KARL MARX FRIEDRICH ENGELS BAND 27

KARL MARX • FRIEDRICH ENGELS
WERKE - BAND 27
I NSTITUT FÜR MARXISMUS-LENINISMUS BEIM ZK DER SED
KARL MARX
FRIEDRICH ENGELS
WERKE
0
DIETZ VERLAG BERLIN
1963
INSTITUT FÜR MARXISMUS-LENINISMUS BEIMZKDERSED
KARL MARX FRIEDRICH ENGELS
BAND 27
0
DIETZ VERLAG BERLIN
Die deutsche Ausgabe der Werke von Marx und Engels fußt auf der vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU besorgten zweiten russischen Ausgabe.
Die Texte werden nach den Handschriften bzw. nach den zu Lebzeiten von Marx und Engels erfolgten Veröffentlichungen wiedergegeben.
Vorwort
Mit dem siebenundzwanzigsten Band der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels wird die Reihe jener Bände eingeleitet, die den Briefwechsel zwischen Marx und Engels sowie ihre Briefe an dritte Personen zum Inhalt haben. Als Lenin die allgemeinen Züge der internationalen Arbeiterbewegung in der Epoche des vormonopolistischen Kapitalismus, in die der Briefwechsel zwischen Marx und Engels fällt, charakterisierte, wies er darauf hin, daß dies die Epoche sei, „in der sich die Arbeiterklasse von der bürgerlichen Demokratie löste, die Epoche, in der eine selbständige Arbeiterbewegung entstand, die Epoche, in der die Grundlagen der proletarischen Taktik und Politik ausgearbeitet wurden" (W.I.Lenin, Werke, Band 19, Berlin 1962, S.549). Die Briefe der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus sind ein getreues Spiegelbild der Hauptetappen der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Marxismus und der internationalen Arbeiterbewegung. Sie zeigen anschaulich die spezifischen Züge des Marxismus: seinen schöpferischen Charakter, die Einheit von revolutionärer Theorie und revolutionärer Politik, die untrennbare Verbindung des wissenschaftlichen Kommunismus mit der Praxis des proletarischen Klassenkampfes. Die Briefe von Marx und Engels bilden einen wesentlichen Teil ihres literarischen Erbes; sie geben eine klare Vorstellung, von ihrer theoretischen und praktischen Tätigkeit als Lehrer und Führer des internationalen Proletariats. Die Briefe von Marx und Engels veranschaulichen ihren langjährigen Kampf für die Schaffung einer revolutionären Massenpartei der Arbeiterklasse und ihre Bemühungen um die Ausarbeitung der richtigen Tak
tik der internationalen Arbeiterbewegung, einer Taktik, die die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des revolutionären proletarischen Klassenkampfes ebenso berücksichtigt wie die Besonderheiten dieses Kampfes in den verschiedenen historischen Etappen und in den verschiedenen Ländern. Kennzeichnend für den Inhalt der Briefe ist die scharfe prinzipielle Kritik an den ideologischen und politischen Gegnern des Proletariats, ist der Kampf gegen jegliche Spielart des Opportunismus, des Sektierertums und des Dogmatismus in der Arbeiterbewegung. Die Briefe sind durchdrungen von tiefer Parteilichkeit, selbstloser Hingabe an die Sache des Proletariats und uneingeschränkten Sympathien für den Befreiungskampf der unterdrückten Völker aller Länder. Die Briefe von Marx und Engels repräsentieren einen gewaltigen Ideenreichtum. Viele von ihnen ergänzen wesentlich ihre Werke; sie enthalten originelle und tiefschürfende Formulierungen der wichtigsten theoretischen und taktischen Leitsätze und die erste Ausarbeitung vieler Probleme, die in den Arbeiten von Marx und Engels weiterentwickelt wurden. Der Briefwechsel zeigt anschaulich die Arbeit der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus an der Entwicklung aller drei Bestandteile ihrer Lehre: des dialektischen und historischen Materialismus, der politischen Ökonomie und der Lehre vom Sozialismus und Kommunismus, der Strategie und Taktik des Klassenkampfes des Proletariats. Einzelne Briefe haben einen besonderen wissenschaftlichen Wert, weil sie Gedanken von Marx und Engels enthalten, die aus diesem oder jenem Grunde in ihren Arbeiten nicht weiterentwickelt wurden. Nicht selten gaben Marx und Engels in ihren Briefen schärfere politische Einschätzungen und Charakteristiken der verschiedenen Ereignisse und Personen als in manchen ihrer gedruckten Veröffentlichungen, da sie im Briefwechsel nicht die Zensur und andere Bedingungen berücksichtigen mußten und ihre Meinung offener aussprechen konnten. Außerordentlich groß ist die historisch-biographische Bedeutung des Briefnachlasses von Marx und Engels als wichtigste Quelle für das Studium ihres Lebens und ihrer Tätigkeit. Die Briefe der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus helfen, die Entstehungsgeschichte ihrer Werke zu verfolgen; sie geben Aufklärung über eine Reihe wenig bekannter Seiten ihrer politischen, organisatorischen und publizistischen Tätigkeit. Der Briefwechsel zwischen Marx und Engels gibt die Möglichkeit, ein
Bild ihres ständigen Gedankenaustausches und ihrer schöpferischen Zusammenarbeit zu gewinnen und zeigt die enzyklopädische Vielseitigkeit der Interessen dieser Titanen des revolutionären Gedankens. W.I.Lenin schenkte den Briefen von Marx und Engels größte Aufmerksamkeit, wovon der von ihm mit Sorgfalt abgefaßte „Konspekt zum .Briefwechsel zwischen Karl Marx und Friedrich Engels 1844-1883"' zeugt, der 1959 vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU herausgegeben wurde. Unter der Redaktion und mit einem Vorwort Lenins wurde die russische Ausgabe der Briefe von Marx an Ludwig Kugelmann veröffentlicht; Lenin schrieb auch das Vorwort zur russischen Ausgabe der „Briefe und Auszüge aus Briefen vori Joh. Phil. Becker, Jos. Dietzgen, Friedrich Engels, Karl Marx u. A. an F. A. Sorge und Andere". Fernerhin nahm Lenin Hinweise auf die Briefe von Marx und Engels in die von ihm zusammengestellte Bibliographie des Marxismus auf, die seinem Aufsatz „Karl Marx" beigefügt ist. Lenin gab auch in einem besonderen Aufsatz eine gründliche Einschätzung des Briefwechsels zwischen Marx und Engels. Eine allseitige Analyse verschiedener Briefe von Marx und Engels ist in vielen Leninschen Werken enthalten. Außerdem wurde nach der Sozialistischen Oktoberrevolution, im Jahre 1922, auf Initiative Lenins, des Begründers und Organisators der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und des Sowjetstaates, ein Sammelband mit Briefen von Marx und Engels herausgegeben und die Sammlung des an verschiedenen Orten verstreuten Briefnachlasses der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus in Angriff genommen. Dies alles zeugt davon, daß Lenin, der Führer des russischen und des internationalen Proletariats, die Briefe von Marx und Engels als wertvollen Bestandteil der Schatzkammer des marxistischen Gedankengutes, als eminent wichtige geistige Waffe der kommunistischen und Arbeiterparteien in ihrem Kampf für die revolutionäre Umgestaltung der Welt ansah. Zur Charakterisierung des Ideengehalts des Briefwechsels von Marx und Engels schrieb Lenin: „Versucht man mit einem Wort auszudrücken, was sozusagen den Brennpunkt des ganzen Briefwechsels ausmacht, jenen zentralen Punkt, in dem alle Fäden des Netzes der geäußerten und erörterten Ideen zusammenlaufen, so wird dies das Wort Dialektik sein. Die Anwendung der materialistischen Dialektik bei der radikalen Umarbeitung
der gesamten politischen Ökonomie, ihre Anwendung auf die Geschichte, auf die Naturwissenschaft, die Philosophie, die Politik und die Taktik der Arbeiterklasse - das ist es, was Marx und Engels vor allem interessiert, hierzu haben sie das Wesentlichste und Neueste beigetragen, das ist der geniale Schritt, den sie in der Geschichte des revolutionären Denkens vorwärts getan haben." (W.I.Lenin, Werke, Band 19, Berlin 1962, S.550.)
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Der Briefwechsel zwischen Marx und Engels ging nach ihrem Tode an die Führer der deutschen Sozialdemokratie über. Seine Erstveröffentlichung in der Originalsprache kam erst 1913 zustande; sie kam in vier Bänden unter der gemeinsamen Redaktion von Bebel und Bernstein heraus. Faktisch war aber Bernstein der Redakteur dieser Ausgabe. Der Ideologe des Revisionismus versimpelte und verfälschte den Briefnachlaß der Klassiker des wissenschaftlichen Kommunismus. Lenin bemerkt dazu: „Bernstein hätte - nach seiner traurig berühmten .Evolution* zu extrem opportunistischen Ansichten - nicht die Redaktion von Briefen übernehmen dürfen, die durch und durch revolutionären Geist atmen" (W. I. Lenin, Werke, Band 19, Berlin 1962, S.548). Die verfälschende „Bearbeitung" des Textes der Briefe zwischen Marx und Engels führte Bernstein in verschiedener Richtung durch. Vor allem ist die von Bernstein besorgte Veröffentlichung bei weitem nicht vollständig; er sonderte etwa zweihundert Briefe aus. Der veröffentlichte Text der Briefe jedoch wurde absichtlich durch Kürzungen und tendenziöse „Glättung" einzelner Leitsätze entstellt. Dieser grobe Eingriff in den Text der Briefe bezweckte, die in politischer Hinsicht wichtigsten Stellen aus dem Briefwechsel auszumerzen. Es handelt sich hierbei um die Stellen, die den Kampf von Marx und Engels mit den verschiedenen Vertretern antiproletarischer und opportunistischer Richtungen in der sozialistischen und Arbeiterbewegung - angefangen mit den deutschen „wahren Sozialisten" und endend mit Lassalle und den Vertretern der opportunistischen Strömung in der deutschen Sozialdemokratie - widerspiegeln. Das Ausmaß der Kürzungen solcher Art ist sehr verschieden; es reicht von einigen Wörtern und Sätzen bis zu ganzen Seiten. Nicht selten stellen die von Bernstein veröffentlichten Briefteile nur Bruchstücke des
Originals dar. Infolgedessen ist die Ausgabe von 1913 in vielen Fällen nicht als Erstveröffentlichung der fraglichen Briefe anzusehen. [...] Denselben tendenziösen Charakter tragen auch die von Bernstein verfaßten Vorworte und redaktionellen Bemerkungen zu dem Briefwechsel, welche direkte Ausfälle gegen die taktische Linie von Marx und Engels enthalten und auf die Verteidigung und Beschönigung des Opportunismus hinauslaufen. Außer dieser Veröffentlichung wurde von den Verlagen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands nur ein ganz unbedeutender Teil der erhaltenen Briefe von Marx und Engels an dritte Personen in Form von Presseveröffentlichungen wie auch in Form von Sammelbänden der Briefe von Marx und Engels an einzelne ihrer Briefpartner (Kugelmann, Freiligrath, Sorge, Danielson) publiziert. In manchen dieser Veröffentlichungen (zum Beispiel in dem Sammelband der Briefe von Marx, Engels und anderen an Sorge) wurde der Text demselben skrupellosen und tendenziösen Eingriff unterzogen wie der Briefwechsel zwischen Marx und Engels. Die Kürzungen dienten auch hier hauptsächlich der Verheimlichung und Abschwächung der Kritik von Marx und Engels an den opportunistischen Fehlern von Führern der sozialdemokratischen Parteien und Führern der Arbeiterbewegung. Nach der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution eröffneten sich neue Möglichkeiten für die Herausgabe der Werke von Marx und Engels und ihre Verbreitung unter den Massen. Schon in den ersten Jahren des Bestehens des Sowjetstaates widmete Lenin, wie bereits oben erwähnt, besondere Aufmerksamkeit der Herausgabe eines Sammelbandes mit ausgewählten Briefen von Marx und Engels für einen breiten Leserkreis. In seinen Gesprächen und in seinem Briefwechsel mit W. V. Adoratski, dem die Herausgabe dieses Sammelbandes übertragen worden war, gab Lenin eine erschöpfende Charakteristik der Grundprinzipien einer solchen Ausgabe und hob wiederholt hervor, daß die Veröffentlichung der Briefe der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus eine Sache von internationaler Bedeutung sei. Sehr wichtig ist der Hinweis Lenins auf die Notwendigkeit, die Briefe von Marx und Engels mit ausführlichen Kommenteiren zu versehen, um ihren Inhalt einem breiten Leserkreis zugänglich zu machen. Die erste vollständige Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Marx und Engels wurde vom Institut für Marxismus-Leninismus beim
ZK der KPdSU in den Jahren 1929-1931 in der ersten (russischen) Ausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels (Band XXI-XXIV) und in der Ausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels in der Originalsprache (Marx/Engels Gesamtausgabe. Dritte Abteilung, Band 1 bis 4) besorgt. Die Briefe von Marx und Engels an dritte Personen wurden in dem Umfang, in dem zu dieser Zeit das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU darüber verfügte - erstmalig in den Jahren 1934 bis 1946 in den Bänden XXV-XXIX der ersten Ausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels gesammelt und in russischer Sprache veröffentlicht. Seitdem haben sich die Bestände des Instituts an Briefen von Marx und Engels an dritte Personen in bedeutendem Maße vermehrt. Das ermöglicht es, die zweite (russische) Ausgabe der Werke von Marx und Engels durch viele Briefe zu ergänzen, die in der ersten Ausgabe nicht enthalten waren. Viele dieser Briefe werden in der vorliegenden Ausgabe zum ersten Mal veröffentlicht; einige der neu aufgenommenen Briefe wurden nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe der Werke bereits im Ausland und in der UdSSR veröffentlicht. Ungeachtet der beträchtlichen Anzahl der bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgefundenen und gesammelten Briefe von Marx und Engels kann die Aufgabe des Auffindens ihres gesamten Briefnachlasses jedoch noch nicht als abgeschlossen angesehen werden. Viele Briefe, die mehr oder weniger genau bezeugt sind, konnten bisher nicht aufgefunden werden. Die vorliegende Ausgabe ist keine vollständige, akademische Ausgabe der Werke und Briefe von Marx und Engels; nichtsdestoweniger stellt sie sich die Aufgabe, [...] alle wichtigen Briefmaterialien, die nach dem Erscheinen der ersten (russischen) Ausgabe der Werke aufgefunden wurden, aufzunehmen. Bei der Veröffentlichung der Briefe von Marx und Engels in der vorliegenden Ausgabe wird in der Anordnung des Materials das chronologische Prinzip eingehalten. Im Unterschied zur ersten (russischen) Ausgabe, in der der Briefwechsel zwischen Marx und Engels und ihre Briefe an dritte Personen zwei verschiedene Gruppen von Bänden bilden, werden sie in der vorliegenden Ausgabe in jedem Band zusammen veröffentlicht, wobei der erste Teil des Bandes den Briefwechsel zwischen Marx und Engels in einem bestimmten Zeitabschnitt und der zweite ihre Briefe an dritte Personen aus
den gleichen Jahren enthält. Dadurch wird das systematische und allseitige Studium des Briefwechsels in der entsprechenden Geschichtsperiode erleichtert. Grundsätzlich folgt die Anordnung des Briefwechsels nach Bänden dem Periodisierungsprinzip der Geschichte des Marxismus und der internationalen Arbeiterbewegung. Die chronologische Begrenzung der einzelnen Bände des Briefwechsels ist auch durch den Umfang der Korrespondenz bedingt, welche aus dieser oder jener Periode erhalten ist. Der erste Briefband, Band 27 der zweiten Ausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels, umfaßt die Briefe, die sich auf die der bürgerlich-demokratischen Revolution in den europäischen Ländern von 1848/49 vorausgehende Periode, auf die Periode der Revolution selbst und auf die ersten Jahre nach ihrer Niederlage beziehen (von 1842 bis 1851). In die Bände 28 und 29 gehen die Briefe der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts ein, also Briefe, die hauptsächlich während der Periode der Reaktion in Europa geschrieben wurden: Band 30 umfaßt die Briefe vom Anfang der sechziger Jahre des ^.Jahrhunderts, der Periode des neuen Aufschwungs der Arbeiter- und der demokratischen Bewegung, bis zur Gründung der Ersten Internationale (28. September 1864). Die Bände 31, 32 und 33 enthalten den Briefwechsel, der die Tätigkeit von Marx und Engels als Führer der Ersten Internationale widerspiegelt. In Band 34 sind ihre Briefe aus der Zeit nach der Einstellung der Tätigkeit der Ersten Internationale bis zum Tode von Marx im Jahre 1883 aufgenommen. Die folgenden Bände umfassen die Briefe von Friedrich Engels aus der Periode seiner Tätigkeit nach dem Tode von Marx. Die Beilagen zu den Briefbänden von Karl Marx und Friedrich Engels bestehen aus solchen Briefen, die in ihrem Auftrag von dritten Personen geschrieben wurden, sowie aus einigen Briefen der Frau und der Töchter von Marx, in denen einzelne Gedanken der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus wiedergegeben werden. Dieser Teil enthält auch einige andere Dokumente biographischen Charakters, die mit ihrem Briefnachlaß zusammenhängen. [...] Bei der Drucklegung der Briefe wurde ihre Datierung neu überprüft und präzisiert. Bei zu Lebzeiten des Verfassers veröffentlichten Briefen wurden die Originale derselben mit dem Text der zeitgenössischen Ver
öffentlichung verglichen. In einer Reihe von Fällen besitzt das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU nur Kopien der Briefe oder ihre gedruckten Veröffentlichungen; in solchen Fällen ist am Ende dieser Briefe vermerkt, wonach die Übersetzung angefertigt wurde.
Der siebenundzwanzigste Band der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels enthält ihre Briefe aus den Jahren 1842-1851. Der zeitliche Rahmen des vorliegenden Briefbandes umfaßt mehrere Etappen der Geschichte des Marxismus: den Übergang von Marx und Engels vom revolutionären Demokratismus zum Kommunismus (1842 bis 1844), die Herausbildung des wissenschaftlichen Kommunismus (1844 bis 1848), die Tätigkeit von Marx und Engels in der Zeit der Revolution 1848/49, die theoretische Verallgemeinerung der Erfahrungen der Revolution und die weitere Ausarbeitung der Taktik des Proletariats in den ersten Jahren nach der Revolution durch Marx und Engels (1849-1851). Die Briefe von Marx und Engels an dritte Personen aus den Jahren 1842 bis 1844, die im zweiten Teil des Bandes enthalten sind, zeugen von dem vor sich gegangenen grundlegenden Wandel in ihrer Weltanschauung, von dem Übergang vom Idealismus zum Materialismus und vom revolutionären Demokratismus zum Kommunismus. Bereits in Marx' Briefen aus dem Jahre 1842, aus der Periode seiner Mitarbeit und seiner Tätigkeit als Redakteur der „Rheinischen Zeitung", zeigt sich sein kritisches Verhältnis zur Hegeischen idealistischen philosophischen Schule, besonders auch zu den Junghegelianern. In diesen Briefen kritisiert Marx mit aller Schärfe die Gruppe von Berliner Junghegelianern, die ihre Hauptaufmerksamkeit auf die Kritik der Religion richtete und deren Mitglieder sich „Freie" nannte. Der junge Marx gibt eine ablehnende Einschätzung der Junghegelianer, die auf der Position des philosophischen Idealismus standen, sich von den aktuellen politischen Fragen abwandten und demagogisch einen politischen Radikalismus zur Schau tragen, der auf vages Räsonnement und großklingende Phrasen hinauslief (siehe den Brief von Marx an Rüge vom 30. November 1842). Im Gegensatz zu den Ansichten der „Freien" entwickelt Marx ein eigenes Programm, das er in seinen Schriften aus dieser Zeit, insbesondere in den Spalten der „Rheinischen Zeitung", verteidigt: Er hielt die konsequente Kritik der Religion und die Propaganda der fortschrittlichen Philo
sophie unter dem Volk und auf dem Gebiet der Politik die tiefschürfende und konkrete Kritik der bestehenden politischen Ordnung für unerläßlich. „Die wahre Theorie muß innerhalb konkreter Zustände und an bestehenden Verhältnissen klargemacht und entwickelt werden." (Siehe vorl. Band, S. 409.) In dieser Zeit tritt Marx als Kämpfer für eine fortschrittliche Weltanschauung, als schonungsloser Kritiker der reaktionären Philosophie, insbesondere der Ansichten Schellings, auf, der in jenen Jahren einer der Verkünder konservativ-monarchistischer Ideen und des religiösen Obskurantismus geworden war. In dem Brief an Ludwig Feuerbach vom 3.Oktober 1843, dessen vollständiger Text in dem vorliegenden Band zum ersten Mal veröffentlicht wird, unterstreicht der junge Marx die politische Wichtigkeit des Kampfes gegen Schelling und dessen philosophische Schule, die sich des offiziellen Schutzes der preußischen Regierung erfreute: „Ein Angriff auf Schelling ist also indirekt ein Angriff auf unsre gesamte und namentlich auf die preußische Politik." Lenin schätzte diesen Brief hoch ein; er schrieb: „schon zu jener Zeit umriß Marx mit erstaunlicher Klarheit die Grundlinien der Philosophie" und verstand es, „über Feuerbach direkt den materialistischen Weg gegen den Idealismus einzuschlagen" (W. I.Lenin, Werke, Band 14, Berlin 1962, S.340 und 341). Lenin sah das größte Verdienst von Marx darin, daß er, nachdem er sich auf den Boden des Materialismus gestellt hatte, auch im weiteren auf einem eindeutig abgesteckten Wege der Philosophie vorwärtsschritt und alle Versuche, den Materialismus mit dem Idealismus zu versöhnen und damit den Gegensatz der beiden Lager in der Philosophie zu vertuschen, entschieden verwarf. Anfang der vierziger Jahre, als Marx noch in bedeutendem Maße unter dem Einfluß der materialistischen Anschauungen Feuerbachs stand, stellte er bereits in seinen Briefen die Grundfehler der Feuerbachschen Philosophie fest und hob ihren kontemplativen, metaphysischen Charakter hervor. So schreibt er in dem Brief an Rüge vom 20. März 1842, daß er in einer von ihm geplanten Abhandlung mit Feuerbach einigermaßen in Kollision kommen werde, und in dem Brief an den gleichen Empfänger vom 13. März 1843 erklärt er noch bestimmter: „Feuerbachs Aphorismen sind mir nur in dem Punkt nicht recht, daß er zu sehr auf die Natur und zu wenig auf die Politik hinweist. Das ist aber das einzige Bündnis, wodurch die jetzige Philosophie eine Wahrheit werden kann." Diese Äußerung von Marx über den untrennbaren Zusammenhang der Philosophie mit dem Leben, mit dem politischen Kampf hat außerordentlich große Bedeutung; sie nimmt in vielem die Gedanken vorweg, die Marx zwei Jahre später, im Frühjahr 1845, in den „Thesen über Feuerbach" ausspricht.
Marx' Briefe aus dieser Periode stimmen inhaltlich unmittelbar mit seinen in der „Rheinischen Zeitung" veröffentlichten Artikeln überein. Diese Briefe kennzeichnen Marx als überzeugten Gegner des preußischen Absolutismus und Bürokratismus, als Anhänger der revolutionären Methoden des Kampfes gegen die feudal-absolutistische Ordnung in Deutschland, als leidenschaftlichen Verfechter der Interessen der Volksmassen. Marx teilt nicht die Illusionen der deutschen Radikalen hinsichtlich einer konstitutionellen Monarchie und äußert sich kritisch über die Opposition der rheinischen liberalen Bourgeoisie (siehe seine Briefe an Rüge vom 5. und 20. März und vom 9. Juli 1842). Bezeichnend sind auch schon in dieser Zeit seine Sympathien für kommunistische und sozialistische Ideen, die er als neue Weltanschauung bezeichnet (siehe den Brief an Rüge vom 30. November 1842). So zeigen die Briefe aus den Jahren 1842-1844 anschaulich den in dieser Periode sich vollziehenden Prozeß der Herausbildung der philosophischen und politischen Anschauungen von Marx, seinen Übergang auf die Positionen des Materialismus und Kommunismus. In derselben Richtung entwickelten sich die Anschauungen des jungen Engels. So findet man z.B. in seinen Briefen an Rüge vom 15.Juni und 26. Juli 1842 Belege für sein Auftreten gegen die reaktionären und religiösmystischen Ansichten Schellings und seiner Anhänger. Ende August 1844 kam es zu der historischen Begegnung von Marx und Engels in Paris, bei der sich die vollständige Übereinstimmung ihrer Ansichten herausstellte. Von diesem Zeitpunkt an datiert ihre schöpferische Zusammenarbeit, ihr gemeinsamer revolutionärer Kampf für die Befreiung der Arbeiterklasse. Mit der Pariser Begegnung beginnt der umfangreiche Briefwechsel zwischen Marx und Engels, der ein so eindrucksvolles Bild ihres gemeinsamen Wirkens bei der Ausarbeitung der Lehre des wissenschaftlichen Kommunismus und ihres Kampfes für die Schaffung einer revolutionären Partei des Proletariats vermittelt. Besonders umfangreich wird dieser Briefwechsel in den fünfziger Jahren, als Marx sich in London befand und Engels genötigt war, nach Manchester überzusiedeln. Eine fast tägliche Korrespondenz zwischen den beiden Begründern des wissenschaftlichen Kommunismus in diesen Jahren zeigt ihren ständigen Meinungsaustausch zu den wichtigsten Fragen der Theorie und Taktik der revolutionären proletarischen Bewegung. Aus der Periode von 1844 bis 1848 sind vorwiegend Briefe von Engels an Marx erhalten geblieben. Die Briefe, die kurz nach ihrer Begegnung in Paris geschrieben wurden, veranschaulichen Engels' Teilnahme an der Ver
breitung der revolutionären kommunistischen Ideen in Deutschland; in ihnen wird eine klare Einschätzung der Lage im Lande gegeben. Das Anwachsen der oppositionellen Stimmungen in den bürgerlichen Kreisen der Rheinprovinz und die rasche Ausbreitung sozialistischer und kommunistischer Ideen sind der ständige Inhalt aller Briefe von Engels aus dieser Zeit. Unter den Bedingungen des Deutschlands der vierziger Jahre, als die Arbeiterbewegung sich noch spontan entwickelte und unter dem Einfluß des vormarxschen utopischen Sozialismus stand, als unter der Flagge des Kommunismus und Sozialismus Leute mit den verworrensten und mit verschrobensten Ansichten auftraten - bürgerliche Radikale und Erfinder aller möglichen Systeme und Theorien des kleinbürgerlichen, spießerischen Sozialismus -, unter diesen Bedingungen hielten es Marx und Engels vor allem für notwendig, die allseitige Ausarbeitung ihrer revolutionären kommunistischen Anschauungen zu beschleunigen und in der Presse mit der Darlegung und Verbreitung dieser Anschauungen aufzutreten. „Solange nicht die Prinzipien", schreibt Engels Anfang Oktober 1844 an Marx, „logisch und historisch aus der bisherigen Anschauungsweise und der bisherigen Geschichte und als die notwendige Fortsetzung derselben in ein paar Schriften entwickelt sind, solange ist es doch alles noch halbes Dösen und bei den meisten blindes Umhertappen." Einen bedeutenden Platz in dem Briefwechsel von 1844-1848 nimmt die Erörterung der Schaffenspläne von Marx und Engels ein. An Engels' Briefen läßt sich die Entstehungsgeschichte solcher gemeinsamen Werke von Marx und Engels wie „Die heilige Familie" und „Die deutsche Ideologie" ebenso wie Engels' Schrift „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" und Marx' Arbeit „Das Elend der Philosophie" verfolgen. Diese Briefe vermitteln einen unmittelbaren Eindruck von der intensiven theoretischen Tätigkeit von Marx und Engels, die in dieser Zeit die philosophischen Grundlagen des wissenschaftlichen Kommunismus - den dialektischen und historischen Materialismus - in den Grundzügen ausarbeiteten und das Fundament für die anderen Bestandteile der marxistischen Lehre legten. Ein wichtiges theoretisches Dokument des wissenschaftlichen Kommunismus ist der in diesem Band veröffentlichte Brief von Marx an den russischen Publizisten P.W.Annenkow vom 28. Dezember 1846, der mit seiner kurz danach verfaßten Schrift „Das Elend der Philosophie" - einem der ersten Werke des ausgereiften Marxismus - unmittelbar zusammenhängt. In diesem Brief legt Marx in klassischer Klarheit die von ihm gemeinsam mit Engels ausgearbeiteten Grundthesen des historischen Materialismus
dar. Der Brief enthält tiefgründige Formulierungen über den dialektischen Zusammenhang und die Wechselwirkung von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, über das Wechselverhältnis von materieller Basis und politischem und ideologischem Überbau, über den historischen, vergänglichen Charakter der ökonomischen Kategorien der bürgerlichen Gesellschaft, über die Rolle der Volksmassen, den Erzeugern der materiellen Güter und über den Klassenkampf als Triebkraft der Geschichte. Die Entwicklung der Freigen der Theorie durch Marx und Engels war eng verbunden mit ihrem ideologischen Kampf gegen die verschiedenen Formen des vormarxschen Sozialismus. Lenin hat hervorgehoben, daß der Prüfstein für jegliches sozialistische System sein Verhältnis zum Proletariat ist, dessen weltgeschichtliche Rolle in der revolutionären Umgestaltung der Welt und der Schaffung der neuen, kommunistischen Gesellschaft von Marx und Engels aufgedeckt worden ist. „ I m Gegensatz zu der allgemeinen Furcht vor der Entwicklung des Proletariats setzten Marx und Engels alle ihre Hoffnungen auf das ununterbrochene Wachstum des Proletariats." (W.I.Lenin, Werke, Band2, Berlin 1961, S.6.) Zu dieser Zeit richteten Marx und Engels die ganze Schärfe ihrer Kritik auf den kleinbürgerlichen Reformer Proudhon, dessen Ansichten einen beträchtlichen Einfluß nicht nur in den Kreisen der sozialistisch gesinnten Intelligenz, sondern auch unter den halbproletarischen Elementen, insbesondere unter den deutschen Handwerkern in Paris, ausübten. Eine gründliche Kritik des Proudhonismus enthält der oben erwähnte Brief von Marx an Annenkow vom 28. Dezember 1846. Marx unterstreicht, daß das System der philosophischen und sozialökonomischen Anschauungen Proudhons für die Ideologie des Kleinbürgertums charakteristisch ist: „... durch den Zwang seiner Lage wird der Kleinbürger einesteils Sozialist, anderenteils Ökonom, d. h., er ist geblendet von der Herrlichkeit der großen Bourgeoisie und hat Mitgefühl für die Leiden des Volkes. Er ist Bourgeois und Volk zugleich." Marx zeigt die Unzulänglichkeit der idealistischen und metaphysischen Methode Proudhons, sein völliges Unverständnis für die Gesetzmäßigkeit des historischen Prozesses. Im weiteren Verlauf ihres in den vierziger Jahren begonnenen Kampfes gegen den Proudhonismus unterziehen Marx und Engels 1851 in ihren Briefen Proudhons Buch „Idee generale de la revolution au XIXe siecle", das sie als „eine Polemik gegen den Kommunismus" einschätzen, einer kritischen Analyse (siehe den Brief von Marx an Engels vom 14. August 1851). Im Briefwechsel des Jahres 1851 weisen Marx und Engels den utopischen Charakter und die Armseligkeit der philosophischen und ökono
mischen Anschauungen Proudhons nach und unterwerfen seine Versuche, dem revolutionären Kampf des Proletariats für den Sturz der kapitalistischen Ordnung klägliche Projekte zur Beseitigung der „schlechten Seiten" des Kapitalismus, zur Umgestaltung der kapitalistischen Gesellschaft im Sinne der utopischen Ideale des Kleinbürgers entgegenzustellen, einer vernichtenden Kritik. Auf Bitten von Marx fertigte Engels von August bis Oktober 1851 eine kritische Analyse des Buches vonProudhon an, die Marx für eine große polemische Arbeit gegen diesen Propheten kleinbürgerlicher Reformen und des Anarchismus benutzen wollte. Die Briefe von Marx und Engels aus den Jahren 1844-1848 geben auch ein Bild von ihrem Kampf gegen den Gleichheitskommunismus Weitlings, den spießbürgerlichen „wahren Sozialismus" und andere Lehren, die die Herausbildung des Klassenbewußtseins des Proletariats hemmten. Die Briefe, die Engels an Marx sowie an das kommunistische KorrespondenzKomitee in Brüssel sandte, zeugen von der beharrlichen Aufklärungsarbeit, die Engels unter den deutschen Handwerkern in Paris leistete. Tag für Tag zerschlug er in langen Diskussionen die Argumente seiner Gegner, legte er in populärer Form die Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus dar, kämpfte er gegen die Anschauungen des „wahren Sozialisten" Grün und gegen die utopischen Ideen Proudhons und Weitlings. In dem Brief an Marx vom 14. Januar 1848 deckt Engels die Ursachen für die Verbreitung dieser Ideen auf und verweist auf die Rückständigkeit und Zurückgebliebenheit der ökonomischen und sozialen Verhältnisse jener Zeit und auf die noch bestehende Bindung der damaligen Proletarier an das kleinbürgerliche Milieu. Im Verlauf einer der Diskussionen, die mit einer vollständigen Niederlage der Anhänger Grüns endete, charakterisierte Engels kurz die Position der Vertreter des wissenschaftlichen Kommunismus. „Ich definierte also die Absichten der Kommunisten dahin: 1. die Interessen der Proletarier im Gegensatz zu denen der Bourgeois durchzusetzen; 2. dies durch Aufhebung des Privateigentums und Ersetzung desselben durch die Gütergemeinschaft zu tun; 3. kein andres Mittel zur Durchführung dieser Absichten anzuerkennen als die gewaltsame, demokratische Revolution." (Siehe vorl. Band, S. 61.) Lenin schrieb 1913, als er auf Grund dieser Briefe die Tätigkeit von Engels charakterisierte: „So wurde vor 67 Jahren in Paris der Grundstein der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands gelegt." (W.I.Lenin, Werke, Band 19, Berlin 1962, S.554.) Die Herausbildung der Theorie des wissenschaftlichen Kommunismus in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts ist eng verbunden mit der praktischen revolutionären Tätigkeit von Marx und Engels,
11 Marx/Engels. Werke, Band 27
mit ihrem Kampf für eine proletarische Partei. Gerade zu dieser Zeit entstehen und festigen sich die Verbindungen von Marx und Engels mit Vertretern der Arbeiter- und sozialistischen Bewegung der verschiedenen Länder. Die Briefe der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus aus den Jahren 1846/1847 widerspiegeln in bemerkenswertem Grade ihre Tätigkeit zur Organisierung von kommunistischen Korrespondenz-Komitees in verschiedenen Ländern Europas (Deutschland, Belgien, Frankreich und England). Marx und Engels verfolgten dabei das Ziel, die Sozialisten und fortschrittlichen Arbeiter in den verschiedenen Ländern einander näherzubringen, gegen unreife, utopische und sektiererische Anschauungen zu kämpfen und den Boden zu bereiten für die Schaffung einer internationalen proletarischen Partei auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kommunismus. Zentrum des Netzes von Korrespondenz-Komitees sollte das Brüsseler kommunistische Korrespondenz-Komitee werden, an dessen Spitze Marx und Engels standen. Den Plänen für die Schaffung und die Tätigkeit solcher Komitees sind eine Reihe von brieflichen Mitteilungen („Komiteebriefe") von Engels aus Paris an das Brüsseler kommunistische Korrespondenz-Komitee (vom 19. August, 16. September und 23. Oktober 1846) sowie Marx' Brief an Proudhon vom 5.Mai 1846 gewidmet. Engels' Brief an Marx vom 28.-30. September 1847 zeigt, daß Marx und Engels neben der Organisierung der Korrespondenz-Komitees eine systematische propagandistische Arbeit in dem von ihnen im August 1847 in Brüssel gegründeten Deutschen Arbeiterverein leisteten. Die auf die politische Aufklärung der diesem Verein beigetretenen Arbeiter gerichtete Tätigkeit von Marx und Engels beweist, welche Bedeutung sie der Herstellung enger Verbindungen zu den proletarischen Massen beilegten. Im Dezember 1847 hielt Marx in dem Verein seine bekannten Vorlesungen über Lohnarbeit und Kapital. In der zweiten Hälfte der vierziger Jahre erstarkt der Einfluß von Marx und Engels auf die Führer der internationalen Arbeiter- und demokratischen Bewegung. Im Herbst 1847 wurde in Brüssel unter aktiver Teilnahme von Marx und Engels die Association democratique (Demokratische Gesellschaft) gegründet. Von der führenden Rolle der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus in dieser Organisation, die bald zu einem internationalen Zentrum der Sammlung aller demokratischen Kräfte wurde, zeugen die Briefe von Engels an Marx vom 28.-30. September 1847 und der Brief von Marx ein Herwegh vom 26. Oktober 1847. Marx und Engels unterhielten ständigen Kontakt mit Hamey, dem Führer des linken Flügels der Chartisten, sowie mit der in London gegründeten internationalen demokrati
sehen Gesellschaft Fraternal Democrats (Brüderliche Demokraten). Am 29. November 1847 nahmen Marx und Engels an einem von dieser Gesellschaft organisierten internationalen Meeting in London teil (vgl. den Brief von Engels an Marx vom 14./15.November 1847 und den Brief von Marx an Annenkow vom 9. Dezember 1847). Die Entwicklung und Verteidigung der Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus durch Marx und Engels, ihr Kampf gegen Sektierertum und kleinbürgerliche Reformpläne hatten großen Einfluß auf die Entwicklung der Anschauungen der Mitglieder des Bundes der Gerechten, einer Geheimorganisation von Arbeitern und Handwerkern, die Mitte der dreißiger Jahre entstanden war. Marx und Engels unterhielten schon seit 1843/18 44 Verbindung mit den Londoner Führern des Bundes der Gerechten Karl Schapper, Joseph Moll und Heinrich Bauer. Die Briefe von Engels an Marx aus dem Jahre 1846 enthalten eine Kritik der unklaren Ansichten und der schwankenden Haltung der Londoner Führung des Bundes der Gerechten (siehe die Briefe von Engels an Marx vom 18. September und von Dezember 1846). Marx und Engels lehnten auch die Organisationsprinzipien des Bundes der Gerechten ab, die nach dem Vorbild der blanquistischen geheimen Verschwörergesellschaften in Frankreich geschaffen worden waren (siehe Engels' Brief an das kommunistische KorrespondenzKomitee in Brüssel vom 23. Oktober 1846). Im Januar 1847 willigten Marx und Engels ein, dem Bund der Gerechten beizutreten, an seiner Reorganisation teilzunehmen und das Programm des Bundes auf der Grundlage der von ihnen vertretenen Prinzipien auszuarbeiten. Sie entsprachen damit einem Vorschlag der Londoner Führer des Bundes der Gerechten, die sich von der Richtigkeit der Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus überzeugt hatten. Die Briefe aus dem Jahre 1847 enthalten außerordentlich wichtiges Material über die Tätigkeit von Marx und Engels als Begründer und Führer des Bundes der Kommunisten, der ersten internationalen kommunistischen Organisation des Proletariats in der Geschichte. In diesen Briefen finden wir Mitteilungen über die Vorbereitung des ersten Kongresses, auf dem die Reorganisation des Bundes der Gerechten erfolgte und der neue Bund die Bezeichnung „Bund der Kommunisten" erhielt, sowie über die Bildung neuer Gemeinden des Bundes in Brüssel und Paris durch Marx und Engels (siehe den Brief von Marx an Engels vom 15. Mai 1847 sowie Engels' Briefe an Marx vom 28.-30.September und vom 25./26.Oktober 1847). Von großem Interesse sind die Ende 1847 geschriebenen Briefe von Engels, die sich auf die Vorbereitung des zweiten Kongresses des Bundes
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der Kommunisten beziehen. Am 26. Oktober berichtet Engels in einem Brief an Marx von seiner Arbeit an dem neuen Entwurf des Programms des Bundes der Kommunisten, das der Kongreß annehmen sollte. Es handelt sich hierbei um die „Grundsätze des Kommunismus", einem vorläufigen Entwurf zu dem ersten Programmdokument des wissenschaftlichen Kommunismus, dem „Manifest der Kommunistischen Partei". Den Plan der „Grundsätze des Kommunismus" teilt Engels Marx in dem Brief vom 23./24. November 1847 mit. In diesem Brief schlägt er, unbefriedigt von der Katechismusform, in der dieses Dokument abgefaßt war, Marx vor, eine andere Form der Darstellung zu wählen: „Überleg Dir doch das Glaubensbekenntnis etwas. Ich glaube, wir tun am besten, wir lassen die Katechismusform weg und titulieren das Ding: Kommunistisches Manifest. Da darin mehr oder weniger Geschichte erzählt werden muß, paßt die bisherige Form gar nicht." Lenin bezeichnete diesen Brief von Engels als historisch, weil er anschaulich zeige, „daß man die Namen Marx und Engels mit Recht nebeneinander stellt als die Namen der Begründer des modernen Sozialismus" (W. I.Lenin, Werke, Band 19, Berlin 1962, S.554). Engels' Brief ist ein Zeugnis, welche hohen Anforderungen die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus an das Programm der sich herausbildenden proletarischen Partei stellten, in dem die Grundprinzipien der Weltanschauung der Arbeiterklasse einen gedrängten und klaren Ausdruck finden, in dem ihre großen Ziele verkündet und wissenschaftlich begründet und in dem gleichzeitig die realen Wege ihrer Verwirklichung gezeigt werden sollten. Die Schaffung eines solchen Programmdokuments - des „Manifestes der Kommunistischen Partei" -, in dem die Grundlagen des wissenschaftlichen Kommunismus zum ersten Mal umfassend dargelegt wurden, ist die Krönung der schöpferischen Tätigkeit von Marx und Engels vor der Revolution 1848/49. Die Veröffentlichung dieses Werkes Anfang 1848 bedeutet eine neue Etappe in der Entwicklung der ganzen internationalen Arbeiterbewegung. Einen wichtigen Platz nehmen die Briefe von Marx und Engels aus den Jahren 1848/1849 ein. Lenin sagt dazu: „In der Tätigkeit von Marx und Engels selbst tritt die Periode ihrer Beteiligung am revolutionären Massenkampf I848/1849 als zentraler Punkt hervor." (W. I. Lenin, Werke, Band 13, Berlin 1963, S. 24.) Wenn in den Jahren, die der Februarrevolution in Frankreich und der Märzrevolution in Deutschland vorausgehen, Marx und Engels die wichtigsten theoretischen Leitsätze des wissenschaftlichen Kommunismus formulierten, so erlangten in der revolutionären Periode die Ausarbeitung der politischen Ideen des Marxismus, die
Fragen der Taktik des Proletariats in allen Etappen der Revolution besondere Bedeutung. Nur ein sehr unbedeutender Teil des Briefwechsels dieser Jahre ist erhalten geblieben. Aber auch die Briefe von Marx und Engels, über die wir verfügen, enthalten außerordentlich reiches Material über ihre Tätigkeit in dieser Periode. Die Briefe, die sich auf den März 1848 beziehen, als Marx sich in Paris befand und Engels in Brüssel, zeugen davon, daß sie beide mit gespannter Aufmerksamkeit die Entwicklung der Revolution in Frankreich und Deutschland und ihren Widerhall in den anderen europäischen Ländern verfolgten. In der Analyse der Stellung der Hauptklassen im Verlauf der revolutionären Ereignisse stellen Marx und Engels das Anwachsen konterrevolutionärer Stimmungen der französischen Bourgeoisie und die Unvermeidlichkeit eines neuen revolutionären Auftretens des Proletariats fest. „Hier wird die Bourgeoisie wieder gräßlich frech und reaktionär, mais eile verra", schreibt Marx an Engels am 16. März 1848. Auch Engels konstatiert in dem Brief an seinen Schweiger Emil Blank vom 28. März 1848 im Hinblick auf Paris: „Die großen Bourgeois und die Arbeiter stehen sich direkt gegenüber." Während ihres Aufenthalts in Paris führten Marx, Engels und ihre Anhänger den Kampf gegen die kleinbürgerlichen Demokraten Herwegh und Bornstedt, die in Paris eine bewaffnete Legion aus deutschen Emigranten aufgestellt hatten, mit der sie in Deutschland einfallen wollten, um dort die Revolution auszulösen. Marx und Engels distanzierten sich von dieser abenteuerlichen Taktik (siehe den Brief von Engels an Emil Blank vom 26. März 1848) und stellten ihr ihren eigenen Plan entgegen: Die fortgeschrittenen deutschen Arbeiter, hauptsächlich Mitglieder des Bundes der Kommunisten, sollten einzeln nach Deutschland zurückkehren und dort an den revolutionären Kämpfen teilnehmen. Die unversöhnliche Haltung von Marx und Engels gegenüber den erwähnten Plänen der deutschen kleinbürgerlichen Demokraten, die auch in dem Brief von Marx an Engels vom 16. März 1848, dem Antwortbrief von Engels vom 18. März und in anderen Briefen zum Ausdruck kommt, zeugt davon, daß die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus entschiedene Gegner aller Vorstellungen von der Möglichkeit eines „Exports" der Revolution gewesen sind. In den nach seiner Rückkehr nach Deutschland, im April und Mai 1848, geschriebenen Briefen gibt Engels eine Einschätzung der dortigen Lage sowie des Zustandes der örtlichen Organisationen des Bundes der Kommunisten, das heißt jener Faktoren, welche, nach dem späteren Zeugnis von
Engels, entscheidenden Einfluß auf die Ausarbeitung der taktischen Linie des Proletariats in der deutschen Revolution durch Marx und Engels ausübten. In seinen Briefen an Marx vom 25.April und 9.Mai 1848 sowie in den Briefen an Emil Blank vom 15.April und 24.Mai desselben Jahres schildert Engels die konterrevolutionäre Position der deutschen Bourgeoisie und ihrer Führer, der Liberalen Camphausen und Hansemann, die an der Spitze der preußischen Regierung standen und die Wankelmütigkeit und Halbheit der bürgerlichen Radikalen, die die linken Fraktionen in der preußischen und der deutschen konstituierenden Versammlung bildeten, ihre Furcht vor den revolutionären Auftreten der Volksmassen. Andererseits zeigte sich ein Erwachen der politischen Aktivität der deutschen Arbeiter; ihre Bewegung trug jedoch noch einen spontanen und unausgereiften Charakter. Unter solchen Umständen wurde die preußische feu dalmonarchistische Konterrevolution allmählich aktiver, ohne auf einen ernsthaften Widerstand der revolutionären Kräfte zu stoßen. Ende Mai 1848 gibt Engels eine treffende Charakteristik der Lage, wie sie sich in Deutschland entwickelt hatte: „In Berlin liegt Camphausen auf der faulen Haut, die Reaktion, die Beamten- und Adelsherrschaft, wird täglich frecher, reizt das Volk, das Volk rebelliert, und die Schlaffheit und Feigheit Camphausens führt uns neuen Revolutionen direkt entgegen. Das ist Deutschland jetzt!" Bei einem solchen Kräfteverhältnis der Klassen, das sich aus der sozialökonomischen Zurückgebliebenheit Deutschlands und der Schwäche und Unorganisiertheit der deutschen Arbeiter erklärt, bestanden im damaligen Deutschland keine Voraussetzungen für die Schaffung einer proletarischen Massenpartei. Deshalb hielten es Marx und Engels für notwendig, zunächst auf dem äußersten linken, faktisch proletarischen Flügel der demokratischen Bewegung aufzutreten. Erst im Frühjahr 1849, nach Veränderung der Lage in Deutschland und in Europa, und nachdem das politische Bewußtsein der deutschen Arbeiterklasse gewachsen war, unternahmen Marx und Engels Schritte zur Schaffung einer selbständigen politischen Organisation des Proletariats. Lenin unterstrich in der Polemik gegen die Menschewiki in der Periode der ersten russischen Revolution 1905-1907 die Richtigkeit der Taktik von Marx und Engels in der deutschen bürgerlich-demokratischen Revolution und wies darauf hin, daß die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus das Aktionsprogramm der ganzen deutschen fortschrittlichen Demokratie entworfen hatten, ohne deswegen ihren selbständigen Standpunkt gegenüber der bürgerlich-demokratischen Bewegung in Deutschland aufzugeben. Eine große Rolle bei der Verbreitung der Ideen der Demokratie und des
Sozialismus und in der Mobilisierung der Volksmassen für den Kampf um die konsequente Lösung der Aufgaben der Revolution in Deutschland spielte die von Marx, Engels und ihren Kampfgenossen aus dem Bund der Kommunisten herausgegebene „Neue Rheinische Zeitung". Diese Zeitung nannte Lenin „das beste, unübertroffene Organ des revolutionären Proletariats" (W.I.Lenin, Werke, Band21, Berlin 1960, S.70). Die Briefe von Marx und Engels geben ein anschauliches Bild von der gewaltigen organisatorischen Arbeit, die sie mit Unterstützung ihrer Mitkämpfer und Freunde für die Herausgabe der Zeitung leisteten. Da die „Neue Rheinische Zeitung" wegen ihrer revolutionären Richtung ständig den Unwillen der bürgerlichen Aktionäre erregte, mußte Marx als verantwortlicher Redakteur einen ununterbrochenen hartnäckigen Kampf um ihre Herausgabe führen und ungeheure materielle Schwierigkeiten überwinden. Hinzu kamen die Hindernisse, die ihm die preußischen Behörden in den Weg legten. (Siehe dazu den Brief von Marx an Engels von Mitte November 1848 sowie seinen Brief an das Redaktionsmitglied Ernst Dronke vom 3. Februar 1849.) Marx unterstreicht in seinen Briefen die große politische Bedeutung dieser Zeitung und nennt sie ein Parteiunternehmen: „Aber es galt, unter allen Umständen dies Fort zu behaupten und die politische Stellung nicht aufzugeben." (Siehe vorl. Band, S.129.) Die „Neue Rheinische Zeitung" spielte eine große Rolle im Kampf gegen die Konterrevolution, in der Sammlung aller demokratischen Kräfte und in der politischen und ideologischen Entwicklung der proletarischen Revolutionäre; sie genoß gewaltige Popularität weit über die Grenzen der Rheinprovinz und selbst Deutschlands hinaus. Davon zeugen der Brief von Marx an Engels vom 29. November 1848 sowie der Brief von Engels an Marx aus der Schweiz vom 7./8. Januar 1849. Der kämpferische proletarische Internationalismus der „Neuen Rheinischen Zeitung", der sich in dem mannhaften Eintreten von Marx und Engels in den Spalten der Zeitung für die Verteidigung der heroischen Teilnehmer des proletarischen Aufstands in Paris im Juni 1848 gezeigt hatte, wurde von Marx selbst in einem im vorliegenden Band erstmalig veröffentlichten Dokument festgehalten - in seinem Brief vom 30. Juni 1850 an den Vorsitzenden einer Versammlung der Emigranten in London anläßlich des zweiten Jahrestages dieses Aufstandes. „Während die Junirevolution von allen Kläffern der Bourgeoisklasse eingegriffen wurde", schreibt Marx, „habe ich diese schrecklichen Tage, die für mich die größte Manifestation des Kampfes sind, den die Arbeiterklasse gegen die Kaprtälistenklasse führt, öffentlich verteidigt,"
Die in dem vorliegenden Band veröffentlichten Briefe und Dokumente von Engels, die in die erste (russische) Ausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels nicht eingegangen sind, enthalten interessantes und für den Forscher viel neues Material über Engels' Tätigkeit in der Schweiz von Ende Oktober 1848 bis Mitte Januar 1849. Engels, der infolge polizeilicher Verfolgungen aus Deutschland emigrieren mußte, stellte in der Zeit seines Aufenthalts in verschiedenen Städten der Schweiz, insbesondere in Lausanne und Bern, enge Verbindungen zu den örtlichen Arbeiter- und demokratischen Organisationen her. Der von Engels um den 25. Dezember 1848 im Namen der Zentralkommission der deutschen Vereine der Schweiz an den Verein in Vivis geschriebene Brief zeugt davon, daß Engels aktiv am Kampf der fortschrittlichen Elemente der Arbeitervereine gegen Tendenzen lokaler Borniertheit und Isolierung teilnahm. Das von ihm im Auftrag dieser Kommission verfaßte Schreiben an den Vorstand des Märzvereins zeigt Engels' Kampf für die Herstellung der Aktionseinheit aller demokratischen Kräfte und enthält zugleich eine scharfe Kritik an dieser Organisation deutscher kleinbürgerlicher Demokraten und ihrer wankelmütigen und unentschlossenen Politik. Die Gedanken, die in diesem Dokument zum Ausdruck kommen, entsprechen den in den Spalten der „Neuen Rheinischen Zeitung" veröffentlichten Artikeln „Der Märzverein" sowie „Der Frankfurter Märzverein und die ,Neue Rheinische Zeitung"' von Marx. Anfang Juni 1849, nachdem unter den Bedingungen der Offensive der deutschen Konterrevolution die „Neue Rheinische Zeitung" ihr Erscheinen einstellen mußte, ging Marx nach Frankreich, wo zu dieser Zeit revolutionäre Ereignisse heranreiften. In seinem Brief an Engels vom 7. Juni 1849 aus Paris teilt Marx mit, daß er ständige Verbindung zu den Führern der französischen demokratischen und revolutionären Organisationen unterhalte. Engels erwähnt in einer Reihe von Briefen vom Juli/August 1849, daß er am badisch-pfälzischen Aufstand zur Verteidigung der Reichsverfassung in einer der Freiwilligenabteilungen aktiv teilnehme (siehe seine Briefe an Jenny Marx vom 25. Juli 1849, an Schabelitz vom 24. August und an Weydemeyer vom 25. August desselben Jahres). In dem Brief an Jenny Marx mißt Engels dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß, nachdem er den ganzen Feldzug mitgemacht und an vier Gefechten teilgenommen hatte, keiner der Führer der kleinbürgerlichen Demokraten mehr behaupten könne, die Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung" hätten sich von den unmittelbaren revolutionären Kämpfen ferngehalten. So kennzeichnet der Briefwechsel von Marx und Engels aus den Jahren 1848/1849 ihre Tätigkeit als Führer der revolutionär-demokratischen und
proletarischen Bewegung, die die ganze Zeit im Zentrum des Kampfes der Volksmassen standen. Die Tätigkeit von Marx und Engels in der Periode der Revolution von 1848/49 vollzog sich, wie schon in den vorangegangenen Jahren, unter den Bedingungen ständiger polizeilicher Verfolgungen und der Verleumdung und Hetze von Seiten der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kreise. Anschauliches Material darüber enthalten die entsprechenden Briefe in dem vorliegenden Band. Schon Mitte der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts nahmen die Behörden des feudalabsolutistischen Preußen Marx die Möglichkeit, sich in Deutschland aufzuhalten. Sie benutzten dazu den Vorwand, daß er die preußische Staatsbürgerschaft verloren habe. Die Agenten und Spione der preußischen Polizei beobachteten unermüdlich seine Tätigkeit in der Emigration, und die preußische Regierung versuchte alles, um den Aufenthalt von Marx und seiner Familie in jedem beliebigen europäischen Land zu verhindern. Als Folge einer Abmachung der preußischen Machthaber und der französischen Reaktionäre wurde Marx im Januar 1845 aus Frankreich ausgewiesen. Aus Belgien, wo Marx zeitweilige Zuflucht fand, wies man ihn, nach einer gesetzwidrigen Verhaftung, die auch an seiner Frau vollzogen wurde, Anfang März 1848 aus. In den Briefen von Engels vom März 1848 wird von der Woge der Empörung gegen diese Willkür der belgischen Behörden in der radikal-demokratischen Öffentlichkeit Belgiens berichtet. Engels' revolutionäre Tätigkeit verlief ebenfalls unter den Bedingungen polizeilicher Bespitzelung und Repressalien. Ende 1846 erwirkte der Pariser Polizeipräfekt vom Innenminister Engels' Ausweisung wegen kommunistischer Propaganda unter den Arbeitern (siehe Engels' Brief an Marx vom Dezember 1846). Ende Januar 1848 wurde Engels auf Anordnung der Regierung Guizot erneut aus Frankreich ausgewiesen. 1848/1849, während ihres Aufenthalts in Köln, waren Marx und Engels als Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung" und als Führer des revolutionären Kampfes der Volksmassen unaufhörlich polizeilichen und gerichtlichen Verfolgungen ausgesetzt. Schließlich war Engels genötigt, im September 1848 aus Deutschland zu emigrieren, und Marx, der in Köln geblieben war, um die Herausgabe der Zeitung fortzusetzen, drohte ununterbrochen die Verhaftung (siehe die Briefe von Marx an Engels von Mitte November und vom 29. November 1848 und den Brief von Engels an Marx vom 28. Dezember 1848). Im August 1849, als Marx sich in Frankreich aufhielt, in einer Situation, da die konterrevolutionären Kräfte wieder anfingen, ihr Haupt zu erheben,
verfügte die Regierung der Zweiten Republik die Verbannung von Marx nach Morbihan, einer sumpfigen Gegend in der Bretagne. In dem Brief an Engels vom 23.August 1849 nennt Marx diese Maßnahme einen „verkleideten Mordversuch". Ende August 1849 war Marx gezwungen, nach London überzusiedeln, wo er bis ans Ende seines Lebens geblieben ist. Aber auch in England erwies sich der Aufenthalt für Marx als bei weitem nicht ungefährlich. Im Med 1850 übten die preußischen Behörden im Zusammenhang mit den Verhaftungen von Kommunisten in Deutschland und der Absicht der preußischen Regierung, ein Gerichtsverfahren gegen die Führer des Bundes der Kommunisten einzuleiten, auf die englische Regierung einen Druck aus, mit dem Ziel, Marx' Ausweisung aus England zu erreichen (siehe die Briefe von Marx an Weydemeyer vom 8.Juni und 27.Juni 1850). Auch Engels war genötigt, nach England zu emigrieren, weil ihm in Deutschland Vergeltungsmaßnahmen seitens der preußischen Machthaber wegen seiner aktiven Teilnahme an dem bewaffneten Aufstand in Südwestdeutschland drohten (siehe den Brief von Marx an Engels vom 23. August 1849). Die Verfolgungen der großen Führer des Proletariats durch die internationale Reaktion wurden auch in den folgenden Jahren fortgesetzt. Die Briefe von Marx und Engels aus den Jahren 1849-1851 geben ein Bild ihrer Tätigkeit in der Periode der Reaktion, als die theoretische Verallgemeinerung der Erfahrungen der Revolution 1848/49, die Weiterentwicklung der revolutionären Theorie des Proletariats, die Sicherung der ersten Kader proletarischer Revolutionäre, ihre Entwicklung und politische Festigung, die Verteidigung der Selbständigkeit und der Reinheit der ideologischen Positionen der sich herausbildenden proletarischen Partei, ihr Schutz vor dem Einfluß der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie die Hauptaufgaben waren. In der Londoner Emigration reorganisierte Marx gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten den Bund und die Zentralbehörde, an deren Spitze er selbst stand. Im November 1849 traf Engels, der ebenfalls in die Zentralbehörde aufgenommen wurde, in London ein. Wie die in dem vorliegenden Band veröffentlichten Briefe zeigen, leisteten die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus eine gewaltige Arbeit zur Wiederherstellung der verlorenen Verbindungen und zum Zusammenschluß der revolutionären Elemente im Bund der Kommunisten. Die Briefe von 1849/1850, insbesondere die von Marx und Engels an Weydemeyer vom April 1850, enthalten Material über die Tätigkeit des von ihnen- geleiteten sozial-demokratischen Flüchtlings
komitees, welches aktiv zur Vereinigung der wahrhaft revolutionären Elemente der Arbeiterbewegung beitrug. Marx und Engels maßen dem Zusammenschluß der proletarischen Revolutionäre aller Länder große Bedeutung bei und richteten in dieser Periode ihre ganz besondere Aufmerksamkeit auf die Festigung der Verbindungen zwischen dem Bund der Kommunisten und dem revolutionären Flügel der englischen Arbeiterbewegung, dem Chartismus. Die Briefe dieser Zeit zeugen von Marx' und Engels' ständiger Unterstützung der Bestrebungen der revolutionären Chartisten, die Chartistenbewegung auf einer neuen, sozialistischen Grundlage wiederzuerwecken, von der Hilfe, die ihnen Marx und Engels und ihre Kampfgenossen aus dem Bund der Kommunisten bei der Herausgabe von Presseorganen, im Kampf gegen die reformerischen und sektiererischen Strömungen innerhalb des Chartismus, die seine Weiterentwicklung hemmten, erwiesen. Marx' und Engels' Briefe zeugen von dem wachsenden Einfluß ihrer Ideen auf die fortschrittlichen Vertreter des Chartismus, in erster Linie auf George Julian Harney und Ernest Jones. In den Jahren 1850/1851 festigt sich besonders die Freundschaft von Marx und Engels mit dem hervorragenden englischen proletarischen Revolutionär, dem Publizisten und Dichter Ernest Jones, der nach dem Übergang von Harney in das Lager der kleinbürgerlichen Demokratie Anfang 1851 zum Hauptvertreter der Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus in der englischen Arbeiterbewegung wird. „Jones", bemerkt Engels in dem Brief an Ernst Dronke vom 9. Juli 1851, „der überhaupt ein andrer Kerl ist wie Harney, ist dafür ganz mit uns und exponiert jetzt den Engländern das .Manifest'." Einen wichtigen Platz nimmt in den Briefen von Marx und Engels aus den Jahren 1849/1850 der Kampf für die Schaffung eines Presseorgans ein, das die kämpferischen Traditionen der „Neuen Rheinischen Zeitung" fortsetzen und zur Festigung der proletarischen Partei beitragen sollte. Schon am Vorabend seiner Abreise aus Paris nach London, in dem Brief an Engels nach der Schweiz vom 23. August 1849, fordert Marx seinen Freund auf, nach England zu kommen, um gemeinsam ein eigenes Presseorgan herauszubringen. Ein solches Organ wurde die Zeitschrift „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue", die von Januar bis November 1850 erschien. In dieser Zeitschrift wurden äußerst wichtige Werke der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus veröffentlicht: „DieKlassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850" von Marx, „Die deutsche Reichsverfassungskampagne" und „Der deutsche Bauernkrieg" von Engels und andere Arbeiten, in denen auf der Grundlage der historisch-materialisti
sehen Analyse der Ereignisse die Ergebnisse der Revolution von 1848/49 zusammengefaßt, ihre Erfahrungen verallgemeinert und die Taktik der revolutionären proletarischen Partei entwickelt wurden. Aus den Briefen von Marx und Engels in dieser Periode wird deutlich, wieviel Kraft und Energie sie darauf verwandten, die Herausgabe der Zeitschrift zu ermöglichen. So wandten sie sich an ihre Kampfgenossen und Freunde in Deutschland und der Schweiz mit der Bitte, zur Verbreitung der Zeitschrift beizutragen. In dem Brief an Weydemeyer vom 19.Dezember 1849 ersucht ihn Marx, in die „Neue Deutsche Zeitung" eine Anzeige über das Erscheinen der Zeitschrift zu setzen. In dem Brief an Freiligrath vom 10. Januar 1850 berichtet Marx von den Plänen, die Zeitschrift allmählich in eine Halbmonats- und Wochenschrift und, wenn möglich, in eine Tageszeitung umzuwandeln, und bittet ihn, so schnell wie möglich Geld zu sammeln, das für die weitere Herausgabe dieses Organs notwendig war. Breiten Raum nehmen in den Briefen von Marx und Engels die Fragen der Taktik der proletarischen Partei nach der Niederlage der Revolution 1848/49 ein. Im Sommer 1850 kamen Marx und Engels zu dem Schluß, daß im Hinblick auf den beginnenden wirtschaftlichen Aufschwung und auf die Konsolidierung der reaktionären Regime in den Ländern Europas eine neue Revolution m der nächsten Zukunft nicht zu erwarten sei. Deshalb hielten sie eine Uberprüfung der Taktik des Bundes der Kommunisten, eine Änderung der Kampfformen für notwendig. Die neue Lage erforderte mühevolle Arbeit zur Sammlung der Kräfte und zur Vorbereitung proletarischer revolutionärer Kader auf die künftigen revolutionären Kämpfe. Einige Mitglieder des Bundes der Kommunisten mit Willich und Schapper an der Spitze ignorierten jedoch die objektiven historischen Bedingungen und traten gegen die taktische Linie von Marx und Engels auf. Im Zusammenhang mit diesen Meinungsverschiedenheiten kam es am 15.September 1850 auf der Sitzung der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten zur Spaltung, wobei die Mehrheit der Mitglieder der Zentralbehörde auf die Seite von Marx und Engels trat. Der Kampf innerhalb des Bundes der Kommunisten veranlaßte Marx und Engels, besondere Aufmerksamkeit auf die Entlarvung des Dogmatismus, Sektierertums und Abenteurertums in der Arbeiterbewegung zu richten. In den Briefen von Marx und Engels aus dem Jahre 1851 wird festgestellt, daß die Fraktionstätigkeit der Gruppe Willich-Schapper das Proletariat von der Aufgabe abhalte, die Kräfte für den zukünftigen Kampf zu sammeln. •
Marx und Engels traten in ihren Briefen scharf gegen die pseudorevolutionären Pläne Willichs auf, der im Herbst 1850 das abenteuerliche Projekt vorbrachte, unverzüglich die Revolution in Westdeutschland zu organisieren , wobei er die Mobilisierung der Landwehr im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Preußen und Österreich ausnutzen wollte. Marx und Engels, die stets das Spiel mit revolutionären Verschwörungen verurteilten, verspotteten rücksichtslos das fruchtlose und schädliche Vorhaben Willichs (siehe den Brief von Engels an Dronke vom 9. Juli 1851). Die Briefe aus dem Jahre 1851 enthalten ein reiches Material, welches zeigt, daß die Fraktion Willich-Schapper nach der Spaltung des Bundes der Kommunisten sich der kleinbürgerlichen Emigration annäherte und sich im Grunde genommen in ihr Anhängsel verwandelte. In dem Brief an Hermann Becker vom 28. Februar 1851 und in einer Reihe anderer Briefe zeigt Marx am Beispiel der politischen Evolution dieser Gruppe, daß Fraktionsmacherei und Sektierertum unvermeidlich zum Absinken auf antiproletarische Positionen, zur ideologischen Abhängigkeit von der Bourgeoisie führen. Marx und Engels verwandten große Anstrengungen darauf, das Proletariat vor den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Einflüssen zu schützen und die Selbständigkeit und die Reinheit der ideologischen und taktischen Positionen des Proletariats zu verteidigen. Einer der Träger eines solchen Einflusses war zu dieser Zeit die kleinbürgerliche Emigration. Daher ist es kein Zufall, daß im Briefwechsel von Marx und Engels aus dem Jahre 1851 auch eine scharfe Kritik an den verschiedenen Emigrantencliquen (Rüge, Kinkel, Heinzen, Struve, Louis Blanc und andere) enthalten ist. Marx und Engels enthüllen schonungslos die pseudorevolutionäre Tätigkeit dieser Cliquen, die auf kleinliche Wortgefechte und Zänkereien und auf die demagogische Spekulation mit Phrasen über die Revolution hinauslief. Ihre Handlungen verursachten, %vie Marx und Engels zeigen, einen ernsten Schaden für die demokratische und Arbeiterbewegung, störten den Zusammenschluß der Arbeiterklasse und konnten nur zum Verlust der Selbständigkeit der proletarischen Organisation führen. Marx und Engels entlarvten die Versuche der Führer der kleinbürgerlichen Emigration, die proletarischen Revolutionäre zu verleumden und sie ihres Einflusses auf das Proletariat zu berauben. Eine eindrucksvolle Kennzeichnung der Tätigkeit der Emigrantencliquen und ihres abenteuerlichen Spektakels wird in zwei Briefen von Marx an den Frankfurter Journalisten Ebner gegeben, die im August und Dezember 1851 geschrieben wurden und im vorliegenden Band zum ersten
Mal veröffentlicht werden. Die Materiedien dieser Briefe wurden von Marx und Engels zum Teil für die 1852 verfaßte Streitschrift „Die großen Männer des Exils" benutzt. Im Zusammenhang mit der Kritik an einem der Führer des Exils, dem italienischen bürgerlichen Demokraten Mazzini, entwickelt Marx eine Reihe wichtiger Leitsätze zur Frage der nationalen Befreiungsbewegung der unterdrückten Völker. In den Briefen an Weydemeyer vom 11. September und an Engels vom 13. September 1851 verurteilt er Mazzini entschieden, weil dieser die Interessen der von den Gutsbesitzern ausgebeuteten italienischen Bauern ignorierte und darauf verzichtete, die Bauernmassen in den Kampf für die nationale Befreiung und Einigung Italiens einzubeziehen. Nur die breite Teilnahme aller arbeitenden Menschen am nationalen Befreiungskampf, hebt Marx hervor, kann diesem Kampf wirkliche Kraft und wirklichen Elan geben und seinen Sieg sichern. Marx weist in dem erwähnten Brief an Weydemeyer darauf hin, daß „der erste Schritt zur Unabhängigkeitsmachung Italiens die völlige Emanzipation der Bauern und die Verwandlung ihres Halbpachtsystems in freies bürgerliches Eigentum ist". (Siehe vorl. Band, S.579.) In einer Reihe von Briefen von Marx und Engels aus der zweiten Hälfte des Jahres 1851 werden die aus Deutschland erhaltenen Nachrichten von den Verhaftungen von Mitgliedern des Bundes der Kommunisten erörtert. Marx und Engels gaben ihrer Besorgnis wegen des Gerichtsverfahrens gegen die verhafteten Genossen Ausdruck und wandten ihre besondere Aufmerksamkeit dem Umstand zu, daß die abenteuerlichen Pläne der Spalterfraktion Willich-Schapper und anderer Emigrantencliquen es der Polizei erleichterten, Provokationen aller Art vom Zaun zu brechen und die Dinge im Zusammenhang mit angeblichen „kommunistischen Verschwörungen" aufzubauschen (siehe den Brief von Marx an Engels vom 28. Mai 1851). Marx und Engels unternahmen Schritte, um zur Entlarvung der Aktionen der preußischen Behörden und zur Verteidigung der verhafteten Mitglieder des Bundes der Kommunisten in der Presse Beiträge unterzubringen (siehe den Brief von Marx an Engels vom 1. Dezember 1851). Der Briefwechsel der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus aus den Jahren 1849-1851 zeigt, welche gewaltige Bedeutung sie der Weiterentwicklung ihrer revolutionären Theorie beimaßen; sie betrachteten dies als wichtigste parteipolitische Aufgabe. Hauptgegenstand der wissenschaftlichen Forschungen von Marx wird jetzt die politische Ökonomie. Wenn bis 1848 die philosophische Begründung des wissenschaftlichen Kommunismus und in den Jahren 1848/49 die Ausarbeitung der politischen Ideen und
der revolutionären Strategie und Taktik Hauptinhalt der theoretischen Tätigkeit von Marx war, so trat in den fünfziger Jahren die Entwicklung der ökonomischen Lehre an die erste Stelle. Marx studierte die ökonomische Literatur und setzte die Ausarbeitung seiner ökonomischen Theorie fort, mit der er schon in den vierziger Jahren begonnen hatte, als er an eine umfangreiche Arbeit „Kritik der Politik und Nationalökonomie" dachte (siehe dazu den Brief von Marx an Leske vom 1 .August 1846). Marx beabsichtigte, eine große Arbeit zu schreiben, die die Kritik der bestehenden Ordnung und der bürgerlichen politischen Ökonomie zum Inhalt haben sollte. Der Briefwechsel von Marx und Engels aus dem Jahre 1851 zeugt von der titanischen Arbeit, die Marx bei der Sammlung und Sichtung des Materials für sein wissenschaftliches Werk leistete. Wie aus dem Briefwechsel klar wird, studiert er gründlich und allseitig die ökonomische Geschichte und die ökonomische Entwicklung der verschiedenen Länder, insbesondere Englands, das damals das klassische Land des Kapitalismus war. Zu dieser Zeit interessieren ihn hauptsächlich Probleme des Grundeigentums und die Theorie der Grundrente, die Geschichte und Theorie der Geldzirkulation und der Preise sowie die Wirtschaftskrisen. So unterzieht Marx in dem Brief an Engels vom 7. Januar 1851 zum erstenmal Ricardos Theorie der Grundrente einer Kritik und spricht einige Grundthesen seiner Rententheorie aus, und in dem Brief vom 3.Februar legt er Engels ausführlich seine Gedanken zur Theorie der Geldzirkulation dar. Engels seinerseits beschäftigte sich ebenfalls mit ökonomischen Problemen und war bemüht, Marx bei der Lösung einer Reihe theoretischer Fragen zu unterstützen. So schrieb er am 12. Februar 1851 an Marx, daß ihn die ihm von Marx mitgeteilten neuen Überlegungen zu den Fragen der Geldzirkulation außerordentlich interessierten und er vorhabe, sie ernstlich zu überdenken.
