels hilft den Führern der deutschen sozialdemokratischen Partei, ihre Haltung zu korrigieren und den Opportunisten eine Abfuhr zu erteilen. 19.September Marx berichtet in einem Brief an Sorge sowohl über seine Stellung zu den Opportunisten in der deutschen sozialdemokratischen Partei Höchberg, Bernstein, Schramm - und über den von ihm und Engels verfaßten „Zirkularbrief" als auch über seine Haltung zuranarchistischen Agitation Johann Mösts.
Etwa Oktober 1879 Marx studiert Probleme der Bodenrente und der Agrarbeziehungen überbis Oktober 1880 haupt, insbesondere Quellen und Literatur über die Obschtschina. Er liest M. M. Kowalewskis Buch „Gbschtschinnoje semlewladenije, pritschiny, chod i posledstwija jewo rasloshenija", wobei er ausführliche Notizen über den Charakter der Obschtschina macht, über deren Rolle und sozialökonomische Bedeutung in den verschiedenen Perioden und bei den verschiedenen Völkern. Marx stellt chronologische Auszüge aus der Geschichte Indiens (von 664 bis 1858) zusammen. Besondere Aufmerksamkeit widmet er hierbei der Eroberung und Versklavung Indiens durch die Engländer. Das Tatsachenmaterial entnimmt Marx hauptsächlich R. Sewells Buch „Analytical history of India ..." und M.Elphinstones Werk über die Geschichte Indiens. Mitte Oktober
14. und 24. November
Ende 1879 bis Anfang 1880
Marx und Engels erhalten aus den USA von Theodor Friedrich Cuno Briefe mit der Bitte, auf die deutschen Sozialisten in Amerika einzuwirken, um sie von ihrer sektiererischen Haltung gegenüber der amerikanischen Arbeiterbewegung abzubringen. Engels kritisiert im Briefwechsel mit Bebel das Auftreten sozialdemokratischer Abgeordneter im Reichstag, die den Klassencharakter der sozialdemokratischen Partei vertuschten und zu den Schutzzöllen keine konsequente Haltung einnahmen. In diesem Zusammenhang formuliert Engels das Grundprinzip, an das sich sozialdemokratische Abgeordnete in einem bürgerlichen Parlament halten müssen: Niemals für eine Maßnahme stimmen, die die Macht der Regierung über das Volk verstärkt. Er entwickelt dabei eine Reihe von Grundsätzen der proletarischen Partei. Marx liest die „Istoritscheskije monografii i issledowanija" von N. I. Kostomarow und macht daraus ausführliche Auszüge sowie Bemerkungen
1880
1880 bis 1881 Engels schreibt für die „Dialektik der Natur" drei Kapitel („Grundformen der Bewegung", „Maß der Bewegung - Arbeit" und „Flutreibung") sowie eine Reihe von Bemerkungen und Fragmenten. Januar bis Marx arbeitet am zweiten und dritten Band des „Kapitals", schreibt Dezember eine neue Variante des dritten Abschnittes des zweiten Bandes, liest und exzerpiert Arbeiten über politische Ökonomie, und zwar zu Fragen des Grundeigentums, der Rente, der Landwirtschaft und zu Finanzfragen. Januar bis erste Zur Propaganda der Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus arHälfte März beitet Engels auf Bitte von Paul Lafargue drei Kapitel des „Anti-Dühring" (das erste Kapitel der Einleitung und das erste und zweite Kapitel des dritten Abschnitts) zu einer selbständigen Schrift um - „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft". Die Arbeit
wird zuerst in französischer Sprache veröffentlicht (übersetzt von Paul Lafargue), sie erscheint in Paris in der Zeitschrift „La Revue socialiste" als Fortsetzungsreihe am 20. März, 20. April und 5. Mai, und kommt wenig später als Broschüre unter dem Titel „Socialisme utopique et socialisme scientifique" heraus. Ende Februar Engels schreibt für das Organ der französischen Arbeiterpartei „L Egalite" den Artikel „Der Sozialismus des Herrn Bismarck", in dem er das wahre Wesen der „sozialen Maßnahmen" Bismarcks (Einführung der Zolltarife, Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staates) entlarvt. Der Artikel erscheint am 3. und 24. März. Ende März 1880 Der russische Revolutionär Leo Hartmann, Mitglied der Narodnaja bis Anfang Juni Wolja, besucht Marx häufig. 1881 Ende März Marx schreibt einleitende Bemerkungen zur Veröffentlichung seines Werkes „Misere de la philosophie" in der „Egalit6". Die Bemerkungen werden am 7. April als redaktionelle Einleitung veröffentlicht. Erste Aprilhälfte Marx verfaßt auf Bitte französischer Sozialisten einen „Fragebogen für Arbeiter", der dazu bestimmt ist, die Lebens-, Arbeits- und Kampfbedingungen des französischen Proletariats festzustellen. Der Fragebogen wird am 20. April in der „Revue socialiste" veröffentlicht und auch als Sonderdruck in 25 000 Exemplaren in Frankreich verbreitet. Anfang Mai In Engels' Wohnung findet eine Beratung mit Jules Guesde statt, der zur Erörterung des Programms der französischen Arbeiterpartei in London weilt. An der Beratung nehmen Marx, Engels, Guesde und Lafargue teil. Marx formuliert die theoretische Einleitung zum Programm. Das Programm, unter Mitwirkung von Marx und Engels ausgearbeitet, wird am 30. Juni in der „Egalitg", am 10. Juli im „Prol6taire", am 20. Juli in der „Revue socialiste" veröffentlicht und im November auf dem Kongreß in Le Havre angenommen. Etwa 4. bis 5. Mai Marx schreibt die Vorbemerkung zur französischen Ausgabe von Engels* Broschüre „Socialisme utopique et socialisme scientifique", die Ende Mai in Paris erscheint. Nach dem 21. Mai Marx redigiert das Manuskript von Lafargues Manifest der französischen Arbeiterpartei. 27.Juni Marx unterstützt in einem Brief an Ferdinand Domela-Nieuwenhuis, Gründer der holländischen sozialdemokratischen Partei, dessen Absicht, vom ersten Band des „Kapitals" eine populäre Darstellung in holländischer Sprache zu veröffentlichen. 22. Juli und Engels verspricht M. K. Gorbunowa-Kablukowa, ihr bei der Suche nach S.August Literatur über englische und amerikanische gewerbliche Schulen behilflich zu sein; er informiert sie außerdem über den Stand der Volksbildung in England, schreibt über die Hausindustrie in Westeuropa und Rußland und über die Zersetzung der Obschtschina und des Artels in Rußland.
August bis 13. September
Mitte August bis 19.September Etwa 24. .August
Etwa September bis November
12. September
Ende September
Oktober 1880 bis etwa Mai 1881
Oktober 1880 bis März 1881
Etwa 3. Oktober
4.November
5. November
Marx befindet sich mit seiner Familie in Ramsgate; er trifft sich mit dem amerikanischen Sozialisten John Swinton und unterhält sich mit ihm über die Lage in Rußland, Deutschland, Frankreich und England. Engels erholt sich in Ramsgate und Bridlington Quay.
Marx und Engels erhalten von dem russischen Statistiker und Ökonomen N.A.Kablukow dessen Arbeit „Otscherk chosjaistwa tschastnych semlewladelzew". Marx liest die in der russischen wissenschaftlich-politischen und literarischen Zeitschrift „Westnik Jewropy" erschienenen Erinnerungen des russischen liberalen Literaten Annenkow und schreibt dazu Randbemerkungen. Marx rät Danielson - der ihn gebeten hatte, für eine russische Zeitschrift einen Artikel über die russische Wirtschaft nach der Reform von 1861 zu schreiben —, das statistische Material über die wirtschaftliche Entwicklung Rußlands selbst zu veröffentlichen und gestattet es,den Inhalt seiner an Danielson gerichteten Briefe dabei zu verwenden. In seinem Brief analysiert Marx außerdem die Besonderheiten der Wirtschaftskrise in England und weist darauf hin, daß sich die Lage der Farmer unter dem Einfluß der Wirtschaftskrise verschlechtert. Marx und Engels erörtern mit dem in London eingetroffenen Wilhelm Liebknecht einige Parteifragen, insbesondere bezüglich des „Sozialdemokrat", und werden von Liebknecht über organisatorische Veränderungen in der deutschen sozialdemokratischen Partei informiert, durch die eine Verbesserung der Parteiarbeit erreicht werden soll. Marx trifft sich häufig mit dem englischen kleinbürgerlichen Publizisten Hyndman und gibt ihm Ratschläge für sein Auftreten in der Presse. (Hyndman hatte durch seine Artikel über die räuberischen Handlungen der englischen Kolonisatoren in Indien Marx* Aufmerksamkeit erregt.) Marx setzt die Arbeit am zweiten und dritten Band des „Kapitals" fort und studiert eine große Zahl offizieller Veröffentlichungen (Blaubücher) und viel Literatur über die wirtschaftliche Entwicklung der USA. Marx erhält aus Paris einen Brief von Hirsch, der ihn über die bevorstehende Herausgabe der Zeitung „Emancipation" in Lyon informiert und über die Haltung der Possibilisten (Malons und seiner Anhänger) berichtet, die die Einheit der französischen Arbeiterpartei untergraben. Marx wendet sich an John Swinton in New York mit der Bitte, in Amerika eine Geldsammlung zur Unterstützung der Opfer des Sozialistengesetzes in Deutschland zu organisieren. Marx informiert Sorge über die Lage in der französischen und der deutschen Arbeiterpartei; er schreibt über die politische Notwendigkeit, der deutschen sozialdemokratischen Partei, die ihren Kampf unter den schweren Bedingungen des Sozialistengesetzes führt, finanzielle Unterstützung zu geben; er schildert ferner den Erfolg des „Kapitals" in
Rußland und gibt eine Charakteristik der Volkstümlerparteien - Narodnaja Wolja und Tschorny Peredel. Marx bittet Sorge um inhaltsreiches Material über die Wirtschaftslage Kaliforniens, da er den ungewöhnlich raschen Prozeß der kapitalistischen Zentralisation der Produktion in diesem Gebiet verfolgen will. 6. November Das Exekutivkomitee der Narodnaja Wolja wendet sich an Marx mit einem Brief, in dem sowohl die Bedeutung des „Kapitals" und anderer wissenschaftlicher Arbeiten von Marx als auch sein Interesse für die revolutionäre Bewegung in Rußland hoch eingeschätzt werden und an ihn die Bitte gerichtet wird, seinen Einfluß dafür zu verwenden, in der öffentlichen Meinung Europas und Amerikas Sympathien für die revolutionäre Bewegung in Rußland zu wecken. Marx wird ferner gebeten, Leo Hartmann in dieser Hinsicht zu unterstützen. 27. November Marx und Engels senden zusammen mit Lafargue und Leßner ein Begrüßungsschreiben an das am 29. November in Genf einberufene internationale Meeting zum 50. Jahrestag der polnischen Revolution von 1830, in dem sie den Wunsch ausdrücken, daß das polnische Volk in seinem Kampf um nationale Befreiung sich mit den Bestrebungen der russischen Brüder, der russischen Arbeiter vereinigen möge. Der Brief wird 1881 in polnischer Sprache in Genf veröffentlicht. Anfang Dezember Marx wird zweimal von dem russischen Volkstümler N. A. Morosow besucht, der von Genf nach London kam, um mit Mai"x zusammenzutreffen. Morosow informiert Marx über den Kampf gegen die zaristische Selbstherrschaft, über die Ursachen der Spaltung der Partei Semlja i Wolja und bittet Marx im Auftrage der Partei Narodnaja Wolja, an den Publikationen der „Russkaja sozialno-rewoljuzionnaja biblioteka", die in Genf herausgegeben werden, mitzuwirken. 9. bis etwa Bebel, Bernstein und später auch Singer kommen nach London, um mit 16.Dezember Marx und Engels Parteiangelegenheiten zu erörtern und die richtige Linie des „Sozialdemokrat" zu beraten. Ende 1880 Marx liest das Buch „Ubeshischtsche mon repos" von M. J.SaltykowSchtschedrin, wobei er den Beziehungen zwischen Gutsbesitzern und Bauern sowie den Erscheinungen des Klassenkampfes im russischen Dorf besondere Aufmerksamkeit widmet.
1881
1881 bis 1882 Engels beschäftigt sich mit der Geschichte Deutschlands, sammelt Material und schreibt die Studien „Zur Urgeschichte der Deutschen" und „Die fränkische Zeit", die wichtige Beiträge zur wisisenschaftlichen Darstellung der Geschichte des deutschen Volkes und anderer europäischer Völker sind. Diese Arbeiten kamen zu Engels' Lebzeiten nicht zur Veröffentlichung. Resultate dieses Spezialstudiums befinden sich sowohl in den Skizzen über die germanische Gens und die Bildung des Staates
bei den Germanen in den entsprechenden Kapiteln der Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" als auch in der „Mark", die Engels Ende 1882 schrieb. Engels schreibt für die „Dialektik der Natur" weitere zwei Kapitel („Wärme" und „Elektrizität") sowie eine Reihe von Bemerkungen und Fragmenten. Januar bis Juni Marx studiert Sammelbände, Monographien und Untersuchungen über die sozialökonom'ische Entwicklung Rußlands nach 1861. Er liest Bücher von A. I.Skrebizki, A. A. Golowatschow, Skaldin, J.E. Janson, N. F. Danielson sowie andere Veröffentlichungen und macht sich dabei Notizen. Marx liest nochmals Tschernyschewskis „Pisma bes adressa" und stellt unter dem Titel „Zur russischen Leibeignen-Emanzipation" eine Übersicht über den Inhalt dieser Briefe zusammen. Marx wird von russischen Ökonomen, den Professoren Sieber und Kablukow besucht. Marx, der von Nieuwenhuis „Kapitaal en Arbeid" (ein populärer Auszug aus dem ersten Band des „Kapitals") erhalten hat, vermerkt bestimmte Stellen, die bei einer zweiten Auflage geändert werden müßten. Marx erhält einen Brief von Vera Iwanowna Sassulitsch, in dem sie ihn im Namen der russischen Sozialisten bittet, seine Ansichten über die Perspektive der sozialökonomischen Entwicklung Rußlands, speziell über das Schicksal der russischen Dorfgemeinde (Obschtschina), darzulegen. In einem Brief an Danielson analysiert Marx am Beispiel Rußlands den Charakter der kapitalistischen Landwirtschaft (Stagnation und Periodizität der Ernten), den Zusammenhang zwischen Eisenbahnbau und Staatsschuldensystem in England und in den USA, die steigende Konzentrai ;t„i;„ u p.. 1 £ .-il l UO n uvt rvlApiVUllOLlOV-ilV-i 1 X IUUUMIU11, C1 OUUC1UL IC111C1 UUU U1C l^d^C Iii Indien, über die ungeheure Ausbeutung des indischen Volkes und die Plünderung der Reichtümer Indiens durch die englischen herrschenden Klassen. Ende Februar bis Auf Bitte von Vera Sassulitsch verallgemeinert Marx das von ihm stuAnfang März dierte Material über die Obschtschina. Er entwirft vier Antwortbriefe, in denen wichtige Erkenntnisse über die kollektive Form der landwirtschaftlichen Produktion und über die Bedingungen ihrer Verwirklichung in Rußland enthalten sind. März bis etwa Marx liest die Broschüren von P.F.Alissow („Alexandr II oswoboditel") April und M.P.Dragomanow („Tiranoubijstwo w Rossii") und schreibt Notizen dazu. 8. März Marx schickt einen Brief an Vera Sassulitsch, in dem er über die Bedeutung der von ihm ausgearbeiteten Theorie der kapitalistischen Entwicklung schreibt und die Möglichkeit erörtert, daß die Obschtschina unter bestimmten historischen Bedingungen zum Ausgangspunkt der sozialen Wiedergeburt Rußlands werden kann. Januar Mitte Januar bis Februar Ungefähr am 18.Februar 19. Februar
12. März Engels äußert in einem Brief an den Redakteur des „Sozialdemokrat" seine Befriedigung über die Linie des Zentralorgans der sozialdemokratischen Partei und gibt Hinweise, wie das der Redaktion zugehende Material ausgenutzt werden kann, um die Stimmung unter den Mitgliedern und Funktionären der Partei, die unter den Bedingungen der Illegalität arbeiten, zu heben. 21. März Marx und Engels schicken dem Slawischen Meeting, das in London zu Ehren des 10. Jahrestages der Pariser Kommune abgehalten wird, ein Grußschreiben. April bis Mai Marx liest das Buch „Progress and poverty" von H. George und charakterisiert es in seinen Briefen an Swinton und Sorge als einen sozialistisch verbrämten Versuch, die Herrschaft der Kapitalisten zu retten. Marx verfolgt aufmerksam den Prozeß gegen A. J.Sheljabow, S.L.Perowskaja u.a., die das Attentat auf Alexander II. vorbereitet und durchgeführt hatten. Marx charakterisiert in einem Brief an seine Tochter Jenny Longuet die Organisatoren des Attentats auf Alexander II. als „einfache, sachliche, heroische" Menschen; er gibt ihr ferner für Charles Longuet Hinweise für einen Artikel in dem Organ der französischen Radikalen „La Justice" über das irische Landgesetz Gladstones. Marx charakterisiert hierbei die Politik Gladstones gegenüber Irland als eine Politik des Raubes und der Gewalt im Interesse der Landlords. Mai 1881 bis Mitte Marx beschäftigt sich intensiv mit dem Studium der Probleme der Urgemeinschaft, liest Morgans Buch „Ancient Society" und schreibt einen sehr ausführlichen, mit vielen Bemerkungen und Schlußfolgerungen versehenen Konspekt; er liest, exzerpiert und kommentiert auch andere Werke zur Geschichte der Urgesellschaft, z. B. die von Maine, Sohm, Tylor u.a. Engels beginnt seine Mitarbeit am Wochenblatt der englischen TradeUnions „The Labour Standard", das in London erscheint. Er schreibt den Artikel „Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk", der am 7. Mai veröffentlicht wird. Dieser Beitrag wie auch die folgenden Beiträge erschienen als Leitartikel, ohne Unterschrift des Autors. Engels schreibt den Artikel. „Das Lohnsystem", veröffentlicht im „Labour Standard" am 21. Mai. Engels schreibt den Artikel „Die Trade-Unions", in dem er die englischen Arbeiter aufruft, sich nicht auf bestimmte Ökonomische Forderungen und Kämpfe zu beschränken, sondern die Kampftraditionen des Chartismus fortzusetzen, eine eigene politische Klassenorganisation zu schaffen und den Kampf um die Eroberung der politischen Herrschaft durch das Proletariat zu führen. Der Beitrag erscheint im „Labour Standard" am 28. Mai und 4. Juni. Marx studiert die Entwicklung der amerikanischen Großindustrie, liest u.a. Artikel aus der in Boston erscheinenden „Atlantic Monthly" über Etwa 8. bis 11. April 11. April Februar 1882 1.12.Mai 15./16. Mai Etwa 20.Mai
Anfang Juni
4. Juni
Zweite Junihälfte
Ende Juni bis etwa 20. Juli
Anfang Juli
Mitte Juli
26, Juli bis 16.August 28. Juli bis 22. August Ende Juli bis erste Augusthälfte
Ende Juli
Etwa August bis September
l./2.August
die Standard Oil Company und informiert sich über die amerikanische Seidenindustrie, über Kinderarbeit u.a. Marx bricht sämtliche Beziehungen zu Hyndman ab, der sich als Schüler von Marx ausgegeben und sich ihm mit karrieristischen Absichten genähert hatte, um an die Spitze der erwachenden englischen Arbeiterbewegung zu gelangen. Unmittelbarer Anlaß für den Bruch war Hyndmans Broschüre „England for all", die als Programm der von Hyndman gegründeten Democratic Federation fungieren sollte und in der Hyndman Marx' „Kapital" plagiiert und den Marxismus grob entstellt hatte. Marx erhält von dem schottischen Sozialisten Robert Banner einen Brief mit der Mitteilung über eine bevorstehende Konferenz der schottischen Sozialisten. Banner bittet Marx und Engels um Rat und Hilfe beim Aufbau einer sozialistischen Partei. Engels schreibt die Artikel „Der Handelsvertrag mit Frankreich", „Zwei vorbildliche Stadträte", „Amerikanische Lebensmittel und die Bodenfrage"; sie erscheinen im „Labour Standard" am 18. und 25. Juni sowie am 2. Juli. Marx weilt mit seiner Frau in Eastbourne.
Engels schreibt den Artikel „Die Lohntheorie der Anti-KorngesetzLiga", der am 9. Juli im „Labour Standard" veröffentlicht wird. Engels schreibt die Artikel „Eine Arbeiterpartei" und „Bismarck und die deutsche Arbeiterpartei", in denen er das englische Proletariat aufruft, eine selbständige revolutionäre Massenpartei zu bilden und die Erfahrungen der deutschen Arbeiterklasse auszunutzen, die es trotz ständiger Verfolgungen durch Regierung und Polizei versteht, ihren Kampf erfolgreich fortzusetzen. Beide Artikel erscheinen im „Labour Standard" am 23. Juli. Marx weilt mit seiner Frau bei der Tochter Jenny Longuet in Argenteuil. Engels befindet sich in Bridlington Quay (Yorkshire).
Marx macht sich Notizen über Grundeigentum, Handwerk, Zünfte und Finanzen sowie über die Lage der französischen Bauern am Vorabend der Französischen Revolution; er liest und exzerpiert FleurysBuch „Elections aux ctats generaux 1789". Engels schreibt den Artikel „Baumwolle und Eisen", der am 30. Juli im „Labour Standard" erscheint. Marx zeigt großes Interesse für die Geschichte, Lage und Entwicklung der Kolonialvölker; er macht zahlreiche mit Kommentaren versehene Auszüge aus G.Manis' „Java" und Phears' „The aryan villages in India and Ceylon". Engels schreibt den Artikel „Notwendige und überflüssige Gesellschaftsklassen", in dem er den englischen Arbeitern erläutert, wie ausgezeichnet
Zwischen 3. und 8. August 8. und 9. August
sie ohne die Klasse der Kapitalisten die Produktivkräfte des Landes leiten könnten. Der Beitrag erscheint im „Labour Standard" vom 6. August. Marx weilt in Paris; er trifft sich mit Lawrow und Hirsch.
Marx erhält von Lissagaray und Jaclard, die ihn besuchen, Informationen über die politischen Ereignisse in Frankreich und über die Lage der Arbeiterpartei. 10. und 15. August Engels erklärt in Briefen an George Shipton, den Redakteur des „Labour Standard", daß er seine Mitarbeit an der Zeitung wegen ihres opportunistischen Kurses einstellt. 17. August Marx kehrt nach London zurück. 17./18. August Engels studiert Marx* mathematische Manuskripte und schätzt in einem Brief an Marx die von diesem entdeckte Differentialmethode hoch ein. Etwa Ende August Marx fertigt eine Liste von seinen russischen Büchern und Quellen an; bis September es ist hauptsächlich Material über die sozialökonomische Entwicklung Rußlands nach 1861. Diese Liste trägt den Titel „Russisches in my bookshelf" („Russisches in meinem Bücherregal"). Er liest die Arbeit von E. R. Hook über das chinesische Imperium und macht sich dabei Notizen. Etwa 13. Oktober Marx ist schwer krank. bis erste Dezemberhälfte Etwa 24. Oktober Marx wird von dem Hamburger Verleger Meißner ersucht, die dritte Auflage des ersten Bandes des „Kapitals" vorzubereiten. 25. Oktober Engels informiert Bernstein, den Redakteur des „Sozialdemokrat", ausführlich über seine und Marx' Haltung zur französischen Arbeiterbewegung, über das Treiben der Opportunisten mit Malon und Brousse an der Spitze und gibt eine klare Einschätzung der führenden Rolle von Marx in der internationalen proletarischen Bewegung. 30.Noüember Die deutschen Reichstagswahlen einschätzend, wertet Engels in einem Brief an Bernstein als sehr positiv, daß sich das Schwergewicht der Sozialdemokratie und der Arbeiterbewegung in die großen Industriestädte verlagert hat. 2.Dezember Frau Jenny Marx stirbt nach langem schweren Leiden. 4.Dezember Engels schreibt den Nekrolog „Jenny Marx, geb. v. Westphalen", der am 8. Dezember im „Sozialdemokrat" erscheint. 5.Dezember Engels hält bei der Beisetzung von Jenny Marx die Grabrede, die am 1 I.Dezember in der „Egalite" veröffentlicht wird. 29. Dezember Marx fährt zur Kur nach Ventnor auf der Insel Wight. Etwa Ende 1881 Marx beschäftigt sich mit dem Studium der Weltgeschichte. Er fertigt bis Ende 1882 „Chronologische Auszüge" an, die eine kritische Übersicht über die Ereignisse der europäischen Geschichte (angefangen vom 1. Jahrhundert v.u.Z. bis zum 17. Jahrhundert) darstellen. Marx konzentriert sich dabei
vor allem auf die Entstehung moderner Nationalstaaten in der Zerfallsperiode des Feudalismus, auf die Entwicklung des Kapitalismus und den Kampf der Bourgeoisie um die politische Herrschaft. Das Tatsachenmaterial für diese chronologischen Auszüge bezieht Marx hauptsächlich aus Schlossers „Weltgeschichte" sowie aus den Büchern von Botta, Cobbett und aus Arbeiten über die Geschichte Rußlands von Karamsin, Kelly, S^gur u.a. Das Manuskript umfaßt 4 Hefte und entspricht einem Umfang von ungefähr 105 Druckbogen. Ende 1881 bis 1882 Marx verfaßt die „Notizen zur Reform von 1861 und der damit verbundenen Entwicklung in Rußland" und beginnt damit, die Erkenntnisse aus dem studierten Material über Rußland zu systematisieren und zu verallgemeinern. Marx setzt außerdem sein Studium der Entwicklung des Kapitalismus in den USA fort.