Beim Studium der politischen Ökonomie tauschte Marx ständig mit Engels Überlegungen zu den wichtigsten Erscheinungen des Wirtschaftslebens in England und anderen Ländern aus. Marx und Engels kamen zu dem Schluß, daß die nach der Revolution eingetretene „Prosperität" der Industrie zeitweiligen Charakter trage und sahen das Ausbrechen einer Wirtschaftskrise voraus. Zu einem Hauptgegenstand der theoretischen Forschungen von Engels im Jahre 1851 wurden die Militärwissenschaften, besonders die Geschichte der Kriegskunst. Schon die Erfordernisse des revolutionären Kampfes der Jahre 1848/1849 veranlaßten Engels, an das Studium militärischer Fragen, in erster Linie der Taktik des bewaffneten Aufstandes, zu gehen. Nach seiner Übersiedlung nach Manchester, Ende 1850, machte sich Engels an das
systematische und gründliche Studium der Kriegswissenschaft. In dem Brief an Weydemeyer vom 19. Juni 1851 bestimmte Engels die Gründe, die ihn dazu bewogen, folgendermaßen: „Die enorme Wichtigkeit, die die partie militaire bei der nächsten Bewegung bekommen muß, eine alte Inklination, meine ungarischen Kriegsartikel von der Zeitung" (der „Neuen Rheinischen Zeitung") „her, schließlich meine glorreichen Abenteuer in Baden, alles das hat mich darauf geworfen, und ich will es wenigstens so weit in der Geschichte bringen, daß ich theoretisch einigermaßen mitsprechen kann, ohne mich zu sehr zu blamieren." Die Briefe von Engels zeigen, welchen weiten Kreis von Quellen und Literatur er für das Studium der Geschichte und Theorie der Kriegskunst heranzog. Militärwissenschaftlich von großem Interesse ist der Brief von Engels an Marx vom 26. September 1851, in dem er einen Aufsatz des kleinbürgerlichen Demokraten Techow, „Umrisse des kommenden Krieges", kritisch untersucht. Der Brief enthält eine Analyse des vermutlichen Verhältnisses der bewaffneten Kräfte der Revolution und der Konterrevolution in Europa im Falle neuer revolutionärer Ereignisse. Engels deutet hier auch den wichtigen Gedanken von den Besonderheiten der Gliederung revolutionärer Armeen und dem Charakter ihrer Kampfhandlungen an. In einer Reihe von Briefen gibt Engels Einschätzungen der Werke hervorragender zeitgenössischer Militärschriftsteller (Napier, Savary u.a.) und Charakteristiken der Tätigkeit einer Reihe von Heerführern (zum Beispiel Wellingtons). Der Briefwechsel zwischen Marx und Engels vermittelt ein genaues Bild von ihrer langjährigen schöpferischen Zusammenarbeit. Nicht selten schlug Marx Engels Themen für neue Schriften vor. In dieser Beziehung ist die Entstehungsgeschichte von Engels' Arbeit „Die deutsche Reichsverfassungskampagne" interessant. Aus dem Briefwechsel zwischen Marx und Engels wird deutlich, daß Engels diese Skizzen auf Marx' Rat schrieb. „Du hast jetzt die schönste Gelegenheit, eine Geschichte oder ein Pamphlet über die badisch-pfälzische Revolution zu schreiben", heißt es in dem um den 1. August 1849 geschriebenen Brief von Marx an Engels. „Du kannst dabei die Stellung der .Neuen Rheinischen Zeitung' zur Demokratischen Partei überhaupt glänzend herausbeißen." Engels entsprach sogleich dem Vorschlag von Marx und teilte schon am 24. August 1849 dem Verleger Jakob Schabehtz mit, daß er seine „Memoiren über die pfälzisch-badische Revolutionsposse" schreibe. Ein anderes treffendes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Marx und Engels ist die von Engels verfaßte Artikelserie „Revolution und Konter
revolution in Deutschland". Anfang August 1851 schlug Charles Dana, einer der Redakteure der fortschrittlichen bürgerlichen Zeitung „NewYork Daily Tribüne", Marx vor, an seiner Zeitung mitzuarbeiten. Marx, der mit der Untersuchung von Problemen der politischen Ökonomie beschäftigt war, bittet Engels in dem Brief von 8. August 1851, für diese Zeitung eine Reihe von Artikeln über die deutschen Verhältnisse zu schreiben. Bis Ende des Jahres schrieb Engels für die „Tribüne" die drei ersten Artikel dieser Serie, die in der Zeitung mit Marx' Unterschrift veröffentlicht wurden (die übrigen Artikel wurden 1852 geschrieben). Bei der Arbeit an diesem Werk stand Engels in ständigem Meinungsaustausch mit Marx, der überdies die Artikel vor ihrer Absendung an die Zeitung durchsah. Andererseits entstand die Idee zu der Schrift „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte" von Marx unter dem unzweifelhaften Einfluß eines Briefes von Engels, der am 3. Dezember 1851 geschrieben wurde und eine treffende Charakterisierung des bonapartistischen Staatsstreichs in Frankreich vom 2. Dezember 1851 enthält. Der Briefwechsel zwischen Marx und Engels beweist die untrennbare Einheit ihrer wissenschaftlichen und revolutionären Tätigkeit, die Unmöglichkeit, den Beitrag, den der eine von ihnen zur Schaffung der Theorie des wissenschaftlichen Kommunismus leistete, von dem des andern isoliert zu betrachten. Der in diesem Band veröffentlichte Briefwechsel veranschaulicht auch die Rolle von Marx und Engels als Führer und Lehrer der ersten proletarischen Revolutionäre. Ihre Briefe zeigen, daß sie der theoretischen Schulung und der Erziehung der Parteikader gewaltige Bedeutung beimaßen und es für notwendig hielten, das zeitweilige Abflauen der revolutionären Woge dafür auszunutzen (siehe den Brief von Engels an Dronke vom 9. Juli 1851). In dem Brief an Marx, der um den 20. Juli 1851 geschrieben wurde, begrüßt Engels freudig die Nachricht aus Deutschland über die Bildung neuer Gemeinden des Bundes der Kommunisten, weil in ihnen neue Kader der Partei, ihr neuer und stärkerer „Generalstab" heranwachsen. Der Briefwechsel von Marx und Engels zeigt anschaulich, daß sie von dem Zeitpunkt an, da sie den Weg des revolutionären Kampfes betraten, von einer Gruppe von Freunden, Kampfgenossen und Gleichgesinnten umgeben waren. Gerade auf diese führenden Vertreter der Arbeiterbewegung stützten sich Marx und Engels in ihrem Kampf für den Aufbau der proletarischen Partei, gemeinsam mit ihnen wirkten sie in den Revolutionsjahren und in der schweren Zeit der Herrschaft der Reaktion. Einen besonderen Platz unter den Kampfgenossen von Marx und Engels nimmt Wilhelm Wolff („Lupus") ein, mit dem sie eine langjährige
III Marx ^Engels, Werke, Band 27
enge Freundschaft verband. In seinem Brief an Marx vom 23,/24. November 1847 äußert Engels über Wilhelm Wolff als einen der Führer des Bundes der Kommunisten folgende hohe Meinung: „Aber dem Lupus muß die übertriebne Bescheidenheit absolut ausgetrieben werden. Der brave Kerl ist einer der wenigen, die man in den Vordergrund poussieren muß." In den Jahren der Revolution war Wilhelm Wolff Mitglied der Redaktion der „Neuen Rheinischen Zeitung" und einer der hervorragendsten Mitarbeiter dieses revolutionären Organs. Nach seinem Eintreffen in London, im Sommer 1851, unterstützte Wilhelm Wolff entschieden Marx und Engels im Kampf gegen die Intrigen der Sektierer und der Führer der kleinbürgerlichen Emigration (siehe den Brief von Marx an Engels vom 13. Juli 1851). Aus den Briefen von Marx und Engels geht hervor, daß sie während ihrer Emigrationsjahre eine enge Verbindung mit den Führern des Bundes der Kommunisten in Deutschland - Roland Daniels, Heinrich Bürgers und anderen - aufrechterhielten. Daniels, mit dem Marx eine alte Freundschaft verband, war der führende Kopf unter den Kommunisten in Köln, was aus dem Brief von Marx an ihn vom 7. März 1847 sowie aus anderen Briefen ersichtlich ist. Mit diesem Revolutionär und hervorragenden Gelehrten stand Marx im Meinungsaustausch über viele theoretische Fragen, insbesondere über die Frage nach der Rolle der Wissenschaft und des technischen Fortschritts in der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft. „Die Kommunisten haben zu zeigen", schrieb Marx im Mai 1851 an Daniels, „daß nur unter kommunistischen Verhältnissen die schon erreichten technologischen Wahrheiten praktisch werden können." (Siehe vorl. Band, S.552.) Daniels' Verhaftung durch die preußische Polizei im Juni 1851 beunruhigte Marx und Engels stark (siehe die Briefe von Marx an Engels vom 16. Juli und 13. Juni 1851 sowie sein zwischen dem 4. und 8. Oktober 1851 geschriebener Brief an Daniels' Frau). Der Briefwechsel von Marx und Engels enthält äußerst wichtiges Material über ihre Freunde und Gesinnungsgenossen, die Mitglieder des Bundes der Kommunisten Ferdinand Wolff, Ernst Dronke, Georg Weerth und Ferdinand Freiligrath, die 1848/1849 zum Redaktionsstab der „Neuen Rheinischen Zeitung" gehörten. Aus den Briefen der Jahre 1850/1851 wird deutlich, daß zur Zeit der Auseinandersetzung zwischen den proletarischen Revolutionären und der kleinbürgerlichen Emigration die deutschen revolutionären Dichter Weerth und Freiligrath Marx und Engels unterstützten (siehe z. B. den Brief von Marx an Müller-Tellering vom 1. Januar 1850 und den Brief von Marx an Engels vom 28. Mai 1851).
Breiten Raum nimmt in den Briefen der Jahre 1848-1851 die Korrespondenz von Marx und Engels mit dem hervorragenden proletarischen Revolutionär Joseph Weydemeyer ein. Nachdem Weydemeyer Mitte der vierziger Jahre dem „wahren Sozialismus" seinen Tribut gezollt hatte, trat er schon vor der Revolution 1848/49 als überzeugter Anhänger des wissenschaftlichen Kommunismus, als treuer Kampfgefährte von Marx und Engels auf. In dem Brief an Marx, der um den 1 .August 1851 geschrieben wurde, schreibt Engels über Weydemeyer als über einen der hoffnungsvollsten, erprobtesten Parteigenossen: „bei Wfeydemeyer] ist man sicher, daß er le cas echeant doch gleich bei der Hand ist". Eine nicht geringere Einschätzung von Weydemeyer gibt Marx. Während Marx und Engels den fortgeschrittenen Kämpfern des Proletariats ständige Hilfe erwiesen, sie entwickelten und schulten, kritisierten sie zugleich, wie ihre Briefe zeigen, diejenigen von ihnen scharf, die von der revolutionären proletarischen Linie abwichen. Die Briefe von Marx aus den Jahren 1850/1851 wie auch die in den Beilagen veröffentlichten Briefe seiner Frau zeigen die schweren materiellen Entbehrungen und Nöte, denen Marx und seine Familie in der Londoner Emigration ausgesetzt waren. Die ständige materielle Not, die Drohung, wegen Nichtzahlung von Mietschulden an den Hausbesitzer auf die Straße geworfen zu werden, die Verfolgungen durch die Gläubiger, Krankheit und Tod eines Kindes - alles dies machte Marx' Leben unerträglich schwer und behinderte seine wissenschaftliche Arbeit. Dazu kamen die Verleumdung und die Hetze der vielen feindseligen Cliquen in der kleinbürgerlichen Emigration, die Marx und Engels ihre konzessionslose ideologisch-politische Linie nicht verzeihen konnten (vgl. z.B. den Brief von Marx an Weydemeyer vom 2. August 1851 sowie den Brief von Jenny Marx an Weydemeyer vom 20. Mai 1850). Der Briefwechsel zeigt anschaulich, daß unter den schweren Bedingungen des Exils die erprobte, langjährige Freundschaft von Engels im Leben von Marx und seiner Familie eine gewaltige Rolle spielte. Namentlich in dieser für Marx kritischen Zeit bewies Engels wahrhafte Selbstlosigkeit - er trat als Angestellter in die Firma Ermen & Engels ein und wurde so für lange Jahre" „ein Schachervieh", um Marx die Möglichkeit zu geben, seine ökonomischen Forschungen fortzusetzen. „Ohne die ständige aufopfernde finanzielle Unterstüztung Engels' wäre Marx nicht nur außerstande gewesen, das ,Kapital' zu beenden, er wäre auch unvermeidlich in Not und Elend zugrunde gegangen." (W. I.Lenin, Werke, Band 21, Berlin 1960, S.37.) in*
Der ganze Briefwechsel zwischen Marx und Engels ist ein bemerkenswertes Zeugnis der tiefen Freundschaft, welche diese beiden Giganten des revolutionären Denkens mehrere Jahrzehnte hindurch verband, „deren Verhältnis die rührendsten Sagen der Alten über menschliche Freundschaft in den Schatten stellt" (W. I.Lenin, Werke, Band 2, Berlin 1961, S. 12).
*
In den vorliegenden Band wurden 21 Briefe von Marx und Engels neu aufgenommen; diese Dokumente waren in der ersten (russischen) Ausgabe der Werke nicht erschienen. Einige derselben, die an verschiedene Organisationen adressiert waren, müßten ihrem Charakter nach in den Bänden veröffentlicht werden, die die Schriften von Marx und Engels aus der entsprechenden zeitlichen Periode enthalten; soweit jedoch diese Materialien vom Institut für Marxismus-Leninismus der KPdSU erst nach dem Erscheinen der betreffenden Bände erworben oder entdeckt wurden, werden sie im vorliegenden Band abgedruckt. [...] Einige der in die vorliegende Ausgabe neu aufgenommenen Dokumente stammen aus den Jahren 1843/1844. Von diesen sind der Brief von Marx an Fröbel und seine Erklärung an die Redaktion der „Allgemeinen Zeitung", die das Erscheinen der Zeitschrift „Deutsch-Französische Jahrbücher" betreffen (siehe vorl. Band, S. 422-424), sowie der Brief von Marx an Feuerbach vom 11 .August 1844, der eine wichtige Bemerkung über die Verbindungen von Marx mit den Pariser Gemeinden des Bundes der Gerechten im Sommer 1844 enthält, von besonderem Interesse. Neues Material über eine wenig erforschte Periode der Biographie von Engels enthalten zwei Briefe, die dieser Ende Dezember 1848 im Namen der Zentralkommission der deutschen Vereine in der Schweiz geschrieben hatte. Von großem Interesse ist der Brief von Marx an Blind vom 17. Juli 1850, der neue Aufschlüsse über die Tätigkeit des Bundes der Kommunisten im Sommer 1850 bringt. Die Materialien der Beilagen vervollständigen die in diesem Band veröffentlichten Briefe und sind von historisch-revolutionärem und biographischem Interesse. Unter diesen Dokumenten befinden sich einige Briefe der Frau von Marx, Jenny Marx, an Engels und Weydemeyer, die im Auftrag von Marx geschrieben wurden. Die Beilagen enthalten auch den ebenfalls im Auftrag von Marx geschriebenen Brief des Mitgliedes des Bundes der Kommunisten Konrad Schramm an Joseph Weydemeyer vom 8.Januar 1850, sowie ein Gesuch von Marx, das sich auf die Zeit seines
Aufenthalts in Belgien im Jahre 1845 bezieht. Einige dieser Materialien werden zum ersten Mal veröffentlicht. Nicht aufgenommen wurden in diesen Band die Jugendbriefe von Marx und Engels aus den Jahren 1837-1841, die in der Originalausgabe der Werke von Marx und Engels, in der Marx/Engels Gesamtausgabe (MEGA) veröffentlicht worden sind und zum Teil in der ersten (russischen) Ausgabe der Werke enthalten sind. Der größte Teil dieser Briefe wurde 1956 in dem Sammelband „Karl Marx und Friedrich Engels. Aus den Frühschriften" veröffentlicht. Ihrem Charakter und ihrer Thematik nach schließen sich diese Briefe von Marx und Engels unmittelbar an ihre Arbeiten an, die in den erwähnten Sammelband aufgenommen wurden.
Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU
Für alle in den Bänden 27 bis 37 der deutschen Ausgabe veröffentlichten Briefe gilt der Grundsatz, daß ihre Wiedergabe keinerlei Beschränkungen unterliegt. Wie die MEGA-Ausgabe und die nach den dort veröffentlichten Texten publizierte vierbändige Einzelausgabe wird die neue Edition den Briefwechsel zwischen Marx und Engels ohne Kürzungen und Korrekturen bringen und damit allen Anforderungen nach strengster Wissenschaftlichkeit gerecht werden. Nur wo sich nach sorgsamer Revision und Textvergleichung eine Berichtigung zu vorhergehenden Ausgaben als unumgänglich erweist, wird sie vorgenommen und wenn notwendig in Fußnoten nachgewiesen. In der Anordnung des Briefmaterials wird das chronologische Prinzip eingehalten, und wo in der Einordnung einzelner Briefe Verschiebungen gegenüber den früheren Ausgaben festzustellen sind, so beruhen sie auf neueren Forschungsergebnissen hinsichtlich der Datierung, über die jeweils Rechenschaft gegeben wird. Vollständig neu gegenüber den bisher vorliegenden Ausgaben in deutscher Sprache ist die Aufnahme aller bisher bekannten von Marx und Engels geschriebenen Briefe an dritte Personen, von denen eine größere Anzahl erstmals in Deutschland veröffentlicht werden. In den Beilagen zu den Briefbänden werden zusätzliche Briefe veröffentlicht, die im Auftrag von Marx und Engels von dritten Personen geschrieben wurden. Ergänzt werden sie durch Briefe von Jenny Marx und den Töchtern von Marx.
Alle Briefbände erhalten einen umfangreichen Anhang, dessen wichtigsten Teil die Anmerkungen mit textkritischen Erläuterungen sowie historischen und biographischen Hinweisen bilden, ohne die das Eindringen in den ganzen Reichtum des Briefmaterials kaum denkbar ist. Außerdem werden alle von Marx und Engels in ihren Briefen erwähnten eigenen Werke und Artikel in einem besonderen Verzeichnis alphabetisch aufgeführt. Dieses Verzeichnis gibt Auskunft über den Titel der Arbeiten einschließlich des Originaltitels bei fremdsprachigen Schriften, über Ort und Jahr der Erstveröffentlichung sowie darüber, in welchem Band der vorliegenden Ausgabe der Werke von Marx und Engels diese Arbeiten enthalten sind. Ein weiteres Literaturregister weist die von Marx und Engels in ihren Briefen zitierten oder erwähnten Bücher, Zeitschriften und Zeitungen nach. Von den im zweiten Teil und in den Beilagen des vorliegenden Bandes 27 veröffentlichten 119 Briefen erscheint etwa die Hälfte zum ersten Mal im Heimatland von Marx und Engels. In dem vorliegenden Band konnte der Brief von Marx an Joseph Weydemeyer vom Februar 1850 nicht aufgenommen werden, da das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU zur Zeit nicht über das Original verfügt und keine Abschrift oder kein Abdruck in der Originalsprache vorhanden ist. (In der russischen Ausgabe wird der Text nach dem Band XXV der ersten russischen Ausgabe der Werke von Marx und Engels wiedergegeben.) Der Text des vorliegenden Bandes wurde nach Photokopien der Originale überprüft. In den Ausnahmefällen, wo andere Unterlagen zugrunde liegen, ist dies im Fuß der entsprechenden Briefe besonders vermerkt. Die von Marx und Engels angeführten Zitate wurden ebenfalls nach den Originalen überprüft. Fremdsprachige Zitate und im Text vorkommende fremdsprachige Wörter sind in Fußnoten übersetzt. Die Wiedergabe der Brieftexte erfolgt weitgehend originalgetreu unter besonderer Berücksichtigung ihres Charakters und ihrer Eigenheiten. Das gilt z. B. für die von Marx und Engels in ihren Briefen verwandten Ziffern statt Zahlwörtern und für die von ihnen benutzten Zeichen (z.B. + für mehr oder weniger), wobei diese in Fußnoten erklärt werden. Jedoch gilt dies nicht für die insbesondere von Engels benutzten Sigel (Kürzel). Aus dem erwähnten Grunde erscheinen auch, im Gegensatz zu früheren Ausgaben, die Daten und Adressen an den gleichen Stellen wie im Original. Rechtschreibung und Zeichensetzung sind, soweit vertretbar, modernisiert. Der Lautstand und die Silbenzahl der Wörter in den deutsch
sprachigen Texten wurden jedoch nicht verändert. Allgemein übliche Abkürzungen werden beibehalten. Alle anderen im Original abgekürzten Worte werden ausgeschrieben, wobei immer dann, wenn das abgekürzte Wort nicht völlig eindeutig ist, die vorgenommene Ergänzung durch eckige Klammern kenntlich gemacht wird. Alle in eckigen Klammern stehenden Wörter und Wortteile stammen von der Redaktion. Offensichtliche Druck- und Schreibfehler wurden stillschweigend korrigiert; in Zweifelsfällen wird in Fußnoten die Schreibweise des Originals angeführt. Die vollständig in fremden Sprachen geschriebenen Briefe wurden ins Deutsche übersetzt bzw. bereits vorhandene Übersetzungen gründlich überprüft. Dabei blieben jedoch alle eingestreuten Wörter aus anderen Sprachen original und werden in Fußnoten erklärt. Zusätze von dritten Personen zu Briefen von Marx und Engels werden zur leichteren Übersicht in kleinerem Druck gebracht. Pseudonyme sowie Bei- und Spitznamen sind im allgemeinen durch Verweisungen im Personenverzeichnis, sonst durch Fußnoten geklärt. Zur Erläuterung ist der Band mit Anmerkungen versehen, auf die im Text durch hochgestellte Zahlen in eckigen Klammern hingewiesen wird; außerdem sind ein Literaturverzeichnis, ein Zeitschriften- und Zeitungenverzeichnis, ein Personenverzeichnis, ein Verzeichnis der literarischen und mythologischen Namen sowie eine Erklärung der Fremdwörter beigefügt. Fernerhin ist eine Liste der Briefe beigefügt, deren Daten von früheren Veröffentlichungen in deutscher Sprache abweichen.
Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED

KARL MARX und
FRIEDRICH ENGELS
Briefe Februar 1842 - Dezember 1851
3 Marx/Engels, Werke, Bd. 27

Erster Teil Briefwechsel zwischen Marx und Engels
Oktober 1844 - Dezember 1851

1844
l
Engels an Marx in Paris[1]
[Barmen, Anfang Oktober 1844]
Lieber Marx, Du wirst Dich wundern, daß ich nicht früher schon Nachricht von mir gab, und Du hast ein Recht dazu; indes kann ich Dir auch jetzt noch nichts wegen meiner Rückkehr dorthin sagen. Ich sitze jetzt hier seit drei Wochen in Barmen und amüsiere miqh so gut es geht mit wenig Freunden und viel Familie, unter der sich glücklicherweise ein halb Dutzend liebenswürdiger Weiber befinden. An Arbeiten ist hier nicht zu denken, um so weniger, als meine Schwester1 sich mit dem Londoner Kommunisten Emil Blank, den Ewerb[eck] kennt, verlobt hat und jetzt natürlich ein verfluchtes Rennen und Laufen im Hause ist. Übrigens sehe ich wohl, daß meiner Rückkehr nach Paris noch bedeutende Schwierigkeiten werden in den Weg gelegt werden, und daß ich wohl werde auf ein halbes oder ganzes Jahr mich in Deutschland herumtreiben müssen; ich werde natürlich alles aufbieten, um dies zu vermeiden, aber Du glaubst nicht, was für kleinliche Rücksichten und abergläubische Befürchtungen mir entgegengestellt werden. Ich war in Köln drei Tage und erstaunte über die ungeheure Propaganda, die wir dort gemacht haben. Die Leute sind sehr tätig, aber der Mangel an einem gehörigen Rückhalt ist doch sehr fühlbar. Solange nicht die Prinzipien logisch und historisch aus der bisherigen Anschauungsweise und der bisherigen Geschichte und als die notwendige Fortsetzung derselben in ein paar Schriften entwickelt sind, solange ist es doch alles noch halbes Dösen und bei den meisten blindes Umhertappen. Später war ich in Düsseldorf, wo wir auch einige tüchtige Kerls haben. Am besten gefallen mir übrigens noch meine Elberfelder, bei denen die menschliche Anschauungs
1 Marie Engels
weise wirklich in Fleisch und Blut übergegangen ist; diese Kerls haben wirklich angefangen, ihre Familienwirtschaft zu revolutionieren und lesen ihren Alten jedesmal den Text, wenn sie sich unterfangen, die Dienstboten oder Arbeiter aristokratisch zu behandeln - und so was ist schon viel in dem patriarchalischen Elberfeld. Außer dieser einen Clique existiert aber auch noch eine zweite in Elberfeld, die auch sehr gut, aber etwas konfuser ist. In Barmen ist der Polizeikommissär Kommunist. Vorgestern war ein alter Schulkamerad und Gymnasiallehrer2 bei mir, der auch stark angesteckt ist, ohne daß er irgendwie mit Kommunisten in Berührung gekommen wäre. Könnten wir unmittelbar aufs Volk wirken, so wären wir bald obendrauf, aber das ist so gut wie unmöglich, besonders da wir Schreibenden uns still halten müssen, um nicht gefaßt zu werden. Im übrigen ist es hier sehr sicher, mein kümmert sich wenig um uns, solange wir still sind, und ich glaube, H[eß] mit seinen Befürchtungen sieht etwas Gespenster. Ich bin hier noch nicht im allergeringsten molestiert worden, und bloß der Oberprokurator hat sich einmal bei einem unsrer Leute angelegentlich nach mir erkundigt, das ist alles, was mir bis jetzt zu Ohren gekommen ist. Hier hat in der Zeitung gestanden, der Bernays sei dort von der hiesigen Regierung belangt worden und vor Gericht gewesen.[2] Schreib mir doch, ob das wahr ist, und auch was die Broschüre3 macht, sie wird jetzt doch wohl fertig sein. Von den Bauers hört man hier nichts, kein Mensch weiß was von ihnen. Dagegen um die „Jahrbücher"[3) reißt mein sich noch bis auf die heutige Stunde. Mein Artikel über Carlyle 4 hat mir bei der „Masse" ein enormes Renommee verschafft, lächerlicherweise, während den über Ökonomie5 nur sehr wenige gelesen haben. Das ist natürlich. Auch in Elberfeld haben die Herren Pastoren, wenigstens der Krummacher, gegen uns gepredigt; vorläufig bloß gegen den Atheismus der jungen Leute, indes hoffe ich, daß bald auch eine Philippika gegen den Kommunismus folgen werde. Vorigen Sommer sprach ganz Elberfeld bloß von diesen gottlosen Kerls. Überhaupt ist hier eine merkwürdige Bewegung. Seit ich fort warI4J, hat das Wuppertal einen größeren Fortschritt in jeder Beziehung gemacht als in den letzten fünfzig Jahren. Der soziale Ton ist zivilisierter geworden, die Teilnahme an der Politik, die Oppositionsmacherei ist allgemein, die Industrie hat rasende Fortschritte gemacht, neue Stadtviertel sind gebaut, ganze Wälder ausgerottet worden, und das ganze Ding steht jetzt doch eher über als unter dem Niveau der deutschen
2 Gustav Wurm - 3 „Die heilige Familie" - 4 „Die Lage Englands. ,Past and Present' by Thomas Carlyle" - 5 „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie"
Zivilisation, während es noch vor vier Jahren tief darunter stand - kurz, hier bereitet sich ein prächtiger Boden für unser Prinzip vor, und wenn wir erst unsre wilden, heißblütigen Färber und Bleicher in Bewegung setzen können, so sollst Du Dich über das Wuppertal noch wundern. Die Arbeiter sind so schon seit ein paar Jahren auf der letzten Stufe der alten Zivilisation angekommen, sie protestieren durch eine reißende Zunahme von Verbrechen, Räubereien und Morden gegen die alte soziale Organisation. Die Straßen sind bei Abend sehr unsicher, die Bourgeoisie wird geprügelt und mit Messern gestochen und beraubt; und wenn die hiesigen Proletarier sich nach denselben Gesetzen entwickeln wie die englischen, so werden sie bald einsehen, daß diese Manier, als Individuen und gewaltsam gegen die soziale Ordnung zu protestieren, nutzlos ist, und als Menschen in ihrer allgemeinen Kapazität durch den Kommunismus protestieren. Wenn mein den Kerls nur den Weg zeigen könnte! Aber das ist unmöglich. Mein Bruder6 ist jetzt Soldat in Köln und wird, solange er unverdächtig bleibt, eine gute Adresse sein, um Briefe für H[eß] etc. einzuschicken. Einstweilen weiß ich indes seine Adresse selbst noch nicht genau und kann sie Dir also auch nicht angeben. Seit ich das Vorhergehende schrieb, war ich in Elberfeld und bin wieder auf ein peiar mir früher total unbekannte Kommunisten gestoßen. Man mag sich hindrehen und hinwenden, wohin man will, man stolpert über Kommunisten. Ein sehr wütender Kommunist, Karikaturen- und angehender Geschichtsmaler, namens Seel, geht in zwei Monaten nach Paris, ich werde ihn an Euch adressieren, der Kerl wird Euch durch sein enthusiastisches Wesen, seine Malerei und Musikliebhaberei gefallen und ist sehr gut zu gebrauchen als Keirikaturenmacher. Vielleicht bin ich dann selbst schon da, das ist aber noch sehr zweifelhaft. Das „Vorwärts"151 kommt in ein paar Exemplaren her, ich habe dafür gesorgt, daß andre bestellen werden; laß die Expedition Probe-Exemplare schicken: nach Elberfeld an: Richard Roth, Wil[helm] Blank-Hauptmann junior, F.W.Strücker, bayerisch Bierwirt Meyer in der Funkenstraße (kommunistische Kneipe), und zweir alle durch den kommunistischen Buchhändler Baedeker daselbst und kuvertiert. Wenn die Kerls erst sehen, daß Exemplare herüberkommen, so werden sie auch bestellen. Nach Düsseldorf an W.Müller, Dr. med.; nach Köln meinetwegen an Dr. med. d'Ester, Bierwirt Löllchen, an Deinen Schwager 7 etc. Alles natürlich per Buchhandel und kuvertiert.
6 Hermann Engels - 7 Edgar von Westphalen
Nun sorge dafür, daß die Materialien, die Du gesammelt hast, bald in die Welt hinausgeschleudert werden.161 Es ist verflucht hohe Zeit. Ich werde mich auch tüchtig an die Arbeit setzen und gleich heute wieder anfangen. Die Germanen sind alle noch sehr im unklaren wegen der praktischen Ausführbarkeit des Kommunismus; um diese Lumperei zu beseitigen, werd' ich eine kleine Broschüre schreiben[7), daß die Sache schon ausgeführt ist, und die in England und Amerika bestehende Praxis des Kommunismus populär schildern. Das Dings kostet mich drei Tage oder so und muß die Kerls sehr aufklären. Das hab* ich schon in meinen Gesprächen mit den Hiesigen gesehen. Also tüchtig gearbeitet und rasch gedruckt! Grüße Ewerbeck, Bakunin, Guerrier und die andern, Deine Frau nicht zu vergessen, und schreibe mir recht bald über alles. Schreibe, falls dieser Brief richtig und uneröffnet ankommt, unter Kuvert an „F. W.Strücker und Comp., Elberfeld", mit möglichst kaufmännischer Handschrift auf der Adresse, sonst an irgendeine andre Adresse von denen, die ich Ewerb[eck] gab. Ich bin begierig, ob die Posthunde sich durch das damenhafte Aussehen dieses Briefes täuschen lassen werden. Nun lebe wohl, lieber Karl, und schreibe recht bald. Ich bin seitdem doch nicht wieder so heiter und menschlich gestimmt gewesen, als ich die zehn Tage war, die ich bei Dir zubrachte. Wegen des zu etablierenden Etablissements hatte ich noch keine rechte Gelegenheit, Schritte zu tun.
2
Engels an Marx in Paris
No.2
Lieber M., Ich habe vor etwa 14 Tagen ein paar Zeilen von Dir und B[ernay]s erhalten, datiert 8. Oktober und mit Poststempel Brüssel, 27. Oktober. Ungefähr um dieselbe Zeit, als Du das Billett schriebst, schickte ich einen Brief für Dich, adressiert an Deine Frau, ab und hoffe, daß Du ihn erhalten hast. Um in Zukunft sicher zu sein, daß mit unsren Briefen kein Unterschleif getrieben wird, wollen wir sie numerieren; mein jetziger ist also No.2, und wenn Du schreibst, so zeig eben an, bis zu welcher Nummer Du erhalten hast, und ob einer in der Reihenfolge fehlt. Ich war vor ein paar Tagen in Köln und Bonn. In Köln geht alles gut. Grün wird Dir von der Tätigkeit der Leute erzählt haben. Heß gedenkt in 14 Tagen bis 3 Wochen auch dort hinzukommen, wenn er die gehörigen Gelder dazu bekommt. Den Bürgers habt Ihr ja jetzt auch da, und damit ein gehöriges Konzilium. Um so weniger werdet Ihr mich nötig haben, und um so nötiger bin ich hier. Daß ich jetzt noch nicht kommen kann, ist klar, weil ich mich sonst mit meiner ganzen Familie überwerfen müßte. Zudem hab' ich eine Liebesgeschichte, die ich auch erst ins reine bringen muß. Und einer von uns muß jetzt doch hier sein, weil die Leute alle nötig haben, gestachelt zu werden, um in der gehörigen Tätigkeit zu bleiben und nicht auf allerhand Flausen und Abwege zu geraten. So ist z.B. Jung und eine Menge andrer nicht zu überreden, daß zwischen uns und Rüge ein prinzipieller Unterschied obwaltet, und noch immer der Meinung, es sei lediglich persönlicher Skandal.'81 Wenn man ihnen sagt, R[uge] sei kein Kommunist, so glauben sie das nicht recht und meinen, es sei immer schade, daß eine solche „literarische Autorität" wie R[uge] unbedachtsam weggeworfen sei! Was soll man da sagen? Mein muß warten, bis R[uge] sich einmal wieder mit einer kolossalen Dummheit losläßt, damit es den Leuten ad oculos1 demonstriert werden kann. Ich weiß nicht,
1 augenfällig
es ist mit dem J[ung] doch nichts Rechtes, der Kerl hat nicht Entschiedenheit genug. Wir haben jetzt überall öffentliche Versammlungen, um Vereine zur Hebung der Arbeiter zu stiften'91; das bringt famos Bewegung unter die Germanen und lenkt die Aufmerksamkeit des Philisteriums auf soziale Fragen. Man beruft diese Versammlungen ohne weiteres, ohne die Polizei zu befragen. In Köln haben wir die Hälfte des Komitees zur Statutenentwerfung mit Unsrigen besetzt, in Elberfeld war wenigstens einer drin, und mit Hülfe der Rationalisten brachten wir in zwei Versammlungen den Frommen eine famose Schlappe bei; mit ungeheurer Majorität wurde alles Christliche aus den Statuten verbannt.'101 Ich hatte meinen Spaß dran, wie gründlich lächerlich sich diese Rationalisten mit ihrem theoretischen Christentum und praktischen Atheismus machten. Im Prinzip gaben sie der christlichen Opposition vollkommen recht, in der Praxis aber sollte das Christentum, das nach ihrer eignen Aussage doch die Basis des Vereins bilde, auch mit keinem Wort in den Statuten erwähnt werden; die Statuten sollten alles enthalten, nur nicht das Lebensprinzip des Vereins! Die Kerls hielten sich aber so steif auf dieser lächerlichen Position, daß ich gar nicht nötig hatte, ein Wort zu sagen, und wir doch solche Statuten bekamen, wie sie bei den bestehenden Verhältnissen nur zu wünschen sind. Nächsten Sonntag ist wieder Versammlung, ich kann aber nicht beiwohnen, weil ich morgen nach Westfalen gehe. Ich sitze bis über die Ohren in englischen Zeitungen und Büchern vergraben, aus denen ich mein Buch über die Lage der englischen Proletarier2 zusammenstelle. Bis Mitte oder Ende Januar denk' ich fertig zu sein, da ich durch die schwierigste Arbeit, die Anordnung des Materials, seit 8-14 Tagen durch bin. Ich werde den Engländern ein schönes Sündenregister zusammenstellen; ich klage die englische Bourgeoisie vor aller Welt des Mordes, Raubes und aller übrigen Verbrechen in Masse an und schreibe eine englische Vorrede dazu, die ich apart abziehen lassen und an die englischen Parteichefs, Literaten und Parlamentsmitglieder einschicken werde®. Die Kerls sollen an mich denken. Übrigens versteht es sich, daß ich den Sack schlage und den Esel meine, nämlich die deutsche Bourgeoisie, der ich deutlich genug sage, sie sei ebenso schlimm wie die englische, nur nicht so couragiert, so konsequent und so geschickt in der Schinderei. Sobald ich damit fertig bin, geht's an die soziale Entwicklungsgeschichte der Engländer'111, die mir noch weniger Mühe kosten wird, weil ich das Material
2 „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" - 3 „An die arbeitenden Klassen Großbritanniens"
dazu fertig und im Kopfe geordnet habe und weil mir die Sache ganz Idar ist. In der Zwischenzeit schreib* ich wohl einige Broschüren, namentlich gegen Lis/[12], sobald ich Zeit habe. Du wirst von dem Stirnerschen Buch „Der Einzige und sein Eigenthum" [13) gehört haben, wenn es noch nicht da ist. Wigand schickte mir die Aushängebogen, die ich mit nach Köln nahm und bei Heß ließ. Das Prinzip des edlen Stirner - Du kennst den Berliner Schmidt, der in der Buhischen Sammlung über die mysteres1-141 schrieb - ist der Egoismus Benthams, nur nach der einen Seite hin konsequenter, nach der andern weniger konsequent durchgeführt. Konsequenter, weil St[irner] den Einzelnen als Atheist auch über Gott stellt oder vielmehr als Allerletztes hinstellt, während Bentham den Gott noch in nebliger Ferne drüber bestehen läßt, kurz, weil St[irner] auf den Schultern des deutschen Idealismus steht, in Materialismus und Empirismus umgeschlagner Idealist, wo Bentham einfacher Empiriker ist. Weniger konsequent ist St[irner], weil er die Rekonstruierung der in Atome aufgelösten Gesellschaft, die B[entham] bewerkstelligt, vermeiden möchte, aber es doch nicht kann. Dieser Egoismus ist nur das zum Bewußtsein gebrachte Wesen der jetzigen Gesellschaft und des jetzigen Menschen, das letzte, weis die jetzige Gesellschaft gegen uns sagen kann, die Spitze aller Theorie innerhalb der bestehenden Dummheit. Darum ist das Ding aber wichtig, wichtiger als Heß z.B. es dafür ansieht. Wir müssen es nicht beiseit werfen, sondern eben als vollkommenen Ausdruck der bestehenden Tollheit ausbeuten und, indem wir es umkehren, darauf fortbauen. Dieser Egoismus ist so auf die Spitze getrieben, so toll und zugleich so selbstbewußt, daß er in seiner Einseitigkeit sich nicht einen Augenblick halten kann, sondern gleich in Kommunismus umschlagen muß. Erstens ist es Kleinigkeit, dem St[irner] zu beweisen, daß seine egoistischen Menschen notwendig aus lauter Egoismus Kommunisten werden müssen. Das muß dem Kerl erwidert werden. Zweitens muß ihm gesagt werden, daß das menschliche Herz schon von vornherein, unmittelbar, in seinem Egoismus uneigennützig und aufopfernd ist, und er also doch wieder auf das hinauskommt, wogegen er ankämpft. Mit diesen paar Trivialitäten kann man die Einseitigkeit zurückweisen. Aber weis an dem Prinzip wahr ist, müssen wir auch aufnehmen. Und wahr ist daran allerdings das, daß wir erst eine Sache zu unsrer eignen, egoistischen Sache machen müssen, ehe wir etwas dafür tun können - daß wir also in diesem Sinne, auch abgesehen von etwaigen materiellen Hoffnungen, auch aus Egoismus Kommunisten sind, aus Egoismus Menschen sein wollen, nicht bloße Individuen. Oder um mich anders auszudrücken: St[irner] hat recht, wenn er „den Menschen"
Feuerbachs, wenigstens des „Wesens des Christentums" verwirft; der F[euerbach]sche „Mensch" ist von Gott abgeleitet, Fauerbach] ist von Gott auf den „Menschen" gekommen, und so ist „der Mensch" allerdings noch mit einem theologischen Heiligenschein der Abstraktion bekränzt. Der wahre Weg, zum „Menschen" zu kommen, ist der umgekehrte. Wir müssen vom Ich, vom empirischen, leibhaftigen Individuum ausgehen, um nicht, wie Stirn[er], drin steckenzubleiben, sondern uns von da aus zu „dem Menschen" zu erheben. „Der Mensch" ist immer eine Spukgestalt, solange er nicht an dem empirischen Menschen seine Basis hat. Kurz, wir müssen vom Empirismus und Materialismus ausgehen, wenn unsre Gedanken und namentlich unser „Mensch" etwas Wahres sein sollen; wir müssen das Allgemeine vom Einzelnen ableiten, nicht aus sich selbst oder aus der Luft ä la Hegel. Das sind alles Trivialitäten, die sich von selbst verstehen und die von Feuerbach schon einzeln gesagt sind und die ich nicht wiederholen würde, wenn Heß nicht - wie mir scheint, aus alter idealistischer Anhänglichkeit - den Empirismus, namentlich Feuerb[ach] und jetzt Stirner, so scheußlich heruntermachte. Heß hat in vielem, was er über Feuerb[ach] sagt, recht, aber auf der andern Seite scheint er noch einige idealistische Flausen zu haben - wenn er auf theoretische Dinge zu sprechen kommt, geht es immer in Kategorien voran, und daher kann er auch nicht populär schreiben, weil er viel zu abstrakt ist. Daher haßt er auch allen und jeden Egoismus, und predigt Menschenliebe usw., was wieder auf die christliche Aufopferung herauskommt. Wenn aber das leibhaftige Individuum die wahre Basis, der wahre Ausgangspunkt ist für unsren „Menschen", so ist auch selbstredend der Egoismus - natürlich nicht der Stirnersche Verstandesegoismus allein, sondern auch der Egoismus des Herzens - Ausgangspunkt für unsre Menschenliebe, sonst schwebt sie in der Luft. Da Heß jetzt bald herüberkommt, so wirst Du selbst mit ihm darüber sprechen können. Übrigens langweilt mich all dies theoretische Geträtsch alle Tage mehr, und jedes Wort, das man noch über „den Menschen" verlieren, jede Zeile, die man gegen die Theologie und Abstraktion wie gegen den krassen Materialismus schreiben oder lesen muß, ärgert mich. Es ist doch etwas ganz anderes, wenn man sich statt all dieser Luftgebilde - denn selbst der noch nicht realisierte Mensch bleibt bis zu seiner Realisierung ein solches - mit wirklichen, lebendigen Dingen, mit historischen Entwicklungen und Resultaten beschäftigt. Das ist wenigstens das Beste, solange wir noch allein auf den Gebrauch der Schreibfeder angewiesen sind und unsre Gedanken nicht unmittelbar mit den Händen oder, wenn es sein muß, mit den Fäusten realisieren können.
Das Stirnersche Buch zeigt aber wieder, wie tief die Abstraktion in dem Berliner Wesen steckt. St[irner] hat offenbar von den „Freien"1151 am meisten Talent, Selbständigkeit und Fleiß, aber bei alledem purzelt er aus der idealistischen in die materialistische Abstraktion und kommt zu nichts. Wir hören von Fortschritten des Sozialismus. In allenTeilen Deutschlands, aber von Berlin keine Spur. Diese superklugen Berliner werden sich noch eine Democratie pacifique[16) auf der Hasenheide etablieren, wenn ganz Deutschland das Eigentum abschafft - weiter bringen die Kerle es gewiß nicht. Gib acht, nächstens steht in der Uckermark ein neuer Messias auf, der Fourier nach Hegel zurechtschustert, das Phalanster aus den ewigen Kategorien konstruiert und es als ein ewiges Gesetz der zu sich kommenden Idee hinstellt, daß Kapital, Talent und Arbeit zu bestimmten Teilen am Ertrage partizipieren. Das wird das Neue Testament der Hegelei werden, der alte Hegel wird Altes Testament, der „Staat", das Gesetz, wird ein „Zuchtmeister auf Christum", und das Phalanster, in dem die Abtritte nach logischer Notwendigkeit placiert werden, das wird der „neue Himmel" und die „neue Erde", das neue Jerusalem, das herabfährt vom Himmel, geschmückt wie eine Braut, wie das alles des breiteren in der neuen Apokalypse zu lesen sein wird. Und wenn das alles vollendet sein wird, dann kommt die Kritische Kritik, erklärt, daß sie alles in allem ist, daß sie Kapital, Talent und Arbeit in ihrem Kopfe vereinigt, daß alles, was produziert sei, durch sie sei und nicht durch die ohnmächtige Masse - und nimmt alles für sich in Beschlag. Das wird das Ende der Berliner Hegeischen [friedlichen4 Demokratie sein. Wenn die „Kritische Kritik"5 fertig ist, so schick mir ein paar Exemplare kuvertiert und versiegelt auf dem Wege des Buchhandels zu - sie mö[chten]4 konfisziert werden. Für den Fall, daß Du meinen letzten Brief [nicht er]halten4 haben solltest, setz' ich nochmals her, daß Du mir entweder [...]4 F.E. junior Barmen, oder per Kuvert an F.W.Strücker und Co., Elberfeld, schreiben kannst. Dieser Brief geht Dir auf einem Umwege zu. Nun schreib aber bald - es sind über zwei Monate, daß ich nichts von Dir höre - weis macht das „Vorwärts"? Grüß die Leute alle.
Dein
B[armen], den 19. November 1844
4 Papier beschädigt - s „Die heilige Familie"
1845
3
Engels an Marx in Paris
[Poststempel: Barmen, 20. Januar 1845]
Lieber Marx, Wenn ich Dir nicht früher geantwortet habe, so liegt das hauptsächlich daran, daß ich auf das von Dir versprochene „Vorwärts" wartete. Da das Ding indes bis jetzt noch nicht hier ist, so hab' ich das Warten aufgegeben und ebenso das Warten auf die „Kritische Kritik"1, von der ich weiter gar nichts höre. Was den Stirner betrifft, so bin ich durchaus mit Dir einverstanden. Als ich Dir schrieb, war ich noch zu sehr unter dem unmittelbaren Eindruck des Buchs befangen, seitdem ich es hab* liegenlassen und mehr durchdenken können, find' ich dasselbe, was Du findest. Heß, der noch immer hier ist und den ich vor 14 Tagen in Bonn sprach, ist nach einigen Meinungsschwankungen ebendahin gekommen wie Du; er las mir einen Artikel über das Buch vor, den er bald drucken lassen wird, worin er, ohne Deinen Brief gelesen zu haben, dasselbe sagt.I17) Ich hab* ihm Deinen Brief dagelassen, weil er noch einiges benutzen wollte, und muß ihn daher aus dem Gedächtnis beantworten. Was mein Herüberkommen betrifft, so ist daran kein Zweifel, daß ich in etwa zwei Jahren dort sein werde, auch bin ich darüber im reinen, daß ich um jeden Preis nächsten Herbst auf 4-6 Wochen herüberkomme. Wenn die Polizei mir mein Wesen hier legt, so komme ich ohnehin, und wie die Sachen hier stehen, kann es dem Gesindel alle Tage einfallen, unsereins zu molestieren. Wir werden an Püttmanns „Bürgerbuch" 1181 sehen, wie weit man etwa gehen darf, ohne gefaßt oder geschaßt zu werden. - Meine Liebesgeschichte hat ein Ende mit Schrecken genommen. Erlaß mir die langweilige Auseinandersetzung, es kann doch nichts
1 «Die heilige Familie"
mehr helfen,und ich hab' so schon genug mit der Sache durchgemacht. Ich bin froh, daß ich wenigstens wieder arbeiten kann, und wenn ich Dir den ganzen Bettel erzählte, war' ich für den Abend verdorben. Das Neuste ist, daß Heß und ich vom 1 .April an bei Thieme & Butz in Hagen eine Monatsschrift: „Gesellschaftsspiegel"119'herausgeben und darin die soziale Misere und das Bourgeoisie-Regime schildern werden. Prospektes etc. nächstens. Einstweilen wird es gut sein, wenn sich der poetische „Ein Handwerker"1201 die Mühe geben will, uns aus der dortigen Misere Material zuzuschicken. Besonders einzelne Fälle, das klappt für den auf den Kommunismus vorzubereitenden Philister. Das Ding kann mit wenig Mühe redigiert werden, für Material, um monatlich 4 Bogen zu füllen, werden sich Mitarbeiter genug finden - wir haben wenig Arbeit dabei und können viel wirken. Außerdem wird Püttmann bei Leske eine Vierteljahrsschrift: „Rheinische Jahrbücher"1211 überzensurgroß erscheinen lassen, worin lauter Kommunismus erscheinen soll. Du kannst Dich wohl auch dabei beteiligen. Es schadet ohnehin nichts, wenn wir einen Teil unsrer Arbeiten zweimal erst in einer Zeitschrift und dann apart und im Zusammenhange - drucken lassen; die verbotenen Bücher zirkulieren doch weniger frei, und wir haben so doppelte Chance, zu wirken. Du siehst, wir haben hier in Deutschland genug zu tun, um alle diese Geschichten mit Stoff zu versehen und dabei doch größere Sachen auszuarbeiten - aber wir müssen doch klotzen, wenn wir was zustande bringen wollen, und da ist's gut, wenn's einem etwas auf den Fingern brennt. Mein Buch über die englischen Arbeiter2 wird in 14 Tagen ä 3 Wochen fertig, dann nehm'ich mir 4 Wochen Zeit für kleinere Sachen, und dann geh* ich an die historische Entwicklung Englands und des englischen Sozialismus'111. Was mir einen aparten Spaß macht, ist diese Einbürgerung der kommunistischen Literatur in Deutschland, die jetzt ein fait accompli3 ist. Vor einem Jahr fing sie an, sich außer Deutschland in Paris einzubürgern, eigentlich erst zu entstehen, und jetzt sitzt sie dem deutschen Michel schon auf dem Nacken. Zeitungen, Wochenblätter, Monats- und Vierteljahrsschriften und eine heranrückende Reserve von schwerem Geschütz ist alles in bester Ordnung. Es ist doch verflucht rasch gegangen! Die Propaganda unterderhand war auch nicht ohne Früchte - jedesmal wenn ich nach Köln, jedesmal wenn ich hier in eine Kneipe komme, neue Fortschritte, neue Proselyten. Die Kölner Versammlung4 hat Wunder getan - mein entdeckt
2 „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" -3 eine vollendete Tatsache-* siehe vorl. Band, S. 10
allmählich einzelne kommunistische Cliquen, die sich ganz im stillen und ohne unser direktes Zutun entwickelt haben. - Auch das „Gemeinnützige Wochenblatt", das früher mit der „Rheinischen Zeitung"[22) zusammen ausgegeben, ist jetzt in unsern Händen. D'Ester hat es übernommen und wird sehen, was zu machen ist. Was uns jetzt aber vor allem not tut, sind ein paar größere Werke, um den vielen Halbwissenden, die gern wollen, aber nicht allein fertig werden können, einen gehörigen Anhaltspunkt zu geben. Mach, daß Du mit Deinem nationalökonomischen Buch'61 fertig wirst, wenn Du selbst auch mit vielem unzufrieden bleiben solltest, es ist einerlei, die Gemüter sind reif, und wir müssen das Eisen schmieden, weil es warm ist. Meine englischen Sachen werden zwar auch ihre Wirkung nicht verfehlen, die Tatsachen sind zu schlagend, aber trotzdem wollt' ich, daß ich die Hände freier hätte, um manches auszuführen, was für den jetzigen Augenblick und die deutsche Bourgeoisie schlagender und wirksamer wäre. Wir theoretischen Deutschen - [es]5 ist lächerlich, aber ein Zeichen der Zeit und der Auflösung des deutschen Nationaldrecks - können [noch]5 gar nicht zur Entwicklung unsrer Theorie kommen, wir haben noch nicht einmal die Kritik des Unsinns publizieren können. Jetzt ist aber hohe Zeit. Darum mach, daß Du vor April fertig wirst, mach's wie ich, setz Dir eine Zeit, bis wohin Du positiv fertig sein willst, und sorge für einen baldigen Druck. Kannst Du es da nicht drucken lassen, so laß in Mannheim, Darmstadt oder so drucken. Aber heraus muß es bald. Daß Du die „Kritische Kritik" bis auf 20 Bogen ausgedehnt, ist mir allerdings verwunderlich genug gewesen. Es ist aber ganz gut, es kommt so vieles schon jetzt an den Mann, was sonst wer weiß wie lang noch in Deinem Sekretär gelegen hätte. Wenn Du aber meinen Namen auf dem Titel hast stehenlassen, so wird das sich kurios ausnehmen, wo ich kaum IV2 Bogen geschrieben habe. Wie gesagt, hab' ich von dem Löwenberg6 noch nichts gehört, auch nichts vom Erscheinen des Buchs, auf das ich natürlich sehr begierig bin. - Gestern bekam ich das „Vorwärts", von dem ich seit meiner Abreise nichts gesehen. Einige Witze von Bernays haben mich köstlich amüsiert, der Kerl kann einem so ein recht gründliches Lachen abgewinnen, was mir sonst beim Lesen selten passiert. Sonst ist es freilich schlecht und nicht interesseint und belehrend genug, als daß viele Deutsche es sich auf die Dauer halten sollten. Wie steht es jetzt äußerlich, und ist es wahr, was ich in Köln höre, daß es in eine Monatsschrift verwandelt werden soll? Wir sind hier so fürchterlich mit Arbeit überladen,
3 Papier beschädigt -6 gemeint ist Löwenthal
Karl Marx als Student (Bonn 1836)

daß von hier aus nur gelegentlich Beiträge kommen können. Ihr müßt Euch dort auch angreifen. Schreib doch alle 4-6 Wochen einen Artikel dafür, laß Dich nicht von Deiner Stimmung „maßregeln". Warum schreibt Bakunin nichts, und warum ist der Ewerbeck nicht dazu zu kriegen, daß er wenigstens trivial schreibt? Der arme Bernays wird jetzt wohl im Brummstall sitzen, grüß ihn von mir und laß ihn sich den Dreck nicht zu sehr zu Herzen nehmen, zwei Monat gehen auch herum, obwohl es scheußlich genug ist. Was machen überhaupt die Bengels? Du schreibst gar nichts darüber. Ist Guerrier wieder dort, schreibt Bakunin französisch? Was treibt die ganze Bande, die im August jeden Abend den Quai Voltaire frequentierte? Und was fängst Du eigentlich an? Wie geht's mit Deiner Stellung dort? Wohnt Fouine7 noch unter Deinen Füßen? Fouine hat sich ja neulich wieder im „Telegraphen"t23] losgelassen. Wie sich von selbst versteht, über den Patriotismus. Es ist groß, wie er den zu Tode reitet, wie ihm alles Wurst ist, wenn es ihm nur gelingt, den Patriotismus zu vernichten. Wahrscheinlich war das des Pudels Kern, den er Fröbeln nicht geben wollte. Die deutschen Zeitungen ließen neulich Fouine nach Deutschland zurückkehren wollen. Wenn's wahr ist, so gratuliere ich, aber es kann nicht wahr sein, er müßte sich ja zum zweitenmal zur Anschaffung eines Omnibus mit Abtritt verstehen, und das geht doch nicht. Ich sprach neulich einen, der von Berlin kam. Die Auflösung des caput mortuum8 der „Freien"[15J scheint vollständig zu sein. Außer den Bauers scheint auch Stirner keinen Umgang mehr mit ihnen zu haben. Der kleine Rest, Meyen, Rutenberg und Konsorten, lassen sich durch nichts stören, gehen wie vor sechs Jahren täglich 2 Uhr nachmittags zu Stehely und klugscheißen über die Zeitungen. Jetzt sind sie aber doch schon bei der „Organisation der Arbeit" angelangt, und dabei wird's bleiben. Auch Herr Nauwerck scheint diesen Schritt gewagt zu haben, denn er eifert ja in Volksversammlungen. Ich sagte Dir ja, die Leute werden all Democrates pacifiques[161. Dabei haben sie aber die Klarheit usw. unsrer Artikel in den „Jahrbüchern" sehr „anerkannt". Wenn mich nächstens mal wieder der Teufel reitet, so setz ich mich mit dem kleinen Meyen in Korrespondenz, man kann möglicherweise Spaß von den Kerls haben, wenn auch keinen Spaß an ihnen. Ohnehin fehlt einem hier alle Gelegenheit, seinen Übermut von Zeit zu Zeit auszulassen, denn ich führe Dir hier ein Leben, wie es der glänzendste Philister nur verlangen kann, ein stilles und geruhiges Leben in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit, sitze auf meinem Zimmer und arbeite, geh* fast
7 Arnold Rüge -8 Restbestand3
2 Marx/Engels, Werke, Bd. 27
gar nicht aus, bin solide wie ein Deutscher; wenn das so fortgeht, so fürcht' ich gar, daß der Herrgott mir meine Schriften übersieht und mich in den Himmel läßt. Ich versichre Dich, ich fange an, hier in Barmen in guten Ruf zu kommen. Ich bin's aber auch leid, ich will Ostern weg von hier, wahrscheinlich nach Bonn. Ich hatte mich durch die Zureden meines Schwagers9 und die trübseligen Gesichter meiner beiden Alten noch einmal zu einem Versuch mit dem Schacher bestimmen lassen und seit [14]10 Tagen etwas auf dem Comptoir gearbeitet, auch die Aussicht wegen der Liebesgeschichte veranlaßte mich mit dazu - aber ich war es leid, eh' ich anfing zu arbeiten, der Schacher ist zu scheußlich, Barmen ist zu scheußlich, die Zeitverschwendung ist zu scheußlich, und besonders ist es zu scheußlich, nicht nur Bourgeois, sondern sogar Fabrikant, aktiv gegen das Proletariat auftretender Bourgeois zu bleiben. Ein paar Tage auf der Fabrik meines Alten haben mich [daz]u10 gebracht, diese Scheußlichkeit, die ich etwas übersehen hatte, mir wieder vor die Augen zu stellen. Ich hatte natürlich darauf gerechnet, nur solange im Schacher zu bleiben, als mir paßte, und dann irgend etwas Polizeiwidriges zu schreiben, um mich mit guter Manier über die Grenze drücken zu können, aber selbst bis dahin halt ich's nicht aus. Wenn ich nicht täglich die scheußlichsten Geschichten aus der englischen Gesellschaft hätte in mein Buch registrieren müssen, ich glaube, ich wäre schon etwas versauert, aber das hat wenigstens meine Wut im Kochen erhalten. Und man kann wohl als Kommunist der äußeren Lage nach Bourgeois und Schachervieh sein, wenn man nicht schreibt, aber kommunistische Propaganda im großen und zugleich Schacher und Industrie treiben, das geht nicht. Genug, Ostern geh' ich hier fort. Dazu das erschlaffende Leben in einer ganz radikal-christlich-preußischen Familie - es geht nicht mehr, ich würde auf die Dauer ein deutscher Philister werden können und das Philisterium in den Kommunismus hineintragen. : Nun laß mich nicht so lange auf einen Brief von Dir warten, wie ich Dich'diesmal, grüß Deine Frau unbekannterweise und wer es sonst wert ist. Einstweilen schreib noch hieher, man wird, falls ich schon fort sein sollte, mir Deine Briefe nachschicken. Dein F.E.
9 Emil Blank -10 Papier beschädigt
4
Engels an Marx in Brüssel
Barmen, 22.-26. Febr. [und 7. März] 45
Lieber Marx, Soeben erhalte ich nach langem Hin- und Herschreiben von Köln aus endlich Deine Adresse und setze mich gleich hin, an Dich zu schreiben. Sowie die Nachricht von der Expulsion1241 herkam, hielt ich es für nötig, gleich eine Subskription zu eröffnen, um die Dir dadurch verursachten Extrakosten auf uns alle kommunistisch zu repartieren. Das Ding hatte guten Fortgang, und vor 3 Wochen schickte ich 50 und einige Taler an Jung, forderte auch die Düsseldorfer auf, die ebensoviel zusammengebracht haben, und habe auch in Westfalen die deshalb nötige Agitation durch Heß anstiften lassen. Hier ist die Zeichnung indes noch nicht geschlossen, der Maler Köttgen hat indes die Sache verschleppt, und so bin ich noch nicht im Besitz aller zu erwartenden Gelder. Indes wird in ein paar Tagen alles hoffentlich einkommen, und dann werde ich Dir einen Wechsel auf Brüssel schicken. Da ich übrigens nicht weiß, ob das genügen wird, um Dir Deine Einrichtung in Brüssel zustande zu bringen, so versteht es sich von selbst, daß mein Honorar für das erste englische Ding1, was ich hoffentlich bald wenigstens teilweise ausbezahlt bekomme und für den Augenblick entbehren kann, da mein Alter mir pumpen muß, Dir mit dem größten Vergnügen zur Disposition steht. Die Hunde sollen wenigstens das Pläsier nicht haben, Dich durch ihre Infamie in pekuniäre Verlegenheit zu bringen. Daß man Dich gezwungen hat, die Hausmiete für die Zukunft noch zu bezahlen, ist doch die Krone der Scheußlichkeit. Ich fürchte aber, man wird Dich am Ende in Belgien auch molestieren, so daß Dir zuletzt nur England übrigbleibt. Doch kein Wort weiter von der ganzen niederträchtigen Geschichte. Kriege wird bei Ankunft dieses schon bei Dir sein. Der Kerl ist ein famoser Agitator. Er wird Dir von Feuerbach viel erzählen, - den Tag nach seiner Abreise von hier traf ein Brief von Fauerbach] an mich ein, wir hatten dem
1 „Die Lage der arbeitenden Klasse in England"
Kerl nämlich geschrieben. Fauerbach] sagt, er müsse erst den religiösen Dreck gründlich vernichtet haben, eh' er sich so mit dem Kommunismus beschäftigen könne, daß er ihn schriftstellerisch vertrete. Auch sei er in Bayern zu sehr von dem ganzen Leben abgeschlossen, als daß er dazu kommen könne. Übrigens sei er Kommunist, und es handle sich für ihn nur um das Wie der Ausführung. Womöglich kommt er diesen Sommer an den Rhein, und dann soll er auch nach Brüssel, das wollen wir ihm schon beibringen. Hier in Elberfeld geschehen Wunderdinge. Wir haben gestern im größten Saale und ersten Gasthof der Stadt unsre dritte kommunistische Versammlung abgehalten. Die erste 40, die zweite 130, die dritte wenigstens 200 Menschen stark. Ganz Elberfeld und Barmen, von der Geldaristokratie bis zur epicerie3, nur das Proletariat ausgeschlossen, war vertreten. Heß hielt einen Vortrag. Gedichte von Müller, Püttmann und Stücke aus Shelley wurden gelesen, ebenso der Artikel über die bestehenden Kommunistenkolonien im „Bürgerbuch"3. Nachher diskutiert bis ein Uhr. Das Ding zieht ungeheuer. Man spricht von nichts als vom Kommunismus, und jeden Tag fallen uns neue Anhänger zu. Der Wuppertaler Kommunismus ist une verite4, ja beinahe schon eine Macht. Was das für ein günstiger Boden hier ist, davon hast Du keine Vorstellung. Das dümmste, indolenteste, philisterhafteste Volk, das sich für nichts in der Welt interessiert hat, fängt an, beinahe zu schwärmen für den Kommunismus. Wie lang man dem Ding noch so zusehen wird, weiß ich nicht, aber die Polizei ist jedenfalls in der höchsten Verlegenheit, sie weiß selbst nicht, woran sie ist, und der Hauptschweinhund, der Landrat, ist grade in Berlin. Aber wenn man's auch verbietet, so umgehen wir das, und geht das auch nicht, so haben wir jedenfalls so ungeheuer angeregt, daß alles, was in unsrem Interesse erscheint, hier furchtbar gelesen wird. Da ich nun Ostern weggehen werde, so ist es um so besser, daß Heß sich hier ansiedelt und zugleich bei Baedeker in Elberfeld eine Monatsschrift herausgibt'191, wovon Kriege, glaub' ich, einen Prospektus hat. Ich gehe, wie ich Dir wohl schon schrieb, jedenfalls nach Bonn. Meine projektierte Reise nach Paris wird nun zu Wasser, da ich dort nichts mehr zu suchen habe, dafür aber komm' ich jedenfalls nach Brüssel, um so eher, als meine Mutter und meine beiden Schwestern im Sommer nach Ostende gehen werden. Ich muß außerdem noch mal nach Bielefeld unter die dortigen Kommunisten, und wenn Feuerbfach] nicht kommt, so geh' ich
2 Krämerschaft - 3 Friedrich Engels: „Beschreibung der in neuerer Zeit entstandenen und noch bestehenden kommunistischen Ansiedlungen" - 4 eine Wirklichkeit
zu ihm, und dann, wenn ich Geld und Zeit habe, auch noch einmal nach England. Du siehst, ich hab's gut vor. Bergenroth erzählte mir ebenfalls, er werde wahrscheinlich in einigen Wochen oder so nach Brüssel kommen. Er war, nebst einigen Düsseldorfern, bei unsrer zweiten Versammlung anwesend und hat mitgesprochen. Es ist übrigens doch ein ganz anderes Ding, da vor den wirklichen leibhaftigen Menschen zu stehen und ihnen direkt, sinnlich, unverhohlen zu predigen, als dies verfluchte abstrakte Schreibertum mit seinem abstrakten Publikum vor den „Augen des Geistes" zu treiben. Ich soll Dich nochmals in Heß' Namen - auch in dem meinigen tu ich es - auffordern, dem Püttmann was für seine 1/4jahrsschrift[al! zu schicken. Wir müssen durchaus gleich im ersten Heft alle erscheinen, damit das Ding Charakter bekommt. Ohnehin kommt es ohne uns gar nicht einmal zustande. 25. Febr. Gestern abend kam die Nachricht an, daß unsre nächste Versammlung mit Gensd'armen gesprengt und die Redner verhaftet werden sollten.
26. Febr. Gestern morgen untersagte der Oberbürgermeister5 der Frau Obermeyer, in ihrem Lokal solche Zusammenkünfte zu gestatten, und mir wurde gesteckt, daß, wenn trotzdem die Versammlung gehalten würde, eine Verhaftung und Klage folgen würde. Wir haben's jetzt natürlich drangegeben und müssen erwarten, ob man uns einklagen wird, was aber kaum zu erwarten steht, da wir schlau genug waren, keine Handhabe zu bieten, und der ganze Dreck nur in einer großartigen Blamage der Regierung endigen könnte. Ohnehin waren die Staatsanwälte und das ganze Landgericht gegenwärtig, und der Oberprokurator hat selbst mitdiskutiert. 7. März Ich bin, seitdem ich das Vorstehende schrieb, eine Woche in Bonn und Köln gewesen. Die Kölner dürfen ihre Versammlung wegen des Vereins1101 jetzt halten. In unsrer hiesigen Angelegenheit ist ein Reskript der Regierung zu Düsseldorf eingetroffen, wodurch fernere Versammlungen verboten werden. Heß und Köttgen haben protestiert. Nutzt natürlich nichts, aber die Leute werden aus der Haltung des Protests ersehen, daß sie uns nichts anhaben können. Heß ist wieder ungeheuer sanguinisch, weil alles sonst so famos abläuft und unsre Fortschritte wirklich ungeheuer sind, der gute Kerl
6 Johann Adolph Camap
macht sich nur immer Illusionen. - Unser „Gesellschaftsspiegel" wird prächtig, der erste Bogen ist schon zensiert und alles durch. Beiträge in Masse. H[eß] wohnt in Barmen in der „Stadt London". Bergenr[oth] wird wahrscheinlich doch sobald nicht dorthin kommen, dagegen ein andrer, den ich nicht nenne, weil dieser Brief doch wohl erbrochen wird. Wenn es irgend geht, komm' ich auch noch einmal im April herüber. Der Geldpunkt ist jetzt die Hauptsache für mich, da ich infolge der Versammlung Familientuck gehabt habe, wonach mein Alter resolviert ist, mich nur für meine „Studia", nicht aber für kommunistische Zwecke irgendeiner Art zu unterstützen. Ich würde Dir noch eine Masse Zeugs schreiben, wenn ich eine sichre Adresse nach Brüssel wüßte, die Du mir jedenfalls verschaffen mußt. Viele Sachen, die hier vorgefallen, könnten vielen schaden, wenn sie in einem cabinet noir[25] gelesen würden. Ich bleibe nun noch 4 Wochen hier und gehe anfangs April nach Bonn. Schreibe mir jedenfalls nochmals vorher, damit man weiß, wie Dir's geht. Die Gelder sind so ziemlich zusammen, ich habe noch nicht erfahren, wieviel es ist, es soll unverzüglich abgehen. Mein Manuskript6 geht dieser Tage ab. - Die „Kritische Kritik" ist noch immer nicht hier! Der neue Titel: „Die heilige Familie" wird mich wohl in Familienhäkeleien mit meinem frommen, ohnehin jetzt höchst gereizten Alten bringen, das konntest Du natürlich nicht wissen. Wie aus der Ankündigung hervorgeht, hast Du meinen Namen zuerst gesetzt, warum? Ich habe ja fast nichts [daran]7 gemacht, und [Dein]en7 Stil kennt doch jeder heraus. Schreibe mir nun umgehend, ob Du noch Geld nötig hast. Wigand muß mir in ca. 14 Tagen was schicken, und dann hast Du nur zu disponieren. Ich fürchte, die Rückstände der Subskription werden nicht über 120 bis 150 Franken betragen. Apropos. Wir haben hier vor, den Fourier zu übersetzen und überhaupt womöglich eine „Bibliothek der vorzüglichsten sozialistischen Schriftsteller des Auslandes" zu geben. Fourier wäre der beste, um anzufangen. Leute zum Übersetzen sind gefunden. Heß erzählt mir soeben von einem in Frankreich herausgekommenen Wörterbuch zu Fourier, von einem beliebigen Fourieristen. Du wirst davon wissen. Gib mir doch auch hierüber sogleich Auskunft und womöglich schick ein Exemplar per Post an mich. Empfiehl zu gleicher Zeit die Sachen der Franzosen, von denen Du glaubst, daß sie sich zum Übersetzen in der Bibliothek eignen. Aber rasch, die Sache
6 „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" - 7 Papier beschädigt
hat Eile, da wir schon mit einem Verleger8 am Unterhandeln sind. Wie weit bist Du mit Deinem Buch?'61 Ich muß jetzt an mein Manuskript. Darum leb einstweilen wohl und schreib über die erwähnten Punkte sogleich.
Dein F.E.
Grüß Kriege und Bürgers. Ist Bernays da?
Barmen, 7. März 45
* Julius Theodor Baedeker
5
Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Gestern gab mir Heß Deinen Brief. Was die Übersetzungen betrifft, so ist das Ganze noch gatr nicht organisiert. In Bonn wollte ich den Fourier von einigen dortigen Leuten unter meinen Augen und meiner Leitung übersetzen lassen, natürlich den kosmogonischen Unsinn'261 weglassen, und wenn der Verleger einverstanden wäre, das Ding als erste Sektion einer solchen Bibliothek herausgeben. Ich sprach gelegentlich mit Bjaedeker], dem Verleger des „Gesellschaftsspiegels", darüber, und er schien nicht übel Lust dazu zu haben, obgleich er zu einer großem Bibliothek nicht die Fonds hat. Geben wir aber das Ding in dieser Gestalt, so wird es allerdings besser sein, es Leske oder sonst jemand zu geben, der auch was dranwenden kann. Die Sachen selbst zu übersetzen, hab* ich für den Sommer durchaus keine Zeit, da ich die englischen Sachen abschließen muß. Das erste Ding1 ist diese Woche an Wigand abgegangen, und da ich mit ihm stipuliert habe, daß er mir 100 Taler bei Empfang des Manuskripts auszahlen soll, so denk* ich in 8-12 Tagen Geld zu bekommen und Dir schicken zu können. Einstweilen liegen fr. 122,22 c. per 26.März auf Brüssel2. Hierbei den Rest der Subskriptionen; wenn die Sache nicht durch die Elberfelder so scheußlich verschleppt worden wäre, die von ihren amisbourgeois3 noch wenigstens zwanzig Taler hätten zusammentreiben können, so wäre es eher und mehr gekommen. Um auf die Bibliothek zurückzukommen, so weiß ich nicht, ob die historische Reihenfolge der Sachen die beste sein würde. Da Franzosen und Engländer doch abwechseln müßten, so würde der Zusammenhang der Entwicklung doch fortwährend unterbrochen werden. Ohnehin glaub* ich, daß es besser wäre, hierbei das theoretische Interesse der praktischen Wirksamkeit aufzuopfern und mit den Sachen anzufangen, die den Deutschen am meisten Stoff geben und unsren Prinzipien am nächsten stehen; also die besten Sachen von Fourier, Owen, den Saint-Simonisten, etc. - Morelly
1 „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" - 2 die Worte „fr. 122,22c. per 26. März; auf Brüssel" wurden von Stephan Adolf Naut hinzugefügt - 3 Bourgeois-Freunden
Karl Marx' Geburtshaus in Trier

könnte auch ziemlich vornhin kommen. Die historische Entwicklung könnte man ganz kurz in der Einleitung zum Ganzen geben, und so würde sich auch bei einer solchen Anordnung jeder leicht zurechtfinden. Die Einleitung könnten wir zusammen machen - Du Frankreich, ich England nehmen -, vielleicht ginge das schon, wenn ich, wie ich vorhabe, in 3 Wochen herüberkomme - wenigstens könnten wir das Ding besprechen -, jedenfalls scheint mir aber durchaus nötig, gleich von vornherein mit Sachen anzufangen, die von praktischer, einschlagender Wirkung auf die Deutschen sind und uns ersparen, das noch einmal zu sagen, weis andre vor uns gesagt haben. Wenn wir eine Quellensammlung zur Geschichte des Sozialismus oder vielmehr die Geschichte in und durch die Quellen geben wollten, so würden wir mit dem Ding, fürcht* ich, in langer Zeit nicht fertig und obendrein langweilig werden. Deshalb bin ich dafür, daß wir nur solche Sachen geben, deren positiver Inhalt wenigstens zum größten Teil heut noch zu brauchen ist. Godwins „Political Justice" würde, als Kritik der Politik vom politischen und bürgerlich-gesellschaftlichen Standpunkte, trotz der vielen famosen Sachen, in denen G[odwin] ein den K[ommunismus] anstreift, wegfallen, da Du doch die vollständige Kritik der Politik geben wirst. Um so eher, als G[odwin] am Ende seiner Schrift zum Resultate kommt, der Mensch habe sich möglichst von der Gesellschaft zu emanzipieren und sie nur als einen Luxusartikel zu gebrauchen („Pfolitical] Jjustice]", II, Buch 8, Anhang zu Kapitel 8) und überhaupt in seinen Resultaten so entschieden antisozial ist. Ich habe übrigens das Buch vor sehr langer Zeit, wo ich noch arg im unklaren war, exzerpiert und muß es jedenfalls noch einmal durchnehmen, deswegen ist es leicht möglich, daß mehr in dem Ding steckt, als ich damals darin fand. Nehmen wir aber Godwin, so dürfen wir sein Supplement Bentham auch nicht fehlen lassen, obwohl der Kerl arg langweilig, und theoretisch ist. - Schreib mir hierüber, und dann wollen wir weiter sehen, was zu machen ist. Da diese Idee uns beiden gekommen ist, so muß sie jedenfalls durchgeführt werden - ich meine die Bibliothek. Heß wird sich gewiß mit Vergnügen dabei beteiligen und ich desgleichen, sobald ich irgendwie Zeit habe - Heß hat sie, da er augenblicklich außer der Redaktion des „G[esellschafts]s[piegels]" nichts im Schilde führt. - Sind wir über die Grundlage einverstanden, so können wir bei meiner Dorthinkunft, die ich wegen dieser Sache noch mehr betreiben werde, die Sache vollständig ins reine bringen und gleich ans Werk gehen. Die „Kritische Kritik"4 - ich glaube, ich schrieb Dir schon, daß sie
4 „Die heilige Familie"
angekommen ist - ist ganz famos. Deine Auseinandersetzungen über Judenfrage, Geschichte des Materialismus und mysteres'141 sind prächtig und werden von ausgezeichneter Wirkung sein. Aber bei alledem ist das Ding zu groß. Die souveräne Verachtung, mit der wir beide gegen die „Lit[eratur]Zfeitung]" auftreten, bildet einen argen Gegensatz gegen die 22 Bogen, die wir ihr dedizieren. Dazu wird doch das meiste von der Kritik der Spekulation und des abstrakten Wesens überhaupt dem größeren Publikum unverständlich bleiben und auch nicht allgemein interessieren. Sonst aber ist das ganze Buch prächtig geschrieben und zum kranklachen. Die B[auer]s werden kein Wort sagen können. Bürgers kann übrigens, wenn er's im Püttm[ann]sch[en] ersten Heft[Z1] anzeigt, gelegentlich den Grund erwähnen, aus welchem ich nur wenig und nur das, was ohne tieferes Eingehen auf die Sache geschrieben werden konnte, bearbeitet habe - meine zehntägige kurze Anwesenheit in Paris. Es sieht ohnehin komisch aus, daß ich vielleicht IV2 Bogen und Du über 20 drin hast. Das über die „Hurenverhältnisse" hättest Du besser gestrichen. Es ist zu wenig und zu total unbedeutend. Es ist merkwürdig, wie ich außer mit der Bibliothek noch in einem andern Plan mit Dir zusammengekommen bin. Auch ich wollte für Püttm[ann] eine Kritik Lists5 schreiben - glücklicherweise erfuhr ich durch P[üttmann] Deine Absicht früh genug. Da ich den List übrigens praktisch fassen wollte, die praktischen Folgen seines Systems entwickeln, so werde ich eine meiner Elberfelder Reden (die Verhandlungen werden im P[üttmann]schen Ding gedruckt), worin ich dies unter andern in kurzem tat, etwas weiter ausarbeiten[28) - ich vermute ohnehin nach dem Bürgersschen Brief an Heß und nach Deiner Persönlichkeit, daß Du Dich mehr auf seine Voraussetzungen als auf seine Konsequenzen einlassen wirst. Ich lebe Dir jetzt ein wahres Hundeleben. Durch die Versammlungsgeschichten und die „Liederlichkeit" mehrerer unsrer hiesigen Kommunisten, mit denen ich natürlich umgehe, ist der ganze religiöse Fanatismus meines Alten wieder erweckt, durch meine Erklärung, den Schacher definitiv dranzugeben, gesteigert - und durch mein offnes Auftreten als Kommunist hat sich nebenbei noch ein glänzender Bourgeoisfanatismus in ihm entwickelt. Jetzt denk Dir meine Stellung. Ich mag, da ich in 14 Tagen oder so weggehe, keinen Krakeel anfangen; ich lasse alles über mich ergehen, das sind sie nicht gewohnt, und so wächst ihnen der Mut. Bekomm' ich einen Brief, so wird er von allen Seiten beschnüffelt, eh' ich ihn erhalte. Da man
e siehe vorl. Band, S. 11
weiß, daß es all Kommunistenbriefe sind, so wird dabei jedesmal ein gottseliges Jammergesicht aufgesetzt, daß man meint, verrückt zu werden. Geh' ich aus, dasselbe Gesicht. Sitz' ich auf meiner Stube und arbeite, natürlich Kommunismus, das weiß mein - dasselbe Gesicht. Ich kann nicht essen, trinken, schlafen, keinen Furz lassen oder dasselbe vermaledeite Kinder* gottesgesicht steht mir vor der Nase. Ich mag ausgehen oder zuhause bleiben, stillschweigen oder sprechen, lesen oder schreiben, lachen oder nicht, ich mag tun, was ich will, gleich setzt mein Alter diese infame Fratze auf. Dazu ist mein Alter so dumm, daß er Kommunismus und Liberalismus als „revolutionär" in einen Kasten schmeißt und mich z.B. trotz aller Gegenreden für die Infamien der englischen Bourgeoisie im Peirlament fortwährend verantwortlich macht! Und jetzt ist ohnehin die fromme Saison hier im Hause. Heut vor acht Tagen sind zwei Geschwister von mir konfirmiert6, heute trollt die ganze Sippschaft zum Abendmahl - der Leib des Herrn hat seine Wirkung getan, die Jammergesichter von heut morgen übertrafen alles. Pour comble de majheur7 war ich gestern abend mit Heß in Elberfeld, wo wir bis zwei Uhr Kommunismus dozierten. Natürlich heute lange Gesichter über mein spätes Ausbleiben, Andeutungen, ich möchte wohl im Kasten gewesen sein. Endlich faßt man Courage zu fragen, wo ich gewesen sei. - Bei Heß. - „Bei Heß! Großer Gott!" - - Pause, Steigerung der christlichen Verzweiflung im Gesicht — „Was für eine Umgebung hast Du Dir gewählt!" - Seufzen usw. Es ist rein zum Tollwerden. Von der Malice dieser christlichen Hetzjagd nach meiner „Seele" hast Du keine Ahnung. Dazu braucht mein Alter nur zu entdecken, daß die „Kritische Kritik" existiert, und er ist imstande, mich vor die Türe zu setzen. Und dabei der {ortwährende Ärger, zu sehen, daß bei diesen Leuten auch gar nichts hilft, daß sie sich platterdings mit ihren Höllenphantasien schinden und quälen wollen, daß man ihnen nicht einmal die ledernsten Prinzipien der Billigkeit beibringen kann. Wär's nicht um meiner Mutter willen, die einen schönen menschlichen Fonds und nur meinem Vater gegenüber geir keine Selbständigkeit hat, und die ich wirklich liebe, so würde es mir keinen Augenblick einfallen, meinem fanatischen und despotischen Alten auch nur die elendeste Konzession zu machen. Aber so grämt sich meine Mutter ohnehin jeden Augenblick krank und hat gleich jedesmal, wenn sie sich speziell über mich ärgert, acht Tage Kopfschmerzen - es ist nicht mehr auszuhalten, ich muß fort und weiß kaum, wie ich die paar Wochen, die ich hier bin, noch ausheilten soll. Doch das wird auch schon gehen.
* Hedwig und Rudolf Engels - 7 Um das Unglück voll zu machen
Im übrigen ist hier nichts Neues. Die Bourgeoisie politisiert und geht in die Kirche, das Proletariat tut, wir wissen nicht weis, und können's kaum wissen. Die Adresse, an die Euer letzter Brief abging, ist einstweilen noch sicher. Heute abend hoff* ich das Geld zu bekommen - eben versichert mich Köttgen, daß er, sobald er etwas mehr Zeit hat - in ein paar Tagen - noch etwas wird auftreiben können. Ich trau* dem Ding aber nicht recht, der K[öttgen] ist bei der Hand, wo er sich hervortun kann, aber sonst taugt er und tut er nichts. Adios. Dein E. Barmen, 17. März 45
1846
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Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Ich bin diverse Tage herumgelaufen und hab' mich nach Quartieren für Dich umgesehen, aber wenig gefunden. Entweder zu groß oder zu klein. Selten zwei bewohnbare Zimmer zusammen, die Schlafstuben meist erbärmlich eng. Enfin1 gestern hab* ich 2 Quartiere aufgetan au choix2: 1. zwei große Zimmer, eine und zwei Treppen hoch, resp.; in jedem ein Bett, für 95 fr. monatlich, für das dritte Bett 30 fr. extra, Frühstück1^ fr. täglich pro Kopf oder Magen. 2. ein kleines Haus, das demselben proprietaire3 gehört, ein Wohnzimmer unten, oben zwei ineinandergehende Schlafzimmer, von denen eins erträglich groß, und ein Kabinett k 150 fr. monatlich, Frühstück meme prix4. Wer das Haus nimmt, bekommt eine Magd hereingetan zur Aufwartung. Die obigen beiden Zimmer sind in einem restaurant, au duc de Brabant, rue du lait battu, wo also zur Not auch Essen zu bekommen wäre. Ihr seid aber ganz unabhängig in dieser Beziehung dort. Jedenfalls würdest Du gut tun, wenn Du auf eins dieser Quartiere reflektierst, im duc de Brabant abzusteigen, es ist wohlfeiler als im Hotel, und gefallen Dir die Zimmer nicht, so kannst Du Dir von der Frau dort das Haus zeigen lassen, es liegt rue des soeurs blanches No.5, und wenn das auch nicht konveniert, so findest Du wohl ein andres. Die Quartiere sind übrigens scheußlich verteuert gegen voriges Jahr, wie alles, oder vielmehr „und so in allem". Diner wirst Du für fr. 5 bestreiten können für die ganze Familie, beefsteaks 1 fr., cötelettes idem, Wein 2-3 fr. Bier schlecht. Zigarren schlecht und teuer, tust gut, Dir ein paar 100 von Brüssel mitzubringen; wenn Du das tust, kannst Du folgenden Kostenanschlag als richtig annehmen:
1 Endlich - 2 zur Auswahl - 3 Eigentümer - 4 der gleiche Preis
Wohnung Dejeuner Diner ...
fr.I25-fr.l50
(wenn Du zuweilen am Meer ißt)
(man frißt hier viel)
p.Monat
Souper 2-3 Beefsteaks Cafe nachmittags am Strand, sehr nötig 2 Tassen Wäsche ist sehr teuer,
- 18- „ 18 -7A in fr- '-30-fr. 1.50. „ ZU — „ 3U ca. 40 fr. Dazu Gaden ä
mindestens
fr.4l8-fr.508
Außerdem wären aber noch fr. 100 für incidental expences6 wünschenswert, weil man sich ohne die hier sehr langweilt. Mehr als einen Monat brauchst Du nicht hierzubleiben. Bloß, wer kreuzlahm und inwendig und auswendig an allen Gliedern geschlagen ist, bleibt länger. Du mußt aber so mieten, daß Du die etwa über den Monat dazu bleibende Zeit a tant parjour6 bezahlst, sonst rechnen sie Dir den vollen halben Monat an, wenn Du zwei Tage länger bleibst. Im übrigen lebt sich's hier sehr schluffig. Ein langweiliger Barmer Philister, la bete des betes7, war die ersten Tage außer der. Familie mein einziger, mir durch diese aufgedrängter Umgang/Gestern kam Blank von London (den Du kennst), dann machte ich endlich vermittelst dieses die Bekanntschaft eines Franzosen qui ä beaucoup d'esprit8 und der überhaupt ein tüchtiger Kerl ist, obwohl er 15 Jahr in Elberfeld war und par cons6quent9 deutsch spricht. „Schließlich erwähne ich noch" die Geschichte mit der Frau Heß. Es ist schlimm, aber man kann sie unmöglich die Dummheiten des P.P. Heß entgelten lassen. Ich werd' sie also über die Grenze zu schmuggeln suchen, d.h. wenn ich von meinem Alten das zur Reise nach Paris nötige Geld kriege, was noch nicht sicher ist. Einliegendes Wischli schick dem teuren Mann Gottes10 nach Köln, damit er sich tröstet. Die Frau ist also schon in Brüxel? An großen Männern ist nichts hier. Die kommen erst im August. Es verlautet noch nichts über die Namen der großen Deutschen, die herkommen werden. Einstweilen muß ich mich also mit dem preußischen Bankprojekt[29) begnügen. Es ist gottvoll, daß die Herren sich einbilden, darauf viel Geld zu kriegen. So ein paar große Bankiers, die „Meistbeteiligte" werden wollen
5 Extraausgaben - 6 tageweise - 7 der Dümmste der Dummen - 8 der viel Geist hat - s folglich -10 Moses Heß (siehe vorl.Band, S. 445/446)
und ihre geheimen Verträge mit den Bürokraten schließen, z.B. daß ihre Aktien nicht rückzahlbar sind, daß sie in den Zentralausschuß geschmuggelt werden pp., sind vielleicht dazu zu bringen. Aber sonst niemand. Kostbar, „daß sowohl die Zeichner, wie die gezeichneten Beiträge nicht bekannt werden sollen". Man erwartet also verdammt wenig Geld und will sich vor der Blamage etwas sicherer stellen; echt bürokratisch. Schreibe mir bald, ob Du kommst und wann. Dein E. Ostende, 11, rue St. Thomas, 27. Juli 46
Diese Bilder waren gestern in der See zu besichtigen, für männliches und weibliches Publikum.
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Engels an Marx in Brüssel
Cercle Valois, Palais Royal, [Paris] 19. August 1846
Lieber Marx, Samstag abend nach einer strapaziösen Reise und viel Langerweile hier endlich angekommen.1301 Ew[erbeck] gleich getroffen. Der Junge ist sehr fidel, vollständig traktabel, empfänglicher wie je, kurz, ich hoffe mit ihm in allen Dingen - mit einiger Geduld - ganz gut herumzukommen. Von Jammer über Parteistreitigkeiten ist keine Rede mehr - aus dem einfachen Grunde, weil er selbst in die Notwendigkeit versetzt ist, hier einige Weitlingianer1 herauszubugsieren. Was er mit Grün eigentlich gehabt hat, wodurch der Bruch mit ihm eintrat, darüber ist bis jetzt wenig verlautet; gewiß ist, daß ihn Grün durch ein abwechselnd kriechendes, abwechselnd hochfahrendes Betragen in einer gewissen respektvollen Zuneigung erhielt. Ew[erbeck] ist über Heß vollständig im klaren, il n'a pas la moindre Sympathie pour cet homme-la2. Er hatte ohnehin noch so einen alten Privathaß gegen ihn von der Zeit her, da sie zusammenwohnten. Wegen der Westfalen 1311 habe ich ihn gehörig gerüffelt. Weyd[emeyer], dieser Lump, hatte einen westfälisch tränenvollen Brief an B[ernay]s geschrieben, worin die Edlen M[eyer] und R[empel] als Märtyrer der guten Sache dargestellt, die gern ihr Alles geopfert, die wir aber mit Verachtung zurückgestoßen hätten usw.; und die beiden leichtgläubigen Germanen, Ew[erbeck] und B[ernay]s, setzen sich zusammen hin, jammern über unsre Hartherzigkeit und Krakeelerei und glauben dem Leutnant aufs Wort. Man hält dergleichen Aberglauben kaum für möglich. - Grün hat die Arbeiter um ca. 300 fr. beschissen, unter dem Vorwande, eine Broschüre von - l1/2 Bogen in der Schweiz dafür drucken zu lassen3.'321 Jetzt kommen die Gelder dafür ein, aber die Arbeiter erhalten keinen Heller davon. Sie fangen jetzt an, ihm deswegen auf die Kneipe zu steigen. Ew[erbeck] sieht jetzt ein, was er für Unsinn
1 Siehe vorl. Band, S. 36 - 2 er hat für diesen Menschen nicht die geringste Sympathie 3 siehe vorl. Band, S. 38
Friedrich Engels als Einjährig--Freiwilliger (Berlin 1841)

gemacht hat, diesen Gr[ün] unter die Handwerker zu bringen. Er fürchtet jetzt eine öffentliche Anklage Grüns vor diesen, weil er ihn für kapabel hält, alles der Polizei zu denunzieren. Was der Kerl, der EJwerbeck], aJber leichtgläubig ist! Der pfiffige Grün hatte dem Ew[erbeck] selbst alle seine Lumpereien erzählt - aber natürlich als reine Heldentaten des Devouements4, und Ewjerbeck] glaubt ihm das alles aufs Wort. Von den früheren Schweinereien dieses Kerls wußte er so nichts, als was der Delinquent selbst darüber zu erzählen für gut befunden. Ewjerbeck] hat übrigens den Proudhon vor Gr[ün] gewarnt. Gr[ün] ist wieder hier, wohnt hinten auf dem Menilmontant und schmiert die scheußlichsten Artikel in die „Trier'sehe". Mäurer hat dem Cabet die bezüglichen Stellen aus dem Grünschen Buche1331 übersetzt, Du kannst Dir Cabets Wut denken. Auch beim „National" ist er außer allem Kredit. Bei Cabet war ich. Der alte Knabe war recht kordial, ich ging auf all seinen Kram ein, erzählte ihm von Gott und dem Teufel pp. Ich werde öfter hingehen. Aber mit der Korrespondenz[34J müssen wir ihm vom Halse bleiben. Er hat erstens genug zu tun und ist zweitens zu mißtrauisch. II y verrait un piege5, um seinen Namen zu mißbrauchen. Ich habe in den „Epigonen" „Das Wesen der Religion" von Feuerbjach] etwas durchgeblättert. Abgesehen von einigen netten Apercus ist das Ding ganz im alten Stiefel. Anfangs, wo er sich rein auf die Naturreligion beschränkt, ist er schon gezwungen, sich mehr auf empirischem Boden zu verhalten, aber später wird's kunterbunt. Wieder lauter Wesen, Mensch pp. Ich werde es genau lesen und Dir in kürzester Frist die Hauptstellen, wenn sie interessant sind, exzerpieren, damit Du es für den Feuerb[ach][35] noch gebrauchen kannst. Einstweilen nur zwei Sätze. Das Ganze - ca. 60 Seiten beginnt mit folgender vom menschlichen Wesen unterschiedenen Definition der Natur: „Das vom menschlichen Wesen oder Gott (!!), dessen Darstellung das ,Wesen des Christentums* ist, unterschiedne und unabhängige Wesen" (1), „das Wesen ohne menschliches Wesen" (2), „menschliche Eigenschaften" (3), „menschliche Individualität" (4), „ist in Wahrheit nichts andres als - die Natur." Dies ist doch das Meisterstück einer mit Donnerton ausposaunten Tautologie. Dazu kommt aber noch, daß er das religiöse, vorgestellte Phantom der Natur in diesem Satz vollständig hinten und vorn mit der wirklichen Natur identifiziert. Comme toujours.6 - Ferner, etwas weiter.
4 der Aufopferung - 5 Er würde darin eine Falle sehen - 6 Wie immer.
3 Marx/Engels, Werke, Bd. 27
„Religion ist die Beherzigung und Bekennung dessen, was ich bin (!)... Die Abhängigkeit von der Natur sich zum Bewußtsein erheben, sie sich vorstellen, beherzigen, bekennen, heißt sich zur Religion erheben."' Der Minister Dumon wurde dieser Tage im Hemde bei der Frau eines Präsidenten ertappt. Der „Corsaire-Satan" erzählt: Eine Dame, die bei Guizot suppliziert hatte, sagte, - es ist schade - daß ein so ausgezeichneter Mann wie Guizot, est toujours si severe et boutonne jusqu'au cou7. Die Frau eines employe der travaux publics8 sagt: On ne peut pas dire cela de M. Dumon, on trouve generalement qu'il est un peu trop deboutonne pour un ministre.9 Quelques heures apres10, nachdem ich dem Weillchen11 zu Gefallen umsonst ins Cafe Cardinal geloffen - das Weillchen ist etwas knurrig, weil ihm die „Democratie pacifique" seine Honorare, ca. 1000 fr., nicht zahlt, es scheint eine Art great crisis and stopping of cash payments12 bei ihr eingetreten zu sein, und Weillchen ist zu sehr Jude, um sich mit Banknoten auf das erste Phalanstere der Zukunft abfertigen zu lassen. Übrigens werden die Herren Fourieristen alle Tage langweiliger. Die „Phalange" enthält nichts als Unsinn. Die Mitteilungen aus Fouriers Nachlaß beschränken sich alle auf das mouvement aromal13 und die Begattung der Planeten, die plus ou moins14 von hinten zu geschehen scheint. Aus der Begattung des Saturn und Uranus entstehen die Mistkäfer, welche jedenfalls die Fourieristen selber sind, - der Hauptmistkäfer aber ist der Herr Hugh Doherty, der Irländer, der eigentlich noch nicht einmal Mistkäfer, sondern erst Mistengerling, Mistlarve ist - das arme Tier wälzt sich schon zum zehnten Male (10me article15) in der question religieuset36] herum und hat noch immer nicht heraus, wie er mit Anstand sein exit16 machen kann. Bernays hab' ich noch nicht gesehen. Wie Ew[erbeck] aber sagt, ist es so gar arg mit ihm nicht und sein größtes Leiden die Langeweile. Der Mann soll sehr robust und gesund geworden sein, seine Hauptbeschäftigung, die Gärtnerei, scheint in Beziehung auf seinen Kadaverzustand den Sieg über seinen Kummer davongetragen zu haben. Auch hält er, dit-on17, die Ziegen bei den Hörnern, wenn seine - ? Gattin? —, die nur zwischen zwei Fragezeichen zu denken ist, sie melkt. Der arme Teufel fühlt sich in seiner Umgebung natürlich unbehaglich, er sieht außer Ewerb[eck], der wöchentlich
7 immer so streng und bis zum Halse zugeknöpft ist - 8 Beamten der öffentlichen Arbeiten 9 Man kann das von Herrn Dumon nicht sagen, man findet allgemein, daß er für einen Minister etwas zu aufgeknöpft ist. -10 Einige Stunden später -11 Alexander Weill - 12 große Krise und Einstellung der Barzahlungen - 18 die aromatische Bewegung - 14 mehr oder weniger -15 zehnter Artikel -16 seinen Abgang -17 sagt man
hinauskommt, keine Seele, läuft in einer Bauerjacke herum, geht nie aus dem Sarcelles, das das elendeste Dorf der Welt ist und nicht einmal ein cabaret hat, heraus, kurz, er ennuyiert sich zum Sterben. Wir müssen sehen, daß wir ihn wieder nach Paris kriegen, dann ist er in 4 Wochen wieder der alte. Da der Börnstein in seiner Qualität als Mouchard nicht wissen soll, daß ich hier bin, so haben wir dem B[ernay]s erst geschrieben wegen eines Rendezvous in Montmorency oder sonst in der Nähe, nachher schleifen wir ihn nach Paris und wenden ein paar Franken dran, ihn einmal tüchtig aufzuheitern. Dann wird er schon anders werden. Übrigens laß ihn nicht merken, daß ich Dir so über ihn geschrieben habe, in seiner überspannten romantischen Stimmung könnte der gute Junge sich moralisch verletzt fühlen. Das Schönste ist, in dem Haus in Sarcelles sind 2 Weiber, 2 Männer, mehrere Kinder, worunter ein zweifelhaftes, und trotz alledem on n'y tire pas un coup18. Nicht einmal Knabenschänderei wird darin getrieben. C'est un roman allemand.19 Madame Heß cherche un mari. Elle se fiche de Heß. S'il se trouverait quelque chose de convenable, s'adresser ä Madame Gsell, Faubourg St.Antoine.20 Eile ist nicht nötig, da die Konkurrenz nicht groß ist. Antworte bald. Dein E. Adresse: II, rue de l'arbre sec.
Es versteht sich, daß, was ich Dir hier und später über Ew[erbeck], B[ernay]s und andre Bekannte schreibe, strikt konfidentiell ist. Ich frankiere nicht, da ich knapp bei Gelde bin und vor dem 1. Oktober nichts zu erwarten habe. An selbigem Tage werde ich aber einen Wechsel schicken, um meinen Anteil an den Portoauslagen zu decken.
18 ist da nichts los -19 Das ist ein deutscher Roman. -20 Frau Heß sucht einen Gatten. Sie hat den Heß satt. Falls sich etwas Passendes findet, wende man sich an Frau Gsell, Faubourg St.Antoine.
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Engels an das kommunistische Korrespondenz-Komitee in Brüssel1371 Komiteebrief No. 1
Komitee Carissimi1 - Unsre Geschichte wird hier sehr gut gehen. Ew[erbeck] ist ganz voll davon und wünscht nur, daß die offizielle Organisation eines Komitees nicht übereilt werde, weil eine Spaltung bevorsteht. Der Rest der Weitlingianer, eine kleine Schneiderclique[38], steht nämlich im Begriff, hier herausgeschmissen zu werden, und Ew[erbeck] hält es für besser, daß dies erst abgemacht wird. Ew[erbeck] glaubt indes nicht, daß mehr als 4-5 der Hiesigen zur Korrespondenz zugezogen werden können, was auch vollständig hinreichend ist. In meinem Nächsten hoffe ich die Konstituierung anzeigen zu können. Diese Schneider sind wirklich gottvolle Kerls. Neulich haben sie über Messer und Gabeln, ob die nicht besser an die Kette zu legen seien, ganz ernsthaft diskutiert. Es sind ihrer aber nicht viele. - Weitl[ing] selbst hat auf den letzten, durch uns ihm besorgten, sehr groben Brief der Pariser nicht geantwortet. Er hatte 300 fr. für seine Erfindung zu praktischen Experimenten verlangt, ihnen aber zugleich geschrieben, das Geld sei wahrscheinlich in den Dreck geschmissen. Ihr könnt Euch denken, wie sie ihm antworteten. Die Schreiner und Gerber dagegen sollen famose Kerls sein. Ich habe sie noch nicht gesehen, Ew[erbeck] betreibt das alles mit bekannter Bedächtigkeit. Ich will Euch jetzt einiges aus französischen Blättern mitteilen, versteht sich aus solchen, die nicht nach Brüssel kommen. Das Monatsblatt von P.Leroux wird fast ganz mit Artikeln über St.-Simon und Fourier von P.L[eroux] selbst gefüllt.1391 Er erhebt darin St.-S[imon] in die Wolken und sucht Fourier möglichst schlechtzumachen
1 Teure Freunde
und als verfälschenden und verschlechternden Nachtreter von St.-Simon darzustellen. So plagt er sich ab, zu beweisen, daß die „Quatre Mouvements" nur ein vermaterialistisiertes Plagiat der - „Lettres d'un habitant de Geneve" seien. Der Kerl ist rein verrückt. Weil es dort einmal heißt, ein System, das alle Wissenschaften enzyklopädisch zusammenfasse, ließe sich am besten durch die Zurückführung aller Erscheinungen pp. auf die pesanteur universelle2 durchführen, so muß Four[ier] daraus seine ganze Lehre von der Attraktion genommen haben. Natürlich sind alle Beweise, Zitate pp. nicht einmal hinreichend, zu beweisen, daß Ffpurier] die „Lettres" auch nur gelesen hatte, als er die „Quatre Mouvements" schrieb. Dagegen wird die ganze Richtung Enfantin als in die Schule hereingeschmuggelter Fourierismus bezeichnet. Das Blatt heißt „Revue Sociale ou Solution pacifique du probleme du Proletariat". Das „Atelier" erzählt nachträglich über den reformistischen Journalkongreß: Es sei nicht dort gewesen und daher sehr erstaunt, sich auf der Liste der dort repräsentierten Journale zu finden. Man habe le peuple de la presse3 solange ausgeschlossen, bis die Basen der Reform festgestellt waren, und als man dann den Ouvrierjournalen4 die Türen zum Jasagen geöffnet, habe es es unter seiner Würde gehalten, hinzugehen. Das „Atelier" erzählt ferner, daß 150 Ouvriers5, wahrscheinlich Buchezisten - welche Partei nach Versicherung von Franzosen ca. 1000 Mann stark sein soll -, am 29. Juli die Julitage[40) ohne Erlaubnis der Polizei durch ein Bankett feierten. Die Polizei mischte sich ein, und weil sie sich nicht verpflichten wollten, keine politischen Reden zu führen und keine Berangerschen Lieder zu singen, wurden sie aufgelöst. „Die Epigonen" des Herrn Wigand sind hier. Herr W[igand] wirft sich hier mit furchtbarem Gepolter in die aufgeblähte Brust. „An A.Ruge."1411 Er hält diesem ihre beiderseitigen Pechheiten vor, die sie seit 4 Jahren ausgestanden. R[uge] konnte - in Paris - „mit dem fanatischen Kommanismus nicht Hand in Hand gehen". Der Kommunismus ist ein Zustand „im eignen, dünkelvollen Hirn ausgeheckt, eine beschränkte und dünkelvolle Barbarei, die der Menschheit gewaltsam aufgedrängt werden soll". Schließlich renommiert er, was er nicht alles tun will, „solange es noch Blei zu Lettern in der Welt gibt". Ihr seht, der candidat de la potence6 hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, es bis zum candidat de la lanterne7 zu bringen.
Allgemeine Schwere -3 die Vertreter der (Arbeiter) presseArbeiterzeitungen -5 Arbeiter ' Anwärter auf den Galgen - 7 Anwärter auf die Laterne
Ich mache Euch aufmerksam auf den Artikel im heutigen „National" (mercredi8 19) über die Abnahme der Wähler in Paris von über 20 000 auf 17 000 seit 1844.
[Paris] 11, rue de l'arbre sec., 19. August 1846
Euer
E.
Paris ist tief gesunken. Danton verkauft Holz am Boulevard Bourdon. Barbaroux hat einen Kattunladen rue St.Honore, die „Reforme" hat nicht die Kraft mehr, den Rhein zu verlangen, die Opposition sucht die Kapazitäten und findet sie nicht, die Herren Bourgeois legen sich so früh schlafen, daß um 12 Uhr alles zu sein muß, und la jeune France9 läßt sich das ruhig gefallen. Die Polizei hätte das gewiß nicht durchgesetzt, aber die frühen Comptoirstunden der Herren Prinzipale, die nach dem Sprichwort leben: Morgenstunde hat usw Herrn Grüns auf Kosten der Arbeiter gedruckte Broschüre ist dieselbe, die ich einmal bei Seiler gesehen habe: „Die preußischen Landtags-Abschiede. Ein Wort zur Zeit" (anonym), enthält hauptsächlich Plagiate aus Marx'Aufsätzen („Deutsch-Französische Jahrbücher") und kolossalen Unsinn. „Nationalökonomische" und „sozialistische" Fragen sind ihm identisch. Folgende Entwicklung der absoluten Monarchie: „Der Fürst machte sich eine abstrakte Domäne, und diese geistige Domäne hieß - der Staat. Der Staat ward die Domäne der Domänen; als Ideal der Domäne hebt er die einzelne Domäne ebensowohl auf, als er sie stehenläßt, er hebt sie immer dann auf, wenn sie absolut, selbständig werden will pp." Diese „geistige" Domäne „Preußen" verwandelt sich gleich darauf in eine Domäne, „auf der gebetet wird, eine geistliche Domäne"!! Resultat des Ganzen: Der Liberalismus ist in Preußen theoretisch bereits überwanden, daher werden sich die Reichsstände gar nicht mehr mit Bourgeoisfragen, sondern directement mit der sozialen Frage beschäftigen. „Die Schlacht- und Mahlsteuer ist die wahre Verräterin vom Wesen der Steuer, sie verrät nämlich, daß jede Steuer eine Kopfsteuer ist. Wer aber eine Kopfsteuer erhebt, der sagt: Eure Köpfe und Leiber sind mein eigen, ihr seid k°pf- und leibeigen ... Die Schlacht- und Mahlsteuer entspricht zu sehr dem Absolutismus usw."
8 Mittwoch - s das junge Frankreich
Der Esel hat zwei Jahre lang Oktroi bezahlt und weiß es noch nicht, er glaubt, so was existiere nur in Preußen. Schließlich ist das Broschürli, einige Plagiate und Phrasen abgerechnet, durch und durch liberal, und zwar deutsch-liberal. Wie die Arbeiter hier allgemein glauben, hat Weitl[ing] die „Garantien" nicht allein gemacht. Außer S. Schmidt, Becker10 pp. sollen ihm einige Franzosen Material gegeben haben, und besonders hatte er Manuskripte eines gewissen Ahrens aus Riga, Arbeiter in Paris, jetzt in Amerika, der auch die Hauptsache von „der Menschheit wie sie ist und sein soll" gemacht hat. Die Hiesigen schrieben ihm das einmal nach London, worauf er sich sehr erboste und bloß antwortete, das seien Verleumdungen.
[Auf der Adreßseite]
Monsieur Charles Marx, 19, Plaine Ste Gudule, Bruxelles
10 August Becker
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Engels an das kommunistische Korrespondenz-Komitee in Brüssel Komiteebrief No. 2
Komitee No.2 .
Liebe Freunde, Eure Nachrichten über Belgien, London und Breslau waren mir sehr interessant. Ich habe an Ewferbeck] und B[ernay]s davon mitgeteilt, was sie interessierte. Haltet mich zugleich etwas au fait1 über den Sukzeß unsres Unternehmens und die plus ou moins2 eifrige Teilnahme der verschiedenen Lokalitäten, damit ich mich hier den Arbeitern gegenüber, soweit es politisch, auslassen kann. Was machen die Kölner? - Von hier aus ist allerlei: 1. Mit den hiesigen Arbeitern bin ich mehrere Male zusammen gewesen, d.h. mit den Hauptleuten der Schreiner aus dem Faubourg St.Antoine. Die Leute sind eigentümlich organisiert. Außer ihrer - durch eine große Dissension mit den Weitlingschen Schneidern1421 - sehr in Konfusion geratenen Vereinsgeschichte kommen diese Kerls, d.h. ca. 12-20 von ihnen, jede Woche einmal zusammen, wo sie bisher diskutierten; da ihnen aber der Stoff ausging, wie das gar nicht anders möglich, so war E[werbeck] genötigt, ihnen Vorträge über deutsche Geschichte - ab ovo - und eine höchst verworrene Nationalökonomie - vermenschentümlichte „DeutschFranzösische Jahrbücher" - zu halten. Dazwischen kam ich. Zweimal hab* ich, um mich mit ihnen in Konnex zu setzen, die deutschen Verhältnisse seit der französischen Revolution, von den ökonomischen Verhältnissen ausgehend, auseinandergesetzt. Was sie nun in diesen Wochen Versammlungen loskriegen, wird Sonntags in den Barriereversammlungen, wo Krethi und Plethi hinkommt, Weib und Kind, durchgepaukt. Hier wird - abstraction faite de toute espece de politique3 - so etwas „soziale Fragen" diskutiert. Das Ding ist gut, um neue Leute hinzuzuziehen, denn es ist ganz öffentlich, vor 14 Tagen war die Polizei da, wollte Veto einlegen, ließ sich aber beruhigen und hat nichts weiter getan. Oft sind über 200 Leute zusammen.
1 auf dem laufenden - 2 mehr oder weniger - 3 von jeder Art Politik abgesehen
Friedrich Engels' Geburtshaus in Barmen

Wie diese Geschichte jetzt ist, kann sie unmöglich bleiben. Es ist eine gewisse Schläfrigkeit unter den Kerls eingerissen, die aus ihrer Langeweile über sich selbst hervorgeht. Was sie nämlich dem Schneiderkommunismus 1431 entgegensetzen, ist weiter nichts als Grünsche menschentümliche Phrasen1441 und vergrünter Proudhon, den ihnen teils Herr Grün höchstselbst, teils ein alter aufgeblasener Schreinermeister und Knecht Grüns, Papa Eisermann, teils aber auch Amicus4 E[werbeck] mit Mühe und Not eingebleut hat. Das ist ihnen natürlich bald alle geworden, eine ewige Repetition trat ein, und um sie vor dem Einschlafen (buchstäblich, dies riß furchtbar in den Sitzungen ein) zu bewahren, quält sie E[werbeck] mit spitzfindigen Disquisitionen über den „wahren Wert" (den ich teilweise auf dem Gewissen habe) und ennuyiert sie mit den germanischen Urwäldern, Hermann dem Cherusker und den scheußlichsten altdeutschen Etymologien nach - Adelung, die alle falsch sind. Übrigens ist nicht E[werbeck] der eigentliche Chef dieser Leute, sondern J[unge], der in Brüssel war; der Kerl sieht sehr gut ein, was geändert werden muß, und könnte sehr viel tun, denn er hat sie all in der Tasche und zehnmal mehr Verstand wie die ganze Clique, aber er ist zu wackelhaft und macht immer neue Projekte. Daß ich ihn seit beinah 3 Wochen nicht gesehen - er kam nie und ist nirgend zu finden ist die Ursache, daß noch so wenig ausgerichtet ist. Ohne ihn sind die meisten schlapp und schwankend. Man muß aber mit den Kerls Geduld haben; zuerst muß der Grün ausgetrieben werden, der wirklich direkt und indirekt einen schauderhaft erschlaffenden Einfluß ausgeübt hat, und dann, wenn man ihnen diese Phrasen aus dem Kopf gebracht, hoff ich, mit den Kerls zu etwas zu kommen, denn sie haben alle einen großen Drang nach ökonomischer Belehrung. Da ich E[werbeck], der bei bekannter, jetzt im höchsten Grade blühender Konfusion den besten Willen von der Welt hat, ganz in der Tasche habe, und J[unge] auch vollständig auf meiner Seite ist, so wird sich das bald machen. Wegen der Korrespondenz habe ich mit sechsen beraten, der Plan fand, besonders bei J[unge], sehr großen Anklang und wird von hier aus ausgeführt werden. Solange aber nicht durch Zerstörung des persönlichen Einflusses des Gr[ün] und Ausrottung seiner Phrasen wieder Energie unter die Leute gebracht ist, solange ist bei großen materiellen Hindernissen (besonders Engagement fast aller Abende) nichts zu machen. Ich hab* ihnen offeriert, dem Grün in ihrer Gegenwart seine persönlichen Schuftereien ins Gesicht zu sagen, und B[ernay]s will auch kommen - E[werbeckJ
4 Freund
hat auch ein Hühnchen mit ihm zu pflücken. Dies wird geschehen, sobald sie ihre eignen Sachen mit G[rün] abgemacht, d.h. Garantie für das zum Druck der G[rün]schen Landtagsscheiße1321 vorgeschossene Geld bekommen haben. Da der J[unge] aber nicht kam und die übrigen sich i5 wie Kinder benahmen gegenüber dem G[rün], so ist auch das noch nicht in Ordnung, obwohl bei einiger Energie das Ding in 5 Minuten abgemacht wäre. Das Pech ist, die meisten dieser Kerls sind Schwaben. 2. Jetzt etwas Ergötzliches. Proudhon hat in dem neuen, noch ungedruckten Buch, was Grün verdolmetscht, einen großen Plein, Geld aus nichts zu machen und allen Arbeitern deis Himmelreich nahezurücken.[45! Niemeind wußte, was das war. G[rün] hielt sehr hinter dem Berge, renommierte aber sehr mit seinem Stein der Weisen. Allgemeine Spannung. Endlich vorige Woche war Papa Eisermeuin bei den Schreinern, ich auch, und allmählich rückt der alte Zierbengel höchst naiv-geheimnisvoll heraus. Herr G[rün] hat ihm den ganzen Plan vertraut. Jetzt hört die Größe dieses Welterlösungsplans: ni plus ni moins6 als die in England längst dagewesenen "und zehnmal bankrottierten labour-beizars oder labour-markets[461, Assoziationen aller Handwerker aller Zweige, großes Depot, alle von den Associes eingelieferten Arbeiten genau nach den Kosten des Rohprodukts plus der Arbeit taxiert und in andern Assoziationsprodukten bezahlt, die ebenso taxiert werden. Was mehr geliefert, als in der Assoziation verbraucht wird, soll auf dem Weltmarkt verkauft werden, der Ertreig den Produzenten ausbezahlt. Auf diese Weise, spekuliert der pfiffige Proudhon, umgeht er und seine Mitassocies den Profit des Zwischenhändlers. Daß er dabei auch den Profit auf sein Assoziationskapital umgeht, daß dies Kapital und dieser Profit genau so groß sein müssen wie das Kapital und der Profit der umgangnen Zwischenhändler, daß er also mit der Rechten wegwirft, was die Linke bekommt, darein hat der feine Kopf nicht gedacht. Daß seine Arbeiter nie das nötige Kapital aufbringen können, weil sie sich sonst ebensogut separat etablieren könnten, daß die etwaige aus der Assoziation hervorgehende Kostenersparnis durch deis enorme Risiko mehr als aufgewogen wird, daß die geinze Geschichte darauf hinausläuft, den Profit aus der jetzigen Welt herauszueskamotieren und alle Produzenten des Profits stehenzulassen, daß sie eine wahre Straubingeridylle[47] ist, die von vornherein alle große Industrie, Bauhandwerke, Ackerbau usw. ausschließt, daß sie nur die Verluste der Bourgeois zu tragen haben, ohne ihre Gewinne zu teilen, alles das und hundert andre auf platter Hand liegende Einwände vergißt
5 mehr oder weniger - 6 nichts mehr und nichts weniger
er über <lem Glück seiner plausiblen Illusion. Die Geschichte ist zum Totschießen. Familienvater Grün glaubt natürlich an die neue Erlösung und sieht sich schon im Geist an der Spitze einer Assoziation von 20 000 Ouvriers7 (man will gleich groß anfangen), wobei natürlich seine ganze Familie kostenfrei gespeist, gekleidet und logiert wird. Der Proudh[on] aber blamiert sich und alle französischen Sozialisten und Kommunisten auf ewig, wenn er damit herausrückt, vor den Bourgeoisökonomen. Daher jene Tränen, jenes Polemisieren gegen die Revolution'481, weil er ein friedliches Heilmittel in petto hatte. Der Pr[oudhon] ist grade wie der John Watts. Dieser setzt seinen Beruf drin, trotz seines disrespektablen Atheismus und Sozialismus bei den Bourgeois respektabel zu werden; Pr[oudhon] bietet alles auf, um trotz seiner Polemik gegen die Ökonomen ein großer, anerkannter Ökonom zu werden. So sind die Sektierer. Dabei noch so eine alte Geschichte! 3. Jetzt wieder eine höchst kuriose Geschichte. - Augsburger „Allgemeine Zeitung" vom 21. Juli, Paris 16. Juli. Artikel über die russische Gesandtschaft... „Das ist die offizielle Gesandtschaft - aber ganz außerhalb oder vielmehr über derselben steht ein gewisser Herr von Tolstoi, der keinen Titel hat, übrigens als , Vertrauter des Hofs' bezeichnet wird. Früher im Unterrichtsministerium beschäftigt, kam er mit einer Uterarischen Mission nach Paris, schrieb hier einige Memoires für sein Ministerium, lieferte einige Übersichten der französischen Tagespresse, dann schrieb er nichts mehr, tat aber desto mehr. Er macht ein glänzendes Haus, geht zu aller Welt, empfängt edle Welt, beschäftigt sich mit allem, weiß alles und arrangiert vieles. Er scheint mir der eigentliche russische Botschafter in Paris, ... seine Verwendung bewirkt Wunder" (- alle Polen, die begnadigt sein wollen, adressierten sich an ihn -) „- auf der Gesandtschaft beugt sich alles vor ihm und in Petersburg erfreut er sich großer Rücksichten." Dieser Tolstoi ist niemand anders als unser Tolstoi, der Edle, der uns vorlog, in Rußland seine Güter verkaufen zu wollen.'491 Der Mann hatte außer seiner einen Wohnung, wo er uns hinführte, noch ein glänzendes Hotel in der rue Mathurin, wo er die Diplomatie empfing. Die Polen und viele Franzosen haben das längst gewußt, nur die deutschen Radikalen nicht, bei denen er es für besser hielt, sich als Radikalen zu insinuieren. Der obige Artikel ist von einem Polen geschrieben, den Bernays kennt, und sogleich in den „Corsaire-Satan" und den „National" übergegangen. Tolstoi
7 Arbeitern
hat, als er den Artikel las, weiter nichts bemerkt, als sehr gelacht und Witze darüber gerissen, daß er endlich ausgefunden sei. Er ist jetzt in London und wird, da seine Rolle hier ausgespielt ist, dort sein Glück versuchen. Es ist schade, daß er nicht wiederkommt, ich würde sonst einige Witze mit ihm versucht haben und schließlich in der rue Mathurin meine Karte abgegeben. Daß nach diesem der von ihm empfohlene Annenkow ebenfalls ein russischer Mouchard ist, c'est clair8. Selbst Bakunin, der die ganze Geschichte wissen mußte, da die andern Russen sie gewußt haben, ist sehr verdächtig. Ich werde mir gegen ihn natürlich nichts merken lassen, sondern Revanche an den Russen nehmen. So ungefährlich diese Spione für uns sind, so darf man ihnen das doch nicht passieren lassen. Sie sind gute Sujets, um an ihnen Intrigenexperimente in corpore vili9 zu machen. Dazu sind sie sonst so übel gar nicht. 4. Vater Heß. Nachdem ich dessen auf selbigen fluchende und schimpfende Gattin hier glücklich der Vergessenheit, d.i. dem äußersten Ende des Faubourg St.Antoine, wo da ist Heulen und Zähneklappen (Grün und Gsell), überliefert habe, erhalte ich vor einiger Zeit vermittelst eines gewissen Reinhardt ein ferneres Wiederanknüpfungsschreiben des Kommunistenpapas. Das Ding ist zum Totlachen. Natürlich als ob nichts vorgefallen wäre, ganz in dulci jubilo10, und dazu ganz der alte Heß. Nachdem er konstatiert hat, daß er mit „der Partei" wieder einigermaßen ausgesöhnt (das Judde-Gränzchen scheint falliert zu haben) - „auch wieder Lust am Arbeiten hat" (welches Ereignis mit Glocken eingeläutet werden sollte), folgende historische Notiz (de dato 19. August): „Hier in Köln wär's vor einigen Wochen auf ein Haar zu einer blutigen Erneute gekommen, es waren schon sehr viele bewaffnet" (wozu Moses gewiß nicht gehörte). „Das Ding kam nicht zum Ausbruch, weil die Soldaten sich nicht zeigten" (enormer Triumph des Kölner Schöppchesphilisters) pp. pp Dann von den Bürgerversammlungen, wo „wir", id est „die Partei" und Herr Moses, qua Kommunisten „so vollständig siegten, daß wir" usw. „Wir haben zuerst die Geldaristokraten ... und dann die kleinen Bourgeois mit Glanz" (da sie keine Talente unter sich haben) „aus dem Felde geschlagen. Wir hätten (!) in den Versammlungen zuletzt alles durchsetzen können"' (z.B. den Moses zum Oberbürgermeister machen); „ein Programm, worauf die Versammlung ihre Kandidaten verpflichtete, ging durch, welches" (hört, hört) „von den englischen und französischen Kommu
8 das ist klar - 9 am wertlosen Objekt -10 seligem Jubel
nisten nicht radikaler hätte abgefaßt" (und von niemandem unsinniger als von Mose aufgefaßt) „werden können (!!!) ... Sehe" (sie) „Dich zuweilen nach meiner [Frau]11 um" (es wird beiderseits gewünscht, daß ich die weibliche Seite für meine Rechnung und Gefahr übernehmen möchte, j'en ai les preuves12) ... „und teile dem Ew[erbeck] zur Herzensstärkung dieses mit." Gesegn' Euch Gott diese „Herzensstärkung", dies Manna aus der Wüste. Ich ignoriere das Vieh natürlich komplett - jetzt hat er auch an E[werbeck] geschrieben (und zwar bloß, um seiner weiblichen Seite einen Brief auf dessen Kosten zukommen zu lassen) und droht, in zwei Monaten herzukommen. Wenn er mich besucht, denk' ich ihm auch etwas „zur Herzensstärkung" mitteilen zu können. Da ich einmal im Zuge bin, so will ich Euch schließlich noch mitteilen, daß Heine wieder hier ist und ich vorgestern mit E[werbeck] bei ihm war. Der arme Teufel ist scheußlich auf dem Hund. Er ist mager geworden wie ein Gerippe. Die Gehirnerweichung dehnt sich aus, die Lähmung des Gesichts desgleichen. E[werbeck] sagt, er könne sehr leicht einmal an einer Lungenlähmung oder an irgendeinem plötzlichen Kopfzufall sterben, aber auch noch drei bis vier Jahre abwechselnd besser oder schlechter sich durchschleppen. Er ist natürlich etwas deprimiert, wehmütig, und was am bezeichnendsten ist, äußerst wohlwollend (und zwar ernsthaft) in seinen Urteilen - nur über Mäurer reißt er fortwährend Witze. Sonst bei voller geistiger Energie, aber sein Aussehen, durch einen ergrauenden Bart noch kurioser gemacht (er kann sich um den Mund nicht mehr rasieren lassen), reicht hin, um jeden, der ihn sieht, höchst trauerldötig zu stimmen. Es macht einen höchst fatalen Eindruck, so einen famosen Kerl so Stück für Stück absterben zu sehen. Auch den großen Mäurer hab* ich gesehen. „Männlein, Männlein, was wiegen Sie so leicht!" Der Mann ist wirklich sehenswert, ich hab* ihm die größten Grobheiten gemacht, zum Dank nimmt mich der Esel in seine besondre Affektion und sagt mir nach, ich hätte ein sanftes Gesicht. Er sieht freilich aus wie Karl Moor sechs Wochen nach seinem Tode. Antwortet bald! Euer £ [Paris] Mittwoch, 16. Sept. 46
Amüsiert Euch an folgendem: „Journal des £conomistes", August d.J. enthält in einem Artikel über die Biedermännischen Artikel1501 [über]13 den
11 Papier beschädigt -12 ich habe dafür die Beweise -13 Papier beschädigt
Kommunismus folgendes: erst Heß' ganzer Unsinn komisch französiert, dann heißt es, der nächste ist M.Marx. „M.Marx est un cordoruiier, comme un autre Communiste allemand, Weitling, est un tailleur. Le premier" (M[ar]x) „n'a pas une grande estimer pour Ie communisme fran^ais (!) qu'il a ete assez heureux d'etudier sur les lieux. M. ne sort du reste point non plus" (erkennst Du an dieser Elsässer Phrase nicht Herrn Fix?) „des formules abstraites et il se garde bien d'aborder aucune question veritablement pratique. Selon lui" (gib acht auf den Unsinn) „l'emancipation du peuple allemand sera Ie signal de l'emancipation du genre humain; la tete de cette emancipation serait la philosophie et on cceur le Proletariat. Lorsque tout sera pr^pare, le coq gaulois sonnera. la resurrection germanique ... Marx dit qu'il fcait creer en Allemagne un Proletariat universel (!!) afin de realiser la pensee philosophique du communisme." Sign6 T.F. (mort depuis).14 Das war sein letztes Werk. Der vorherige Band brachte eine gleich komische Kritik meines Buchs151Das Septemberheft enthält eine Kritik über Julium15, die ich noch nicht gelesen.152' In der „Fraternite" ist großer Streit zwischen Materialisten und Spiritualisten gewesen. Die Materialisten, mit 23/22 überstimmt, sind ausgetreten. Das hindert aber die „Fraternite" nicht, einen sehr hübschen Artikel über die verschiednen Zivilisationsstufen und ihre Fähigkeit, sich zum Kommunismus fortzuentwickeln, zu bringen. Schreibt mir bald, da ich in 14 Tagen von hier aus [...]16 so einer Geschichte ein Brief leicht liegen [...]16 oder refüsiert wird im alten Lokal.
[Auf der Adreßteile]
Monsieur Charles Marx au Bois Sauvage, Plaine Ste Gudule, Bruxelles
14 „Herr Marx ist ein Schuhmacher, wie ein anderer deutscher Kommunist, Weitling, ein Schneider ist. Der erstere" (M[ar]x) „hat vom französischen Kommunismus den er so glücklich war, an Ort und Stelle zu studieren, keine sehr hohe Meinung (!). Marx geht im übrigen ebenfalls keineswegs" (erkennst Du an dieser Elsässer Phrase nicht Herrn Fix?) „über abstrakte Formulierungen hinaus und hütet sich wohl, an irgendeine wirklich praktische Frage heranzugehen. Nach ihm" (gib acht auf den Unsinn) „wird die Emanzipation des deutschen Volkes das Signal für die Emanzipation des Menschengeschlechts sein;, der Kopf dieser Emanzipation wird die Philosophie und sein Herz das Proletariat sein. Wenn alles vorbereitet ist, wird der gallische Hahn die deutsche Wiedergeburt ankünden... Marx sagt, daß in Deutschland ein universelles Proletariat (!!) geschaffen werden müsse, um den philosophischen Gedanken des Kommunismus zu verwirklichen." Gezeichnet T. F. (inzwischen verstorben). - 15 Gustav Julius -16 Papier beschädigt
10
Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Eine Masse Sachen, die ich Dir privatim schreiben wollte, sind mir in den Geschäftsbrief hereingeraten, weil ich den zuerst schrieb. Diesmal macht es nichts, daß die andern den Dreck mitlesen. Die Auszüge aus Fauerbach] zu machen, habe ich mich aus einem gewissen Grauen bisher nicht entschließen können. Hier in Paris kommt einem das Zeug vollends laff vor. Ich hab' das Buch1531 aber jetzt im Hause und setze mich ehestens dran. Der süße Kohl Weyd[emeyer]s ist rührend. Der Kerl erklärt erst, ein Manifest abfassen zu wollen, worin er uns für Lumpen erklärt, und wünscht dann, deis möge keine persönlichen Differenzen absetzen. So was ist selbst in Deutschland nur an der hannoversch-preußischen Grenze möglich. Daß Dein Geldpech noch immer anhält, ist schändlich. Ich weiß für unsre Manuskripte1 keinen Verleger außer Leske, den man während der Unterhandlung über die Kritik seines Verlags in Unwissenheit halten müßte. Löwenth[al] nimmt's gewiß nicht, er hat dem B[ernay]s eine sehr gute Spekulation (das Leben des hiesigen Alten, in zwei Bänden, den I. gleich zu drucken und mit dem Tode des Alten sofort zu expedieren, den II. dann gleich folgen zu lassen) unter allerlei lausigen Vorwänden abgeschlagen. Er ist auch feig, er sagt, er könne aus Frankfurt geschaßt werden» B[ernay]s hat Aussicht, bei Brockhaus unterzukommen, der natürlich glaubt, deis Buch werde bourgeoismäßig abgefaßt. - Haben die Westfalen1311 die Manuskripte an D[aniel]s geschickt?1541 - Hast Du von dem Kölner Projekte etwas Näheres gehört? wovon Heß schrieb[SS], Du weißt. - Gottvoll ist aber vor allem der Lüningsche Kohl. Man sieht den Kerl leibhaftig vor sich, wie er einen biedermännischen Schiß in die Hosen riskiert. Wenn wir ihre ganze Lumperei kritisieren, so erklärt der Edle das für eine „Selbstkritik".[56) Es wird diesen Kerls aber bald widerfahren, was geschrieben steht: „Und wenn er keinen Hintern hat, wo will der Edle sitzen?"[57] Und Westfalen scheint allmählich zu merken, daß es keinen Hintern hat, oder,
1 „Die deutsche Ideologie"
um mit Mose zu sprechen, keine „materielle Basis" für seinen Kommunismus. Der Püttmann hat, was mich angeht, so unrecht nicht gehabt, zu sagen, die Brüsseler arbeiteten mit am „Prometheus". Höre, wie fein das Schindluder das angefangen hat. Da ich auch Geld brauchte, schrieb ich ihm, er solle endlich mit dem mir seit Jahr und Tag schuldigen Honorar herausrücken. Der Kerl antwortet, was das Honorar für den einen Aufsatz2 angehe, den er im „Bürgerbuch" abgedruckt, so habe er Leske beauftragt, mir das zu zahlen (ist natürlich noch nicht da), was aber das für den andern Aufsatz3, in dem 2. „Rheinischen Jahrbuch" betreffe, so habe Er das zwar schon vom Verleger erhalten, aber da die deutschen soi-disant4 Kommunisten Ihn, den großen P, mit seinem andern großen P, dem „Prometheus", aufs schändlichste im Stich gelassen hätten, so — sei Er, P No. I, genötigt gewesen, die Honorare (worunter auch welches für E[werbec]k pp.) zum Druck von P No.2 zu verwenden, und werde uns selbiges erst nach x Wochen gezahlt werden können!! Schöne Kerls, wenn man ihnen kein Manuskript gibt, so machen sie main basse5 aufs Geld. So wird man Mitarbeiter und Aktionär am „Prometheus". Die Londoner Adresse1581 hab' ich gestern abend hier "bei den Arbeitern bereits gedruckt gelesen. Schund. Adressieren sich an das „Volk", d.h. die vorausgesetzten Proletarier in Schleswig-Holstein, wo nichts wie plattdeutsche Bauerlümmel und zünftige Straubinger[471 herumstrolchen. Haben von den Engländern gerade den Unsinn, die totale Ignorierung aller wirklich vorliegenden Verhältnisse, Unfähigkeit, eine historische Entwicklung aufzufassen, gelernt. Statt die Frage zu beantworten, wollen sie, daß das in ihrem Sinn gar nicht dort existierende „Volk" sie ignorieren, sich friedlich, passiv verhalten soll; sie denken nicht dran, daß die Bourgeois doch tun, was sie wollen. Mit Abzug der ziemlich überflüssigen und gar nicht mit ihren Schlußresultaten im Zusammenhang stehenden Schimpfereien auf die Bourgeois (die ebensogut durch free-trade-Phrasen ersetzt werden könnten) könnte die free-trade press6 von London, die Schleswig-Holstein nicht im Zollverein sehen will, das Ding erlassen haben. Daß der Julius im preußischen Solde steht und für Rother schreibt, stand schon in deutschen Zeitungen angedeutet. Bourgeois7, der ja so entzückt von seinen edlen Werken war, wie d'E[ster] erzählte, wird sich freuen.
4 „Beschreibung der in neuerer Zeit entstandenen und noch bestehenden kommunistischen Ansiedlungen" - 3 „Das Fest der Nationen in London" - 4 sogenannten - 5 die Hand ... legen - 6 Freihandelspresse - 7 Heinrich Bürgers
Jenny Marx (Jugendbildnis)

wenn er das hört. - Apropos Schleswig-Holstein; der Kutscher8 hat vorgestern in 3 Zeilen dem E[werbec]k geschrieben, man möge sich mit Briefen jetzt in acht nehmen, die Dänen erbrächen alles. Er meint, es könne doch wohl zu den Waffen kommen. Dubito9, aber es ist schön, daß der alte Däne die Schleswig-Holsteiner so derb zusammenfuchst.t59] Hast Du übrigens das berühmte Gedicht „Schleswig-Holstein meerumschlungen" im „Rheinischen Beobachter" gelesen? Es macht etwa folgenden Eindruck, die Worte hab' ich unmöglich behalten können:
Schleswig-Holstein, meerumschlungen, Schleswig-Holstein, stammverwandt, Schleswig-Holstein, deutscher Zungen, - Schleswig-Holstein, deutscher Strand! Schleswig-Holstein, brunstdurchdrungen, Schleswig-Holstein, glutentbrannt, Schleswig-Holstein, ernst gerungen, Schleswig-Holstein, halte Stand! Schleswig-Holstein, frisch gesungen: „Schleswig-Holstein! Dän'scher Tand!" Schleswig-Holstein, bis erklungen: „Schleswig-Holstein", all durchs Land! Schleswig-Holstein, starke Lungen, - Schleswig-Holstein, schwache Hand, Schleswig-Holstein, dumme Jungen, - Schleswig-Holstein, Affenschand.
Schleswig-Holstein, stanftnverwandt; Bleibe treu, mein Vaterland, schließt dann der Dreck. Es ist ein schauderhaftes Lied, wert von Dithmarschen gesungen zu werden, die wieder wert sind, von Püttmann besungen worden zu sein. Die Kölner Bourgeois rüffeln sich. Sie haben einen Protest gegen die Herren Minister erlassen, der für deutsche Bürger das Mögliche ist. Der arme Berliner Kanzelredner10! Mit allen Stadträten seines Reichs liegt er in den Haaren; erst die Berliner theologische Disputation, dann die Breslauer item, jetzt die Kölner Geschichte. Der Bengel gleicht übrigens auf ein Haar dem Jakob dem Ersten von England, den er sich wirklich zum Muster genommen zu haben scheint. Nächstens wird er wohl, wie dieser, auch noch Hexen verbrennen lassen.
8 Georg Weber - 9 Ich zweifle -10 Friedrich Wilhelm IV.
4 Marx/Engels, Werke. Bd. 27
Dem Proudhon hab' ich im Geschäftsbrief11 wirklich himmelschreiendes Unrecht getan. Da in diesem letzteren Brief kein Platz ist, so muß ich's hier redressieren. Ich habe nämlich geglaubt, er habe einen kleinen Unsinn, einen Unsinn innerhalb der Grenzen des Sinns gemacht. Gestern kam die Sache nochmals und ausführlich zur Diskussion, und da erfuhr ich, daß dieser neue Unsinn 'wirklich ein ganz unbegrenzter Unsinn ist. Stelle Dir vor: Proletarier sollen kleine Aktien sparen. Davon wird (unter 10-20 000 Arbeitern fängt man natürlich gar nicht an) zuerst ein oder mehrere Ateliers in einem oder mehreren Handwerken errichtet, ein Teil der Aktionäre dort beschäftigt und die Produkte 1. zum Preis des Rohmaterials plus der Arbeit an die Aktionäre (die so keinen Profit zu zahlen haben), und 2. der etwaige Überschuß zum laufenden Preise im Weltmarkt verkauft. Sowie sich das Kapital der Gesellschaft durch Neuhinzutretende oder durch neue Ersparnisse der alten Aktionäre vermehrt, wird es zur Anlage neuer Ateliers und Fabriken verwandt, und so fort, und so fort, bis - alle Proletarier beschäftigt, alle im Lande befindlichen Produktivkräfte aufgekauft und dadurch die in den Händen der Bourgeois befindlichen Kapitalien die Macht verloren haben, Arbeit zu kommandieren und Profit zu bringen! So hebt mein dann das Kapital auf, indem man „eine Instanz findet, wo das Kapital, d.h. das Zinswesen" (Vergrünung des einigermaßen näher ans Tageslicht gerückten droit d'aubaineI60' von ehedem) „sozusagen verschwindet". Du wirst in diesem von Papa Eisermann zahllose Male wiederholten, also von Grün auswendig gelernten Satze die ursprünglichen Proudhonschen Floskeln noch deutlich durchschimmern sehen. Die Leute haben nichts mehr und nichts weniger im Sinn, als einstweilen ganz Frankreich, später vielleicht auch die übrige Welt, vermöge proletarischer Ersparnisse und unter Verzichtung auf den Profit und die Zinsen ihres Kapitals aufzukaufen. Ist so ein famoser Plan je erdacht worden, und ist es nicht ein viel kürzerer Weg, wenn mein einmal einen tour de force12 machen will, lieber gleich aus dem Silber-schein des Mondes Fünffrankentaler zu prägen. Und die dummen Jungens von Arbeitern hier, die Deutschen mein' ich, glauben an den Dreck; sie, die nicht sechs Sous in der Tasche behalten können, um am Abend ihrer Zusammenkünfte zu einem marchand de vin13 zu gehen, wollen mit ihren Ersparnissen toute la belle France14 aufkaufen. Rothschild und Konsorten sind wahre Stümper neben diesen kolossalen Akkapareurs. Es ist um die Schwerenot zu kriegen. Der Grün hat die Kerls so versaut, daß die un
u siehe vorl. Band, S. 42/43 - 12 (hier:) ein Kunststück -13 Weinhändler - 11 das ganze schöne Frankreich
sinnigste Phrase für sie mehr Sinn hat, als die einfachste, zum ökonomischen Argument vernutzte Tatsache. Daß man gegen solchen barbarischen Unsinn noch pauken muß, ist doch niederträchtig. Aber man muß Geduld haben, und ich lass* die Kerls nicht laufen, bis ich den Grün aus dem Felde geschlagen und ihnen die verduselten Schädel geöffnet hab'. Der einzige klare Kerl, der auch den ganzen Unsinn einsieht, ist unser J[unge], der in Brüssel war. Der E[werbec]k hat den Kerls auch den Kopf voll des tollsten Zeugs gesetzt. Der Kerl ist dir jetzt in einer Konfusion zum Schwanzausreißen, er grenzt von Zeit zu Zeit an Wahnsinn und kann, was er gestern mit seinen eignen Augen gesehen, Dir heute nicht wiedererzählen. Geschweige, was' er gehört. Wie sehr der Kerl aber unter der Fuchtel des Grün gestanden, davon nur dies: als der Trierer Walthr vorigen Winter über die Zensur nach allen Seiten hin jammerte, stellte Grün ihn als einen Märtyrer der Zensur dar, der den edelsten und tapfersten Kampf führe usw., und exploitierte E[werbec]k und die Arbeiter dazu, daß sie eine höchst pomphafte Adresse an diesen Esel von Walthr aufsetzten und unterzeichneten und ihm Dank sagten für seinen Heldenmut im Kampfe für die Freiheit des Wortes!!!! Der Efwerbeck] schämt sich wie ein Mops und ärgert sich wütend über sich selbst; aber der Unsinn ist geschehen, und jetzt hat man ihm und den Arbeitern die paar Worte wieder auszupauken, die er sich selbst mit saurem Schweiß in den Kopf hineingestiert und den Arbeitern dann mit ebenso saurem Schweiß eingebleut hat. Denn er versteht nichts, bis er's nicht auswendig gelernt hat, und dann versteht er's meist noch falsch. Wenn er nicht den enormen guten Willen hätte und dabei sonst so ein liebenswürdiger Kerl wäre, was er jetzt mehr als je ist, so wäre gar nicht mit ihm fertig zu werden. Es soll mich wundern, wie es mir mit ihm gerät; zuweilen macht er ganz nette Bemerkungen, gleich drauf aber wieder den größten Unsinn - so seine jetzt in Gott ruhenden deutschen Geschichtsvorträge, bei denen man sich wegen der in jedem Wort befindlichen Schnitzer und Tollheiten kaum das Lachen verbeißen konnte. Aber, wie gesagt, enormer Eifer und Eingehen auf alles, mit merkwürdiger Bereitwilligkeit, und ein unverwüstlicher guter Humor und Selbstironie. Ich mag den Kerl, trotz seines Unsinns, besser leiden als je.