1882
Marx widmet der neuesten Literatur über die sozialökonomischen Verhältnisse in Rußland viel Aufmerksamkeit. Er liest Werke von W. I.Semewski, A. Issajew, G. Minejko und W.P. Woronzow. Marx kehrt nach London zurück. Marx und Engels schreiben die Vorrede zur russischen Übersetzung des „Manifests der Kommunist'schen Partei", die von G. W.Plechanow besorgt wurde. Am 5. Februar erscheint diese Vorrede in russischer Ubersetzung in der Zeitschrift „Narodnaja Wolja". 25. Januar Engels charakterisiert in einem Brief an Bernstein einige „Führer" der deutschen Arbeiterbewegung, enthüllt die Ursachen, die ihren Oppori i £ v IUIU5U1U S HCl VUII U1GII, WCISl ÜU1 Ult 1YULWC1IUIJJKC11 UC5 J\£lUipiCS gCgCIl sie hin und hebt hervor, daß die Arbeitermassen immer die zuverlässigste Stütze der Partei sind. Etwa 5. Februar Engels erhält aus den USA von dem deutschen Sozialisten Theodor Friedrich Cuno einen Brief, in dem dieser über die erfolgreiche Propaganda der Ideen von Marx und Engels unter den Mitgliedern der proletarischen Massenorganisation Ritter der Arbeit berichtet. 9. bis 16.Februar Marx, der sich auf Anraten der Ärzte zur Kur nach Algier begibt, weilt bei seiner ältesten Tochter in Argenteuil. 10.Februar Engels weist in einem Brief an Johann Philipp Becker darauf hin, daß obwohl die Internationale Arbeiterassoziation ihre Tätigkeit eingestellt hat - die internationale Solidarität des Proletariats fortlebt dank der Beziehungen, die zwischen den Arbeiterparteien bestehen, und erklärt, daß die Zeit für eine Wiedergeburt der Internationale noch nicht herangereift ist. Mitte Februar Marx trifft sich in Paris mit Guesde, Deville und Mesa und erörtert mit ihnen die Lage in der französischen Arbeiterpartei. Januar bis Dezember 16. Januar 2 I.Januar
20.Februar bis Marx befindet sich in Algier; sein Gesundheitszustand verschlechtert 2.Mai sich. Von einem Richter namens Ferm^s (unter Napoleon III. verbannt), mit dem sich Marx häufig trifft, erhält er Informationen über das System der kolonialen Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung Algeriens. lO.April Engels schickt die von ihm durchgesehene Korrektur der Vorrede zur russischen Ausgabe des „Manifests der Kommunistischen Partei" an Lawrow. Das „Manifest" erscheint Ende Mai in Genf in der Schriftenreihe der „Russkaja sozialno-rewoljuzionnaja biblioteka". Zweite Aprilhälfte Engels schreibt den Aufsatz „Bruno Bauer und das Urchristentum", in dem er die Entstehungsgeschichte und das Wesen der Religion, insbesondere des Christentums, wissenschaftlich behandelt. Die Arbeit wird am 4. und 11. Mai im „Sozialdemokrat" veröffentlicht. 2. Mai Auf Anraten des Arztes fährt Marx von Algier über Marseille und Nizza nach Monte Carlo, wo er sich einen Monat aufhält. 3. Mai Engels schreibt den Artikel „Uber die Konzentration des Kapitals in den Vereinigten Staaten", der am 18. Mai im „Sozialdemokrat" veröffentlicht wird. 14. Mai Engels trifft sich mit Paul Singer, der aus Deutschland gekommen ist; er erklärt ihm seinen und Marx' Standpunkt zu den Schutzzöllen, zur Verstaatlichung der Eisenbahnen und zu anderen ähnlichen „sozialen" Maßnahmen Bismarcks, die nur dazu dienen, den halbabsolutistischen bürgerlichen Staat zu stärken, und die mit dem Sozialismus nichts gemein haben. Juni 1882 bis Marx beschäftigt sich mit organischer und anorganischer Chemie. Januar 1883 Etwa 3. Juni Engels erhält von Lawrow die neue russische Ausgabe des „Manifests der Kommunistischen Partei". 3. bis 5. Juni Auf der Reise von Monte Carlo nach Argenteuil hält sich Marx drei Tage in Cannes auf. 6. Juni bis Marx lebt bei seiner Tochter Jenny Longuet in Argenteuil und nimmt 22.August im benachbarten Enghien Schwefelbäder. Marx trifft sich häufig mit Lafargue. 20. Juni Engels informiert Sorge über die Lage in der deutschen sozialdemokratischen Partei und gibt eine Charakteristik der opportunistischen Richtung in der Partei. 21. Juni In einem Brief an Bebel sagt Engels seine und Marx' Unterstützung im Kampf gegen die rechten Elemente in der deutschen Sozialdemokratie zu und informiert ihn über die Spaltung, die in der französischen Arbeiterpartei vor sich gegangen ist. 25. Juli Engels autorisiert in seinem und Marx* Namen den deutschen Sozialdemokraten Adolf Hepner in New York, ihre Werke im Stereotypdruck herauszugeben.
31.Juli Engels dankt Lawrow für die Zusendung der russischen Ausgabe des „Manifests der Kommunistischen Partei". 2.August Marx trifft sich bei Mesa in Paris mit Deville, Guesde und Lafargue. 11.August bis Engels erholt sich am Strand von Great Yarmouth. 8. September 23. bis 27. August Marx befindet sich mit seiner Tochter Laura Lafargue in Lausanne. 27. August bis Marx weilt in Vevey. 25. September September bis Marx liest Engelhardts Buch „Is derewni, 11 pisem (1872-1882)" und Oktober schreibt dazu Notizen und Randbemerkungen. Anfang September Engels übersetzt ein englisches Gedicht ins Deutsche („Der Vikar von Bray") und schreibt dazu einen Kommentar, in dem er die politische Bedeutung dieses Gedichts für Deutschland hervorhebt. Gedicht und Kommentar erscheinen am 7.September im „Sozialdemokrat". 12. September Engels formuliert in einem Brief an Kautsky seinen Standpunkt zur Kolonialfrage und erläutert die Politik, die das Proletariat nach Eroberung der politischen Macht gegenüber den Völkern der kolonialen und abhängigen Länder durchführen muß. 14. September Engels beginnt mit der Vorbereitung der ersten deutschen Ausgabe seiner Schrift „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft". Er beschließt, dieser Ausgabe noch einen besonderen Anhang („Die Mark") beizufügen, um die sozialdemokratische Partei mit der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Grundeigentums in Deutschland bekannt zu machen und dadurch die Aufmerksamkeit der Partei auf die Notwendigkeit zu lenken, die Landarbeiter und Bauern zu gewinnen. Zweite September' Engels liest in Verbindung mit seiner Arbeit an der „Mark" nochmals hälfte bis erste Bücher von Maurer („Einleitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dezemberhälfte Dorf- und Stadt-Verfassung und der öffentlichen Gewalt" und „Geschichte der Dorfverfassung in Deutschland"), fertigt mit Kommentaren versehene Auszüge an und vergleicht Maurers Angaben mit anderen Quellen. 21. September Engels hat den Text der ersten deutschen Ausgabe der Schrift „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" im wesentlichen fertiggestellt und schreibt ein Vorwort dazu. Die Arbeit wird noch 1882 gedruckt, erscheint aber erst Anfang 1883. 26, September Marx weilt vor seiner Abreise aus der Schweiz einen Tag bei Johann Philipp Becker in Genf. 28. September bis Auf dem Rückweg nach London verbringt Marx einige Tage in ArgenAnfang Oktober teuil. Oktober bis Marx studiert die Geschichte der Urgemeinschaft; er liest und exzerNovember piert dazu „The origin of civilisation and the primitive condition of man" von J. Lubbock. Ferner macht er sich mit der Finanzpolitik Englands in
20.Oktober
28. Oktober
30.Oktober 1882 bis 12. Januar 1883 30. Oktober bis 3. Novembet
Ende Oktober
November
4.November
11. bis 23. November
23.November
S.Dezember
Ägypten vertraut, wobei er u.a. das Buch „Egyptian finance" von M.G. Mulhall liest und konspektiert. Engels informiert die Redaktion des „Sozialdemokrat" brieflich über die Lage in der französischen Arbeiterbewegung, über die Spaltung in der französischen Arbeiterpartei und zieht eine Reihe von Schlußfolgerungen für die Entwicklung der proletarischen Parteien unter den Bedingungen des Kapitalismus sowie aus dem Kampf zwischen revolutionärer und opportunistischer Richtung in den Arbeiterparteien. Engels charakterisiert in einem Brief an Bebel den rechten Flügel der deutschen sozialdemokratischen Partei, äußert seine Ansicht über den möglichen Verlauf der proletarischen Revolution und analysiert die Ereignisse innerhalb der französischen Arbeiterpartei. Marx lebt in Ventnor und arbeitet an der Vorbereitung der dritten deutschen Ausgabe des ersten Bandes des „Kapitals". Engels veranlaßt die Redaktionen der Zentralorgane der deutschen sozialdemokratischen Partei und der französischen Arbeiterpartei zu einem regelmäßigen Zeitungsaustausch, damit jede von ihnen eine richtige Vorstellung von den Ereignissen bekommt, die sich in Deutschland und Frankreich, speziell in der Arbeiterbewegung, abspielen. Engels schreibt den Artikel „Wie der Pindter flunkert", in dem er die Verleumdungskampagne der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" (Organ Bismarcks) gegen die sozialdemokratische Partei brandmarkt; der Artikel erscheint am 2. November im „Sozialdemokrat". Marx, der die Versuche von Marcel Deprez, Elektroenergie über große Entfernungen zu leiten, aufmerksam verfolgte, lenkt Engels' Aufmerksamkeit auf diese Experimente und fragt ihn nach seiner Meinung. Marx liest u.a. das Buch „Les principales applications de l*6lectricit6" von L. Hospitalier. Engels erklärt in einem Brief an die Redaktion des „Sozialdemokrat", daß er die von der Führung der deutschen sozialdemokratischen Partei vorgesehene Kampagne zur Änderung des Programms vor Aufhebung des Sozialistengesetzes für unzweckmäßig hält. Marx und Engels tauschen ihre Meinung aus über die Situation in der französischen Arbeiterpartei; sie kritisieren Guesde und Lafargue wegen der taktischen Fehler, die ihnen im Kampf gegen die Possibilisten unterlaufen sind. Engels äußert in einem Brief an Marx die Absicht, seine Arbeit an der „Dialektik der Natur" bald abzuschließen. An diesem wichtigen theoretischen Werk arbeitete Engels, mit Unterbrechungen, ungefähr 1 OJahre, in deren Verlaufe er 10 Kapitel und ungefähr 170 Bemerkungen und Fragmente schrieb. Marx gibt durch Engels der Redaktion des „Sozialdemokrat" den Hinweis, Unterlagen über die Behandlung der Arbeiter in den staatlichen preußischen Bergwerken zu veröffentlichen, um damit den WagenerBismarckschen „Staatssozialismus" zu entlarven.
Engels beendet seine Arbeit „Die Mark" und schickt sie an Marx zur Durchsicht. Marx liest Engels' Manuskript der „Mark" und schätzt die Arbeit in einem Antwortbrief hoch ein. „Die Mark" wird als Anhang zur deutschen Ausgabe von Engels' „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" veröffentlicht. Im gleichen Jahr (1883) wird „Die Mark" im „Sozialdemokrat" (März-April) gedruckt und erscheint außerdem als von Engels selbst bearbeitetes Bauernflugblatt unter dem Titel „Der deutsche Bauer. - Was war er? Was ist er? Was könnte er sein?"
1883
12. Januar Marx, der die Nachricht erhält, daß seine Tochter Jenny Longuet am 1 I.Januar verstorben ist, kehrt nach London zurück; sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends. 13.Januar Engels schreibt den Nekrolog „Jenny Longuet, geb. Marx", der am 18. Januar im „Sozialdemokrat" veröffentlicht wird. 8. und 1 O.Februar Engels erklärt in Briefen an Bernstein die Rolle der Börse bei der Zentralisation und Konzentration des Kapitals. I.März Engels hebt in einem Brief an die Redaktion des „Sozialdemokrat" die große Bedeutung der Elektroenergie für die weitere Entwicklung der Industrie und schließlich für die Beseitigung des Gegensatzes zwischen Stadt und Land hervor. Karl Marx stirbt.
Engels teilt führenden Vertretern der internationalen Arbeiterbewegung (Liebknecht, Becker, Sorge u.a.) den großen Verlust mit, den das internationale Proletariat durch den Tod von Marx erlitten hat. 17. März Marx wird auf dem Friedhof Highgate in London beigesetzt. Engels hält die Grabrede, in der er die welthistorische Bedeutung des Werkes von Karl Marx würdigt und den großen proletarischen Revolutionär und Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus ehrt. Etwa 18. März Engels schreibt den Artikel „Das Begräbnis von Karl Marx", der am 22. März im „Sozialdemokrat" erscheint. April bis Mai Engels unterbricht seine wissenschaftlichen Studien und beginnt mit der Bearbeitung des literarischen und handschriftlichen Nachlasses von Marx, sieht die Manuskripte vom zweiten und dritten Band des „ Kapitals" durch und setzt Marx' Arbeit zur Vorbereitung der dritten Ausgabe des ersten Bandes des „Kapitals" fort. 28. April und Engels schreibt den Artikel „Zum Tode von Karl Marx", in dem er über 12. Mai den letzten Lebensabschnitt von Marx und über die große Anteilnahme, die Marx' Tod in der ganzen Welt hervorgerufen hat, berichtet. Der Artikel wird am 3. und 17. Mai im „Sozialdemokrat" veröffentlicht.
Erste Dezemberhälfte 17. Dezember
14. März (14.45 Uhr) 14. bis 15. März
Personenverzeichms
Agrippa, Marcus Vipsanius (etwa 63-12 v.u. Z.) römischer Feldherr und Staatsmann; seit 21 v.u.Z. Mitherrscher des Augustus. 437 438 439 Alberi{\m-\ 902) König von Sachsen(!873 bis 1902). 89 Alexander II. (1818-1881) Zar von Rußland (1855 -1881). 133 -135146 246 394 407 bis 411 417 Ammianus Marcellinus (etwa 332 bis etwa 400) römischer Geschichtsschreiber, schrieb die Geschichte Roms von 96-378. 475 Anastasiosl. Dikpros (etwa 430 -518) byzantinischer Kaiser (491-518). 456 Anaxagoras aus Klazomenai (Kleinasien) (etwa 500 - 428 v. u. Z.) griechischer materialistischer Philosoph. 189 527 Anna (Stuart) (1665-1714) Königin von England (1702-1714); unter ihrer Regierung Vereinigung Englands und Schottlands zu Großbritannien (1707). 310 Ariovist (1. Jahrhundert v.u.Z.) Führer des germanischen Stammes der Sueven» kämpfte gegen Cäsar. 430 431 Aristoteles (384-322 v.u.Z.) unter den „alten griechischen Philosophen ... der universellste Kopf", der „auch bereits die wesentlichsten Formen des dialektischen Denkens untersucht" hat (Engels). Er schwankte zwischen Materialismus und Idealismus; Ideologe der Klasse der Sklavenhalter, 202 359
Arkmight, Sir Richard (1732-1792) englischer Unternehmer aus der Periode der industriellen Revolution; Konstrukteur und Erbauer verschiedener Spinnmaschinen. 538 Arminius (17v.u.Z.-21 u.Z.) Cheruskerfürst, der den Kampf der germanischen Stämme gegen die Römer leitete und diese im Jahre 9 u. Z. im Teutoburger Wald besiegte. 443 -448 Arnold, Wilhelm (1826-1883) Historiker des Rechts, der Volkswirtschaft und der Kultur; Verfasser des Werkes „Deutsche Urzeit". 495 503 508 509 512-514 Asprenas, Lucius Nonius (etwa 28 v.u.Z. bis 30 u.Z.) römischer Staatsmann und Feldherr, nahm an den Kriegen gegen die Germanen teil. 443 445 Astor, William (1829-1892) amerikanischer Millionär, großer Eisenbahnunternehmer. 307 Auer, Ignaz (1846-1907) Sattler; einer der Führer der sozialdemokratischen Partei, Reformist; viele Jahre Mitglied des Reichstags. 13 521 Augustus, Gajus Julius Cäsar Octavianus (63 v.u.Z. bis 14 u.Z.); römischer Kaiser (27 v.u.Z. bis 14 u.Z.). 299 430 431 437 439 440 446- 448 451 453 455 Aurelle de Paladines, Louis-Jean-Baptiste d' (1804-1877) französischer General, befehligte im Deutsch-Französischen Krieg die Loire-Armee; im März 1871 Befehls
haber der Nationalgarde von Paris; Klerikaler, Deputierter der Nationalversammlung von 1871.352-354
Babeuf, Franfois-Noel (Gracchus) (1760 bis 1797) französischer Revolutionär, utopischer Kommunist, Organisator der Verschwörung der Gleichen. 191 Bacon, Francis, Viscount of Saint Albans and Baron of Verulam (Baco von Verulam) (1561-1626) englischer Staatsmann und Politiker, Philosoph, Naturforscher und Historiker. „Der wahre Stammvater des englischen Materialismus und aller modernen experimentierenden Wissenschaft ist Baco" (Marx). 203 527-529 Bakunin, Michail Alexandrowilsch (1814 bis 1876) einer der russischen Ideologen und Publizisten des Anarchismus; Teilnehmer der Revolution 1848/49 in Deutschland; beeinflußte ideologisch die Volkstümlerbewegung; trat in der IAA als geschworener Feind des Marxismus auf und wurde 1872 auf dem Haager Kongreß wegen Spaltertätigkeit aus der IAA ausgeschlossen. 7 13 91-93 115 122 123 144 295 345 521 Baifour, J.A. 1881 Mitglied des englischen Parlaments. 261 A D_? ^./lOOQ IQOTVf ljuiulz-, s-iusamc-i utytu//jc\iuiu~iuu#; nauzösischer reaktionärer Politiker, Deputierter der Nationalversammlung von 1871, Orleanist, 1873 Minister für Volksbildung, seit 1876 Senator. 114 Bauer, Bruno (1809-1882) idealistischer Philosoph, Religionshistoriker und Publizist; Junghegelianer; nach 1866 Nationalliberaler, 297 298 300 Beaconsfield, Earl siehe Disraeli (D'Israeli), Benjamin Bebel, August (1840-1913) Marxist, Mitbegründer und einer der bedeutendsten Führer der deutschen Sozialdemokratie; Freund und Schüler von Marx und Engels. Als entschiedener Gegner des preußischen Militarismus setzte er sich für die Einigung Deutschlands auf revolutionärdemokratischem Wege ein. 1878-1890
führte er die Sozialdemokratie im illegalen Kampf gegen das Sozialistengesetz; er wurde „zum fähigsten Parlamentarier Europas, zum talentiertesten Organisator und Taktiker, zum einflußreichsten Führer der internationalen Sozialdemokratie, die dem Reformismus und dem Opportunismus feindlich gegenüberstand" (Lenin). 38 9 13 150 282 521 Becker, Bernhard (1826 -1882) Publizist, Lassalleaner; Präsident des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (1864/1865). 1872 Delegierter des Haager Kongresses der IAA. 14 Becker, Hermann Heinrich (der „rote Becker") (1820-1885) Landgerichtsreferendar und Publizist in Köln; seit 1850 Mitglied des Bundes der Kommunisten, 1852 im Kölner Kommunistenprozeß verurteilt; später Nationalliberaler. 61 Becker, Johann Philipp (1809-1886) Bürstenbinder; aktiver Teilnehmer der Revolution von 1848/49, Organisator der deutschen Sektionen der IAA in der Schweiz und in Deutschland, Delegierter der Londoner Konferenz von 1865 und aller Kongresse der IAA, Redakteur der Zeitschrift „ Der Vorbote "(1866 -18 71); Fr eu nd und Kampfgefährte von Marx und Engels. icin U7 Bernstein, Eduard (1850-1932) Sozialdemokrat, Publizist, Redakteur der Zeitung „Der Sozialdemokrat" (1881-1890); Delegierter des Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongresses von 1889; trat nach Engels' Tod offen als Revisionist des Marxismus auf und war einer der Führer des opportunistischen Flügels der deutschen Sozialdemokratie und der II. Internationale. 150 153 155 156 158 Beust, Friedrich von (1817-1899) ehemaliger preußischer Offizier, trat wegen seiner politischen Überzeugung m den Ruhestand; 1848 Komitee-Mitglied des Kölner Arbeitervereins, Redakteur der „Neuen Kölnischen Zeitung" (September 1848 bis Februar 1849); 1849 nahm er am badisch-pfälzischen Aufstand teil, danach
Emigrant in der Schweiz; Professor der Pädagogik. 511 Bignami, Enrico (1846-1921) italienischer Publizist, Republikaner, Teilnehmer am nationalen Befreiungskampf jn Italien unter der Führung Garibaldis; Mitglied der IAA, Redakteur der Zeitung „La Plebe". 89 Binz, Karl (1832-1913) Arzt und Pharmakologe, gründete 1869 das pharmakologische Institut in Bonn. 40 Bismarck, Otto Fürst von (1815-1898) Staatsmann und Diplomat, Interessenvertreter des preußischen Junkertums, preußischer Ministerpräsident (1862-1871) und Reichskanzler (1871-1890); vollzog die Vereinigung Deutschlands „auf konterrevolutionärem Weg, auf Junkerart" (Lenin), mit Hilfe dynastischer Kriege (1866 gegen Österreich und die mit ihm verbündeten deutschen Kleinstaaten sowie 1870/71 gegen Frankreich); sicherte durch innenpolitische Maßnahmen das Bündnis des Junkertums mit der Großbourgeoisie und förderte die Stärkung des preußisch-deutschen Militarismus; als Feind der Arbeiterbewegung setzte er 1878 das Sozialistengesetz durch, das der Kampf der Arbeiterklasse 1890 zu Fall brachte; dies war auch die Hauptursache für seinen Sturz. 8 23 24 49 113 121 138-140 146 148 149 157 159 162 167 170 171 172 173 175 221 264 277 280-282 311-314322 323 Blanqui, Jerome-Adolphe (1798-1854) französischer bürgerlicher Ökonom und Historiker ökonomischer Lehren, Vertreter der vulgären politischen Ökonomie. 229 Blanqui, Louis-Augtiste (1805-1881) französischer Revolutionär, utopischer Kommunist; Organisator mehrerer Geheimgesellschaften und Verschwörungen; aktiver Teilnehmer an den Revolutionen von 1830 und 1848; gehörte zu den hervorragendsten Führern der proletarischen Bewegung in Frankreich; verbrachte insgesamt 36 Jahre im Gefängnis. 181 Bleichröder, Gerson von (1822-1893) Chef eines großen Bankhauses in Berlin, Privat
bankier Bismarcks, sein inoffizieller Berater in Finanzfragen und Mittelsmann bei verschiedenen spekulativen Machenschaften. 169 172 173 Blume, Wilhelm Hermann von (1835-3919) preußischer General und Militärschriftsteller; nahm am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teil. 354 Böckh, August (1785-1867) Philologe und Altertumsforscher, schrieb Arbeiten über die ökonomische Geschichte der Antike. 380 Böhme, Jakob 0 575-1624) von Beruf Schuhmacher, mystischer Philosoph. 527 Bolingbroke, Henry St. John, Viscount (1678 bis 1751) deistischer Philosoph, Politiker, ein Führer der Tories. 536 Bonaparte, Jerome-Napoleon-Joseph-CharlesPaul, Prinz Napoleon (1822-1891) Sohn von Jerome Bonaparte, Vetter Napoleons III.; während der Zweiten Republik Deputierter der konstituierenden und der gesetzgebenden Nationalversammlung; 1854 Divisionskommandeur; Befehlshaber eines Korps im italienischen Krieg 1.859; bekannt unter den Beinamen Plon-Plon und Roter Prinz. 100 Börne, Karl Ludwig (1786-1837) Publizist und Kritiker, Vertreter der radikalen kleinbürgerlichen Opposition; Verfasser der „Briefe aus Paris", welche die Deutschen mit den revolutionären Ereignissen in Frankreich bekannt machten; gegen Ende seines Lebens Anhänger des christlichen Sozialismus. 518 Bornstedt, Adalbert von (1808-1851) ehemaliger preußischer Offizier, Publizist, kleinbürgerlicher Demokrat, 1847/48 Herausgeber und Redakteur der „ DeutschenBrüsseler-Zeitung", einer der Führer der Deutschen demokratischen Gesellschaft in Paris; Mitglied des Bundes der Kommunisten; im März 1848 aus dem Bund ausgeschlossen. 181 Bracke, Wilhelm (1842-1880) Herausgeber sozialistischer Literatur in Braunschweig; einer der Führer der Eisenacher, stand Marx und Engeis nahe; trat, obgleich