Von B[ernay]s ist nicht viel zu sagen. Ich war mehrmals draußen, er einmal hier. Kommt wahrscheinlich Winter her, fehlt nur an Geld. Westfalen hat ihm fr. 200 geschickt, ihn zu bestechen; er nimmt das Geld, läßt sie im übrigen natürlich laufen. Weyd[emeyer] hatte ihm das Geld vorher angeboten, er schreibt, er müsse/r. 2000 haben, sonst könne ihm's nicht nützen, ich sagte ihm, was die Westfalen antworten würden, sie könnten nichts
liquid15 machen pp. - traf wörtlich ein. Zum Dank behält er die fr. 200. Er lebt ganz fidel, aus seiner ganzen tragischen Geschichte macht er gegen niemand ein Geheimnis, steht sich ganz fidel mit den Leuten, lebt wie ein Bauer, arbeitet im Garten, frißt gut; ich hab' ihn im Verdacht, ein Bauermädel zu beschlafen, und hat auch aufgehört, mit seinen Leiden Etalage zu machen. Ist auch dahin gekommen, über die Parteistreitigkeiten klarere und verständigere Ansichten zu hegen, obwohl er selbst jedesmal, wenn so etwas vorfällt, etwas Camille Desmoulins spielen möchte und überhaupt zum Parteimann nicht taugt; wegen seiner Meinungen über das Recht ist ihm jetzt nicht gut beizukommen, weil er mit dem Einwurf: Ökonomie, Industrie pp. sei nicht sein Fach, jedesmal abzubrechen sucht und bei den seltnen Zusammenkünften keine ordentliche Diskussion zustande kommt; ich glaube indes schon etwas Bresche geschossen zu haben, und wenn er herkommt, werd' ich ihm sein Mißverständnis wohl schließlich nehmen können. - Was machen die Leute dort? Dein E. [Paris] 11, rue etc., 18.Sept. 46
Query16: Ist die Geschichte mit dem Tolstoi17, die vollständig richtig ist, nicht den Londonern mitzuteilen? Die Deutschen könnten, falls er bei ihnen seine Rolle fortspielte, einmal ein paar Polen scheußlich kompromittieren. Wenn sich der Kerl auf Dich beriefe? Bern[ay]s hat eine Broschüre in der Roth[sc]hildschen Polemik'611 geschrieben, kommt in der Schweiz deutsch und in einigen Tagen hier französisch heraus.
15 flüssig - 16 Frage -17 siehe vorl. Band, S. 43/44
1!
Engels an Marx in Brüsselt62)
[Paris, September 1846] ... 7. sollten sie die §§ wegen Dividendenteilung in §§ wegen Schadenteilung verwandeln, denn wenn alles das nicht wäre, so machen sie schon wegen des famosen Prinzips bankerott, den Schaden ganz zu tragen, aber den Profit zu teilen. Sie müßten also doppelt so gute Geschäfte machen wie jeder andre Buchhändler, um sich zu halten; es ist aber ein Faktum, daß alle bisherigen ausschließlich oder nur vorzugsweise mit verbotnen Schriften handelnden Buchhändler - Fröbel, Wigand, Leske-sich auf die Dauer ruiniert haben: 1. durch Konfiskation, 2. durch Ausschließung von Märkten, die 4;1 doch immer stattfindet, 3. durch Bescheißung von Seiten der Kommissionäre und Sortimentshändler, 4. durch Polizeidrohungen, Prozesse pp., 5. durch die Konkurrenz der Buchhändler, die nur von Zeit zu Zeit etwas Anrüchiges drucken lassen, bei denen die Polizei also seltner einspricht, und die dabei doch mehr Chance haben, Manuskripte zu bekommen, welche ziehen, während jenen stereotypen der Schund und die nicht ziehenden Bücher blieben. Der buchhändlerische Kampf mit der Polizei kann nur mit Profit geführt werden, wenn viele Verleger sich darin beteiligen, es ist essentiellement2 ein Guerillakrieg, und man verdient nur, wenn man selten so etwas riskiert. Der Markt ist nicht groß genug, um eine specialite3 aus dem Artikel zu machen. Es ist übrigens Wurst, ob die Gesellschaft sich ruiniert, sie ruiniert sich doch, mag sie's anfangen wie sie will; aber bei der Garantie ruiniert sie sich zu rasch, das gibt ein hitziges Fieber mit drei Krisen, von denen die dritte gewiß tödlich ist. Für die zu erwartende Zufuhr von Manuskripten, die nicht übergroß sein wird, wäre eine gelinde Schwindsucht passender. Es ist nur schlimm, daß ihr Kapital zu sehr angegriffen wird, wenn sie selbst druckt. Sie müßte so viel haben, daß sie ca. l1/? Jahr drucken könnte; denn gesetzt, das Kapital sei = 3000 Taler, das sie im ersten Jahr verwendet; die Ostermessen-Abrechnung bringt ihr bei erträglichen Geschäften ca. 2/3,
1 mehr oder weniger — 2 im wesentlichen - 3 Besonderheit
also 2000 Taler mindestens. Sie muß also noch wenigstens 1000 Taler fürs zweite Jahr über jene 3000Taler haben. So bleibt stets ca. 1/s~1U des Kapitals engagiert, in Krebsen, schlechten Zahlern usw. Vielleicht ließe sich dies unter Vorwand von allmählich abzahlbarem Vorschuß extra von den Aktionären aufbringen. Es ist übrigens nötig, sich vorher mit einem Buchhändler zu benehmen, um genau zu wissen, wieviel vom angelegten Kapital am Ende des 1 .Jahrs steckenbleibt, oder in wieviel Zeit man sein Gesamtkapital einmal umschlagen kann. Ich weiß das so genau nicht, ich habe aber Gründe, zu glauben, daß ich in den obigen Rechnungen eher zuwenig als zuviel stets engagiertes Kapital angenommen. Der Herr Gerant mit seinen 20% vom Gewinn wird reich werden. Wenn in den Reservefonds auch 10% vom etwaigen Schaden kommen, so gibt das ein hübsches Minus. Was die Garantie für die Schriftsteller für Folgen hat, davon will ich gar nicht sprechen. Ich bin der Meinung, daß man sie abschlagen muß, wenn sie für größre Werke offeriert wird. Einmal die Gesellschaft auf dieser Basis etabliert, können wir keinem andren Buchhändler mehr was antragen, ohne daß er glaubt, die Gesellschaft habe es refiisiert. Davon abgesehen, daß dieselben Gründe, aus denen wir sie den Westfalen1-311 abschlugen, auch hier existieren. Weder unsre Ehre, noch unser Interesse raten uns, darauf einzugehen. Im einzelnen: 7 im Tendenzkomitee sind zuviel. Drei, höchstens 5, sind genug. Man bekommt sonst Esel hinein oder gar Intriganten. Das Tendenzkomitee muß doch + in Brüssel wohnen. Wo ist da bei 7 Mitgliedern eine Wahl möglich? Ist auch gar kein Grund, daß so viele sein sollen. Wir werden doch die Arbeit tun müssen, und ich bin dabei für mein Teil, was sollen uns also all die Beisitzer? Übrigens, wenn es den Gutachten des Tendenzkomitees geht wie denen der Provinziallandtage, wie dann? Es wird eine Heidenarbeit werden, all diese schriftlichen Gutachten, indessen, daß wir uns dem entziehen, daran ist kein Gedanke. Wie gesagt, ich bin dabei für mein Teil. - Query4: Wenn die Bourgeois einen wahrhaft sozialistischen Aufsichtsrat ernennen, der unsre Gutachten outre passiert5, wie dann?
4 Frage - 5 überschreitet
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Engels an Marx in Brüssel
. [Paris, 18. Oktober 1846]
Lieber M., Ich habe mich endlich nach langem Widerstreben drangemacht, den Dreck von Feuerb[ach] durchzulesen, und finde, daß wir in unsrer Kritik1 darauf nicht eingehen können. Weshalb, wirst Du sehen, nachdem ich Dir den Hauptinhalt mitgeteilt. „Das Wesen der Religion", „Epigonen", Bd.I, p. 117-178. - „Das Ab' hängigkeitsgefühl des Menschen ist der Grund der Religion", p. 117. Da der Mensch zuerst von der Natur abhängig, so „ist die Natur der erste ursprüngliche Gegenstand der Religion", p. 118. („Natur ist nur ein allgemeines Wort zur Bezeichnung der Wesen, Dinge pp., die der Mensch von sich und seinen Produkten unterscheidet.") Die ersten religiösen Äußerungen sind Feste, in denen Naturprozesse, Wechsel der Jahreszeiten pp. dargestellt. Die speziellen Naturverhältnisse und Produkte, in deren Umgebung ein Stamm oder Volk lebt, gehen in seine Religion über. - Der Mensch wurde in seiner Entwicklung von andern Wesen unterstützt, die aber nicht Wesen höherer Art, Engel waren, sondern Wesen niederer Art, Tiere. Daher Tierkultus (folgt eine Apologie der Heiden gegen die Angriffe der Juden und Christen, trivial). - Die Natur bleibt fortwährend, auch bei den Christen, der verborgne Hintergrund der Religion. Die den Unterschied Gottes vom Menschen begründenden Eigenschaften sind Eigenschaften der Natur (ursprünglich, der Grundlage nach). So Allmacht, Ewigkeit, Universalität pp. Der wirkliche Inhalt Gottes ist nur die Natur; d.h. insofern Gott nur als Urheber der Natur, nicht als politischer und moralischer Gesetzgeber vorgestellt wird. - Polemik gegen die Schöpfung der Natur durch ein verständiges Wesen, gegen die Schöpfung aus Nichts usw. - meist „vermenschlichter", d.h. in gemütliches, Bürgerherzen-ergreifendes Deutsch übersetzter materialismus vulgaris. - Die Natur in der Naturreligion ist nicht Gegenstand als Natur, sondern „als persönliches, lebendiges, emp
1 „Die deutsche Ideologie"
findendes Wesen... als Gemüts-wesen, d.i. subjektives, menschliches Wesen", p. 138. Daher betet man sie an, sucht sie durch menschliche Beweggründe pp. zu bestimmen. Dies kommt hauptsächlich daher, daß die Natur veränderlich ist. „Das Gefühl der Abhängigkeit von der Natur in Verbindung mit der Vorstellung der Natur als eines willkürlich tätigen, persönlichen Wesens ist der Grund des Opfers, des wesentlichsten Aktes der Naturreligion", p.I40. Da aber der Zweck des Opfers ein selbstsüchtiger ist, so ist der Mensch doch das Endziel der Religion, die Gottheit des Menschen ihr Endzweck. - Folgen triviale Glossen und feierliche Auseinandersetzungen darüber, daß rohes Volk, das noch Naturreligion hat, auch Dinge zu Göttern macht, die ihm unangenehm sind, Pest, Fieber usw. „So wie der Mensch aus einem nur physikalischen Wesen ein politisches, überhaupt von der Natur sich unterscheidendes und sich auf sich selbst konzentrierendes Wesen"(ü!) wird, so wird auch sein Gott zu einem politischen, von der Natur unterschiedenen Wesen. „Daher" kommt „der Mensch zur Unterscheidung seines Wesens von der Natur und folglich zu einem von der Natur unterschiednen Gott zunächst nur durch seine Vereinigung mit andern Menschen zu einem Gemeinwesen, wo ihm von der Natur unterschiedene, nur im Gedanken oder in der Vorstellung existierende Mächte (!!!) die Macht des Gesetzes, der Meinung, der Ehre, der Tugend Gegenstand seines Abhängigkeitsgefühles ... wird." (Dieser scheußlich stilisierte Satz steht p. 149.) Die Naturmacht, die Macht über Leben und Tod, wird herabgesetzt zu einem Attribut und Werkzeug der politischen und moralischen Macht. Intermezzo p. 151 über OrientalenKonservative und Okzidentalen-Progressisten. „Im Orient vergißt der Mensch nicht über dem Menschen die Natur... Der König selbst ist ihm nicht als ein irdisches, sondern als ein himmlisches, göttliches Wesen Gegenstand. Neben einem Gotte aber verschwindet der Mensch, erst wo die Erde sich entgöttert... erst da haben die Menschen Raum und Platz für sich." (Schöne Erklärung, weshalb die Orientalen stabil. Wegen der vielen Götzenbilder, die den Raum wegnehmen.) Der Orientale verhält sich zum Okzidentalen wie der Landmann zum Städter, jener ist abhängig von der Natur, dieser vom Menschen pp., „nur die Städter machen darum Geschichte" (hier der einzige leise, aber etwas übelriechende Anhauch von Materialismus). „Nur wer die Macht der Natur der Macht der Meinung, sein Leben seinem Namen, seine Existenz im Leibe seiner Existenz im Munde und Sinne der Nachwelt aufzuopfern vermag, nur der ist fähig zu geschichtlichen Taten." Voila.2 Alles, was nicht Natur ist, ist Vorstellung, Meinung,
2 Sieh da.
Flause. Daher ist auch „nur die menschliche ,Eitelkeit' das Prinzip der Geschichte"! p.152: „Sowie der Mensch zum Bewußtsein kommt, daß... Laster und Torheit, Unglück pp., Tugend und Weisheit dagegen... Glück zur Folge haben, folglich die das Schicksal der Menschen bestimmenden Mächte Verstand und Wille sind... so ist ihm auch die Natur ein von Verstand und Wille abhängiges Wesen." (Übergang zum MonotheismusFauerbach] teilt das obige illusorische „Bewußtsein" von der Macht des Verstandes und Willens.) Mit der Herrschaft von Verstand und Willen über die Welt kommt dann der Supernaturalismus, die Schöpfung aus Nichts, und der Monotheismus, der noch speziell aus der „Einheit des menschlichen Bewußtseins" erklärt wird. Daß der Eine Gott ohne den Einen König nie zustande gekommen wäre, die Einheit des die vielen Naturerscheinungen kontrollierenden, die widerstreitenden Naturkräfte zusammenhaltenden Gottes nur das Abbild des Einen, die widerstreitenden, in ihren Interessen kollidierenden Individuen scheinbar oder wirklich zusammenhaltenden orientalischen Despoten ist, hat Ffeuerbach] für überflüssig gehalten zu sagen. - Langer Kohl gegen die Teleologie, Kopie der alten Materialisten. Dabei begeht Fauerbach] denselben Schnitzer gegenüber der wirklichen Welt, den er den Theologen vorwirft, gegen die Natur zu begehen. Er reißt schlechte Witze darüber, daß die Theologen behaupten, ohne Gott müsse sich die Natur in Anarchie auflösen (d.h. ohne den Glauben an Gott fiele sie in Fetzen), Gottes Wille, Verstand, Meinung sei das Band der Welt; und er selbst glaubt ja, die Meinung, die Furcht vor der öffentlichen Meinung, vor Gesetzen und andern Ideen hielte jetzt die Welt zusammen. - Bei einem Argument gegen die Teleologie tritt Fauerbach] ganz als laudator temporis praesentis3 auf: die enorme Sterblichkeit der Kinder in den ersten Lebensjahren kommt daher, weil „die Natur bei ihrem Reichtum ohne Bedenken Tausende der einzelnen Glieder aufopfert";... „es ist eine Folge natürlicher Ursachen, daß ... z.B. im ersten Jahre ein Kind von 3-4, im fünften eins von 25 pp. stirbt". Mit Ausnahme der wenigen, hier spezifizierten Sätze ist nichts zu bemerken. Über die geschichtliche Entwicklung der verschiedenen Religionen erfährt man nichts. Höchstens werden Beispiele aus ihnen zu[ge]geben, um die obigen Trivialitäten zu beweisen. Die Hauptmasse des Artikels besteht aus Polemik gegen Gott und die Christen, ganz in der Weise, wie er's bisher gemacht, nur daß jetzt, wo er sich erschöpft hat, trotz aller Wiederholungen des alten Kohls die Abhängigkeit von den Materialisten viel frecher hervortritt. Wenn man über die Trivialitäten über Naturreligion, 3 Lobredner der Gegenwart (Horaz: Ars poetica)
Polytheismus, Monotheismus etwas sagen wollte, müßte man die wirkliche Entwicklung dieser Religionsformen dagegenstellen, wozu man sie erst studieren müßte. Das geht uns aber für unsre Arbeit ebensowenig an, wie seine Erklärung des Christentums. Für F[euerbach]s positiv-philosophischen Standpunkt gibt der Aufsatz nichts Neues, die paar zu kritisierenden Sätze, die ich oben exzerpiert habe, bestätigen nur, was wir schon gesagt haben. Sieh doch, wenn Dich der Kerl weiter interessiert, daß Du von Kießling direkt oder indirekt den I.Band seiner gesammelten Werke einmal in die Finger bekommst, da hat er noch eine Art Vorwort geschrieben, worin noch was sein könnte. Ich habe Auszüge gesehen, wo Fauerbach] von „Übeln des Kopfes" und „Übeln des Magens" spricht, so eine schwache Art Apologie, warum er nicht sich um wirkliche Interessen bekümmert. Gerade wie er mir vor l1^ Jahren schrieb. Eben erhalt'ich Deinen Brief, der wegen meines Wohnungswechsels ein paar Tage in der alten Wohnung liegenblieb. Die Versuche mit den Schweizer Buchhändlern werde ich machen. Ich glaube aber schwerlich, daß ich unterkomme. Die Kerls haben alle kein Geld, um 50 Bogen zu drucken. Ich bin der Ansicht, daß wir nichts gedruckt kriegen, wenn wir die Sachen nicht trennen und die Bände einzeln unterzubringen suchen, zuerst die philosophische Geschichte, die pressiert am meisten, und dann das andre. 50 Bogen auf einmal ist so gefährlich groß, daß viele Buchhändler es schon deswegen nicht nehmen, weil sie es nicht können. - Da war ja auch noch der Bremer Küttmann4 oder wie er hieß, den uns Moses und Weitling abspenstig machten; der Kerl wollte verbietenswürdige Bücher drucken, aber nicht viel bezahlen; wir können uns mit diesem Manuskript an ihn wenden, ganz gut. Was meinst Du, wenn man die Geschichte teilte, und dem einen den 1., dem andern den 2.Band anböte? Der Vogler weiß die Adresse des Kfühtmann] in Bremen. Der List ist so gut wie fertig.5 Die Geschichten im „Volkstribunen"1631 hab' ich gesehen, vor ungefähr 3 Wochen. Mir ist so was lächerlich Dummes noch nicht vorgekommen. Die Infamie des Bruder Weitling erreicht ihre Spitze in diesem Brief an Kriege. Was übrigens das Detail angeht, so ist es mir nicht mehr erinnerlich genug, um darüber etwas sagen zu können. Ich bin aber ebenfalls der Meinung, daß man sowohl auf Krieges wie der Straubinger1471 Proklamation repliziert, sie mit der Nase draufstößt, wie sie leugnen, gesagt zu haben, weis wir ihnen vorwerfen, während sie zugleich dieselben geleugneten Dummheiten wieder in ihrer Antwort proklamieren; und daß namentlich der Kriege mit seinem hochmoralischen Pathos und seiner Entrüstung über 1 Kühtmann - 6 siehe vorl. Band, S. 11 und 26
unsren Spott gehörig was aufs Dach kriegt. Da die Nummern eben jetzt unter den hiesigen Straubingern zirkulieren, so kann ich sie mir nicht verschaffen, ohne 4-5 Tage warten zu müssen. Die hiesigen Straubinger bellen fürchterlich gegen mich. Namentlich 3-4 „gebildete" Arbeiter, die E[werbec]k und Grün in die Geheimnisse des wahren Menschentums eingeweiht. Aber ich bin vermöge einiger Geduld und etwas Terrorismus durchgedrungen, die große Menge geht mit mir. Der Grün hat sich vom Kommunismus losgesagt, und diese „Gebildeten" hatten große Lust, mitzugehen. Da hab' ich grade durchgehauen, den alten Eisermann so eingeschüchtert, daß er nicht mehr kommt, und den Kommanismus oder Nicht-Kommunismus kontradiktorisch diskutieren lassen. Heut abend wird abgestimmt, ob die Versammlung kommunistisch ist oder, wie die Gebildeten sagen, „für das Wohl der Menschheit". Die Majorität ist mir sicher. Ich hab* erklärt, wenn sie nicht Kommunisten wären, könnten sie mir gestohlen werden, da kam* ich nicht mehr. Heut abend werden die Schüler Grüns definitiv gestürzt, und dann werd' ich ganz aus dem Rohen anzufangen haben. - Von den Forderungen, die diese jebildeten Straubinger an mich machten, hast Du gar keine Vorstellung. „Milde", „Sanftmut", „warme Brüderlichkeit". Ich hab' sie aber gehörig gerüffelt, jeden Abend bracht' ich ihre ganze Opposition von 5, 6, 7 Kerls (denn im Anfang hatt* ich die ganze Boutique6 gegen mich) zum Schweigen. Nächstens mehr über diese ganze Historie, die allerlei Lichter auf Herrn Grün wirft. Proudhon soll in 14 Tagen herkommen. Das wird schön werden. Hier ist so was im Werke von einer Zeitschrift7. Das Zigarrenmännlein Mäurer behauptet, Geld dazu bekommen zu können. Ich glaub' dem Kerl aber nicht, bis das Geld da ist. Wird weis draus, so ist schon alles so eingerichtet, daß das Ding uns ganz in die Hände kommt. Mäurern, dem ostensiblen Redakteur, hab' ich das Recht gelassen, seinen eignen Unsinn drin zu drucken, das ging nicht anders. Alles übrige geht durch meine Hände, ich hab' absolutes Veto.Was ich schreibe, natürlich Pseudonym oder anonym. Jedenfalls wird das Ding, wenn es zustande kommt, weder dem Heß, noch dem Grün, noch sonst einer wüsten Richtung in die Hände geraten. Es wäre ganz gut, um etwas zu fegen. Sprich aber niemanden davon, eh* es zustande ist, es muß sich noch diese Woche entscheiden. Leb wohl und schreib bald. E. 23, rue de Lille, Fbg. St.Germain 6 Bude - 7 „Pariser Hören"
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Engels an das kommunistische Korrespondenz-Komitee in Brüssel
Komiteebrief No.3
Über die hiesigen Straubingergeschichten ist wenig zu sagen. Die Hauptsache ist, daß die verschiedenen Streitpunkte, die ich bisher mit den Jungens auszufechten hatte, jetzt entschieden sind: der Hauptanhänger und Schüler Grüns, Papa Eisermann, ist herausgeschmissen, die übrigen sind in ihrem Einfluß auf die Masse vollständig gestürzt, und ich habe einen Beschluß einstimmig gegen sie durchgesetzt. Der kurze Verlauf ist der: Über den Proudh[on]schen Assoziationsplan wurde 3 Abende diskutiert. Anfangs hatte ich beinah die ganze Clique, zuletzt nur noch Eis[ermann] und die übrigen 3 Grünianer gegen mich. Die Hauptsache dabei war, die Notwendigkeit der gewaltsamen Revolution nachzuweisen1 und überhaupt den Grünschen wahren Sozialismus, der in der Proudhonschen Panacee neue Lebenskräfte gefunden, als antiproletarisch, kleinbürgerlich straubingerisch zurückzuweisen2. Zuletzt wurd' ich wütend über die ewige Wiederholung derselben Argumente von Seiten meiner Gegner und attakkierte die Straubinger[47) geradezu, was bei den Grünianern große Entrüstung erregte, wodurch ich aber dem edlen Eiserm[ann] einen offnen Angriff auf den Kommunismus entlockte. Darauf deckelte ich ihn so rücksichtslos, daß er gar nicht wiederkam. Jetzt knüpfte ich an die mir vom Eis[ermann] gegebne Handhabe - die Attacke gegen den Kommunismus - an, um so mehr, als Grün in einem fort intrigierte, auf den Ateliers3 herumlief, sonntags die Leute zu sich zitierte pp., und den Sonntag nach der obigen Sitzung selbst die grenzenlose Dummheit beging, vor 8-10 Straubingern den Kommunismus zu attackieren. Ich erklärte also, ehe ich mich auf weitere Diskussionen einließe, müsse abgestimmt werden, ob wir hier qua Kommunisten zusammenkämen oder nicht. Im ersten Falle müsse Sorge getragen werden, daß Angriffe auf den
1 Im Original: zurückzuweisen -2 im Original: nachzuweisen - 3 Werkstätten
Kommunismus, wie die von Eis[ermann], nicht mehr vorkämen, im andern Fall, wenn sie bloß beliebige Individuen seien, die hier über dies und jenes beliebige diskutierten, könnten sie mir gestohlen werden und würde ich nicht wiederkommen. Dies erregte großes Entsetzen bei den Grünianern, sie seien hier „für das Wohl der Menschheit" zusammen, um sich aufzuklären, Männer des Fortschritts und nicht einseitig, Systemfänger pp., und solche Biedermänner könne man doch unmöglich „beliebige Menschen" nennen. Übrigens müßten sie erst wissen, was Kommunismus eigentlich sei (diese Hunde, die sich seit Jahren Kommunisten genannt haben und bloß durch die Furcht vor Grün und Eiserm[ann] abspenstig wurden, nachdem diese sich unter dem Vorwande des Kommunismus bei ihnen eingeschlichen hatten!). Ich ließ mich natürlich nicht durch ihre liebevolle Bitte fangen, ihnen, den Unwissenden, in 2 bis 3 Worten zu sagen, was Kommunismus sei. Ich gab ihnen eine höchst simple Definition, die gerade so weit [ging]4 wie die vorliegenden streitigen Punkte, die die Friedlichkeit, die Zartheit und Rücksicht gegen die Bourgeois resp. das Straubingertum und endlich die Proudhonsche Aktiengesellschaft nebst beibehaltenem individuellem Besitz und was sich daran knüpft durch Behauptung der Gütergemeinschaft ausschloß, und im übrigen nichts enthielt, was Anlaß zu Abschweifungen und zur Umgehung der vorgeschlagenen Abstimmung geben könnte. Ich definierte also die Absichten der Kommunisten dahin: 1. die Interessen der Proletarier im Gegensatz zu denen der Bourgeois durchzusetzen; 2. dies durch Aufhebung des Privateigentums und Ersetzung desselben durch die Gütergemeinschaft zu tun; 3. kein andres Mittel zur Durchführung dieser Absichten anzuerkennen als die gewaltsame, demokratische Revolution. - Hierüber zwei Abende diskutiert. Am zweiten ging der beste der 3 Grünianer, die Stimmung der Majorität merkend, vollständig zu mir über. Die andern beiden widersprachen sich fortwährend einer dem andern, ohne es zu merken. Mehrere Kerls, die noch nie gesprochen, taten auf einmal das Maul auf und erklärten sich ganz entschieden für mich. Bisher hatte dies nur Junge getan. Einige dieser homines novi5 sprachen, obwohl zitternd vor Todesangst steckenzubleiben, ganz nett und scheinen überhaupt ganz gesunden Verstand zu haben. Kurz, als es zur Abstimmung kam, wurde die Versammlung für eine kommunistische im Sinne der obigen Definition erklärt von 13 Stimmen gegen die beiden der zwei treu gebliebnen Grünianer, - von denen einer auch nachträglich erklärt hat, daß er die größte Begierde habe, sich zu bekehren.
4 Papier beschädigt - 5 neuen Leute
Hiermit ist endlich einmal tabula rasa gemacht, und man kann jetzt anfangen, etwas aus den Kerls zu machen, soweit dies geht. Grün, der sich aus seiner Geldgeschichte leicht herausreißen konnte, weil die Hauptgläubiger ebenselbige Grünianer waren, seine Hauptanhänger, ist jetzt bei der Majorität und einem Teil seiner Anhänger selbst sehr herunter und trotz aller Intrigen und Experimente (z.B. in der Mütze auf die Barriereversammlungen gehen pp.) mit seiner Proudhonschen Sozietät glänzend durchgefallen. Wär' ich nicht dagewesen, so hätte unser Freund E[werbec]k allerdings tete baissee6 dahinein gegeben. Was der Grün für ein schönes Stratagem hatte! An der Intelligenz seiner Kerls verzweifelnd, repetiert er ihnen seine Geschichten so oft vor, bis sie sie auswendig können. Nach jeder Sitzung - es war natürlich nichts leichter, als so eine Opposition zum Schweigen zu bringen - lief die ganze geschlagne Bande zu Grün, erzählten, was ich gesagt hatte - natürlich alles entstellt -, und ließen sich wieder wappnen. Wenn sie dann das Maul auftaten und zwei Worte gesagt, so wußte mein jedesmal den ganzen Satz vorher. Natürlich nahm ich mich bei dieser Zwischenträgerei sehr in acht, den Kerls irgend etwas Allgemeines zu sagen, was Herrn Grün zu neuen Ausschmückungen seines wahren Sozialismus dienen könnte; dennoch aber hat der Hund in der „Kölner [Zeitung]" mit diversen Entstellungen bei Gelegenheit der Genfer Revolution1641 Sachen exploitiert, die ich den Straubingern sagte, während er ihnen hier das Gegenteil einpaukte. Er treibt jetzt Nationalökonomie, der Brave. Das Buch von Proudhon[4S] werdet Ihr angezeigt gesehen haben. Ich werde es dieser Tage bekommen; es kostet 15 fr., man kann es nicht kaufen, das ist zu teuer. Das obige Publikum, vor dem die Geschichte aufgeführt worden, besteht aus ca. 20 Schreinern, die sonst nur auf der Barriere noch mit allerlei Volks sich versammeln, außer einem Sängerklub keine eigentlich geschlossene Verbindung haben, sonst aber teilweise Rudera des Bundes der Gerechtigkeit1421 sind. Könnte man sich öffentlich versammeln, so würden wir bald über 100 Kerls aus den Schreinern allein haben. Von den Schneidern kenn* ich nur einige, die auch in die Schreinerversammlung kommen. Von Schmieden und Gerbern ist in ganz Paris nichts zu erfahren. Kein Mensch weiß was von ihnen. Kriege hat dieser Tage seinen Bericht als Mann der Gerechtigkeit an die „Halle" (Zentralverwaltung) abgestattet. Natürlich hab* ich das Send
6 sich unbedacht
schreiben gelesen; da dies aber Eidesverletzung war, worauf Todesstrafe, Dolch, Strang und Gift stehen, so müßt Ihr das nirgends hinschreiben. Der Brief beweist, gerade wie seine Replik auf unsren Angriff7, daß dieser Angriff ihm sehr genützt hat und er sich jetzt doch mehr um die Dinge dieser Welt kümmert. Er gab eine lange Erzählung ihrer Schwierigkeiten. Der erste Abschnitt dieser amerikanischen Straubingergeschichte enthielt ihr Pech - offenbar stand Kriege an der Spitze und betrieb die Geldgeschichten vom Standpunkt des weltumfassenden Herzens aus, der „Tribun" wurde verschenkt, nicht verkauft, Liebesgaben bildeten den Fonds, kurz, man wollte Kapitel 111-VI der Apostelgeschichte wieder aufführen, Ananias und Sapphira fehlten auch nicht, und zum Schluß fand man sich voller Schulden. Die zweite Periode, wo Kriege zum bloßen „Registrator" wird und andre Kerle an die Verwaltung der Geldgeschäfte getreten zu sein scheinen, die des Aufkommens. Statt an die volle Brust der Menschen zu appellieren, wurde jetzt an ihre tanzlustigen Beine und überhaupt an die unkommunistischen Seiten appelliert, und mein fand zu seinem Erstaunen, daß durch Bälle, Landpartien pp. das nötige Geld vollständig aufzubringen sei, und daß auch die Schlechtigkeit der Menschen für den Kommunismus exploitiert werden könne. Jetzt seien sie vollständig pekuniär auf dem Strumpf. Unter den „Hindernissen", die sie zu überwinden hatten, zählt der tapfre Tecklenburger9 auch die allseitigen Verleumdungen und Verdächtigungen auf, die sie, u.a. „zuletzt noch von den .kommunistischen' Philosophen in Brüssel", zu erdulden hätten. Im übrigen schwatzt er einiges triviale Zeug gegen die Kolonien, empfiehlt ihnen (d.h. seinen entschiedensten Feinden) den „Bruder Weitling", hält sich aber im ganzen ziemlich irdisch, wenn auch etwas gesalbt, und nur von Zeit zu Zeit so etwas Gestöhn von Brüderlichkeit usw. Habt Ihr dort die „Reforme"? Wenn Ihr sie nicht lest, schreibt es mir, ich werd* Euch dann berichten, wenn was Besondres drinsteht. Seit 4 Tagen reitet sie auf dem „National" herum wegen seines Refus, einer Petition, die wegen Wahlreform hier zirkuliert, seine unbedingte Adhäsion zu geben. Dies geschehe, behauptet sie, aus bloßer Hinneigung für Thiers. Vor einiger Zeit zirkulierte hier, Bastide und Thomas seien vom „National" ausgetreten, Marrast sei allein geblieben, und dieser habe mit Thiers Allianz gemacht. Der „National" widerrief. Veränderungen in seiner Redaktion sind allerdings vorgegangen, Genaueres weiß ich nicht; daß er seit einem Jahre besonders günstig für Thiers ist, ist bekannt; die „Reforme" setzt ihm nun
7 „Zirkular gegen Kriege" - 8 mehr oder weniger - 9 Hermann Kriege
auseinander, wie sehr er sich durch diese Hinneigung in Blamagen verritten hat. - Übrigens hat der „National" aus bloßer Opposition gegen die „Reforme" in der letzten Zeit einige Dummheiten gemacht, so die von der „Reforme" zuerst erzählte portugiesische Kontrerevolution1651 aus bloßer Malice geleugnet, bis er nicht mehr konnte usw. Die „Reforme" plagt sich jetzt, eine ebenso brillante Polemik zu führen wie der „National", aber es geht nicht. Nachdem ich bis hieher geschrieben, ging ich noch zu den Straubingern, wo sich folgendes herausstellte: Der Grün, zu ohnmächtig, mir irgendwie Schaden anzutun, läßt mich jetzt auf der Barriere denunzieren. Der Eis[ermann] attackiert in der öffentlichen und von Mouchards besuchten Barriereversammlung den Kommunismus, wo ihm natürlich keiner antworten kann, ohne sich der Gefahr des Geschaßtwerdens auszusetzen; der Junge hat ihm sehr wütend geantwortet, ist aber von uns gestern verwarnt. Darauf hat der Eis[ermann] den J[unge] für das Sprachrohr eines Dritten erklärt (der natürlich ich bin), und der plötzlich wie eine Bombe unter die Leute gefahren sei, und er wisse wohl, wie da die Leute zu den Barrierediskussionen eingepaukt würden pp. Kurz, er schwatzte da Dinge aus, die einer vollständigen Denunziation bei der Polizei gleichkommen; denn der Wirt, wobei die Geschichte sich zutrug, sagte noch vor 4 Wochen: il y a toujours des mouchards parmi vous10, und der Polizeikommissär war zu jener Zeit auch einmal da. Den J[unge] griff er geradezu als „Revolutionär" an. Herr Grün war während der ganzen Zeit gegenwärtig und paukte dem E[isermann] ein, was er zu sagen habe. Diese Gemeinheit übersteigt doch alles. Der Grün ist mir, wie ich die Sachen kenne, vollständig verantwortlich für alles, was der Eis[ermann] sagt. Dagegen ist nun platterdings nichts zu machen. Der Schafskopf Eis[ermann] kann auf der Barriere nicht attackiert werden, weil man da die Wochen Versammlung nochmals denunzieren würde, der Grün ist zu feige, in eignem Namen selbst etwas zu tun. Das einzige, was man tun kann, ist, auf der Barriere die Leute erklären zu lassen, über Kommunismus diskutierten sie nicht, weil das die ganze Versammlung bei der Polizei gefährden könne. Schreibt endlich einmal. Euer E. Paris, 23. Oktober 1846
10 unter euch sind immer Spitzel
In diesem Hause in Brüssel wohnte Karl Marx (Mai 1845 - Mai 1846)

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Engels an Marx in Brüssel
[Paris, um den 23. Oktober 1846]
Lieber M.! Die Geschichte gegen Kri[ege][661 erhalten. Ist ganz gut. K[riege] wird nun zwar, da Du allein unterzeichnet, den absprechenden Ton des ersten Dokuments1 auf meine Privatrechnung schreiben und gegen dies zweite zu Kreuz kriechen, aber das ist mir Wurst. Er kann mich in seiner Privatmalice den amerikanischen Straubingern1-471 so schwarz wie möglich schildern, wenn ihm das Pläsier macht. Aus dem Komiteebrief2 wirst Du sehen, wie ich hier bei den Straubingern durchgedrungen. Ich hab* sie, hol mich der Teufel, nicht geschont, ich hab' ihre ärgsten Vorurteile, sie selbst als gar keine Proletarier attackiert. Aber der Grün arbeitete mir auch zu schön in die Hände. Frankieren tut um Gottes willen nicht an mich. Wenn mich der verdammte Leske, der mir endlich wegen der dem P[üttmann] geschickten alten Drecke3 einen nichtsnutzigen Wechsel zuschicken ließ, den ich retournieren mußte - wenn mich der Hund nicht im Stich ließe, schickt* ich Euch sogleich 25 fr. für die Komiteekasse. Einstweilen aber übernehm! ich die Kosten wenigstens der Korrespondenz mit mir. Wenn ich den vorigen Brief nicht frankierte, so geschah dies, weil es zu spät war und ich ihn nur noch durch Hereinschmeißen in den Briefkasten wegbekam. Sowie der L[eske] mir das Geld schickt, erhaltet Ihr ein Quotum. Keiner der Straubinger kriegt die Antwort an Krfiege] zu sehen. Sonst wäre sie vor Gr[ün] nicht sicher. Wir müssen namentlich dem Kerl alles vom Halse halten, bis seine Bearbeitung des Proudhonschen Buchs1451, nebst Noten von K.Grün, fertig ist. Dann ist er gefangen. Er revoziert darin vollständig eine Masse früher gesagter Geschichten und überliefert sich mit Leib und Seele dem Proudhonschen Erlösungssystem. Nachher hat [es]4
1 „Zirkular gegen Kriege" - 2siehe vorl. Band, S.60-64 - 3 „Beschreibungder in neuerer Zeit entstandenen und noch bestehenden kommunistischen Ansiedlungen" - 4 Papier beschädigt
5 Marx/Engels, Werke, Bd. 27
dann mit dem Exploitieren ein Ende, wenn er nicht wieder tournieren will. Ist der Weitling noch in Brüssel? Mit den Straubingern hier denk' ich durchzukommen. Die Kerle sind freilich gräßlich unwissend und durch ihre Lebenslage gar nicht präpariert, Konkurrenz unter ihnen gibt es gar nicht, der Lohn pißt sich immer auf einem und demselben Niveau fort, der Kampf mit dem Meister dreht sich gar nicht um Lohn, sondern um den „Gesellenhochmut" usw. Bei den Schneidern wirken jetzt die fertigen Kleiderläden revolutionierend. Wenn's nur nicht so ein faules Handwerk wär'. Der Grün hat scheußlich geschadet. Er hat bei den Kerls alles Bestimmte in bloße Duselei, Menschheitsstreben pp. verwandelt. Unter dem Scheine, den Weitlingschen und sonstigen Systemkommunismus anzugreifen, hat er ihnen den Kopf voll unbestimmter Belletristen- und Kleinbürgerphrasen gesetzt und alles andre für Systemreiterei ausgegeben. Selbst die Schreiner, die nie Weitlingianer gewesen - oder doch nur einzelne - haben eine abergläubische Gespensterfurcht vor dem „Löffelkommunismus" und schließen sich - wenigstens vor dem durchgesetzten Beschluß - lieber der größten Duselei, friedlichen Beglückungsplänen usw. an, als diesem „Löffelkommunismus". Es herrscht eine grenzenlose Konfusion hier vor. An Harney hab* ich dieser Tage einen leisen Angriff gegen die Friedlichkeit der Fraternal Democrats1671 geschickt, ihm übrigens geschrieben, daß er mit Euch in Korrespondenz bleiben soll. Dein E.
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Engels an Marx in Brüssel'681
Wo bleibt denn der lange versprochene weitläuftige Brief ? Schick doch dem Bernays das Manuskript, er braucht nur das, was Du hast, das Gedruckte hat er noch. Nach Amerika hat er nichts geschickt, was dort gedruckt ist, ist ohne sein Willen und Wissen. Es sind aber viele Exemplare gefdrucjkt1 worden, von denen Leske nach allen Weltgegenden verschenkt haben kann. Wir werden dem Dings nachspüren. Vielleicht durch Grün oder Börnstein. Nach der Schweiz habe ich wegen der Manuskripte2 geschrieben, aber es scheint, der Hund läßt mich ohne Antwort. Außer diesem bleibt nur noch Jenni; mit dem hab' ich einen Witz gemacht und wünsche nicht, an ihn zu schreiben, schlag mir in Dein Nächstes ein paar Zeilen für den Kerl bei, ich will's abschicken, aber es ist nur pro forma, der Kerl nimmt's gewiß nicht. Der erste, an den ich schrieb, ist der Verleger einer kleinen Broschüre von Bernays, aber wenn er auch akzeptiert, so ist er doch bankerott, k ce qu'&rit Püttmann. Voila.8 Ich verzweifle an der Schweiz. Guter Rat ist teuer. Wir werden in [der]1 jetzigen Schwulität gewiß keine 2 Bände zusammen loswerden. Höchstens zwei Bände bei 2 ganz verschiednen Verlegern. Schreib hierüber auch. Dein E. [Paris] 23, rue de Lille, 2.November [1846] Erst jetzt les* ich, was der Kleine4 da oben über seine Flucht aus der Einsamkeit geschrieben. Es ist gut, daß wir ihn hier haben, er wird allmählich wieder fidel. Grüß die ganze Boutique5.
1 Papier beschädigt - 2 siehe vorl. Band, S.58 - 3 nach dem, was Püttmann schreibt. So steht's. - 4 Karl Ludwig Bernays - 5 Bude
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Engels an Marx in Brüssel
[Paris, Dezember 1846]
Lieber Marx, Mein neulicher kurzer Brief an Gigot[691 hatte folgende Gründe. Bei der Untersuchung über die Unruhen im Faubourg St. Antoine im Oktober1701 wurden auch eine Masse verhafteter Deutscher inquiriert, der ganze zweite Schub bestand aus Straubingern'47-1. Einige dieser jetzt über die Grenze spedierten Schafsköpfe müssen großen Unsinn über den E[werbec]k und über mich ausgesagt haben; in fact1, es war bei der Lumpigkeit der Straubinger gar nicht anders zu erwarten, als daß sie Heidenangst bekamen und verrieten, was sie wußten und mehr. Dazu kam, daß die Straubinger meiner Bekanntschaft, so geheimnisvoll sie mit ihren eigenen Lumpereien sind, über meine Zusammenkünfte mit ihnen schändlich Lärm geschlagen hatten. So sind diese Jungens. An der Barriere war vom edlen Eiserm[ann], wie ich Euch wohl schon schrieb, ein kompletter avis aux mouchards2 gegen mich losgelassen worden. J[un]g[e] beging auch einige grobe Unklugheiten, der Kerl hat etwas die Großmannsucht, er will auf Kosten der französischen Regierung nach Calais und London spediert werden. Genug, Monsieur Delessert schickte mir und E[werbeck], dem längst verdächtigen und unter einem bloß suspendierten Ausweisungsbefehl stehenden, Mouchards über Mouchards auf den Hals, denen es gelang, uns bis an den marchand de vins3zu verfolgen, wo wir zuweilen mit den Faubourger Bären zusammenkamen. Damit war bewiesen, daß wir die Chefs einer gefährlichen Clique seien, und bald darauf erfuhr ich, daß Monsieur Delessert bei Monsieur Tanneguy Duchatel um einen Ausweisungsbefehl gegen mich und E[werbeck] eingekommen sei und daß in dieser Sache ein famoser Aktenstoß auf der Präfektur liege, dicht neben dem Lokal, wo die medizinische Untersuchung der Huren stattfindet. Natürlich hatte ich keine Lust, mich wegen Straubingers schassen zu lassen. Ich hatte dergl. Geschichten schon kommen sehen, als ich merkte, mit welcher Nonchalance die Straubinger in der ganzen Welt herumposaunten und überall diskutierten, wer recht habe.
1 in der Tat -2 Steckbrief an die Spitzel -3 Weinhändler
Grün oder ich. Ich war den Dreck leid, zu bessern waren die Jungens doch nicht, nicht einmal geradeheraus kamen sie in der Diskussion, gerade wie die Londoner, und meinen Hauptzweck, den Triumph über Grün, hatte ich erreicht. Die Gelegenheit war sehr schön, die Straubinger mit Ehren loszuwerden, so ärgerlich die Geschichte sonst auch war. Ich ließ ihnen also erklären, jetzt könne ich nicht mehr bei ihnen schulmeistern, im übrigen sollten sie sich in acht nehmen. E[werbeck] entschloß sich gleich zu einer Reise und scheint auch gleich abgegangen zu sein, wenigstens hab* ich ihn nicht mehr gesehen. Wohin er ist, weiß ich auch nicht. Nach dem Kleinen (B[ernays]) hatte sich die Polizei auch umgesehen, aber der war wegen allerlei Abenteuer (es ist merkwürdig, was der für tolle Affären hat, sowie er den Fuß in die zivilisierte Welt setzt) wieder in sein altes Lokal abgezogen. Wann er wieder nach Paris kommt, weiß ich nicht, keinesfalls aber zieht er in das Quartier, wohin er ziehen wollte, die Dir deshalb gegebne Adresse taugt also nichts. Sein Manuskript hat er glücklich erhalten. Inzwischen bin ich der edlen Polizei dankbar dafür, daß sie mich aus der Straubingerei gerissen und mir die Genüsse dieses Lebens in Erinnerung gebracht hat. Wenn die verdächtigen Individuen, die mich seit 14 Tagen verfolgen, wirklich Mouchards sind, wie ich es von einigen sicher weiß, so hat die Präfektur in der letzten Zeit viel Entreebillets für die bals4 Montesquieu, Valentino, Prado pp. ausgegeben. Ich verdanke Herrn Delessert ganz hübsche Grisettenbekanntschaften und viel Pläsier, car j'ai voulu profiter des journees et des nuits qui pouvaient etre mes dernieres ä Paris. Enfin5, da man mich sonst bis jetzt in Ruh gelassen hat, scheint alles sich gelegt zu haben. Adressiert aber in Zukunft alle Briefe an Monsieur A.F.Körner, artistepeintre6, 29, rue neuve Breda, Paris. Drinnen ein Kuvert mit meinen Initialen so, daß es nicht durchscheint. Daß ich unter diesen Umständen den W.W[eitling] hier ganz laufen lassen mußte, siehst Du ein. Ich habe keinen von den Leuten gesehen und weiß gar nicht, ob er hier gewesen oder noch hier ist. Es ist auch ganz gleich. Die Weitlingianer kenne ich gar nicht, und bei denen, die ich kenne, würde er schön ankommen; sie haben eben wegen der ewigen Keilereien mit seinen Schneiderfreunden eine furchtbare Malice auf ihn. Die Geschichte mit den Londonern[71) ist ärgerlich eben wegen Harney, und weil sie von allen Straubingern die einzigen waren, mit denen man geradeheraus, ohne arriere-pensee7, einen Anknüpfungsversuch machen konnte. Wollen die Kerls aber nicht, eh bien8, mögen sie laufen! Man ist 4 Bälle (in) - 5 denn ich wollte die Tage und Nächte ausnutzen, die meine letzten in Paris sein konnten. Schließlich - 6 Kunstmaler - 7 Hintergedanken -8 nun
ohnehin nie sicher, daß sie nicht wieder so miserable Adressen wie an Herrn Ronge oder die Schleswig-Holsteiner[72) erlassen. Dazu die ewige Eifersucht gegen uns als „Gelehrte". Übrigens haben wir zwei Methoden, uns ihrer, wenn sie rebellen, zu entledigen: entweder offen zu brechen oder bloß die Korrespondenz einschlafen zu lassen. Ich wäre für letzteres, wenn ihr letzter Brief eine Antwort zuläßt, die, ohne ihnen zu derb vor den Kopf zu stoßen, lau genug ist, um ihnen die Lust zum schnellen Antworten zu nehmen. Dann lange mit der Antwort gewartet - und bei ihrer Korrespondenz-Schlafmützigkeit ist mit 2-3 Briefen alles im Herrn entschlafen. Nämlich, wie und wozu sollen wir die Kerls verhöhnen? Ein Organ haben wir nicht, und wenn wir's hätten, so sind sie keine Schriftsteller, sondern erlassen bloß von Zeit zu Zeit Proclame, die kein Mensch zu sehen bekommt und wonach kein Hahn kräht. Verhöhnen wir die Straubinger überhaupt, so können wir ihre schönen Dokumente immer mitnehmen; ist die Korrespondenz einmal eingeschlafen, so geht das ganz gut; der Bruch kommt allmählich und macht keinen Eklat. Wir machen in der Zwischenzeit mit Harney das Nötige ruhig ab, sorgen dafür, daß sie uns den letzten Brief schuldig bleiben (was sie schon tun, wenn mein sie einmal 6-10 Wochen auf Antwort hat warten lassen) und lassen sie nachher schreien. Ein direkter Bruch mit den Kerls bringt uns keinen Gewinn und keine gloire ein. Theoretische Differenzen sind mit den Kerls kaum möglich, da sie keine Theorie haben und, sauf9 ihre stillen etwaigen Bedenken, von uns belehrt sein wollen: formulieren können sie ihre Bedenken auch nicht, daher ist keine Diskussion mit ihnen möglich, außer etwa mündlich. Bei einem offnen Bruch würden sie diesen allgemeinen lernbegierigen kommunistischen Dusel gegen uns geltend machen: wir haben von den gelehrten Herren gerne lernen wollen, wenn sie was Ordentliches hatten usw. Praktische Parteidifferenzen würden sich - da ihrer im Komitee wenige, unser auch nur wenige sind, bald auf bloße Persönlichkeiten und Krakeelereien reduzieren oder so aussehen. Gegen Literaten können wir als Partei auftreten, gegen Straubinger nicht. Schließlich sind die Leute immer ein paar 100 Mann stark, durch H[arney] bei den Engländern akkreditiert, durch den „Rheinischen Beobachter" pp. in Deutschland als wütende und keineswegs ohnmächtige kommunistische Gesellschaft ausposaunt; dazu immer noch die erträglichsten der Straubinger und gewiß das beste, was sich, solange in Deutschland keine Veränderung, aus Straubingern machen läßt. Wir haben eben aus dieser Geschichte gelernt, daß mit den Straubingern, solange nicht in Deutschland
9 ausgenommen
eine ordentliche Bewegung existiert, nichts anzufangen ist, selbst mit den besten nicht. Es ist immer besser, sie nun ruhig laufen zu lassen, sie nur in Masse, en bloc anzugreifen, als einen Streit hervorzurufen, bei dem wir uns nur schmutzige Stiefel holen können. Uns gegenüber erklären sich diese Jungens für „das Volk", „die Proletarier", und wir können nur an ein kommunistisches Proletariat appellieren, das sich in Deutschland erst bilden soll. Dazu kommt nächstens die preußische Konstitution, und vielleicht wären die Kerls dann zu Unterschriften pp. zu brauchen. - Übrigens werd' ich wahrscheinlich mit meiner Weisheit zu spät kommen und Ihr schon einen Beschluß in dieser Sache gefaßt und ausgeführt haben. Ich hätte übrigens eher geschrieben, aber ich wartete erst den Verlauf der Polizeigeschichte ab. Eben erhalte ich Antwort von dem Schweizer Verleger10. Der Brief, der inliegend erfolgt, beweist mir erst recht, daß der Kerl ein Schuft. So freundschaftlich akzeptiert kein ordinärer Verleger, nachdem er x Wochen hat warten lassen. Wir können jetzt sehen, was der Bremer11 schreibt, und dann auch noch immer tun, was wir wollen. Da ist auch noch der Kerl in Bellevue bei Konstanz, vielleicht ist mit dem was aufzustellen; wenn der Bremer nicht will, kann ich's bei dem nochmal versuchen. Inzwischen will ich mich nochmal nach der Herisau erkundigen - hätten wir nur einen ordentlichen Kerl in der Schweiz, dem man das Manuskript12 mit Ordre, es nur gegen bar Geld auszuliefern, schicken könnte. Aber da ist nur der durstige Kindervater Püttm[ann]! Als unschuldiges Nebenvergnügen hab* ich in der letzten schlechten Zeit außer den Mädeln noch einigen Umgang mit Dänemark und dem übrigen Norden getrieben. Das ist Dir eine Sauerei. Lieber der kleinste Deutsche als der größte Däne! So ein Klimax von Moralitäts-, Zunft- und Ständemisere existiert nirgends mehr. Der Däne hält Deutschland für ein Land, wohin man geht, um „sich Mätressen zu halten und sein Vermögen mit ihnen durchzubringen" (imedens at han reiste i Tydskland, havde han en Maitresse, som fortärede ham den bedste del af hans Midier13, heißt es in einem dänischen Schulbuch!) - er nennt den Deutschen einen tydsk14 Windbeutel und hält sich für den echten Repräsentanten des germanischen Wesens - der Schwede verachtet wieder den Dänen als „verdeutscht" und ausgeartet, schwatzhaft und verweichlicht - der Norweger sieht auf den verfranzösierten Schweden und seinen Adel herab und freut sich, daß bei ihm in Norge noch grade dieselbe stupide Bauernwirtschaft herrscht wie
10 Johann Michael Schläpfer - u Kühtmann -12 „Die deutsche Ideologie" -13 während er durch Deutschland reiste, hatte er eine Mätresse, die den größten Teil seines Vermögens durchbrachte -14 deutschen
zur Zeit des edlen Kanut, und dafür wird er wieder vom Isländer en Canaille15 behandelt, der noch ganz dieselbe Sprache spricht wie die schmierigen Wikinger von Anno 900, Tran säuft, in einer Erdhütte wohnt und in jeder Atmosphäre kaputtgeht, die nicht nach faulen Fischen riecht. Ich bin mehrere Male in Versuchung gewesen, stolz darauf zu werden, daß ich wenigstens kein Däne oder gar Isländer, sondern nur ein Deutscher bin. Der Redakteur des avanciertesten schwedischen Blatts, des „Aftonblad", ist hier zweimal in Paris gewesen, um über die Organisation der Arbeit ins klare zu kommen, hat sich jahrelang den „Bon Sens" und die „Democratie pacifique"1161 gehalten, mit Louis Blanc und Considerant feierlich unterhalten, aber er hat's nicht kapieren können und ist so klug zurückgekommen, wie er wegging. Jetzt paukt er nach wie vor für die freie Konkurrenz, oder, wie das auf schwedisch heißt, Nahrungslreiheit oder auch själfförsörjningsfrihet, Selbstversorgungsfreiheit (das ist doch noch schöner als Ge«JerMreiheit). Natürlich, die sitzen noch im Zunftdreck bis über die Ohren, und auf den Reichstagen sind grade die Bürger die wütendsten Konservativen. Im ganzen Land nur 2 ordentliche Städte, a 80 000 und 40 000 Einwohner resp., die dritte, Norrköping, hat nur 12 000, alles übrige so 1000, 2000, 3000. Alle Poststationen wohnt ein Mensch. In Dänemark ist's kaum besser, da haben sie nur eine einzige Stadt, wo die gottvollsten Zunftprozesse vorfallen, toller als in Basel oder Bremen, und wo mein nicht ohne Einlaßkarte auf die Promenade gehen darf. Das einzige, wozu diese Länder gut sind, ist, daß man an ihnen sehen kann, was die Deutschen tun würden, wenn sie Preßfreiheit hätten, nämlich wie die Dänen wirklich getan haben, sogleich eine „Gesellschaft für den wahren Gebrauch der freien Presse" stiften und christlich-wohlmeinende Kalender drucken lassen. Das schwedische „Aftonblad" ist so zahm wie die „Kölner Zeitung", hält sich aber für „demokratisch im wahren Sinne des Worts". Dafür haben die Schweden die Romane von Fröken16 Bremer und die Dänen Herrn Etatsraad17 Oehlenschläger, Commandör af Dannebrogsordenen18. Auch gibt es schrecklich viel Hegelianer dort, und die Sprache, in der jedes dritte Wort aus dem Deutschen gestohlen ist, paßt famos für die Spekulation. Ein Bericht ist seit lange angefangen und folgt dieser Tage. Schreib mir, ob Ihr Proudhons Buch1451 habt. Wenn Du von dem Proudhonschen Buch, welches schlecht ist, für Dein Buch19 profitieren willst, so will ich Dir meine sehr ausführlichen Exzerpte schicken. Es ist nicht die 15 Franken wert, die es kostet. 15 verächtlich -M Fräulein -17 Staatsrat -18 Kommandant des Danebrogordens -19 „ Misere de la philosophie"
1847
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Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Ich hätte Dir schon eher geschrieben, wenn nicht B[ernay]s mich bis jetzt hätte sitzenlassen. Der verfluchte Börnstein, bei dem ich mich nämlich unter anderm auch wegen Deines Herkommens erkundigte, war nie zu treffen, und so übertrug ich die Sache dem B[ernay]s, der mir schon Montag einen Brief für Dich in die Stadt bringen wollte. Statt dessen erhalt" ich gestern abend spät den inliegenden Wisch, den der faule Kerl vorgestern abend in Sarcelles gesudelt, und die darin enthaltenen Aufklärungen sind wahrhaftig nicht derart, daß sie ein 5-6tägiges Studium erfordert hätten. Aber so ist der Kerl. Ich werde übrigens den Börnstein selbst sprechen, denn mir genügt diese Aufklärung keineswegs, und, aufrichtig gesagt, ich glaube keinem Menschen weniger aufs Wort als dem B[ernay]s. Der Mensch brüllt mir seit nunmehr 6 Monaten die Ohren voll, Du könntest jeden Tag mit Sack und Pack kommen, und wenn's zum Klappen kommt, macht er eine lange Historie von einem Paß. Als ob Du einen Paß brauchtest! An der Grenze fragt kein Mensch danach, auch Moses ist, ohne gefragt zu werden, hergekommen, ebensogut wie ich, und wenn Du bei mir wohnst, so möcht* ich doch wissen, wer danach fragen sollte. Höchstens ein belgischer Passeport pour l'interieur1 zur etwaigen Legitimierung, oder das bekannte Sendschreiben Herrn Leopolds: Cabinet du Roi2 - das ist für alle Fälle hinreichend. Heine ist ganz derselben Meinung, und sowie ich den Börnstein attrappieren kann, werd' ich ihn deshalb befragen. - Der B[ernay]s hatte auch die Geschichte mit dem Tolstoi3 ausspekuliert oder sich vielmehr von B[örn]stein aufbinden lassen, denn der B[örn]st[ein] bindet ihm auf, was er
1 Inlandspaß - 2 königliches Kabinett - 3 siehe vorl. Band, S. 43/44
will. Alle die verschiedentlich«! Nachrichten, die der B[ernay]s uns früher schrieb, sind aus derselben Quelle, und nachdem ich unterschiedliche Male Zeuge davon gewesen, mit welcher Unfehlbarkeit B[örn]stein seine Suppositionen, Klatschgeschichten und eignen Erfindungen dem B[ernay]s vororakelt und B[ernay]s sie für die barste Münze nimmt, glaub' ich von all den wichtigen Nachrichten, die er vorzeitig]4 „aus bester Quelle" schrieb, /jein einziges Wort. [Ich]4 hab' es selbst mit angesehn, wie der B[örn]stein bloß durch affektierte Allwissenheit dem B[ernay]s glauben machte (und Du weißt, mit welcher Begeisterung B[ernay]s glaubt, wenn er einmal glaubt), der „National" sei Haut und Haar, Leib und Seele an Thiers verkauft, argent + comptant5. Der Kleine hätte sich drauf totschießen lassen. Er ist hierin unverbesserlich wie in seiner himmelhochjauchzend, zum Tode betrübten Stimmung. Pendant le cours de la derniere quinzaine il a ete seize fois au bord du desespoir.6 Cela entre nous.7 Wegen Deines Herkommens also werd' ich den B[örn]st[ein] nochmals fragen; Heine, wie gesagt, behauptet, Du könntest dreist kommen. Oder willst Du zum französischen Gesandten gehen und Dir auf Grund Deines preußischen Auswandrungsscheins einen Paß fordern? Es war mir sehr lieb, daß Du mir Mosen ankündigtest. Der Edle kam zu mir, traf mich nicht, ich schrieb ihm, er solle mir ein Rendezvous geben. Gestern fand solches statt. Der Mann hat sich sehr verändert. Jugendliche Locken umwallen sein Haupt, ein zierliches Bärtchen gibt dem scharfen Kinn einige Grazie, eine jungfräuliche Röte überflog seine Wangen, aber la grandeur dechue se peignait dans ses beaux yeux8, und eine befremdliche Bescheidenheit war über ihn gekommen. Ich habe mir hier in Paris einen sehr unverschämten Ton angewöhnt, denn Klimpern gehört zum Handwerk, und man richtet mit selbigem manches bei Frauenzimmern aus. Aber dies genotzüchtigte Exterieur des ehemals so welterschütternden Überfliegers Heß hätte mich fast entwaffnet. Die Heldentaten der wahren Sozialisten, seiner Jünger aber (wovon unten) und sein eigner unveränderter Kern gaben mir aber wieder Mut. Genug, er ist von mir so kalt und spöttisch behandelt worden, daß er keine Lust haben wird wiederzukommen. Das einzige, was ich für ihn tat, war einiger guter Rat für den Tripper, den er aus Deutschland mitgebracht hat. Auch bei einigen deutschen Malern, die er teilweise
4 Papier beschädigt - 5 mehr oder weniger bar bezahlt - 6 Während der letzten vierzehn Tage ist er sechzehnmal am Rande der Verzweiflung gewesen. -7 Das unter uns. - 8 die gefallene Größe spiegelte sich in seinen schönen Augen wider
von früher kannte, hat er komplett Fiasko gemacht. Nur Gustav Adolf Köttgen ist ihm treu geblieben. Der Bremer9 ist jedenfalls dem Schweizer10 vorzuziehen. Ich kann dem Schweizer nicht schreiben, 1. weil ich seine Adresse vergessen habe, 2. weil ich dem Kerl kein niedrigeres Honorar pro Bogen vorschlagen]u will, als Du dem Bremer vorschlägst. [Schreib]11 also Deine Vorschläge für den Bremer und zugleich die Adresse des Kerls. Er hat dem B[ernay]s seine schlechte Rothsch[ild]-Broschüre gut bezahlt, aber denPütt[mann] geprellt, für ihn gedruckt, aber unter dem Vorwand, seine Fonds engagiert zu haben, •die Zahlung des Honorars ins Unendliche hinausgeschoben. Sehr schön, daß Du französisch gegen Proudhon schreibst. Die Broschüre12 ist hoffentlich schon fertig geschrieben bei Ankunft dieses. Daß Du .meinetißegen aus unsrer Publikation13 antizipieren kannst, was Du willst, versteht sich von selbst. Daß Pr[oudhon]s Assoziation auf Brays Plant73! herausläuft, glaub' ich ebenfalls. Ich hatte den guten Bray ganz vergessen. Du hast vielleicht in der „Trier'sehen Zeitung" von der neuen Leipziger sozialistischen Zeitschrift gelesen, betitelt „Veilchen", Blätter für die harmlose moderne Kritik!!, worin Herr Semmig als Sarastro brüllt: In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht, in diesen heil'gen Mauern darf kein Verräter lauern, dann wandelt er an Freu-eu-eu-eu-eundeshand, vergnügt und froh ins beßre Land'741 - aber er hat leider keinen Baß dazu, wie weiland Reichel. Sarastro-Semmig opfert hier den 3 Gottheiten: 1. Heß - 2. Stirner - 3. Rüge - alles in einem Atem. Erstere beide haben die Tiefen der Wissenschaft [ergrün] 14det. Dies Blättchen oder Veilchen ist das Tollste, was ich je gelesen habe. Eine solche stille und zugleich unverschämte Verrücktheit ist nur in Sachsen möglich. Könnten wir doch das Kapitel über den „wahren Sozialismus"[75] noch einmal machen, jetzt, wo sie sich nach allen Seiten entwickelt haben, wo sich die westfälische Schule, die sächsische Schule, die Berliner Schule pp. nebst den einsamen Sternen Püttmann usw. besonders konstituiert haben. Man könnte sie nach den Sternbildern des Himmels einteilen. Püttmann der große und Semmig der kleine Bär, oder Püttmann der Stier, und die Plejaden seine 8 Kinder. Hörner verdient er, wenn er sie nicht hat, ohnehin. Grün der Wassermann usw. Apropos Grün - ich werde den Artikel über Grüns Goethe1761 umarbeiten, auf 1li>-3U Bogen reduzieren und ihn für unsre Publikation zurechtmachen, wenns Dir recht ist, worüber Du mir bald schreiben sollst. Das
8 Kühtmann - w Johann Michael Schläpfer -11 Papier beschädigt-12 „Miseredelaphilosophie" -13 „Die deutsche Ideologie" -14 Papier beschädigt
Buch ist zu charakteristisch, Gr[ün] preist alle Philistereien Goethes als menschlich, er macht den Frankfurter und Beamten Goethe zum „wahren Menschen", während er alles Kolossale und Geniale übergeht oder gar bespuckt. Dergestalt, daß dies Buch den glänzendsten Beweis liefert, daß der Mensch = der deutsche Kleinbürger. Dies hatte ich nur angedeutet, könnte es aber ausführen und den Rest des Artikels ziemlich streichen, da er für unser Ding nicht paßt. Was meinst Du? Dein Engels [Paris] Freitag, 15. Jan. 4715
[Auf der Adreßseite]
Monsieur Charles Marx, 42, rue d'Orleans, Faubg. de Namur, Bruxelles
15 im Original: 45
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Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Das inliegende Broschürli wurde mir heut morgen von Junge überbracht; Ew[erbeck] habe es vor einigen Tagen zu ihnen gebracht. Ich sah mir das Ding an und erklärte, es sei von Mosi, und setzte dem J[unge] dies Punkt für Punkt auseinander. Heut abend sah ich Ewjerbeck], er gestand, es gebracht zu haben, und nachdem ich das Ding gehörig heruntergerissen, kommt heraus, daß er selbst, E[werbeck], der Verfasser des säubern Machwerks ist. Er hat es, wie er behauptet, in den ersten Monaten meiner Anwesenheit hier verfaßt. Der erste Rausch, in den ihn die von mir mitgeteilten Neuigkeiten versetzten, hat ihn dazu begeistert. So sind diese Jungens. Während er den Heß auslachte, der sich mit fremden Federn schmückt, die ihm nicht stehen, und den Straubingern[4?1 verbot, dem Grün zuzustecken, was ich ihnen vortrug, damit er es nicht ebenso mache, setzt er sich hin und treibt es - in der besten Absicht von der Welt, wie immer - um kein Haar besser. Moses und Grün hätten die Sachen nicht mehr verhunzt als dieser volkstümliche Tripperdoktor. Ich hab* ihn natürlich erst etwas verhöhnt und ihm schließlich verboten, je wieder solches Zeug zu laxieren. Aber das sitzt dem Volk in den Knochen. Die vorige Woche setz* ich mich hin und schreibe, teils aus Unsinn, teils weil ich platterdings Geld haben muß, ein anonym herauszugebendes, von Zoten wimmelndes Danksagungsschreiben an die Lola Montez[77). Samstag les' ich ihm einiges draus vor, und heut abend erzählt er mir mit gewöhnlicher Bonhomie, daß ihn dies zu einer ähnlichen Produktion inspiriert habe, die er bereits den nächsten Tag über denselben Gegenstand gemacht und dem Mäurer für seine Inkognito-Zeitschrift1 (sie erscheint wirklich ganz im geheimen und nur für die Redaktion unter Zensur von Madame Mäurer, die bereits ein Gedicht von Heine gestrichen) eingehändigt. Er teile mir dies jetzt schon mit, um seine Ehrlichkeit zu salvieren und um kein Plagiat zu begehen! Dies neue Meisterstück dieses erpichten und verpichten Schriftstellers wird natürlich
1 „Pariser Hören"
reine Übersetzung meines Witzes in solenn-überschwenglichen Stilum sein. Dies letztere Probestück kurzen Gedärms ist zwar im übrigen Wurst, zeigt aber doch, wie dringend nötig es ist, daß entweder Dein Buch2 oder unsre Manuskripte3 so rasch wie möglich erscheinen. Die Kerle tragen sich alle mit dem Kummer, daß so famose Ideen dem Volk so lange verborgen bleiben, und wissen am Ende kein andres Mittel, sich diesen Stein vom Herzen zu wälzen, als daß sie selbst so viel davon ausscheißen, als sie passablement4 verdaut zu haben meinen. Laß den Bremer5 also nicht fahren. Wenn er nicht antwortet, schreib nochmals. Akzeptiere das möglichst Geringe, im Notfall. Diese Manuskripte verlieren mit jedem Monat, den sie auf Lager zubringen, 5-10 fr. pro Bogen an exchangeable value6. Noch ein paar Monate, la diete prussienne en discussion, la quereile bien entamee a Berlin7, und der Bauer und Stirner sind nicht mehr zu 10 fr. pro Bogen verkäuflich. Bei einer solchen Gelegenheitsschrift kommt man allmählich auf einen Punkt, wo hohes Honorar als Forderung des schriftstellerischen point d'honneur ganz beiseite gesetzt werden muß. Ich war ca. 8 Tage bei dem B[ernays] in Sarcelles. Der macht auch Dummheiten. Schreibt in die „Berliner Zeitungs-Halle" und freut sich wie ein Kind, daß seine soi-disant8 kommunistischen Expektorationen gegen die Bourgeois dort gedruckt werden. Natürlich läßt die Redaktion und Zensur stehen, was bloß gegen die Bourgeois, und streicht die wenigen Andeutungen, die auch ihnen unangenehm sein könnten. Schimpft über Jury, „bürgerliche Preßfreiheit", Repräsentativsystem usw. Ich setze ihm auseinander, daß das buchstäblich pour Ie roi de Prusse9 und indirekt gegen unsre Partei arbeiten heißt - bekannte Aufwallung des warmen Herzens, Unmöglichkeit etwas auszurichten; ich erkläre, daß die „Zeitungs-Halle" von der Regierung bezahlt wird, hartnäckiges Leugnen, Berufen auf Symptome, die für alle Welt, nur für die gefühlvolle Einwohnerschaft von Sarcelles nicht, gerade für meine Behauptung sprechen. Resultat: Die biedere Begeisterung, das warme Herz kann nicht gegen seine Überzeugung schreiben, kann keine Politik begreifen, die die Leute schont, die es bisher immer bis auf den Tod gehaßt hat. „Is nit mei Genre!" ewige Ultima ratio. Ich habe x dieser aus Paris datierten Artikel gelesen; sie sind on ne peut plus10 im Interesse der Regierung und im Stil des wahren Sozialismus. Ich gebe den B[ernay]s ziemlich auf und mische mich nicht mehr in den hochherzigwiderlichen Familienjammer, in dem er den Heros des Devouements, der
2 „Misere de la philosophie" - 8 „Die deutsche Ideologie" - 4 leidlich - 5 Kühtmann 6 Tauschwert - 7 der preußische Landtag am Diskutieren, der Streit in Berlin im schönsten Gange - 8 sogenannten -9 für den König von Preußen -10 so sehr wie nur möglich
unendlichen Hingebung spielt. II faut avoir vu cela.11 Das riecht wie fünftausend ungelüftete Federbetten, vermehrt durch die - von der östreichischvegetabilischen Küche herrührenden - zahllosen Fürze, die dort verführt werden. Und wenn sich der Kerl noch zehnmal von der Bagage losrisse und nach Paris käme, er liefe zehnmal wieder zurück. Du kannst Dir denken, was ihm das alles für Moralitätsflaüsen in den Kopf setzt. Die Familie mode compose12, in der er lebt, macht ihn zum kompletten, engen Philister. Er kriegt mich auch nie wieder auf seine Boutique13 und wird auch sobald kein Verlangen nach mir gefühllosem Individuo tragen. Die Konstitutionsbroschüre1781 bekommst Du baldmöglichst. Ich werde sie auf einzelne Blätter schreiben, damit Du einlegen und weglassen kannst. Wenn Aussicht da ist, daß Vogler einiges zahlt, so frag ihn, ob er den LolaMontez-Witz - circa lx/2-2 Bogen - nehmen will, brauchst aber nicht zu sagen, daß das Ding von mir herrührt. Antworte mir umgehend darüber, sonst versuch' ich in Bellevue. Du wirst in „Debats" oder „Constitutionnel" gelesen haben, daß Schufterle Schläpfer in Herisau vom Großen Rat wegen württembergischer Klagen außerstand gesetzt ist, weiter revolutionäres Zeug zu drucken, er selbst hat es in Briefen hieher bestätigt und sich alle Zusendungen verbeten. Also Grund mehr, an dem Bremer zu halten. Ist es gar nichts mit dem, so bleibt nur die „Verlagsbuchhandlung" in Bellevue bei Konstanz. Au reste14, wenn das Unterbringen unsrer Manuskripte mit dem Unterbringen Deines Buches kollidiert, so foutiere15 in's Teufels Namen die Manuskripte in eine Ecke, denn es ist viel wichtiger, daß Dein Buch erscheint. Wir beide beißen doch bei unsern Arbeiten darin nicht viel heraus. Du hast vielleicht in der gestrigen (Montags) „Kölner Zeitung" einen biedermännischen Artikel über Martin du Nords Skandalgeschichte gelesen. Dieser Artikel ist von B[ernay]s - er macht von Zeit zu Zeit die Börnsteinsche Korrespondenz. Die hiesige Polizei ist jetzt sehr bösartig. Es scheint, sie wollen mit aller Gewalt eine Erneute oder eine massenhafte Konspiration gelegentlich der Hungersnot herausbeißen. Erst streuen sie allerlei Druckschriften aus und heften placats incendiaires16 an, und jetzt haben sie gar Brandstiftungsmaschinen gemacht und ausgestreut, die aber nicht angesteckt waren, damit der Epicier17 die ganze Größe der teuflischen Bosheit erkennen könne. Dazu haben sie die schöne Geschichte mit den communistes materialistes1,91 angefangen, eine Masse Kerls verhaftet, von denen A den B, B den C, C 11 Das muß man gesehen haben. - 12 von komplizierter Art - 13 Bude - 14 Im übrigen 15 schmeiße -16 Brandplakate - " Krämer
den D kennt usw., und nun auf Grund dieser Bekanntschaft und einiger Zeugenbehauptungen die ganze Masse unter sich meist unbekannter Kerle in eine „Bande" verwandelt. Der Prozeß dieser „Bande" wird bald vorkommen, und wenn zu diesem neuen System die alte complicite morale18 hinzukommt, so kann mein jedes beliebige Individuum mit der größten Leichtigkeit verurteilen. Cela sent son Hebert.19 Auf diese Art ist nichts leichter, als auch den pere20 Cabet ohne weiteres zu verdonnern. Komm doch, wenn es irgend möglich, im April einmal hieher. Bis zum 7. April zieh' ich aus - ich weiß noch nicht, wohin - und habe um dieselbe Zeit auch einiges Geld. Wir könnten dann einige Zeit höchst fidel zusammen verkneipen. Da die Polizei jetzt allerdings eklig ist (außer dem Sachsen, von dem ich schrieb, war auch mein alter Gegner Eisermann geschaßt, beide sind hier geblieben, vergl. K.Grün in der „Kölner Zeitung"), so ist's allerdings am besten, daß man den Rat des B[örn]st[ei]n befolgt. Versuch beim französischen Gesandten, auf Deine Auswanderung einen Paß zu kriegen; wenn das nicht geht, dann wollen wir sehen, was hier auszurichten ist •es gibt wohl noch einen konservativen Deputierten, der sich durch die sechste Hand rühren läßt. Du mußt platterdings mal wieder aus dem ennuyanten Brüssel weg und nach Paris, und das Verlangen, etwas mit Dir zu kneipen, ist auch meinerseits sehr groß. Entweder mauvais sujet21 oder Schulmeister, das ist alles, was man hier sein kann; mauvais sujet unter liederlichen Stricken, und cela vous va fort mal quand vous n'avez pas d'argent22, oder Schulmeister von Ew[erbeck], B[ernay]s und Konsorten. Oder sich von den Chefs der französischen Radikalen weise Ratschläge geben lassen, die man nachher noch gegen die andern Esel verteidigen muß, damit sie nicht gar zu stolz in ihrer schwammigen Deutschheit sich brüsten. Hätt' ich 5000 fr. Renten, ich tät' nichts als arbeiten und mich mit den Weibern amüsiern, bis ich kaputt wär*. Wenn die Französinnen nicht wären, wär' das Leben überhaupt nicht der Mühe wert. Mais tant qu'il y a des grisettes, va! Cela n'empeche pas23, daß man nicht gern einmal über einen ordentlichen Gegenstand spricht oder das Leben etwas mit Raffinement genießt, und beides ist mit der ganzen Bande meiner Bekannten nicht möglich. Du mußt herkommen. Hast Du L.Blancs „Revolution"[80] gesehen? Ein tolles Gemisch richtiger Ahnungen und grenzenloser Verrücktheiten. Ich hab' erst die Hälfte
18 moralische Mitschuld -19 Das riecht ganz nach Hubert. - 20 Vater - 21 liederliches Subjekt 22 das steht einem sehr schlecht, wenn man kein Geld hat - 28 Aber solange es Grisetten gibt, bah! Das hindert nicht
In diesem Hause in Paris wohnte Friedrich Engels (November 1846 - März 1847)

des I. Bandes in Sarcelles gelesen. (?a fait un drole d'effet.24 Kaum hat er einen durch eine nette Anschauung überrascht, so poltert er einem gleich den furchtbarsten Wahnsinn über den Kopf. Aber der L.Bl[anc] hat eine ganz gute Nase und ist auf gar keiner üblen Spur, trotz allem Wahnsinn. Er bringt's aber doch nicht weiter, als er jetzt schon ist, „ein Zauber bleit ihn nieder", die Ideologie. Kennst Du Achille de Vaulabelle „Chute de l'Empire, Histoire des deux Restaurations"? Voriges Jahr erschienen, ein Republikaner vom „National" und in der Art der Geschichtschreibung der alten Schule - vor Thierry, Mignet usw. - angehörend. Grenzenloser Mangel an Einsicht in die ordinärsten Verhältnisse - selbst der Capefigue in seinen „Cent Jours" ist darin unendlich besser aber interessant wegen der bourbonischen und alliierten Schmutzereien, die er alle zusammenzählt, und wegen ziemlich genauer Darstellung und Kritik der facta, solange seine nationalen und politischen Interessen ihn nicht stören. Im ganzen jedoch langweilig geschrieben, eben wegen Mangel alles Überblicks. Der „National" ist ein schlechter Historiker, und Vaul[abelle] soll Marrasts amicus25 sein. Moses ist ganz verschollen. Bei den „Ouvriers"26, mit denen ich nicht „umgehe", verspricht er, Vorlesungen zu halten, gibt sich für Grüns Gegner und meinen Intimus aus! Gott weiß und Moses desgleichen, daß ich ihn bei unsrer zweiten und letzten Entrevue am Passage Vivienne mit offnem Maule stehenließ, um mit dem Maler K[örner] zwei Mädel abseiten zu führen, die dieser aufgegabelt! Seitdem ist er mir nur noch am mardi gras27 begegnet, wo er sein lebensmüdes Ich durch den fürchterlichsten Regen und die ödeste Langeweile nach der Börse zu schleifte. Wir erkannten uns nicht einmal. Den Brief an Bak[unin] werde ich besorgen, sobald ich seiner Adresse sicher bin - bis jetzt ist es noch chanceux28. Apropos: schreibe doch an den Ew[erbeck] wegen des Broschürlis und verhöhne ihn etwas, er hält demütigst ambas posaderas 29 dar und wünscht, Hiebe drauf zu besehen - Du kennst das. Also schreib bald und besorge das, daß Du herkommst. Dein F.E. [Paris] Dienstag, 9. März [1847]
24 Das macht einen komischen Eindruck. -25 Freund -26 „Arbeitern" - 27 in der Fastnacht-8 (hier:) vom Zufall abhängig - 29 beide Hinterbacken
•6 Marx/Engels, Werke. Bd. 27
19
Marx an Engels in Paris
[Brüssel] 15. Mai [1847]
Lieber Engels! Du weißt, daß Vogler seit Anfang Mai in Aachen arretiert ist. Das hat für einstweilen den Druck der von Dir hergeschickten Broschüre1 unmöglich gemacht. Das erste 1IS derselben hat mir sehr gut gefallen. An den 2 andern muß jedenfalls geändert werden. Mehr speziell das nächstemal über diesen Punkt. Einlege ich den Abdruck Deiner Karikatur.[81] Ich hatte sie der „Brüßler-Zeitung"1821 zugeschickt. Was den wirklich ekelhaften Artikel des Grün oder Konsorten in der „Trier'sehen Zeitung" angeht, so ist es zwar jetzt zu spät; ursprünglich aber hättest Du gut getan, in 2 Zeilen eine Gegenerklärung in demselben Schundblatt zu erlassen. Nach London kann ich nicht.[83] Die Geldmittel gestatten es nicht. Wolff2 werden wir aber hoffentlich hinbringen. Und dann wird's genügen, daß ihr beide da seid. Voce3 Geld: Du erinnerst Dich, daß Heß mir und meinem Schwager Edgar4 Geld vom „Gesellschaftsspiegel" her schuldet. Ich ziehe daher auf ihn einen Wechsel von hier, 30 Tage auf Sicht. Der Bernays schuldet mir ebenso vom Mai vorigen Jahres 150 fr. Er erhält also ebenfalls einen Wechsel präsentiert. Ich ersuche Dich also zu folgendem: 1. Schreib mir erstens die Adresse der beiden; 2. Teile beiden das Faktum mit und sage den Eseln 3. daß, wenn sie nicht glauben, bis zum 15. Juni die respektiven Gelder zahlen zu können, sie dennoch den Wechsel akzeptieren sollen. Ich werde dann für Deckung in Paris sorgen. Natürlich eröffnest Du den Eseln letztres nur, wenn's durchaus nicht anders geht.
1 „Der Status quo in Deutschland" Westphalen - 2 Wilhelm Wolff - 3 Zum Wort (Frage) - 4 Edgar Von
Ich bin in solchem Geldpech momentan, daß ich zu diesem Wechselziehn Zuflucht nehmen mußte, und am Ende, den beiden Eseln soll nichts geschenkt werden. Falls die Esel bloß zum Schein die Wechsel akzeptieren wollen, muß ich das natürlich gleich wissen. Da die Sache sehr pressiert, erwarte ich von Dir, daß Du keinen Tag versäumst, um alles in Ordnung zu bringen und mich zu benachrichtigen. Hier in Brüssel ist ein Escompteur5 aufgetrieben. Ich kann Dir nicht mehr schreiben. Vor ungefähr 12 Tagen ließ mir der Breyer zu Ader, aber statt an dem linken, am rechten Arm. Da ich fortarbeitete, als sei nichts vorgefallen, eiterte die Wunde, statt zu vernarben. Die Sache hätte gefährlich werden und mir den Arm kosten können. Jetzt ist's so gut wie geheilt. Aber der Arm noch schwach. Darf nicht angestrengt werden. Dein Marx
[Nachschrift von Philippe Gigot]
Mein liebes Fritzchen, Ich bin eben im Begriff, Deine Broschüre zu durchlesen - bis jetzt habe ich daran viel Spaß gehabt - und fühle mich ganz glücklich, fein Deutscher nicht zu sein. Gott oder Vernunft oder Gattung bewahre uns vor der Kleinbürgerei! Avec laquelle j'ai l'honneur d'etre Yours most truly' Philippe P. S. Schreibe mir doch mal un demi mot7.
5 Wechselaufkäufer - 6 Womit ich die Ehre habe zu sein Dein aufrichtiger - 7 ein Wörtchen
20
Engels an Marx in Holland'8«
[Brüssel] Dienstag, 28.[-30.] September 47
Lieber Marx, Es ist hier dieser Tage eine höchst kuriose Geschichte vorgekommen. Sämtliche mit uns und unsrem Auftreten unzufriedenen Elemente unter den hiesigen Deutschen haben nämlich eine Koalition gebildet, um Dich, mich und überhaupt die Kommunisten zu stürzen und dem Arbeiterverein1851 eine Konkurrenz zu machen. Bornstedt ist im höchsten Grade malkontent; die von Otterberg ausgegangne, von Sandkuhl überbrachte und bestärkte, von Crüger und Moras benutzte Redensart, wir benutzten ihn, Barnstedt], bloß, hat ihn gegen uns alle wütend gemacht; Moras und Crüger, die da herumjammern, sie würden von uns von oben herab behandelt, haben ihn noch mehr aufgehetzt. Seiler ist ärgerlich wegen der ihm widerfahrnen unverzeihlichen Vernachlässigungen bei Gründung des Arbeitervereins und wegen des guten Fortgangs des Vereins, der allen seinen Prophezeiungen widerspricht. Heilberg sucht für die ihm zuteil gewordenen und noch täglich werdenden Grobheiten eine eklatante, wenn auch unblutige Rache. Bornstedt schäumt ebenfalls, daß er sich vermittelst der geschenkten Bücher und Karten nicht die Stellung eines einflußreichen Demokraten, die Ehrenmitgliedschaft und Aufstellung seiner Büste im Verein erkaufen konnte, sondern daß im Gegenteil sein Setzer morgen abend über ihn wie über einen ganz gewöhnlichen Menschen abstimmen lassen wird. Es ärgert ihn auch, daß er, der aristokratische homme d'esprit1, bei den Arbeitern viel weniger Gelegenheit sich zu mokieren findet, als er sich versprochen hatte. Dann ist Moras ärgerlich, daß er die „Brüsseler-Zeitung" nicht für Heinzen gewonnen. Enfin2, alle diese heterogenen Elemente vereinigten sich zu einem Coup, der uns sämtlich zu einer sekundären Rolle gegenüber Imbert und den belgischen Demokraten herabdrücken und eine viel großartigere, universellere Gesellschaft ins Leben rufen sollte als unsren lumpigen Arbeiterverein. Sämtliche Herren brannten danach, auch einmal
1 Mann von Geist - 2 Kurz und gut
in irgend etwas die Initiative zu haben, und die feigen Kanaillen hatten dazu den Moment Deiner Abwesenheit für ausgezeichnet passend gefunden. Sie hatten sich aber schändlich verrechnet. Sie beschlossen also ganz im stillen, ein kosmopolitisch-demokratisches Souper zu arrangieren und dort ganz unvorbereitet eine Gesellschaft a la Fraternal Democrats1671 nebst Arbeitermeetings pp. pp. zu proponieren. Sie bildeten eine Art Komitee, wozu sie pro forma den ihnen ganz unschädlichen Imbert zuzogen. Nach allerlei vagen Gerüchten erfuhr ich erst Sonntag abend im Verein von Bornstfedt] etwas Positives darüber, und Montag war schon das Essen. Details waren aus Bfornstedt] nicht herauszuziehen, außer das Jottrand, General Mellinet, Adolf Bartels, Kats pp. pp. hinkommen würden, Polen, Italiener pp. Obwohl ich von der ganzen Koalition nichts ahnte (erst Montag morgen erfuhr ich, daß Bornstfedt] etwas pikiert sei und Moras und Crüger jammerten und intrigierten; von Seiler und Heilberg ahnte ich nichts), so kam mir die Sache doch verdächtig vor. Hingehen mußte man aber wegen der Belgier und um in dem kleinen Brüssel nichts Demokratisches geschehen zu lassen, wobei wir nicht beteiligt seien. Aber für eine Partei mußte gesorgt werden. Wallau und ich brachten also die Sache vor, unterstützten sie stark, und gleich fanden sich -an die dreißig, die hingehen wollten. Am Montag morgen sagte mir Lupus, außer dem president d'honneur3, dem alten Mellinet, und dem wirklichen Präsidenten Jottrand müßten sie zwei Vizepräsidenten haben, von denen einer Imbert, der andre ein Deutscher, womöglich ein Arbeiter. Wallau sei leider unmöglich, weil er kein Französisch spreche. So habe ihm Bornstedt gesagt. Er, Lupus, habe geantwortet, dann müsse ich es werden. Ich sagte dem Lupus nun, er solle es sein, aber er wollte absolut nicht. Ich wollte es auch nicht, weil ich so schrecklich jung aussehe, aber am Ende dacht' ich, es sei doch für alle Verkommenheiten am besten, wenn ich es akzeptierte. Wir kommen abends hin.1861 Bornstfedt] tat sehr unwissend, als ob noch nichts arrangiert, bloß die Beamten (toujours ä l'exception de l'Allemand4) und einige inskribierte Redner, von denen ich außer Crüger und Moras keine Namen erfahren konnte; er drückte sich jeden Augenblick wegen Arrangierung des Lokals, lief zu diesem und jenem, mogelte, intrigierte, fuchsschwänzelte aus Leibeskräften. Ich sah indes noch kein Symptom von besondrer Intrige, das stellte sich erst später heraus. Wir waren im Estaminet Liegeois, Place du Palais de justice. Als es zur Beamtenwahl kam, schlug
3 Ehrenpräsidenten - 4 immer mit Ausnahme des Deutschen
Bornstedt] gegen alle Absprache Wallau vor. Dieser ließ sich durch Wolff (Lupus) reküsieren und mich vorschlagen, was auch mit Glanz durchging. Hiermit war die ganze Intrige auseinandergefallen und vereitelt. Jetzt verloren sie ± 5 die Besinnung und verrieten sich. Nach Imbert, der die martyrs de la liberte6 leben ließ, brachte ich einen französischen Toast aü Souvenir de la revolution de 17927 und nachträgliches anniversaire du Ier vendemiaire an I de la republique[87] aus. Nach mir Crüger eine lächerliche Rede, in der er steckenblieb und sein Manuskript hervorziehen mußte. Dann Moras, der eine Pauke ablas, in der es sich fast nur von seiner Wenigkeit handelte. Beide deutsch. Ihre Toaste waren so konfus, daß ich sie gar nicht mehr weiß. Dann Pellering flämisch, Advokat Spilthoorn von Gent französisch au peuple anglais8, dann zu meinem größten Erstaunen die pucklige Spinne Heilberg mit einer langen schulmeisterlichen abgeschmackten französischen Rede, worin er 1. sich als Redakteur des „Atelier Democratique" in die Brust warf; 2. erklärte, Er, maximus Heilberg, verfolge seit mehreren Monaten - mais cela doit se dire en fran?ais: L'association des ouvriers beiges, voila le but que Je poursuis depuis quelques mois (c. ä. d. depuis le moment oü J'ai daigne prendre connaissance du dernier chapitre de la „Misere de la philosophie")9. Also Er, und nicht Kats und die andern Belgier. „Nous entrerons dans la carriere quand nos aines n'y seront plus"1^ pp. Er wird das vollbringen, was Kats und Jottrand nicht konnten. 3. vor-s ' schlug, eine fraternal democracy11 zu stiften und die Meetings zu reorganisieren; 4. das erwählte Büro mit der Organisation beider zu beauftragen. Also welche Konfusion! Erstens die kosmopolitische Geschichte mit belgischen Meetings über belgische Angelegenheiten zusammenzuwerfen, und 2. diesen Vorschlag, statt ihn ganz fallenzulassen, weil ihnen doch alles verbrockt, dem bestehenden Büro zu übertragen! Und wenn er dachte, ich ginge weg, mußte er nicht wissen, daß gar nicht daran zu denken war, irgend jemand anders ins Büro zu bringen als Dich? Aber der Schafskopf hatte seine Rede mal fertig geschrieben, und seine Eitelkeit erlaubte ihm nicht, etwas fallenzulassen, wobei er die Initiative in irgend etwas ergreifen konnte. Die Geschichte ging natürlich durch, und bei dem zwar sehr factice12 gewordenen, aber doch lauten Enthusiasmus war nicht darein zu denken, den
5 mehr oder weniger - 6 Märtyrer der Freiheit - ' auf das Andenken der Revolution von 1792 - 8 auf das englische Volk -9 aber das muß man auf französisch sagen: Die Assoziation der belgischen Arbeiter, das ist das Ziel, das Ich seit einigen Monaten verfolge (d.h. seit dem Moment, wo Ich geruht habe, vom letzten Kapitel der „Misere de la philosophie" Notiz zu nehmen) -10 „Wir rücken nach in eure Bahnen, wenn ihr, o Väter, nicht mehr seid" (aus der siebenten Strophe der Marseillaise) - 11 brüderliche Demokratie -12 künstlich
konfusen Vorschlag besser zu arrangieren. Dann sprach A.Bartels (Jules13 war nicht da), und dann verlangte Wallau das Wort. Wie groß aber war mein Erstaunen, als plötzlich Bornstedt vorsprang und mit großem Eifer das Wort für Seiler als früher schon eingeschriebnen Redner verlangte. Sfeiler] erhielt es und hielt eine unendlich lange, schwatzhafte, alberne, lächerlich abgeschmackte, wirklich blamable Rede (französisch), worin er von den pouvoirs legislatif, administratif et executif14 schauderhaften Unsinn sprach, den Demokraten allerhand weise Ratschläge gab (wie auch Heilberg, der von Instruction et question de l'enseignement15 die wunderbarsten Dinge gefabelt), worin S[eiler] ferner sich en grand homme16 posierte, von demokratischen Gesellschaften sprach, auxquelles j'ai participeet quej'ai peut-etre meme dirigees (litteralement)17, und schließlich auch richtig sein edles Büro'881 mit den dernieres nouvelles arrivees de Paris18 pp. hereinbrachte. Kurz, es war scheußlich. Nachher sprachen noch mehrere, ein schwyzer Esel, Pellering, Kats (sehr gut) pp., und um zehn Uhr schloß Jottrand (der sich zu Tode schämte für die Deutschen) die Sitzung. Plötzlich reklamierte Heilberg Schweigen und annoncierte: Die Rede von Weerth auf dem free-trade congresst8S] erscheine morgen in einem Supplement des „Atelier", qai se vendra separement19!!! Auch hat der Zalewski noch etwas gegreint sur l'union de cette malheureuse Pologne et de cette grande, noble et poetique Allemagne - enfin20, alle gingen sehr ruhig, aber sehr malkontent nach Hause. Donnerstag, 30. September. Seit obiges geschrieben, ist allerlei Neues vorgefallen und mancherlei entschieden. Am Dienstag morgen, wo mir die ganze Intrige klar war, lief ich herum und kontrekarrierte; noch in der Nacht um 2 Uhr lief ich zu Lupus aufs Büro: ob Bornstedt nicht im Arbeiterverein auszuballotieren sei? Mittwoch überall herumgelaufen, aber alle meinten, wir setzten es nicht durch. Ich kam Mittwoch abend in den Verein, B[orn]s[ted]t war schon da; er war zweideutig; endlich brachte Thomis die neue Zeitung21, mein Artikel gegen Heinzen23, den ich Montag schon zu ihm und, als er (mittags 2 Uhr) nicht da war, in die Druckerei gebracht, stand nicht drin. Ich frug ihn, er sagte, es sei kein Platz gewesen. Ich erinnerte an was Du
18 Jules Bartels -14 gesetzgebenden, administrativen und vollziehenden Gewalten -15 Bildung und Unterrichtsfrage - 16 als großer Mann -17 an denen ich teilgenommen und die ich vielleicht selbst geleitet habe (buchstäblich) -18 letzten Nachrichten aus Paris - 19 das extra verkauft werden wird - 20 über die Union dieses unglücklichen Polens mit diesem großen, edlen und poetischen Deutschland - kurz - 21 „Deutsche-Brüsseler-Zeitung" 22 „Die Kommunisten und Karl Heinzen"
mit ihm abgesprochen.1901 Er leugnete das; ich wartete, bis Wallau da war, der mir sagte, Platz genug sei dagewesen, aber am Dienstag habe B[orn]s[ted]t den Artikel aus der Druckerei holen lassen und nicht wieder geschickt. Ich ging zu B[orn]s[ted]t und erzählte ihm das sehr grob. Er suchte sich herauszulügen. Ich kam wieder auf die Absprache, die er, bis auf ganz allgemeines Geschwätz, wieder leugnete. Ich sagte ihm einige Grobheiten Crüger, Gigot, Imbert pp. saßen dabei - und frug: Wollen Sie den Artikel am Sonntag geben, oui ou non23? - Darüber müssen wir erst sprechen. Ich spreche mit Ihnen darüber gar nicht. - Damit ließ ich ihn sitzen. Die Sitzung begann. B[orn]s[ted]t stützte seinen Kopf auf seinen Ellenbogen und sah mich mit merkwürdiger Siegsgewißheit an. Ich sah ihn wieder an und wartete. Auf trat Herr Thomis, der, wie Du weißt, das Wort verlangt hatte. Er zog eine geschriebne Rede aus der Tasche und las eine Reihe der sonderbarsten Ausfälle gegen unser Scheingefecht ab. Eine Zeitlang ging das fort, aber als cela ne finissait pas24, entstand allgemeines Murren, eine Masse verlangten das Wort, und Wallau rief Th[omis] zur Ordnung. Dieser, Th[omis], las dann sechs verrückte Worte über die Frage und trat ab. Dann trat Heß auf und verteidigte uns ganz gut. Dann Junge. Dann der Pariser Wolff 25, der zwar 3mal steckenblieb, aber sehr applaudiert wurde. Dann noch mehrere. Wolff hatte verraten, daß wir bloß pro forma opponiert. Ich mußte also auftreten. Ich sprach - ä la grande deconfiture de26 B[orn]s[ted]t, der geglaubt hatte, ich wäre zu sehr mit persönlichem Krakeel beschäftigt -, ich sprach also über die revolutionäre Seite des Schutzsystems, den P.P. Thomis natürlich gänzlich ignorierend, und schlug eine neue Frage vor. Angenommen. - Pause. - B[orn]s[ted]t, durch meine Heftigkeit ihm gegenüber, durch Thomis' gänzliches Abfallen (il y avait du B[orn]s[ted]t dans son discours27) und durch die Heftigkeit, mit der ich schließlich noch gesprochen, sehr erschüttert, Bornstedt kam zu mir: Aber liebes Kind, Sie sind aber schrecklich leidenschaftlich pp. Kurz, ich sollte den Artikel unterschreiben. - Nein. - Dann sollten wir uns wenigstens über eine kurze Redaktionseinleitung verständigen. - Bien, ä demain ä onze heures au Cafe Suisse.28 Dann kam die Aufnahme von B[orn]s[ted]t, Crüger, Wolff. Heß stand zuerst auf und richtete 2 Fragen an Bornstedt wegen der MontagsversamEnking. B[orn]s[ted]t log sich heraus, und Heß war schwach genug, sich für satisfait29 zu erklären. Junge packte B[orn]s[ted]t persönlich wegen seines 23 ja oder nein - 24 das kein Ende nahm - 25 Ferdinand Wolff - 26 zur großen Verblüffung von - 27 aus seiner Rede hörte man den B[orn]s[ted]t heraus - 29 Gut, morgen um 11 Uhr im Caf6 Suisse. - 29 zufriedengestellt
Auftretens m der Gesellschaft und weil er den Sandkuhl unter falschem Namen eingeführt. Fischer trat sehr energisch gegen B[om]s[ted]t auf, ohne alle Verabredung, aber sehr gut. So noch mehrere. Kurz, der siegestrunkne Herr von Bornstedt mußte förmlich zwischen den Arbeitern Spießruten laufen. Er wurde schändlich mißhandelt und war so foudroyiert - er, der natürlich durch seine Büchergeschenke komplett eingekauft zu sein glaubte -, daß er nur evasiv, schwach, konzedierend antworten konnte — trotzdem daß Wallau fanatisch für ihn war, miserabel präsidierte und ihn jeden Augenblick die Redner unterbrechen ließ. Noch stand alles zweifelhaft, als Wall[au] die Vorgeschlagnen abtreten ließ und zur Abstimmung brachte. Crüger, von mir als höchst unschuldiger Mensch vorgeschlagen, der der Gesellschaft nicht schaden kann, und von Wolff purement et simplement30 unterstützt, ging durch. Bei B[orn]s[ted]t trat Wall[au] in einer langen heftigen Rede für ihn auf. Jetzt trat ich auf, setzte die ganze Intrige, soweit die Gesellschaft dabei beteiligt, auseinander, vernichtete die Evasionen des B[orn]s[ted]t eine durch die andre und erklärte schließlich: der B[ornstedt] hat gegen uns intrigiert, uns Konkurrenz machen wollen, aber wir haben gesiegt, und darum können wir ihn jetzt in der Gesellschaft zulassen. Während der Rede - es war die beste, die ich je gehalten - wurde ich sehr häufig durch Applaus unterbrochen; namentlich als ich sagte: diese Herren glaubten noch alles gewonnen zu haben, weil ich, ihr Vizepräsident, weggehe, aber sie dachten nicht daran, daß einer unter uns ist, dem der Platz von Rechts wegen gebührt, einer, der allein die deutschen Demokraten hier in Brüssel vertreten kann, und das ist Marx - da wurde fürchterlich applaudiert. Genug, nach mir sprach keiner mehr, und so wurde dem B[orn]s[ted]t nicht die Ehre angetan, ihn herauszuschmeißen. Er stand vor der Türe und hörte alles an. Ich hätte es lieber gesagt, wo er noch im Saal gegenwärtig war, mais il n'y avait pas moyen31, weil ich mich für den letzten Coup aufsparen mußte und Wall[au] die Diskussion abbrach. Aber er, wie Wolff und Crüger, hat jedes Wort gehört. Ihm gegenüber wurde Wolff fast glänzend adoptiert. Genug, in der gestrigen Sitzung hat B[orn]s[ted]t, Crüger pp. einen solchen Schimpf erlitten, daß sie honorigerweise gar nicht in die Gesellschaft kommen können und für lange Zeit genug haben. Aber sie werden doch kommen; der unverschämteB[orn]s[ted]t ist durch unsre nochgrößreFrechheit, durch das gänzliche Fehlschlagen aller seiner Kalkulationen, durch unsre Leidenschaftlichkeit so kaduk geworden, daß er nichts mehr kann
30 schlicht und einfach - 31 aber es war nicht möglich
als - in Brüssel herumlaufen und seine Schande überall herumjammern le dernier degre de l'abaissement32. Er kam wütend in den Saal zurück, aber ohnmächtig, und als ich nun von der Gesellschaft Abschied nahm und mit allen nur möglichen Ehren entlassen wurde, ging er schäumend weg. Während der Diskussion über ihn war Bürgers gegenwärtig, der seit vorgestern abend hier ist. Unsre Arbeiter haben sich bei der ganzen Sache ganz famos benommen; die geschenkten 26 Bücher und 27 Landkarten wurden mit keinem Worte erwähnt, B[orn]s[ted]t wurde von ihnen mit der größten Kälte und Rücksichtslosigkeit behandelt, und als ich sprach und zur Konklusion kam, hatte ich es in meiner Hand, ihn mit enormer Majorität durchfallen zu lassen. Das gibt selbst Wall[au] zu. Aber wir haben ihn schlimmer behandelt, wir haben ihn mit Schimpf und Schande aufgenommen. Auf die Gesellschaft hat die Sache einen ausgezeichneten Eindruck gemacht; zum erstenmal haben sie eine Rolle gespielt, ein Meeting, trotz aller Intrigen, beherrscht und einen Kerl, der sich ihnen gegenüber eine Position machen wollte, in seine Schranken zurückgewiesen. Nur einige Kommis pp. sind malkontent, die Masse ist enthusiastisch für uns. Sie haben gefühlt, was sie sind, wenn sie assoziiert sind. Heut morgen ging ich aufs Cafe Suisse, und wer nicht kam, war B[orn]s[ted]t. - Aber Weerth und Seiler begegneten mir, sie hatten den B[orn]s[ted]t eben gesprochen, und Seiler war die Unterwürfigkeit und Insinuation selbst. Ich ließ ihn natürlich links liegen. Die gestrige Sitzung war übrigens so dramatisch, sie arrangierte und steigerte sich so famos, daß der Pariser Wolff aus reinem ästhetischen Gefühl darüber momentan zum Parteimann geworden ist. Heut war ich auch bei A.Bartels und erklärte ihm, daß die deutsche Gesellschaft für nichts verantwortlich sei, was am Montag vorgefallen, daß Crüger, B[orn]s[ted]t, Moras, Seiler, Heilberg pp. nicht einmal Mitglieder waren und daß die ganze a l'insu33 der deutschen Gesellschaft veranstaltete Geschichte vielmehr die Errichtung einer Konkurrenz gegen sie bezweckte. Ein Brief gleichen Inhalts, von allen Komiteemitgliedern unterzeichnet, geht morgen ebenfalls ein Jottrand ab. Zu Imbert geh' ich morgen mit Lupus. Ferner hab' ich folgendes an Jottrand wegen der durch meine Abreise leer werdenden Stelle im Organisationskomitee der Brüsseler Fraternal Democrats geschrieben: „Monsieur! Oblige de quitter Bruxelles pour quelques mois, je me trouve dans l'impossibilite de remplir les fonetions dont la reunion du 27 de
32 die letzte Stufe der Erniedrigung - 33 ohne Wissen
ce mois a bien voulu m'investir. - Je vous prie donc d'appeler un democrate allemand residant a Bruxelles ä assister aux travaux de la commission chargee d'organiser une societe democratique universelle. - Je me permettrai de vous proposer celui parmi les democrates allemands de Bruxelles, qui la reunion, s'il avait pu y assister, aurait nomme ä la charge qu'en son absence on m'a fait l'honneur de me conferer. Je parle de Mr. Marx qui dans mon intime conviction a le droit le plus fonde de representer a la commission la democratie allemande. Ce ne serait donc pas Mr. Marx qui m'y remplacerait, c'etait plutot moi qui a la r6union ai remplace Mr. Marx. Agreez pp.pp."34 Ich hatte nämlich vorher schon mit Jottrand abgesprochen, daß ich ihm meine Abreise schriftlich anzeigen und Dich in die Kommission vorschlagen würde. Jottr[and] ist auch verreist und kommt in 14 Tagen wieder. Wird nichts aus der ganzen Geschichte, was ich glaube, so ist es Heilbergs Vorschlag, der durchfällt; wird weis draus, so sind wir es, die die Sache zustande gebracht haben. Jedenfalls haben wir das gewonnen, daß Du, und nach Dir ich, als Repräsentanten der deutschen Demokraten in Brüssel anerkannt sind und sonst die ganze Intrige schrecklich in den Dreck gefallen ist. Heut abend war Gemeindesitzung.1911 Ich präsidierte. Mit Ausnahme Wall[au]s, der sich übrigens bekehren ließ und dessen gestriges Auftreten allerdings diverse Entschuldigungsgründe findet, die ich ihm auch zugute kommen ließ, mit dieser Ausnahme also war der Enthusiasmus über die Geschichte mit B[orn]s[ted]t einstimmig. Die Kerls fangen an, sich zu fühlen. Sie sind endlich einmal als Gesellschaft, als Macht gegenüber andern Leuten aufgetreten, und daß alles so famos flott ging, daß sie so komplett gesiegt haben, macht sie ungeheuer stolz. Junge schwimmt im siebenten Himmel, Riedel weiß sich vor Freude nicht zu lassen, selbst der kleine Ohnemans triumphiert wie ein fighting cock3B. Übrigens wiederhole ich, daß diese Geschichte der Gesellschaft nach innen und nach außen einen famosen Aufschwung gegeben hat und ferner geben wird. Kerle, die sonst das Maul nicht auftun, haben den B[orn]s[ted]t attackiert. Und selbst die Intrige hat uns geholfen: erstens hat B[orn]s[ted]t überall verbreitet, die deutsche demokratische Arbeitergesellschaft habe das Meeting gemacht, und zweitens haben wir das alles desavouiert, und durch beides ist die Gesellschaft bei den belgischen Demokraten überall ins Gespräch gekommen und gilt als eine höchst bedeutende, plus ou moins36 mysteriöse Macht. La 34 siehe die Übersetzung dieses Schreibens auf S. 469 des vorl. Bandes - 36 Kampfhahn 36 mehr oder weniger
democratie allemande devient tres forte ä Bruxelles37, sagte Bartels heut morgen. Übrigens kommst Du auch in den Brief des Komitees an Jottrand. Gigot wird zeichnen: Sekretär während der Abwesenheit von Marx. Mach nun Deine Geldgeschichten so rasch wie möglich ab und komm wieder her. Mir brennt's unter den Füßen, ich möchte fort und muß erst den Verlauf dieser Intrigen abwarten. Ich kann jetzt absolut nicht fort.Je eher Du also kommst, desto besser. Nur regle zuerst Deine Geldgeschichten. Ich bleibe jedenfalls so lange auf meinem Posten wie irgend möglich; si c'est possible38, bis Du kommst. Aber eben deswegen ist's wünschenswert, daß Du bald kommst. Dein Engels
37 Die deutsche Demokratie wird in Brüssel sehr stark - 38 wenn es möglich ist
21
Engels an Marx in Brüssel
Lieber Bartholomäus, Ich kann Dir erst heute schreiben, weil ich erst heute den kleinen Louis Blanc - nach erschrecklichen Kämpfen mit der Portiere - zu sehen bekam. Das Resultat meiner langen Unterredung mit ihm ist, daß der kleine Mann zu allem bereit ist. Er war die Höflichkeit und Freundschaftlichkeit selbst und scheint nichts dringender zu wünschen, als mit uns in die engste Verbindung zu treten. Auch das französisch-nationale Protektionswesen hat er gar nicht an sich. Ich hatte ihm geschrieben, ich käme mit mandat formel1 der Londoner, Brüsseler und Rheinischen Demokratie zu ihm, ebenso als chartist agent2. Er erkundigte sich genau nach allem; ich schilderte ihm den Stand unsrer Partei als äußerst brillant, sprach von der Schweiz, Jacoby, den Badensern als Alliierten pp. - Du seist der Chef: vous pouvez regarder M.M[ar]x comme le chef die notre parti (i.e. de la fraction la plus avancee de la democratie allemande, que je representais vis-ä-vis de lui) et son recent livre contre M.Proudhon comme notre programme3. Dies nahm er sich sehr ad notam4. Dann versprach er mir schließlich, sich über Dein Buch5 in der „Reforme" zu prononcieren. Er erzählte mir eine Masse Zeugs über das mouvement souterrain6, das jetzt bei den Arbeitern vor sich gehe; die Arbeiter hätten seine „Organisation du travail" in 3000 Exemplaren wohlfeil gedruckt, und nach 14 Tagen sei eine neue Auflage von 3000 Exemplaren nötig geworden - er sagte, die Arbeiter seien revolutionärer als je, aber hätten gelernt ihre Zeit abwarten, keine Erneuten, nur große Schläge mit gewissem Erfolg zu machen pp. Übrigens scheint er sich auch in Beziehung auf die Arbeiter das Protegieren abgewöhnt zu haben. Quand je vois des choses comme ce nouveau programme de M. de Lamartine, cela me fait rire! Pour bien juger de l'etat actuel de la societe fran^aise, il faut etre dans
1 formellem Mandat - 2 chartistischer Beauftragter - 3 Sie können Herrn M[ar]x als den Chef unserer Partei betrachten (d.h. der vorgeschrittensten Fraktion der deutschen Demokratie, die ich ihm gegenüber repräsentiere) und sein vor kurzem erschienenes Buch gegen Herrn Proudhon als unser Programm - 4 zu Herzen - 5 „ Misere de la philosophie"- 6 die unterirdische Bewegung
une position qui vous permet de voir un peu de tout, d'aller le matin chez un ministre, l'apres-diner chez un negociant, et le soir chez un ouvrier.7 Die kommende Revolution werde ganz anders und viel durchgreifender sein als alle früheren, und es sei reine betise8, fortwährend bloß gegen Könige pp. zu brüllen. Schließlich war er sehr artig und ganz kordial. Du siehst, mit dem Mann ist all right, il a les meilleures dispositions du monde9. Von Dir sprach er mit großer Teilnahme; es tat ihm leid, daß Ihr etwas froidement10 voneinander gegangen seid pp. Eine besondre Vorliebe hat er noch immer für eine in Paris herauszugebende deutsche und französische Revue. Vielleicht später zu benutzen. - Über Rüge, nach dem er frug, setzte ich ihm einen Floh ins Ohr; il s'est fait le pan6gyriste de la diete prussienne, et cela meme apres que la diete s'etait separee sans resultat.t92) - Donc il a fait un pas en arriere?11 Jawohl. Mit pere12 Flocon bin ich ebenfalls im besten Zuge. Bei diesem bin ich erst als Engländer aufgetreten und frug im Namen Harneys, warum er den „Star" so ignoriere. Ja, sagte er, es täte ihm leid, er spräche gar zu gern davon, nur sei kein Mensch auf der Redaktion, der Englisch verstehe! Ich bot mich an, ihm wöchentlich einen Artikel zu machen, akzeptiert de grand coeur13. Als ich ihm sagte, ich sei Korrespondent des „Star", wurde er ganz gerührt. Wenn das so fortgeht, so haben wir in 4 Wochen diese ganze Richtung gewonnen. Flocon will von mir einen Aufsatz über den Chartismus für Privatgebrauch haben, er weiß nicht die blasseste Laus davon. Ich werde gleich zu ihm gehen und ihn weiter in unsre Netze verstricken. Ich werde ihm sagen, das „Atelier" mache mir Avancen (was wahr ist, ich geh* noch heut' abend hin), und ich werde sie ausschlagen, wenn er sich anständig benehme. Das wird sein biedres Herz rühren. - Bin ich erst hier etwas weiter und im Französisch-Schreiben etwas geübter, so geht's auf die „Revue Independante" los. Ich vergaß ganz, den L.Blanc zu fragen, warum er Deinen Artikel vom Kongreßt93) nicht aufgenommen. Ich werd' ihm das nächstens vorrücken, wenn er zu mir kommt. Übrigens zweifle ich, ob er Dein Büch überhaupt erhalten hat. Er wußte sich das heute gar nicht zu besinnen. Auch vor
' Wenn ich Dinge sehe, wie dieses neue Programm des Herrn de Lamartine, muß ich lachen! Um den gegenwärtigen Zustand der französischen Gesellschaft richtig zu beurteilen, muß man in einer Lage sein, die es einem gestattet, von allem etwas zu sehen, morgens zu einem Minister zu gehen, nachmittags zu einem Geschäftsmann und abends zu einem Arbeiter. 8 Dummheit - 9 alles in Ordnung, er hat die besten Absichten der Welt -10 kühl -11 er hat sich zum Lobredner des preußischen Landtages gemacht und das sogar, nachdem der Landtag resultatlos auseinandergegangen war. - Er hat also einen Schritt zurück gemacht? 12 Vater -13 von ganzem Herzen
meiner Abreise sprach er sehr unbestimmt davon. Ich erfahre das in ein paar Tagen. Hat er's nicht, so geb' ich ihm mein Exemplar. Denk Dir, der kleine Bernays, der hier herumläuft und den „Märtyrer" spielt, den von aller Welt Verratenen, „der aller Welt geholfen hat, mit Geld oder gutem Rat" (litteralement14), diese Bestie hat a horse and gig, ein Schimmelchen und e Kabriolett! Natürlich Börnst[ein] hat's, aber das ist Wurst. Derselbe Kerl, der heute sich als gedrückten, geldlosen Märtyrer hinstellt, renommiert morgen damit, daß er der einzige sei, der Geld zu verdienen wisse. Er hat 21 Bogen! über die Affäre Praslin[941 gekaut, die in der Schweiz erscheinen. Der Kern der Sache ist der, daß nicht la duchesse15, sondern le duc16 der Märtyrer ist!! Auf seine Renommagen mit dem Märtyrertum hab' ich ihm durch eine Mahnung wegen alter mir schuldiger 60frcs. antworten lassen. Er wird vollständig Industrieller und prahlt damit. Übrigens ist er wahnsinnig. - Ewerbeck selbst schäumt wider ihn. Cabet hab* ich noch nicht gesehen. Er freut sich, wie es scheint, daß er wegkommt. Er merkt, daß die Sachen hier anfangen bröcklig und mürb zu werden. Flocon will losschlagen, L. Blanc nicht, das ist ganz richtig, obwohl L.Bl[anc] auch in allerlei Geschichten trempiert und sich-im voraus freut über die plötzliche Aufschüttelung der Bourgeoisie aus ihrer Sicherheit bei der plötzlich hereinbrechenden Revolution.
Ich bin bei pere Flocon gewesen. Der brave Mann war die Kordialität selbst, und meine biedermännische Ehrlichkeit, mit der ich ihm meine Geschichte mit dem „Atelier" erzählte, trieb ihm fast die Tränen in die Augen. Ich kam vom „Atelier" auf den „National" zu sprechen: Lorsque a Bruxellesnous discutions la question ä quelle fraction de la democratie fran^aise on s'adresserait, nous etions unanimement d'accord que des le premier abord on se mettrait en rapport avec la „Reforme"; car a l'etranger il existe de fortes et de bien fondees pr^ventions contre le „National". D'abord les pr6juges nationaux de cette feuille empechent tout rapprochement - oui oui, c'est vrai, sagte Flocon, et ceci £tait meme la raison pour laquelle la „Reforme" fut fond£e; nous avons declar6 des le premier jour que nous ne voulons pas des conquetes - et puis, fuhr ich fort, si je peux en croire mes predecesseurs, car moi je n'ai jamais 6te au „National", ces messieurs se donnent toujours l'air de vouloir proteger les etrangers, ce qui au reste est parfaitement d'accord avec leurs prejuges nationaux; et nous autres, nous
14 buchstäblich -15 die Herzogin -16 der Herzog
n'avons pas besoin de Ieur protection, nous ne voulons pas de protecteurs, nous voulons des allies. - Ah oui, mais c'est tout a fait different avec nous, nous n'y pensons pas. - C'est vrai aussi n ai-je qu'ä me Iouer des procedes des Messieurs de la „R^forme".17 Aber wie das geholfen hat, daß ich dem kleinen Blanc unsre Geschichten ins Gedächtnis zurückgerufen. Deine Kongreßrede hatte er, ä ce qu'il parait18, ganz verschmissen gehabt; heute hat er sie gleich hervorgesucht und an Flocon geschickt mit einem sehr dringenden Billett, sie gleich abzudrucken. Ich explizierte dem Flocon das Ding; der Mensch begriff das cur, quomodo, quando19 nicht, weil der Bl[anc] sie ihm ohne alle weitere Erklärung geschickt. Fl[ocon] bedauerte sehr, daß die Sache schon so alt geworden sei; er sei parfaitement d'accord20 damit, aber jetzt sei es zu spät. Doch wolle er sehen, ob er's nicht in einem Artikel unterbringen könne. Er wolle sein möglichstes tun. Der Artikel über Lamartines fromme Wünsche in der „Reforme" ist von L.Bl[anc], wie Du gesehen haben wirst. Er ist nicht übel, in jeder Beziehung lOOOmal besser als der ewige Flocon. Er würde den Lamartine gewiß sehr derb angreifen, wenn er nicht jetzt gerade sein Konkurrent wäre. Du siehst, die Leute sind so gut disponiert, wie man nur wünschen kann. Ich stehe mit ihnen schon jetzt zehnmal besser, als Ewerb[eck] je mit ihnen stand. Diesem werde ich jetzt gänzlich verbieten, zu schreiben für die „Reforme". Er mag sich an den „National" pissen und dort Venedey & Co. Konkurrenz machen; da ist er unschädlich und bekommt doch nichts gedruckt. Nachher war ich noch auf dem „Atelier". Ich habe eine Berichtigung wegen eines Artikels der vorigen Nummer über englische Arbeiter21 hingebracht, die auch hereinkommt. Die Kerls waren sehr artig; ich erzählte ihnen un tas d'anecdotes22 über englische Arbeiter usw. Sie forderten mich
17 Als wir in Brüssel die Frage diskutierten, an welche Fraktion der französischen Demokratie wir uns wenden sollten, waren wir einmütig der Ansicht, daß man von vornherein mit der „Räforme" in Verbindung treten müsse, denn es gibt im Ausland Starke und wohlbegründete Abneigungen gegen den „National". Erstens hindern die nationalen Vorurteile dieses Blattes jede Annäherung. - Ja, ja, das ist wahr, sagte Flocon, und das war sogar die Ursache, daß die „R^forme" gegründet wurde; wir haben vom ersten Tag an erklärt, daß wir keine Eroberungen wollen. - Und dann, fuhr ich fort, wenn ich meinen Vorgängern glauben kann, denn ich war niemals beim „National", geben diese Herren sich immer den Anschein, als wollten sie die Ausländer protegieren, was im übrigen vollkommen ihren nationalen Vorurteilen entspricht; und wir, wir brauchen ihre Protektion nicht, wir wollen keine Protektoren, wir wollen Verbündete. - Ja, aber das ist bei uns ganz anders, wir denken nicht daran. - Das ist wahr, ich kann mich darum über das Verhalten der Herren von der „Räforme" nur lobend äußern. -18 wie es scheint -19 warum, wie, wann -20 völlig einverstanden 21 „Fabrikherren und Arbeiter in England" - 22 einen Haufen Anekdoten
dringend auf, mitzuarbeiten, was ich aber nur im Notfall tun werde. Denk Dir, der redacteur en chef meinte, es wäre wohl gut, wenn die englischen Arbeiter eine Adresse an die französischen erließen, sie auffordernd, der libre-echange^-Bewegung entgegenzutreten und den travail national24 aufzustecken! Quel heroique devouement!25 Damit fiel er aber selbst bei seinen eignen Leuten durch. Übrigens hab' ich den Leuten gegenüber gar keine Konzessionen zu machen brauchen. Dem L.Blanc sagte ich, que nous etions d'accord avec eux sur toutes les questions pratiques et d'actualite, et que dans les questions purement theoriques nous marchions vers le meme but; que les principes enonces dans son premier volume'801 s'accordaient sous beaucoup de rapports avec les notres, et que pour le reste il en trouverait de plus amples developpements dans ton livre. Quant a la question religieuse, nous la considerions comme tout-ä-fait subordonnee, comme une question qui jamais ne devrait former le pretexte d'une querelle entre les hommes du meme parti.26 Bei alledem sei eine freundschaftliche Diskussion der theoretischen Fragen ganz gut möglich und sogar wünschenswert, womit er parfaitement d'accord27 war. Der Lupus hatte mit seiner Vermutung, ich würde die Direktion'881 sehr bald treffen, ganz recht. Kaum 3 Tage hier, laufe ich auf dem Boulevard des Italiens dem Seiler in die Arme. Ihr werdet längst wissen, daß er komplett durchgebrannt ist und nicht daran denkt zurückzukommen. Er läuft bei allerlei französischen Korrespondenzbüros herum und sucht unterzukommen. Ich hab' ihn seitdem stets verfehlt und weiß nicht, wie seine Affären stehen. Mischt er sich bei der „Reforme" ein, so wird man ihn desavouieren müssen. Sage doch dem verfluchten Bornstedt, was das heißen soll, daß er mir seine Zeitung28 nicht schickt. Ich kann nicht immer bei den Straubingern'471 herumlaufen danach. Wenn er vorgibt, meine Adresse nicht zu wissen, gib sie ihm, 5, rue Neuve Saint-Martin. Ich schicke ihm einige Artikel, sobald es irgend möglich.
28 Freihandels - 24 die nationale Arbeit -25 Welche heldenmütige Aufopferung! -26 daß wir mit ihnen in allen praktischen und Tagesfragen übereinstimmten und in den rein theoretischen Fragen dem gleichen Ziel zustrebten; daß die in seinem ersten Band verkündeten Prinzipien sich in vielen Punkten mit den unsrigen deckten und daß er im übrigen ausführlichere Entwicklungen darüber in Deinem Buch finden könne. Was die religiöse Frage betrifft, so betrachten wir sie als durchaus untergeordnet, als eine Frage, die niemals den Vorwand zu einem Streit zwischen Männern der gleichen Partei bilden dürfe. -27 völlig einverstanden 28 „Deutsche-Brüsseler-Zeitung"
7 NW/Engels, Werke, Bd. 27
Bei den Straubingern höllische Konfusion. In den letzten Tagen vor meiner Ankunft waren die letzten Grünianer herausgeworfen, eine ganze Gemeinde, von denen aber die Hälfte wiederkommen wird. Wir sind jetzt nur 30 Mann stark. Ich hab* gleich eine Propagandagemeinde eingerichtet und laufe fürchterlich herum und pauke. In den Kreis bin ich gleich gewählt und hab* die Korrespondenz bekommen. An 20-30 Kandidaten zur Aufnahme sind vorgeschlagen. Wir werden bald wieder stärker sein. Dem Mosi hab' ich, ganz unter uns, einen höllischen Streich gespielt. Er hatte richtig ein gottvoll verbessertes Glaubensbekenntnis durchgesetzt. Vorigen Freitag nun nahm ich dies im Kreise vor, Frage für Frage, und war noch nicht an der Hälfte eingekommen, als die Leute sich für satisfaits29 erklärten. Ohne alle Opposition ließ ich mich beauftragen, ein neues zu entwerfen1951, was nun nächsten Freitag im Kreis wird diskutiert und hinter demRücken der Gemeinden nach London geschickt werden. Das darf aber natürlich kein Teufel merken, sonst werden wir alle abgesetzt, und es gibt einen Mordsskandal. Der Born wird bei Euch in Brüssel eintreffen, er geht nach London.'961 Vielleicht ist er schon vor diesem Briefe da. Er reist, verwegen genug, den Rhein herunter durch Preußen, wenn sie ihn nur nicht abfassen. Pauke ihn noch etwas ein, wenn er hinkommt, der Kerl ist von allen für unsre Sachen am zugänglichsten und wird auch in London gute Dienste leisten, wenn er noch etwas präpariert wird. Ach, mein Gott, da hätt' ich ja bald ganz die Drecklawine vergessen, die der große Heinzen von den Höhen der Alpen über mich losgelassen hat.'971 Es ist ein wahres Glück, daß das in einer Nummer dicht hintereinander steht; kein Mensch arbeitet sich durch, ich selbst habe mehrmals pausieren müssen. Solch ein Rindvieh! Hab' ich erst behauptet, er könnte nicht schreiben, so muß ich jetzt hinzufügen, daß er auch nicht lesen kann, und in den vier Spezies scheint er auch nicht fest zu sein. Der Esel sollte doch den Brief von F.O'Connor im letzten „Star" an die radikalen Blätter'981 lesen, der anfängt: you ruffians30 und schließt you ruffians, da kann er sehn, was er für ein elender Stümper im Schimpfen ist. Nun, Du wirst diesem gemeinen dummen Rüpel gehörig aufs Dach steigen. Es ist sehr gut, daß Du ganz £arz antworten wirst. Ich könnte auf so einen Angriff geur nicht antworten, das ginge absolut nicht - höchstens durch Ohrfeigen. Dienstag. Mein Artikel31 steht in der „Reforme". Sonderbeurerweise hat Flocon keine Silbe dran verändert, was mich sehr wundert. ^zufriedengestellt -30 ihr Banditen -31 „Die Handelskrise in England- ChartistenbewegungIrland"
Bei pere Heine bin ich noch nicht gewesen. Du kannst leicht denken, daß ich mit all diesen Geschichten höllisch viel zu tun habe und furchtbar laufen und schreiben muß. - Nach Elberfeld hab* ich geschrieben wegen der free-trade32-Schutzzoll-Geschichte und erwarte täglich Antwort. Schreib bald wieder. Grüß Deine Frau und Kinder. Dein Engels Paris, [25.-J26. Okt. 1847
Lies doch ja den Artikel O'Connors im letzten „Star" gegen die 6 radikalen Blätter, es ist ein Meisterstück genialer Schimpferei, oft besser als Cobbett und an Shakespeare grenzend. Quelle mouche a donc pique ce pauvre Moses qu'il ne cesse pas d'exposer dans le journal ses fantaisies sur les suites d'une revolution du Proletariat?33 [99)
82 Freihandels - 33 Welcher Teufel hat denn diesen armen Moses geritten, daß er nicht aufhört, in dem Blatt seine Phantasien über die Folgen einer Revolution des Proletariats darzulegen?
22 Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Gestern erfahre ich plötzlich und endlich, nachdem ich den P.P. Reinhardt mehrere Male wegen Deines Buchs1 zu Frank geschickt, daß der Hund von Frank im Anfang mehrere der Freiexemplare an Franzosen geschickt, überall 15 Sous Kosten gefordert und überall die Exemplare zurückbekommen. Darauf habe er sowohl die zurückbekommenen wie die andern, noch gar nicht abgeschickten, ruhig bei sich liegen lassen und sie erst jetzt, Vor ein paar Tagen, an die Adressaten geschickt, ohne 15 Sous zu verlangen. Die cortspiration de silence2 war also von seiten des Herrn Frank! Ich lief gleich zu L.Blanc, den ich ein paar Tage vorher wieder nicht getroffen, weil er en garde3 war (le petit bonhomme en bonnet a poil!4); diesmal traf ich ihn, und das Exemplar war noch nicht angekommen! Mein eignes Exemplar habe ich endlich zurück, das kann im Notfall helfen. Heut Sonntag ist nichts zu machen. Dem R[ein]h[ar]dt habe ich morgen Rendezvous gegeben, er soll gleich mit mir zu Frank, was schon früher geschehen sollte, aber nur durch Nachlässigkeit dieses R[ein]h[ar]dt nicht geschehen. Er muß mich bei dem Fr[ank] introduzieren, weil ich sonst gar keine Legitimation bei dem Kerl habe. Ich werde mir das Exemplar für L.Blfanc] geben lassen und es gleich hinbringen. Aber was der Flocon für ein Esel ist! Der L.Blfanc] sagte mir gestern, Flfocon] habe gegen Deinen libre-echange5-Artikel[1001 einzuwenden gehabt qu'il etait un peu confus6!!!! Dies konfuse Tier! Ich sprach natürlich dagegen, oh, sagte der Kleine, ce n'est pas moi qui ai trouve cela, tout au contraire, l'article m'a beaucoup plu, et en effet, je ne sais pas ce que M.Flocon... mais enfin (mit etwas zweideutiger Grimasse für Flocon) c'est ce qu'il m'a dit7. Überhaupt ist die Redaktion der „Reforme" tout ce qu'il y a de plus8 lausig komponiert. Die Artikel über die englische Krisis
1 „Misere de la philosophie" - 2 Verschwörung des Schweigens - 3 auf der Wacht -4 das Kerlchen in der Bärenmütze! -5 Freihandels - 6 daß er etwas konfus wäre -7 nicht ich habe das gefunden, ganz im Gegenteil, der Artikel hat mir sehr gefallen, und ich weiß in der Tat nicht, was Herr Flocon ... aber kurz und gut (mit etwas zweideutiger Grimasse für Flocon), das hat er mir gesagt - 8 im höchsten Grade
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und alle ökonomischen Sachen en general9 werden von einem unglücklichen, würdigen penny-a-liner10 fabriziert, der seine Studien bei den Börsenartikeln eines Korrespondenzbüros gemacht zu haben scheint und alles mit den Augen eines Pariser Kommis dritten Ranges bei einem Bankier vierten Ranges ansieht und mit der Unfehlbarkeit so eines „empiric"11, wie die Engländer sagen, aburteilt. Flocon versteht nichts davon und kommt mir alle Teige bornierter vor. C'est tout au plus un homme de bonne volonte.12 L.Blanc verachtet ihn auch sichtbarlich. Montag. Den verfluchten Reinhardt] habe ich nicht getroffen. Ich geh' heut abend noch einmal hin. Bis morgen muß ich diese ganze Geschichte ins reine gebracht haben, meig gehen wie's will. Wenn ich Dir nicht gleich wieder schreibe, ist alles in Ordnung. - Gestern abend war Deputiertenwahl.11011 Nach einer höchst konfusen Sitzung wurde ich mit 2/3 gewählt. Ich hatte diesmal geir nicht intrigiert, weir auch wenig Gelegenheit dazu. Die Opposition weir bloß scheinbar; ein Arbeiter wurde zum Schein vorgeschlagen, aber die ihn vorschlugen, stimmten für mich. - Das Geld kommt zusammen. Schreib nun, ob Du und Tedesco hingeht. Wenn deis nicht möglich wäre, so kann ich doch nicht allein hin und kongressieren, das wäre ja Unsinn. Könnt ihr beide nicht, so fällt die Geschichte ins Wasser und muß ein peiar Monate aufgeschoben werden. Schreib also in diesem Fall nach London, daß noch zur rechten Zeit dies überall hin angezeigt wird. Der Flocon hatte dem L.Bl[anc] auch gesagt, man werde an Deinem Artikel, um ihn aufzunehmen, eine Kleinigkeit ändern müssen, eben um ihn „klarer" zu machen. L.Bl[anc] bat mich, den Fl[ocon] de sa peirt13 an den Artikel nochmals zu erinnern; unter diesen Umständen aber halte ich es für viel besser, die Sache fallenzulassen. Flocon den Artikel klarer machen, das fehlte noch! Ich begreife diese vernagelte Borniertheit gar nicht, und, wie gesagt, der Bl[anc] schämte sich plus oü moins14 mir gegenüber seines Herrn Kollegen. Aber was soll man da machen! Ich werde den Flfocon] tun lassen, was er will, ihm wenig zusprechen und mich hauptsächlich mit dem L.Bl[anc] einlassen, der ist doch der vernünftigste von allen. Beim „National" ist vollends nichts zu machen, der wird täglich bornierter und alliiert sich mehr und mehr mit Barrot und Thiers, witness the Lille Banquet1511021.
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9 im allgemeinen - 10 Zeilenschinder - 11 Empirikers" - 12 Er ist bestenfalls ein Mann mit gutem Willen. -13 seinerseits -14 mehr oder weniger -15 wie das Liller Bankett beweist
Der Seiler wird Dir geschrieben haben, Dein Buch ginge sehr schlecht hier. Das ist nicht wahr. Der Frank hat dem R[ein]h[ar]dt gesagt, er sei mit dem Verkauf ziemlich gut zufrieden. Trotz seines abgeschmackten Benehmens hat er, glaub' ich, ca. 40 Exemplare abgesetzt. Nächstens Genaueres darüber. Der Seiler behauptet - er war neulich bei mir, wo er sehr kühle anlief, auch nicht wieder kam -, er habe Bett und Mobiliar und Papier pp. dort gelassen, hinreichend, um Wolff und Heilberg zu decken. Sieh, si cela est16, daß der Lupus dabei wenigstens nicht noch von Heilberg beschissen wird. Aber das werden auch Renommagen sein. Rothschild hat bei dem neuen Anlehen 10 Millionen Franken verdient 4 Prozent netto. Auf meiner Reise nach London werde ich nicht über Brüssel kommen können, die Gelder sind zu knapp. Wir werden uns in Ostende Rendezvous geben müssen - am 27. (Samstag) abends, und Sonntag herüberfahren, damit wir Montag anfangen können. Vielleicht ist, Montag den 29., Polenanniversaire, irgend etwas fraternally Demokratisches los, wo wir dann werden hin müssen.1-1031 Das wäre ganz gut. Du hältst in London eine französische Rede, die setzen wir dann in die „Reforme". Die Deutschen müssen absolut irgend etwas tun, um bei den Franzosen auftreten zu können. Eine einzige Rede wird mehr helfen als zehn Artikel und hundert Besuche. Du wirst im „N[orthern] Star", 2. Oktober, die Aufforderung Harneys und der fraternals17 zu einem demokratischen Kongreß gelesen haben. Unterstütze das. Ich werde es bei den Franzosen unterstützen. Man kann ihn womöglich nächstes Jahr in London abzuhalten versuchen, vielleicht gleichzeitig mit dem unsrigen. Kommt's zustande, so wird das auf die Franzosen einen sehr heilsamen Effekt ausüben und sie etwas demütigen. Kommt's nicht zusammen, so scheitert's an den Franzosen, und sie werden wenigstens gezwungen, sich zu erklären. Wenn's in Brüssel ginge, wär's noch besser, in London könnte Feargus18 doch einigen Unsinn anrichten. Sonst nichts Neues. Gib Inliegendes an B[orn]s[te]dt und schreib mir bald, ob Du nach London gehst. Dein E. [Paris, 14.-] 15. Nov. 1847
Schreib an die Adresse des Malers19, wenn Du sie noch hast. Es ist besser.
16 wenn dies der Fall-17 Brüderlichen (Demokraten) -18 Feargus O'Connor -19 A. F. Körner
Heine läßt grüßen. Ist äußerst schwach und etwas matt. Wer hat Deinen Artikel eigentlich an L.Bl[anc] geschickt? Er sagt, es hätte unter dem Brief ein wildfremder Name gestanden. Das war auch wohl der Grund, warum er die Geschichte liegen ließ.
[Auf der Adreßseite]
Monsieur Charles Marx, 42, rue d'Orleans, Faubourg d'Ixelles, Bruxelles
23
Engels ein Marx in Brüssel
[Paris, 23./24. November 1847]
Lieber Marx, Erst heut abend hat sich's entschieden, daß ich komme.1 Also Samstag abend in Ostende, Hotel de la Couronne, gleich der Eisenbahnstation gegenüber am Bassin, and Sunday Morning across the water2. Wenn Ihr mit dem Zuge kommt, der zwischen 4 und 5 fährt, werdet Ihr ungefähr zu gleicher Zeit mit mir ankommen. Sollte sonntags wider Erwarten kein Postdampfschiff nach Dover fahren, so schreib mir's umgehend. D.h., da Du diesen Brief Donnerstag morgen bekommst, mußt Du Dich gleich erkundigen und, falls zu schreiben ist, den Brief noch denselben Abend - ich glaube vor fünf Uhr - auf die große Post besorgen. Hast Du also an dem Rendezvous etwas zu ändern, so ist noch Zeit. Habe ich Freitag morgen keinen Brief, so rechne ich darauf, Dich und Tedesco Samstag abend in der Couronne zu treffen. Es bleibt uns dann Zeit genug, uns zu besprechen; dieser Kongreß muß entscheidend sein, as this time we shall have it all OUT oum u)ays.ll04] Ich habe schon lange absolut nicht begreifen können, warum Du dem Moses seinen Klatsch nicht untersagt hast. Hier richtet mir das eine Teufelskonfusion und die langwierigsten Gegenreden bei den Arbeitern an. Ganze Kreissitzungen sind darüber verlorengegangen, und in den Gemeinden ist nicht einmal gegen diesen „flauen" Kohl durchzugreifen möglich, namentlich vor der Wahl war daran nicht zu denken. Den L.Blanc denk* ich morgen noch zu treffen. Wo nicht, seh'ich ihn übermorgen jedenfalls. Kann ich nicht schon am Fuß etwas mitteilen, so hörst Du das weitere Samstag. Übrigens hatte der Reinhardt mir dummes Zeug gesagt über die Anzahl der verkauften Exemplare - nicht 37, sondern 96 waren heut vor acht Tagen verkauft. An demselben Tage noch hab'ich dem L.Blanc Dein Buch4selbst
1 Siehe vorl. Band, S. 102 - 2 und Sonntag morgen übers Wasser - 3 da wir diesmal alles nach unseren Wünschen haben werden —1 „Misere de la philosophie"
Erste Seite von Engels' Brief an Marx vom 23.124. November 1847

hingebracht. Alle Exemplare waren besorgt, nur Lamartine (nicht hier), L.Blfanc] und Vidal nicht, dessen Adresse nicht zu finden. Ich hab's auf die Presse bringen lassen. - Übrigens ist die Besorgung bei dem Frank wirklich schauderhaft gewesen. Sorge wenigstens, daß Moses während unsrer Abwesenheit keinen Unsinn macht! Also au revoir6! Dein E.