nicht konsequent genug, gegen die opportunistischen Elemente in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei auf..5 8 13 91 150 166 521 Brandenburg, Friedrich Wilhelm, Graf von (1792-1850) preußischer General und Staatsmann, Präsident des konterrevolutionären Ministeriums in Preußen (November 1848 bis November 1850). 81 Braune, Wilhelm (1850-1926) Germanist, schrieb Arbeiten über die Geschichte der deutschen Sprache. 495 496 506 Brentano, Lujo (1844-1931) Ökonom, Kathedersozialist. 543 Brequigny, Louis-Georges Oudard Feudrix de (1714-1794) französischer Historiker. 479 Bright, John (1811-1889) englischer Fabrikant, liberaler Politiker, Anhänger des Freihandels, Mitbegründer der AntiKorngesetz-Liga, mehrmals Minister in liberalen Kabinetten. 276 284 541 Bucher, Lothar (1817-1892) preußischer Justizbeamter, Publizist; 1848 Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung (linkes Zentrum); später Nationalliberaler, Mitarbeiter Bismarcks im Auswärtigen Amt. 138-141 Buchez, Philippe-Joseph-Benjamin (1796 bis 1865) französischer Politiker und Historiker, bürgerlicher Republikaner, ein Ideologe des christlichen Sozialismus. 5 6 27 Buckland, William (1784-1856) englischer Geologe. 529 Biilow-Cummerow, Ernst Gottfried Georg von (1775-1851) Publizist und Politiker, vertrat die Anschauungen des preußischen Junkertums. 65
Calvin, Jean (1509-1564) Reformator in Genf, Begründer einer Richtung des Protestantismus, des Calvinismus, der die Interessen der Bourgeoisie in der Epoche der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals ausdrückte. 534 Camphausen, Ludolf (1803-1890) Bankier In Köln, einer der Führer der rheinischen liberalen Bourgeoisie; preußischer Mi
nisterpräsident (März bis Juni 1848); betrieb eine verräterische Vereinbarungspolitik mit den konterrevolutionären Kräften. 35 96 Carlyle, Thomas (1795-1881) englischer Schriftsteller, Historiker und idealistischer Philosoph, Verfechter des Heroenkults; kritisierte die englische Bourgeoisie vom Standpunkt der reaktionären Romantik, schloß sich den Tories an; nach 1848 erklärter Gegner der Arbeiterbewegung. 192 284 Cartwright, Edmund (1743-1823) Erfinder des mechanischen Webstuhls. 538 Cäsar, Gajus Julius (etwa 100-44 v.u.Z.) römischer Feldherr und Staatsmann; Geschichtsschreiber, verfaßte das Werk „De bello Gallico". 299 318 319 387 402 425 429 - 435 437 446 447 452 460 467-469 Chilperich I. (gest. 584) König von Neustrien (Teil des Frankenreiches) (561-584), aus der Dynastie der Merowinger. 478 Chlodwig I. (465-511) fränkischer König (481-511), Begründer der Dynastie der Merowinger. 508 Claudius, Tiberius Claudius Drusus Nero Germanicus (10 v.u.Z. bis 54 u.Z.) römischer Kaiser (41-54). 448 Cluseret, Gustave-Paul (1823-1900) französischer Politiker, Mitglied der IAA, schloßsich den Bakunisten an; nahm 1870 an den revolutionären Aufständen in Lyon und Marseille teil, Mitglied der Pariser Kommune; emigrierte nach der Niederschlagung der Kommune nach Belgien. 145 Cobden, Richard (1804-1865) Fabrikant in Manchester, Liberaler, Anhänger des Freihandels, Mitbegründer der AntiKorngesetz-Liga, Mitglied des Parlaments. 273-276 284 541 Collins, JohnAnthony (1676-1729)englischer materialistischer Philosoph, Deist. 528 Correggio (eigtl. Antonio Allegri) (etwa 1489 oder 1494-1534) italienischer Maler. 45 Cosijn, Pieter Jakob (1840-1899) holländischer Philologe, Spezialist für germanische Sprachen. 497
Cournot, Antoine-Augustin (1801 -1877) französischer bürgerlicher Vulgärökonom, einer der Vorgänger der subjektiven Richtung in der politischen Ökonomie; versuchte in seiner Arbeit „Recherches sur les principes mathömatiques de la th£orie des richesses" mathematische Verfahren zur Apologie des Kapitalismus anzuwenden. 383 Coward, William (etwa 1657-1725) englischer Arzt, materialistischer Philosoph. 528 Crassus, Marcus Liciflius (etwa 115 v.u.Z. bis 53 v.u.Z.) römischer Politiker und Feldherr; unterdrückte 71 v.u.Z. den Spartacusaufstand; war zweimal Konsul. 430 434 Crocker, Charles (1822-1888) amerikanischer Eisenbahnunternehmer, Millionär. 306 Cromwell, Oliver (1599-1658) englischer Staatsmann; Führer der Bourgeoisie und des verbürgerlichten Adels während der bürgerlichen Revolution im 17. Jahrhundert; von 1653-1658 Lord-Protektor (Staatsoberhaupt) von England, Schottland und Irland. 534
Dahlmann, Friedrich Christoph (1785-1860) Historiker und liberaler Politiker; schrieb Werke über die Geschichte Dänemarks und Deutschlands. 465 Danielson, Nikolai Franzewitsch (Pseudonym: Nikolai-onW 844-1918)russischer Schriftsteller und Ökonom; einer der Ideologen der Volkstümler in den achtziger bis neunziger Jahren; stand mehrere Jahre mit Marx und Engels in Briefwechsel, übersetzte den 1., 2. und3. Band des „Kapitals" ins Russische (den I.Band gemeinsam mit G.A.Lopatin). 421 424 Dante Alighieri (1265-1321) größter Dichter Italiens; in seinem Hauptwerk „Die Göttliche Komödie" zeichnete er das Weltund Menschenbild des Mittelalters. 96 Darwin, Charles Robert (1809-1882) englischer Naturforscher, Begründer der Lehre von der Entstehung und Entwicklung der Pflanzen- und Tierarten. 187 205 216 333 335 524
Dawkins, Sir William Boyd (1837-1929) englischer Geologe, Anthropologe, Paläontologe und Archäologe; schrieb Arbeiten über die Urbevölkerung Europas. 425 450 Delbrück, Martin Friedrich Rudolf von (1817 bis 1903) Staatsmann; Anhänger, des Freihandels, bis 1876 einer der engsten Mitarbeiter Bismarcks; Mitglied des Reichstags (1878-1881); trat gegen die protektionistische Politik Bismarcks auf. 47 49 Demokritfos) am Abdera (etwa 460 bis etwa 370 v.u.Z.) griechischer Philosoph; einer der Begründer der Atomistik; gab als erster ein materialistisches Weltbild, das durch viele Schüler weiterentwickelt wurde. 527 Demosthenes (384-322 v.u.Z.) hervorragender Redner und Politiker des griechischen Altertums, Führer der antimakedonischen Partei in Athen, Anhänger der Sklavenhalterdemokratie. 372 Demuth, Helene (1823-1890) Hausgehilfin und treue Freundin der Familie Marx. 342 Deprez, Marcel (Marc) (1843-1918) französischer Physiker und Elektrotechniker, bekannt durch seineVersuche, Elektroenergie über weite Entfernungen zu leiten. 336 Descartes (Cartesius). Ren4(1596-1650) französischer dualistischer Philosoph, Mathematiker und Naturforscher. 202 Diderot, Denis (1713-1784) französischer Philosoph, Vertreter des mechanischen Materialismus, Atheist; ein Ideologe der französischen revolutionären Bourgeoisie, Aufklärer, Haupt der Enzyklopädisten. 202 Dilke, Sir Charles Wentworth (1843-1911) englischer Politiker und Schriftsteller, einer der Führer des radikalen Flügels der Liberalen Partei, stellv. Außenminister (1880-1882), Präsident des Amtes für Lokalverwaltung (1882-1885). 261 Dillon, John (1851-1927) irischer Politiker, einer der Führer der irischen nationalen Landliga; 1880 Mitglied des eng
iischen Parlaments; wurde in den achtziger Jahren mehrfach verhaftet. 281 Dillon, Sidney (1812-1892) amerikanischer Millionär, Eisenbahnunternehmer und Finanzier. 307 Dio(n), Cassius (Cassius Dio) Coccejanus (etwa 155 bis etwa 235) römischerGeschichtsSchreiber und Staatsmann; Vertreter der Senatsaristokratie; schrieb in griechischer Sprache 80 Bücher über die römische Geschichte. 430 439 - 442 444 446 464 Disraeli (D'Israeli) Benjamin, (seit 1876) Earl ofBeaconsfield (1804 -1881) britischer Staatsmann und Schriftsteller, einer der Führer der Tories, dann der Konservativen Partei; Schatzkanzler (1852, 1858 bis 1859 und 1866-1868), Premierminister (1868 und 1874-1880). 259 541 Dodioell, Henry (the younger) (gest. 1784) englischer materialistischer Philosoph, Deist. 528 Dolleschall, Laurenz (geb. 1790) Polizeibeamter in Köln (1819-1847); Zensor der „Rheinischen Zeitung". 96 Domitian(us), Titus Flavias (51-96) römischer Kaiser (81-96). 449 Domitius, Lucius Ahenobarbus (gest. 25 u.Z.) römischer Staatsmann und Militär; führte im I.Jahrhundert mehrere Feld« i r^ T t i-jn A *r\ aai zuge nacn uermamen aurcn. uu tw ti i Doios, David (1814-1890) amerikanischer Finanzmann, Millionär. 307 Drusus, Nero Claudius (etwa 38-9 v.u.Z.) römischer Feldherr, führte in den Jahren 12-9 v.u.Z. Feldzüge gegen die Germanen. 437-440 448 Ducrot,Auguste-Alexandre (1817-1882) französischer General; beteiligte sich 1872 bis 1878 an monarchistischen Verschwörungen, die das Ziel hatten, die republikanische Staatsordnung zu stürzen. 114 Diihring, Eugen (1833-1921) eklektischer Philosoph und Vulgärökonom, Vertreter des reaktionären kleinbürgerlichen Sozialismus; vereinigte in seiner Philosophie den Idealismus, den Vulgärmaterialismus und den Positivismus; Metaphysiken schrieb auch über Fragen der Natur
wissenschaft und der Literatur; von 1863 bis 1877 Privatdozent an der Berliner Universität. 45 185 186 524 Duncker, Franz Gustav (1822-1888) bürgerlicher Politiker und Verleger. 100 Dunoyer, BartKelemy-Charles-Pierre- Joseph (1786-1862) französischer Ök onom und bürgerlicher Politiker. 229 Duns Scotus, John (etwa 1265 -1308) scholastischer Philosoph, Vertreter des Nominalismüs, der im Mittelalter der erste Ausdruck des Materialismus war; Verfasser des vielbändigen „Opus Oxoniense". 527
Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich (1779 bis 1856) preußischer Staatsmann; als Kultusminister (1840-1848) begünstigte er die ultramontanen und pietistischorthodoxen Tendenzen. 71 Einhard (etwa 770 - 840) fränkischer Geschichtsschreiber, Biograph Karls des Großen. 477 Engel, Ernst (1821-18%) Statistiker, 1860 bis 1882 Direktor des königlich-preußischen statistischen Büros in Berlin. 285 Engelhardt, Helvig Conrad Christian (1825 bis 1881) dänischer Archäologe, Direktor des Museums für nordische Altertümer in Kopenhagen. 457 Engels, Friedrich (1820-1895). 7-9 13 35 55 88 90 97 98148-150166181 182185-188 217 229 241 292 294 296 305 309 311 317 332 335 338-347 436 463 521-523 525 526 528 529 532 533 543 544 Epikur (etwa 341 bis etwa 270 v.u.Z.) griechischer materialistischer Philosoph, Atheist. 303 Erlach, Franz von (1819-1889) Schweizer Offizier, Militärschriftsteller; während des Deutsch-Französischen Krieges 1871/72 als Beobachter beim deutschen Hauptquartier. 353 Ewald, Georg Heinrich August (1803-1875) Orientalist, Erforscher und Kritiker der Bibel. 299 Eynern, Ernst von (1838-1906)Politiker und
Kaufmann, seit 1879 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, erbitterter Feind der Sozialdemokratie. 187
Fair, James Graham (1831-1894). amerikanischer Kapitalist und Politiker, Anhänger der Republikanischen Partei; Senator (1881-1887). 306 Fallmerayer, Jakob Philipp (1790-1861) Geschichtsschreiber und Reisender. 302 Favre, Claude-Gabriel-Jules (1809-1880) französischer Advokat und Politiker, einer der Führer der gemäßigten bürgerlichen Republikaner, Außenminister in der Regierung der nationalen Verteidigung und in der Regierung Thiers (1870/1871), führte die Verhandlungen über die Kapitulation von Paris und den Friedensschluß mit Deutschland; Henker der Pariser Kommune. 145 351 Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814) ein Hauptvertreter der klassischen deutschen Philosophie, subjektiver Idealist; Sohn eines Handwerkers; begeisterter Anhänger der Französischen Revolution; 1811/1812 Rektor der Universität Berlin. Durch seine „Reden an die deutsche Nation" trug er zur Herausbildung des damals in der Grundlinie fortschrittlichen bürgerlichen Nationalbewußtseins in Deutschland bei. 188 Field, Cyrus West (1819-1892) amerikanischer Millionär; Gründer der atlantischen Telegraphen-Gesellschaft. 306 Flocon, Ferdinand (1800-1866) französischer Politiker und Publizist, kleinbürgerlicher Demokrat; Redakteur der Zeitung „La Reforme"; 1848 Mitglied der provisorischen Regierung. 98 Florus, Publius Annäus (2. Jahrhundert) römischer Geschichtsschreiber, verfaßte einen Abriß der römischen Geschichte. . 438 439 Flourens, Gustave (1838-1871) französischer Naturforscher, Revolutionär, Blanquist; Mitglied der Pariser Kommune; wurde im April 1871 von den Versaillern ermordet. 332
Forster, William Edward (1818-1886) englischer Fabrikant und Politiker, Liberaler, Minister für Irland (1880-1882); unterdrückte die irische nationale Befreiungsbewegung auf das grausamste. 280 282540 541 Fould, Achille (1800-1867) französischer Bankier und Staatsmann, Orleanist, später Bonapartist; war von 1849 bis 1867 mehrere Male Finanzminister; Staatsminister und Minister des kaiserlichen Hofes (1852-1860). 169 Fourier, Franfois-Marie-Charles (1772-1837) französischer utopischer Sozialist. 188 191 193 196 197 216 219 523 Frankel, Leo (1844-18%) Goldschmied; Vertreter der ungarischen und internationalen Arbeiterbewegung; Mitglied der Pariser Kommune, Mitglied des Generalrats der IAA (1871/1872), Mitbegründer der Ungarländischen Allgemeinen Arbeiterpartei; Kampfgefährte von Marx und Engels. 33 Franz Joseph I. (1830-1916) Kaiser von Österreich (1848-1916). 146 Fribourg, E.E. Graveur, später Kaufmann; rechter Proudhonist; einer der Führer der Pariser Sektion der IAA; veröffentlichte 1871 ein Buch über die IAA, das sich gegen die IAA und die Pariser Kommune richtete. 143 Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) König von Preußen (1797-1840). 96 221 239 Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) König von Preußen (1840-1861). 35
Gambetta, Leon (1838-1882) französischer Staatsmann, bürgerlicher Republikaner, Mitglied der Regierung der nationalen Verteidigung (1870/1871); organisierte in den Provinzen den bewaffneten Widerstand gegen Preußen; Ministerpräsident und Außenminister (1881/1882). 352 bis 354 Garrett, John Work (1820-1884) amerikanischer Millionär, Eisenbahnunternehmer, Bankier. 307 Garrison amerikanischer Millionär. 306
Geib, August (1842-1879) Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Eisenacher); Kassierer der Partei (1872 bis 1878); Mitglied des Reichstags (1874 bis 1876). 13 521 Georg I. (1660-1727) König von Großbritannien und Irland (1714-1727). 310 Germanicus, Julius Cäsar (15 v. u. Z.-19 u. Z.) römischer Feldherr, führte Feldzüge gegen die Germanen. 434 445 448 Giffen, Sir Robert (1837-1910) englischer Nationalökonom und Statistiker, Finanzfachmann, Herausgeber des „Journal of the Statistical Society" (1876-1891), Leiter der Statistischen Abteilung im Board of Trade (Handels- und Verkehrsministerium) (1876-1897). 226 Gladstone, Robert (1811-1872) englischer Kaufmann, bürgerlicher Philanthrop. 30 Gladstone, William Ewart (1809-1898) britischer Staatsmann, Tory, danach Peelit, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Führer der Liberalen Partei; Schatzkanzler (1852-1855 und 1859-1866), Premierminister (1868-1874, 1880-1885,1886 und 1892-1894). 51 261 282 331 Goegg,Amand (1820-1897) Journalist, kleinbürgerlicher Demokrat, 1849 Mitglied der badischen provisorischen Regierung; nach der Niederlage der Revolution emigrierte er ins Ausland; in den siebziger Jahren schloß er sich der deutschen Sozialdemokratie an. 6 Goethe, Johann Wolf gang von (1749-1832) bedeutendster Repräsentant der deutschen Klassik; eine der hervorragendsten Dichterpersönlichkeiten der Weltliteratur. 25 Golowatschow, Alexej Adrianowitsch (1819 bis 1903) russischer liberaler Politiker und Publizist, einer der Führer des Twerer Gouvernementskomitees zur Befreiung der Bauern; nahm teil an der Ausarbeitung eines Projektes zur Abschaffung der Leibeigenschaft, das im wesentlichen die Grundlage für die „Verordnungen" vom. 19. Februar 1861 bildete. Verfasser der Werke „Desjat Iet reform, 1861-1871",
„Istorija shelesno-doroshnowo dela w Rossii" u.a. 410 411 Goltz, Theodor, Freiherr von der (1836-1905) Gelehrter, Agronom; Verfasser des Werkes „Die Lage der ländlichen Arbeiter im Deutschen Reich". 46 Gould, Jay (1836-1892) amerikanischer Millionär, Eisenbahnunternehmer und Finanzmann. 306 Gregor von Tours (Georgius Florentius) (etwa 540 bis etwa 594) Theologe und Historiker, seit 573 Bischof von Tours; Verfasser der „Historia Francorum", einer der wichtigsten Quellen für die Erforschung der Geschichte der Franken im 5. und 6. Jahrhundert. 478 Gregorius Kirchenheiliger. 479 Grimm, Jacob' (1785-1863) hervorragender Philologe und Kulturhistoriker, mit seinem Bruder Wilhelm (1786-1859) Begründer der deutschen Sprachwissenschaft; Verfasser einer historischen „Deutschen Grammatik"; gab u.a. gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm „Deutsche Kinder- und Hausmärchen" und von 1852 an die ersten Bände des „Deutschen Wörterbuchs" heraus. 1848/49 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung; gehörte zu den Göttinger Sieben. 436 463 bis 466 468 469 493 494 498 499 511 Guerard, Benjamin-Edme-Charles (1797 bis 1854) französischer bürgerlicher Historiker, schrieb Arbeiten über die Geschichte des mittelalterlichen Frankreichs. 480 493 Guillaume, James (1844-1916) Schweizer Lehrer; Anarchist, Bakunist, einer der Organisatoren der Allianz der sozialistischen Demokratie, wurde auf dem Haager Kongreß wegen zersetzender Tätigkeit aus der IAA ausgeschlossen; während des ersten Weltkriegs Sozialchauvinist. 93 94 Guizot, Frangois-Pierre-Guillaume (1787 bis 1874) französischer Historiker und Staatsmann, Orleanist, leitete von 1840-1848 die Innen- und Außenpolitik Frankreichs, vertrat die Interessen der großen Finanzbourgeoisie. 97
Guntram (etwa 525-593) König von Burgund (561-593). 478 482
Hadrian(us), Publius Älius (76-138) römischer Kaiser (117-138). 449 Hansemann, David Justus (1790-1864) Großkapitalist,einer der Führer der rheinischen liberalen Bourgeoisie, von März bis September 1848 preußischer Finanzminister, betrieb eine verräterische Vereinbarungspolitik mit den konterrevolutionären Kräften. 96 169 Hartley, David (1705-1757) englischer Arzt und materialistischer Philosoph. 528 Hasenclever, Wilhelm (1837-1889) Sozialdemokrat, Lassalleaner, Präsident des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (1871-1875). 3 8 Hasselmann, Wilhelm (geb. 1844) einer der Führer des lassalleanischen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins; Redakteur der Zeitung „Neuer Social-Demokrat" (1871-1875); 1880 als Anarchist aus der sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen. 3 8 Haxthausen, August, Freiherr von(1792-1866) preußischer Regierungsrat und Verfasser mehrerer Werke, in denen er die Überbleibsel der Obschtschina (Gemeindebesitz an Boden) in den Agrarverhältnissen Rußlands beschrieb; seinen politischen Ansichten nach reaktionärer Anhänger der Leibeigenschaft. 107 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831) bedeutendster Vertreter der klassischen deutschen Philosophie (objektiver Idealist), die im Hegeischen System ihren Höhepunkt findet, „worin zum erstenmal - und das ist sein großes Verdienst die ganze natürliche, geschichtliche und geistige Welt als ein Prozeß, d.h. als in steter Bewegung, Veränderung, Umbildung und Entwicklung begriffen dargestellt und der Versuch gemacht wurde, den inneren Zusammenhang in dieser Bewegung und Entwicklung nachzuweisen" (Engels). 187-189 197 206-208 297 531
Heine, Heinrich (1797-1856) bedeutender Dichter und leidenschaftlicher Patriot, Feind des Absolutismus und der feudalklerikalen Reaktion, Vorkämpfer einer demokratischen deutschenLiteratur; enger Freund der Familie Marx. 299 Heinrich VII. (1457-1509) König von England (1485-1509). 535 Heinrich VIII. (1491-1547) König von England (1509-1547). 535 Heraklit (Herakleitos) aus Ephesos (etwa 540 bis etwa 480 v.u.Z.) griechischer materialistischer Philosoph der Antike, einer der Begründer der Dialektik. 202 Herodot (etwa 484-425 v.u.Z.) griechischer Geschichtsschreiber. 372 428 Herzen, Alexander Iwanowitsch (1812-1870) bedeutender russischer revolutionärer Demokrat; materialistischer Philosoph, Publizist und Schriftsteller; emigrierte 1847 ins Ausland, organisierte in London eine russische freie Druckerei, gab das Jahrbuch „Poljarnaja Swesda" und die Zeitung „Kolokol" heraus. 107 Heyne, Moritz (1837-1906) Germanist; Verfasser und Herausgeber von Schriftdenkmälern der altdeutschen und gotischen Sprache; einer der Fortsetzer von Grimms „Deutschem Wörterbuch". 494-496 502 Hildebrand, Hans Olof Hildebrand (1842 bis 1913) schwedischer Archäologe, Historiker und Numismatiker, schrieb Arbeiten über die Geschichte des schwedischen Altertums und Mittelalters. 454 Hildebrannfus) (8. Jahrhundert) Eigentümer des Gutes Patriclacum (Percy) bei Autun (Frankreich). 483 Hincmar Remensis (Hinkmar) (etwa 806 - 882) seit 845 Erzbischof von Reims; Verfasser desdrittenTeiles der „Annales Bertiniani", der sich auf die Jahre 861-882 bezieht. 479 491 Hinkmar (etwa 830-882) Erzbischof der Stadt Laon (Frankreich). 485 Hirsch, Karl (1841-1900) Journalist, Sozialdemokrat, Redakteur mehrerer sozialdemokratischer Zeitungen; im Sommer 1879 war er in Paris, wo er die Ideen des
wissenschaftlichen Sozialismus propagierte. 150 153-158 Hobbes, Thomas (1588-1679) englischer Philosoph, Vertreter des mechanischen Materialismus; brachte in seinen sozialpolitischen Anschauungen antidemokratische Tendenzen zum Ausdruck. 528 529 536 Höchberg» Karl (Pseudonym: Richter) (1853 bis 1885) Sozialreformist; schloß sich 1876 der Sozialistischen Arbeiterpartei an, gründete und finanzierte eine Reihe reformistischer Zeitungen und Zeitschriften. 150 153-157 159 Hödel, Max (1857-1878) Handwerksgeselle aus Leipzig;'verübte 1878 ein Attentat auf Kaiser Wilhelm I„ das als Vorwand für den Erlaß des Sozialistengesetzes diente. 139 145 Howell, George (1833-1910) Maurer, einer der reformistischen Führer der TradeUnions; Mitglied des Generalrats der IAA (1864-1869), Sekretär des parlamentarischen Komitees des britischen Trades Union Congress. 142-147 Humboldt, Alexander, Freiherr von (1769 bis 1859) bedeutender, universeller Naturforscher des beginnenden 19. Jh.; Forschungsreisender; Humanist; während der zweiten Hälfte seines Leoens stano er im preußischen Hof dienst; er machte sich um die Förderung der Berliner Universität und Akademie sehr verdient und verbreitete auf populärwissenschaftliche Art viele seiner Forschungsergebnisse. 97 291 293 Huntington, Collis Potter (1821 -1900) amerikanischer Millionär., Eisenbahnunternehmer. 306
Illingworth, A. 1881 Mitglied des englischen Parlaments. 261 Irminon (gest. etwa 826) Abt des Klosters von Saint-Germain-des-Pres bei Paris (812-817). 493
Jakob II. Stuart (1633-1701) König von England (1685-1688). 309
Janson, Juli Eduardowitsch (1835-1893) russischer fortschrittlicher Statistiker und Ökonom, Professor an der Petersburger Universität, leitete seit 1881 die statistische Abteilung der Petersburger Stadtverwaltung; verfaßte Arbeiten über Theorie und Geschichte der Statistik. 411-413 416418 Jewett, Hugh Judge (etwa 1817-1898) amerikanischer Bankier und Unternehmer, Millionär, Präsident einiger Eisenbahnunternehmen, Kongreßmitglied. 306 Jhering, Rudolf öori (1818 -1892) Jurist, vertrat die Ansichten der Großbourgeoisie, führte die „positive" und die „praktischdogmatische" Richtung der bürgerlichen Rechtsschule an. 378 380 Johann VIII. Papst (872-882). 479 Johann (i 782-1859) Erzherzog von Österreich, wurde durch Wahl der Frankfurter Nationalversammlung deutscher Reichsverweser (Juni 1848 bis Dezember 1849). 60 85 86 Johann (literarisches Pseudonym: Philalethes) (1801-1873) König von Sachsen (1854-1873), übersetzte Werke von Dante. 96 Jordanis (geb. etwa 500) gotischer Geschichtsschreiber. 453 1 J i 1 JVII(UJfUCd aicuc yviuuiiw Jottrand, Lucien-lAopold (1804-1877) belgischer Jurist und Publizist; in den vierziger Jahren kleinbürgerlicher Demokrat; 1847 Präsident der Association d6moeratique in Brüssel. 59
Kant, Immanuel (1724-1804) Begründer der klassischen deutschen Philosophie, „Der Grundzug der Kantschen Philosophie ist eine Aussöhnung von Materialismus und Idealismus, ein Kompromiß zwischen beiden, eine Verknüpfung verschiedenartiger, einander widersprechender philosophischer Richtungen in einem System" (Lenin). Die in der ersten Periode seiner Tätigkeit entstandenen naturwissenschaftlichen Schriften und besonders seine Hypothese von der Weltentstehung ent
halten Elemente des Materialismus und einer spontanen Dialektik. Der 1795 von Kant entwickelte Gedanke über die Notwendigkeit des ewigen Friedens zwischen den Völkern ist ein Höhepunkt des gesellschaftlichen Denkens jener Zeit. 187 188 197 205 531 Kardorff, Wilhelm von (1828-1907) Politiker, Mitglied des Reichstags (1868 -1906), Mitbegründer der Freikonservativen Partei (Reichspartei), Protektionist. unterstützte die Innen- und Außenpolitik Bismarcks. 37 44 45 47-49 Karl I. (1600-1649) König von England (1625-1649), während der englischen bürgerlichen Revolution hingerichtet. 534 Karl II. (1630 -1685) König von England (1660-1685). 309 Karl IL, der Kahle (823-877) König von Westfranken (843-877), fränkischer Kaiser und König von Italien (875 - 877). 484 Karl der Große (etwa 742 -814) seit 768 König der Franken; römischer Kaiser (800 bis814).323 - 325 475 478 479 481 482 486 487 489 491-494 Karl Martell (etwa 688-741) fränkischer Majordomus, ab 715 der wirkliche Herrscher des Frankenreiches. 477 481 483 486 Karlmann (gest. 754) ältester Sohn Karl Martell s; Herrscher von Austrasien, Alemannien und Thüringen (741-747). 499 Karolinger fränkische Königsdynastie (seit 751), die bis 987 in Frankreich, bis Anfang des! 0. Jh. in Deutschland und in Italien geherrscht hat. 465 474 478 483 485-487 495 Katharina II. (1729-17%) Zarin von Rußland (1762-17%). 397 Kayser, Max (1853-1888) Sozialdemokrat, seit 1878 Mitglied des Reichstags, gehörte dem rechten Flügel der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion an. 155-158 Keene, James Robert (1838—1913) amerikanischer Finanzmann, Millionär. 306 Kiratry, £mile, comte de (1832-1905) französischer reaktionärer Politiker, Orleanist; September/Oktober 1870 Präfekt der Pariser Polizei, leitete dann die Aufstellung
der Landstreitkräfte der Bretagne, 1871 Präfekt des Departements Haute-Garonne; April 1871 maßgeblich an der Niederschlagung der Kommune in Toulouse beteiligt. 332 353 Kern, Johan Hendrik (1833-1917) holländischer Orientalist und Sanskritist. 4% 499 501 König von Preußen siehe Wilhelm I. König von Sachsen siehe Albert Konstantin I. (der Große), Flavias Valerius J Constantinus (etwa 274-337) römischer Kaiser (306-337). 298 456 Kosciuszko, Tadeusz Andrzej Bonawentura (1746-1817) hervorragender Führer der polnischen nationalen Befreiungsbewegung der neunziger Jahre des 18. Jahrhunderts, beteiligte sich am Unabhängigkeitskampf der Vereinigten Staaten (1776 bis 1783) und wurde 1783 General; Führer des polnischen Aufstandes von 1794. 239 Kowalewski, Maxim Maximowitsch (1851 bis 1916) russischer Soziologe, Historiker und Jurist. 526 Krengel in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts Dorfschulze von Nessin. 64 Krüger, Daniel Christian Friedrich (1819 bis 1896) Jurist und Diplomat, vertrat seit 1873 Hamburg und Bremen im Bundesrat. 47 48 Krupp, Alfred (1812-1887)Großi ndustrieller, r Eigentümer einer Gußstahl- und Geschützfabrik, die vielen Staaten Europas Geschütze und Waffen lieferte. 171 172
Lacomblet, Theodor Joseph (1789-1866) deutscher Historiker, Archivar in Düsseldorf; gebürtiger Franzose. 507 Ladenberg, Adalbert von (1798-1855) Vertreter der reaktionären preußischen Bürokratie; Kultusminister (1848-1850). 71 Lafargue, Laura (1846-1911) Zweitälteste Tochter von Karl Marx, Vertreterin der französischen Arbeiterbewegung, heiratete 1868 Paul Lafargue. 331 332 Lafargue, Paul (1842-1911) französischer Sozialist, Propagandist des Marxismus,
Mitglied des Generalrats der IAA; Mitbegründer der französischen Arbeiterpartei, Schüler und Kampfgefährte von Marx und Engels. 181 186 241 331 332 339 525 Lamartine, Alphonse-Marie-Louis de (1790 bis 1869) französischer Dichter, Historiker und Politiker, in den vierziger Jahren gemäßigter Republikaner; 1848 Außenminister und eigentliches Haupt der provisorischen Regierung. 35 98 347 Lange, Friedrich Alberi (1828-1875) bürgerlicher Philosoph, Neukantianer, Gegner des Materialismus und Sozialismus. 25 355 Lankester, Sir Edwin Ray (1847-1929) englischer Gelehrter, Biologe. 339 Lanskoj, Sergej Stepanowitsch (seit 1861) Graf (1787-1862) russischer Staatsmann, Innenminister (1855-1861); nahm an der Aufhebung der Leibeigenschaft von 1861 teil. 409 Laplace, Pierre-Simon, marquis de (1749 bis 1827) französischer Astronom, Mathematiker und Physiker; entwickelte unabhängig von Kant die Hypothese über das Entstehen des Sonnensystems aus einer gasähnlichen Nebelmasse und begründete sie mathematisch. 187 205 530 7 71 7"1 7• T ri^r 1 Oy* J\ t • L,assaue, reramana VIO^J-IOOTJ „DIS IOUA in der Praxis spezifisch preußischer Vulgärdemokrat mit stark" bonapartistischen Neigungen" (Engels). Lassalle hatte wesentlichen Anteil daran, daß sich die deutschen Arbeiter vom Einfluß der liberalen Bourgeoisie lösten und daß der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein 1863 gegründet wurde, (darin bestand sein historisches Verdienst). Er gab jedoch der Arbeiterklasse keine revolutionäre Orientierung und Zielsetzung; er paktierte mit Bismarck und den preußischen Junkern, unterstützte deren Politik der Einigung Deutschlands „von oben" und verbreitete die Ideologie des „königlich preußischen Regierungssozialismus", die Illusion vom friedlichen Hineinwachsen in den Sozialismus und legte damit den
Grundstein des mit dem Begriff Lassalleanismus verbundenen Opportunismus. 5 8 14 17 18 22-26 138 159 160 186 229 521 Lawrow, Pjotr Lawrowitsch (1823-1900) russischer Soziologe und Publizist, einer der Ideologen der Volkstümler, eklektischer Philosoph, Mitglied der IAA, Teilnehmer der Pariser Kommune, Redakteur der Zeitschrift „Wperjod!" (1873 -1876) und der Zeitung „Wperjodl" (1875/1876). 337 340 343 Lelewel, Joachim (1786-1861) polnischer Historiker und Revolutionär; Teilnehmer am polnischen Aufstand von 1830/31; einer der Führer des demokratischen Flügels in der polnischen Emigration. 240 429 Lemke, Gottlieb (etwa 1844-1885) Mitglied des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London. 335 Leo Africanus (Alhasan ibn Mohammed Alwazzdn) (etwa 1492 bis etwa 1526) arabischer Gelehrter und Reisender; bereiste Nord- und Zentralafrika und Westasien; sein Hauptwerk, eine Beschreibung von Afrika, enthält wertvolles geographisches Material. 461 Leonhardt, Gerhard Adolf Wilhelm (1815 bis 1880) Jurist und reaktionärer Staatsmann, Justizminister von Hannover (1865/1866) und von Preußen (1867-1879). 323 Leopold I. (1790-1865) König von Belgien (1831-1865). 59 Lepine, Jules Sekretär der Pariser Genossenschaft der französischen Arbeiterpartei. 338 Leßner, Friedrich (1825-1910) Schneidergeselle; Mitglied des Bundes der Kommunisten; Teilnehmer der Revolution von 1848/49; Mitglied des Generalrats der IAA; Freund und Kampfgefährte von Marx und Engels. 33 241 339 Lichnowski, Felix Maria, Fürst von (1814 bis 1848) schlesischer Großgrundbesitzer, reaktionärer preußischer Offizier; 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalver
Sammlung (rechter Flügel); während des Septemberaufstandes in Frankfurt a. M. getötet. 65 Liebknecht, Wilhelm (1826-1900) einer der bedeutendsten Führer der deutschen Sozialdemokratie; nahm als Mitglied des Bundes der Kommunisten an der Revolution von 1848/49 teil; emigrierte nach England, wo er zum Freund und Kampfgefährten von Marx und Engels wurde; kehrte 1862 nach Deutschland zurück. Als Mitglied der IAA Propagandist und Agitator des Marxismus; 1869 Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei; verantwortlicher Redakteur des „Vorwärts"; Mitglied des Reichstags (1874-1900); trat während des DeutschFranzösischen Krieges aktiv gegen die preußischen Annexionspläne und für die Verteidigung der Pariser Kommune auf; als entschiedener Gegner des preußischen Militarismus setzte er sich für die Einigung Deutschlands auf revolutionär-demokratischem Wege ein. 3 7 9 13 150 154 bis 156 313 338 521 Lincoln, Abraham (1809-1865) amerikanischer Staatsmann, Mitbegründer der Republikanischen Partei, Präsident der USA (1861-1865); ging während des Bürgerkriegs in den USA unter dem Druck der Volksmassen zur Durchführung einer Reihe wichtiger bürgerlich-demokratischer Umgestaltungen und zur revolutionären Kriegführung über; wurde im April 1865 von einem Agenten der Sklavenhalter ermordet. 144 Linne, Carl von (1707-1778) schwedischer Naturforscher, Begründer eines Systems der Klassifizierung von Pflanzen und Tieren. 207 Lipsius, Justus (eigtl. Joost Lips) (1547-1606) niederländischer Philologe, Latinist, Professor in Jena, Köln, Löwen und Leiden. 497 Lochner, Georg (geb. etwa 1824) Tischler; Vertreter der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung, Mitglied des Bundes der Kommunisten und des
Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London, Mitglied des Generalrats der IAA; Freund und Kampfgefährte von Marx und Engels. 339 Locke, John (1632-1704) englischer Philosoph, Sensualist; Ökonom, „der die neue Bourgeoisie in allen Formen vertrat, die Industriellen gegen die Arbeiterklassen und die Paupers, die Kommerziellen gegen die altmodischen Wucherer; die Finanzaristokraten gegen die Staatsschuldner, und in einem eigenen Werk sogar den bürgerlichen Verstand als menschlichen Normalverstand nachwies" (Marx). 203 529 Longuet, Charles (1839-1903) französischer Journalist; Proudhonist, Mitglied des Generalrats der IAA und der Pariser Kommune; schloß sich später den Possibilisten an, einer opportunistischen Strömung in der französischen Arbeiterpartei. 331 337 Longuet, Jenny (1844-1883) älteste Tochter von Karl Marx; Vertreterin der internationalen Arbeiterbewegung; heiratete 1872 Charles Longuet. 331 332 342 Loria, Achille (etwa 1857 bis etwa 1943) italienischer Soziologe und Ökonom, Verfälscher des Marxismus. 346 Louis Bonaparte siehe Napoleon III. Louis-Napoleon siehe Napoleon III. Louis-Philippe, duc d'Orldans (1773-1850) König der Franzosen (1830-1848). 27 29 293 535 540 Lucraft,Benjarnin(\m-] 897) Stuhlmacher, einer der reformistischen Führer der Trade-Unions, Mitglied des Generalrats der IAA (1864-1871); wandte sich 1871 gegen die Pariser Kommune und die Adresse des Generalrats „Der Bürgerkrieg in Frankreich", trat aus dem Generalrat aus, der sein Renegatentum verurteilt hatte. 145 Ludwig I.,der Fromme (778 - 840) fränkischer Kaiser (814-840). 482 483 490 493 494 Ludwig II., der Stammler (846-879) seit 867 König von Aquitanien, Frankenkönig (877-879). 490
LudwigXIV. (1638 -1715) König von Frankreich (1643-1715). 383 Lupus siehe Wolff, Wilhelm Luther, Martin (1483-1546) Begründer des Protestantismus in Deutschland; Sohn eines Bergmanns. Sein literarisches Gesamtwerk, insbesondere die Bibelübersetzung, hatte bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung einer einheitlichen deutschen Schriftsprache. Im Bauernkrieg 1524/25 wandte sich Luther entschieden gegen das revolutionäre Vorgehen der Bauern und „schloßsich der bürgerlichen, adligen und fürstlichen Seite an" (Engels). Als „ältester deutscher Nationalökonom" (Marx) verteidigte er Naturalwirtschaft und einfache Warenproduktion und bekämpfte das Wucher- und Handelskapital; seine progressiven bürgerlichen Lehren von der Arbeit und vom Beruf bildeten wichtige ideologische Voraussetzungen für die spätere Herausbildung der klassischen bürgerlichen Arbeitswerttheorie. 533 534
Mably, Gabriel-Bonnot de (1709-1785) französischer Soziologe, Vertreter eines utopischen Gleichheitskommunismus. 191 Maclver, D. 1881 Mitglied des englischen Parlaments für Birkenhead. 261 U/:ll: nQ3!_!Qm\ : irm^ifuy, jviui rr nimm viuji"i /ui.; aiiicukaniscner Unternehmer und Bankier, Eigentümer von Silberbergwerken. 306 Macrinus Opellius (164-218) römischer Kaiser (217-218). 457 Maine, Sir Henry James Sumner (1822-1888) englischer Jurist und Rechtshistoriker, in seiner Eigenschaft als Ratsmitglied beim Generalgouverneur von Indien (1862 bis 1869) und als Mitglied des Indienrats beim Minister für indische Angelegenheiten (1871 -1888) hatte er aktiven Anteil an der Schaffung der örtlichen englischen Gesetzgebung für Indien und an der kolonialen Versklavung dieses Landes. 386 402 Malthus, Thomas Robert (1766-1834) englischer Geistlicherund Ökonom, Ideologe der verbürgerlichten Grundbesitzeraristokratie, Apologet des Kapitalismus,
stellte die reaktionäre Theorie von der Übervölkerung auf, die das Elend der Werktätigen im Kapitalismus rechtfertigen sollte. 5 25 Manners, John James Robert, Earl of Rutland (1818-1906) britischer Staatsmann, Tory. später Konservativer, gehörte in den vierziger Jahren zu der Gruppe „Junges England", Mitglied des Parlaments, bekleidete mehrmals Ministerposten. 542 Mantell, Gideon Algernon (1790-1852) englischer Geologe und Arzt. 529 Manteujfel, Edwin Hans Karl, Freiherr von (1809-1885) General, seit 1873 Generalfeldmarschall; befehligte im DeutschFranzösischen Krieg das I.Armeekorps, dann ab Oktober 1870 die I.Armee, ab Januar 1871 die Südarmee; Oberbefehlshaber der deutschen Okkupationstruppen in Frankreich (1871-1873). 354 Manteuffel, Otto Theodor, Freiherr von (1805 bis 1882) preußischer Staatsmann, Vertreter der reaktionären Adelsbürokratie; Innenminister (1848 -1850), Ministerpräsident und Außenminister (1850 bis 1858). 62 81 Marcianus (etwa 5. Jahrhundert)griechischer Geograph, beschrieb die Nordseeküste. 452 Marcus, Aurelius Antonius (Marc Aurel) (121 bis 180) römischer Kaiser (161-180), stoischer Philosoph. 451 454 Marius Gajus (etwa 156 - 86 v.u.Z.) römischer Feldherr und Staatsmann, Konsul (107, 104-100, 86 v.u.Z.). 430 447 Maroboduus (Marbod) (gest. 41) Führer des germanischen Stammes der Markomannen (8v.u.Z.-19u.Z.), gründete einen Bund germanischer Stämme, kämpfte gegen Rom. 431 440 446 Martignetti, Pasquale. 523 Martin,Bon-Louis-Henri (1810-1883) französischer bürgerlicher Historiker, Autor der mehrbändigen „Histoire de France", Deputierter der Nationalversammlung seit 1871, Republikaner; seit 1876 Senator. 143
Marx, Edgar (Masch) (1847-1855) Sohn von Karl Marx. 292 293 Marx, Eleanor (Tussy) (1855-1898) jüngste Tochter von Karl Marx, in den achtziger und neunziger Jahren Vertreterin der englischen und internationalen Arbeiterbewegung; seit 1884 Frau von Edward Aveling. 331 332 340 343 Marx, Franziska (1851-1852) Tochter von Karl Marx. 292 293 Marx. Heinrich Guido (1849-1850) Sohn von Karl Marx. 292 293 Marx, Jenny, geb. Don Westphalen (1814 bis 1881) Frau und Mitarbeiterin von Karl Marx. 97 291-294 333 335 341 Marx, Karl (1818-1883). 5 7 9 13 14 25 35 556088 96-102104-107139-145150166 181 182 209 211 212217 229 241 243 291 bis 294 2% 331-347 357 359 360 369 521 528 529 Maurer, Georg Ludwig, Ritter von (1790 bis 1872) Historiker; erforschte die Gesell- . schaftsordnung Deutschlands der Frühzeit und des Mittelalters. 317 387 402 491 Menke, Heinrich Theodor von (1819-1892) Geograph, überarbeitete den „Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelaltersundder neueren Zeit" von K.v. Spruner. 508 Merowinger die erste fränkische Königsdynastie von Mitte des 5. bis Mitte des 8.Jahrhunderts. 324 474 477 481 485 486 490 Mesa y Leompart, Jose (1840-1904) spanischer Sozialist, Drucker; einer der Organisatoren der Sektionen der IAA in Spanien, Mitglied des Spanischen Föderalrats (1871/1872), der Redaktion der Zeitung „La Emancipacion" (1871-1873) und Mitglied der Neuen Madrider Föderation (1872/1873); kämpfte aktiv gegen den Anarchismus, einer der ersten Propagandisten des Marxismus in Spanien; 1879 Mitbegründer der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens; übersetzte mehrere Werke von Marx und Engels ins Spanische. 33 338 Mestorf, Johanna (1829-1909) Historikerin, schrieb Arbeiten über archäologische
Funde in Schleswig-Holstein, übersetzte Werke skandinavischer Archäologen. 450 454 Metternich, Clemens Wenzel Lothar, Fürst von (1773-1859) österreichischer Staatsmann und Diplomat; Außenminister (1809 bis 1821) und Staatskanzler (1821-1848), einer der Begründer der Heiligen Allianz. 221 Meyer, Rudolph Hermann (1839 -1899) Ökonom und Publizist, Konservativer, Biograph von Rodbertus; Verfasser der Schriften „Der Emancipationskampf des vierten Standes", „Politische Gründerund die Corruption in Deutschland". 374 Michailowski, Nikolai Konsiantinowitsch (1842-1904) russischer Soziologe, Publizist und Literaturkritiker, bedeutender Ideologe der liberalen Volkstümler, Gegner des Marxismus, Verfechter einer antiwissenschaftlichen, subjektiven Methode in der Soziologie; einer der Redakteure der Zeitschriften „Otetschestwennyje Sapiski" und „Russkoje Bogatstwo". 107 108 III Mills, Darius Ogden (1825-1910) amerikanischer Bankier, Millionär. 306 Miquel, Johannes (1828-1901) Politikef und Finanzmann; in den vierziger Jahren Mitglied des Bundes der Kommunisten; später Nationalliberaler. 162 Mirks, Jules-Isaac (1809-1871) französischer Bankier, Besitzer einer Reihe von Zeitungen. 172 Moll, Joseph (1812-1849) Uhrmacher aus Köln, einer der Führer des Bundes der Gerechten und des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London; Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten; von Juli bis September 1848 Präsident des Kölner Arbeitervereins; 1849 Teilnehmer am badisch-pfälzischen Aufstand, fiel im Gefecht an der Murg. 61 Moltke, Helmutk Karl Bernhard, Graf von (1800-1891) preußischer Offizier, später Generalfeldmarschall, Militärspezialist und Schriftsteller, einer der Ideologen des
preußischen Militarismus und Chauvinismus; Chef des preußischen (1857-1871) und des kaiserlichen Generalstabes (1871 bis 1888); im Deutsch-Französischen Krieg faktischer Oberbefehlshaber. 352 bis 354 Mone, Franz Joseph (1796-1871) Historiker und Germanist, schrieb Arbeiten über die Geschichte des Altertums, des Mittelalters und über die alte deutsche und niederländische Literatur. 511 Monk, Charles (geb. 1824) britischer Politiker, Mitglied des Parlaments (1859 und 1865-1885). 261 Moody, Dwighi Lyman (Ryther) (1837-1899) amerikanischer evangelischer Prediger. 539 Moore, Samuel (1830-1912) englischer Jurist, Mitglied der IAA; Übersetzer des „Manifests der Kommunistischen Partei" und des ersten Bandes des „Kapitals" ins Englische; Freund von Marx und Engels. 346 Morelly (18. Jahrhundert) Vertreter des utopischen Gleichheitskommunismus in Frankreich. 191 Morgan, Edwin Denison (1811-1893) amerikanischer Politiker und Finanzmann; Anhänger der Republikanischen Partei; war 1858-1862 Gouverneur des Staates New York, Senator (1863-1869). 306 Morgan,Lewis Henry (1818-1881) amerikanischer Ethnologe, Archäologe und Historiker der Urgesellschaft, untersuchte die Entstehung der Familie bei den Irokesen. 386 Most, Johann Joseph (1846-1906) Anarchist; nach dem Erlaß des Sozialistengesetzes 1878 emigrierte er nach England; 1880 wurde er als Anarchist aus der sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen; emigrierte 1882 in die USA und setzte dort seine anarchistische Propaganda fort. 246 344-346 Möllenhoff, Karl Viktor (1818-1884) Philologe und Historiker, erforschte die germanische Frühzeit und Mythologie und die mittelalterliche Literatur. 429
Münzer, Thomas (etwa 1490-1525) Revolutionär, Führer und Ideologe des bäuerlichplebejischen Lagers während der Reformation und des Bauernkrieges; propagierte die Idee eines in mystische Form gekleideten utopischen Gleichheitskommunismus; diese „großartigste Gestalt" des Bauernkrieges war als Vorkämpfer für eine auf den Sturz der Macht der Fürsten und des Adels gerichteten Volksrevolution „ein wahrer Demokrat, soweit das zu der Zeit möglich war" (Engels). 191
Nadler, Karl Christian Gottfried (1809-1849) Dichter, schrieb im pfälzischen Dialekt. 516. Napoleon I. Bonaparte (1769-1821) Kaiser der Franzosen (1804-1814 und 1815). 199 221 328 352 530 Napoleon III. Louis Bonaparte (1808-1873) Neffe Napoleons I., Präsident der Zweiten Republik (1848-1852), Kaiser der Franzosen (1852-1870). 29 86 100 129 132 284 447 539 Napoleon, Prinz (Plon-Plon) siehe Bonaparte, Jerome-Napoleon- foseph-Charles-Paul Nasimow, Wladimir Iwanowitseh(\802-1874) russischer General, Militärgouverneur von Wilna, Grodno, Minsk und Kowno (1855-1863). 408 Naüarro, J.D. amerikanischer Millionär. 307 Nero (37-68) römischer Kaiser (54-68). 301 302 451 457 Newton, Sir Isaac (1642-1727) großer englischer Physiker, Astronom und Mathematiker, Begründer der Wissenschaft der Mechanik. 205 207 Nikolaus I. (1796-1855) Zar von Rußland (1825-1855). 35 36 135 239 Nobiling, Karl Eduard (1848-1878) Anarchist; verübte 1878 ein Attentat auf Wilhelm I., das als Vorwand für den Erlaß des Sozialistengesetzes diente. 139 145 Noble, John (1827-1892) englischer Politiker, Freihändler und Anhänger der Anti-Korngesetz-Liga, verfaßte Arbeiten über Finanzfragen. 273-276
Numonius Vala (gest. 9 u.Z.) Legat von Quinctilius Varus; befehligte die Reiterei; kam nach der Niederlage der Römer in der Schlacht im Teutoburger Wald auf der Flucht um. 445
Odger, George (1820-1877) Schuhmacher, einer der reformistischen Führer der Trade-Unions, Mitbegründer und von 1862 bis 1872 Sekretär des London Trades Council; Mitglied des Generalrats der IAA (1864-1871) und sein Vorsitzender (1864-1867); schloß während des Kampfes für die Wahlrechtsreform in England einen Kompromiß mit der Bourgeoisie; wandte sich 1871 gegen die Pariser Kommune und gegen die Adresse des Generalrats „Der Bürgerkrieg in Frankreich"; trat aus dem Generalrat aus, der sein Renegatentum verurteilt hatte; betrieb danach weiter eine Verleumdungskampagne gegen die Führung der IAA und die Teilnehmer der Kommune. 145 O'Donovan Rossa, Jeremiah (1831-1915) Mitbegründer und Führer der Gesellschaft der Fenier in Irland, wurde 1865 verhaftet und zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt, 1870 amnestiert; emigrierte danach in die USA, wo er die Organisation der Fenier leitete; zog sich in den achtziger Jahren vom politischen Leben zurück. 331 Orlovo, Alexej Fjodorowitsch, Graf (ab 1856) Fürst (1786-1861) russischer Militär, Staatsmann und Diplomat; 1856 Präsident des Reichsrats und des Ministerrats; Mitglied des Geheim- und Vorsitzender des Hauptkomitees für die Bauernfrage; trat gegen die Aufhebung der Leibeigenschaft auf. 409 Orosius, Paulus (etwa 380-420) römischer Geschichtsschreiber, seiner Herkunft nach Spanier, Verfasser einer Weltgeschichte. 438 Ovid(itis) (Publias Ovidius Naso) (43 v.u.Z. bis 17 u.Z.) römischer Dichter. 446 Owen, Robert (1771-1858) englischer utopischer Sozialist; verließ als Kapitalist