Verte.6
Dienstag abends. Überleg Dir doch das Glaubensbekenntnis etwas. Ich glaube, wir tun am besten, wir lassen die Katechismusform weg und titulieren das Ding: Kommunistisches Manifest. Da darin mehr oder weniger Geschichte erzählt werden muß, paßt die bisherige Form gar nicht. Ich bringe das hiesige7 mit, das ich gemacht habe, es ist einfach erzählend, aber miserabel redigiert, in fürchterlicher Eile. Ich fange an: Was ist der Kommunismus? und dann gleich das Proletariat - Entstehungsgeschichte, Unterschied von früheren Arbeitern, Entwicklung des Gegensatzes des Proletariats und der Bourgeoisie, Krisen, Folgerungen. Dazwischen allerlei Nebensachen und schließlich die Parteipolitik der Kommunisten, soweit sie vors Publikum gehört. Das hiesige ist noch nicht ganz zur Bestätigung vorgelegt, aber ich denke, bis auf einige ganz kleine Kleinigkeiten, es so durchzusetzen, daß wenigstens nichts gegen unsre Ansichten drin steht. Mittwoch morgen. Soeben erhalte ich Deinen in obigem beantworteten Brief. Bei L.BI[anc] war ich. Mit dem hab* ich merkwürdiges Pech - il est en voyage, il reviendra peut-etre aujourd'hui8. Morgen und nötigenfalls übermorgen geh' ich wieder hin. - Freitag abend kann ich noch nicht in Ostende sein, weil das Geld erst bis Freitag zusammenkommt. Dein Vetter Philips war heute morgen bei mir. Der Born wird die Rede ganz gut machen, wenn Du ihn etwas einpaukst. Es ist gut, daß die Deutschen durch einen Arbeiter repräsentiert sind. Aber dem Lupus muß die übertriebne Bescheidenheit absolut ausgetrieben werden. Der brave Kerl ist einer der wenigen, die man in den Vordergrund s> auf Wiedersehen —6 Wenden. - 7 „Grundsätze des Kommunismus* - 8 er ist auf Reisen, •er wird vielleicht heute wiederkommen
poussieren muß. Weerth um Gottes willen nicht als Repräsentanten! Einer, der immer zu faul war, bis ihn der Kongreß-succes d'un jour9[105] hineinlancierte! Und der obendrein noch an independent member10 sein will. IL faut le retenir dans sa sphere.11
9 Kongreß-Erfolg eines Tages - •u> ein unabhängiges Mitglied -11 Man muß ihn in seiner1 Sphäre zurückhalten.
1848
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Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Wenn ich Dir nicht geschrieben habe, so lag das daran, daß ich bis heute den verfluchten Louis Blanc noch immer nicht zu fassen kriegen konnte. Decidement il y met de la mauvaise volonte.1 Aber ich packe ihn doch - ich gehe alle Tage hin oder laure ihm im Cafe auf. Mit pere2 Flocon dagegen ist was zu machen. Er ist entzückt über die Manier, wie die „B[rüsseler-] Zeitung" und der ,,N[orthem] Star" die „Reforme" gegen den „National" verteidigt haben.3 Selbst die bläme4 gegen L.Bl[anc] und Ledru [-Rollin] haben ihn nicht irregemacht; ebensowenig meine Erklärung, wir hätten uns jetzt in London entschieden, öffentlich als Kommunisten aufzutreten. Er machte natürlich schöne Sachen geltend: vous tendez au despotisme, vous tuerez la revolution en France, nous avons onze millions de petits paysans qui sout en meme temps les proprietaires les plus enrages5 pp., obwohl er auch auf die Bauern schimpfte, - aber enfin, dit-il, nos principes sont trop rapproches les uns des autres pour que nous ne devions pas marcher ensemble; quant ä nous nous vous appuyerons autant que sera dans notre pouvoir6 pp. Die Geschichte mit Mosi hat mich ungeheuer amüsiert, obwohl es mir ärgerlich war, daß sie auskam. In Brüssel wußten es außer Dir nur Gigot und Lupus - und Born, dem ich's mal in Paris in der Besoffenheit erzählt
1 Es steckt entschieden böser Wille dahinter. - 2 Vater - 3 Friedrich Engels: „Die forme'und der .National'" und „Frankreich: Politische Vorgänge" - 4 Tadel - 5 ihr neigt zum Despotismus, ihr werdet die Revolution in Frankreich töten, wir haben elf Millionen kleine Bauern, die gleichzeitig die fanatischsten Eigentümer sind - 6 schließlich, sagte er, sind unsere Prinzipien einander zu nahe, als daß wir nicht zusammen marschieren sollten; was uns betrifft, so werden wir euch soweit unterstützen, wie es in unserer Macht liegt
hatte. Enfin, c'est egal.7 Moses mit Pistolen drohend, in ganz Brüssel seine Hörner affichierend, und noch dazu bei Bornstedt!! muß kostbar gewesen sein. Die Erfindung des Ferdinand Wolff mit dem Protokoll m'a fait crever de rire8 - und der Moses glaubt das! Wenn übrigens der Esel auf seiner abgeschmackten Lüge von der Notzucht beharren sollte, so kann ich ihm mit früheren, gleichzeitigen und späteren Details aufwarten, darüber ihm Hören und Sehen vergehen soll. Hat mir doch diese Bileams Eselin noch verflossenen Juli hier in Paris eine mit Resignation vermischte Liebeserklärung in optima forma9 gemacht und mir die allernächtlichsten Geheimnisse ihrer Menage anvertraut! Ihre Wut auf mich ist pure verschmähte Liebe. Übrigens dachte ich in Valenciennes an Moses nur in zweiter Instanz, in erster hab* ich mich rächen wollen für die Gemeinheiten, die sie gegenüber der Mary10 begangen. Der schwere, Wein reduziert sich auf 1/3 Flasche Bordeaux. Es ist nur schade, daß der gehörnte Siegfried seinen unglücklichen Zustand nicht im Arbeiterverein öffentlich zu Protokoll gegeben hat. Es steht ihm übrigens frei, an allen meinen gegenwärtigen, vergangnen und zukünftigen Mätressen seine Revanche zu nehmen, und empfehle ich ihm hierzu I. die flamändische Riesin, welche in meiner ehemaligen Wohnung 87 chaussee d'Ixelles au premier11 wohnt und Mademoiselle Josephine heißt, und 2. eine Französin Mademoiselle Felicie, welche Sonntag, 23. d. Mts., mit dem ersten Zug, von Köln in Brüssel ankommt, um nach Paris zu reisen. Es wäre Pech, wenn er bei keiner von beiden reüssierte. Teile ihm diese Renseignements gefälligst mit, damit er meine Aufrichtigkeit erkennt. I will give him fair play.12 Heine ist am Kaputtgehen. Vor 14 Tagen war ich bei ihm, da lag er im Bett und hatte einen Nervenanfall gehabt. Gestern war er auf, aber höchst elend. Er kann keine drei Schritt mehr gehen, er schleicht, an den Mauern sich stützend, vom Fauteuil bis ans Bett und vice versa. Dazu Lärm in seinem Hause, der ihn verrückt macht, Schreinern, Hämmern usw. Geistig ist er auch etwas ermattet. Heinzen wollte zu ihm, wurde aber nicht vorgelassen. Bei Herwegh war ich auch gestern. Hat nebst Familie die Grippe und viel Besuch von alten Weibern. Er sagte mir, daß der 2. Band von L. Blanc'801 ganz verdunkeltwerde durch den enormen Sukzeß von Michelets 2. Band11061. Ich habe beide noch nicht gelesen, weil ich wegen Geldmangel mich nicht im Lesekabinett abonnieren konnte; Übrigens ist der Micheletsche Sukzeß nur durch seine Suspension und seine Bürgerlichkeit zu erklären. 7 Nun, das ist egal. - 8 Hat mich vor Lachen platzen lassen - 9 in aller Form -10 Mary Burns 11 im ersten Stock -12 Ich will ehrliches Spiel mit ihm treiben.
Mit dem B[und]1831 geht's hier miserabel. Solche Schlafmützigkeit und kleinliche Eifersucht der Kerls untereinander ist mir nie vorgekommen. Die Weitlingerei und Proudhonisterei sind wirklich der kompletteste Ausdruck der Lebensverhältnisse dieser Esel, und daher ist nichts zu machen. Die einen sind echte Straubinger147', alternde Knoten, die andern angehende Kleinbürger. Eine Klasse, die davon lebt, daß sie wie Irländer den Franzosen den Lohn drückt, ist total unbrauchbar. Ich mache jetzt noch einen letzten Versuch, si cela ne reussit pas, je me retire de cette espece de propagande13. Hoffentlich kommen die Londoner Papiere14 bald und werden die Geschichte wieder etwas beleben; ich werde dann den Moment benutzen. Da die Kerle bis jetzt gar kein Resultat des Kongresses sehen, werden sie natürlich vollends schlapp. Ich bin mit einigen neuen Arbeitern, die mir Stumpf und Neubeck zugeführt, in Verbindung, es ist aber nicht zu sagen, was daraus zu machen ist. Sag dem Bornstedt: I. Er soll mit seinen Abonnements bei den hiesigen Arbeitern nicht mit so geschäftsmäßiger Strenge auftreten, sonst verliert er sie alle; 2. der Agent, den ihm der Moses verschafft, ist ein lamentierender Schlappschwanz und sehr eitel, aber der einzige, der sich noch damit befassen will und kann, er soll ihn also nicht froissieren; der Kerl hat sich auch geplagt, aber er kann kein Geld zusetzen, weis er übrigens schon getan hat. Er muß aus dem Geld, was ihm einkommt, doch die Kosten decken, die ihm die Korrespondenz pp. [macht]15; 3. wenn er einzelne No.16 herschickt, nie mehr als 10-15 [von]15 einer No. höchstens, und zwar durch Gelegenkeit. Die Pakete [passieren]15 das Ministerium Duchatel, wo sie mit Zeitverlust geholt [werden]15 müssen und wo das Ministerium einen furchtbaren Portoaufschlag erhebt, um diesen Commerce zu ruinieren. So ein Paket kostet 6-8 Franken, und was ist da zu machen, wenn es gefordert wird? Esselen in Lüttich wollte einen garde de convoi17 stellen, der das besorgte; schreib doch nach Lüttich, daß das eingerichtet wird. 4. Die No., die noch hier waren, sind durch Gelegenheit nach Süddeutschland geschickt. Wenn sich Gelegenheit bietet, so soll Bfornstedt] noch einige neue No.. herschicken, um Propaganda in Cafes pp. zu machen. 5. Wird Barnstedt] dieser Teige einen Artikel18 und die Geschichte über die preußischen Finanzen erhalten. Du mußt aber das wegen der Ausschüsse von 1843tl07] nochmals durchsehen und das Nötige ändern, da es aus sehr wüster Erinnerung aufgeschrieben ist.
13 wenn das nicht glückt, ziehe ich mich von dieser Art Propaganda zurück - 14 „Manifest der Kommunistischen Partei" - 15 Papier beschädigt -16 der „Deutschen-Brüsseler-Zeitung" - 17 Transportbegleiter - 18 „Die Bewegungen von 1847"
Wenn die Geschichte mit Mosi dahin führt, daß Du ihn in der „Brüsseler-] Z [ei tung]" attackierst, so soll sie mich sehr freuen. Wie der Kerl noch in Brüssel bleibt, ist mir unbegreiflich. En voilä encore une occasion pour l'exiler a Verviers.19 Das mit der „Reforme" soll besorgt werden.20 Dein Paris, 14. Jan. 48 E.
19 Da ist noch ein Anlaß, ihn nach Verviers zu verbannen. - 20 siehe vorl. Band, S. 113
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Engels an Marx in Brüssel
Lieber Marx, Endlich bin ich des L.Blancs habhaft geworden und zugleich des Grundes, weshalb ich ihn nie fassen konnte. Ecoute plutot - ce petit grand-seigneur litteraire ne refoit que les jeudis! et encore l'apres-midi seulement!1 Was er mir nie zu wissen getan hatte, weder direkt noch durch seinen Portier. Natürlich waren eine Masse Esel bei ihm, u.a. Ramon de La Sagra, der mir eine Broschüre gab, welche beifolgt. Ich hab' sie noch nicht gelesen. Schließlich könnt' ich indes noch ein paar Minuten mit ihm über unsre Angelegenheit sprechen. Er gestand zögernd, er habe noch nicht die Zeit gehabt, Dein Buch2 zu lesen... je l'ai feuillete et j'ai vu que M.Proudhon y est assez vivement attaque... Eh bien, frug ich, alors serez vous en mesure de faireTarticle pour la „Reforme" que vous m'aviez promis? - Un article, ah mon Dieu, non, je suis si obsede par mes editeurs - mais voila ce qu'il faut faire: faites l'article vous-meme et je le ferai passer ä la „Reforme".3 Das wurde denn abgemacht. Au fond4 verlierst Du nichts dabei. Wenigstens werd' ich unsre Ansichten richtiger darstellen, als er es getan haben würde. Ich werde sie direkt mit den seinigen in Parallele stellen - das ist alles, was durchzubringen ist, die Konklusion gegen die „Reforme" kann man natürlich nicht in der „Reforme" selbst ziehen. Ich mach' ihn gleich. Warum hast Du dem Bornstfedt] nicht gesagt, er soll nicht an die „Reforme" wegen Deiner Geschichte schreiben? Mein Artikel war fertig, als dem B[orn]st[e]dt seiner in der „Reforme" zugleich mit den Chartistengeschichten [108] erschien, auf deren Abdruck ich gewartet hatte, um ihn hinzubringen. Er war bedeutend länger als die kurze Notiz, wo noch dazu
1 Höre nur - dieser kleine literarische Gernegroß empfängt nur des Donnerstags! und dazu nur nachmittags! - 2 „Misere de la philosophie" -s ich habe es durchgeblättert, und ich habe gesehen, daß Herr Proudhon darin recht scharf angegriffen wird... Nun, frug ich, werden Sie also in der Lage sein, den Artikel für die „R6forme", den Sie mir versprochen haben, zu machen? - Einen Artikel, ach, mein Gott, nein, meine Verleger sitzen mir so auf dem Nacken - doch was man machen könnte: schreiben Sie den Artikel selbst, und ich werde ihn in die „R6forme" bringen. -1 Im Grunde
8 Marx/Engels, Werke, Bd. 27
Dein Name entstellt. Ich hab's dem Flfocon] gesagt, er soll den Druckfehler ändern, gestern hat er's nicht getan, und heute hab* ich die „Reforme" nicht gesehen. Das macht auch wenig. Wenn Deine Rede6 erscheint, schick mir gleich 4-5 Exemplare für die „Reforme", L.Bl[anc], de La Sagra (für die „Democratie pacifique"), pp.; ich kann jetzt einen längren Artikel daraus machen, da die Notiz so schimpflich kurz. Was den L.Bl[anc] angeht, so verdient der, gezüchtigt zu werden. Schreib eine Kritik seiner „Revolution" für die „Dfeutsche-] B[rüsseler-] Zeitung" und weis ihm praktisch nach, wie sehr wir über ihm stehen; freundschaftlich in der Form, aber unste Superiorität entschieden festhaltend im Inhalt. On lui fera parvenir cela.6 Man muß dem kleinen Sultan etwas bange machen. Die theoretische Seite ist leider Gottes einstweilen unsre einzige force7, aber das gilt bei diesen Lanzenbrechern von der science sociale8, von der loi de la production süffisante9 usw. viel. Gottvoll mit ihrem Jagen nach dieser unbekannten loi sind die Kerls. Sie wollen ein Gesetz finden, womit sie die Produktion verzehnfachen. Sie suchen, wie der Fuhrmann der Fabel, den Herkules, der ihnen den sozialen Karren aus dem Dreck holen soll. Der Herkules liegt in ihren eignen Armen. Die loi de la production süffisante besteht darin, daß man suffisamment10 produziert. Können sie das nicht, hilft ihnen kein Zauberspruch. Die brevet11 neh[men]den12 Erfinder tun mehr für die production süffisante als der ganze L.Blanc mit seinem tiefsinnigen, überfliegenden Trachten nach la science-10. Dem B[ernay]s hatte ich auf sein Letztes einen sehr ironischen Brief geschrieben und bedauert, daß seine Unparteilichkeit mir den letzten Trost raube - den, eine verkannte schöne Seele zu sein - ä la Praslin. Mit schmerzlichem Blick nach oben schickt er mir dies Billett zurück und bemerkt, hiermit habe unsre Korrespondenz ihr Ende erreicht. Sela.14 Sonst nichts Neues. Schreib bald. Dein E. Paris, Freitag abend [2I.Januar 1848]
s „Rede über die Frage des Freihandels" - 6 Man wird ihm das zukommen lassen. - 7 Stärke 8 sozialen Wissenschaft - 9 dem Gesetz von der ausreichenden Produktion -10 ausreichend 11 Patent -12 Papier beschädigt -13 der Wissenschaft -14 Schluß.
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Engels an Marx in Paris'1091
Lieber Marx, Ich hoffe, morgen einen Brief von Dir zu haben. Hier ist alles ruhig. Sonntag abend hat Jottr[and] die Geschichte mit Dir und Deiner Frau in der Association Democratique1 erzählt.'1101 Ich kam zu spät, um sie anzuhören, und hörte bloß noch einige wütende flä» mische Bemerkungen von Pellering. Auch Gigot sprach und kam darauf zurück. In die „Emancipation" brachte Lubliner einen Artikel deswegen. Die Advokaten hier sind wütend. Maynz will, man soll die Sache gerichtlich verfolgen, und Du sollst Dich als partie civile2 konstituieren, wegen der Domizilverletzung pp. Auch Gig[ot] soll klagen. Es wäre sehr gut, wenn man's täte, obwohl die Regierung hat sagen lassen, man würde den Kerl absetzen. Castiau ist gestern von Maynz mit den nötigen Akten versehen worden, um deswegen zu interpellieren, ich denke morgen oder übermorgen kommt's vor. Die Sache hat große Sensation gemacht und sehr geholfen, den Deutschenhaß zu besänftigen. Lupus ist vorigen Sonntag 11 Uhr morgens auf die Eisenbahn gebracht und nach Valenciennes besorgt, von wo aus er geschrieben und wo er noch sein wird. Er war vor keinem Tribunal. Man hat ihn nicht einmal zu Hause vorgeführt, um seine Sachen zu nehmen! Mir hat man nichts getan. Nach Redensarten, die die Kerls haben fallenlassen, scheuen sie sich, mich auszuweisen, weil sie mir damals einen Paß gegeben haben, was man gegen sie geltend machen könnte. Die Geschichte in Köln ist unangenehm. Die 3 besten Leute sitzen.11111 Ich hab' einen aktiven Teilnehmer an der Geschichte gesprochen. Sie wollten losschlagen, aber statt sich mit Waffen zu versehen, die leicht zu haben waren, gingen sie vors Rathaus, imbewaffnet, und ließen sich zernieren. Es wird behauptet, daß der größte Teil der Truppen für sie war. Die Sache war unvernünftig dumm angefangen; wenn die Berichte des Kerls richtig
1 Demokratischen Vereinigung - 2 Zivilkläger
8*
sind, so hätten sie ruhig losschlagen können und wären in 2 Stunden fertig gewesen. Aber schrecklich dumm war alles angelegt. Unsre alten Freunde in Köln[U21 scheinen sich sehr zurückgehalten zu haben, obwohl sie mit beschlossen hatten loszubrechen. Der kleine d'E[ster], Dfaniels], Bfürgers] waren einen Augenblick da, gingen aber gleich wieder fort, obwohl der kleine Dr.3 im Stadtrat gerade nötig war. Die Nachrichten aus Deutschland sind sonst famos. In Nassau eine vollendete Revolution, in München die Studenten, Maler und Arbeiter in voller Insurrektion, in Kassel die Revolution vor der Tür, in Berlin grenzenlose Angst und Zaudern, in ganz Westdeutschland Preßfreiheit und Nationalgarde proklamiert; vorderhand ist das genug. Wenn doch der F[riedrich] Wfilhelm] IV. sich starrköpfig hielt! Dann ist alles gewonnen, und wir haben in ein paar Monaten die deutsche Revolution. Wenn er nur an seinen feudalen Formen hielte! Aber der Teufel weiß, was dies launige und verrückte Individuum tun wird. In Köln ist die ganze kleine Bourgeoisie für Anschluß an die französische Republik; die 1797er Erinnerungen herrschen augenblicklich vor.11131 Tedesco sitzt noch immer.tu41 Ich weiß nicht, wann er vor Gericht kommen wird. Wegen Deiner Geschichte ist ein fulminanter Artikel4 an den „Northern Star" abgegangen. Sonntag abend in der Sitzung der demokratischen Gesellschaft merkwürdige Ruhe. Eine Petition an die Kammern beschlossen wegen sofortiger Auflösung und neuer Wahlen nach dem neuen Zensus. Die Regierung will nicht auflösen, aber sie wird müssen. Morgen abend wird die Petition angenommen und seance tenante5 gezeichnet werden. - Die Jottr[and]-Petition an den Bürgermeister und Stadtrat hat eine sehr höflich ablehnende Antwort erhalten. Von der Ruhe, die hier herrscht, hast Du keinen Begriff. Gestern abend Karneval, ganz wie sonst; von der französischen Republik ist kaum noch die Rede. Die französischen Blätter erhält man in den Cafes fast ohne Schwierigkeiten und Warten. Wenn man nicht wüßte, daß sie müssen, tant bien que mal6, so sollte mein glauben, hier sei alles aus. Jottr[and] hat Sonntag - in seiner Wut über Deine Verfolgung - eine recht gute Rede gehalten; die sevices7 des Rogier haben ihn dahin gebracht, den Klassengegensatz anzuerkennen. Er schimpfte sehr auf die großen
s Karl Ludwig Johann d'Ester -1 „Brief an den Redakteur des .Northern Star'" -s während der Sitzung - 6 wohl oder übel - 7 Gewalttätigkeiten
Bourgeois und ließ sich in - allerdings ziemßich]8 platte und illusorische, aber doch ökonomische Detail[s ein]8, um der kleinen Bourgeoisie zu beweisen, daß [eine]8 wohlbezahlte und viel konsumierende Arbeiterklasse in einer Republik bessere Kunden für sie seien als ein Hof und eine wenig zahlreiche Aristokratie. Ganz ä la O'Connor. Die Zeit ist vorbei, diesen Brief auf die Post zu geben - ich schließe morgen. Donnerstag. Nichts Neues - Deinen Artikel9 hab' ich in der „Reforme" gesehen in England ist ja auch Krawall, tant mieux10. Wenn Du bei Ankunft dieses noch nicht geschrieben haben solltest, so schreib mir doch gleich. Eben kommt aus lauter Ironie meine Bagage von Paris an - kostet mich 50 fr.! mit Zoll pp. Adieu. Dein Engels
[Brüssel] 13, rue Neuve Chaussee de Louvain, 9. März [1848] Der Polizeikommissar-Adjoint, der zu Dir kam, soll schon abgesetzt sein. Die Geschichte hat hier bei den Kleinbürgern große Entrüstung gesetzt. [Auf der Adreßseite] Monsieur Charles Marx aux soins de Madame Gsell, 75, Boulevard Beaumarchais, Paris
8 Papier beschädigt - 9 „Brief an den Redakteur der Zeitung ,La R6forme"' -10 um so besser
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Marx an Engels in Brüssel
Paris [um den 12. März 1848] 10, rue neuve Menilmontant (Boulevard Beaumarchais)
Lieber Engels! Laß Dir von Breyer die 100 francs zahlen, die er mir hoch und teuer versprach, in einer Woche wiederzugeben, von Gigot 30, von Heß 10. Ich hoffe, daß B[reyer] in diesem Augenblick sein Versprechen halten wird. Maynz wird den Wechsel bei Cassel von 114 fr. einlösen und Dir auszahlen. Diese verschiednen Summen nimm zusammen und verbrauche sie. Auf der „Reforme" sprach man freundlich von Dir. Flocon ist krank, ich hab* ihn noch nicht gesehn. Das von Seiler ausgebreitete Gerücht ist unter den Deutschen allgemein zirkulierend. Allard ist bis jetzt noch nicht von der Revolution beiseite geschoben. Ich rate Dir herzukommen. Zentralbehörde ist hier konstituiert wordentll5), da Jones, Harney, Schapper, Bauer1, Moll sich hier befinden. Man hat mich zum Präsidenten und Schapper zum Sekretär ernannt. Mitglieder sind: Wallau, Lupus, Moll, Bauer1 und Engels. Jones ist gestern nach England abgereist; Harney ist krank. Salut. _ . Dein K.M.
1 Heinrich Bauer
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Marx an Engels in Brüssel
[Paris] 16. März 1848
Lieber Engels! Ich habe in diesen Tagen keinen Augenblick Zeit, um ausführlicher zu schreiben. Ich beschränke mich auf das Nötige. Flocon ist sehr gut gegen Dich gesinnt. Die hiesigen Straubinger[4?1 widmen Dir alle mehr oder minder Wut. (Prügelei mit Sch[erzer] usw.) Was meine Sachen angeht, nimm sie mit bis Valenciennes und laß sie dort plombieren. Ich werde alles frei bekommen. Was das Silber angeht, so hat es schon hier in Paris den Stempel erhalten. In Valenciennes mußt Du aber jedenfalls zu dem Mann gehn, der auf einliegender Adresse steht. Meine Frau hat ihm auf Voglers Rat die Schlüssel der Koffer (die in Brüssel sind) zugeschickt, aber ohne Begleitbrief. Diese Schlüssel mußt Du bei ihm abholen, da man uns sonst alles auf der hiesigen Douane aufbricht. Was die Gelder angeht, so erkläre dem Cassel, er solle Dir den Wechsel herausgeben, wenn er ihn nicht zahlen will. Baillut wird ihn dann vielleicht zahlen. Laß den Gigot abrechnen und wenigstens den Rest geben. Was den Br[eyer] angeht, so mußt Du noch einmal zu ihm und ihm die Gemeinheit vorstellen, die darin liegt, wenn er mein Pech benutzt, um nicht zu zahlen. Wenigstens einen Teil muß er Dir schaffen. Die Revolution hat ihm keinen Sou gekostet. Hier wird die Bourgeoisie wieder gräßlich frech und reaktionär, mais eile verra1. Bornstedt und Herwegh benehmen sich als Lumpen. Sie haben hier einen schwarz-rot-goldnen Verein11161 contre nous2 gestiftet. Erstrer wird heut aus dem Bund ausgestoßen. Dein M.
1 aber sie wird noch etwas erleben - 2 gegen uns
Die Feuille de Route3 find' ich in diesem Moment nicht, und dieser Brief muß fort. Setz G[igot] ab, wenn er nicht Tätigkeit entwickelt. Der Kerl sollte in diesem Moment energischer sein. Grüß Maynz herzlich von mir, ebenso Jottrand. Letzteren „Debat social" habe ich empfangen. Auch einen Gruß an Vogler. Maynz und Jottrand werde ich ausführlich schreiben. Leb wohl.
3 Das Begleitschreiben
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Engels an Marx in Paris
Lieber Marx, Ich wercT Deine Sachen besorgen. Schreib ein paar Zeilen an M.Victor Faider, avocat1, entweder direkt oder durch Einlage an Bloß: wodurch Du ihm dankst für die Schritte, die er in Deinem und Deiner Frau Interesse getan hat, und ihn autorisierst, fernere Schritte zu tun. Faider, der sich plötzlich als eifriger Republikaner herausgebissen hat, hat sich nämlich zu Deinem Verteidiger konstituiert und wird dem „Moniteur Beige"tU7] als solcher antworten und die Sache betreiben. Er hofft, Du werdest ihn nicht desavouieren, und damit er entschieden auftreten kann, ist es gut, daß er das Blättchen von Dir bekommt. Es ist besser, daß ein Belgier die Sache betreibt, als wenn Maynz es tut, und da er sich dazu angeboten, so wird er seine Sache auch wohl ordentlich machen. Die Feuille de Route2 schicke doch ja. Das Ding ist sehr wünschenswert, Maynz fragt mich alle Tage danach. Tedesco ist frei und gleich nach Lüttich fort, ohne einen Menschen zu sehen. Esselen war einige Tage hier, aber er hatte ihn nicht gesehen. Hier herrscht eine Finanz-y Börsen-, Industrie- und Handelskrisis ohnegleichen. Der Commerce jammert arbeitslos auf dem Cafe Suisse herum, die Herren Kauwerz, Lauffs und Konsorten schleichen umher wie bepißte Pudel, die Arbeiter haben Rassemblements3 gemacht und petitioniert, große Brotnot allgemein. Bares Geld nirgends zu haben, und dabei ein emprunt force4 von 60 Millionen! Sie kriegen hier die Republik durch die Börse aufgedrängt. Lüning findet bei seiner Rückkehr hieher die Nachricht vor, daß in Preußen auf ihn gefahndet wird; er wird seine Frau herkommen lassen und nach Paris kommen. Der Dronke war vor seiner Flucht durch Willich und Konsorten in den Bund aufgenommen worden. Ich hab' ihn hier einem neuen Examen unterworfen, ihm unsre Ansichten vorgetragen, und da er sich einverstanden
1 Rechtsanwalt -2 Das Begleitschreiben -s Kundgebungen -4 eine Zwangsanleihe
erklärte, ihn bestätigt. Man hätte nichts andres tun können, selbst wenn mehr oder weniger Bedenken dagewesen wären. Indes ist der Kerl sehr bescheiden, sehr jung und scheint sehr zugänglich, so daß ich glaube, daß er mit einiger Aufsicht und einigem Studium gut werden wird. Er revozierte mir gegenüber alle seine früheren Schriften. Er wohnt leider bei Moses, der ihn einstweilen also bearbeiten wird, aber das hat bekanntlich nichts zu sagen. Bei Lüning, an den er sich schrecklich angekittet hatte, bedurfte es zweier Worte, um ihn aus dem Sattel zu heben. Moses ist übrigens freundschaftlicher denn je - den Kerl begreif einer! Bei Cassel kann ich nichts tun, da Maynz, nicht ich, Ordre hat. Breyer beruft sich auf die Finanzkrisis, auf die Unmöglichkeit, seine alten Wechselschulden jetzt prolongieren zu lassen, auf die Zahlungsweigerung seiner gesamten Klientel. Er erklärt sogar, sein einziges Roß verkaufen zu wollen. Ich werde indes sehen, was zu kriegen ist, denn mit dem Geld von Maynz komm' ich kaum aus, und das von Heß, der zuerst gezahlt, ist bereits den Weg alles Fleisches. Gigot ist auch in Schwulitäten. Ich werd' noch heut mal zu Breyer gehen. In den „Debat social" kommt morgen eine ausführliche Widerlegung, mot pour mot5, des „Moniteurs". Dem Faider füge noch hinzu: wenn er eine spezielle Vollmacht haben müsse, so werdest Du sie ihm schicken. Schreib auch ein paar Zeilen an M.Bricourt, membre de la Chambre des Representants6, der sehr gut für Dich in der Kammer aufgetreten ist und den Minister auf Maynz' Ansuchen scharf interpelliert und die enquete7 wegen der Geschichte durchgesetzt hat. Er ist Repräsentant für Charleroi und nach Castiau der Beste. Castiau war grade in Paris. Sieh den inliegenden Wisch8 durch und schick ihn an die „Reforme". Die hiesigen Kerls müssen fortwährend geärgert werden. Si c'est possible9, so reise ich Montag ab.[118' Aber die Geldwirtschaft kommt mir immer in die Quere. Von England hör' ich durchaus nichts, weder durch Briefe noch „Stars". In Deutschland geht die Sache wahrhaftig sehr schön, überall Erneuten, und die Preußen geben nicht nach. Tant mieux.10 Wir werden hoffentlich nicht lange in Paris zu bleiben haben. Daß ihr den Bornstedt] hinauswerft, ist sehr gut. Der Kerl hat sich so unzuverlässig bewiesen,daß man ihn wirklich beseitigen muß aus demBund.
s Wort für Wort - 6 Mitglied der Deputiertenkammer - 7 Untersuchung - 8 „Die Lage in Belgien" -9 Wenn es möglich ist -10 Um so besser.
Er und Weerth sind jetzt all [.. ,]u und WeertH läuft als wütender Republikaner]11 hier herum. Der Lamartine wird jeden T[ag] [liederlicher11. Dieser Mensch wendet sich ja in allen seinen Reden nur an die Bourgeois und sucht sie zu beruhigen. Auch die Wahlproklamation der Provisorischen Regierung ist ja ganz an die Bourgeois gerichtet, um sie zu rassurieren. Kein Wunder, daß die Kerls dabei frech werden. Adios, au revoir.12 F.E.
Alle Briefe hieher unter der angegebnen Adresse; Bl[oß] wird sie en mon absence13 an Gi[got] geben.
[Brüssel] Samstag [18. März 1848]
uPapier beschädigt -12 Lebe wohl, auf Wiedersehen. -13 in meiner Abwesenheit
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Marx an Engels in Barmen[U91
Köln [vor dem 25. April 1848] Apostelnstraße Nr. 7
Lieber Engels! Es ist hier schon ziemlich viel gezeichnet, und wir werden wohl bald anfangen können.11201 Jetzt ist es aber nötig, daß Du Deinem Alten gegenüber Forderungen stellst und überhaupt definitiv erklärst, was in Barmen und Elberfeld zu machen ist. An Hecker in Elberfeld hat man von hier einen Prospekt (von Bürgers geschrieben) etc. hingeschickt.11211 Hast Du keine Adresse für Dronke? Dem muß sofort geschrieben werden. Antworte umgehend. Ich würde einmal da herüberkommen, sähe es nicht zu ängstlich bei Euch aus. Dein M.
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Engels an Marx in Köln
Lieber Marx, Den Prospekt erhalte ich soeben nebst Deinem Brief. Auf Aktien von hier ist verdammt wenig zu rechnen. Der Blank, an den ich schon früher deswegen geschrieben und der noch der beste von allen ist, ist in praxi ein Bourgeois geworden; die andern noch mehr, seit sie etabliert sind und mit den Arbeitern in Kollisionen gekommen. Die Leute scheuen sich alle wie die Pest vor der Diskussion der gesellschaftlichen Fragen; das nennen sie Aufwiegelei. Ich habe die schönsten Redensarten verschwendet, alle mögliche Diplomatie aufgeboten, aber immer schwankende Antworten. Ich mache jetzt noch einen letzten Versuch, scheitert der, so ist alles am Ende. In 2-3 Tagen hast Du positive Nachricht, wie er ausgefallen. Die Sache ist au fond1 die, daß auch diese radikalen Bourgeois hier in uns ihre zukünftigen Hauptfeinde sehen und daß sie uns keine Waffen in die Hand geben wollen, die wir sehr bald gegen sie selbst kehren würden. Aus meinem Alten ist vollends nichts herauszubeißen. Für den ist schon die „Kölner Zeitung" ein Ausbund von Wühlerei, und statt 1000 Talern schickte er uns lieber 1000 Kartätschkugeln auf den Hals. Die avanciertesten hiesigen Bourgeois finden ihre Partei zu ihrer ziemlichen Zufriedenheit durch die „Köln[ische] Zeitung" vertreten. Que veuxtu qu'on fasse, alors?2 Moses' Agent, Schnaake, war vorige Woche hier, scheint auch gegen "uns verleumdet zu haben. Von Dronke hab' ich keine andre Adresse als etwa die: Kauf mann Adolf Dominicus in Koblenz (sein Onkel). Sein Alter existiert in Fulda, ich ?laub* als Gymnasialdirektor. Das Nest ist ldein: Dr.E.D[ronke] junior in Fulda würde ihn wohl treffen, wenn er da ist. Es ist aber abgeschmackt, daß er nicht wenigstens schreibt, wo er ist. Von Ewerb[eck] hatte ich einen Brief, er fragt, ob wir einen angeblich "wichtigen nach Mainz unter bekannter Adresse abgeschickten Brief von
3 im Grunde - 2 Was soll man also tun?
ihm erhalten? Hast Du ihn nicht, so schreib deswegen nach Mainz (Schullehrerkandidat Phil[ipp] Neubeck, Rentengasse (Heiliger Geist) Mainz). Ew[erbeck] läßt in Paris das „Manifest"3 ins Italienische und Spanische übersetzen und will zu diesem Behuf 60 fr. eingesandt haben, die er sich zu zahlen verpflichtet. Das ist wieder so eine seiner Geschichten. Die Übersetzungen werden schön sein. Ich bin an der englischen Übersetzung, die mehr Schwierigkeiten macht, als ich glaubte. Über die Hälfte ist indes fertig, und bald wird das Ganze fertig sein. Wenn ein einziges Exemplar unsrer 17 Punkte4 hier verbreitet würde, so war* hier alles verloren für uns. Die Stimmung bei den Bourgeois ist wirklich niederträchtig. Die Arbeiter fangen ein, sich etwas zu regen, noch sehr roh, aber massenhaft. Sie haben sofort Koalitionen gemacht. Das aber ist uns gerade im Wege. Der Elberfelder politische Klub erläßt Adressen an die Italiener, spricht sich für direkte Wahl aus, aber weist jede Debatte sozialer Fragen entschieden ab, obwohl unter 4 Augen die Herren gestehen, diese Fragen kämen jetzt an die Tagesordnung, und dabei bemerken, wir dürften darin der Zeit nicht vorgreifen! Adios. Laß bald Näheres hören. Ist der Brief nach Paris abgegangen, und hat er Resultate gehabt? Dein E.
[Barmen], 25.4.48
3 „Manifest der Kommunistischen Partei" - 4 „Forderungen der Kommunistischen Partei im Deutschland"
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Engels an Marx in Köln
Lieber Marx, Hierbei: 1. Die Liste der bis jetzt gezeichneten Aktien, 14 an der Zahl. 2. Eine Vollmacht für Dich.[122) 3. Eine für d'Ester (der B[ohnstedt] ist ein Bekannter von ihm). 4. Eine für Bürgers. Es ließ sich nicht vermeiden, daß Bohnstedt und Hecker ihre Vollmacht an persönlich Bekannte gaben. Hühnerbein wird, für sich und 2 hiesige, selbst dort erscheinen. Die Liste ist noch nicht geschlossen. Den Laverriere und Blank habe ich trotz xmaligem Besuche nicht getroffen. Zulauf! hat den ersteren übernommen. Zwei andre, bei denen ich nichts ausrichtete, wird Hecker bearbeiten. Heute geht Zul[auff] nach Ronsdorf, wo er gute Aussichten hat. Die beiden Sorten Leute, die am meisten Schwierigkeiten machen, sind erstens die jungen republicains en gants jaunes1, die für ihr Vermögen fürchten und Kommunismus wittern, und zweitens die Lokalgrößen, die uns für Konkurrenten halten. Weder Nohl noch Bracht waren zu bewegen. Von den Juristen ist Bohnstedt der einzige, mit dem was zu machen. Überhaupt haben wir vergebliche Gänge genug gehabt. Morgen geh* ich auf 2 Tage nach Engelskirchen. Laßt mich sogleich die Resultate der Aktionärversammlung wissen. - Zu einer Bundesgemeinde2 ist ebenfalls der Anfang gemacht. Dein Engels [Barmen] 9. Mai 48
1 Republikaner in Glacehandschuhen - 2 des Bundes der Kommunisten
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Marx an Engels in Genf11231
[Köln, 26. Oktober 1848]
Lieber Engels! Da Dein Brief erst jetzt abends ankömmt, ist es keine Zeit mehr, nach Wechseln sich umzutun. Es ist selbst nicht mehr Zeit, nach meinem Hause zu gehn. Ich schicke Dir Einliegendes, was grade vorrätig ist, und zudem eine Anweisung von 50 Taler von Schulz auf einen Bürger in Genf, wo Du auch sonstige Hülfe finden kannst. Ich habe schon vor langer Zeit an Dich und Dronke nach Paris 50 Taler und zugleich nach Brüssel an Gigot Deinen Paß geschickt. Die Zeitung erscheint seit dem 11.Oktober1 wieder, tale quäle2'1241. Näheres Dir darüber zu schreiben, jetzt nicht der Moment, da Eile nötig. Sobald Du irgend kannst, schreib Korrespondenzen und längere Artikel. Ich bin jetzt, da alle außer Weerth fort und Freiligrath erst seit einigen Tagen eingetreten, bis über die Ohren beschäftigt, komme gar nicht zu ausführlichem Arbeiten, und zudem tut das Parkett8 alles, um mir Zeit zu stehlen. Übrigens hat Dein Alter an Gigot geschrieben, wo Du seist. Er will Dir, wie er sagt, Geld schicken. Ich habe ihm Deine Adresse geschickt.
Dein K.Marx
Schreib umgehend. Soll ich Deine Wäsche usw. schicken? Plasman sofort dazu bereit. Dein Vater hat ihn übrigens bezahlt.
[Nachschrift Von Loais Scholz]
P. S. Einliegenden Brief an J. Köhler am See oder rue du Rhone dort wollen Sie gefälligst öffnen und denselben abgeben, worauf Ihnen derselbe frs. 250 für meine Rechnung gegen Tratte nach S[icht] auf mich auszahlen wird. Freundschaftlichen Gruß Louis Schulz
1 Im Original: September - 2 unverändert - 8 die Staatsanwaltschaft
Karikatur von Friedrich Engels auf den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. aus dem Jahre 1848

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Marx an Engels , in Lausanne
[Köln, Mitte November 1848]
Lieber Engels! Ich bin wahrhaft überrascht, daß Du noch kein Geld von mir erhalten hast. Ich (nicht die Expedition) habe Dir seit undenklicher Zeit 61 Taler, 11 in Papier, 50 in Wechsel, nach Genf geschickt, eingeschlagen in die angegebne Adresse. Also erkundige Dich und schreib sogleich. Ich habe einen Postzettel und kann das Geld reklamieren. Ich hatte ferner an Gigot 20 und später an Dronke 50 Taler für Euch geschickt, immer aus meiner Kasse. Summa - 130 Taler ungefähr. ' Ich werde Dir morgen wieder einiges schicken. Aber erkundige Dich nach dem Geld. Es war in dem Wechsel zugleich eine Empfehlung Deiner an einen Lausanner Geldphilister. Ich bin mit dem Geld beschränkt. 1850 Taler hatte ich von der Reise mitgebracht; 1950 bekam ich von den Polen.'125' 100 brauchte ich noch"auf der Reise. 1000 Taler habe ich der Zeitung1 (mit dem Dir und andern Flüchtlingen) vorgeschossen. 500 in dieser Woche noch zu zahlen für die Maschine. Bleibt 350. Und dabei habe ich noch keinen Cent von der Zeitung erhalten. Was Eure Redakteurschaft angeht, so habe ich I. in der ersten Nummer gleich angezeigt, daß das Komitee dasselbe bleibt, 2. den blödsinnigen reaktionären Aktionären erklärt, daß es ihnen freistünde, Euch als nicht mehr zum Redaktionspersonal gehörig zu betrachten, daß es mir aber freistehe, so hohe Honorare auszuzahlen, als ich will, und daß sie daher pekuniär nichts gewinnen werden. Die große Summe für die Zeitung hätte ich rationellerweise nicht vorgeschossen, da ich 3-4 Preßprozesse auf dem Halse haben'126', jeden Tag eingesperrt werden und dann nach Geld wie der Hirsch nach frischem Wasser schreien kann. Aber es galt, unter allen Umständen dies Fort zu behaupten und die politische Stellung nicht aufzugeben.
1 „Neue Rheinische Zeitung"
9 Marx/Engels. Werke, Bd. 27
Das beste - nachdem Du die Geldangelegenheiten in Lausanne geordnet - ist, nach Bern zu gehn und Deinen angegebnen Plein auszuführen. Du kannst außerdem schreiben, wofür Du willst. Deine Briefe kommen immer zeitig genug. Daß ich einen Augenblick Dich im Stich hätte lassen können, ist reine Phantasie. Du verbleibst stets mein Intimus, wie ich hoffentlich der Deine.
K.Marx
Dein Alter ist ein Schweinhund, dem wir einen hundsgroben Brief schreiben werden.
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Marx an Engels • in Bern;
Köln, 29. November 48
Lieber Engels! Die Zeitungen sind Dir geschickt. Wenn es nicht früher geschah, so liegt die Schuld rein an dem Esel Korff, der bei meiner Überbeschäftigung, die noch durch beständige Erscheinungsbefehle vermehrt wird, bisher meine Ordres nicht ausgeführt hatte. Einstweilen bleib' in Bern. Sobald Du kommen kannst, schreib* ich Dir. Siegle Deine Briefe besser zu. Einer war aufgebrochen, wie ich in der Zeitung1 (natürlich Dich nicht nennend) angezeigt.[127] Schreib ausführlich über Proudhon, und da Du guter Geograph bist, über die ungarische Scheiße (den Völkerbienenschwarm). Vergiß mich bei Proudhon nicht'128], da unsre Artikel jetzt in sehr viele französische Blätter übergehn. Schreib auch gegen die Föderativrepublik, wozu die Schweiz beste Gelegenheit bietet.11291 K. Heinzen hat seinen alten Schund gegen uns veröffentlicht.'130' Unser Blatt bewegt sich immer auf dem Stand der Erneute, umschifft aber trotz allen Erscheinungsbefehlen den code p6nal2. Es ist jetzt sehr en vogue3. Wir erlassen auch täglich Plakate.11311 La revolution mar che.4 Schreib fleißig. Ich habe einen sichern Plan entworfen, Deinem Alten Geld auszupressen, da wir jetzt keins haben. Schreib einen Geldbrief (möglichst kraß an mich), worin Du Deine bisherigen Fata erzählst, aber so, daß ich ihn Deiner Mutter mitteilen kann. Der Alte fängt an, Furcht zu bekommen. Ich hoffe, Dich bald wiederzusehn. Dein Marx
1 „Neue Rheinische Zeitung" - 2 das Strafgesetzbuch (siehe Anm. 385) — 3 in Mode * Die Revolution marschiert
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Engels an Marx in Köln
Lieber Marx, Wie ist's? Kann ich jetzt, nach G[ottschalks] und A[nneke]s Freisprechung'1321, noch nicht bald zurück? Die preußischen Hunde müssen jetzt doch bald die Lust verlieren, sich mit den Geschwornen einzulassen. Wie gesagt, wenn genügender Grund vorhanden, daß kein Untersuchungsarrest zu befürchten, komm ich sofort. Nachher können sie meinetwegen mich vor 10 000 Jurys stellen, aber im Untersuchungsarrest kann man nicht rauchen, und da geh' ich nicht hinein. Die ganze Septembergeschichte11331 zerfällt ja ohnehin in Nichts. Einer nach dem andern kommt wieder. Also schreib. Apropos, gegen Mitte Januar wäre mir einiges Geld sehr erwünscht. Bis dahin kommt Euch ja eine Masse ein. Dein E. Bern, 28.Dez. [1848]
1849
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Engels an Marx in Köln
Lieber Marx, Nachdem ich mich jetzt während mehrerer Wochen sündhaften Lebenswandels von meinen Strapazen und Aventüren erholt habe, fühle ich erstens das Bedürfnis, wieder zu arbeiten (wovon der beiliegende magyaro-slawische Artikel1 ein schlagender Beweis), und zweitens das Bedürfnis nach Geld. Letzteres ist das dringendste, und wenn Ihr bei Ankunft dieses mir noch nichts geschickt haben solltet, so tut es doch gleich, denn ich bin seit mehreren Tagen sans le sou2, und Pump ist in dieser lausigen Stadt keiner. Wenn in dieser lausigen Schweiz nur irgend etwas vorfiele, um drüber schreiben zu können. Aber lauter Lokaldreck der lausigsten Art. Ein paar allgemeine Artikel3 drüber schick' ich indes bald. Wenn ich noch lang im Ausland bleiben muß, so geh' ich nach Lugano, besonders wenn in Italien etwas losgeht, wie es den Anschein hat. Aber ich denke immer, ich kann bald zurück. Dies faule Hocken im Ausland, wo man doch nichts Ordentliches tun kann und ganz außer der Bewegung steht, ist scheußlich unerträglich. Ich komme bald zu der Einsicht, daß es selbst im Untersuchungsarrest in Köln besser ist als in der freien Schweiz. Schreib mir doch, ob denn gar keine Chance vorhanden, daß ich ebenso günstig behandelt werd' wie Bürgers, Becker4 pp. Raveaux hat recht: selbst in dem oktroyierten Preußen11341 ist man freier als in der freien Schweiz. Jeder Spießbürger ist hier zugleich Mouchard und Assommeur. Davon hab* ich in der Neujahrsnacht ein Exempel gesehn.
1 „Der magyarische Kampf" - 2 ohne einen Pfennig-3 „Die SchweizerPresse" - 4 Hermann Becker
Wer Teufel hat neulich den langweiligen sittlich-religiösen Artikel aus Heidelberg über den Märzverein in die Zeitung gesetzt?1136]  Daß Henricus von Zeit zu Zeit einen Artikel aushaucht, hab' ich ebenfalls mit Vergnügen bemerkt, an dem Seufzer über das Ladenbergsche Zirkulartl36J, der sich durch 2 Nummern hinzieht. Unsre Zeitung5 wird jetzt in der Schweiz sehr häufig zitiert, die „Berner Zeitung" nimmt viel und die „Nat[ional]zeitung", und dann geht das die Runde durch alle Blätter. Auch in den Schweizer französischen Blättern wird sie, nach dem „National" pp. viel zitiert, mehr als die „Kölnische". Die Annonce werdet Ihr aufgenommen haben.'137' Beiliegend ein Abdruck der unsrigen in der „Berner Zeitung". Grüß die ganze Gesellschaft.
Dein E.
Bern, 7. [-8.] Jan. 49 Gestern zu spät zur Post. Heute also noch die Bemerkung, daß die „Neue Rheinische Zeitung" seit dem I.Januar hier nicht mehr eingetroffen ist. Sieh doch nach, ob sie regelmäßig abgeschickt. Ich hab' mich erkundigt, mit dem Abonnieren ist's nichts. Ich müßte auf 1/2 Jahr abonnieren, so lang bleib' ich nicht und hab' auch kein Geld. Wie gesagt, es ist wichtig, daß sie herkommt, nicht bloß meinetwegen, sondern auch hauptsächlich, weil die uns günstige, von einem Kommunisten6 redigierte „Berner Zeitung" alles tut, um sie hier en vogue7 zu bringen.
5 „Neue Rheinische Zeitung" - 6 Jakob Stämpfli - ' in Mode
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Marx an Engels in Köln'1381
Hamburg, 23. April 49
Lieber Engels! Dein Brief hat mich erst heute getroffen, da ich Bremen schon Mittwoch morgen verließ. In Bremen nichts. Rösing hat vor einem Jahre bankerott gemacht und lebt nur noch von den Zinsen des seiner Frau verbliebnen Kapitals. Also nichts. Dagegen werde ich hier sicher loseisen. Was die Unterschrift betrifft, kann Werres nicht unterzeichnen? Was die einstweiligen Geldmittel betrifft, solange ich abwesend bin, so ist folgendes zu bemerken: Plasman hat mir vor meiner Abreise in die Hand versprochen, jeden nötigen Vorschuß zu machen. Möglich, daß St. Naut aus Gewissenhaftigkeit keine Zuflucht zu dieser Quelle nimmt. Wenn es nötig ist, tue es selbst. Die Zeitung1 ist diese Woche durch sehr mager, was mit meiner jetzigen Mission schlecht klappt. Grüß meine Frau herzlich von mir und die andern. Schreib jedenfalls umgehend und laßt den Kopf nicht sinken. Les choses marcheront.2 Dein K.Marx [Innerhalb des Kuverts]
Adresse: Kaufmann Rohde, Bleichenbrücke
1 „Neue Rheinische Zeitung" - 2 (hierO Es wird vorwärtsgehen.
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Marx an Engels in Köln
[Zweite Aprilhälfte - Anfang Mai 1849]
Lieber Engels! Laß den Artikel über B.Dietz heraus, bis das Faktum konstatiert ist. Wir wollen selbst nach Brüssel deshalb schreiben. Übrigens suche den Namen des Setzerlehrlings herauszubekommen, der an Dietz die Sache, ohne Auftrag zu haben, berichtet hat.
Dein Marx
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Marx an Engels in Kaiserslautern11391
Schreibe mir unter der Adresse: M.Ramboz, 45, rue de Lille Paris, 7. Juni [1849] 45, rue de Lille Lieber Engels! Ich schreibe Dir in diesem Briefe wenig ausführlich. Erst sollst Du mir antworten, ob er unversehrt angekommen ist. Ich glaube, daß die Briefe wieder con amore1 erbrochen werden. Es herrscht hier eine royalistische Reaktion, schamloser als unter Guizot, bloß vergleichbar mit der nach I815.Paris ist morne2. Dazu die Cholera, die außerordentlich wütet. Trotzdem stand ein kolossaler Ausbruch des Revolutionskraters nie näher bevor als jetzt zu Paris. Die Details darüber später. Ich komme mit der ganzen revolutionären Partei zusammen und werde in einigen Tagen sämtliche Revolutionsjournale zu meiner Verfügung haben. Was die hiesigen pfälzisch-badischen Gesandten'1401 betrifft, so ist Blind, von einem wirklichen oder vermeintlichen Choleraanfall erschreckt, einige Stunden von Paris aufs Land gezogen. Quant ä3 Schütz ist folgendes zu bemerken: 1. Setzt ihn die provisorische Regierung in eine falsche Position, indem sie ihm keine Berichte schickt. Die Franzosen verlangen des faits4, und wo soll er sie hernehmen, wenn ihm kein Teufel schreibt? Es müssen ihm möglichst oft Depeschen zukommen. Es ist klar, daß er in diesem Augenblick nichts ausrichten kann. Das einzig Erreichbare ist, der preußischen Regierung Wind in die Augen zu streuen, indem man ihm möglich macht, häufig mit den Chefs der Montagnards[1411 zusammenzukommen. 2. Ein zweiter unverzeihlicher Fehler des gouvernement provisoire du Palatinat5 ist, daß man hinter dem Rücken des offiziellen Gesandten eine Masse lausiger Deutschen mit dieser oder jener Mission beauftragt. Das muß ein für allemal aufhören, wenn Schütz den Montagnards gegenüber
1 mit Wonne - 2 düster - 3 Hinsichtlich -1 Tatsachen - 5 der provisorischen Regierung der Pfalz
wenigstens die Honneurs seiner Position behaupten soll, und das ist in diesem Augenblicke - Preußen gegenüber - doch wohl der ganze Inhalt seiner Mission. Daß er im übrigen wenig erfährt, versteht sich von selbst, da er nur mit einigen offiziellen Montagnards zusammenkömmt. Ich werde ihn übrigens immer au courant6 halten. Meinerseits muß ich verlangen, daß Du mir wenigstens zweimal die Woche regelmäßig und jedesmal, so oft etwas Wichtiges vorfällt, sofort schreibst. In dem Feuilleton der „Kölnischen Zeitung" über die Pfälzer Bewegung de dato Dürkheim an der Hardt, heißt es unter anderm: „Auf Herrn Marx, den Redakteur der , [Neuen] Rheinischen Zeitung', ist man nicht gut zu sprechen. Derselbe soll der provisorischen Regierung erklärt haben, seine Zeit sei noch nicht gekommen; er werde sich vorläufig zurückziehen." Wie hängt das zusammen? Die elenden Deutschen hier, mit denen ich jedes Zusammentreffen übrigens vermeide, werden das breit durch Paris zu schlagen suchen. Ich halte es deshalb für gut, wenn Ihr in der „Karlsruher" oder „Mannheimer Abendzeitung" gradezu erzählt in einem Korrespondenzartikel, ich sei als Repräsentant des demokratischen Zentralkomitees[142] zu Paris. Ich halte dies auch deshalb für nützlich, weil einstweilen, wo augenblicklich, unmittelbar noch kein Resultat hier zu erreichen ist, man die Preußen glauben machen muß, daß furchtbare Intrigen hier gespielt werden. II faut faire peur aux Aristocrates.7 . Rüge ist hier gleich Null. Was macht Dronke? Du mußt übrigens sehn, daß Du irgendwo Geld für mich auftreibst; Du weißt, daß ich die letzten eingehenden Summen, pour faire honneur aux obligations de la „Nouvelle G[azette] Rhen[ane]"8, verausgabt habe, und in den jetzigen circonstances9 kann ich weder ganz eingezogen wohnen und leben, noch weniger in Geldverlegenheiten geraten. Wenn es Dir irgend möglich ist, so schicke mir einen französischen Artikel, worin Du die ganze ungarische Affäre resümierst. Teile diesen Brief d'Ester mit. Grüße ihn bestens. Soll ich unter einer andern Adresse schreiben, so gebt sie an. M. " -" ' [Auf der Adreßteile] Herrn Fr. Engels, zu erfragen bei Dr. d'Ester
* auf dem laufenden - 7 Man muß den Aristokraten Angst machen. - 8 um den Verpflichtungen der „Neuen Rheinischen Zeitung" nachzukommen - 8 Verhältnissen
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Marx an Engels in Vevey11431
[Paris, um den I.August 1849]
Lieber Engels! Ich habe sehr viele Unruhe für Dich ausgestanden und war wirklich «rfreut, gestern einen Brief von Deiner Hand zu empfangen.1 Ich hatte Dronke (der hier ist) an Deinen Schwager2 schreiben lassen, um Auskunft zu erhalten. Der wußte natürlich nichts. Meine ganze Familie ist hier; die Regierung hat mich nach Morbihan, den Pontinischen Sümpfen der Bretagne, ausweisen wollen. Bisher habe ich die Exekution verhindert. Soll ich Dir aber näher sowohl über meine Verhältnisse hier als über die allgemeinen schreiben, so mußt Du mir eine sicherere Adresse schicken, denn hier ist's sehr ungeheuer. Du hast jetzt die schönste Gelegenheit, eine Geschichte oder ein Pamphlet über die badisch-pfälzische Revolution zu schreiben.'1441 Ohne Deine Teilnahme an dem Krieg selbst hätten wir mit unsern Ansichten über diesen Ulk nicht hervortreten können. Du kannst dabei die Stellung der „N[euen] Rh [einischen] Z[eitung]" zur demokratischen Partei überhaupt glänzend herausbeißen . Ich bin überzeugt, daß die Sache ziehn und Dir Geld einbringen wird. Ich habe Unterhandlungen eingeleitet, um eine politisch-ökonomische Zeit (Monats-)schrift zu Berlin zustande zu bringen, die hauptsächlich von uns beiden geschrieben werden müßte.11451 Lupus ist auch in der Schweiz, ich glaube in Bern. Weerth war gestern hier, er etabliert eine Agentur zu Liverpool. Der rote Wolff3 wohnt hier bei mir. Die finanziellen Verhältnisse sind natürlich sehr zerrüttet. Freiligrath ist nach wie vor in Köln. Wäre meine Frau nicht in einem etat par trop interessant4, so würde ich Paris gern, sobald es pekuniär möglich, verlassen. Leb wohl. Grüß W[illic]h bestens und schreib umgehend unter der Adresse: M.Ramboz, rue de Lille 45. Dein K.M.
1 Siehe vorl. Band, S. 501/502 - 2 Emil Blank - 3 Ferdinand Wolff - 1 allzu interessanten Zustand (d.h. hochschwanger)
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Marx an Engels in Vevey
Paris, 17. August [1849]
Lieber Engels! Ich weiß nicht, ob Du meinen ersten Brief - Antwort auf Deinen ersten, meiner Frau zugeschickten Brief - richtig erhalten, da Deine Adresse sehr unbestimmt war. Ich hätte Dir auch auf den zweiten schon geantwortet, wenn nicht meine ganze hier anwesende Familie krank und ich so behindert gewesen wäre. Ich wiederhole Dir noch einmal, welche Angst ich und meine Frau Deinetwegen ausgestanden und wie freudig wir überrascht waren, sichre Nachricht von Dir zu erhalten. Aus dem Datum ersiehst Du, daß das Ministerium des Innern auf meine Reklamation mich einstweilen ungeschoren in Paris gelassen. Das Departement Morbihan, das man mir angewiesen, ist in dieser Jahreszeit tödlich die Pontinischen Sümpfe der Bretagne. Über die Affäre vom 13. Juni11461 Schriftliches mitzuteilen, wäre in diesem Augenblicke unvorsichtig. Ich glaube nicht, ich weiß wenigstens nicht, ob das Briefgeheimnis respektiert wird. Den allgemeinen Zustand hier kann ich Dir mit zwei Worten schildern: Dekomposition der Majorität in ihre ursprünglichen, einander feindseligen Elemente, Bonapartismus für immer kompromittiert, Malice unter den Bauern wegen der Beibehaltung der 75 Centimes, die Weinbauern wütend über die angedrohte Beibehaltung der Getränkesteuer, in der öffentlichen Meinung der Windzug schon wieder antireaktionärI1471, in der prorogierten Kammer und im Ministerium die Reaktion ausschließlich werdend und mit der Beseitigung der Barrot-Dufaureschen Clique aus dem Kabinett beschäftigt. Sobald dies Faktum eintritt, kannst Du auf eine baldige revolutionäre Resurrektion hoffen. Ich weiß nicht, ob Du in der Schweiz Gelegenheit hast, die englische Bewegung zu verfolgen. Die Engländer haben sie genau bei dem Punkte wieder aufgenommen, wo sie durch die Februarrevolution unterbrochen wurde. Die Friedenspartei ist, wie Du weißt, nichts anders als eine neue Verkleidung der free-trade-Partei. Aber diesmal agiert die industrielle Bour
geoisie noch revolutionärer wie in der Anti-Corn-League-Agitation[148i. Zweierlei: I. Die im Innern durch die Abschaffung der Korngesetze und der Navigationsakte11491 an der Wurzel gefaßte Aristokratie soll auch in ihrer auswärtigen Politik, in ihrer europäischen Verzweigung, ruiniert werden. Umkehrung der Politik Pitts. Antirussisch-östreichisch-preußisch, mit einem Worte, für Italien und Ungarn. Cobden hat förmlich mit dem Banne die Bankiers bedroht, die Rußland pumpen würden, einen wahren Feldzug gegen die russischen Finanzen eröffnet. 2. Allgemeine-Stimmrechts-Agitation, um die tenants1 ganz von dem Grundadel politisch zu trennen, den Städten absolute Majorität zu geben im Parlament, das Oberhaus zu nullifizieren. Finanzreform, um Kirche und politische Revenue des Adels abzuschneiden. In beiden Agitationen Chartisten und Freetrader vereinigt. Harney und Palmerston scheinbar befreundet. In dem letzten in London gehaltnen Meeting O'Connor und Colonel Thompson eine Seele. Dieser ökonomische Feldzug gegen Feudalismus und heilige Allianz von unberechenbaren Folgen. Ungarn famos. Aber dies lausige Preußen? Qu'en dis-tu?2 Die blassen Kanaillen'1501 werden jetzt fettgefüttert in Sachsen, Baden, der Pfalz. Wenn sie den Östreichern eine Armee zur Hülfe schicken, geschieht es so, daß sie selbst in Böhmen bleiben und sich da auffüttern lassen. Aber das elende Preußen - ich fürchte nur, daß es zu feig ist - perdu3, sobald es an der ungarischen Affäre, die jedenfalls in einen guerre universelle 4 aufgeht, sich beteiligt. Maintenant, mon eher, que faire de notre part? II faut nous lancer dans une entreprise litteraire et mercantile, j'attends tes propositions.5 Roter Lupus6 hier im selben Hause mit mir; Dronke auch in Paris, mais c'est un tout petit homme de l'ecole de E.JVIeyen7. Lupus ist zu Zürich, Adresse: Dr.Lüning. Du brauchst nicht besonders an M. Ramboz zu schreiben. C'est mon Pseudonyme.8 Also Adresse einfach diese: Monsieur Ramboz, 45, rue de Lille. Salut! Ch.M.
1 Pächter - 2 Was sagst Du dazu? -3 verloren - 4 Weltkrieg - 5 Jetzt, mein Lieber, was ist unsererseits zu machen? Wir müssen uns auf ein literarisches und kaufmännisches Unternehmen werfen. Ich erwarte Deine Vorschläge. - 6 Ferdinand Wolff - 7 aber das ist ein ganz kleines Männchen aus der Schule E.Meyens - 8 Das ist mein Pseudonym.
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Marx an Engels in Lausanne
[Paris] 23. August [1849]
Lieber Engels! Ich bin nach dem Departement Morbihan verwiesen, den Pontinischen Sümpfen der Bretagne. Du begreifst, daß ich auf diesen verkleideten Mordversuch nicht eingehe. Ich verlasse also Frankreich. Nach der Schweiz gibt man mir keinen Paß, ich muß also nach London,, und zwar morgen. Die Schweiz wird ohnehin bald hermetisch verschlossen sein, und die Mäuse mit einem Schlag würden gefangen sein. Außerdem: In London habe ich positive Aussicht, ein deutsches Journal1 zu stiften. Ein Teil der Gelder ist mir sicher. Du also mußt sofort nach London. Zudem erheischt es Deine Sicherheit. Die Preußen würden Dich doppelt erschießen: 1. wegen Baden, 2. wegen Elberfeld1151 Und was sollst Du in der Schweiz, wo Du nichts tun kannst? Du hast keine Schwierigkeit, nach London zu kommen, sei es unter dem Namen Engels, sei es unter dem Namen Mayer. Sobald Du erklärst, nach England zu wollen, erhältst Du einen Zwangspaß bis London von der französischen Gesandtschaft. Ich rechne positiv darauf. Du härmst nicht in der Schweiz bleiben. In London werden wir Geschäfte'machen. Meine Frau bleibt einstweilen hier. Du schreibst an sie immer unter derselben Adresse: 45, rue de Lille, M.Ramboz. Aber noch einmal, ich rechne sicher darauf, daß Du mich nicht im Stich lassen wirst. Dein K.M.
Lupus ist bei Dr. Lüning, Zürich. Schreib ihm auch von meinem Plan.
1 „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue"
1850
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Marx an Engels in Manchester11521
[London] 19. Nov. 1850
Lieber Engels! Ich schreibe Dir nur zwei Zeilen. Heute morgen um zehn Uhr ist unser kleiner Pulververschwörer Föxchen11531 gestorben. Plötzlich, durch einen der Krämpfe, die er oft gehabt hatte. Einige Minuten vorher lachte und schäkerte er noch. Die Sache kam ganz unverhofft. Du kannst Dir denken, wie es hier aussieht. Durch Deine Abwesenheit sind wir grade in diesem Moment sehr vereinsamt. In meinem nächsten Briefe werde ich Dir einiges über Harney schreiben, woraus Du sehn wirst, in welcher fatalen Lage er sich befindet.
Dein K.Marx
Wenn Du grade in der Stimmung bist, schreib einige Zeilen an meine Frau. Sie ist ganz außer sich.
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Marx an Engels in Manchester
London, 23. Nov. 1850
Lieber Engels! Dein Brief hat meiner Frau sehr wohlgetan. Sie befindet sich in einer wirklich gefährlichen Aufgeregtheit und Angegriffenheit. Sie hatte das Kind selbst gestillt und unter den schwierigsten Verhältnissen mit den größten Opfern sich seine Existenz erkauft. Dazu der Gedanke, daß das arme Kind ein Opfer der bürgerlichen Misere gewesen ist, obgleich es ihm speziell an keiner Pflege gefehlt hat. Herr Schramm1 ist ganz verseilert11541 und befindet sich in einer seiner ekelhaftesten Epochen. Zwei Tage durch, am 19. und 20. November, ließ er sich gar nicht bei uns sehn, kam dann eine Minute und verschwand sofort wieder nach einigen albernen Redensarten. Am Begräbnistage hatte er sich zum Mitfahren gemeldet, kömmt einen Augenblick vor der anberaumten Stunde, spricht kein Wort von dem Begräbnis, sondern erzählt meiner Frau, daß er sich eilen müsse fortzugehn, um nicht zu spät bei seinem Bruder2 zum Essen zu kommen. Du begreifst, wie bei dem jetzigen irritabeln Zustand meiner Frau das Benehmen dieses Menschen, der so viel Freundschaft in unserm Hause genossen, beleidigen muß. Jones hat mir die eigentliche Lage Hameys auseinandergesetzt. Er ist sous le coup de la justice3. Sein Blatt mußte dem ganzen Inhalt nach gestempelt sein.1155' Die Regierung wartet nur eine größre Verbreitung ab, um ihn zu fassen. Der Prozeß gegen Dickens ist bloß als Präzedenz gegen ihn eingeleitet. Wird er dann gefaßt, so kann er außer der eigentlichen Strafe 20 Jahre sitzen für die Unmöglichkeit, die securities4 aufzubringen. Bauer5 und Pfänder haben ihren Prozeß gewonnen.11561 Roberts war ihr Advokat. Dein K.M.
1 Konrad Schramm - 2 Rudolf Schramm - 3 unter dem Henkerbeil der Justiz -1 Sicherheiten - 5 Heinrich Bauer
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Engels an Marx in Lohdon
Lieber Marx, Ich schreibe Dir heute bloß, um Dir anzuzeigen, daß es mir leider heute noch unmöglich ist, Dir die in meinem Letzten auf heute versprochenen £ 2 zu schicken. Ermen ist auf ein paar Tage verreist, und da kein Prokurist beim Bankier beglaubigt ist, so können wir keine Anweisungen ausstellen und müssen uns mit den paar kleinen Einzahlungen begnügen, die gelegentlich einkommen. Es sind im ganzen nur ca. £ 4 in der Kasse, und Du begreifst daher, daß ich etwas warten muß. Sobald Efrmen] zurückkommt, werde ich Dir das Geld sogleich schicken. Die erste Anweisung ist hoffentlich richtig eingegangen. Das Benehmen von Schrfamm]1 ist wirklich kommun. Die Geschichte mit Harney ist allerdings höchst fatal. Wenn sie ihn einmal fassen wollen, hilft auch das Namenändern des Blatts11551 nicht. Ganz aufgeben kann er's auch nicht, und wenn dies Blatt unter die Kategorie der stempelpflichtigen fällt, so weiß ich nicht, wie es überhaupt möglich ist, ein ungestempeltes politisches Wochenblatt herauszugeben. Allerdings täte er besser, seinen Labour Record2 von der 8. Seite wegzulassen, das ist news3 und unzweifelhaft stempelpflichtig. Aber nach dem, was Du schreibst, scheint auch der Inhalt seiner räsonnierenden Artikel, in Jones* Meinung, dem Stempel zu verfallen. Und da hört alles auf. Der indignierte Schramm scheint also, was auch aus dem Tretbrief des Herrn Seiler hervorging, wieder mit seinem Bruder4 auf dem besten Fuß zu stehn und sogar 6gardss gegen ihn zu beobachten! Hoffentlich geht es Deiner Frau besser. Grüß sie und Deine ganze Familie herzlich von Deinem F.E. [Manchester] 25. November 1850
Im Lauf der Woche werd' ich Deiner Frau eine Sendung von Cotton thread6 zugehn lassen, von der ich hoffe, daß sie ihr gefallen wird.