seine Klasse und ergriff Partei für die Arbeiterklasse. 181 188 191 193 197 198 199 200 523
Palmerston, Henry John Temple, Viscount, Lord (1784-1865) britischer Staatsmann, zuerst Tory, ab 1830 einer der rechten Führer der Whigs; Staatssekretär für Kriegswesen (1809-1828), Außenminister (1830-1834, 1835-1841 und 1846 bis 1851), Innenminister (1852-1855), Premierminister (1855-1858 und 1859-1865). 61 100 Paskewitsch, Fjodor Iwanowitsch (1823-1903) General-Adjutant; seit 1859 Mitglied der Redaktionskommissionen für die Zusammenstellung der Verordnungen über die aus der Leibeigenschaft scheidenden Bauern. 407 410 Pireire, Isaac (1806-1880) französischer Bankier, Bonapartist, Deputierter des Corps l£gislatif; gründete 1852 mit seinem Bruder Emile Pereire die Aktienbank Credit mobilier. 169 172 Pireire, Jacob-Emile (1800-1875) französischer Bankier, Bonapartist, Deputierter des Corps legislatif; gründete 1852 mit seinem Bruder Isaac Pereire die- Aktienbank Credit mobilier. 169 172 Perronet-Thompson siehe Thompson, Thomas Perronet Perseus (212-166 v.u.Z.) letzter König von Makedonien (179-168 v.u.Z.). 429 Persius (Aulus Persius Flaccus) (34 -62) römischer satirischer Dichter, geißelte die dekadenten Sitten der römischen Gesellschaft seiner Zeit; Anhänger der stoischen Philosophie. 302 Petronius (Gajus Petronius Arbiter) (gest. 66) römischer Schriftsteller, Autor des Romans „Satirae", in dem die zerfallende römische Gesellschaft in der Periode der Herrschaft Neros beschrieben wird. 301 Pfuel, Ernst Heinrich Adolf von (1779-1866) preußischer General, Vertreter der reaktionären Militärkamarilla; im März 1848 Kommandant von Berlin; leitete im April und Mai 1848 die Niederwerfung des Auf
standes in Posen; September bis Oktober 1848 Ministerpräsident und Kriegsminister. 61 Philalethes siehe Johann (literarisches Pseudonym: Philalethes) Philipp II. (1527-1598) König von Spanien (1556-1598). 447 Philo(n) von Alexandria (Philo Judaeus) (etwa 20 v.u.Z. - 54 u.Z.) Hauptvertreter der jüdisch-alexandrinischen religiösen Philosophie, die großen Einfluß auf die Herausbildung der christlichen Theologie ausübte. 298-300 Pinder, Julius Hermann (geb. 1805) preußischer Beamter, gemäßigter Liberaler; 1848 Oberpräsident VOR Schlesien, Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung (rechter Flügel). 68 Pindter, Emil (gest. 1897) preußischer Geheimrat, seit 1865 Redakteur und von 1872 an Chefredakteur des Regierungsblattes „Norddeutsche Allgemeine Zeitung". 312 Pippin der Kleine (714-768) fränkischer Majordomus (741-751), erster König aus der Dvnastie der Karolinger (751-768). 480 482 483 Pius IX. (1792- i 878) Papst (1846 -1878). 146 Plato(n) (etwa 427 bis etwa 347 v.u.Z.) griechischer idealistischer Philosoph, Ideologe der Sklavenhalteraristokratie, verteidigte die Naturalwirtschaft. 372 Plinius (Gajus Plinim Secundus) der Ältere (23-79) römischer Naturwissenschaftler, Verfasser einer Naturgeschichte in 37 Büchern. 372 435-437 450 462-466 468 bis 470 Pluiarch (etwa 46 bis etwa 125) griechischer moralistischer Schriftsteller und idealistischer Philosoph. 429 Pricstley, Joseph (1733 -1804) englischer Chemiker und Physiker, materialistischer Philosoph. 528 Probus, Marcus Aurelim (232-282) römischer Kaiser (276-282). 460 Prokpp(ius) am Cäsarea (Ende des 5. Jahrhunderts bis etwa 562) byzantinischer Geschichtsschreiber ; hat in seiner Eigen
schaft als Ratgeber und Sekretär des Feldherrn Beiisar an einer Reihe von Feldzügen teilgenommen, die er in einer Geschichte der Kriege unter Justinian mit den Persern, Vandalen und Goten in 8 Büchern beschrieben hat; widerspiegelte die Ansichten der Sklavenhalteraristokratie, die mit der Selbstherrscherpolitik des Kaisers Justinian unzufrieden war. 464 Proudhon, Pierre-Joseph (1809-1865) französischer Publizist, Soziologe und Ökonom, Ideologe des Kleinbürgertums; einer der theoretischen Begründer des Anarchismus. 7 97 200 229 Ptolomäus, Claudim (2. Jahrhundert) berühmter Mathematiker, Astronom und Geograph der griechischen Antike, Begründer der Lehre vom geozentrischen Weltsystem. 450 452 455 457 461 - 465 468 469 Puchta, Georg Friedrich (1798-1846) Jurist, Vertreter der reaktionären historischen Rechtsschule. 378 Pytheas (4. Jahrhundert v.u.Z.) griechischer Geograph und Astronom; beschrieb seine Seereise nach Britannien, Thüle und an die Küsten der Ostsee. 429 433
Ramm, Hermann Sozialdemokrat, 1875 Redaktionsmitglied der Zeitung «Der Volksstaat". 9 Rau, Karl Heinrich (1792-1870) bürgerlicher Ökonom, teilte in einzelnen Fragen die Ansichten von Smith und Ricardo; „der deutsche Say" (Marx). 356 361 364 367 Reh, Theodor (1801-1868) Anwalt, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, ihr letzter Präsident (1849). 85 Remigim Kirchenheiliger. 479 Renan, Joseph-Ernest (1823-1892) französischer idealistischer Philosoph und Historiker; verfaßte Essays zur Geschichte des Christentums. 146 297 Renard, Andreas, Graf (1795-1874) schlesischer Großgrundbesitzer. 71 Reuleaux, Franz (1829-1905) deutscher Gelehrter, Begründer der Kinematik und der wissenschaftlichen Maschinenlehre; 1876
Vertreter der deutschen Regierung auf der Weltausstellung in Philadelphia. 170 Reuter, Fritz (1810-1874) plattdeutscher Schriftsteller, schilderte in humorvoller Weise die ländlichen und kleinstädtischen Verhältnisse in Mecklenburg im ^.Jahrhundert, bedeutendste sozialkritische Dichtung „Kein Hüsung"; 1833 wegen burschenschaftlicher Verbindungen zum Tode verurteilt, später zu dreißigjähriger Festungshaft begnadigt und 1840 amnestiert. 56 57 Reymann, Daniel Gottlob (1759-1837) Kartograph, Hersteller spezieller topographischer Karten von Deutschland und den Nachbarländern. 508 - 510 Ricardo, David (1772-1823) englischer Ökonom, sein Werk bildet den Höhepunkt der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie. 5 254 358 359 376 Richter siehe Höchberg, Karl Robespierre, Maximilien-Marie-Isidore de (1758-1794) Führer der Jakobiner in der Französischen Revolution, Haupt der revolutionären Regierung (1793/1794). 93 Rochefort, Victor-Henri, marquis de Rochefort-Lugay (1830-1913) französischer Publizist, Schriftsteller und Politiker; linker Republikaner, Mitglied der Regierung der nationalen Verteidigung, wurde nach der Niederschlagung der Kommune nach Neukaledonien verbannt; Ende der achtziger Jahre Monarchist. 331 Rockefeiler, John Davison (1839-1937) Erdölkönig, größter Vertreter der Finanzoligarchie Amerikas. 306 Rodbertus (Jagetzow), Johann Karl (1805 bis 1875) preußischer Großgrundbesitzer, Ökonom, Ideologe des verbürgerlichten Junkertums; Theoretiker des preußischjunkerlichen „Staatssozialismus". 355 558 370 373-376 Rost, Valentin Christian Friedrich (1790 bis 1862) Philologe, Verfasser des „DeutschGriechischen Wörterbuches". 372 Rostowzew, Jakou) Iwanowitsch (1803-1860) russischer Staatsmann, General-Adjutant; seit 1857 Mitglied des Geheim- und später
des Hauptkomitees für die Bauernfrage; seit 1859 Vorsitzender der Redaktionskommissionen für die Zusammenstellung der Verordnungen über die aus der Leibeigenschaft scheidenden Bauern. 409 bis 411 417 Roth, Paul (1820-1892) bürgerlicher Historiker, schrieb Arbeiten über den Ursprung ' des Feudalismus in Westeuropa. 477-480 485 486 490 Rothschild internationales Bankhaus. 306 Rousseau, Jean-Jacques (1712-1778) französischer Aufklärer, Demokrat, Ideologe des Kleinbürgertums. 16 190 192 202 Rüge, Arnold (1802-1880) radikaler Publizist, Junghegelianer, kleinbürgerlicher Demokrat; 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung (linker Flügel); in den fünfziger Jahren einer der Führer der kleinbürgerlichen Emigration in England; nach 1866 Nationalliberaler. 97 181
Sage, Russell (1816-1906) amerikanischer Millionär, Eisenbahnunternehmer, Kongreßmitglied (1853-1857). 306 Saiht-Simon, Claude-Henri de Rouvroy, comte de (1760-1825) französischer utopischer Sozialist. 188 191 193-1% 206 523 Sankey, ha David (1840-1908) amerikanischer evangelischer Prediger. 539 Sassulitsch, Vera Iwanowna (1851-1919) Teilnehmerin an der Volkstümler-, später an der sozialdemokratischen Bewegung Rußlands; Mitbegründerin der marxistischen Gruppe Befreiung der Arbeit, schloß sich später den Menschewiki an. 242 243 384 397 401 Schaaffhausen, Hermann (1816-1893) Anthropologe und Physiologe. 427 Schäffle, Albert Friedrich Eberhard (1831 bis 1903) Vulgärökonom und Soziologe, predigte den Verzicht auf den Klassenkampf und rief zur Zusammenarbeit zwischen Bourgeoisie und Proletariat auf. 355 357 360 361 377 Schapper, Karl (etwa 1812-1870) einer der Führer des Bundes der Gerechten und des Deutschen Bildungsvereins für Arbei
ter in London, Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten, Teilnehmer an der Revolution 1848/49; 1850 bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten zusammen mit Willich Führer der gegen Marx gerichteten sektiererischen Fraktion; 1856 näherte er sich wieder Marx; 1865 Mitglied des Zentralrats der IAA. 181 Schneider, Jacob (1818-1898) Archäologe, schrieb Arbeiten über die Geschichte der Frühzeit in Deutschland. 449 Schorlemmer, Carl (1834-1892) Chemiker, dialektischer Materialist; Professor in Manchester; Mitglied der deutschen sozialdemokratischen Partei; Freund von Marx und Engels. 339 Schramm, Karl August Sozialdemokrat, Reformist, Redakteur des „Jahrbuches für Sozialwissenschaft und Socialpolitik"; kritisierte den Marxismus, trat in den achtziger Jahren aus der Partei aus. 154 156 Schulze, Ernst Philologe. 372 Schuwalow, Pjoir Andrejewitsch, Graf (1827 bis 1889) russischer General und Diplomat, Chef der dritten Abteilung der geheimen Kanzlei des Zaren (Geheimpolizei) (1866-1873), Botschafter in England (1874-1879). 146 Schuwalow, Pjotr Pawlowitsch (geb. 1824) Adelsmarschall des Gouvernements St. Petersburg (1851-1863), Vorsitzender des St. Petersburger Adelskomitees für die Vorbereitung der Aufhebung der Leibeigenschaft (1861); verteidigte in den Redaktionskommissionen die Interessen des großen Landadels, der eine „Befreiung" der Bauern ohne Land erreichen wollte. 407 410 Schweitzer, Johann Baptist von (1834-1875) Rechtsanwalt aus Frankfurt a.M.; Herausgeber und Chefredakteur des „SocialDemokrat"; Präsident des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (1867-1871); Lassalleaner, unterstützte Bismarcks Politik der Einigung Deutschlands von oben unter der Hegemonie Preußens; hemmte
den Anschluß der deutschen Arbeiter an die IAA; kämpfte gegen die Sozialdemokratische Arbeiterpartei; wurde 1872 nach der Aufdeckung seiner Beziehungen zur preußischen Regierung aus dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein ausgeschlossen. 150 Sebastian Kirchenheiliger. 479 Segestes (I.Jahrhundert) Cherusker fürst; Anhänger der Römer. 444 Segimer(us) (1. Jahrhundert)Cheruskerfürst; Vater des Arminius. 443 444 Seneca, Lucius Annacus (etwa 4 v.u.Z. bis 65 u.Z.) römischer Philosoph, Schriftsteller und Politiker, einer der bedeutendsten Vertreter der sogenannten jüngeren stoischen Schule; beeinflußte mit seiner reaktionäridealistischen Lehre von der Ethik die Herausbildung des christlichen Dogmatismus. 298 300-302 SentiusSaturninus (1 .Jahrhundert) römischer Feldherr, Teilnehmer an den Feldzügen gegen die Germanen. 440 Septimius Severus (Lucius Septimius Severus) (146-211) römischer Kaiser (193-211) und Feldherr. 454 456 457 Shaftesbury, Anthony Ashley Cooper, Earl of (1671-1713) englischer Schriftsteller und Philosoph. 536 Shukowski. Juli Galaktionowitsch (1822 bis 1907) russischer bürgerlicher Vulgärökonom und Publizist; Leiter der Staatsbank; Verfasser des Artikels „Karl Marx i jewo kniga o kapitale", in dem gehässige Angriffe gegen den Marxismus enthalten sind. 107 Sickingen, Franz von (1481-1523) deutscher Ritter, schloß sich der Reformation an, militärischer und politischer Führer des Adelsaufstands 1522/23. 533 Sieber, Nikolai Iwanowitsch (1844-1888) russischer Ökonom; er popularisierte als einer der ersten die ökonomischen Arbeiten von Marx in Rußland, ohne jedoch selbst die materialistische Dialektik und das revolutionäre Wesen des Marxismus zu verstehen. 358 Singer, Paul (1844-1911) einer der Führer
der deutschen Sozialdemokratie; seit 1887 Mitglied des Parteivorstands; Mitglied des Reichstags (1884-1911). 154 Sirmond, Jacques (1559-1651) französischer Geschichtsschreiber, Jesuit, Herausgeber von Dokumenten aus dem frühen Mittelalter. 487 Skaldin (Pseudonym von Jelenew, Fjodor Pawlowitsch) (1828-1902) russischer Schriftsteller und Publizist, Vertreter des bürgerlichen Liberalismus der sechziger Jahre; Verfasser von „W sacholustij i w stolize". 407 409-413 416 Shebizki,Alexander lljitsch (1827-1915) russischer liberaler Historiker; Verfasser der Arbeit „Krestjanskoje delo w zarstwowanije imperatora Alexandra II". 410 Slagg 1881 Abgeordneter des englischen Parlaments für Manchester. 261 Sloan, Samuel (1817-1907) amerikanischer Eisenbahnunternehmer, Millionär. 306 Smith, Adam (1723-1790) bedeutendster englischer Ökonom vor Ricardo; er verallgemeinerte die Erfahrungen der kapitalistischen Manufakturperiode und des beginnenden Fabriksystems und gab der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie ihre entwickelte Gestalt. 359 Sorge, Friedrich Adolf (1828-1906) Teilnehmer am badisch-pfälzischen Aufstand 1849; Mitglied der IAA, Organisator der amerikanischen Sektionen; 1872 Delegierter des Haager Kongresses; Mitglied des Generalrats in New York und dessen Generalsekretär (1872-1874); Freund und Kampfgefährte von Marx und Engels. 345 Spartacus (gefallen 71 v.u.Z.) römischer Gladiator, Führer des größten Sklavenauf standes im Alten Rom in den Jahren 73-71 v.u.Z. 302 Speyer, Carl (geb. 1845) Tischler, in den sechziger Jahren Sekretär des Deutschen BildungsVereins für Arbeiter in London, seit 1872 Mitglied des Geheralrats der IAA in London und später in Amerika. 33 Spinoza, Baruch (Benedictus)de (1632-1677) holländischer materialistischer Philosoph, Atheist. 202
Spruner von Merz, Karl (1803-1892) Historiker und Kartograph, Herausgeber von Geschichtsatlanten, schrieb Arbeiten über die Geschichte Deutschlands. 508 Stanford, Leland (1824 -1893) amerikanischer Politiker und Eisenbahnunternehmer, Millionär; Anhänger der Republikanischen Partei; Gouverneur von Kalifornien (1861-1863), Senator (1885-1893). 306 Stenzel, Gustav Adolf Harald (1792-1854) Historiker, 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. 83 Stieber, Wilhelm(18I8-I882)Polizeirat,Chef der preußischen politischen Polizei (1850 bis 1860), einer der Organisatoren und Hauptzeuge des Kölner Kommunistenprozesses (1852); verfaßte gemeinsam mit Wermuth das Buch „Die CommunistenVerschwörungen des neunzehnten Jahrhunderts". 58 Strabofn) (etwa 63 v.u.Z. bis etwa 20 u.Z.) griechischer Geograph und Geschichtsschreiber. 433 434 446 461 Strauß, David Friedrich (1808-1874) Philosoph und Publizist, Junghegelianer, Verfasser des Buches „Das Leben Jesu"; nach 1866 Nationalliberaler. 298 Strousberg, Bethel Henry (1823-1884) Eisenbahnunternehmer, machte 1873 Bankrott. 163 Stuart Königsdynastie, herrschte in Schottland (1371-1714) und in England (1603 bis 1649, 1660-1714). 536 Suetonius (Gajus Suetonius Tranquillus) (etwa 70 bis etwa 160) römischer Geschichtsschreiber; verfaßte Lebensbeschreibungen der ersten 12 römischen Kaiser (von Julius Cäsar bis zu Domitianus), die im wesentlichenTatsachen aus dem Privatleben der Imperatoren enthalten. 439 Sybel, Heinrich von (1817-1895) Historiker und Politiker, Nationalliberaler, vertrat einen kleindeutschen Standpunkt; schrieb Arbeiten, die vom Geist des reaktionären Preußentums und Chauvinismus durchdrungen sind. 187
Tacitus, Publius Cornelius (etwa 55 bis etwa 120) römischer Geschichtsschreiber und Politiker. 301 319 320 387 402 425 431 434 - 436 442 447-454 456 457 459460 bis 468 511 Tessendorf, Hermann Ernst Christian (1831 bis 1895) preußischer Staatsanwalt, 1873 Mitglied des Berliner Stadtgerichts; 1885 Präsident des Strafsenats am Kammergericht in Berlin; organisierte die Verfolgung der Sozialdemokraten. 90 Thiers, Louis-Adolphe (1797-1877) französischer Historiker und Staatsmann, Orleanist; Innenminister (1832,1834), Ministerpräsident (1836,1840), 1871 Chef der Exekutivgewalt (Vorsitzender des Ministerrates), Präsident der Republik (1871 bis 1873); Henker der Pariser Kommune. 129 132 351 Thompson, Thomas Perronet (1783-1869) englischer Politiker und Vulgärökonom, Anhänger des Freihandels. 276 Tiberim(42 v.u.Z.-37u.Z.)römischer Kaiser (14-37). 301 439 440 448 449 457 Tilden, Samuel Jones (1814-1886) amerikanischer Politiker, ein Führer der Demokratischen Partei; Jurist, Gouverneur des Staates New York (1874-1876). 306 Tolain, Henri-Louis (1828-1897) Graveur, rechter Proudhonist, einer der Führer der Pariser Sektion der IAA; Deputierter der Nationalversammlung von 187!; ging während der Pariser Kommune zu den Versaillern über; wurde 1871 aus der IAA ausgeschlossen; war später Senator. 143 Tölcke, Karl Wilhelm (1817-1893) Sozialdemokrat, einer der Führer des lassalleanischen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. 3 8 Tooke, Thomas (1774-1858) englischer Ökonom; kritisierte die Geldtheorie Ricardos; „der letzte englische Ökonom of any value" (Marx). 380 Trajanus (Trajan) Marcus Ulpius (etwa 53 bis 117) römischer Kaiser (98 -117) und Feldherr. 456 Treitschke,Heinrich Gotthard üon(l 834-18%) reaktionärer Historiker und Publizist; seit
1886 Historiograph des preußischen Staates; Mitglied des Reichstags (1871-1888); Ideologe und Propagandist des reaktionären Preußentums, Chauvinist, führender Antisemit und Verteidiger der deutschen Expansion. 187 Trochu, Louis-Jules (1815-1896) französischer General und Politiker, Orleanist, nahm in den dreißiger und vierziger Jahren an der Eroberung Algeriens, später am Krimkrieg und 1859 am italienischen Krieg teil; Chef der Regierung der nationalen Verteidigung und Oberbefehlshaber der Pariser Armee (September 1870 bis Januar 1871), sabotierte die Verteidigung der Stadt; Deputierter der Nationalversammlung von 1871. 351 354 Tscher nyschews^i, Nikolai Gawrilowitsch (1828-1889) russischer materialistischer Philosoph und revolutionärer Demokrat, Schriftsteller und Literaturkritiker. 107
Uhland, Ludwig (1787-1362) spätromantischer Dichter; Germanist; wurde vor allem durch seine zahlreichen Balladen zu einem der volkstümlichsten Dichter Deutschlands. In der politischen Auseinandersetzung wandte er sich meist entschieden gegen die Reaktion. 1848/49 Mit..!_•. j jl M_i* i gucu uci riaiiMuuci nniiunasvciSammlung (linkes Zentrum). 84 86 Urquhart, David (1805-1877) britischer Diplomat, reaktionärer Publizist und Politiker, Turkophile; entlarvte die Außenpolitik Palmerstons und der Whigs. 138 Vala Numonius siehe Numonius Vala Vanderbilt, William Henry (1821-1885) amerikanischer Millionär, Eisenbahnunternehmer. 306 FanPaffen,PMipf» amerikanischer Bourgeois, der sich der sozialistischen Bewegung anschloß; seit 1876 Landessekretär der Working Men's Party of America und seit 1877 der Socialist Labor Party; 1883 ließ er seine Funktion im Stich und wurde Staatsbeamter. 344
Vartis, Publius Quinclilius (etwa 53 v.u. Z. bis 9 u. Z.) römischer Politiker und Feldherr, Statthalter in Syrien (7-5 v.u.Z.), danach Oberbefehlshaber über die Provinz Germanien (7-9 u.Z.), beging während des Aufstandes der germanischen Stämme in der Schlacht im Teutoburger Wald Selbstmord. 441-445 447 469 Vellejus (Gajus VellejusPaterculus ,1(19 v.u.Z. bis 31 u. Z.) römischer Geschichtsschreiber; nahm an den Feldzügen nach Deutschland, Pannonien und Dalmatien teil. 440 441 443 446 462 V&rcingetorix (gestorben 46 v.u.Z.) Führer des Volksaufstandes der Gallier gegen die römische Herrschaft (52-51 v.u.Z.). 447 Victoria (1819-1901) Königin von Großbritannien und Irland (1837-1901). 199 Viereck, Louis (1851-1921) Sozialdemokrat, während des Sozialistengesetzes einer der Führer des rechten Flügels der Partei; Mitglied desReichstags (1884-1887); emigrierte 18% nach Amerika, wo er sich von der sozialistischen Bewegung zurückzog. 150 153 154 156 158 Vinicius, Marcus römischer Feldherr, Konsul, Teilnehmer an den Feldzügen gegen Pannonien und Germanien. 440 Virckow, Rudolf (1821-1902) Pathologe und Anthropologe; Begründer der Zellularpathologie; Gegner des Darwinismus; einer der Gründer und Führer der Fortschrittspartei; Mitglied des Reichstags (1880-1893). 427 Vogt, Karl (1817-1895) Naturwissenschaftler, Vulgärmaterialist, kleinbürgerlicher Demokrat; 1848/1849 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung (linker Flügel); Juni 1849 einer der fünf Reichsregenten; emigrierte 1849 in die Schweiz; in den fünfziger bis sechziger Jahren bezahlter Geheimagent Louis Bonapartes, einer der aktivsten Teilnehmer an der verleumderischen Hetze gegen proletarische Revolutionäre. 86 100
Wagner, Adolph (1835-1917) Vulgärökonom, Vertreter der sogenannten sozialrecht
lichen Schule der politischen Ökonomie, Kathedersozialist. 355-362 364-368 370 bis 374 376-378 380 382 383 Waitz, Georg (1813-1886) Historiker des deutschen Mittelalters; Professor in Göttingen. 466 Washington, George (1732-1799) amerikanischer Staatsmann, Oberbefehlshaber der nordamerikanischen Armee im Unabhängigkeitskrieg gegen England (1775 bis 1783); erster Präsident der USA (1789 bis 1797). 239 Watt, James (1736-1819) schottischer Erfinder, Konstrukteur einer wesentlich verbesserten Dampfmaschine. 538 Weitling, Wilhelm (1808-1871) Schneider, hervorragender Vertreter der deutschen Arbeiterbewegung in der Periode ihres Entstehens, Mitglied des Bundes der Gerechten; propagierte einen utopischen Gleichheitskommunismus, der bis zur Herausarbeitung des wissenschaftlichen Kommunismus eine positive Rolle als „erste selbständige theoretische Regung des deutschen Proletariats" (Engels) spielte; emigrierte 1849 nach Amerika und trennte sich bald danach von der Arbeiterbewegung. 200 Wermuth Polizeidirektor in Hannover, Belastungszeuge im Kölner Kommunistenprozeß 1852; verfaßte gemeinsam mit Stieber das Buch „Die CommunistenVerschwörungen des neunzehnten Jahrhunderts". 58 Westphalen, Ferdinand Otto Wilhelm von (1799-1876) reaktionärer preußischer Staatsmann, Innenminister (1850-1858); Stiefbruder von Frau Jenny Marx. 97 Westphalen, Ludwig von (1770-1842) Geheimrat in Trier, Vater von Frau Jenny Marx. 291 293 Wiberg, Carl Fredrik (1813-1881) schwedischer Historiker, verfaßte Arbeiten über die Frühgeschichte der Ostseestaaten. 450 453 Wigand, Paul (1786-1866) Jurist, Verfasser mehrerer Arbeiten über die Geschichte
des Rechts in den westfälischen Gebieten. 498 Wilhelm 1. (1797-1888) Konig von Preußen (1861-1888), deutscher Kaiser (1871 bis 1888). 89 123 146 244 281 Wilhelm III. von Oranien (1650-1702) Statthalter der Niederlande (1672-1702), König von England (1689-1702). 310 Wilke, Christian Gottlob (1786-1854) Theologe, beschäftigte sich mit philologischhistorischen Studien der Bibel. 298 Willich, August (1810-1878) ehemaliger preußischer Leutnant, der wegen seiner politischen Überzeugung aus dem Militärdienst austrat; Mitglied des Bundes der Kommunisten, 1849 Führer eines Freikorps im badisch-pfälzischen Aufstand; 1850 bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten zusammen mit Schapper Führer der gegen Marx gerichteten sektiererischen Fraktion; 1853 emigrierte er in die USA, im Amerikanischen Bürgerkrieg General der Nordstaaten. 182 Wolff, Johann Friedrich (gest. 1835) feudalabhängiger Kleinbauer; Gerichtsscholze; Vater von Wilhelm Wolff. 55 Wolff, Marie Rosine Mutter von Wilhelm Wolff. 56 Wolff, Wilhelm (Lupus) (1809-1864) proletarischer Revolutionär, Lehrer; beteiligte sich an der Burschenschaftsbewegung, befand sich 1834 bis 1838 in preußischen Kerkern in Haft; war 1846/1847 Mitglied des Brüsseler Kommunistischen Korrespondenz-Komitees, seit März 1848 Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten, 1848/1849 einer der Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung", Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung; konsequenter Kämpfer gegen die Unterdrückung der
Bauern durch den Feudalismus; enger Freund und Kampfgefährte von Marx und Engels. 53 55-65 67 68 70-72 74 76 77-79 81-88 Worsaae, Jens Jacob Asmussen (1821-1885) dänischer Archäologe, bewies das Bestehen der Bronzezeit; Verfasser von Arbeiten über die Geschichte der Frühzeit und des Mittelalters von Skandinavien; gemäßigter Liberaler; in den Jahren 1874/1875 Kultusminister. 452 Wrangel, Friedrich Heinrich Ernst, Graf von (1784-3877) preußischer General, einer der Führer der reaktionären Militär» kamarilla, war am konterrevolutionären Staatsstreich in Preußen und an der Aus» einanderiagung der preußischen Nationalversammlung im November 1848 beteiligt,, 61 Wörth Advokat; Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. 86
York von Warienburg, Hans David Ludwig, Graf (1759-1830) preußischer General; 1812 Befehlshaber des preußischen Hilfskorps der napoleonischen Armee in Rußland; schloß am 30. Dezember 1812 auf eigene Verantwortung die Neutralitätskonvention von Tauroggen; General in den Befreiungskriegen gegen das napoleonische Frankreich. 446
Zeuß, Johann Kaspar (1806-1836) Geschichts- und Sprachforscher, der eine ausführliche vergleichende Beschreibung der keltischen Sprachen zusammenstellte. 463 - 465 468 Ziemann, Adolf (1807-1842) Philologe, Germanist, Verfasser von Arbeiten über die Geschichte der deutschen Sprache. 372
Verzeichnis literarischer, biblischer und mythologischer Namen
Achilles in der griechischen Sage über den Trojanischen Krieg der tapferste aller griechischen Helden, eine der Hauptgestalten der „Ilias"' von Homer. 45 Apollo in der griechischen Sage der Gott der Sonne und des Lichtes, Beschützer der Künste. 299
Bruder Jonathan Spitzname, ehem. scherzhafte Bezeichnung für die Vereinigten Staaten von Nordamerika (wie John Bull für England). 539
Don Quijote (Quixote) Hauptgestalt des gleichnamigen satirischen Romans von Cervantes. 187
Ermin in der germanischen Mythologie einer der drei Söhne des Mannus und Ahnherr der Herminonen. 463 Er(u) (Tin, Ziu) Kriegsgott bei den alten Germanen. 510
Hephästos griechischer Gott des Feuers, Beschützer des Schmiedehandwerkes. 218
Ing(o) in der germanischen Mythologie einer der drei Söhne des Mannus und Ahnherr der Ingävonen. 463 Isb in der germanischen Mythologie einer der drei Söhne des Mannus und Ahnherr der Iskävonen (Istävonen). 463 Jahüe (Adonai, Jehooa) Name des israelitischen Gottes. 299 Jesus Christus, 298 300 Johannes legendärer Verfasser der nach ihm benannten «Offenbarung des Johannes" (Apokalypse). 300 304
Lazarus Name des Armen aus dem biblischen Gleichnis. 302
Mannus nach Tacitus in der germanischen Mythologie der Sohn des Gottes Tuisko und Vater der drei Söhne Ing(o), Isk und Ermin, von denen die drei Hauptgruppen der germanischen Stämme - die Ingävonen, Iskävonen (Istävonen) und Herminonen - abstammen. 463
Nerthus (Nertha) nach Tacitus in der germanischen Mythologie die Göttin des Wachstums und der Fruchtbarkeit. 464466
Paulus einer der zwölf Apostel aus dem Neuen Testament. 146 Profyrustes in der griechischen Mythologie der räuberische Riese, der die Reisenden anlockte und sie zwang, sich auf ein Folterbett zu legen; dann streckte oder verstümmelte er sie, bis sie in das Folterbett paßten. 506 Prometheus Gestalt der griechischen Sage, raubte Zeus das Feuer und brachte es den Menschen, wurde dafür an einen Felsen geschmiedet. 218
Sancho Pansa Gestalt aus dem Roman „Don Quijote" vGn Cervantes. 187 Shylock Gestalt aus Shakespeares „Kaufmann von Venedig"; grausamer Wucherer, der nach den Wechselbesti mmungen forderte, ein Pfund Fleisch aus seinen unpünktlichen Schuldnern herauszuschneiden. 8
Zeus höchster griechischer Gott. 302
Geographis
Aachen. 496 499 508 509 512 Adenau Stadt westl. von Koblenz, 503 Adolfseck Ort nordwestl. von Wiesbaden.449 Aerdelingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Afrika. 304 342 425 426 430 453 461 Agger Nebenfluß der Sieg. 510 Ahr Nebenfluß des Rheins. 495 512 516 Ahrweiler Stadt südl. von Bonn. 509 Aix (Aix-en-Provence) Stadt nördl. von Marseille. 430 Alamannien (Alemannien) ehem. Herzogtum; später Schwaben. 483 Algier Hauptstadt von Algerien. 341 342 Alise (Alise-Sainte-Reine) Ort nordwestl. von Dijon, 447 Alisa ehem. römisches Kastell an der Lippe. 438 440 443 445 448 469 Allier Departement in Südostfrankreich, 267 Alme Nebenfluß der Lippe bei Paderborn. 438 Alpen. 426 - 428 446 Alimark- 45 Altsachsen ehem. Gebiet zwischen Weser und Rhein. 449 494 495 497 498 504 511 Amerika. 48 87 100 101 113 114 121 200 244 262 264 266 271 272 278 280 286 292 294 295 307 331 332 334 337 346 378 397 513 534 537 539 540 Amstenrade Ort nordöstl. von Lüttich. 503 Amsterdam. 494 518 Andernach Stadt am Rhein; bei den Römern Antunnacum. 508 Angrivarischer Grenzwall siehe Engem Antunnacum siehe Andernach
Namen
Aquitanien Name des südwestl. Teils- Galliens; heute Südwestfrankreich. 477 Archangelsk ehem. Gouvernement in Rußland. 416 Ardinghen. 513 Argenteuil Ort nordwestl. von Paris. 331 343 Asien. 317 387 403 419 427 433 453 475 Asowsches Meer. 458 Atlantischer Ozean oder Atlantik. 265 Augsburg. 451 Auneau Stadt südwestl. von Versailles. 354 Australien. 48 425 Autun Stadt südwestl. von Dijon. 483 Avalgau südl. Teil des Ribuaria Gaues; östl. des Rheins von Koblenz bis Bingen. 504
Bacharach Stadt nordwestl. von Bingen. 508 Baden. 83 87 98 329 Bagritres-de-Luchon Stadt südwestl. von Toulouse. 331 Ballenge siehe Bassange Baltisches Meer siehe Ostsee Bardengau (Lüneburger Heide). 462 468 Bardemoic (Bardowiek) Stadt nördl, von Lüneburg. 462 Barmen ( Wuppertal). 516 ßarmen-Elberfeld (Wuppertal). 89 Basel. 99 146 Bassange Ort südwestl. von Maastricht, 512 Batavische Insel oder Betuwe alte Bezeichnung für die Insel Rheindelta zwischen Waal und Rhein-Lek. 437 Baulershoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510
Bayern. 84 327 329 459 477 Beausency Stadt südwestl. von Orleans. 352 353 Becva (Beczwa) Nebenfluß der Morava. 451 Belgien. 33 48 59 97 98 123 124 126 129 147 278 425 428 499 500 503 510 Benninghofen (Benninghof) 1) Ort am Hellweg, südöstl. von Dortmund. 510 Benninghofen 2) Ort am Hellweg, südöstl. von Dortmund. 510 Benninghofen 3) Ort bei Mettmann, östl. von Düsseldorf. 510 Berg ehem. Herzogtum am Rhein. 441 495 498 504 Bergheim Ort westl. von Köln. 508 Berghofen Ort südöstl. von Dortmund. 510 Bergischen, im siehe Bergisches Land Bergisches Land Teil des rhein. Schiefergebirges.4041 320 496 497 499 502 511 514 Berlin. 46 60 61 89 90 % 114119138139154 161 168 169 244 280 281 297 313 378 Bernkastel Stadt nördl. von Trier. 509 Bernsteinküste 1 )Teil der Ostseeküste.429 450 Bernsteinküste 2) Westküste Jütlands und Schleswigs. 429 Bessarabien Landschaft zwischen Pruth, Dnestr und Schwarzmeerküste. 416 Bevingen Ort südl. von Luxemburg. 512 Biebrich Stadt südl. von Wiesbaden. 514 Bingelrade (Bingelraede) Ort nordöstl. von Maastricht. 503 Bingen. 515 Birkenhead Hafenstadt südwestl. von Liverpool. 261 Birmingham. 286 Bisterseheid (Bisterschied) Ort nördl, von Kaiserslautern. 5! 4 Bitsch (Bitche) Stadt nordwestl. von Straßburg. 514 Blekinge Verwaltungsbezirkin Südschweden. 455 Bochum. 171 Bödingen Ort nordöstl. von Bonn. 511 Böhmen (Cechy). 128 147 429 431 450 451 462 468 Böhmerwald (Sumaoa) Mittelgebirge, erstreckt sich beiderseits der bayrischtschechoslow. Grenze, 431
Böhmisches Grenzgebirge Gebirgskette zwischen Elbe und Oder. 431 Bogenhoven Ort südöstl. von Löwen. 510 Boihemum siehe Böhmen Bologna Stadt in Oberitalien. 122 Bommershoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Bonn. 40 96 439 441 Bonngau Gebiet westl. und östl. des Rheins um Bonn; Teil des ehem. Ribuaria Gaues. 504 Bonninghen. 512 Bordeaux. 44 331 332 Bornholm. 454 Boston Hauptstadt von Massachusetts. 99 Bosiöinningen (Boswinning) Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Boulogne Hafenstadt in Frankreich. 512 Bovelingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Bradford Stadt westl. von Leeds in Mittelengland. 261 540 Brandenburg siehe Mark Brandenburg Bmnibor (Brandenburg) Stadt, an der Havel. 432 Braunschweig ehem. Herzogtum. 38 89 Braunschweig Stadt in Niedersachsen, 120 Bray Ort in England, Grafschaft Berkshire. 309-311 Brie Stadt in der Provinz Limburg in Belgien. 512 Breitscheid. 514 Bremen. 42 Bremscheid Ort südöstl. von Arnsberg im Sauerland. 514 Breslau (Wroclaw). 56-58 85 87 120 280 Bretagne Landschaft, Halbinsel in Westfrankreich. 99 Breiinach Ort nordöstl. von Metz. 509 Britannien siehe Großbritannien Britlinga (Brietlingen) Ort nordöstl. von Lüneburg. 511 Bremberg (Bydgoszcz). 450 Brühl Stadt südl. von Köln. 512 Brüssel. 55 59 94 97 98 126 181 240 291 293 336 502 512 Büderich Ort westl. von Wesel. 509 514 Buisinghen Ort südwestl. von Brüssel. 512 Büllingen Ort südöstl. von Malm^dy. 512
Burgund (Bourgogne) Landschaft in Ostfrankreich. 459 Buvingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512
Carnuntum Stadt des Altertums, lag an der Donau östl. von Wien. 450 Castrop (Castrop-Rauxel) Stadt nordwestl. von Dortmund. 510 Chartres Stadt südwestl. von Paris. 352-354 Chäteaudun Stadt nordwestl. von Orleans, 351 352 Cherson Hafenstadt an der Mündung des Dnepr. 413 China. 42 48 264 541 Cimkrische Halbinsel siehe Jütland Cimbrischer Chersones siehe Jütland Cimbrisches Vorgebirge siehe Saugen Civiraha siehe Zieverich Clyde Fluß in Schottland. 265 Commentry Ort südöstl. von Orkans. 267 Compiegne Stadt nordöstl. von Paris, 354 Coulmiers Ort nordwestl. von Orleans. 353 Courvilie Ort südwestl. von Paris. 352 Crcstlingi (Krassum) Ort nordwestl. von Groningen. 511 Crettnach Ort südl. von Trier. 509 C.reusot, Le Ort in Mitteltrankreich; Departement SaSne-et-Loire, 169 Curange Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Cyrene (Cyrenaika) KüsierJandschafi am Mittelmeer in Nordafrika. 450
Dallenbroich Ort südöstl. von Roermond. 503 Dalmatien Küstenstreifen an der Adria. 451 Dänemark.. 34 43 127 147 427 436 451 452 454 456 Dänische Inseln siehe Dänemark Danzig (Gdansk). 452 Daspich Ort nördl. von Metz. 515 Dekumatländer Gebiet im römischen Germanien, reichte von der oberen Donau bis zum Mittelrhein. 451 Destelbergen Ort östl. von Gent. 500 Desteldonck Ort nordöstl. von Gent. 500 Oestrich Ort nordwestl. von Die uze in Ostfrankreich. 515 Detmold Stadt in Westfalen. 445 447
Deutschland. 4 6 27 30 34 35 37-39 43 46 49 bis 51 55 58 59 63 81 82 84 89 96-98 100 113 120 121 127 129 136 139 146-148 156 bis 159 165-171 175 182 187 196 262 269 277 279-282 285 307313 317318320 326 328 329 338 344 345 381 426-428 431 434 440-443 445 447 453 456 457 459 462 463 465 473 482 507 522 524-526 529 534 535 539 541 542 544 Deutz (Köln-Deutz). 441 Dill Nebenfluß der Lahn. 467 511 Dinkelsbühl Stadt südwestl. von Ansbach. 449 Dinslaken Stadt am Rhein. 510 Dixmuyden (Dixrrmiden) Stadt in Nordwestbelgien. 510 Dnjepr (Dnepr). 450 Dnjestr (Dnestr). 450 Dollart Nordseebucht an der Emsmiinc3un£j Q 500 Donau. 317 428-431 433 437 440 446 448 bis 450 456-459 461 463 470 494 Donnersberg (Donners Berg) Berg nordöstl. von Kaiserslautern. 514 Donon Berg in den Vogesen. 514 Dörenschlucht (Dören Schlucht) Schlucht durch den Osning. 445 Dorsten Stadt nördl. von Essen. 510 Dresden. 83 89 99 119 281 282 Dieux Ort südwestl von Paris. 354 Droenhoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Duisburg. 510 Dünkirchen Hafenstadt in Nordostfrankreich. 494 518 Dürkheim (Bad Dürkheim). 62
Ebro. 44 Echternach Stadt nordöstl. von Luxemburg» 509 Edinburgh Hauptstadt von Schottland. 172 Edingahusun (Edemissen) Ort nordwestl. von Braunschweig. 497 Egge (Egge-Gebirge) südl. Teil des Teutoburger Waldes. 498 Ehingen Ort nordwestl. von Düsseldorf. 511 Eibertingen Ort südwestl. von Malm^dy, 512 Eider Grenzfluß zwischen Schleswig und Holstein. 432
Eifel nordwestl. Teil des rheinischen Schiefergebirges. 504 509 514 515 Eiflia siehe Eifel Elbe. 38 82 430 432 435 436 439 440 450 451 457 461 462 464 465 468 511 Elberfeld (Wuppertal). 83 Elberfeld-Bärmen (Wuppertal). 40 280 Eliso siehe Alme Ellingen 1) Ort südl. von Nürnberg. 449 Ellingen 2) Ort nordöstl. von Andernach am Rhein. 511 Elsaß. 327 508 Elsaß-Lothringen. 49 Elsen Ort nordwestl. von Paderborn. 438 Ems (Bad Ems) an der Lahn. 449 Ems Strom in Nordwestdeutschland. 436 bis 438 441 448 461 464 467 Engelmanshoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Engern oder Engergau Gebiet auf beiden Seiten der Weser. 497 Engers Stadt nördl. von Koblenz. 462 Engersgau. 462 Enghien Bad nördl. von Paris. 342 England. 18 28 34 37 39 44 45 48 82 97 108 125 168 170 171 172 181 187 193 1% 197 199 201 240 242 251 252 256 261-265 269-271 277-280 283 285-289 295 311 317 325 331 340378 379381-383 392 3% 401 425 458 511 526 527 529 532 534-538 540 543 544 Eppinghofen 1) Ort westl. von Dinslaken. 510 Eppinghofen 2) Ort östl. von Duisburg. 510 Eppinghofen 3) Ort südöstl. von Xanten. 510 Ereshofen (Ereshoven) Ort an der Agger. 510 Erfurt. 343 Erzgebirge. 431 439 Eschweiler Stadt nordöstl. von Aachen. 509 Essen. 171 172 495 497 504 Europa. 435 3650 6391 100107108111 115 122-124 128 129 133-137 143 145 146158 1% 199 207 239 240 242 244 246 271 272 277 280 295 296 307 324 330332 334 337 353 356 384 385 388 390 392 396-398 401 404 423 425-427 430 532-534
Finnland. 432 Flandern. 465 494 499 510 512
Flevo alter Name für Zuidersee. 439 Flissinghe siehe Vlissingen Fontainebleau Stadt südöstl. von Paris. 354 Forbach Stadt in Ostfrankreich. 516 Franken- 327 449 477 495 Frankenstein (Zqbkowice Siqskie) Stadt südl. von Wroclaw. 55 Frankfurt am Main. 83 84 Frankreich. 34 35 43 44 48 49 60 63 66 69 97-99 101 103 113 114 121 129 130 132 133 147 168-170 175 182 186 187 189 193 bis 197 201 239 240 261-264 266-269 278 285 293 312 317321 324329351 353 382 383 425 427 428 458 461 510 534 538 540 542 544 Freckenhorst Stadt südöstl. von Münster. 497 Friesenland siehe Friesland Friesland Provinz im Nordwesten der Niederlande. 439 511 Frisches Haff (Zalew Wiilana) Strandsee an der Ostseeküste, zwischen Gdaßsk und Kaliningrad. 436 Fühlingen Ort nördl. von Köln. 512 Fünen dänische Insel zwischen dem Großen und Kleinen Belt. 458
Galinden ehem. Landschaft zwischen Wisla und Njemen. 462 Gallien. 302 387 402 428-430 435 437 445 469 477 478 480 491 493 494 Garonne Fluß in Südwestfrankreich. 428 Garzweiler Ort nordöstl. von Jülich. 509 Gatschina Stadt südwestl. von Leningrad. 296 Gelderland Provinz der Niederlande. 500 Geldern der südl. Teil des Gelderlandes. 503 Gellik Ort nordwestl. von Maastricht. 504 Gelünden siehe Galinden Genderingen Ort südöstl. von Arnhem in den Niederlanden. 511 Genf. 142 239 Genfer See. 342 Gent Stadt in Ostflandern. 123 126 500 Genua. 44 Gerdingen Ort nordwestl. von Maaseyk. 521 Germanien. 324 387 439 461 462 464 513 Geystingen. 512 Ghyverinckhove Ort südwestl. von Dixmuiden. 510
Gibraltar. 426 Giptershoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Glabach, Die Ort südwestl. von Echternach. 516 Glogcu (Glogow). 451 Gloucesier Stadt in Südwestengland. 261 Gobertang Ort südöstl. von Brüssel. 512 Gotland schwedische Ostseeinsel. 451 454 bis 456 Grammont Stadt südwestl. von Brüssel. 512 Gravelingen (Gravelines) 1) Hafenstadt an der Nordwestkäste Frankreichs. 512 Gravelingen1 2) Ort im Gebiet von Löwen. 512 Griechenland. 303 380 428 450 Grimmersingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Grinningen Ort südöstl. von Löwen. 512 Grodno ehem. Gouvernement in Rußland. 408 Großbritannien. 258 262 278 285 427 428 460 465 527 Großer Bernhard (Großer St.Bernhard) Alpenpaß, verbindet die Täler von Rhone und Dora Baltea. 437 Grüningen Stadt südl. von Gießen. 449 Grupilinga ehem. Ort an der mittleren Oste. 511
Glissenhoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510
Hai(Halle) Stadt südwestl. von Brüssel. 512 Halberstadt. 174 Halle an der Saale. 521 Hamburg. 42 43 48 49 59 89 UjjjJ 120 182 281 Hameln Stadt an der Weser. 445 Hanau Stadt östl. von Frankfurt a. M. 449 Hannover ehem. preußische Provinz. 38 39 81 Hardinghen Ort südl. von Calais. 512 Haspelscheid (Haspelscheidt) Ort nordöstl. von Bitsch. 514 Hasselt Stadt nordwestl. von Lüttich. 510 512514 Halingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Hattingen Stadt südwestl. von Dortmund.511
Hausberge Stadt südl. von Minden. 445 Havelland. 464 Hebrus siehe Mar'itza Heerlinkhove -Ort nordwestl. von Ninove. 510 Heisingen Ort nordöstl, von Werden an der Ruhr. 511 Hellweg Landschaft in Westfalen, westl. Verlängerung des Haarstranggebirges. 510 Heishoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Helsprich (Hilsprich) Ort südöstl. von St. Avold in Ostfrankreich. 515 Herbinghen Ort nordwestl. von St. Omer. 512 Herdange Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Hermelinghen Ort südl. von Calais. 512 Hertjord Stadt nördl. von London. 261 Hessen. 495 515 Hessen Ort südl. von Sarrebourg in Ostfrankreich. 514 Hibrich Ort nördl. von Dieuze in Ostfrankreich. 515 Hirzenach Ort am Rhein, südl. von Koblenz. 508 Hirzenowe siehe Hirzenach Hobbeirade Ort nordöstl. von Maastricht. 503 Hoboken Hafenstadt am Hudson, gegenüber New York. 345 U.-L ... V-.- Ct J lAUCIlSpcytl UllUäll. VUl! 1>(II5«I SIClUlCI II, J l °f Hochwald Gebirge rechts an der Saar; Teil des Hunsrück. 319 514 515 Hocquinghen Ort nordwestl. von St. Omer. 513 Hohe Eifel Teil der Eifel. 512 Hohenstaufen, Burg nordwestl. von Ulm. 449 Holland siehe Niederlande Holländisch Seeland siehe Seeland (Zeeland) Holstein. 452 Holzweiler Ort nördl. von Jülich. 509 Homburg (Bad Homburg vor der Höhe) Stadt nördl. von Frankfurt am Main. 438 Höningen Ort nordwestl. von Köln. 512 Hönningen Stadt am Rhein, nördl. von Andernach. 511 Horovice Stadt südwestl. von Prag. 458 Horsadal (Roßtal) Ort südwestl. von Nürnberg. 497
Hotidan Stadt südwestl. von Paris. 354 Huckingen Ort nordwestl. von Düsseldorf. 511 Hundelingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Hünningen Ort südöstl. von Malmedy. 512 Hunsrück Gebirge östl. der Mosel. 509 514 Husingen Ort nördl. von Köln. 511 Huysinghen Ort südl. von Brüssel. 512
Idisiavisus ehem. Bezeichnung für ein Gebiet in der Nähe von Minden. 434 448 Ijssel Nebenfluß des Rheins zur Zuidersee. 439 449 511 Indien. 48 262 264 385 387 389 402 405 425 534 Irland. 79 80 82 263 281 282 287 428 Irmenach Ort östl. von Bernkastel. 509 Irnsing Ort südwestl. von Regensburg. 449 Iserlohn Stadt südöstl. von Dortmund. 83 Iskävonisches Schiefergebirge Gebirgsland zwischen Lippe und Ruhr. 438 Italien. 33 44 48 91-93 95 123 124 127 129 147 182 278 321 346 347 387 402 427 428 430 437 446 450 453 454 539 Iveldingen Ort südöstl. von Malm6dy. 512
Jade Küstenfluß in Niedersachsen. 500 Jekaterinoslaw (Dnepropetrowsk) Stadt am Dnjepr. 413 Jena. 329 Joigny Stadt südöstl. von Paris. 354 Juliacum siehe Jülich Jülich Stadt nordöstl. von Aachen. 508 509 Jütische Halbinsel siehe Jütland Jütland. 429 433 436 452 455 465 470 Kahler Asten Gipfel des Rothaargebirges im Sauerland. 495 Kaiserslautern. 514 Kalifornien. 337 Kanach Ort östl. von Luxemburg. 509 Kanossa (Canossa) Ort mit Schloß südöstl. von Mailand. 311 Karlsbad (Karlovy Vary). 341 Karninschesberg (Kaninchenberg) Berg im Forbacher Wald in Ostfrankreich. 516 Karpaten Gebirge in Mitteleuropa. 431 440 470
Kasan. 419 Kaspisches Meer. 427 Kattegat Meerenge zwischen Jütland, Schweden und den Dänischen Inseln. 429 454 455 Kelheim Stadt südwestl. von Regensburg. 449 Kelli'nghofen Ort südwestl. von Dorsten in Westfalen. 510 Kemplich Ort nordöstl. von Metz. 515 Kerprich Ort nordwestl. von Dieuze in Ostfrankreich. 515 Kerprich (Kerprich-Hemmersdorf) Ort nordwestl. von Saarlouis. 515 Kertsch Hafenstadt auf der Krim. 458 Kessenich Ort nordöstl. von Maaseyk. 503 Kieler Förde. 432 Kinckhoven Ort nördl. von Roermond. 510 Kintzich Ort nördl. von Metz. 515 Kipfenberg Ort westl. von Regensburg. 449 Kippingen Ort nordwestl. von Köln. 512 Kleinasien. 428 Kleiner Bernhard (Kleiner St.Bernhard) Alpenpaß, verbindet die Täler von Isere und Dora Baltea. 437 Koblenz. 508 Kolberg (Kolobrzeg). 64 Köln. 60 61 83 96 98 99182 439 499 508 509 512515 Konings Hoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Kopenhagen. 457 Korbach Stadt westl. von Kassel. 514 Köttingen Ort südwestl. von Köln. 512 Kowno (Kaunas). 408 Krakau (Krakow). 240 Krefeld Stadt nordwestl. von Düsseldorf. 506 Kreuznach, Bad an der Nahe. 508 Kruisberg Ort nördl. von Venlo. 503 Krützenberg Berg westl. von Aachen. 503 Kursk ehem. Gouvernement in Rußland. 419
Lahn Nebenfluß des Rheins. 436 438 449 451 511 514516 Lancashire Grafschaft in Nordwestengland. 256 257 289 501 Landstuhl Ort westl. von Kaiserslautern. 508 Langenscheid. 514