1 Konrad Schramm - 2 seine Chronik der Arbeiterbewegung - 3 sind Nachrichten 4 Rudolf Schramm - 5 Rücksichten - 6 Baumwollgarn
10 Manc/Engels. Werke, Bd. 27
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Marx an Engels in Manchester
2. Dezember [1850] 64, Dean Street, Soho, London
Lieber Engels! Ich weir einige Tage ernstlich unwohl, und so erhältst Du diesen Brief nebst Anzeige von dem Empfang der beiden Post Office Orders1 später, als mein Wunsch war. Dem Seiler habe ich die 71/e sh. zukommen lassen. Was die „Ind6pendance" betrifft, so schulden wir beide ihm einstweilen nichts, da er, zu gelegner Zeit, sich von seinem Wirte hat herauswerfen lassen und ihm als Kompensation für die 10 £, die er ihm schuldet, nichts hinterlassen hat als die unbezahlte „Indöpendance", für 18 Pence Mobilareigentum und 2 oder 3 Bücher, die er von mir und andern geborgt hat. Er besitzt wirklich in a high degree2 das Talent, auf amerikanische Weise den Überschuß seiner Ausgaben über seine Einnahmen zu liquidieren. Der große Heilberg ist mit einer soi-disant3 jungen Frau hier angekommen. Ich habe noch nicht die Ehre gehabt, den Märchen-Tuck zu sehn, der natürlich sehr vergrößert über den Ozean zurückgeworfen ist - ein gefährlicher Konkurrent für Seiler. Er hat den Bamberger ganz mit Beschlag belegt, nennt ihn „Brüderchen" und die alte Amschel „Tantchen". Von unsrer „Revue" habe ich noch nichts gesehn und gehört. Ich stehe mit Köln in Unterhandlung wegen Herausgabe der Quartalschrift. Teils aus Unwohlsein, teils aus Absicht komme ich in den Pulteney stores mit den andern nur noch an den offiziellen Tagen zusammen. Da die Herren so viel debattiert haben, ob diese Gesellschaft ennuyant ist oder nicht, überlasse ich es natürlich ihnen selbst, über die Komforts ihrer Unterhaltung sich wechselseitig zu verständigen. Mich aber mache ich rar. Wir haben beide die Erfahrung gemacht, daß man bei diesen Leuten in demselben Maß im Wert sinkt, als mein sich ihnen liberal zuführt. Zudem bin ich sie müde und will meine Zeit möglichst produktiv ausnutzen. Freund Schramm, der seit mehren Wochen den Malkontenten spielte und sich end
1 Postanweisungen - 2 in einem hohen Grade - 8 sogenannten
lieh überzeugt hat, wie man durchaus nicht geneigt ist, dem natürlichen Lauf seiner Gemütsstimmungen Hindernisse in den Weg zu legen, eignet sich nach und nach den mit dem Model-lodging-house4 verträglichen Humor wieder an. In der Great Windmill[157] herrscht großer Ärger über den Verlust der 16 £ durch gerichtlichen Spruch. Lehmann namentlich schäumt. Sein Zorn will sich nicht legen, bis Bauer5 und Pfänder in allen Zeitungen Europas öffentlich als Diebe und Missetäter gebrandmarkt. Der kleine Bauer behauptet jetzt natürlich mit verbißnem sittlichem Grimm, daß die Herauszahlung jeden Pfennigs, sei es an die Great Windmill, sei es an eine öffentliche Armenbox, eine unverzeihliche Beleidigung gegen die englischen Gerichte und eine „Anerkennung der Bourgeoisie" sein würde. Unterdessen haben die großen Männer der Great Windmill Street einen Triumph erlebt, wie folgt: „Aux demoerates de toutes les nations! Citoyens! Proscrits Refugies en Angleterre et mieux places par cela meme pour juger des mouvements politiques du Continent, nous" (merk wohl! In dieser einzigen Phrase, die sie über Subjekt, Kopula und Prädikat hinaus gewagt haben, direkter Sprachschnitzer, müßte jedenfalls heißen: et ainsi mieux places que vous autres pour) „avons pu suivre et surveiller activement toutes les combinaisons des Puissances coalisees se pr^parant ä une nouvelle invasion de la France, oü" (sehr scheen!) „les Cosaques du Nord sont attendus par leurs complices, pour" (noch einmal attendus pour) „eteindre dans son foyer meme" (die Geburtsstätte von Barthdlemy und Pottier) „le volcan de la Revolution Universelle. - Les Rois et les aristoerates de l'Europe ont compris qu'il etait temps d'elever des digues pour arreter la maree populaire" (hieße besser: le marasme populaire) „qui menace d'engloutir leurs trones 6branles. - Des troupes nombreuses levees en Russie, en Autriche, en Prusse, en Baviere, dans le Hanovre, dans le Würtemberg, en Saxe et enfin dans tous les etats de l'Allemagne, sont d6ja r£unies." (Des troupes... sont deja reunies!) „En Italie 130 000 hommes menacent la frontiere suisse. Le Vorarlberg est occupe par 80 000 hommes. Le Haut Rhin est couvert par 80 000 hommes, Würtembergeois, Badois et Prussiens. Le Main est garde par 80 000 Bavarois et Autrichiens. Tandis que 370 000 hommes occupent les points que nous venons d'indiquer, la Prusse a mobilis£ 200 000 soldats qu'elle tient disponible" (sie) „pour etre lanc6 sur les frontieres de la Belgique et de la France: la.Hollande et la Belgique, contraintes
4 Musterlogierkaus - 5 Heinrich Bauer
par les coalitions, soutiendront le mouvement d'invasion avec une armee forte de 150 000 hommes. En Boheme 150 000 hommes se tiennent prets et n'attendent qu'un ordre pour se reunir a l'arm6e du Main, qui serait alors forte de 230 000 hommes. Autour de Vienne sont concentres 80 000hommes. 300 000 Russes campent en Pologne, et 80 000 dans les environs de St. Petersbourg: ces armees reunies composent une force d'un million trois cents trente mille combattants, qui n'attendent que le signal de l'attaque. Derrifere ces troupes se tiennent aussi (!) prets 180 000 Autrichiens, 200 000 Prussiens, 100 000 hommes fournis par les principautes de l'Allemagne, et 220 000 Russes. Ces armees f orment ensemble, comme troupes de reserve 700 000 hommes; sans compter les hordes innombrables" (sie) „de Barbares que l'Attila Moscovite ferait surgir du fond de l'Asie, pour lancer, comme autrefois (!) sur la civilisation Europeenne. Des journaux allemands" (wird nämlich in einer Note ein Lausesatz aus der „Neuen Deutschen Zeitung" zitiert, um Lüning günstig zu stimmen) „et nos renseignements particuliers nous fönt cormaitre les secretes intentions des Pvissances dont les Plenipotentiaires se sont reunis ä Varsovie le 25 Octobre dernier. II a ete decide, dans la (!) conference, qu'une guerre feinte" (Teufel, was für Diplomaten!) „entre la Prusse et l'Autriche, servirait de pretexte au mouvement des soldats que la volonte du Czar transforme en instruments aveugles et en sicaires feroces contre les defenseurs de la liberte." (Bravo!) „En presence de ces faits, il n'est plus possible de douter: on organise en ce moment le massacre, deja commence(ü) de tous les Republicains. Lesjournees de Juin 1848 avec leurs executions sanglantes et les proscriptions que les ont suivies - la Hongrie d6vastee et asservie par l'Autriche - l'Italie livree au Pape et aux Jesuites, apres l'egorgement de la Republique Romaine par les soldats du Gouvernement de la France n'ont point assouvi la rage de nos ennemis: ils revent l'asservissement de tous les peuples qui combattent pour le triomphe de la liberte commune. Si la demoeratie n'y prend garde, la Pologne, la Hongrie, l'Allemagne, l'Italie et la France seront bientSt encore vouees aux fureurs de la soldatesque sauvage de Nicolas qui, pour exciter les Barbares au combat leur promet la devastation et le pillage de l'Europe. Devant ce danger qui nous menace, deloat! Debout... Republicains Francis, Allemands, Italiens, Polonais, et Hongrois, sortons de cet engourdissement" (Pott Schapper und Willich!) „qui enerve nos forces et prepare une victoire facile ä nos oppresseurs. Debout!... Aux jours de repos et de honte du present, faisons succeder les jours de fatigue et de gloire, que nous prepare la guerre sainte de la Iibertd! En examinant ces dangers que nous
vous signalons, vous comprendrez,comme nous, qu'il yauraitfolie d'attendre plus longtemps l'attaque de l'ennemi commun; nous devons tout preparer et aller au devant du peril qüi nous environne." (Geht einmal au devant d'une chose qui vous environne/) „Citoyens Democrates Socialistes, notre salut n'est qu'en nous memes: nous ne devons compter que sur nos propres efforts; et eclaires des exemples du passe, nous devons nous premunir contre les trahisons de I'avenir. Evitons, evitons surtout le piege qui nous est tendu par les serpens (!) de la diplomatie. Les emules des Metternich et des Talleyrand meditent en ce moment d'eteindre le flambeau de la Revolution, en suscitant a la France, par I'invasion qu'ils preparent, une guerre nationale dans laquelle les peuples s'egorgeraient au profit des ennemis de leur affranchissement. Non, Citoyens! plus de guerre nationale! Les barrieres que les despotes avainet elevees entre les nations qu'ils s'etaient partagees, sont desormais tombees pour nous, et les peuples confondus" (wirklich: confondus) „n'ont plus qu'un drapeau, sur lequel nous avons ecrit avec le sang fecond de nos martyrs: Republique Universelle Democratique et Sociale." Pour Leurs Societes: „Les membres du comite de la societe des proscrits Democrates Socialistes Francis k Londres: Adam (Cambreur), Barthelemy (Emm[anue]I), Caperon (Paulin), Fanon, Gout6, Thierry, Vidil (Jules); les delegues de la commission permanente de la section de la demoeratie polonaise a Londres: Sawaszkiewicz, Warskiroski; les membres du comite d&nocrate socialiste des refugies allemands et de la societe ouvriere allemande[158): Dietz (Oswald), Gebert (A.), Mayer (Adolphe), Schärttner (A.), Schapper (Charles), Willich (Auguste). Les delegues de la societe democratique hongroise a Londres: Molikoy, Simonyi. Londres le 16-Novembre 1850." 6
6 „An die Demokralen aller Nationen! Bürger! Geächtete Flüchtlinge in England, und gerade deswegen besser plaziert, am die politischen Bewegungen des Festlandes zu beurteilen" (merk wohl! In dieser einzigen Phrase, die sie über Subjekt, Kopula und Prädikat hinausgewagt haben, direkter Sprachschnitzer, müßte jedenfalls heißen: und somit besser plaziert als ihr anderen, um), „haben wir alle Kombinationen der koalisierten Mächte verfolgen und aktiv überwachen können, die sich zu einer neuen Invasion Frankreichs rüsten, wo" (sehr scheen!) „die Kosaken des Nordens von ihren Mitverschworenen erwartet werden, um" (noch einmal: erwartet werden, um) „an seinem Herde selbst" (die Geburtsstätte von Barthelemy undPottier) „den Vulkan der Weltrevolution auszulöschen. - Die Könige und Aristokraten Europas haben begriffen, daß es an der Zeit ist, Dämme zu errichten, um die Volksflut" (hieße besser: die Volksversumpfung) „zum Stehen zu bringen, die ihre wankenden Throne zu verschlingen droht. - Schon sind zahlreiche Truppen, aufgeboten in Rußland, in Österreich, in Preußen, in Bayern, in Hannover, in Württemberg, in Sachsen und endlich in allen Staaten Deutschlands, vereinigt." (Truppen... sind schon vereinigt!) „In Italien bedrohen 130 000 Mann die schweizerische Grenze. Der
Wenn das nicht gut für die Wandläus ist, dann weiß ich nicht, was besser ist. Als ich das Manifest [Ledru-]RoIIin, Mazzini, Rüge etc. an die Deutschen[159] gelesen hatte, worin man sie auffordert, das Bardiet zu singen und sie erinnert, daß ihre Vorfahren „Franken" hießen, und worin der König von Preußen schon abgemacht hatte, sich von Ostreich klopfen zu
Vorarlberg ist von 80 000 Mann besetzt. Der Oberrhein ist mit 80 000 Mann, Württembergern, Badensem und Preußen, überschwemmt. Der Main wird von 80000 Bayern und österreireichem bewacht. Während 370000 Mann die von uns bezeichneten Punkte besetzt halten, hat Preußen 200000 Soldaten mobilisiert, die es bereithält" (sie), „um sie gegen die Grenzen Belgiens und Frankreichs zu werfen: Holland und Belgien werden unter dem Druck der Koalitionen die Invasionsbewegung mit einer 150000 Mann starken Armee unterstützen. In Böhmen stehen 150000 Mann bereit und warten nur auf einen Befehl, um sich mit der Mainarmee zu vereinigen, die dann also 230000 Mann stark sein würde. Um Wien sind 80000 Mann konzentriert. 300000 Russen lagern in Polen und 80000 in der Umgebung von St. Petersburg: diese Armeen bilden insgesamt eine Heeresmacht von ungefähr einer Million dreihundertdreißigtausend Kämpfern, die nur auf das Signal zum Angriff warten. Hinter diesen Truppen stehen ebenfalls (!) in Bereitschaft 180000 Österreicher, 200000 Preußen, 100000 von den Fürstentümern Deutschlands gestellte Soldaten und 220000 Russen. Diese Armeen bilden zusammen als Reservetruppe 700000 Mann, ungerechnet die zahllosen" (sie) „Barbarenhorden, die der moskowitische Attila aus dem Inneren Asiens hervorbrechen lassen würde, um sie wie einst (!) gegen die europäische Zivilisation zu werfen. Deutsche Blätter* (wird nämlich in einer Note ein Lausesatz aus der „Neuen Deutschen Zeitung" zitiert, um Lüning günstig zu stimmen) „und unsere besonderen Ermittlungen lassen uns die geheimen Pläne der Mächte erkennen, deren Bevollmächtigte sich am 25. Oktober in Warschau versammelt haben. Es wurde in der (!) Konferenz beschlossen, daß ein Scheinkrieg" (Teufel, was für Diplomaten!) „zwischen Preußen und Österreich als Vorwand für die Bewegungen der Soldaten dienen soll, die der Wille des Zaren in blinde Werkzeuge und wilde Meuchelmörder gegen die Verteidiger der Freiheit verwandelt." (Bravo!) „Angesichts dieser Tatsachen ist kein Zweifel mehr möglich: man organisiert in diesem Moment die schon begonnene Niedermetzelung (!!) aller Republikaner. Die Tage des Juni 1848 mit ihren blutigen Hinrichtungen und die Achtungen, die ihnen folgten -, die Verwüstung und Niederwerfung Ungarns durch Österreich - die Auslieferung Italiens an den Papst und die Jesuiten nach der Erdrosselung der Römischen Republik durch die Soldaten der Regierung Frankreichs, haben die Wut unserer Feinde keineswegs besänftigt: sie träumen von der Unterwerfung aller Völker, die für den Sieg der allgemeinen Freiheit kämpfen. Wenn die Demokratie nicht auf der Wacht sein wird, werden Polen, Ungarn, Deutschland, Italien und Frankreich bald dem Wüten der wilden Soldateska Nikolaus' ausgeliefert sein, der, um die Barbaren zum Kampf anzustacheln, ihnen die Verwüstung und Plünderung Europas verspricht.
Angesichts dieser Gefahr, die uns bedroht, aufl Auf... französische, deutsche, italienische, polnische und ungarische Republikaner, heraus aus der Erstarrung" (Pott Schapper und Willich!), „die unsere Kräfte entnervt und unseren Unterdrückern einen leichten Sieg vorbereitet! Auf... Lassen wir den Tagen des Ausruhens und der Schande der Gegenwart die Tage der Mühen und des Ruhmes folgen, die uns der heilige Krieg um die Freiheit vorbereitet! Wenn Ihr diese Gefahren, die wir Euch aufzeigen, prüft, werden Ihr wie wir begreifen, daß es Wahnsinn wäre, noch länger den Angriff des gemeinsamen Feindes abzuwarten; wir müssen alles vorbereiten und der Gefahr zuvorkommen, die uns umgibt!" (Geht einmal einer
lassen, glaubte ich, etwas Dümmeres sei unmöglich. Mais non!7 Kommt das Manifest Fanon-Caperon-Goute, wie die „Patrie" es nennt, der dii minorum gentium,8 mit demselben Inhalt, wie sie richtig bemerkt, aber ohne Chic, ohne Stil, mit den armseligsten Rednerblumen von serpents und sicaires und egorgements9! Die „Independance" erzählt, indem sie einige Sätze aus diesem Meisterwerk mitteilt, es sei von den soldats les plus obscurs de la Demoeratie10 abgefaßt, und diese armen Teufels hätten es ihrem Korrespondenten in London zugeschickt, obgleich sie konservativ sei. So sehr sehnten sie sich nach dem Druck. Sie nennt zur Strafe keinen Namen, wie die „Patrie" nur die obigen 3 nennt. Zur Erfüllung der Misere geben sie von hier einem Straubinger*171 (selbiges Subjekt hat die klägliche Geschichte gestern dem Pfänder erzählt) 50 Exemplare nach Frankreich mit. Kurz vor Boulogne schmeißt er 49 Stück ins Meer, in Boulogne wird Bruder Straubinger wegen mangelnden Passes zurückgeschickt nach London und erzählt, „daß er jetzt nach Boston gehe".
Leb wohl und schreib umgehend.
Dein K.Marx :
Sache zuvor, die Euch umgibt.) „Bürger sozialistische Demokraten, unsere Rettung liegt nur bei uns selbst: wir können nur auf unsere eigenen Kräfte rechnen; und belehrt durch die Beispiele der Vergangenheit, müssen wir uns gegen die künftigen Verrätereien wappnen. Vermeiden wir, vermeiden wir vor allem die Falle, die uns von den Schlangen (!) der Diplomatie gestellt ist. Die Nacheiferer der Metternich und der Talleyrand sinnen in diesem Moment darauf, die Fackel der Revolution zu ersticken, indem sie in Frankreich durch die von ihnen vorbereitete Invasion einen nationalen Krieg entfesseln wollen, in welchem die Völker den Feinden ihrer Befreiung zum Vorteil einander die Hälse abschneiden würden. Nein, Bürger! Keinen nationalen Krieg mehr! Die Barrieren, die die Despoten zwischen den Nationen, die sie unter sich geteilt, errichtet haben, sind fortan für uns gefallen, und die verschmolzenen" (wirklich: verschmolzenen) „Völker haben nur noch eine Fahne, auf der wir mit dem fruchtbaren Blut unserer Märtyrer geschrieben haben: Demokratische und soziale Weltrepublik". Für ihre Gesellschaften: „Die Mitglieder des Komitees der Gesellschaft der geächteten französischen sozialistischen Demokraten in London: Adam (Cambreur), Barth£lemy (Emm[anue]l), Caperon (Paulin), Fanon, Gout£, Thierry, Vidil (Jules); die Delegierten der ständigen Kommission der Sektion der polnischen Demokratie in London: Sawaszkiewicz, Warskiroski; die Mitglieder des Sozial-demokratischen deutschen Flüchtlingskomitees und des Deutschen Arbeitervereins: Dietz (Oswald), Gebert (A.), Mayer (Adolphe), Schärttner (A.), Schapper (Karl), Willich (August). Die Delegierten der ungarischen demokratischen Gesellschaft in London: Molikoy, Simonyi. London, den 16-November 1850." - 7 Aber nein! - 8 (hier:) zweitrangigen Größen -9 Schlangen und Meuchelmördern und Metzeleien 10 unbedeutendsten Soldaten der Demokratie
Apropos! Schreib doch einmal dem würdigen Dronke, daß er in Bundesangelegenheiten antwortet und nicht nur im Fall von Tretbriefen schreibt. Die Herren Kölner1160] haben noch nichts hören lassen. Weydemeyer nennt „Haude", der sein ganzes Fell in Deutschland eingebüßt hat und wieder hier ist, einen „sonst wackren Burschen". Du mußt ernsthaft nachdenken, worüber Du schreiben willst. England geht nicht, da schon 2 Themata darüber, vielleicht 3 mit Eccarius. Über Frankreich ist auch nicht viel zu sagen. Könntest Du nicht vielleicht, an Mazzinis neuste Sachen anknüpfend, die lausigen Italiener samt ihrer Revolution einmal packen? (Sein „Republik und Monarchie etc." nebst seiner Religion, dem Papst etc.)
/Nachschrift von Frau Jenny Marx]
Lieber Herr Engels, Ihre freundliche Teilnahme an dem Schicksal, das uns in dem Verlust unsres kleinen Lieblings, meines armen kleinen Schmerzenkindes11, so schwer getroffen, hat mir sehr wohlgetan, um so mehr, als ich mich in den letzten schmerzlichen Tagen recht bitter über unsem Freund Sfchramm] zu beklagen hatte. Mein Mann und wir «die haben Sie recht sehr vermißt und uns oft nach Ihnen gesehnt. Dennoch freue ich mich sehr, daß Sie hier fort und auf dem besten Wege sind, ein großer Cotton-lord12 zu werden. Keilen Sie sich nur recht fest ein zwischen die zwei feindseligen Brüder; dieser Kampf bringt Sie notwendig Ihrem verehrten Herrn Papa gegenüber in die Position der Unentbehrlichkeit, und ich sehe Sie schon in) Geist als Friedrich Engels junior und Associe des senior figurieren. Das Beste dabei ist natürlich, daß Sie trotz Cotton-trade13 und alledem der alte Fritze bleiben und sich, um mit den 3 Erzdemokraten Friedrich Wilhelm dem Ersten, Kinkel und Mazzini zu reden, „der heiligen Sache der Freiheit nicht entfremden" werden. Karl hat Ihnen über die hiesige Schmiere einiges geschrieben; ich füge noch einige nova14 hinzu. Der feiste Knote Haude hat auf seiner Verleumdungstour durch Deutschlands Gauen all' sein Fett verloren und stolpert über seine eignen Beine, wenn er einen sieht. Beim Diktator Hippopotamus16 soll ein kleiner Hippopotamus zweifelhaften Ursprungs angekommen sein, und der Great-WindmillRitter Hohenzoller Willich hat seine Nobelgarde um einige qualifizierte Strauchdiebe und Lumpazi vermehrt. Unsre eignen Leute bummeln so von einem Tage zum andern weiter mit Hülfe einiger erpumpter Pence. Rings verdient heute einiges als CIaqueur beim Herzog von Braunschweig, der wieder vor Gericht eine Pauke hält. Auf dem letzten Polenfest, wo sich die französischen, deutschen, ungarischen und polnischen Crapauds16 (Willich, Fieschi, Adam etc.) vereinigt hatten, ist es bis zur Keilerei gekommen. Sonst haben wir nichts von der Bande gehört. Gestern abend
11 Heinrich Guido (Föxchen) -12 Baumwoll-Lord - 13 Baumwollhandel - 14 Neuigkeiten 15 Karl Schapper-"Philister
waren wir in der ersten Vorlesung von Emest Jones über die päpstliche Geschichte. Sein Vortrag war wunderschön und für die Engländer avanciert, für uns Deutsche, die wir durch Hegel, Feuerbach etc. Spießruten gelaufen sind, nicht ganz a la hauteur17. Der arme Hamey war lebensgefährlich krank an einem Geschwür an der Luftröhre. Er darf noch nicht sprechen. Ein englischer Arzt hat zweimal geschnitten und die wehe Stelle nicht getroffen. Sein „Red [Republican]" ist umgewandelt in den „Friend of the People". Doch nun für heute genug. Die Kinder plaudern sehr viel vom Onkel Angels und der kleine Till singt ganz famos nach Ihrer verehrten Instruktion, lieber Herr Engels, das Lied vom „Knotenpelz und von dem flotten Besen". Weihnachten sehen wir Sie hoffentlich. Ihre Jenny Marx
17 auf der Höhe
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Engels an Marx in London
Lieber Marx. Ich bin die letzte Zeit ausnahmsweise sehr beschäftigt gewesen und habe andre Störungen gehabt, die mich aus meinem gewöhnlichen Lebenssystem herausrissen und mich am Schreiben verhinderten. Daher meine späte Antwort. Das Manifest Fanon-Caperon-Goute ist wirklich ein Meisterstück nach Inhalt und Form. Die cranerie1 hat ihren vollendeten Ausdruck erreicht, und Monsieur Barthelemy hat der Welt endlich einmal ein Exempel davon gegeben, ce que c'est que de parier carrement2. Die militärische Aufstellung des homme de marbre3 ist ebenso heiter; der Bonhomme hat die meisten Korps der östreichischen Armee zweimal gezählt, wie die oberflächlichste reference 4 zu den Zeitungen beweist. Übrigens geht die Unverschämtheit doch zu weit, nach all den Blamagen seit 1848 und bei der gegenwärtigen gemütlichen Stimmung aller Nationen, obenan der crapauds5, von einer maree populaire6 zu sprechen, qui menace d'engloutir des trones7. Die Versammlung von Namen, die druntersteht, ist freilich die schönste feature8 des Ganzen. Solch ein europäischer Kongreß ist noch nie gesehn worden. Ledru-R[ollin], Mazz[ini] und Co. erhalten ordentlich eine gewisse Wichtigkeit durch diese Kinderei. Übrigens möchte ich wissen, worin sich der Waschlappen Sawaszkiewicz, der druntersteht, von dem Polacken des Ledru[-Rollin], Darasz, unterscheidet, und inwiefern die beiden Ungarn, die darunterstehn, dem Mazzini vorzuziehen sind. Schapper und Rüge stehn sich freilich ziemlich gleich, und falls nicht Kakerlak Dietz ein schweres Gewicht zugunsten des neuen europäischen Komitees in die Waagschale legt, so werden die Herren die Konkurrenz mit ihrem Original schwerlich bestehen können. Neulich war ich bei John Watts, der Kerl scheint gut zu mogeln, er hat jetzt einen viel größern shop9 in Deansgate, etwas höher hinauf. Er ist voll
1 Großsprecherei - 2 was es heißt, geradeheraus zu reden - 3 Mannes von Marmor (Erz) 4 Gegenüberstellung - 5 Philister - 6 Volksflut - 7 die Throne zu verschlingen droht - 8 das schönste Merkmal - 9 Laden
ständiger radikaler Spießbürger geworden, kümmert sich um nichts als das «ducational movement10, schwärmt für moral force11611 und hat Herrn Proudhon zu seinem Herrn und Meister akzeptiert. Er hat die „Contradictions economiques"[451 und andres Zeug übersetzt und viel Geld daran verloren, da die englischen Arbeiter noch nicht „Erziehung" genug haben, um diese famosen Sachen zu verstehn. Er erzählte mir verschiedne Exempel, aus denen hervorgeht, daß er sehr gut versteht, seinen Schneidercommerce u vermittelst Affichierung seines bürgerlichen Liberalismus zu poussieren. In den Educational Committees12 sitzt er mit seinen ehemaligen wütenden Gegnern, den Dissenterpfaffen[1621, brüderlich zusammen und läßt sich von Zeit zu Zeit Dankvoten von ihnen geben for the very able address he delivered on that evening13. Der Kerl scheint mir in dieser Metamorphose allen Witz verloren zu haben; ich bin seitdem noch nicht wieder bei ihm gewesen. Für Leute, die derartige Wandlungen in die bürgerliche Solidität durchmachen, ist natürlich Proudhon hierzulande ein gefunden Fressen; scheinbar am weitsten gehend, weiter als Owen, ist er doch fully respectable14. Ich habe nichts dagegen, über Herrn Mazzini und die italienische Geschichte zu schreiben. Mir fehlen nur - außer dem Ding im „Red [Republican]", alle Mazzinischen Schriften. Vor Weihnacht komme ich indes doch zu nichts, da ich in acht Tagen doch in London bin. Ich werde mir dann das Nötige mitnehmen. Vielleicht fällt uns bis dahin auch sonst noch was «in. Deiner Frau meinen besten. Dank für ihre freundlichen Zeilen.15 Mit dem Cotton-lord16 ist's so arg nicht, mein Herr Alter scheint gar nicht so geneigt zu sein, mich länger hier zu halten, als absolut nötig ist. Cependant nous verrons.17 Peter Ermen läuft hier herum wie ein Fuchs, dem sein Schwanz im Eisen hangengeblieben ist, und sucht mich fortzuschikanieren — der dumme Teufel glaubt, er könnte mich ärgern! An Dronke ist geschrieben. Grüß Deine Frau und Kinder. Dein F.E. Manchester, 17. Dez. 50
10 die Bildungsbewegung (siebe vorl. Band, S. 180) - 11 sein Scbneidergewerbe - 12 Bildungskomitees - 13 für den ausgezeichneten Vortrag, den er an jenem Abend gehalten 14 durchaus respektabel -15 siehe vorl. Band, S. 152/153 -16 Baumwoll-Lord -17 Indessen, wir werden sehen.
1851
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Marx an Engels in Manchester
[London] ö.Januar [1851]
Lieber Engels! Du wirst mich sehr verpflichten, s'il est possible1, das Geld umgehend zu schicken. Meine Wirtin ist very poor2; sie ist jetzt die 2 te Woche nicht bezahlt und tritt mit schrecklicher Energie. Gestern in der Kreissitzung erschien Wölfl3; nicht aber Liebknecht und Schramm. Die neuen Statuten angenommentl63), habe ich die Scheiße aufs unbestimmte vertagt. Dein K.M.
Unsre „Revue" wird wahrscheinlich in der Schweiz neu erscheinen. Arbeite also something 4, damit ich das Manuskript im Notfall ready5 habe.
1 wenn es möglich ist - 2 sehr arm - 3 Ferdinand Wolff - * etwas - 5 bereit
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Marx an Engels in Manchester
London, 7. Januar 1851
Lieber Engels! Ich schreibe Dir heute, um Dir eine questiuncula theoretica1 vorzulegen, natürlich naturae politico-economicae2. Du weißt, um ab ovo3 zu beginnen, daß nach der Ricardoschen Theorie der Rente sie nichts anders ist, als der Unterschied zwischen den Produktionskosten und dem Preis des Bodenproduktes, oder wie er das auch ausdrückt, der Unterschied des Preises, wozu das schlechteste Land verkaufen muß, um seine Kosten herauszubringen (immer den Profit und Zinsen des Pächters eingerechnet in die Kosten), und wozu das beste Land verkaufen kann. Das Steigen der Rente beweist nach ihm, wie er selbst seine Theorie auslegt: 1. Es wird zu immer schlechteren Erdarten Zuflucht genommen, oder dasselbe Quantum Kapital, sukzessive auf denselben Boden angewandt, bringt nicht dasselbe Produkt. Mit einem Worte: die Erde verschlechtert sich in demselben Maß, als die Bevölkerung ihr mehr abverlangen muß. Sie wird relativ unfruchtbarer. Worin dann Malthus den realen Boden seiner Populationstheorie gefunden hat und worin seine Schüler jetzt ihren letzten Notanker suchen. 2. Die Rente kann nur steigen, wenn der Getreidepreis steigt (wenigstens ökonomisch legal); sie muß fallen, wenn er fällt. 3. Wenn das Rental eines ganzen Landes steigt, so ist dies nur erklärlich dadurch, daß eine sehr große Masse relativ schlechteren Bodens in Bebauung gesetzt worden ist. Diesen 3 Propositions 4 widerspricht nun überall die Geschichte. 1. Kein Zweifel, daß immer schleehtre Erdarten in Bebauung gesetzt werden mit dem Fortschritt der Zivilisation. Aber ebensowenig Zweifel,
1 kleine theoretische Frage - 2 politisch-ökonomischer Natur - 3 beim Ursprung - 4 Behauptungen
daß diese schlechtem Erdarten relativ gut sind gegen die früher guten, infolge des Fortschritts der Wissenschaft und Industrie. 2. Seit 1815 ist der Getreidepreis von 90 auf 50 sh. gefallen und drunter vor der Abschaffung der Korngesetze, unregelmäßig aber beständig. Die Rente ist beständig gestiegen. So in England. Mutatis mutandis überalL auf dem Kontinent. 3. In allen Ländern finden wir, wie schon Petty bemerkte, daß, wenn der Preis des Getreides abnahm, das Gesamtrental des Landes stieg. Die Hauptsache bei alledem bleibt, das Gesetz der Rente mit dem Fortschritt der Fruchtbarkeit der Agrikultur im allgemeinen auszugleichen, wodurch einmal die historischen Tatsachen allein erklärt werden können, anderseits die Malthussche Verschlechterungstheorie nicht nur der Hände, sondern auch der Erde allein beseitigt wird. Ich glaube, daß die Sache einfach zu erklären ist wie folgt: Gesetzt, in einem gegebnen Zustand der Agrikultur sei der Preis des Quarter Weizens 7sh. und ein Acre Land der besten Qualität, das eine Rente von 10 sh. zahlt, produziere 20 Bushel. Der Ertrag des Acre also = 20 X 7 oder = 140 sh. Die Produktionskosten betragen in diesem Falle 130 sh. 130 sh. ist also der Preis des Produkts des schlechtesten in Bebauung gesetzten Landes. Gesetzt, es trete nun eine allgemeine Verbesserung der Agrikultur ein. Setzen wir diese voraus, so nehmen wir an, gleichzeitig, daß Wissenschaft, Industrie und Bevölkerung im Zunehmen begriffen sind. Eine durch Verbesserung allgemein vermehrte Fruchtbarkeit des Bodens setzt diese Bedingungen voraus, im Unterschied der bloß vom Zufall einer günstigen Jahreszeit hervorgebrachten Fruchtbarkeit. Der Weizenpreis falle von 7 auf 5 sh. per Quarter. Das beste Land, Nr. 1, das früher 20 Bushel hervorbrachte, bringe nun 30 Bushel hervor. Bringt also jetzt ein statt 20 X 7 oder 140 sh. - 30 X 5 oder 150 sh. D. h. eine Rente von 20 sh. statt früher von 10. Der schlechteste Boden, der keine Rente trägt, muß produzieren 26 Bushel, denn nach unsrer obigen Annahme ist der notwendige Preis desselben 130 sh. und 26 X 5 = 130. Ist die Verbesserung nicht so allgemein, d.h. der allgemeine Fortschritt der Wissenschaft, der mit dem Gesamtfortschritt der Gesellschaft, Population usw. Hand in Hand geht, daß der schlechteste Boden, der in Bebauung gesetzt werden muß, 26 Bushel hervorbringen kann, so kann der Getreidepreis nicht auf 5 sh. per Quarter fallen. Die 20 sh. Rente drücken nach wie vor den Unterschied zwischen den Produktionskosten und dem Getreidepreis auf dem besten Boden oder zwi
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Erste Seite des Briefes von Marx an Engels vom 7. Januar 1851

sehen den Produktionskosten des schlechtsten und denen des besten Bodens aus. Relativ bleibt das Eine Land immer ebenso unfruchtbar gegen das andre wie vorher. Aber die allgemeine Fruchtbarkeit hat sich gehoben. Vorausgesetzt wird nur, daß, wenn der Getreidepreis von 7 auf 5 sh. fällt, die Konsumtion in demselben Maße zunimmt, die Nachfrage, oder daß die Produktivität nicht die Nachfrage übersteigt, die zu dem Preis von 5 sh. erwartet werden kann. So sehr diese Voraussetzung falsch wäre, wenn der Preis von 7 auf 5 gefallen wäre durch einen ausnahmsweis üppigen Herbst, so notwendig ist sie bei einer graduellen und durch die Produzenten selbst bewirkten Steigerung der Fruchtbarkeit. In allen Fällen handelt es sich hier nur um die ökonomische Möglichkeit dieser Hypothese. Es folgt hieraus: 1. Die Rente kann steigen, obgleich der Preis des Bodenprodukts fällt, und doch bleibt Rficardojs Gesetz richtig. 2. Das Gesetz der Rente, wie Rficardo] es in einfachster These, abgesehn von seiner Ausführung, hinstellt, setzt nicht die abnehmende Fruchtbarkeit des Bodens voraus, sondern nur, trotz der mit der Entwicklung der Gesellschaft allgemein zunehmenden Fruchtbarkeit des Bodens, verschiedne Fruchtbarkeit der Ländereien oder verschiednes Resultat des sukzessiv auf demselben Boden angewandten Kapitals. 3. Je allgemeiner die Verbesserung des Bodens ist, desto mehr Sorten von Ländereien wird sie umfassen, und das Rental des ganzen Landes kann steigen, obgleich der Getreidepreis im allgemeinen sinkt. Gesetzt z.B. das obige Beispiel, so kömmt es nur darauf an, wie groß die Anzahl der Ländereien ist, die mehr als 26 Bushel zu 5 sh. produziert, ohne grade deren 30 produzieren zu müssen, d.h. um wie mannigfaltiger die Qualität des Landes ist, das zwischen dem besten und dem schlechtsten liegt. Eis geht dies die ratio5 der Rente des besten Landes nichts an. Eis geht überhaupt die ratio der Rente nicht direkt an. Du weißt, daß der Hauptwitz bei der Rente der ist, daß sie erzeugt ist durch die Ausgleichung des Preises für die Resultate verschiedner Produktionskosten, daß aber dies Gesetz des Marktpreises nichts als ein Gesetz der bürgerlichen Konkurrenz. Indessen bliebe, selbst nach Abschaffung der bürgerlichen Produktion, der Haken, daß die Erde relativ unfruchtbarer würde, daß mit derselben Arbeit weniger sukzessiv geschaffen würde, obgleich nicht mehr, wie im bürgerlichen Regime, der beste Boden so teures Produkt lieferte wie der schlechtste. Dies Bedenken fiele mit dem obigen fort.
s Höhe
11 Man/Engels, Werke, Bd. 27
Ich bitte Dich um Deine Ansicht über die Sache. Weil ich Dich mit dieser Scheiße gelangweilt, schicke ich Dir zur Erheiterung folgendes Pack Briefe von Dr.Magnus Groß (doppelt großer Groß! Allergrößter Groß!) aus Cincinnati.[164) Du wirst finden, daß, wenn Monsieur Groß nicht grand6, er jedenfalls gros7 ist. Tellering II. in nuce8. Gleichen sich doch alle Koblenzer.'1651 Schick mir die Sache zurück, und wenn Du willst und Zeit und Lust hast, mit einer Zeile für Dronke.
Dein K.M.
6 groß - 7 plump - 8 im kleinen
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Inliegend Post Office Order1 für £ 1, die particulars2 wie früher. Mein Käufer - unser Kommis - scheint in der letzten Zeit viel ausgegeben zu haben und nicht zuviel Geld auf einmal von der Firma nehmen zu wollen. Er will nicht recht eingehn - ich presse ihn nicht zu viel, cela se con^oit3. Ich selbst bin durch meine Londoner Reiseexpensen 411661 sehr stark in Auslagen geraten, sonst würde ich Dir mit Vergnügen den ganzen Betrag schikken; so muß ich mich für heute darauf beschränken, die Pflicht eines gewöhnlichen consignees5 zu erfüllen und Dir 1/2 des Werts auf Abschlag zu schicken. Die andre Hälfte erfolgt - spätestens - in den ersten Tagen des Februar, vielleicht früher, sobald nämlich ein Brief der Firma an meinen Alten, der die an mich gemachten Zahlungen enthält, abgegangen sein wird. Jones war hier und trat seinen Feinden in public meeting6 in ihrem eignen Lokal entgegen.^671 Leach und Donovan opponierten ihm. Die Debatte war nicht ganz, was ich erwartete. Kleine Kriegslisten auf beiden Seiten; viel chronique scandaleuse7, die über manche Londoner Annehmlichkeiten tröstete. Auf Jones* Seite die Überlegenheit des deklamatorischen Talents. Leach dagegen enorm imperturbabel, aber stellenweise greulich absurd. Donovan eine kommune intrigierende Lokalgröße. Jones war übrigens durch die „Neue Rheinische Zeitung"8 und meine Anwesenheit gezwungen, sich als red republican9 und Anhänger der nationalization of landed property10 zu erklären, wogegen Leach als vollständiger Vertreter der co-operative societies11 auftrat, und zwar auch insofern sie die politische Agitation repudiieren. Diese Gesellschaften scheinen übrigens jetzt in Lancashire sehr zahlreich zu sein, und Jones und seine Freunde fürchten, daß sie bei irgendeiner Allianz zwischen ihnen und den Chartisten das Chartist movement12
I Postanweisung - 2 Details - 8 das ist begreiflich - 4 Reiseausgaben - 5 Warenempfängers 8 öffentlicher Versammlung - 7 Klatschgeschichten - 8 „Neue Rheinische Zeitung. Politischökonomische Revue" - 9 roter Republikaner - 10 Nationalisierung des Grundeigentums — II Genossenschaften -12 die Chartistenbewegung
in ihre Hände bekommen würden. Dieser Umstand erklärt manche der Konzessionen, die Harney ihnen zu machen für gut hielt. Der Erfolg von Jones* Auftreten hier war alles, was zu erwarten stand; er schlug als Punkt der Entscheidung zwischen ihm und dem Manchester Chartist Council13 die Frage der Anerkennung der Exekutive in London vor, die Stimmen waren gleich geteilt, obwohl Leach und Co. ca. 3 Stunden Zeit gehabt hatten, ihre Leute ins Meeting zu bringen und eine gehörige Masse gekommen war. Am Anfang, wo die Gesellschaft eine rein zufällige war (Leach hatte kalkuliert, daß J[ones] nicht vor 9 Uhr da sein könne, er war aber schon um 8 da, was L[each] ihm sehr übelnahm), wurde J[one]s enthusiastisch empfangen. Jones in Gesellschaft von Chartisten, die er gewinnen oder sich mehr attachieren will, ist keineswegs so naiv, als wenn er unter uns ist. He is very wide awake.14 Vielleicht etwas zu sehr - unsereins wenigstens „merkt die Absicht". Von H[arney]s Freunden hier ist der eine ein langweiliger Schotte mit unendlichen Gefühlen und daher endlosen Reden, der zweite ein kleiner, resoluter und auffahrender Bursche, über dessen intellektuelle Kapazitäten ich noch nicht im klaren bin; ein dritter, von dem Harney mir nicht sprach, Robertson, scheint mir bei weitem der Verständigste zu sein. Ich werde sehn, daß ich mit den Kerls einen kleinen Klub oder regelmäßige Zusammenkunft organisiere und mit ihnen das „Manifest"15 diskutiere. Harney und Jones haben hier eine Masse Freunde, und 0'C[onnor] eine Masse versteckter Feinde, aber eh' er nicht einen Akt großartiger öffentlicher Blamage begangen hat, wird er - offiziell - hier nicht zu stürzen sein. J[ones] sprach übrigens von ihm und Reynolds im Meeting mit möglichst wenig Respekt. Eine gute Nachricht, die mich betrifft, teilte mir mein Schwager16 dieser Tage mit: mein proponierter amerikanischer Associ6 war in London, und nach einer Unterhaltung zwischen beiden stellte sich heraus, daß ich nicht der Mann bin, der in seinem Geschäft brauchbar ist. Amerika ist also auf unbestimmte Zeit vertagt, da sich jetzt ohne meine Einwilligung kein neues Projekt formieren kann. Grüß Deine Frau und Kinder bestens. Dein F.E. Manchester], 8. Jan. 51
18 Chartistenrat - M Er ist sehr schlau. - 15 „Manifest der Kommunistischen Partei" 1S Emil Blank
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Marx an Engels in Manchester
[London] 22. Januar 1851
Lieber Engels! Du bist taciturne comme la mort1. Ich schicke Dir einliegend 1. eine Erklärung des Oswald Dietz gegen Pfänder und Bauer2 in der Basler „National-Zeitung"'1681, 2. einen Klatschartikel, den Herr A.Ruge, mit Struve und Willich, gegen uns zusammengebraut hat.11691 Du mußt mir in höchstens 2 Tagen den Dreck zurückschicken und mir sagen, was wir tun sollen gegen Nr. 2. Wenn Du eine Art Erklärung aufsetzen willst, so schick sie mir auch. Der K. Schramm wird selbst seine Erklärung erlassen. Was sagst Du zu diesem coup de maitre3 des Atta Troll4 und des hinter ihm verschanzten „hervorragenden, entschiednen Mannes Struve", wie des „wackern Willich". C'est un peu fort.8 Die Zeitung ist mir zufällig bei Bamberger in die Hand gefallen. Wer liest und wer kennt sonst die „Bremer Tages-Chronik, Organ der Demokratie"? Bauer und Pfänder werden natürlich nicht antworten, und für sie scheint in diesem Augenblick das Schweigen allerdings das ratsamste. Ich habe noch keine Nachricht, weder von Schabelitz, der die Fortsetzung unsrer „Revue"6 übernehmen wollte, noch von Becker, der die Herausgabe meiner Aufsätze besorgen wollte.'1701 Bei Herrn Schuberth haben alle meine Schritte bisher nichts genützt. Wenn Haupt einen Advokaten finden kann, der die Sache übernimmt, so wird er prozessualisch gegen ihn verfahren.'1711 Was macht Mary und Lizzy7? Und vor allem, was machst Du? Harney war einen Abend hier bei mir mit Pieper, Eccarius etc. und sehr fidel, bis seine „teure Gattin" ihn halb gewaltsam, „halb zog sie ihn, halb sank er hin" '17al, von hier wegbrachte. Dein K.M.
1 schweigsam wie der Tod - 2 Heinrich Bauer - 3 Meisterstreich - * Arnold Rüge (Spitzname nach dem gleichnamigen Gedicht von Heine) Das ist ein bißchen stark. - 6 „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue" - 7 Mary und Lizzy Bums
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Je te trouve joli en me disant que se suis taciturne comme la mort1, will indes von Retourkutschen abstenieren. Die klobige Perfidie des Pommern Rüge geht wirklich ins aschgraue. Es wäre am einfachsten, wenn Du eine Erklärung aufsetztest, die wir zusammen unterschrieben. Einzelne persönliche Bemerkungen, wenn allenfalls nötig, könnten in Gestalt von Noten angehangen und von jedem von uns separat unterzeichnet werden. Ich weiß nicht, ob es nötig ist, daß ich privatim noch etwas hinzusetze, es sei denn, daß ich in meiner kommerziellen Stellung meine volle Unabhängigkeit bewahrt habe und so stehe, daß ich mir von meinen „Prinzipalen", wie Herr Rüge von seinem Vorgesetzten Mazzini, trotz aller früheren atheistischen Renommagen, nicht die Unterschrift zu rührenden Appellen an den bon Dieu2 kommandieren zu lassen [brauche][1731; und daß ich diese line3 eingeschlagen habe, um nicht in die Notwendigkeit zu kommen, in der andre von Herrn R[uge] gegen uns hervorgehobne Biedermänner sich behaglich befinden, nämlich von demokratischer Bettelei zu leben - oder so ähnlich. Sage mir, ob Du meinst, daß das nötig ist. Der Artikel mit seiner sittlichen Entrüstung und den kolossalen Lügen gibt übrigens famosen Stoff zur Verhöhnung. Er leitet zugleich auf die Spur der Rugeschen Intrigen. Daß Herr R[uge] und das Mazz[inische] Europäische Komitee11741 dem braven Reverend Dulon sehr in die Nase steigen mußten und daß unter diesen nordgermanischen niedersächsischen Heuldemokraten mit bremisch-wassermäulig-belletristischer Sauce sich der einzig passende Boden für die erhabnen Mazzinischen Manifeste in Deutschland finden konnte, ist sehr natürlich. Die Lichtfreundschaft11751 dieser Herren mußte in Ronge-Mazzini und dem zu Gott zurückgekehrten Rüge erwünschte Bundesgenossen finden und die Ehre, mit den größten Männern
1 Ich finde es reizend von Dir, wenn Du mir sagst, ich sei schweigsam wie der Tod—2 lieben Gott - 3 diesen Weg
der europäischen biedern Demokratie als „deutsches Komitee" in offizieller Korrespondenz zu stehn, mußte den breiweichen Pfaffen Dulon natürlich empfänglich machen für die Duldung der größten Gemeinheiten gegen die „frivolen" und gottlosen Leute der „Neuen Rheinischen Zeitung". R[uge] hat auch die Courage erst, seit er sich einbildet, die „Revue" sei tot. Ich denke aber, er täuscht sich und wird binnen kurzem ein hübsches Donnerwetter über seinem possierlichen Schädel erleben. Wäre es nicht gut - da wir doch unmöglich wegen dieses Artikels großen Lärm schlagen und anders als in der „Tages-Chronik" antworten können unterderhand den P.P. Dulon durch seinen Freund, den roten Becker4, bearbeiten zu lassen? Wir sind, nach diesen Gemeinheiten, sonst nicht einmal der Aufnahme unsrer Antwort gewiß. Daß aber die alberne Manier von Schramm und seine unüberlegten Renommagen, die er, nach diesem Artikel zu urteilen, bei seinem Bruder5 gemacht hat, erst diesen Eseln Mut gemacht haben, gegen uns, die „Alleinstehenden, von allen Verlassenen" so kommun herauszuplatzen, ist sonnenklar. Der Mensch wird jetzt selbst einsehn, von welcher Gemeinheit er das Werkzeug geworden ist, und er muß auch einsehn, daß er sich durch seine Dummheit mehr schadet als andern. Der große R[uge] courtisiert ihn nicht einmal, was er doch dem Teilering halb und halb antut. „K. Schr[amm], nicht zu verwechseln!"11761 Was macht der Kerl jetzt? Cette affaire est de peu d'importance.® Erlogener und mißverstandner Klatsch, schwerfällige und unverständliche Insinuationen und moralische Aufspreizung - nous avons soutenu, Dieu merci, de bien autres charges!7 Unangenehm ist nur, daß das Ding Deine Frau sehr aufregen wird, und das ist bei den momentanen Zuständen nicht zu wünschen. Das Europäische Komitee werde ich nächste Woche im „F[rien]d of the P[eo]ple"11771 gehörig hernehmen; ich hab's H[arney] schon angezeigt. Ich muß jetzt schließen, es ist Comptoirschluß und bald darauf Postzeit. Nächstens mehr. Dein F.E. [Manchester] Samstag [25. Januar 1851]
4 Hermann Becker - 5 Rudolf Schramm - 6 Diese Sache hat wenig Bedeutung. - 7 wir haben, gottseidank, ganz andere Angriffe ausgehalten!
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Marx an Engels in Manchester
[London] 27. Januar 1851
Lieber Engels! Du erhältst anliegend die Erklärung zum Unterschreiben. An Dulon kann sie gar nicht geschickt werden, denn Rüge hat sich zum Miteigentümer der „Bremer Chronik" gemacht. An das konservative Blatt muß sie geschickt werden, an die „ Weser-Zeitung"11781 zu Bremen. Schreib dieser Redaktion, wenn Du die Erklärung hinschickst; sag ihr, sie solle uns zwei Kopien nach London an meine Adresse, 28, Dean Street, schicken und gleichzeitig wissen lassen, was das Inserat kostet und wie es zu zahlen ist. Vergiß indes nicht, den Brief freizumachen. Nun, da die Post drängt, noch folgendes: 1. Hast Du den Brief an Weerth besorgt, den meine Frau mit einigen Zeilen an Dich geschickt hat?1 2. Mein Brief, worin ich Dir die Schmiere Von Dr. Magnus Groß etc. zugeschickt und worauf ich Deine Antwort zu wissen wünschte, hast Du ihn erhalten?2 Im Fall Du ihn nicht erhalten hättest, bitte ich, sofort bei der Post zu reklamieren. Ich schickte Dir diesen Brief den Tag, nachdem ich Deinen erhalten hatte, also Vor etwa 14 Tagen. Antworte bald und ob die Erklärung Dir recht ist. Dein K.M. Besondre Noten zu der Erklärung halte ich für überflüssig.
P.S. Vergiß auch nicht, der Bremer Redaktion, d.h. der Redaktion der „Weser-Zeitung", zu schreiben, daß sie die richtige Reihenfolge beobachtet undSchrammsErklärung hinter die unsre, nicht vor dieselbe stellt. Apropos! Wenn Du wirklich die 2 Briefe nicht erhalten, so schreib mir, nachdem Du
1 Siehe vorl. Band, S.613 -2 siehe vorl. Band, S. 157-162
selbst Dich in Manchester erkundigt, englisch, wie ich an den Generalpostmeister schreiben kann. Ich hatte Dir in dem Brief vor 14 Tagen eine neue Ansicht über die Grundrente mitgeteilt, über die ich Deine Ansicht wissen muß. Dein K.M. [Nachschrift Don Wilhelm Pieper]
Lieber Engels, ich muß Dir in Eile mitteilen, daß M[ar]x höchst entrüstet ist über Dein gänzliches Stillschweigen zu seiner neuen Theorie der Grundrente, welche er Dir neulich geschrieben8. M[ar]x lebt sehr zurückgezogen, seine einzigen Freunde sind John Stuart Mill, Loyd, und wenn man zu ihm kommt, wird man, statt mit Komplimenten, mit ökonomischen Kategorien empfangen. On ne peut pas vivre qu'avec toi, apres tout4, und wenn man unökonomisch zu leben wünscht, wie ich es liebe, muß ich, da hier jetzt niemand mehr umgänglich ist, mich einer stillen Extravaganz ergeben. Ich suche nebenbei etwas zu kopieren, teilweise treibe ich sogar eigne Stilübungen, ob ich es aber zu etwas Solidem bringe, zweifle ich noch sehr. Ich freue mich zu hören, daß Du munter bist und werde mir nächstens die Zeit nehmen, Dir etwas zusammenhängender zu schreiben.
Herzlich grüßt Dich W. Pieper
? siehe vorl. Band, S.157-162-4 Man kann schließlich nur mit Dir leben
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Dein Schweigen und Dein Verwundern über mein Schweigen wird mir allerdings plötzlich erklärlich, nachdem meine alte Hexe von Hauswirtin mir heute, after some sharp cross-examination1, aus einem Haufen Bücher in meinem Zimmer Deinen Brief vom 7.ds.2 herausgesucht hat, wo er seit dem 8.Januar ruhig schlummerte. Ich war nämlich die Nacht nicht zu Hause gewesen, und die Person hatte den Brief einfach auf die Bücher gelegt; nachher, beim Aufräumen, legte sie in der Eile ein andres Buch obendrauf, und da dieser Haufen Bücher die ganze Zeit unangerührt blieb, so hätte, ohne Deine Anzeige, der Brief dort bis zum jüngsten Tage schlummern können. Hätte ich in diesem Monat statt Physiologie Russisch getrieben, so wäre das nicht vorgekommen. Jedenfalls ist Deine neue Geschichte mit der Grundrente vollständig richtig. Die mit der Bevölkerung immer steigende Unfruchtbarkeit des Bodens bei Ricardo hat mir nie einleuchten wollen, und auch für seinen immer steigenden Getreidepreis hab' ich nie die Belege finden können, aber bei meiner bekannten Trägheit en fait de theorie3 hab' ich mich bei dem inneren Knurren meines besseren Ich beruhigt und bin der Sache nie auf den Grund gegangen. Es ist außer Zweifel, daß Deine Lösung die richtige ist, und Du hast Dir so einen neuen Titel auf den Titel des Ökonomen der Grundrente erworben. Gäbe es noch Recht und Gerechtigkeit auf Erden, so würde die Gesamtgrundrente wenigstens für ein Jahr jetzt Dir gehören, und das wär' noch das wenigste, worauf Du Anspruch machen könntest. Eis hat mir nie in den Kopf gewollt, daß Ricardo in seinem einfachen Satz die Grundrente als Differenz der Produktivität der verschiednen Bodengattungen hinstellt und im Beweis dieses Satzes 1. kein andres Moment kennt als die Hereinbringung stets schlechterer Erdarten, 2. die Fortschritte der Agrikultur vollständig ignoriert und 3. die Hereinbringung der schlech
1nach scharfem Kreuzverhör - 2 siehe vorl. Band, S. 157-162 -3 was die Theorie betrifft
teren Erdarten schließlich feist ganz fallenläßt und dafür stets mit der Behauptung operiert, daß das Kapital, das sukzessive auf ein bestimmtes Feld verwandt wird, immer weniger zur Vermehrung des Ertrags beitrage. So «inleuchtend der zu beweisende Satz weir, so fremd waren die im Beweis angeführten Motive diesem selben Satze, und Du wirst Dich erinnern, daß ich schon in den „Deutsch-Französischen Jahrbüchern" gegenüber der Theorie der steigenden Unfruchtbarkeit auf die Fortschritte der wissenschaftlichen Agrikultur provozierte4 - natürlich sehr crude5 und ohne alle zusammenhängende Durchführung. Du hast jetzt die Sache ins reine gebracht, und das ist ein Grund mehr, weshalb Du eilen solltest mit der Vollendung und Publizierung der Ökonomie. Wenn man einen Artikel von Dir über die Grundrente überhaupt in eine englische Review bringen könnte, das würde enormes Aufsehn machen. Denk drüber nach, je me charge de la traduction6. Inliegend Herr Groß-Groß zurück. Ich werde Dir nächstens ein paar Zeilen für den süßen Dronke schicken, heut abend bin ich zu schläfrig, noch weitere Arbeiten zu übernehmen. Eine schöne Bande Lumpazi, Groß, Wilhelmi und der Fortschrittspamphletär von Cincinnati7! Die Kerle müssen wirklich glauben, man pfiffe physisch, moralisch und intellektuell auf dem letzten Loch, um einem solche Zumutungen zu machen.11641 C'est amüsant, cependant8, und ich hab' redlich gelacht über diese hinterwäldlerischen Gesellschaftsretter und ihre Anerbietungen, mit Honorar für Dronke. Das „spitz und gesalzen" des Dr.Siegfried Weiß11791 ist outdone9 durch das „rot, pikant, sarkastisch und mehrseitig" des „Adonis einer längst vergeßnen Schönen". Que Dieu le benisse!10 Die Erklärungen werden morgen nebst den nötigen Instruktionen nach Bremen abgehn. Herr Schramm hätte die seinige wohl abschreiben können, es wird durch das liederliche Schreiben wahrscheinlich Konfusion entstehn. Die hiesige O'Connor-Konferenz ist auf reinen Humbug hinausgelaufen.11801 Sie besteht, die angebliche Repräsentation des gesamten englischen Chartismus, aus 8 Mann, die 4 Städte repräsentieren: Manchester, Bradford, Warrington und Sowerby. Davon sind Warrington und Bradford in der Opposition und mit der Exekutive einverstanden. Mantle, der Warrington repräsentiert, treibt den größten Spott mit der Majorität, eröffnete die proceedings11 mit der Motion, daß die Konferenz, seeing their utter insignificance and contemptibility12, beschließen solle, sofort nach Hause zu gehn
4 „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie" - 6 roh - 6 ich nehme die Übersetzung auf mich - 7 L. A. Hine - 8 Es ist indes amüsant - 9 übertroffen -10 Gott segne ihn! -11 Verhandlungen -12 da sie ihre völlige Bedeutungslosigkeit und Verächtlichkeit sieht
und wird ihnen morgen ein Vertrauensvotum für die Exekutive, also für Harney und Jones, abnötigen, für das O'Connor auch stimmen muß. Bei der Frage: ob man sich den financial reformers1181 ] anschließen solle, stimmten 3 für und 2 gegen, 3 enthielten sich, unter ihnen O'Connor, den Mantle durch freches Auftreten leider intimidiert hatte; der Kerl hätte sonst dafür gestimmt und sich kolossal und unrettbar blamiert. Die Majorität der Konferenz sind 0'C[onnor], Leach, McGrath, Clark und ein gewisser Hurst. Herr Thomas Clark brachte bei einem für O'Cfonnor] am Montag gegebnen Dinner folgenden Toast aus: The queen: her rights and no more; the people: their rights and no less.13 Mantle, ein petillanter, undiplomatischer Hitzkopf, verhinderte auch hier 0'C[onnor], für den Toast aufzustehn und ihn zu trinken. Der Brief an Weerth ist fort und wird in ein paar Tagen in seinen Händen sein müssen, wenn er nicht gar zu tief in Marokko sitzt. „Ohne Mehreres für heute." Dein F.E. [Manchester] Mittwoch abend, 29. Jan.[I85I]
13 Auf die Königin: ihre Rechte und nicht mehr; auf das Volk: seine Rechte und nicht weniger.
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Marx an Engels in Manchester
[London] 3. Februar 1851
Lieber Engels! Studierst Du Physiologie an der Mary1 oder anderswo? Im ersten Fall begreife ich, daß dies n'est pas de l'hebreux2, sogar nicht einmal rassisch. Einstweilen hat mir meine neue Renttheorie nur das brave Bewußtsein eingebracht, wonach jeder Biedermann notwendig strebt. Indes bin ich jedenfalls zufrieden, daß Du damit zufrieden bist. Das umgekehrte Verhältnis der Fruchtbarkeit der Erde zu der menschlichen Fruchtbarkeit mußte einen lendenstarken Familienvater wie mich tief affizieren, um so mehr, da mon mariage est plus productif que mon industrie3. Jetzt lege ich Dir nur eine Illustration zur Currencytheorie4 vor, deren Studium bei mir von Hegelianern als Studium des „Andersseins", des „Fremden", kurz des „Heiligen" charakterisiert werden dürfte. Die Theorie des Herrn Loyd und tutti frutti5 von Ricardo an besteht in folgendem: Gesetzt, wir hätten eine rein metallische currency. Wäre sie zu voll hier, so würden die Preise steigen, also der Export von Waren abnehmen. Ihr Import vom Ausland hierhin würde zunehmen. Die imports über die exports würden so steigen. Also ungünstige Handelsbilanz. Ungünstiger Wechselkurs. Klingende Münze würde ausgeführt werden, die currency würde sich zusammenziehn, die Preise der Waren würden fallen, die imports abnehmen, die exports zunehmen, Geld wieder herfließen, kurz, die Situation in das alte Gleichgewicht kommen. Beim umgekehrten Fall ebenso, mutatis mutandis. Moral davon: Da das Papiergeld die Bewegung der metallic currency6 nachahmen muß, da hier eine künstliche Regulation an die Stelle dessen treten muß, was im andern Fall natürliches Gesetz ist, muß die Bank of England ihre Papierausgaben vermehren, wenn das bullion7 einströmt
1 Mary Bums — 2 nicht hebräisch ist - 3 meine Ehe produktiver ist als mein Gewerbe — 4 Zirkulationstheorie - 5 aller andern - 6 metallischen Zirkulation - 7 Edelmetall
(z.B. durch Ankauf von government securities, Exchequer bills8 etc.), und vermindern, wenn das bullion abnimmt, durch Vermindrung ihrer Diskontos oder Verkauf von Regierungspapieren. Ich behaupte nun, daß die Bank umgekehrt handeln muß, ihre Diskonts vermehren, wenn das bullion abnimmt, und sie ihren gewöhnlichen Gang gehn lassen, wenn es zunimmt.. Unter Strafe, die Handelskrise, die im Anzug ist, unnötig zu intensierenIndes darüber une autre fois9. Was ich hier auseinandersetzen will, geht auf die Elementargrundlagen der Sache. Ich behaupte nämlich: Auch unter einer rein metallischen currency hat das Quantum derselben, ihre Extension und Kontraktion nichts zu tun mit dem Aus- und Einfluß der edlen Metalle, mit der günstigen oder ungünstigen Handelsbilanz, mit dem günstigen oder ungünstigen Wechselkurs, außer in äußersten Fällen, die praktisch nie eintreten, aber theoretisch bestimmbar sind. Tooke stellt dieselbe Behauptung auf; ich habe aber keinen Beweis, gefunden in seiner „History of prices" für 1843-1847. Du siehst, die Sache ist wichtig. Erstens wird die ganze Zirkulationstheorie in ihrer Grundlage geleugnet. Zweitens wird gezeigt, wie der Verlauf der Krisen, so sehr das Kreditsystem eine Bedingung derselben ist, mit der currency nur insofern zu schaffen hat, als verrückte Einmischungen der Staatsgewalt in ihre Reglung die vorhandne Krise erschweren können wie. 1847. ,' Bei der folgenden Illustration zu bemerken, daß hier angenommen: Der Einfluß von bullion hängt zusammen mit flottem Geschäft, noch nicht hohen, sondern steigenden Preisen, Überfluß von Kapital, Überschuß der exports über die imports. Der Ausfluß von Gold vice versa, mutatis mutandis. Nun, diese Voraussetzung haben die Leute, gegen die die Polemik gerichtet ist. Sie können nichts dagegen sagen. In der Wirklichkeit können. 1001 Fälle eintreten, wo Gold ausfließt, obgleich in dem Land, das es ausführt, die Preise der übrigen Waren weit niedriger stehn als in denen, wohin es Gold führt, z.B. dies der Fall für England 1809-1811 und 1812 etc. etc. Indes die allgemeine Voraussetzung erstens in abstracto richtig,, zweitens von den currency-Kerls angenommen. Also hier einstweilen nicht zu debattieren. Vorausgesetzt also, es herrsche rein metallische currency in England. Damit aber nicht vorausgesetzt, daß das Kreditsystem aufgehört hat. Die Bank of England würde sich vielmehr in eine Deposit- und Leihbank zugleich verwandeln. Nur würden ihre Ausleihen bloß in barem Geld bestehn. Wollte.
8 Staatspapieren, Schatzscheinen -9 ein andermal
mein diese Voraussetzung nicht, so würde, was hier als deposit der Bank of England erscheint, als hoards10 der Privaten erscheinen, und was als Ausleihe derselben, als Ausleihe der Privaten. Was hier also von den deposits der Bank of England gesagt wird, nur Eine Abkürzung, um den Prozeß nicht zersplittert, sondern auf Einen focus11 zusammengefaßt darzustellen. Fall I. Influx von bullion.12 Hier die Sache sehr einfach. Viel unbeschäftigtes Kapital, also Zunehmen der Deposita. Um sie zu verwenden, würde die Bank ihren Zinsfuß herabsetzen. Also Ausdehnung des Geschäfts im Lande. Die Zirkulation würde nur steigen, wenn das Geschäft so stiege, um vermehrte currency zu seiner Führung nötig zu machen. Sonst würde die überflüssig ausgegebne currency wieder in die Bank zurückströmen durch den Verfall der Wechsel usw. als deposit etc. Die currency wirkt hier also nicht als Ursache. Ihre Vermehrung schließlich Folge des größeren in Aktion gesetzten Kapitals, nicht umgekehrt. (In dem angegebnen Fall würde also die nächste Folge Wachsen der deposits, d.h. des unbeschäftigten Kapitals sein, nicht der Zirkulation.) Fall II. Hier fängt eigentlich die Sache an. Export von bullion wird vorausgesetzt. Anfang einer Periode der pressure13. Wechselkurs ungünstig. Dabei mache schlechte Ernte etc. (oder auch Verteurung der Rohmaterialien der Industrie) beständig größere Wareneinfuhr nötig. Gesetzt, die Rechnung der Bank of England stehe beim Beginn einer solchen Periode wie folgt:
a) Capital 14 500 000 £ Rest 3 500 000 £ Deposits 12 000 000 £ 30 000 000 £
Government securities14 . 10 000 000 £ Bills of Exchange" 12 000 000 £ Bullion or com10........ 8 000 000 £ 30 000 000 £
Die Bank schuldet, da unter der Voraussetzung keine Noten existieren, nur die 12 Millionen deposits. Nach ihrem Prinzip (den deposits- und Zirkulationsbanken gemein, nur den 3ten Teil ihrer liabilities in cash17 haben zu müssen) ist ihr bullion von 8 Millionen um die Hälfte zu groß. Um mehr Gewinn zu machen, setzt sie den Zinsfuß herab und steigert ihre discounts18 z.B. um 4 Millionen, die für Korn etc. ausgeführt werden. Die Rechnung der Bank steht dann so:
10 Schaizansammlung papiere -15 Wechsel • bar -18 Diskonts > -u Brennpunkt -12Zufluß von Edelmetall. -13 Geldklemme -14 Staats—16 Goldbarren oder gemünztes Geld -17 Zahlungsverbindlichkeiten i n
b) Capital 14 500-000 £ Government securities .. 10 000 000 £ Rest 3 500 000 £ Bills of Exchange 16 000 000 £ Deposits 12 000 000 £ Bullion or coin 4 000 000 £ 30 000 000 £ 30 000 000 £ Aus dieser figure folgt: Die Kaufleute agieren zuerst auf die bullion reserve der Bank, sobald sie Gold ausführen müssen. Dies exportierte Gold vermindert ihre Reserve (die der Bank), ohne im mindesten auf die currency zu wirken. Ob die 4 Millionen in ihren Kellern oder in einem Schiff nach Hamburg liegen, ist dasselbe für die currency. Es zeigt sich endlich, daß ein bedeutender drain von bullion19, hier von 4 Millionen £ Sterling, stattfinden kann, der nicht im geringsten weder die currency noch das Geschäft des Landes im allgemeinen affiziert. Nämlich während der ganzen Periode, wo die bullion reserve, die zu groß gegen die liabilities20 war, nur auf ihre due proportion21 zu denselben reduziert wird. c) Nehmen wir aber an, daß die Umstände, die den drain der 4 Millionen nötig gemacht, fortdauern, Kornmangel, Steigen des Preises der Rohbaumwolle etc. Die Bank wird besorgt für ihre Sicherheit. Sie erhöht den Zinsfuß und limitiert ihre discounts. Daher pressure in der Handelswelt. Wie wirkt diese pressure? Es wird auf die deposits der Bank gezogen, ihr bullion sinkt verhältnismäßig. Sinken die deposits auf 9 Millionen, d.h. vermindern sie sich um 3 Millionen, so müßten die 3 abgehn von der bullion reserve der Bank. Diese würden also fallen (4 Millionen — 3 Millionen) auf 1 Million gegen deposits von 9 Millionen, Verhältnis, das gefährlich für die Bank würde. Will sie also ihre bullion reserve auf dem 3ten Teil der deposits halten, so wird sie ihre discounts um 2 Millionen verringern. Die Rechnung wird dann so stehn:
Capital 14500000£ Government securities.. 10000 000£ Rest 3500 000£ Billsunderdiscount .... 14000000£ Deposits 9 0000 00 £ Bullion or coin 3 000 000 £ 27 000 000 £ 27 000 000 £ Folgt hieraus: Sobald der drain so groß wird, daß die bullion reserve ihre due proportion gegen die deposits erreicht hat, erhöht die Bank den Zinsfuß und vermindert den discount. Aber dann beginnt die Wirkung auf die deposits, und infolge ihrer Verminderung vermindert sich die reserve von bullion, aber in größerem Verhältnis der discount von bills22. Die currency
19 Goldabfluß - 20 Verbindlichkeiten - 21 richtige (wahre) Proportion - 22 die Wechseldiskontierung
wird nicht im geringsten affiziert. Ein Teil der entzogenen bullion und deposits füllt das Vakuum, das die Kontraktion der Bankakkomodation in der inländischen Zirkulation erzeugt, ein andrer wandert ins Ausland. d) Gesetzt der Import von Korn etc. daure fort, die deposits sänken auf 4 500 000, so würde die Bank, um die nötige Reserve gegen ihre liabilities zu behalten, ihre discounts um 3 Millionen noch reduzieren, und die Rechnung stünde wie folgt:
Capital 14 500 000 £ Rest 3 500 000 £ Deposits 4 500 000 £ 22 500 000 £
Government securities .. 10 000 000 £ Bills under discount .... 11 000 000 £ Bullion or coin 1500 000 £ 22 500 000 £ Die Bank hätte unter der Voraussetzung ihre discounts von 16 auf 11 Millionen, also um 5 Millionen reduziert. Der nötige Bedarf der Zirkulation ersetzt durch die weggenommenen deposits. Aber gleichzeitig Mangel an Kapital, hoher Preis der Rohmaterialien, Abnahme der Nachfrage, also des Geschäfts, also schließlich der Zirkulation, der nötigen currency. Der überflüssige Teil derselben würde als bullion ins Ausland zur Zahlung des Imports geschickt. Die currency wird zuletzt berührt, und sie würde erst über ihre notwendige Quantität hinaus vermindert, wenn die bullion reserve vermindert über das notwendigste Verhältnis zu den deposits hinaus. Zu dem obigen noch zu bemerken: 1. Statt ihre discounts zu vermindern, könnte die Bank ihre public securities23 verklopfen, was unter der Voraussetzung unprofitlich wäre. Indes Resultat dasselbe. Statt ihre eigne reserve und discounts würde sie die von Privatpersonen, die ihr Geld in die public securities stecken, vermindern. 2. Ich habe hier einen drain auf die Bank von 6 500 000 vorausgesetzt. 1839 fand einer von 9-10 Millionen statt. 3. Der vorausgesetzte Prozeß bei einer rein metallic currency kann wie beim Papier zum Schließen der Kasse fortgehn, wie dies 2mal in Hamburg im 18. Jahrhundert geschehn. Schreib bald. Dein K.M.