Langenschwalbach Stadt nordwestl. von Wiesbaden. 515 Langenseifen Ort nordwestl. von Wiesbaden. 515 Langscheid Ort nordwestl. von Arnsberg im Sauerland. 514 Lantremange Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Laon Stadt nordwestl. von Reims. 484 Lauenburg Landschaft im Südosten Schleswig-Holsteins. 465 Lausitz. 38 Leichlingen Stadt nördl. von Köln» 511 Leigelingon siehe Leichlingen Leipzig. 99 120 182 281 446 Lesiines (Estinnes au Mord} Ort in Belgien, südwestl. von Charleroi. 482 499 Leubringhen Ort südwestl. von Calais. 512 Leulinghen Ort südwestl. von Calais. 512 Libertange Ort südöstl. von Brüssel. 512 Lille Stadt in Nordfrankreich. 525 Limburg Provinz in Nordostbelgien. 503 514 Lippe Nebenfluß des Rheins. 436 438 440 441 449 461 467 495 Lippstadt Stadt südwestl. von Paderborn. 438 Lirich Ort nordöstl. von Duisburg. 514 Liverpool. 30 Livland. 454 Livorno Stadt in Mittelitalien. 44 Lodi Ort südöstl. von Mailand. 34 Loire. 352 Lombardei. 95 London. 9 59 87 89 98-101 142 145 169 181 182 240 246 259 291 293 336 340 342 346 355 Lörrach Stadt im Breisgau. 511 Lothringen. 505 509 512 515 516 Lottinghen Ort südwestl. von St. Omer. 513 Louvrenge Ort südöstl. von Brüssel. 512 Löwen Stadt östl. von Brüssel. 510 512 Lüttingen Ort nördl. von Xanten. 512 Lützelstein (La Petite-Pierre) Stadt nördl. von Pfalzburg. 514 Luxemburg. 499 509 512514515 Luxeuil Stadt in Nordostfrankreich. 480 Lyon. 207 Lys Nebenfluß der Scheide bei Gent. 494
Maas Fluß in Frankreich, Belgien und den Niederlanden. 431 439 500 503-505 510 512 Maaseyk Stadt in Nordostbelgien. 504 512 Maastricht Stadt im Südosten der Niederlande. 4% 503 504 509 Madrid. 33 338 * Magathaburg alte Bezeichnung für Magdeburg. 497 Magdeburg. 174 Mähren (Morava). 451 Mailand. 94 Main. 428 431 438 449 451 Maina (Mani) südl. Teil des Peloponnes. 302 Mainfranken siehe franken Mainz. 438 494 Malmldy Stadt südöstl. von Lüttich. 509512 Malmö Stadt in Südschweden. 61 Manchester. 87 88 181 182 198 261 286 289 Mannheim. 84 Mantes Ort nordwestl. von Paris. 352 Mantua Stadt in Oberitalien. 346 352 March (Morava) Nebenfluß der Donau. 450 451 Maritza Fluß in Südbulgarien. 430 Markehem. Grafschaft nordöstl.des Rheins. 441 449 495 498 504 Mark Brandenburg. 38 39 45 66 325 327 451 468 Marseille. 428 429 Marspich Ort nordwestl. von Metz. 515 Massel (Masiöw) Ort nordöstl. von Trzebnica bei Wroclaw. 451 Mecklenburg. 58 81 89 451 452 Mederiacum (Brück) Ort südwestl. von Bonn.508 Medemach Ort nordöstl. von Luxemburg. 509 Meiderich Ort nördl. von Duisburg. 514 Mellinghofen Ort nordöstl. von Duisburg. 510 Melschede Ort südl. von Arnsberg im Sauerland. 514 Menapiscus Landschaft zwischen Rhein und Scheide an der Nordsee. 494 Merzig (Messancy) Stadt südl. von Arlon. 515
Meschede Ort südöstl. von Arnsberg im Sauerland. 514 Mettecoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Mettlach Ort südl. von Saarburg in Rheinland-Pfalz. 509 Mettmann Stadt östl. von Düsseldorf. 510 Metz. 351-354 Metzelschwander Hof Ort nördl. von Kaiserslautern. 508 Millingen 1) Ort nordöstl. von Nijmegen. 512 Millingen 2) Ort südwestl. von Wesel bei Rheinberg. 512 Miltenberg Stadt am Main. 449 Minden. 511 Mittelmeer oder Mittelländisches Meer. 427 Monaco Freistaat am Mittelländischen Meer. 342 MontabaurerHöhe (Montabaurer Wald) südl. Teil des Westerwaldes. 449 Monte Carlo Kurort in Monaco. 342 Montenach Ort nordöstl. von Thionville in Ostfrankreich. 509 Mopertingen Ort nördl. von Lüttich. 512 Mörs ehem. Grafschaft am Niederrhein. 503 Mörs Stadt nordwestl. von Duisburg. 503 Mosel. 319 495 498 509 512 515 516 Moskau. 340 343 420 Mühlheim Stadt an der Ruhr. 504 München. 60 München-Gladbach (Mönchen-Gladbach) Stadt westl. von Düsseldorf. 506 Münster Stadt in Westfalen. 38 497 Münslerland Landschaft zwischen Lippe und Teutoburger Wald. 502 518 Mürringen Ort östl. von Malmddy. 512 Nachein. 451 Nahe. Nebenfluß des Rheins. 514-516 Nassau ehem. Herzogtum. 508 Neapel. 44 123 Nemours Stadt südöstl. von Paris. 354 Kessin (Niezyn) Ort bei Koiobrzeg. 64 Neuchätel (Neuenburg) Stadt und Kanton in der Schweiz. 93 Neufahrwasser (Nowy Port) Vorstadt und Hafen von Gdansk. 455 Neuhaus Stadt an der Oste. 451 Neukaledonien Insel im Großen Ozean, östl. von Australien, 332
Neuß Stadt südwestl. von Düsseldorf. 441 506 Neuwied Stadt nordwestl. von Koblenz. 441 449 462 New Lanark Ort bei Lanark in Schottland. 193 198 199 New York. 169 270 344 Niederhofen Ort am Hellweg, südöstl. von Dortmund. 510 Niederlande. 147 264 278 447 500 507 510 bis 512 534 Niederrhein 38 120 443 467 498 505 516 Niedersachsen. 511 Niederschlesien (Dolny Slqsk). 46 451 Nieuwenhove 1) Ort südwestl. von Brüssel. 510 Nieuwenhoven2) Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Nijmegen. 512 Ninove Stadt westl, von Brüssel. 510 Nister Nebenfluß der Sieg am Nordabhang des Westerwaldes. 515 Noderange Ort südöstl. von Brüssel. 512 Nordalbingien nördl. Teil des ehem. Herzogtums Sachsen zwischen Elbe und Eider. 469 Nordamerika. 44 295 Nordbrabant Provinz im Süden der Niederlande. 500 Nordfriesland Landschaft in Schleswig. 465 Nordhausen Stadt nördl. von Erfurt. 38 Nordsee. 429 433 436 439 448 451 454 455 459 461 465 469 499 505 Noricum ehem. röm. Provinz südl. der Donau. 437 Norwegen. 43 455 470 Nottingham Stadt in der gleichnamigen Grafschaft in Mittelengland. 511 Nowgorod Stadt südL von Leningrad. 414 419 Noyon Stadt nordöstl. von Paris. 354 Nürnberg. 89 120 Nydamer Moor. 455 457 458 Nyswiller Ort südöstl. von Maastricht. 509
Oberbarmen (Wuppertal). 507 Oberschlesien (Görny Slqsk). 79 83 168 457 Odange Ort südl. von Löwen. 512
Odenwald Gebirge zwischen Main und Nekkar.320 Oder (Odra). 450 451 461 464 468 469 Oderinge Ort südl. von Löwen, 512, Odessa. 343 Oeland (öland) schwedische Ostseeinsel. 454-456 Oelandssnnd (Kalmarsund) Meerenge zwischen der Insel Öland und dem schwedischen Festland. 454 Oeressundf öresand) Meerenge zwischen der dänischen Insel Seeland und der schwedischen Landschaft Schonen. 454 Oise Nebenfluß der Seine. 354 Oldham Ort nördl. von Manchester. 289 Olpe Stadt nördl. von Siegen. 504 Ophoven 1) zwei gleichnamige Orte nördl. von Jülich. 510 Ophoven 2) Ort nordöstl. von Maastricht. 510 Ophoven 3) drei gleichnamige Orte westl., östl. und nördl. von Maaseyk. 510 Ophoven (Op Hoven) 4) Ort südwestl. von Maaseyk. 510 Oporto (Porto) Hafenstadt in Portugal. 125 Ordange Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Orient. 304 305 Orleans Stadt südwestl. von Paris. 351 352 Ortrange Ort nordwestl. von Lüttich. 512 ösel (Saaremaa) Insci vor der Rigäci" Bucht. 450 Osnabrück Stadt in Niedersachsen. 497 Osning mittlerer Teil desTeutoburgerWaldes. 441 445 469 498 Oste Nebenfluß der Elbe. 451 Österreich. 34-36 43 46 81 113 121 127 128 146 240 Ostfalen ehem. Bezeichnung für das Gebiet zwischen Weser, Elbe und Saale. 497 Ostpreußen ehem. preußische Provinz. 327 429 Ostsee. 429 435 436 451 453-455 464 Ostseeprovinzen im zaristischen Rußland die Gouvernements Estland, Kurland und Livland; heute Lettische und Estnische SSR. 416 Otlinga (öttingen) Ort südwestl. von Soltau. 511
Overijsel Provinz der Niederlande. 500 Oxford Stadt nordwestl. von London. 495
Paderborn Stadt in Westfalen. 438 Palästina. 305 Pannonien ehem. römische Provinz am rechten Ufer der mittleren Donau. 437 Paris. 6 33 35 60 84 97-99 129 132 133 143 155 169 181 193 196 244 291 293 331 332 336 340 352 353 354 479 480 493 538 539 Peloponnes (Morea) griech. Halbinsel. 302 Pensa ehem. Gouvernement in Rußland. 419 Penserich (Buch) Höhenzug nordöstl. von Metz. 515 Persien (Iran). 383 Pest Teil des heutigen Budapest. 128 Petersburg siehe St.Petersburg Peuplingue Ort südwestl. von Calais. 512 Pfahlgraben oder Limes römischer Grenzwall von Rheinbrohl bis südl. von Regensbura. 435 449 Pfalz. 62 83 319 327 499 508 517 518 Philadelphia Stadt in Pennsylvania. 33 34170 Phladirtinga siehe Viaardingen Piemont Landschaft in Oberitalien; ehem. Herzogtum. 95 Pillau (Baltijsk) Vorhafen von Kaliningrad. 455 Po. 428 Poitiers Stadt südwestl. von Orleans. 493 Polen. 35 36 43 84 101 136 143 147 239-241 Pollinchove Ort südwestl. von Dixmmderu 510 Pommern ehem. preußische Provinz. 39 45 65 66 327 Portugal. 33 125 127 147 182 Posen (Poznan) ehem. preußische Provinz; heute Wojewodschaft. 39 45 46 66 Potsdam. 64 Preußen. 35 36 38 39 45 46 49-51 5765 6669 74 81-84 136 149 173 221 240 244 282 329 Preußisch-Sachsen (Provinz Sachsen). 38 Prignitz Landschaft zwischen Elbe und Dosse. 465 Provence Landschaft in Südostfrankreich. 430 Pyrenäen. 426 477
Quettingen Ort nördl. von Köln. 511
Raepertingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Rambouillet Stadt südwestl. von Paris. 354 Ramscheid Ort südl. von Arnsberg im Sauerland. 514 Ratingen Stadt nordöstl. von Düsseldorf. 511 Reckheim Ort nördl. von Maastricht. 504 Redingen Ort südöstl. von Brüssel. 512 Reekhoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Rees Kreis im Bezirk Düsseldorf. 503 Reifferscheid 1) Ort südöstl von Aachen. 503 Reifferscheid 2) Ort in der Hohen Eifel, westl von Koblenz. 503 Reims Stadt in Nordostfrankreich. 494 Rems Nebenfluß des Neckars. 449 Revelinge Ort südl von Brüssel bei Waterloo. 512 Rezat einer der Quellflüsse der Regnitz in Franken. 494 Rhätien ehem. römische Provinz; heute zum größten Teil die Schweiz. 435 437 451 Rhein. 317 320 325 326 328 427 430 431 433 435-441 443 445 446 448 449 456 457 461 bis 463 467 469 495 500 503-505 508 510 bis 516 Rheinberg Stadt nordwestl von Duisburg. 509 512 Rheinbrohl Stadt am Rhein, nördl von Andernach. 511 Rheingau. 327 467 Rheinhessen Hügelland zwischen Rhein, unterer Nahe und Pfälzer Bergland. 508 Rheinpfalz siehe Pfalz Rheinpreußen oder Rheinprovinz ehem.preuß. Provinz. 65 66 81 99 168 449 504508 Ribiniacus siehe Rübenach Ribuaria Gau Teil des ehem. Frankenreiches; Gebiete östl und westl des Rheins von Köln bis Bingen. 504 513 Riesengebirge (Karkonosze) . 428 430 440 464 494 Ringkjöbing (Ringkobing) Stadt an der Nordwestküste Jütlands. 429 Rinteln Stadt südöstl von Minden. 445 Rioja Landschaft südl des Ebro. 44 Rixhöjt (Rozewie) Kap an der Westküste der Bucht von Gdansk. 455
Rixingen Ort nördl von Lüttich. 512 Rjasan ehem. Gouvernement in Rußland. 419 Röcklingen Ort nordöstl von Bonn. 511 Roclange Ort nordwestl von Lüttich. 512 Roclenge Ort nördl von Lüttich. 512 Redlach Ort südöstl. von Thionville in Ostfrankreich. 509 Rödingen Ort nordwestl von Köln. 512 Roermond Stadt in der Provinz Limburg in den Niederlanden. 503 Rom. 301 309 479 Rom Kaiserreich im Altertum. III 146 302 303 378 380 392 437 440 441 445-447 451 453 463 Romagna Landschaft in Italien. 126 RomaningkoVa siehe Rümmingen Roubaix Stadt nordöstl von Lille. 266 Rübenach Ort westl von Koblenz; bei den Römern Ribiniacus. 508 Ruhr. 436 438 441 449 467 495 498 504 511 514 Ruhrort Stadt nördl. von Duisburg. 510514 Rümmingen. 511 Rußland. 27 35-37 43 49 50 7484101107108 III 113-115 133 136 137 147-149240 243 292 294-2% 385 389-391 393 394 3% bis 399 402 405 407 412 419 420 427 Ruykhoven Ort nördl. von Lüttich. 510
Saalburg ehem. römisches Kastell bei Homburg. 438 Saale. 451 494 Saar Nebenfluß der Mosel 509 Saarbrücken. 120 Saarburg (Sarrebourg) Stadt an der Saar in Ostfrankreich. 514 Saarlouis. 509 Sachsen siehe Altsachsen Sachsen. 45 89 168 468 Salford Ort südwestl von Manchester. 275 Salierland ehem. Gebiet am Niederrhein. 515 Salzburg. 146 Salzwedel Stadt im Nordwesten der Altmark. 291 293 Samara ehem. Gouvernement in Rußland. 419
Saratow ehem. Gouvernement in Rußland. 419 Saterland Gebiet im ehern. Großherzogtum Oldenburg. 465 Sauerland Teil des rheinischen Schiefergebirges im Süden Westfalens. 498 504 514 Scandia siehe Skandinavien Schalkhoven Ort nordwestl. von Lüttich, 510 Scheidwald Waldgebiet nördl. von Pfalzburg. 514 Scheide Fluß in Frankreich» Belgien und den Niederlanden. 511 Schlei Förde bei Schleswig, 432 Schlesien (Slqsk). 45 55 60 63 64 67-71 78 82 325 327 450 451 464 Schleswig. 429 452 454 455 457 Schleswig-Holstein. 89 120 327 454 Schleiden Stadt südöstl. von Aachen. 503 Schmerikon Ort südöstl. von Zürich. 511 Schottland. 82 172 198 287 534 Schuerhoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Schwaben nach der Völkerwanderung von Alemannen besiedeltes Gebiet; umfaßte die dt.-sprachige Schweiz, Baden, Württemberg, Elsaß und Teile Bayerns. 327 459 Schwanden Ort nordwestl. von Kaiserslautern. 508 Schwarzes Meer. 427 448 450 458 461 Schweden. 43 318 437 451 452 454 456 458 470 Schweidnitz (Swidnica) Stadt südwestl. von Wrociaw. 56 Schweiz. 28-30 34 63 87 93 97 113 121 122 124 127 147 156 158 341 425 Schweizer Jura Gebirgszug an der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich. 123 Sedan. 121 Seeland dänische Insel zwischen Ostsee und Kattegat. 454 500 Seeland (Zeeland) Provinz der Niederlande. 465 Seine. 353 Selschede Ort südwestl. von Arnsberg im Sauerland. 514 Sentzich Ort nordöstl. von Metz. 515
Serbien. 128 Sibirien. 334 419 Sieg Nebenfluß des Rheins. 436 441 467 51! 516 Siegerland oder Siegtal von der Sieg durch» flossenes Gebiet. 498 504 Sigmaringen Stadt und Kreis südl« von Stuttgart. 86 Silberberg (Srebrna Gora} Ort südwestl. von Wrociaw. 56 57 Simbirsk'ehens- Gouvernement in Rußland. 419 Sinkfal (De Honte oder WesterscheUe) Bucht zwischen Belgien und den Niederlanden. 465 Sittard Stadt nordöstl. von Maastricht. 503 Sizilien. 426 450 Skugen nordöstl. Vorgebirge von jütlancL 455 Skandinavien. 317 427 432 434-436 452 453 455 459 473 Slagelse Stadt auf der Insel Seeland. 454 Smarinchowa siehe Schmerikon Smolensk- 413 Snoiingaham siehe Nottingham Sodingen Ort bei Castrop-Rauxel, 5! 1 Soest Stadt östl. von Dortmund. 511 Soetrich Ort nördl. von Thionvilie in Ostfrankreich. 515 Solingen. 120 341 511 Soonwald (Soon Wald) Teil des HunsriicL östl. der Mosel. 514 Spanien. 33 34 4491 93 122124 125 146 182 321 332 387 402 427-429 Sparta. 191 Spessart Mittelgebirge am unteren Main. 495 Stedieraburg (Steterburg) Ort südwestl. von Braunschweig. 497 Stettin (Szczecin). 42 43 St. Goar Stadt südl. von Koblenz. 508 Stockheim Stadt nördl. von Maastricht. 504 St. Omer Stadt südöstl. von Calais. 510512 St.Petersburg (Leningrad). 244 340 343 408 420 Straßburg (Strasbourg). 431 St. Trugen (St. Truyden, Truiden oder St. Trond) Stadt nordwestl. von Lüttich. 510 512
Stuttgart. 86 87 Sudauen ehem. Landschaft zwischen Wisla und Njemen. 462Südamerika. 44 541 Süderbrarup Ort südöstl. von Flensburg. 457 Südersee (Zuidersee). 500 Sylt nordfriesische Insel vor der Westküste Schleswig-Holsteins. 465 Syrien Staat in Vorderasien. 441
Tarnau (Tornow) Ort südl. von Wröclaw. 55 Taschberger Moor (Thorsbjerger Moor). 457 Taunus Teil des rheinischen Schiefergebirges zwischen Lahn und Main. 439 449515 Taurien ehem. Gouvernement in Rußland. 413 Terschelling westfriesische Insel. 439 Themse. 265 Thienen siehe Tirlemont Thrakien Landschaft im Osten der Balkanhalbinsel. 428 430 433 Thrakische Halbinsel siehe Thrakien Thüringen. 327 495 Tiberiacum siehe Ziewerich Tirlemont Stadt Östl. von Brüssel. 510 Tolbiacum siehe Zülpich Tongern Stadt nordwestl. von Lüttich. 510 512 Türnich (Toernich) Ort südöstl. von Arlon in Südostbelgien. 515 Tours Stadt an der Loire. 352 480 Toury Ort nördl. von Orleans. 353 Trebnitz (Trzebnica) Stadt nördl. von Wroclaw. 451 Trier. 96 291 293 387 402 499 509 512 516 Tula ehem. Gouvernement in Rußland. 419 Türkei, europäische. 136 Turnhout Stadt nordöstl. von Antwerpen. 510
Ulrichstein Ort westl. von Fulda. 38 Ummingen Ort südwestl. von Dortmund.511 Ungarn. 35 83 84 113 121 127 128 539 Unna Stadt östl. von Dortmund. 511 Unstrut Nebenfluß der Saale. 494 Ural (Uralgebirge). 4\9 Utrecht. 500
Velinghen Ort westl. von St. Omer. 513 Venetien (Venezien) Landschaft in Oberitalien. 95 Venlo Stadt südöstl. von Nijmegen. 503 Ventnor Stadt auf der Insel Wight. 342 Vercelli Stadt in Oberitalien. 430 Vereinigte Staaten von Nordamerika. 28-30 113 147 264 285 295 306 385 390 541 Versailles. 240 352 354 Vert Ort südwestl. von Paris. 352 Vevey Kurort am Nordostufer des Genfer Sees. 342 Vierzon Stadt südl. von Orleans. 352 Villecoublay Ort südwestl. von Paris. 352 Viaardingen Hafenstadt westl. von Rotterdam. 511 Vlieland westfriesische Insel. 439 Vliesiro(o)m Fahrwasser zwischen Nordsee und Zuidersee. 439 Vlissingen Hafenstadt auf der Insel Walcheren an der Westküste der Niederlande» 511 Vluyn Ort nordwestl. von Duisburg. 503 Vlytingen Ort nordöstl. von Lüttich. 512 Vogelsberg Mittelgebirge zwischen Lahn und Fulda. 495 Vogesen linksrheinisches Mittelgebirge. 514 Volkerinckhove Ort nördl. von St. Omer. 510 Vorderasien. 425 Vorpommern ehem. Name des Gebietes westl. der Oder. 452
Wageningen Stadt nordwestl. von Nijmegen. 511 Wahenges Ort südöstl. von Löwen. 512 Walachei Landschaft zwischen den Südkarpaten und der Donau. 459 Waldrach Ort Östl. von Trier. 509 Wales. 289 Wallach Ort südwestl. von Wesel am Rhein. 509 Walscheid Ort in den Vogesen. 514 Walwiller Ort südöstl. von Maastricht. 509 Wandhofen (Wandhoven) Ort am Hellweg, südöstl. von Dortmund. 510 Warin Stadt südöstl. von Wismar. 451 Warschau. 239 Warta Nebenfluß der Oder. 464 Washington. 386
Wassenach Ort nordwestl. von Koblenz. 508 Waterloo. 196 512 Waterscheid (Waterscheyd) Ort nördl. von Lüttich. 514 Wavre Ort südöstl. von Brüssel. 512 Wehofen Ort nördl. von Ruhrort. 510 Weichsel (Wisla). 435 436 450 451 453 455 463 464 469 Wellinghofen Ort am Hellweg, südöstl. von Dortmund. 510 Werden Stadt an der Ruhr. 494 495 497 504 511 Werra Quellfluß der Weser. 451 Wesel Stadt am Niederrhein. 431 503 504 514 Weser, 436 439 444 461 469 Wesselingen Ort südl. von Köln. 512 Westerwald Teil des rheinischen Schiefergebirges zwischen Sieg und Lahn. 514 515 Westfalen. 120 168 320 449 469 497 498 504 506 510 511 Westfriesland Teil der niederländischen Provinz Friesland. 465 Westhofen Ort östl. von Castrop-Rauxel. 510 Westhofen Stadt am Hellweg, südöstl. von Dortmund. 510 Westindien. 42 Wetterau Talmulde zwischen Vogelsberg und Taunus. 438 440 441 449 508 Wichlinghofen Ort am Hellweg, südöstl. von Dortmund. 510 Widau (Wied Au) Fluß in Holstein. 465 Wien. 36 60 114 128 451
Wight Insel im Kanal an der Südküste Englands. 341 342 Willebringen Ort südöstl. von Brüssel. 512 Wilna (Vilnius). 408 Wimmertingen Ort nordwestl. von Lüttich. 512 Winethahüsen ehem. Burg südwestl. von Quedlinburg. 497 Winnweiler Stadt nordöstl. von Kaiserslautern. 508 Wintershoven Ort nordwestl. von Lüttich. 510 Wolvaradingahusun Ort südwestl. von Minden. 511 Worms. 431 Worriwen Ort nördl. von Köln, 512 Wulverdinghe (Wulverdingen) Ort nördl. von St. Omer. 512 Wupper Nebenfluß des Rheins. 40 441 449 507 Württemberg. 84
Xanten Stadt westl. von Wesel. 503 510 512 Yonne Nebenfluß der Seine. 354 Zieioerich Ort südwestl. von Köln; bei den Römern Tiberiacum. 508 514 Zollikpfen (Zollikpn) Ort am Nordostufer des Züricher Sees. 511 Zollinchovon siehe Zollihofen Zonhoven Ort nordwestl. von Maastricht. 510 Zülpich Ort südwestl. von Köln; bei den Römern Tolbiacum. 508 Zürich. 87 150 153-156 163 525
Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen Ausdrücke
absorbieren aufsaugen, einsaugen; aufzehren Abstentionist jemand, der hartnäckig jeder politischen Tätigkeit fernbleibt Abstraktion Verallgemeinerung; Begriffsbildung Absurdität Unsinnigkeit ad zu Adaptation Anpassung (biologisch); Anwendung Adept ein in die geheimen Künste oder Wissenschaften Eingeweihter Agnostiker Anhänger einer philosophischen Lehre, die die Erkennbarkeit der objektiven Welt abstreitet Agonie Todeskampf agrikpl landwirtschaftlich Aktuar Gerichtsangestellter allegorisch sinnbildlich;, gleichnishaft; bildhaft Alliteration Gleichklang; Gleichheit der Anlaute mehrerer Wörter oder betonter Silben (Wind und Wetter, Bausch und Bogen, Mann und Maus usw.) Allod freies Eigentum, Erbgut der alten Germanen Amortisation Tilgung einer Schuld nach festgelegtem Plan; Abschreibung des allmählichen Verschleißes der Grundmittel in der Produktion Anachronismus Zeitwidrigkeit; Verlegung einer Erscheinung usw. in einen falschen Zeitabschnitt Analogie Gleichartigkeit; Entsprechung; Ähnlichkeit; Seitenstück
antizipieren vorwegnehmen Antrustion unter den Merowingern der Gefolgsmann des Königs Apanagebauer Bauer, der vor der Aufhebung der Leibeigenschaft zu den kaiserlichen Domänen gehörte apart für sich, besonders aphoristisch treffend und geistvoll; kurz apostolisch von den Aposteln herrührend a priori von vornherein Äquivalent Gegenwert archaisch vorgeschichtlich, altertümlich Artel Genossenschaft Aspirata Hauchlaut (th, f, ch) aspiriert als Hauchlaut gesprochen Assekuranz Versicherung Assignaten Staatsanweisungen; Papiergeld der Französischen Revolution assimilieren angleichen Associe Teilhaber assoziieren verbinden; zusammenschließen Attestat Bescheinigung; schriftliches Zeugnis Avis Gutachten; Anzeige
Banalität Nichtssagendes; Abgedroschenes Bankrotteur jemand, der Bankrott macht, der wirtschaftlichen Zusammenbruch erleidet Benefiziar Empfänger einer Wohltat Benefizium Pfründe; Vorteil Bigotterie Scheinheiligkeit Bimetallismus Währungs system, bei dem zwei Metalle (meist Gold und Silber) Währungsmetalle sind
Brakteat einseitig hohlgeprägte mittelalterliche Gold- oder Silberblechmünze byzantinisch unterwürfig; kriecherisch
Calvinismus Lehre Calvins, des Mitbegründers der evangelisch-reformierten Kirche Cartesianismus durch die Lehre des Descartes bestimmte philosophische Richtung (nach der latinisierten Form Cartesius, des Namens des französischen Philosophen und Mathematikers Descartes) chaussieren zu einer Heer- oder Landstraße herrichten Clan Stamm, Geschlecht, Sippe Coup d'eiai Staatsstreich Credo (Kredo) Glaube, Glaubensbekenntnis
debauchieren aus einem Engpaß herauskommen Deduktion Ableitung des Besonderen, des Einzelfalles aus dem Allgemeinen Defilee enger Weg, den man nur in schmaler Reihe passieren kann Defraudation Betrug; Unterschlagung Degradation Erniedrigung; Herabsetzung Deismus religions-philosophische Richtung der Aufklärung, die einen Gott als Weltschöpfer anerkennt, ihm aber jede Einwirkung auf den Weltlauf abspricht Dekurio Mitglied der römischen Gemeindevertretung in Städten mit römischem oder lateinischem Recht Denar Zehner; kleine altrömische Silbermünze; mittelalterlicher Pfennig Dental Zahnlaut (d,t) denunzieren angeben Depositen bei Banken hinterlegte Wertsachen und Wertpapiere; verzinslich angelegte Gelder Detachierung Abordnen von Truppen für besondere Aufgaben determiniert entschlossen; bestimmt Diminutiv Verkleinerungsform eines Substantivs und eines Verbums (Haus - Häuschen, sausen - säuseln) Ding Thing
Diphthong Doppellaut, Zwielaut (au, eu, ei, ai) Diskontierung Ankauf von Wechseln und Gewährung eines Kredits bis zur Fälligkeit der Wechsel disponibel verfügbar Distribution Verteilung Dithyrambe Loblied; begeisternde Würdigung Domäne, Dominium Herrschaftsgebiet; Rittergut Domizilierter Anssäsiger Dotation Schenkung; Ausstattung, Heiratsgut Dual Zweizahl; in verschiedenen Sprachen, namentlich im Griechischen, kommt außer Einzahl und Mehrzahl noch die Zweizahl vor; Beugungsform für zweiPersonen oder zwei Dinge Dualismus Zwiespältigkeit; Zweiheit
eklatant deutlich, offenkundig Eklektizismus prinzipienloses, unschöpferisches Zusammentragen verschiedener Ansichten und Theorien eliminieren ausscheiden, beseitigen eminent hervorragend, außerordentlich emittieren Wertpapiere u.ä. ausgeben ennuyieren belästigen, langweilen Enquete (amtliche) Untersuchung; Umfrage Enzyklopädist hier im übertragenen Sinn: Mann mit umfassendem Wissen epikureisch nach der Lehre des griechischen Philosophen Epikur Epistel Apostelbrief des Neuen Testaments; (kunstvoller) längerer Brief eskamotieren Taschenspielerkünste treiben; etwas unbemerkt auf die Seite bringen esoterisch nur für Eingeweihte bestimmt; geheim Etablissement hier: Anlage; Fabrik Etymologie Wortforschung; Lehre von der Herkunft, Bildung und Bedeutung der Wörter Evangelisierung Aufforderung, sich zum christlichen Glauben und Leben zu bekehren Exekutor Vollstrecker
eximieren bevorrechten; von einer Pflicht ausnehmen exorzieren böse Geister beschwören Expektoration medizinisch: Auswurf Exploitation Ausbeutung exponiert gefährdet Exportprämie Staatszuschuß für die Ausfuhr Expropriation Enteignung Exzeß Ausschreitung, Ausschweifung
Famulus Helfer eines Hochschuldozenten Fetisch ein angeblich mit geheimer Kraft erfüllter und darum bei Naturvölkern religiös verehrter Gegenstand figurieren erscheinen; auftreten Fiktion Erdichtung; Annahme, Unterstellung Finanzfaktoium rechte Hand (in Finanzsachen) fingieren vortäuschen; erdichten, vorgeben Fiskalgut Staatsgut fiskalisch die Staatsfinanzen betreffend fixieren festlegen Flexion Beugung; Formänderung der Nomina und der Verben fluktuieren hin und her strömen; schwanken Folio Buchformat in Halbbogengröße fraktionieren stufenweise umsieden frondieren Widerspruch erheben; gegen die Regierung arbeiten Fundierung Gründung fusionieren verschmelzen, eng zusammenschließen
Galmei Bezeichnung für zwei verschiedene Zinkerze Genesis Entstehungsgeschichte; Ursprung; in der Bibel das I.Buch Mosis mit der Sch öpf ungsgeschichte Gens Geschlecht; Familienverband bei Naturvölkern gerieren sich benehmen, sich ausgeben als Gradation Einteilung nach Graden; Steigerung graduell stufenweise, abgestuft; nach und nach, allmählich Guttapercha Pflanzensaft; Gummiharz
Gutturallaut Kehllaut (k,ch, g)
habilitieren die ordentliche Lehrberechtigung an Hochschulen erwerben heterogen ungleichartig; innerlich uneinheitlich; entgegengesetzt hierarchisch in streng gegliederter Rangordnung Homo Mensch; hier im Sinne von Untertan Homoiometien nach Anaxagoras die unendlich vielen, unter sich gleichen Bestandteile der Materie Honor Ehre; Ehrensitellung
immanent innewohnend; in etwas enthalten immens unermeßlich; unendlich Immobilien Grundbesitz, Liegenschaften Impertinenz Ungehörigkeit, Frechheit Induktion Schlußfolgerung vom Besonderen oder von Einzelfällen auf das Allgemeine oder Gesetzmäßige Industrie-Billett von Behörden erteilte Gewerbegeneh migung infam niederträchtig; ehrlos Ingredienz Zutat, Bestandteil inhärent innewohnend Inkubationsperiode hier: Periode der Entwicklung und Ausbreitung der entsprechenden Sache insinuieren einflüstern, einschmeicheln insurgieren sich empören Insurrektion Erhebung, bewaffneter Aufruhr interimistisch einstweilig, vorübergehend, zeitweilig Interruption Unterbrechung, Störung
Jurisdiktion Rechtsprechung; Gerichtsbarkeit
Kalamität Unglück; arge Verlegenheit Kamarilla im Verborgenen arbeitende Hofoder Günstlingspartei Kanon hier: festgelegte jährliche Geldabgabe, Erbzins Kantschu russische, eigentL kirgisische Peitsche mit längerem Stiel als die Knute Karbatsche aus Riemen geflochtene Peitsche Kartell hier: Abkommen
Kataster amtliches Verzeichnis; Kopfsteuerliste kirren jemanden zahm, zutraulich machen kollidieren hier: sich überschneiden Kolone Erbzinsbauer auf altröm. Latifundien Kolumbarium Urnengewölbe; altrömisches Grabgewölbe mit vielen Meinen Nischen für Aschenkrüge Kombattant Kämpfer; Angehöriger einer Kampftruppe kommendieren empfehlen Kommis Handlungsgehilfe; kaufmännischer Angestellter Kommissionsavis Kommissionsbericht Kommunikation Verkehr, Verbindung kompensieren vergüten; ausgleichen Kondukteur Begleiter; Aufseher konfundieren verwirren; vermengen Konk/etum sinnlich wahrnehmbarer Gegenstand Konnexion einflußreiche Verbindung; fördernde, vorteilhafte Bekanntschaft Konskriptionsgebiet Gebiet, in dem die männliche Bevölkerung zum Kriegsdienst ausgehoben wird konsolidieren hier: schwebende Schulden in langfristige umwandeln konstitutiv grundlegend L ti i~i s—rix](U;i([UCJUUl lt3UQUU19L.ll Kontrahent Vertragschließender Konvertit hier: zu einer anderen Weltanschauung Übergetretener Konzil Versammlung von geistl. Würdenträgern zur Regelung gesamtkirchlicher Anliegen Kooperation Zusammenwirken, Zusammenarbeit Kosmogonie Lehre von der Entstehung und Entwicklung des Weltalls Kreosot ein Desinfektions- und Heilmittel kretinhaft schwachsinnig; trottelhaft Kristallographie Wissenschaft von den Kristallen Krummstabeigentl. Hirtenstab;einer der Insignien eines Bischofs Kupon Renten-, Zinsschein; Abschnitt Kuratel Vormundschaft
Laudemium (Mz. Laudemien) Lehnsgeld an den Lehnsherrn, beim Verkauf eines Hofes an den Grundherrn zu entrichtende Gebühr Latifundien Großgrundbesitz Liktor römischer Gerichtsdiener Liten Hörige Logos Wort, Sinn, Rede; Vernunft
Machination Hinterlist, Anschlag malträtieren mißhandeln Media (Mz. Medien) stimmhafter Verschlußlaut (b,d,g) Metamorphose Verwandlung, Umgestaltung metaphysisch die Erscheinungen nur isoliert und als unveränderlich betrachten; übernatürlich, übersinnlich; undialektisch Mikrokosmos verkleinertes Abbild des großen Weltganzen; Welt der Kleinlebewesen modifizieren verändern, abwandeln; einschränken; auf das rechte Maß bringen Modikum, Modi, Modus Verhältnis; Art und Weise; Maß monotheistisch auf dem Glauben an einen einzigen Gott beruhend Mule Spinnmaschine
Nasal Nasenlaut (m,n) Nefas Unrecht .-4. fd.vni.icidi.f i UVI ilvuv.1^11 uigilll,cil^ici luuc all— gehörig nivellieren gleichmachen; ebnen Nominalismus philosophische Richtung (im Mittelalter), nach der die allgemeinen Begriffe lediglich Produkte der Abstraktion, des Denkens, nicht wirkliche Dinge (Realien) sind notabene merke wohl!, wohlgemerkt!, übrigens
Obligation Verbindlichkeit; auf ein privates (oder auch staatliches) Unternehmen lautendes Wertpapier mit fester Verzinsung obligatorisch zwangsweise; verpflichtend, bindend obliquer Kasus abhängiger Fall oktroyieren aufdrängen
okzidentalisch den Okzident betreffend; abendländisch Oligarchie Herrschaft einer privilegierten Minderheit
paläolithisch die ältere Steinzeit betreffend Pampa Grassteppe Argentiniens Panazee Allheil-, Wundermittel Parenthese Einschaltung; Klammer Paroli mit gleicher oder überlegener Kraft entgegnen partial, partiell teilweise; nur einen Teil betreffend Patriarchat Gesellschaftsordnung mit Vaterrecht Patrimonialgerichtsbarkeit Gerichtsbarkeit eines Großgrundbesitzers patrizisch dem altrömischen Adel angehörig Patron Schutzherr pauperieren kümmerlich wachsen? verkümmern pauvrestm. Pertinenzen, Pertinenzien Zubehör; Nebensachen, die bei Veräußerung der Hauptsache als mit inbegriffen gelten Petition Eingabe, Bittschrift. Phantom Schein-, Trugbild; Hirngespinst Philanthrop Menschenfreund; bürgerlicher individueller Wohltäter Philister Spießbürger, kleinlicher Mensch pldlonisch philosophische Richtung, nach dem jüdisch-griechischen Philosophen Philon von Alexandrien benannt; versuchte die jüdische Religion mit der griechischen Philosophie des Piaton und Pythagoras und mit dem Stoizismus zu verbinden Physiologie Lehre von den Lebensvorgängen in den Organismen Phytelephas macrocarpa Nüsse der Elfenbeinpalme post jestum hinterher posthum, postum hier: später potenzieren erhöhen; steigern präjudiziell für eine spätere Entscheidung maßgebend, beachtenswert Prätension, Prätention Anspruch, Anmaßung Präzedenzfall vorangegangener Fall, der für
die Beurteilung späterer gleicher oder ähnlicher Fälle von Bedeutung ist; Beispielfall, Musterfall Preiskurant Preiszettel, Preisliste Prekarium bittweise, widerruflich, unentgeltlich gewährte Benutzung einer Sache oder eines Rechts profanunheilig, unkirchlich; alltäglich Profession Beruf, Handwerk Prokonsul gewesener Konsul; auch Vizekonsul, römischer Statthalter Prolog Einleitung; Vorrede, Vorspiel proportionell dem Proporz entsprechend; verhältnismäßig, in gleichem Verhältnis stehend Proprätor Statthalter einer römischen Provinz protegieren beschützen, begünstigen; durch Gunst befördern Prototyp Urbild; Vorbild, Muster pseudomorph anders sein als scheinen
querulieren beschweren, klagen Quotient Teiizahl, Teilwert
räsonieren laut reden, übelwollend tadeln; nörgeln Rationalismus Vernunftsstandpunkt rationell vernünftig; ordnungs- und zweckmäßig reduzieren einschränken; zurückführen Reflexion Rückstrahlung; Vertiefung in einen Gedankengang; Selbstbeobachtung Regeneration Wiederbildung, Erneuerung, Wiedergeburt Regenerator Erneuerer, Wiederhersteller Rekognoszierung Erkundung, Aufklärung; Erforschen Rektifikation Trennung von Flüssigkeitsgemischen durch unterbrochene Destillation Renegat Verleugner seiner politischen Überzeugung oder seines bisherigen Glaubens; Abtrünniger, Überläufer Repression Abwehr; Unterdrückung reprimieren unterdrücken; zurückdrängen Reskript Verfügung, Erlaß; amtlicher schriftlicher Bescheid
Retorsionszölle als Gegenmaßnahme auferlegte Zölle Revenue der vom Kapitalisten für persönliche Zwecke verwendete Teil des Mehrwertes; Einkommen, z.B. Staatseinkünfte Revivalismus Wiedererweckung (des Glaubens); Seelenerweckung Rezeption Aufnahme, Empfang; Übernahme insbesondere des römischen Rechts durch die mittelalterlichen Staaten Europas Rimesse Sendung von Geld, Wechseln; in Zahlung gegebener Wechsel Ritualismus katholisierende Richtung in der anglikanischen Kirche Rustikale das den Bauern eines Dorfes gehörende Land
Säkularisation Einziehung geisdicher Besitzungen saldieren Rechnung ausgleichen, abschließen Sansculotten revolutionäre Proletarier oder Kleinbürger in der Französischen Revolution, die lange Hosen (Pantalons) statt der höfischen Kniehosen (Culottes) trugen Sanskrit altindische Sprache Schibboleth Losungswort, Erkennungszeichen schismatisch auf eine Kirchenspaltung bezüglich schockieren bei jemandem Anstoß erregen, ihn in sittliche Entrüstung versetzen Scholastizismus Schulweisheit; mittelalterliche Abart der Philosophie Seigneur ehemals in Frankreich Besitzer eines erblichen Territoriums sekundieren beistehen, helfen, schützen Semstwo feudalistisches örtliches Selbstverwaltungsorgan im zaristischen Rußland Senior der Ältere, Ältester Seniorat Äitestenwürde Sensualismus philosophische Lehre, die als alleinige Erkenntnisquelle die Sinneswahrnehmungen ansieht servil unterwürfig, kriecherisch, knechtisch Sinekure müheloses, einträgliches Amt; Pfründe ohne Amtsgeschäfte
skandalisieren ärgern, Ärgernis geben skandalös ärgerlich, anstößig; unerhört Snobismus Vornehmtuerei; Eingebildetheit, Geckenhaftigkeit solvent zahlungsfähig Sophisma Trugschluß mit Täuschungsabsicht Sophist Wortverdreher, Klügler spedieren befördern, verfrachten, abfertigen Spektroskop Gerät zum Beobachten und Ausmessen von (durch Lichtzerlegung entstandenen) Farbbildern Spezies Grundrechnungsart spintisieren grübeln Spiritualismus idealistische Lehre, nach der das Materielle nur als Produkt oder Erscheinungsform des Geistigen angesehen wird sporadisch vereinzelt vorkommend Sportein gerichtliche Nebengebühren, Schreibgelder steeplechase Hindernisrennen Stoiker Anhänger def Lehre und Lebenshaltung einer griechisch-römischen Philosophenschule (Stoa), für die eine auf Selbstbeherrschung gerichtete Lebensweise höchstes Ziel war Subsidie Geldhilfe Subsistenzmittel Mittel für den Lebensj. L-U uur a uau Subskription Vorausbestellung substituieren austauschen; an die Stelle (von etwas anderem) setzen subsumieren unterordnen, einordnen Subvention Unterstützung (besonders aus öffentlichen Mitteln), Beihilfe Surpluspopulation Übervölkerung Synode die aus Geistlichen und Laien bestehende, gewählte Kirchen Vertretung
Tautologie Doppelbezeichnung (z.B. alter Greis) temporär zeitweilig, vorübergehend tendieren nach etwas streben, auf etwas zielen, zu etwas hinneigen Tenuis (Mz. Tenues) stimmloser Verschlußlaut (p,t,k)
tertiär braunkohlenzeitlich; auf einen Zeitabschnitt der erdgeschichtlichen Neuzeit bezüglich Theismus Glaube an einen außerweltlichen persönlichen Gott, als Schöpfer, Erhalter und Lenker der Welt Tonsur kahlgeschorene Stelle auf dem Scheitel der katholischen Geistlichen Trade-Union Gewerkschaft transitorisch vorübergehend, kurzfristig transzendent übersinnlich; Bewußtsein und Erfahrung überschreitend; jenseitig, übernatürlich Treber Rückstände beim Keltern und Bierbrauen Trias Dreiheit, Dreizahl, Dreiherrschaft tribulieren quälen, drängen Tribut Zwangsabgabe; schuldige Hochachtung Trivialität abgedroschene Redensart, Plattheit, Alltäglichkeit
Ukas Erlaß Urbarium Grundbuch, Dorfbuch usurpieren sich etwas gewaltsam aneignen
Vandalismus fälschlich für: Zerstörungswut (nach dem germanischen Volksstamm, dem eine geschichtlich nicht belegte Zerstörungssucht zugeschrieben wird) Vasall Lehnsmann, Gefolgsmann Vision Erscheinung; Traumbild, Trugbild Vitriolöl rauchende Schwefelsäure, konzentrierte Schwefelsäure mit Überschuß an gelöstem Schwefeltrioxyd Volte betrügerischer Kunstgriff beim Kartenmischen votieren abstimmen (bei Wahlen usw.); beschließen Votum Gutachten, Urteil; Stimme (bei einer Abstimmung) Vulgarisieren eine Lehre unwissenschaftlich und ungenau darstellen; verflachen, verbreiten, ausbreiten vulgo gemeinhin, gewöhnlich
Zehnt mittelalterliche Steuern; Kirchensteuer (in Naturalien) Zentenare hundertjähriger Bestand; hier: Jahrhunderte lang zernieren eine Festung durch Truppen einschließen, abschließen
Verzeichnis der Gewichte. Maße und Münzen
Gewichte
1 Pfund (pound, lb.) IPud 1 Quarter
453,592 g 16,38 kg 12,700 kg
Maße
Längenmaße 1 Stadium (altgriechisches Längenmaß) le (altrömisches Längenmaß) |s (englische Statutmeile) le (deutsche Meile bis 1872) 1 Me 1 M, 1 Mei 1 Werst (ehemah russisches Wegemaß)
Flächenmaße 1 Desjatine (ehem. russisches Flächenmaß) 1 Hufe (altes deutsches Flächenmaß) 1 Morgen (preußischer Morgen) « Quadratfuß 1 Quadratmeile (deutsche Quadratmeile)
Hohlmaße 1 Ohm 1 Oxhoft 1 Quart 1 Scheffel 1 Tschetwert (ehem. russisches Maß) 1 Quarter (englisches Hohlmaß)
etwa 192 m etwa 1472,5 m 16Q9 jv, 7420 m 1066,78 m
1,92 ha 20 - 40 Morgen 25,532 a 929 cm8 5,063 km2
etwa 150 1 etwa 200-240 1 1,15 I etwa 54,9 1 209,91 1 etwa 291 I
Münzen*
1 Dollar (dollar) = 100 Cents 4,20 Mk 1 Frank (franc, fr.) = 100 Centimes 0,80 Mk 1 Guinea (englische Goldmünze) 21,45 Mk 1 Pfund Sterling (Pfd. St., £) = 20 Schilling 20,43 Mk 1 Schilling (Shilling, sh.) = 12 Pence 1,02 Mk 1 Penny (penny, pence, d.) = 4 Farthing 8,51 Mk 1 Rubel (Rbl.) = 100 Kopeken 2,16 Mk 1 Taler (alte deutsche Silbermünze) = 3 Mk 1 Groschen (spätmittelalterliche Münze) etwa 12 Pf.
Erklärung der Abkürzungen
C. (Capitel) cf. (confer) ed. (edition, edidit)
ed. (ddition) ib. (ibidem) id. (idem.) I.e. (loco citato)
= Kapitel = vergleiche = Ausgabe, herausgegeben = Ausgabe = ebenda = derselbe, dasselbe = am angeführten Ort, ebenda
N. (Note, nota) P. (pars) p., pp. (pagina, paginas) seq. (sequentes)
sub T. (Tomus) Vol. (Volumen)
: Anmerkung Teil
: Seite, Seiten: folgende, die folgenden Seiten unter, unten Band Band
* Die Umrechnung in Mark und Pfennig bezieht sich auf das Jahr 1871 (1 Mark.= 1/2790 kg Feingold).
Inhalt
Vorwort . V Friedrich Engels • Briet an Bebel 3 Karl Marx• Kritik des Gothaer Programms 11 Brief an Wilhelm Bracke 13 Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei ... 15 Friedrich Engels • Brief an den Generalrat der Internationalen Arbeiterassoziation in New York .. 33 Friedrich Engels' Rede auf der Versammlung zum Jahrestag des polnischen Aufstands 1863 35 Friedrich Engels • Preußischer Schnaps im deutschen Reichstag 37 I 37 II 47 Friedrich Engels • Wilhelm Wolff 53 I 55 II 59 III 62 I V 65 V 67 VI 70 VI I 74 VIII 77 I X 81 X 84 XI 87
Inhalt 675
Friedrich Engels • Brief an Bignami über die deutschen Wahlen von 1877 89 Friedrich Engels • Aus Italien .. 91 Friedrich Engels • Karl Marx 96 Karl Marx' Brief an die Redaktion der „Otetschestwennyje Sapiski" 107 Friedrich Engels • Die Arbeiterbewegung in Deutschland, Frankreich, den Vereinigten Staaten und Rußland 113 Friedrich Engels • Die europäischen Arbeiter im Jahre 1877 117 I 119 II 122 III 124 IV 129 V . 133 Karl Marx • Herr Bucher • • 138 Karl Marx' Erwiderung auf die „Erklärung" Buchers 140 Karl Marx • Herrn George Howells Geschichte der Internationalen Arbeiterassoziation 142 Friedrich Engels • Das Ausnahmegesetz gegen die Sozialisten in Deutschland - Die Lage in Rußland 148 Karl MarxjFriedrich Engels • Zirkularbrief an Bebel, Liebknecht, Bracke u.a 150
I. Die Verhandlungen mit Karl Hirsch . . 150 II. Die beabsichtigte Haltung des Blattes 156 III. Das Manifest der drei Züricher 159 Friedrich Engels • Der Sozialismus des Herrn Bismarck 167 I. Der Zolltarif 167 II. Die Staatseisenbahnen 172 FRIEDRICH ENGELS • Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft Karl Marx• Vorbemerkung zur französischen Ausgabe (1880) ... 181 Friedrich Engels • Vorwort zur ersten Auflage in deutscher Sprache (1882) 186
676 Inhalt
Friedrich Engels ' Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft 189 I 189 II 202 III 210 Karl Marx• Über „Misere de la philosophie" .. 229 Karl Marx' Fragebogen für Arbeiter 230 I ..230 II .232 III 233 IV 235 Karl Marx • Einleitung zürn Programm der französischen Arbeiterpartei. 238 Karl Marx/Friedrich Engels' An das Meeting in Genf, einberufen zur Erinnerung an den 50. Jahrestag der polnischen Revolution von 1830 239 Karl Marx • Brief an V. I.Sassulitsch 242 Karl Marx/Friedrich Engels ' An den Vorsitzenden des Slawischen Meetings, einberufen am 21 .März 1881 zum Jahrestag der Pariser Kommune 244 Karl Marx/Friedrich Engels' An den Redakteur der „Daily News"... 246 Friedrich Engels• Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk. 247 Friedrich Engels • Das Lohnsystem 251 Friedrich Engels • Die Trade-Unions 254 I ..254 Ii 257 Friedrich Engels ' Der Handelsvertrag mit Frankreich 261 Friedrich Engels' Zwei vorbildliche Stadträte 266 Friedrich Engels * Amerikanische Lebensmittel und die Bodenfrage .. 270 Friedrich Engels • Die Lohntheorie der Anti-Korngesetz-Liga 273 Friedrich Engels • Eine Arbeiterpartei 277 Friedrich Engels• Bismarck und die deutsche Arbeiterpartei 280 Friedrich Engels• Baumwolle und Eisen. 283
Inhalt 677
Friedrich Engels * Notwendige und überflüssige Gesellschaftsklassen . 287 Friedrich Engels ' Jenny Marx, geb. v. Westphalen .. 291 Friedrich Engels * Rede am Grabe von Jenny Marx 293 Karl Marx/Friedrich Engels • Vorrede zur zweiten russischen Ausgabe des „Manifests der Kommunistischen Partei" 295 Friedrich Engels ' Bruno Bauer und das Urchristentum 297 Friedrich Engels • Über die Konzentration des Kapitals in den Vereinigten Staaten 306 Friedrich Engels' Der Vikar von Bray 309 Friedrich Engels• Wie der Pindter flunkert 312 Friedrich Engels• Die Mark 315 Friedrich Engels• Jenny Longuet, geb. Marx 331 Friedrich Engels • Entwurf zur Grabrede für Karl Marx 333 Friedrich Engels ' Das Begräbnis von Karl Marx 335 Friedrich Engels • Zum Tode von Karl Marx 340 I 340 II ....... 343 KARL MARX/FRIEDRICH ENGELS • Aus dem handschriftlichen Nachlaß 349 Friedrich Engels • Bemerkung zu Seite 29 der „Histoire de la commune" 351 Karl Marx ' Randglossen zu Adolph Wagners „Lehrbuch der politischen Ökonomie" 355 Karl Marx' Entwürfe einer Antwort auf den Brief von V. I.Sassulitsch 384 Erster Entwurf • . .....384 Zweiter Entwurf 396 Dritter Entwurf 401 Karl Marx • Notizen zur Reform von 1861 und der damit verbundenen Entwicklung in Rußland. . 407 I Gang der Vorbereitung der Reform 407 II Drei Arbeitsperioden der Redaktionskommissionen 409 III Semstwo 413 IV Rußland 420
Friedrich Engels * Zur Urgeschichte der Deutschen 425 Cäsar und Tacitus 425 Die ersten Kämpfe mit Rom 437 Fortschritte bis zur Völkerwanderung 450 Anmerkung: Die deutschen Stämme 461 Friedrich Engels ' Fränkische Zeit 474 Die Umwälzung der Grundbesitzverhältnisse unter Merowingern und Karolingern 474 Gau- und Heerverfassung 485 Anmerkung: Der fränkische Dialekt 494
Beilagen
Friedrich Engels • Vorwort zur »Kritik des Gothaer Programms" von Karl Marx. . .. 521 Friedrich Engels • Vorwort zur vierten Auflage (1891) „ Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" 523 Friedrich Engels • Einleitung zur englischen Ausgabe (1892) „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" 524
Anhang und Register
Anmerkungen 547 Literaturverzeichnis . 587 Karl Marx und Friedrich Engels - Daten aus ihrem Leben und ihrer Tätigkeit (März 1875 bis Mai 1883) 601 Personenverzeichnis 627 Verzeichnis literarischer, biblischer und mythologischer Namen 651 Geographische Namen 652 Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen Ausdrücke ....... 665 Verzeichnis der Gewichte, Maße und Münzen 672 Erklärung der Abkürzungen . 673
Illustrationen
Zweite Seite aus Karl Marx' Brief an Wilhelm Bracke mit den „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei" gegenüber Seite 14 „Vorwärts" (Zeitungstitel) 91 Erste Seite von Karl Marx' Brief an die Redaktion der „Otetschestwennyje Sapiski" 109
„The Labor Standard" (Zeitungstitel) . 119 Erste Seite des Zirkularbriefs 151
Titelblatt der ersten franzosischen Ausgabe von Friedrich Engels' Schrift „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" 179 Letzte Seite von Karl Marx' Vorbemerkung zur französischen Ausgabe der Schrift „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" von Friedrich Engels 183 Engels* Übersetzung des Gedichtes „Der Vikar von Bray" in „Der Sozialdemokrat" gegenüber Seite 310 Schema der Ansiedlungen der Germanen nach Friedrich Engels' Arbeit „Die deutschen Stämme" (Karte) • 471 Schema der deutschen Mundarten nach Friedrich Engels' Arbeit „Fränkischer Dialekt" (Kartenbeilage) gegenüber Seite 512

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