23 Staatspapiere
12 Man/Engels, Werte, Bd. 27
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Inliegend das restierende £ 1 von dem Atlas, das ich Dir leider nicht früher schicken konnte. Sage Harney, wenn Du ihn siehst, daß er Ende dieser Woche von mir mindestens die 1. Hälfte einer Reihe von Artikeln über Continental Democracy11771 bekommt - die Artikel so eingeteilt, daß jeder einzelne nicht mehr als 2-21/2 Kolumnen in seinem „F[rien]d of the People" ausmacht. Ich werde unter dem obigen Vorwand die gesamte offizielle Demokratie heruntermachen und sie beim englischen Proletariat dadurch verdächtigen, daß ich sie, inkl. Mazzini, L[edru]-RolIin pp., mit den financial ref ormers11811 auf dieselbe Stufe stelle. Das Europäische Komitee will catch it nicely1. Die Herren werden einzeln durchgenommen werden, Mazz[inis] Schriften, L[edru]-RolIins famose Heldentaten vom Februar-Juni 1848, Herrn Rüge natürlich nicht zu vergessen. Den Italienern, Polen und Ungarn werde ich deutlich genug sagen, daß sie in allen modernen Fragen das Maul zu halten haben. Das Ding mit dem Humbug, den HJarney] mit den Bettelbriefen des Maz[zini] & Co. treibt, wird zu arg, und da er sonst nicht zu bessern ist, so werde ich genötigt sein, die Albernheit und Gemeinheit dieser Kerls in seinem eignen Blatt aufzudecken und den englischen Chartisten die Mysterien der kontinentalen Demokratie zu enthüllen. Ein ausführlicher polemischer Artikel hilft bei H[arney] immer mehr als alles Debattieren. Leider hab* ich hier verflucht wenig Material. Ich hab' jetzt hier Sarrans jeune2 „Lafayette et la revolution de Juillet". Wüßte ich noch ein paar andre Quellen aufzutreiben, so könnte ich für unsre „Revue" einen Artikel über die Julirevolution nebst Fortspielung bis zur Februarrevolution machen und dabei die „Histoire des dix ans"11821 einer freundschaftlichen Kritik unterwerfen. Diese „10 ans"3 stehen noch immer von den Weitergehenden unangegriffen da und bilden in Deutschland wie in Frankreich ein sehr bedeutendes Bildungselement in der ganzen
1 wird es schön kriegen - 2 Sarrans des Jüngeren - 3 „ 10 Jahre"
revolutionären Partei. Ich glaube, es könnte gar nicht schaden, den Einfluß dieses Buchs auf die gebührenden Grenzen zurückzuführen; bis jetzt ist es unattackierte Autorität. Herr Russell, der feige Hund, hat sich wieder einmal glänzend blamiert. Erst speit er Feuer und Flammen gegen die papal aggression[183), dann sieht er, daß die Manchester men4 sich absolut nicht in die Schmiere mischen wollen und akkouchiert nun mit seiner heroischen Maßregel, den katholischen Bischöfen das Tragen englischer Titel verbieten zu wollen. Und dann die schöne Andeutung, die er durch Herrn Peto machen läßt, es sei zwar sehr wünschenswert gewesen, in dieser Session schon das Stimmrecht auszudehnen, aber da die law-reform5 diesmal vorkomme, so müsse man das Stimmrecht bis nächstes Jahr verschieben! Echte Whig-Musterlogik. Übrigens sind die members6 sehr krittlich und unsicher, die Wahlen rücken heran, sie müssen liberale oder protektionistische flourishes7 machen, und wenn die Exhibition11841 nicht grade in die belebteste Zeit der sessionalen grande politique8 fiele, so könnte es dem kleinen Männchen9 schlecht gehn. Und auch so, qui sait10! Das tägliche politische Brot wird überhaupt immer trockner. Die schöne Position, in der sich la belle France11 jetzt wohlgefällt, ist auch erbaulich. Es läßt sich übrigens nicht leugnen, daß die Herren Burggrafen[1851 mehr und mehr aufhören, die Repräsentanten der Bourgeoisfraktion zu sein, oder besser, daß die Bourgeois sich von ihren alten legitimistischen und orleanistischen Chefs mehr und mehr trennen. Erstens die bedeutende Minorität für Baroche in der Sitzung, wo die Koalition ihn stürzte, und die auch aus sehr vielen Nichtbonapartisten, ehemaligen Orleanisten pp. bestand; dann die offenbare Stimmung der konservativen Bourgeoisie en masse12, die weit günstiger für den Napoleon ist wie früher. Die Masse dieser Kerls will jetzt unbedingt weder orleanistische noch legitimistische Restaurationsintrigen; les solutions les embetent13, und was sie wollen, ist der Schlendrian der präsidentiellen Gegenwart. Die Kerls sind weder royalistisch, noch republikanisch, noch imperialistisch14, sondern präsidentiell; das Schönste aber dabei ist, daß diese süße Unbestimmtheit nur möglich ist bei der Masse selbst und daß jeder, der sich als offizieller Repräsentant dieser Richtung geltend machen wollte, doch binnen 6 Monaten wieder aus der Neutralität und in eine bestimmte royalistische oder imperialistische Fraktion getrieben
4 Manchesterleute - 5 Gesetzesreform - 6 Mitglieder des Parlaments -7 Floskeln -8 hohen Politik - 9 John Russell -10 wer weiß - 11 das schöne Frankreich -12 in ihrer Masse -18 die Klärung ist ihnen zuwider -14 kaiserlich
würde. Übrigens hab' ich hier von französischen Blättern nur die „Debats" und den „Charivari", der einem indes hier leider Gottes wieder witzig vorzukommen anfängt, grace ä l'esprit exquis du peuple dans ces parages15. Von einem stupiden ungarischen Flüchtling, der mir hier dieser Tage zwischen die Beine lief, hörte ich, daß diese edle Sorte wieder von Mordkonspirationen und Erneuten bei Gelegenheit der great Exhibition faselt. Mir schien es fast, als vernähme ich aus diesem Gepolter die heroische -Stimme der Stürmer von London, Willich und Barthelemy. Man entrinnt übrigens dem Gesindel nicht: neulich redet mich ein Kerl auf der Straße an, und siehe, es war ein Great-Windmill-Street-Flüchtling11571, der in Liverpool eine Stelle hat. „Und nähme ich Flügel der Morgenröte und flöge ans äußerste Meer"[1861, so würde ich der Bande nicht entrinnen. Die hiesigen free-trader16 benutzen die Prosperität oder Halbprosperität, um das Proletariat zu kaufen, und John Watts ist der Makler dabei. Du kennst den neuen Cobdenschen Plan: eine National Free School Association17, um eine bill18 durchzusetzen, wodurch die townships19bevollmächtigt werden sollen, sich Lokalsteuern aufzulegen zur Errichtung von Schulen. Das Ding wird famos poussiert. In Salford ist außerdem schon eine Free Library20 und Museum eingerichtet - Leihbibliothek und Lesezimmer gratis. In Manchester ist die Hall of Science21 - und hier war Watts, wie der Herr Mayor22 von Manchester gnädigst anerkannte, wirklich der Makler - von einem Komitee aus dem Ertrage öffentlicher Sammlungen (ca. 7000 £ sind zusammen) aufgekauft und wird ebenfalls in Free Library verwandelt. Ende Juli soll die Geschichte - mit 14 000 Bänden to begin with 23 - eröffnet werden. Alle Meetings und Versammlungen zu diesen Zwecken erschallen vom Lobe der Arbeiter, und speziell von dem des braven, bescheidnen, nützlichen Watts, der mit dem Bischof von Manchester jetzt auf dem besten Fuß steht. Ich freue mich schon auf den Ausbruch der Entrüstung über den Undank der Arbeiter, der beim ersten shock24 von allen Seiten losplatzen wird. Mein Herr Alter hat mir dieser Tage einen angenehmen Brief geschrieben, worin er den Wunsch ausspricht, daß ich auf unbestimmte Zeit, d.h. solange der Tuck mit den Ermens dauert (und das kann bis 1854 sein), hier bleibe. Mir natürlich sehr angenehm, s'il me paie bien mon ennui25. Ich laß mir das natürlich nicht merken, bringe dem „Geschäft" dies „Opfer" und
15 dank dem feinen Geist des Volkes in diesen Gegenden -16 Freihändler - 17 Nationale Freischulvereinigung - 18 Gesetzesvorlage - 19 Stadtverwaltungen - 20 Öffentliche Bibliothek - 21 Haus der Wissenschaft - 22 Bürgermeister - 23 als Anfang - 24 bei der ersten Erschütterung - 25 wenn er mir meine Langeweile gut bezahlt
erkläre mich bereit, „die Entwicklung der Verhältnisse hier vorderhand abzuwarten". Nächsten Sommer kommt er her, und ich werde ihm dann mich so unentbehrlich zu machen suchen, daß er auf alles eingehen muß. Grüß Deine Frau und Kinder herzlich. Dein F.E. Manchester], 5. Febr. 51 Particulars bei der Post Office Order26 wie früher.
26 Einzelheiten bei der Postanweisung
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Marx an Engels in Manchester
[London] 10. Februar 1851 28, Dean Street, Soho
Lieber Engels! Als Du schriebst, es sei bald Zeit, den Louis Blanc anzugreifen, warst Du mindestens ein clairvoyant1. Nun horche auf folgende Geschichtserzählung: Vor einigen Tagen, ungefähr einer Woche, begegnet mir Landolphe, und ich merkte an der verlegnen Art, worin er mich und mein Frau grüßte, daß etwas „faul" war im Zustande unseres ami chevaleresque2, unsres Bayard von der Montagne. Eh bien!3 Landolphe und Lotus Blanc haben sich mit dem Komitee Wittich-Schapper vereint, aus dem Herr Adam ausgetreten ist! Und 14 Tage vorher schimpfte Landolphe noch weidlich über Barthelemy und erzählte ich ihm die Affäre der Herrn W[illich] und S[chapper]. Qu'en dis-tu?4 Mit keinem Wort haben die Biedermänner mich präveniert. Die Sache hängt so zusammen. Die Church Street11871 gibt ein Bankett am 24. Februar, wozu sie Blanc und Ledru-Rollin und unter anderm auch Landolphe eingeladen hat. Louis Blanc, um dem L[edru]-R[ollin] zu zeigen, daß er auch ein kosmopolitisches Komitee hinter sich hat und um die Church Street zu bestrafen, daß sie ihn und Ledru als „gleichwichtig" behandelt, ralliiert seine Armee aus der Great Windmill Street11671 und aus der Kneipe der heruntergebummelten Polen. Encore un coup! Qu'en dis-tu?5 Vor einigen Tagen erhielt die Church Street ein gedrucktes Einladungszirkular (zugleich Manifest) für ein Monstrebankett zum 24.Februar,unterzeichnet primo6 Landolphe und dicht hinter Schapper: L.Blanc. Große Entrüstung in der Church Street! Großes Entzücken in der Great Windmill Street!
1 Hellseher - 2 ritterlichen Freundes - 3 Ritters ohne Furcht und Tadel von der Bergpartei. Nun! -4Was sagst Du dazu? -5 Noch ein Schlag! Was sagst Du dazu?-6als erster
Louis Blanc in dem Zirkularmanifest spricht nicht im Namen einer Nation, sondern im Namen und Auftrag der ewigen Formel: liberte, egalite, fraternite!7 Das einzig Unangenehme ist mir, daß ich dem Landolphe noch 1£ St. schulde, die man ihm doch jetzt umgehend durch Wolff zuschikken müßte. Du stellst Dir leicht vor, wie Willich und Schapper in ihrer Vorstellung gewachsen sind und wie sie uns geschlagen wähnen! Aber wir werden sie anders schlagen. Wir sind auf dem kürzesten Weg, den Unteroffizier und Zimmermann Willich[1881 verrückt, literaliter8 verrückt zu machen. Du erinnerst Dich des Briefs, den Schramm im Namen von Becker9 an Willich schrieb, worin er ihm die Militärdiktatur anbot, die Presse abschaffte und leichte Schlagschatten auf Schappers Moralität warf. Eh bien! Willich, der ungebildete, der viermal gehörnte Esel, ist in die Falle gegangen. Er hat Becker bombardiert mit Briefen, er hat auch schon einen Emissär zur Absendung bereit, er behandelt den Schapper de haut en bas10, intrigiert, ignoriert, injuriert auf jede Weise den Biedermann, hat sich ganz schon das herrische Wesen eines Cromwell II angeeignet, ist auffahrend geworden, duldet keinen Widerspruch mehr und hat dem Becker den Auftrag gegeben, eine Revolution in Köln zu machen, wonach er sich bereit erklärt, die oberste Leitung zu übernehmen. Vor einiger Zeit sprang er mitten in der Gesellschaft auf, schrie, daß seine Briefe aus Paris und Köln noch nicht eingetroffen - es war bei Gelegenheit der letzten französischen Ministerkrise klagte, daß sein (Ochsenkopf) wirr, wirr, wirr sei, stürzte nach Bond Street und ließ sich einen Eimer Wasser über den Kopf gießen. Ich habe jetzt ein Tuschbad für ihn bereit, das in entgegengesetzter Weise wirken möchte. Ich werde von Becker in einigen Tagen die Briefe von Willich erhalten und dann die Mine springen lassen. Hier ganzer Schwärm von neuem demokratischen Gesindel, aus Brüssel vertriebne Franzosen, Heise aus Kassel, Oppenheim aus Brüssel, Günther aus Frankfurt etc. Von letztren jedoch hab* ich glücklicherweise keinen gesehn. Du hast doch meinen letzten Brief erhalten? Dein K.M.
7 Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! - 8 buchstäblich - 9 Hermann Becker -10 von oben Jierab
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Marx an Engels in Manchester
[London] 11.Februar 1851
Lieber Engels! Iterum Crispinus!11891 Soeben erfahre ich, daß heute abend ein Meeting stattfand in Tottenham Court Road für den Tod Berns. Auf der Tribüne saßen: Präsident Schapper usw., Louis Blanc und die übrigen Mitglieder des neuen Völkerbundkomitees. Unter den vordersten Reihen des Auditoriums saß Harney mit Frau. Das Hauptgros desselben bildete die Great Windmill Street[1571. Schapper hielt mit Beifall, in englischer Sprache, seine unvermeidliche Rede: war to the knife!1 Louis Blanc sprach nicht besser. Vive la guerre!2 Tausenau auch zugegen, sprach über Bern. Harney hielt eine lange und, wie man sagt, gute Pauke, worin er schließlich Blanqui, Barbes und zu guter Letzt Louis Blanc als den sozialistischen Messias leben ließ. Qu'en dis-tu?3 Wenn Du in einem Meeting, präsidiert von Th.Clark Esq., aufträtest und durch Deine Gegenwart und Deine Reden das Gewicht des Meetings eigentlich erst machtest, würde Freund Harney das für loyal halten? Es genügt also nicht, daß er in seinem „Friend of the People" den Rüge poussiert, er muß indirekt auch noch die Schapper-Willich poussieren. Er hatte mich vorigen Sonntag rufen lassen. Der Zweck war, Jones zur Annahme des Titels „Friend of the People" zu bewegen. Ich bin nicht gegangen. Er mag sich zu diesem Zweck an L.Blanc, Landolphe, Schapper oder Willich wenden. Ich bin fatigue4 von diesem öffentlichen Weihrauch, womit Harney nicht müde wird les petits grands hommes5 einzuräuchern. Abgesehn von diesem Inzidenz, daß auch tu Brüte6 (Harney), wenn nicht Partei gegen uns nimmst, wenigstens den Unparteiischen spielst, während Engels für Dich in Manchester wirkt, Eccarius an Deinem Blatt schreibt, und ich gelegentlich den Jones für Dich bearbeite - abgesehn davon, gefällt mir sehr die öffentliche, authentische Isolation, worin wir zwei, Du und ich,
1 Krieg bis aufs Messer! - 2 Es lebe der Krieg! - 3 Was sagst Du dazu? - 4 ermüdet 5 die kleinen Gernegroße - 6 du, Brutus
uns jetzt befinden. Sie entspricht ganz unsrer Stellung und unsern Prinzipien. Das System wechselseitiger Konzessionen, aus Anstand geduldeter Halbheiten, und die Pflicht, vor dem Publikum seinen Teil Lächerlichkeit in der Partei mit all diesen Eseln zu nehmen, das hat jetzt aufgehört. Nun, auch auf diese Zeilen bitte ich Dich, bald zu antworten. Ich komme hier fast nur mit Pieper zusammen und lebe ganz zurückgezogen. Du begreifst also, wie ich Dich um so mehr hier vermisse und das Bedürfnis habe, mich mit Dir auszusprechen. Du wirst morgen aus den Zeitungen ersehn, daß die Dotation mit 102 Stimmen Majorität verworfen worden ist.tl90] Dein K.M.
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, leb finde eben Deinen Brief zu Hause und benutze gleich die heutige Post, Dir anzuzeigen, daß ich es Ende dieser oder spätestens Anfang nächster Woche möglich machen werde, Dir die £1.10 für Landolphe zu schikken, damit diese jetzt nicht länger fortzuziehende Geschichte aus der Welt kommt. Notre ami1 Landolphe hat sich abermals als ein altes Weib bewiesen, und die alberne Zwergseitelkeit des superklugen L.Bl[anc] entwickelt sich in einer Weise, die den erhabenen Knirps wirklich zum reinen Narren stempelt. C'est bien.a Man sieht mehr und mehr ein, daß die Emigration ein Institut ist, worin jeder notwendig ein Narr, ein Esel und ein gemeiner Schurke wird, der sich nicht ganz von ihr zurückzieht und dem die Stellung des unabhängigen Schriftstellers, der auch nach der sogenannten revolutionären Partei den Teufel fragt, nicht genügt. Es ist eine reine school of scandal and of meanness3, worin der letzte Esel zum ersten Vaterlandsretter wird. Jedenfalls soll der kleine Popularitätsjäger dafür büßen, sowie wir wieder ein Organ haben. Du weißt, daß ich hier ohne alle meine Papiere bin, gib mir also noch ein paar Quellen über die französische Geschichte von 1830 bis 1848 an, die Du grade kennst, und ich werde dem Herrn Prätendenten wenigstens literarisch einige brennende Kohlen unter den Hintern zu bringen suchen. In meinen Artikeln im „F[rien]d of the People" werde ich ihn ohnehin - wenn Du nichts dagegen hast, da er Dir die Geschichte erzählte - auffordern, die Mitteilungen zu veröffentlichen, die Herr Mazzini ihm über den Charakter des Europäischen Zentralkomitees und seine Stellung gegenüber den Sozialisten und Kommunisten machte und die nötige Anspielung machen, damit das verstanden wird. Pourquoi nous generions-nous? 4 Harney kriegt heute 3 Artikel,einleitungsweise,etwas weitläuftig, hie und da mit einer gelinden Andeutung besäet. Was bei der Sache fatal ist, ist dies,
1 Unser Freund - 2 Das ist gut. - 3 Schule des Klatsches und der Niedertracht - 4 Warum sollten wir uns genieren?
daß man für die englischen Proletarier und das Publikum Harneys schwerlich den Ledru[-Rollin] und Co. angreifen kann, ohne sich mit der Clique Willich-Barth [elemy] wenigstens zum Teil zu identifizieren. Es wird nichts übrigbleiben, als dieser Clique schließlich einige besondre Artikel zu widmen. Diese ersten 3 Artikel enthalten noch nichts, sie sind mehr geschrieben um Harneys willen, to put him in the right track5, als zu irgendeinem andern Zweck. Von No.4-9 kommt aber Schlag auf Schlag die Attacke auf Ledru, Maz[zini], Rüge pp., und so direkt und persönlich wie möglich. Die Geschichte mit Willich ist impayable6. Sorg nur, daß Du die Briefe erhältst.7 Ich möchte die sittliche Entrüstung sehn, wenn die Bombe platzt. Ihr scheint seit einiger Zeit wieder gute Spione in der Gr[eat] W[indmill] Street11571 zu haben, cela ne fait pas de mal8 und verschafft wenigstens Erheiterung. Ich gestehe, ich hätte den Kerl kaum für so dumm gehalten. Er -wird übrigens jetzt erst recht in hellen Flammen sein, seit die preußischen Ministerialblätter den Krieg gegen die Schweiz in Aussicht stellen und die Gardereserven, wie ihnen auf der Parade mitgeteilt, grade deswegen unter den Waffen erhalten werden. Die Regierungen der Heiligen Allianz11911 arbeiten wirklich diesen phantastischen Eseln in unverantwortlicher Weise in die Hände, und wenn Palmerston nicht wäre, so könnte die nächste „Emanzipation der allgemeinen Dummheit" wirklich 6 Monate zu früh zur Welt kommen. Deine neueste ökonomische Entdeckung unterliegt gegenwärtig meiner •ernstlichsten Erwägung. Ich habe heut keine Zeit, mich weiter darauf einzulassen, die Sache scheint mir aber ganz richtig zu sein. Aber mit Zahlen ist nicht zu spaßen, und deshalb überleg* ich das Ding genau. Quelle bete que ce Louis-Napoleon!9 Verkauft seine Wahlgesetzzweifel an die Versammlung und sich selbst an Montalembert für 1 800 000 fr., die er schließlich doch nicht kriegt.11921 Mit so einem Abenteurer ist doch •gar nichts anzufangen. Läßt er sich vier Wochen von gescheiten Intriganten dirigieren, so muß er ganz gewiß in der 5ten Woche alles Durchgesetzte auf diealbernste Weise wieder zuschandenmachen.Aut Caesar autCIichy!11931 Neulich stifteten wir hier eine neue Chartist Locality10. Diese Engländer sind innerhalb der demokratischen Formen viel gewissenloser als wir redlichen timiden Deutschen. Unser waren dreizehn, und es wurde sogleich beschlossen, einen councilu zu wählen, aus dreizehn Mitgliedern, nämlich den Anwesenden. Darauf schlug jeder einen der Anwesenden vor, und da
* um ihn auf die richtige Fährte zu bringen - 6 unbezahlbar - 7 siehe vorl. Band, S. 183 — s das tut keinen Schaden Was für ein Dummkopf ist dieser Louis-Napoleon! -10 chartistische Ortsorganisation -11 Rat
ich natürlich dankte, jemand an meiner Stelle einen Abwesenden, und in weniger als fünf Minuten hatten sich die private gentlemen12 in einen couneil verwandelt, und doch war jeder gewählt und dies ergötzliche proeeeding passed off very seriously and as a matter of course13. Was aus der Geschichte wird, werd' ich nächstens sehn. Für heute prosit Dein F.E. [Manchester] Mittwoch [12. Februar 1851]
12 Privatleute - 33 Schauspiel ging sehr ernst und selbstverständlich vonstatten
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Ich erwartete diese Geschichte wegen Harney ziemlich sicher. Ich fand die Anzeige des Bem-Meetings im „F[rien]d of the People", worin es hieß, daß sich die Deutschen, Franzosen, Polen und Ungarn, sowie die Frat[ernal] Dem[ocrats][67) dabei beteiligen würden, und daß dies die G[rea]t W[indmill] Str[eet][157] & Co. sein mußte, war klar. Ich vergaß, Dich früher auf diese Annonce aufmerksam zu machen. Es ist mir heute nicht möglich, etwas Weiteres in der Sache zu tun. Morgen aber schreib' ich einen Brief an Harney, der ihm anzeigt, daß er das Manuskript, das ich ihm geschickt habe, nicht drucken soll, da ich es nicht fortsetzen werde11771 und worin ich ihm zu gleicher Zeit die ganze Geschichte ausführlich auseinandersetze. Wenn dieser Brief nicht hilft, so muß man die ganze Sauce fallenlassen, bis Herr Harney von selbst wiederkommt, was sehr bald geschehen wird. Ich vermute sehr stark, daß er in kurzem herkommen wird, wo ich ihn gehörig zwischennehmen werde. Er soll endlich merken, daß man auch mit ihm Ernst macht. Jedenfalls, um Zeit und doppeltes Schreiben zu ersparen, werde ich Dir den Brief schicken, und wenn Du ihn gelesen hast, laß ihn ihm so rasch wie möglich zukommen. Persönlich ärgert mich diese Albernheit und Taktlosigkeit von Harney mehr als irgend etwas andres. Au fond1 kommt auch darauf nichts an. Wir haben jetzt endlich wieder einmal - seit langer Zeit zum erstenmal Gelegenheit, zu zeigen, daß wir keine Popularität, keinen support2 von irgendeiner Partei irgendwelches Landes brauchen und daß unsre Position von dergleichen Lumpereien total unabhängig ist. Wir sind von jetzt an nur noch für uns selbst verantwortlich, und wenn der Moment kommt, wo die Herren uns nötig haben, sind wir in der Lage, unsre eignen Bedingungen diktieren zu können. Bis dahin haben wir wenigstens Ruhe. Freilich auch eine gewisse Einsamkeit - mon Dieu3, die hab' ich hier in Manchester seit 3 Monaten bereits genossen und mich daran gewöhnt, und dazu als reiner
1 Im Grunde - 2 keine Unterstützung - 3 mein Gott
bachelor4, was jedenfalls hier sehr langweilig ist. Wir können uns übrigens im Grund nicht einmal sehr beklagen, daß die petits grands hommes5 uns scheuen; haben wir nicht seit soundsoviel Jahren getan, als wären Krethi Plethi unsre Partei, wo wir gar keine Partei hatten und wo die Leute, die wir als zu unsrer Partei gehörig rechneten, wenigstens offiziell, sous r&erve de les appeler des betes incorrigibles entre nous6, auch nicht die Anfangsgründe unsrer Sachen verstanden? Wie passen Leute wie wir, die offizielle Stellungen fliehen wie die Pest, in eine „Partei"? Was soll uns, die wir auf die Popularität spucken, die wir an uns selbst irre werden, wenn wir populär zu werden anfangen, eine „Partei", d.h. eine Bande von Eseln, die auf uns schwört, weil sie uns für ihresgleichen hält? Wahrhaftig, es ist kein Verlust, wenn wir nicht mehr für den „richtigen und adäquaten Ausdruck" der bornierten Hunde gelten, mit denen uns die letzten Jahre zusammengeworfen hatten. Eine Revolution ist ein reines Naturphänomen, das mehr nach physikalischen Gesetzen geleitet wird, als nach den Regeln, die in ordinären Zeiten die Entwicklung der Gesellschaft bestimmen. Oder vielmehr, diese Regeln nehmen in der Revolution einen viel physikalischeren Charakter an, die materielle Gewalt der Notwendigkeit tritt heftiger hervor. Und sowie man als der Repräsentant einer Partei auftritt, wird man in diesen Strudel der unaufhaltsamen Naturnotwendigkeit hereingerissen. Bloß dadurch, daß man sich independent7 hält, indem mein der Sache nach revolutionärer ist als die andern, kann man wenigstens eine Zeitlang seine Selbständigkeit gegenüber diesem Strudel behalten, schließlich wird man freilich auch hineingerissen. Diese Stellung können und müssen wir bei der nächsten Geschichte einnehmen. Nicht nur keine offizielle Staatsstellung, auch solange wie möglich keine offizielle Partestellung, kein Sitz in Komitees pp., keine Verantwortlichkeit für Esel, unbarmherzige Kritik für alle, und dazu jene Heiterkeit, die sämtliche Konspirationen von Schafsköpfen uns doch nicht nehmen werden. Und das können wir. Wir können der Sache nach immer revolutionärer sein als die Phrasenmacher, weil wir etwas gelernt haben, und sie nicht, weil wir wissen, was wir wollen, und sie nicht, und because, after what we have seen for the last three years, we shall take it a reat deal more coolly than any one who has an interest in the business8.
4 Junggeselle - 8 kleinen Gernegroße - 6 mit dem Vorbehalt, sie unter uns unverbesserliche Dummköpfe zu nennen - 7 unabhängig - 8 weil wir, nach dem, was wir während der letzten drei Jahre gesehen haben, es sehr viel kühler aufnehmen werden als irgend jemand, der an der Geschichte direkt interessiert ist
Die Hauptsache für den Moment ist: die Möglichkeit, unsre Sachen zum Druck zu bringen; entweder in einer VJahrsschrift, wo wir direkt attackieren und uns den Personen gegenüber unsre Position sichern; oder in dicken Büchern, wo wir dasselbe tun, ohne nötig zu haben, irgendeine dieser Spinnen auch nur zu erwähnen. Mir ist beides recht; auf die Dauer und bei der zunehmenden Reaktion scheint mir die Möglichkeit für ersteres abzunehmen und letzteres mehr und mehr unsre Ressource zu werden, worauf wir uns werfen müssen. Was wird aus allem Klatsch und Tratsch, den der gesamte Emigrationspöbel auf Deine Rechnung machen kann, wenn Du mit der Ökonomie darauf antwortest? Morgen den Brief für Harney. En attendant salut.9 Dein F.E. [Manchester] 13. Febr. 1851 (Donnerstag)
8 Inzwischen Gruß.
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Marx an Engels in Manchester
London, 23. Februar [1851]
Lieber Engels! Du hast seit einer Woche keine Nachricht von mir erhalten, einmal, weil ich die Dokumente von Köln erwartete und sie Dir mitteilen wollte, dann, weil ich nähere Details über unsern „exfriend"1 abwarten mußte. Die ersten sind noch nicht gekommen. Über letztern bin ich jetzt näher instruiert. Harney hat Deinen Brief richtig erhalten. Wie mir Tessier du Mothay, der jetzt hier ist, erzählt, hängt die Geschichte mit Louis Blanc ursprünglich zusammen wie folgt: Die Gesellschaft in der Church Street gab sich aus für eine philanthropische Gesellschaft zur Unterstützung der französischen politischen Refugies2. Ledru-Rollin, L.Blanc, Adam, kurz, alles nahm unter diesem Vorwand teil an derselben. Die Politik war statutengemäß ausgeschlossen. Nun kam die Aussicht auf den 24. Februar11871 heran. Du weißt, daß eine solche Gelegenheit, sich wichtig zu machen, von den Franzosen ebensolange vorher und ebenso feierlich behandelt wird wie die eventuelle Niederkunft von einer schwangren Frau. Wenn die Gesellschaft auch nur eine philanthropische sei, hieß es, so müßten doch die Mitglieder derselben in ihrer Qualität als Franzosen den 24. Februar feiern. Ein bestimmter Abend wurde für die Debatte dieser großen Angelegenheit festgesetzt. Ledru[-Rollin] und Blanc waren beide an diesem Abend gegenwärtig. Letztrer hielt eine lang vorbereitete, künstlich gesetzte, jesuitische Rede, worin er nachzuweisen suchte, ein politisches Bankett widerspreche den Statuten der Gesellschaft, es werde Frankreich nur ihre Zerwürfnisse zeigen usw. Und unter vielem Gestöhn über die fraternite3 machte der korsische Alraun seinem Ärger, daß Ledru[-Rollin] und Mazzini ihn nicht in die provisorische Regierung11591 aufgenommen, Wind. Es wurde ihm geantwortet. Eis wurde trotz seiner Rede, die er selbst am aufrichtigsten bewunderte, die Abhaltung des Banketts beschlossen.
1 Exfreund - 2 Flüchtlinge - 3 Brüderlichkeit
Was tut nun la blanche Louise4? Sie schreibt, die Gesellschaft habe sich durch diesen Beschluß aufgelöst, jedem seine individuelle Freiheit wiedergegeben, und er werde Gebrauch von dieser Restitution seines „freien Willens" machen und ein Bankett organisieren, ohne Fraktionsgeist, reine fraternite und andre schöne Sächelchen. Er warf sein Auge natürlich auf Barthelemy, da er wußte, daß Deutsche, Polen usw. mit diesem zusammen eine kompakte Masse bildeten. Andrerseits wurde Landolphe, le bei homme5, beauftragt, des Dear6 Harney sich zu bemächtigen. L.Blanc war sogar so gnädig, den Harney, um den er und Landolphe seit einem halben Jahr sich den Teufel geschert hatten, zum Essen einzuladen. Welche Großmut! Andrerseits entwarf L.Blanc ein Manifest, das, wie unser Dear sagen würde, out and out7 ist. Du wirst es im „Friend of the People" gelesen haben. Es verwirft sogar die „Aristokratie des Geistes", womit einerseits seine Herablassung zu den dii minorum gentium8 motiviert werden soll, anderseits den Schapper et Co. die heitre Aussicht auf eine „Aristokratie der Dummheit" in nahe Aussicht gerückt wird. Dies Manifest - alberne Phrasen natürlich - hielt L.Bflanc] aber für das „Allerweiseste", wozu die menschliche Natur unter den most happy circumstances9 sich versteigen könne. Es sollte nicht nur ganz Europa in Erstaunen setzen, sondern ganz speziell auch dem Ledru-Rollin ins Gesicht schlagen und bei den Blanquisten in Frankreich den Schein hervorrufen, daß der incorruptible little man10 aus reinem Prinzipientodesmut sich getrennt von der Church Street. So hat also der brave Harney sich zum Werkzeug einer ordinären Intrige gemacht, und zwar einer Intrige gegen Ledru-Rollin, zu dem er gleichzeitig läuft und dessen Bankett er ebenfalls morgen mit seiner Gegenwart beehren wird. Um diesem trotz seiner qualites tres aimables und respectables11 sehr impressionierlichen Plebejer, - impressionable namentlich gegen bekannte Namen, von deren Schatten er sich geehrt und gerührt fühlt - noch mehr die moutarde au nez12 steigen zu machen und gleichzeitig den LedruMazzini zu zeigen, daß man nicht ungestraft den Napoleon des Sozialismus kontrekarriert, läßt sich der Kleine felicitieren von den Pariser Arbeitern. Diese „Pariser Arbeiter", deren Erscheinung in der Perspektive unsrem Dear das Blut in den Kopf treiben mußte, sind natürlich niemand andres als
4 die weiße Louise (gemeint ist Louis Blanc) - 5 der schöne Mann - 6 teuren - 7 ganz ausgezeichnet - 8 (hier:) zweitrangigen Größen -9 glücklichsten Umständen -10 unbestechliche kleine Mann -11 sehr liebenswürdigen und respektablen Eigenschaften -12 den Mostrich in die Nase
13 Marx/Engels, Werke, Bd. 27
die berüchtigten 25 delegues des Luxembourg13, die nie von irgend jemand delegiert worden und in ganz Paris teils dem Haß, teils der ris6e14 der andren Arbeiter unterliegen, Kerls, die dieselbe Wichtigkeit haben als die Mitglieder des Vorparlamentsund der Fünfziger kommission in Deutschland11941. Sie haben das Bedürfnis nach einem petit bon dieu quelconque15, einem Fetisch, und der Kleine hat etwas Monstruoses in seiner Erscheinung, was von jeher zum Gegenstand des Kultus sich eignete. Er seinerseits versichert sie, daß sie die größten Männer und die wahrsten Sozialisten von der Welt sind. Und hatte er sie nicht schon zu Pairs der künftigen Arbeiterrepublik konstituiert? Sooft er also mit dem Finger winkt, felicitieren sie, und sooft sie felicitieren, spricht er ihnen öffentlich seinen gerührten Dank aus. Und diesmal hat er gewinkt mit dem Finger. Harney sieht natürlich in diesen Gratulanten von Fach Paris, ganz Paris. Ehe ich mich von dem Alraun trenne, noch zwei Notizen, die ich von Tessier erfahren und die beide sehr charakteristisch für diese fausse pleureuse16 sind. Louise spricht nie aus Improvisation. Er schreibt seine Reden Wort für Wort nieder und lernt sie auswendig vor dem Spiegel. Ledru[-Rollin] seinerseits improvisiert stets und macht sich bei wichtigen Fällen nur einige matter of fact17 Notizen. Ganz abgesehn von dem Unterschied der äußeren Erscheinung ist Louise deshalb durchaus unfähig, neben Ledru [-Rollin] den geringsten Effekt hervorzubringen. Kam ihm also nicht jeder Vorwand willkommen, der ihm erlaubte, sich der Vergleichung mit diesem gefährlichen Rivalen zu entziehn! Was seine geschichtlichen Arbeiten angeht, so machte er sie wie A. Dumas seine Feuilletons. Er studiert immer nur das Material für das nächste Kapitel. Auf diese Weise kommen Bücher wie die „Histoire des dix ans" heraus. Einerseits gibt das seinen Darstellungen eine gewisse Frische. Denn was er mitteilt, ist ihm mindestens so neu wie dem Leser, und andrerseits ist das Ganze schwach. So viel von L.Blanc. Nun zu unserm Dear! Er hat sich keineswegs begnügt, am Meeting der Leute teilzunehmen. Nein. Er hat ihr Bankett vom 24. Februar, was ohne ihn vollständig in den Dreck gefallen wäre, zu einem Londoner Ereignis gemacht. Es sind schon tausend Karten verkauft zu dem Bankett, das in der City stattfindet. Harney hat den größten Teil der Karten vertrieben, wie Jones mir vorgestern sagte. O'Connor, Reynolds, Hunderte von Chartisten nehmen teil. Harney hat sie 13 Delegierten der Luxembourg-Kommission -14 dem Gespött -"irgendeinem kleinen lieben Gott -16 falsche Heulliese -17 die Tatsachen betreffende
zusammengetrieben. Er ist den ganzen Tag en route18, um die Ordres von L.Blanc auszuführen, wie Jones mir ebenfalls sagte. Er hat sogar eine kleine Perfidie gegen Jones begangen, indem er ihn das Manifest von L.Blanc et Co. übersetzen ließ und ihn dann fragte, ob er etwas dagegen habe, daß er als Übersetzer genannt werde? Es war dies am Mittwoch. Er hatte also schon Deinen Brief, von dem er kein Wort gegen Jones fallen ließ. Jones sah in seiner Frage also bloß einen Appell an seine eigne „sozialistische" Gesinnung - und sagte natürlich, er habe nichts dagegen. Jones erklärte mir, auf meine Erörterungen hin werde er wahrscheinlich, er könne es nicht gewiß sagen, sich von dem Bankett enthalten. Was seine Entscheidung schwankend machte, ist sehr rationell. Kömmt er nicht, so verliert er an Popularität, da, dank dem Dear, dies Bankett zu einer Chartistenangelegenheit geworden ist. Er fürchtet zugleich, Reynolds möge hinter seinem Rücken intrigieren. Jones mißbilligt das Betragen des Dear, den ich nicht „wiedergesehn". Er suchte es damit zu entschuldigen, daß die Chartisten, wenn sie an keinem der beiden Banketts teilnehmen, der politischen Apathie oder Antipathie gegen die ausländischen Revolutionäre beschuldigt würden. Ich habe ihm geantwortet: So hätte Harney usw. ein Chartistenmeeting zur Feier des lausigen 24. Februar abhalten sollen, statt sich zum Piedestal für einen Zwerg zu machen und für ein Halbdutzend Kamele, einen Zwerg, der den Harney nie anders als „brave gar?on"19 tituliert, und der, wenn morgen eine Bewegung in London ausbricht, oder nach einem Jahr oder nach 20 Jahren aktenstücklich beweisen wird, daß er diese pauvres Anglais dans la route du progres20 geworfen hat, und dies liegt zwischen 1688 und dem 24. Februar 1851, wo Louis Blanc ganz London ebenso nach sich rufen hörte, wie damals die 50 000 Arbeiter im Hofe der „Reforme", der nicht 50 Mann faßt. Und wieviel falsche Tränen wird er zu Papier bringen über dies noch nie dagewesne Ereignis! Harney hat sich in diese Geschichte hineingeritten einmal aus dem Bewundrungstrieb für offizielle große Männer, den wir schon früher oft verlacht haben. Dann liebt er die theatralischen Effektstücke. Er ist unbedingt gefallsüchtig, ich will nicht sagen vaniteux21. Er ist selbst unstreitig tief von der Phrase beherrscht und entwickelt sehr reichhaltige pathetische Gase. Steht tiefer in dem demokratischen Dreck, als er Wort haben will. Er hat einen doppelten spirit22, einen, den ihm Friedrich Engels gemacht hat, und 18 unterwegs -19 „braver Junge" -20 armen Engländer auf den Weg des Fortschritts -21 eitel 23 Geist
einen, der ihm leibeigen ist. Der erstre ist eine Art Zwangsjacke für ihn. Der letztre ist er selbst in puris naturalibus23. Aber es kömmt noch ein dritter, ein spiritus familiaris24 hinzu, und das ist seine würdige Gattin. Sie hat große Vorliebe für die gants jaunes25 a la Landolphe und Louis Blanc. Sie haßt mich z.B. als einen Frivolen, der gefährlich werden könnte für ihr „property to be watched upon"26. Ich habe unzweideutige Beweise, daß dies Weib hier im Spiel ihre zwei langen Plebejerhände eingemischt hat. Wie sehr Harney von diesem spiritus familiaris besessen und wie kleinschottisch durchtrieben sie in ihren Intrigen ist, kannst Du aus folgendem ersehn: Du erinnerst Dich, wie sie am Neujahrsabend die Macfarlane in Gegenwart meiner Frau insultierte. Später erzählt sie meiner Frau mit lächelndem Munde, Harney habe die M[acfarlane] jenen ganzen Abend nicht gesehn. Später habe sie ihm erzählt, sie habe deren Bekanntschaft declined27, weil die ganze Gesellschaft und speziell auch meine Frau über den gespaltnen Dragoner sich entsetzt und gelacht habe. Und Harney war Esel und feig genug, der Macfarlane keine Revanche für den Insult zu geben und so in der unwürdigsten Weise mit dem einzigen Mitarbeiter an seinem spoutsblättchen28 zu brechen, der wirklich Ideen hatte. Rara avis29 in seinem Blättchen. Was diesem Meeting noch besondres Gewicht gibt, ist die Aufregung, die in London herrscht infolge des Abtritts des little Johnny30 und des avenement31 von Stanley-d'Israeli[195]. Die Frenchmen32 fürchten nichts mehr als eine allgemeine Amnestie. Sie würde sämtlichen hiesigen Bretterhelden den Nimbus rauben. A.Ruge hat versucht, mit Struve, Kinkel, Schramm, Bucher usw. einen „Volksfreund" oder, wie unser Gustav33 wollte, einen „Deutschen Zuschauer" zustande zu bringen. In den Dreck gefallen. Teils wollten die andren das Protektorat Winkelrieds34 nicht, teils, wie der „gemütliche" Kinkel, verlangten sie bare Zahlung, ce qui ne fait pas le compte de Mr. Rüge35. Sein Hauptzweck war, der, Du kennst sie, Lesegesellschaft Geld auszuziehn. Julius hat dies hintertrieben, da er auch ein Blatt hier herausgeben will. K. Heinzen ist Redacteur en chef36 der bankrotten New Yorker „Schnellpost" und hat eine schaurige Polemik mit Weitling eröffnet
23 in reiner Nacktheit (in Natura) - 24 Familiengeist - 25 Leute in Glacehandschuhen - 26 „zu hütendes Eigentum" - 27 abgelehnt - 23 Winkelblättchen - 29 Ein seltener Vogel - 30 kleinen John (Russell) - 31 Regierungsantritts - 32 Franzosen - 33 Gustav Struve - 34 Arnold Rüge 35 was nicht in die Rechnung des Herrn Rüge paßt - 36 Chefredakteur
Du wirst sehr wohltun, einmal und bald an den Roten Becker37 in New York zu schreiben und ihn sur l'etat actuel des choses38 zu unterrichten. Einliegend ein Brief von Dronke. Schick ihn mir umgehend zurück; wenn Du selbst dazu schreiben willst, tant mieux39. Durch Deine Sendung hast Du mir einen großen Dienst getan, da ich unmöglich dem bei homme40 einen farthing41 länger schulden konnte. Einiges über die französische Literatur von 1830-1848 in meinem nächsten Brief. Schreib mir auch, ob meine Rechnung richtig ist. Dein K.M.
Übrigens muß man jetzt - denn der Dear wird wiederzukommen suchen, sobald er die Haupt- und Staatsaktion hinter sich hat - ihn sehr vornehm traktieren und ihn fühlen lassen, daß er „verloren" hat. Apropos! Harney hat sich in eine Chartistendeputation nach der Church Street wählen lassen, wo er zuerst sein Entree machen wird, um dann nach der City zu gehn, wo er sich häuslich niederlassen wird. Daß er übrigens die Sache nicht aus Naivetät getan, geht schon daraus hervor, daß er alles hinter meinem Rücken mit dem „bei" homme betrieb und Dir ebenfalls nichts mitgeteilt.
s' wahrscheinlich Max Joseph Becker - 38 über den gegenwärtigen Stand der Dinge - 89 um so besser - 40 schönen Mann (Landolphe) - 41 Heller
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Marx an Engels in Manchester
[London] 24. Februar 1851 28, Dean Street, Soho
Lieber Engels! Es ist jetzt 1 Uhr nachts. Vor einer Stunde ungefähr stürzt Pieper hier herein, ohne Hut, zerzaust, zerrissen. Die Sache verhält sich wie folgt. Heut abend fand das Meeting oder Bankett in der City statt. Willich präsidierte. Jones war seinem Versprechen gemäß nicht hingegangen. Unser Dear1 trug ein rotes Bändchen. Anwesend an 700 Mann, 150 Franzosen ungefähr, 250 Deutsche, 200 Chartisten und der Rest Polen und Ungarn. Blanc las die ihm von seinen Jabrüdern aus Paris zugekommenen Adressen ab. Willich eine aus La Chaux-de-Fonds. Aus Deutschland hatten sie keine. Außerdem wurde eine Adresse von Polen aus Paris verlesen. Die Reden sollen spottschlecht gewesen sein, überhaupt trotz aller fraternite2 der Tau der Langweile auf den Gesichtern und an den Zungen geklebt haben. Schramm und Pieper hatten Karten gelöst, um sich den Ulk anzusehn. Sie wurden von vornherein molestiert. Schramm ging zu einem der Ordnungshalter, dem braven chevaleresken Landolphe, und ersuchte ihn, ihnen für ihr Geld wenigstens Ruhe zu verschaffen. Der Brave erwiderte, es sei nicht der Ort, hier auf Auseinandersetzungen einzugehn. By and by3 dauerte es den Great-Windmill-Streetern'1571 zu lang. Sie riefen: „spy, spy" 4, Haynau, Haynau, und nun wurden Schramm und Pieper aus dem Saal herausgeprügelt, ihre Hüte zerrissen und vor dem Saal im Hofe mit Füßen getreten, gestampft, geohrfeigt,beinahe in Stücke zerrissen, Haarbüschel ihnen ausgerissen usw. Barthelemy kömmt hinzu und sagt von Schramm: C'est un infame! II faut l'ecraser.5 Schramm erwidert: Vous etes un for^at lib6re.®
1 Teurer; gemeint ist Hamey - 2 Brüderlichkeit - 8 Allmählich - 4 „Spitzel, Spitzel" s Das ist ein Lump! Man muß ihn vernichten. - 6 Sie sind ein freigelassener Zuchthäusler.
An der Keilerei nahmen an 200 Subjekte teil, Deutsche, Franzosen und die Herrn fraternals[67] nicht minder „tapfer" gegen zwei Unbewaffnete. Post festum läßt sich der Dear sehn, und statt energisch aufzutreten, wie es sich gebührte, stottert er, daß er die Leute kennt und will sich auf lange Expositionen einlassen. Natürlich schönes Mittel in solchem Moment. Die beiden haben sich löwenmütig verteidigt. Die Windmiller schrien: Der hat unsrer Kasse 19 sh. gestohlen. Soviel für heute. Qu'en dis-tu, mon eher?7 Wenn morgen eine Revolution in London ausbricht, wird Willich-Barthäemy unfehlbar zur Herrschaft kommen. Dein K.M.
7 Was sagst Du dazu, mein Lieber?
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Gestern vor 8 Tagen schickte ich Dir einen Brief für Harney und habe seitdem keine Antwort von Dir, was mich einigermaßen in Verlegenheit setzen könnte, wenn ein Brief von H[arney], der jeden Tag ankommen kann, rasche Beantwortung erfordern sollte, oder wenn die Unterhandlungen der hiesigen neuen Chartistenclique, wegen eines Besuchs Harneys hier, zum Ziele führten und er mir eines schönen Morgens auf die Kneipe gerückt käme. Ich hoffe, daß Du alles richtig erhalten hast und daß es nicht Unwohlsein ist, was Dich vom Schreiben abhält. Vielleicht sagt Dir der Brief nicht zu oder die Manier, mit der ich ohne weitere Beratung mit Dir sofort auf eigne Faust handelte. Aber gerade deswegen schickte ich ihn Dir ja, und hattest Du etwas auszusetzen, so war nichts einfacher, als dem Harney einfach sagen zu lassen, er solle vorderhand meine Artikel1 nicht drucken lassen, und mir den Brief zurückzuschicken nebst Glossen, which you know would have had all due attention2. Jedenfalls bin ich Dir noch seit längerer Zeit die Antwort auf die currency-Geschichte3 schuldig. Die Sache selbst ist meiner Ansicht nach ganz richtig und wird sehr dazu beitragen, die verrückte Zirkulationstheorie auf einfache und klare fundamental facts4 zu reduzieren. Über die Ausführung in Deinem Brief finde ich nur folgendes zu bemerken: 1. Gesetzt, im Anfang der period of pressure5 stände die Rechnung der Bank of England, wie Du sagst, mit £ 12 000 000 deposits und 8 Millionen bullion6 oder coin7. Um die überflüssigen £4 Millionen bullion loszuwerden, läßt Du sie den Diskontosatz herabsetzen. Ich glaube, daß sie das nicht zu tun brauchte, und soviel ich mich erinnere, ist die Herabsetzung des Diskontosatzes im Anfang der pressure bisher nie vorgekommen. Meiner Ansicht nach würde die pressure sofort auf die deposits wirken und
1 Siebe vorl. Band, S. 168 u. 178 - 2 die, wie Du weißt, alle gebührende Beachtung gefunden hätten - 3 Zirkulations-Geschichte (siehe vorl. Band, S. 173-177) - 4 grundlegende Tatsachen - 5 Periode der Geldklemme - 6 Goldbarren - 7 gemünztem Geld
sehr bald nicht nur das Gleichgewicht zwischen bullion und deposits herstellen, sondern die Bank zwingen, den Diskontosatz zu erhöhen, damit das bullion nicht unter 113 der deposits sinkt. In demselben Maß, wie die pressure zunimmt, stockt auch die Zirkulation des Kapitals, der Umsatz der Waren. Die einmal trassierten Wechsel verfallen aber und wollen bezahlt sein. Daher muß das Reservekapital - die deposits - in Bewegung gesetzt werden - Du verstehst, nicht qua currency8, sondern qua capital9, und so wird der einfache drain of bullion10, nebst der pressure, von selbst hinreichen, die Bank von ihrem überflüssigen bullion zu befreien. Dazu ist nicht nötig, daß die Bank ihren Zinsfuß unter Verhältnissen herabsetzt, die den allgemeinen Zinsfuß im ganzen Lande gleichzeitig steigern. 2. In einer Periode der wachsenden pressure würde, wie ich glaube, die Bank in demselben Maß das Verhältnis des bullion zu den deposits steigern müssen (um nicht in Verlegenheit zu kommen), in welchem die pressure zunimmt. Die 4 überzähligen Millionen würden ihr ein gefunden Fressen sein, und sie würde sie so langsam ausgeben wie nur möglich. Bei steigender pressure würde, unter Deinen Voraussetzungen, ein Verhältnis des bullion zu den deposits wie 2/s: 1,1/2:1 und selbst 3/s: 1 durchaus nicht übertrieben sein, und um so leichter durchzuführen, als mit der Abnahme der deposits auch die bullion reserve absolut abnimmt, wenn auch relativ zunehmen würde. Der run11 auf die Bank ist hier ebenso möglich wie beim Papiergeld und kann durch ganz gewöhnliche Handelsverhältnisse herbeigeführt werden, ohne daß der Kredit der Bank erschüttert wäre. 3. „Die currency wird zuletzt berührt", sagst Du. Deine eignen Voraussetzungen, daß sie infolge des stockenden Geschäfts berührt wird und dann natürlich weniger currency nötig ist, führen zu dem Schluß, daß die currency sich gleichzeitig mit der Aktivität des commerces vermindert und ein Teil derselben überflüssig wird in dem Maß, wie die pressure steigt. Fühlbar wird sie freilich erst am Ende, bei hoher pressure, vermindert; aber im ganzen geht doch dieser Prozeß vom Beginn der pressure an vor sich, wenn er sich auch nicht tatsächlich im einzelnen nachweisen läßt. Aber insofern, als dies superseding12 eines Teils der currency Folge der übrigen kommerziellen Verhältnisse, der von der currency unabhängigen pressure ist, und alle andren Waren und Handelsverhältnisse vor ihr davon betroffen werden, und ebenfalls insofern diese Abnahme bei der currency zuletzt praktisch fühlbar wird, insofern wird sie allerdings zuletzt von der Krise berührt.
8 als Umlaufmittel - 9 als Kapital -10 Goldabfluß -11 Ansturm -12 diese Verdrängung
Diese Glossen, wie Du siehst, beschränken sich rein auf Deinen modus illustrandi13; die Sache selbst ist vollständig in Ordnung. Dein F.E. [Manchester] Dienstag, 25.Febr. [1851]
a8 Deine Art der Veranschaulichung
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Dein Brief vom 23., gestempelt 25., kam mir heute morgen zu. Adressiere in Zukunft immer an mich, care of Messrs.1 Ermen & Engels, Manchester. Die Briefe kommen mir sichrer zu und rascher, da ich oft unregelmäßig nach Haus komme und die Postbeamten ohnehin zuweilen die nach meiner Wohnung adressierten Briefe mir ins Comptoir zuschicken, wo ich jedenfalls einmal per Tag bin. Benutze, wo möglich, die erste Londoner Abendpost - bis 6 von Charing Gross, oder bis x/2 6 in den kleinen Büros, die Briefe sind dann sicher den nächsten Morgen um 10 auf dem Comptoir. Den Brief von Dronke hast Du vergessen beizuschließen. Schick ihn mir bald, ich möchte ihm schreiben, speziell um die Korrespondenz mit Lupus wieder anzuknüpfen, von dem ich gar nicht weiß, wo er ist, da ich auf alle meine Briefe keine Antwort erhalte. Wenn Du vorziehen solltest, das Porto, für auswärtige Briefe, sowie die Frankatur, nicht zu tragen, so schick sie mir zu oder laß sie an mich adressieren, ich werde es der Firma zuschieben. Der „Constitutionnel" sagt, d'Ester sei aus der Schweiz ausgewiesen nnd habe sie bereits verlassen - en sais-tu quelque chose?2 Dein Adas ist gerettet. Ich habe mich schließlich geweigert, ihn zu verkaufen, und behalte ihn einstweilen hier, da ich ihn sehr brauche, ich lese jetzt die Geschichte des consulat und empire in französischen und englischen Historikern, speziell militärisch. Das beste, was ich bis jetzt in dieser line3 gefunden habe, ist W.P.Napier Qetzt General) „History of the War in the Peninsula". Der Kerl hat seine Marotten wie alle Napiers, aber daneben enorm viel common sense4 und, was mehr ist, einen sehr richtigen Blick in Beurteilung des militärischen und administrativen Genies Napoleons. Ein Franzose wäre rein inkapabel, so ein Buch zu schreiben. Der Thiers steht, was historische Zuverlässigkeit und selbst richtige Beurtei
1 per Adresse Herren - 2 weißt Du etwas darüber? - 3 Richtung -4 gesunden Menschenverstand
lung angeht, nicht die Laus höher als der elende Tory Southey, poet laureate5 selig, der auch eine Schimpf- und Rodomontiergeschichte desspanischen Kriegs geschrieben hat.[196] Napier streicht nur seinen Obergeneral Wellington zu sehr heraus, doch bin ich noch nicht weit genug in seiner Darstellung avanciert, um definitiv darüber urteilen zu können. Die Mitteilungen über die citoyens6 Blanc und Harney werde ich mir ad notam7 nehmen. Von letzterem hab* ich noch nichts gehört. Daß sein spiritus familiaris8 bei dieser Geschichte im Spiel war, habe ich mir gedacht.. Sie hat eine grenzenlose Verehrung für die großen Männer und ist überhaupt mehr und mehr unangenehm geworden. Er muß es übrigens jedenfalls zu fühlen bekommen, wenn er sich wieder meldet. Was den kleinen Blanc angeht, so könnte es nicht schaden, wenn wir bei nächster Gelegenheit einmal seine Oeuvres completes9 vornähmen - Du die „Organisation du travail" und die „Histoire de la revolution", ich die „Dix ans", sauf a critiquer ensemble l'association du travail mise en pratique apres fevrier, et les10' „Pages d'histoire". Ostern komm' ich nach London, und da ließe sich schon einiges machen. Die Sachen selbst wären in belgischem Nachdruck hier wohlfeil zu haben. Da mir meine Intrige mit meinem Alten vollständig: gelungen ist, wenigstens bis jetzt, so kann ich mich hier definitiv häuslich niederlassen und werde mir ohnehin von Brüssel meine Bücher kommen lassen. Wenn Du Dir vielleicht von Köln einiges kommen zu lassen hast, so laß mich's wissen, ich schreib' dieser Tage an Daniels wegen meiner Sachen, und wir können es dann in 1 Paket machen lassen. NB. Alles, nur keine englischen, auf dem Kontinent nachgedruckten Bücher. Die Entwicklung der Geschichte mit meinem Alten und die neue Intrige, die ich anspinnen mußte, einerseits, um meine Unentbehrlichkeit hier zu verlängern,, und 2., um mich vor zu großer Überbeschäftigung auf dem Comptoir zu schützen, erzähl' ich Dir mündlich, in 6 Wochen ist ohnehin Ostern, und die Sache ist umständlich. So viel ist gewiß, daß mein Alter mir das alles, schwer in bar bezahlen soll, besonders wenn er erst hier gewesen ist und ich ihn noch mehr hineingeritten habe. Die Schwierigkeit ist die: eine offizielle Stellung als Repräsentant meines Alten den E[rmens] gegenüber zu bekommen und doch innerhalb der hiesigen Firma keine offizielle Stellung mit Verpflichtung zum Arbeiten und mit Salär von der Firma zu haben. Ich hoffe es aber durchzuführen, meine Geschäftsbriefe haben meinen Alten enchantiert, und er rechnet mir mein Hierbleiben als ein großes
8 lorbeerbekränzter Dichter - 6 Bürger - 7 zu Herzen - 8 Familiengeist (Harneys Frau) — 9 sämtlichen Werke -10 außer unsrer gemeinsamen Kritik an der Arbeitsassoziation, die nach, dem Februar in der Praxis verwirklicht worden ist, sowie die
Opfer an. Ceci me vaut, ou me vaudra sous peu, £5 additionelles par mois, sauf additions futures.11 Dein F.E. Vergiß nicht, mir zur Ergötzung in meiner Einsamkeit die Kölner Witze zu schicken, sobald Du sie hast und gelesen hast.
[Manchester] Mittwoch, 26. Febr. [1851]
11 Das bringt mir oder wird mir in kurzer Zeit £ 5 Zulage den Monat einbringen, außer späteren Zulagen.
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Marx an Engels in Manchester
[London, 26.Februar 1851]
Lieber Engels! Ich habe Dir in den Briefen von Pieper und Schramm die Tatsachen von den Beteiligten selbst erzählen lassen. Du wirst Dir so am besten ein eignes Urteil bilden. Unbegreifliche lachete1 von Seiten der 200 fraternal murderers2, die ihren revolutionären Tatendrang an zwei einzelnen auslassen, unbegreifliche lachet^ des Dear3, des Landolphe, des Louis Blanc usw., ruhig zuzusehn und ihre fraternellen Phrasen zu memorieren. Eins noch aus der Unterredung Schramms mit Harney: H[arney] hob hervor, daß Schapper ein „langjähriger Bekannter" von ihm sei und, während wir in Brüssel gewesen, in sehr intimen Verhältnissen mit ihm gestanden. Apropos! Den ganzen Rapport über das Meeting hatten die Herrn L.Blanc und Konsorten schon denTag vorher an ein Pariser Blatt abgeschickt. Die gerichtliche Prozedur würde L.Blanc ruinieren. Du denkst Dir, welches Fressen für die „Times", namentlich da Bärthelemy, der galerien4, der meutrier5 usw., als Angeklagter und provocateur a l'assassinat6 erscheinen würde. Bärthelemy sagte nämlich mitten in der Keilszene, auf Schramm zeigend: „C'est un infame, il faut l'ecraser."7 Das Gerichtliche hat nur den schlimmen Effekt: Harneys und Jones* projektiertes Blatt ist Klatsch, Harney und die Fraternals[67] sind Klatsch, die „Times" wird jubilieren, Pieper wird seine Stelle verlieren (er ist nobel genug, nichts danach zu fragen) und Schramm usw. werden schließlich doch die gesamten Chartisten auf den Hals brechen8. Que faire?9 Ich werde morgen mit Jones darüber sprechen. Freund Harney scheint sich mit Schapper darauf zu verlassen, daß die Sache ruhig vorübergeht. Er hat es daher nicht der Mühe wert gehalten, die nötigen steps10 uns gegenüber zu
1 Feigheit - 2 brüderlichen Mörder - 3 Teuren, d.h. Harneys - 4 Galeerensträfling 5 Mörder - 6 Mordhetzer - 7 „Das ist ein Lump, man muß ihn vernichten." - 8 brechen von Marx korrigiert aas haben - 9 Was tun? - 10 Schritte
tun und die nötigen Konzessionen zu machen. Der Esel erschwert so die Situation. Ungerochen kann man diesen Dreck doch nicht Vorübergehn lassen. Wenn Harney Dir schreibt, nimm Dich nur vor einem in acht. Du hast in Deinem Brief zu sehr verweilt auf der theoretischen Kritik Ledru-[Rollin]s und Blancs. Hjarney] macht jetzt, als verlangten wir, daß er unsern queue11 bilden solle. Es ist ihm also vor allem vorzuhalten: 1. daß es sich ganz allein handelt um sein Verhältnis zu Schapper und Willich, indem er unsern direkten persönlichen, hundskommunen Feinden sich als Anhang konstituiert hat und, so viel Gewicht er hat, für sie gegen uns in die Waagschale vor Deutschland geworfen. Und hatte er nicht mit uns schriftlich die Verbindung mit Vidil, mit Barthelemy und mit Willich abgebrochen?11971 Und wie konnte er sie aufnehmen ohne uns, hinter unsremRücken und wider unsern Willen! Wenn das fair ist, so begreif ich es nicht. 2. Er hat uns verleugnet, indem er nach dem Vorfall mit Schramm und Pieper nicht sofort öffentlich in dem Meeting eine Revanche gab und dann sich sofort zurückzog. Statt dessen tut er bei seinen Freunden alles, um die Sache als irrelevant darzustellen. Einliegend den Brief von Dronke. Du mußt ihm ausführlich die ganze Schmiere, das Neuste eingeschlossen, schreiben. Ich habe eine Masse nach Köln, Hamburg usw. zu schreiben. Wenn heute der Brief nicht frankiert ist, mußt Du entschuldigen. Es ist zu spät, nach stamps12 auszugehn, und es ist notwendig, daß der Brief noch heut abend auf die Post kömmt. Dein K.Marx
11 Anbang -12 Briefmarken
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Soeben find' ich Deinen 2. Brief vor. Ich habe sofort einen zweiten an H[arney] geschrieben, wenn Du ihn billigst, laß ihn ihm gleich zukommen. Diese Schweinerei ist zu arg, und er muß es fühlen. Wenn er sich mit den andern assoziiert, tant pis pour lui, I care the devil1. Inliegend ein Brief, der mir sehr komisch aussieht.1-1981 Wie hängt die Geschichte zusammen? Ich weiß nicht, inwiefern der rote Wolff2 dabei sein eigner Herr ist. Es ist dabei so viel Wahnsinn in dem Brief, daß ich nicht ohne weitere Renseignements antworten kann. Laß mich also gleich wissen, was das für ein dodge3 ist und schick mir den Bettel zurück. Nachts 1 Uhr.
[Manchester] Mittwoch [26. Februar 1851]
Dein F.E. Ich habe keine stamps4 und da ich den Brief jetzt noch zur Post trage, kann ich ihn nicht mehr frankieren.
1 um so schlimmer für ihn, ich frag' den Teufel danach - 2 Ferdinand Wolff - 3 Schwindel 4 Briefmarken
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Gestern abend 12 Uhr, als ich nach Hause kam und Deinen Brief mit der Erzählung der Infamie gegen Schr[amm] undP[ieper] vorfand, schickte ich Dir sofort einen Brief für H[arney]. Du wirst diesem Brief, der Unsichern Handschrift, der pathetischen Entrüstung, dem polternden und stolpernden Gedankengang und der nicht sehr großen Harmonie des Ganzen angesehn haben, daß er unter dem Einflüsse einiger Gläser starken Rumpunschs abgefaßt war,.die ich den Abend ausnahmsweise zu mir genommen hatte, und ihn daher nicht abgeschickt haben. In fact1, ich war so wütend, daß ich nicht hätte zu Bett gehn können, ohne ihn abzuschicken, und so rannte ich, mehr um mich selbst zu beruhigen, als in der Absicht, dem H[arney] meine Meinung schleunigst zukommen zu lassen, noch um 1 Uhr auf die Post. Du wirst den Brief heute gegen Mitteig bekommen haben, und da heute vor Abend keine Post ist, so war es mir unmöglich, einen zweiten Brief vor dem gegenwärtigen abzuschicken. Ich schließe Dir nun einen verbesserten Brief an H[arney] bei, den Du ihm zustellen willst, wenn Du, wie ich hoffe, den ersten noch nicht spediert hast. Briefe adressiere mir zukünftig wie folgt: 1. Alle Briefe, die Du vor 6 Uhr abends auf das Charing Cross Office2, oder vor 1/2 6 auf die Nebenbüros besorgst, aufs Comptoir (E[rmen] & E[ngels]). Ich habe sie den Morgen um 10. 2. Alle Briefe, die Du nach 6 Uhr abends noch aufgibst, nach Great Ducie Street. Ich habe sie den nächsten Abend um 6 Uhr, während ich sie auf dem Comptoir erst den nächsten Morgen haben würde. Hühnerb[ein] schrieb mir dieser Tage. Mirbach ist glücklich durchgebrannt und geht von Paris seiner Frau nach nach Athen. Dein F.E. [Manchester] Donnerstag, 27. Febr. 51 .
1 In der Tat - 2 Postamt von Charing Cross (Stadtteil von London)
14 Mara/Enffel$, Werke, Bd. 27
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Engels an Marx in London
Lieber Marx, Heut morgen erst kam Dein Brief von vorgestern an. Hätte ich diese Details alle schon gestern gehabt, ich hätte dem dear1 H[arney] noch ganz anders geschrieben. Aber er wird mir schon kommen, und da werd* ich's ihm geben. Eine gerichtliche Verfolgung dieser Geschichte ernstlich einzuleiten, könnte, glaube ich, nicht viel nutzen. Abgesehn von Harney und Jones und den Chartisten, würde die Geschichte auf gegenseitige Rekrimmationen und Anschuldigungen hinauslaufen. Mit Hülfe des ersten besten Advokaten würden die andern dem Schrjamm] und P[ieper] die unverschämtesten Fragen vorlegen lassen, z.B. ob Schrjamm] nicht Kassengelder der G[reat] W[indmill Street]11571 gestohlen pp., die hinreichen würden, um allen Effekt zu verderben, so energisch sie auch zurückgewiesen würden. Die Gegenzeugen würden schwören, Schr[amm] habe das und das gesagt, sie würden auf einige G[rea]t-W[in]d[mill]-Str[eet]-Szenen Schr[amm]s zurückkommen und diese ins Kolossale übertreiben, um Schrjamm] als einen disturber of public meetings2 darzustellen usw., und der magistrate3, zu glücklich, die Demagogues sich gegenseitig als Schufte traktieren zu sehn, würde alles zulassen, was auf beide Parteien kompromittierenden Schein werfen könnte. Dagegen als Drohung muß Schr[amm] es gebrauchen. Er gilt ohnehin for a care-the-devil, reckless sort of character4, und ihm trauen sie es zu, daß er es bis dahin treibt. Dem Landolphe sollte er Ohrfeigen geben und sich einschießen; der Kerl gerät doch immer in dergleiche Geschichten, und ihm ist das Schießen nötiger als jedem andern. Der Prozeß würde schließlich mit einer sehr groben Abfertigung des magistrate an beide Parteien endigen, und weiter nichts - besonders da er oben in Islington geführt würde, wo Gott weiß was für alte Esel magistrates sind. Und wenn Landolphe, Repräsentant du peuple5, erklärt, Schr[amm]
1 teuren - 2 Störer öffentlicher Versammlungen - 3 Polizeirichter - 4 für einen draufgängerischen, rücksichtslosen Charakter 7 5 Vertreter des Volkes
könne nur in der Absicht hingekommen sein, um Skandal zu erregen usw., glaubst Du nicht, daß das schließlich doch auch beim Publikum mehr zieht als Schr[amms] und P[ieper]s Erklärung? Man könnte mit der Geschichte großen Skandal machen, aber Schr[amm] wäre dem ausgesetzt, daß ein Teil des Skandals auf dem Wege der Insinuation auf ihn zurückfiele. Und dann wäre die sichre Folge eines solchen Skandals die Einführung einer neuen Fremdenbill11991 zum Schutz der honetten Reaktionäre, die vom Kontinent für die Exhibition11841 kommen. Warum zum Teufel ging aber Schr[amm], als Landolphe ihn abwies, nicht gleich zu Harney, pour le mettre en cause6?
Grade Postzeit. Adieu.
Dein F.E.
[Manchester] Freitag [28. Februar 1851]
• um ihn zur Verantwortung zu ziehen
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Marx an Engels in Manchester
[London] Samstag, I.März 1851
Lieber Engels! Du mußt ganz absonderliche Postgäule besitzen, da alle meine Briefe zu spät kommen. Du weißt sehr wohl, wenn Du die erhaltnen Briefe ordentlich gelesen hast, daß alles, was Du rätst, schon geschehn ist, mit Ausnahme der Ohrfeige an Landolphe, die ich nicht probat finde. Soll einer injuriert werden, so muß es der kleine Hiphiphiphurra-Schotte George Julian Harney sein und kein andrer, und dann muß Harney sich einschießen. Ich hatte Deine beiden Briefe ein Harney vor mir; ich habe den ersten abgeschickt, weil er meiner Ansicht nach besser geschrieben und passender war als die zweite verbesserte Auflage. Gedroht ist hinreichend dem Harney wie dem Landolphe mit gerichtlicher Prozedur. Deine Befürchtung, daß Landolphe gegen Schramm zeugt, unbegründet. Er wird vielmehr schwören, daß Schramm ihn, Komiteemitglied, vor dem Skandal angegangen, um Ordnung unter der Rotte zu halten. Da also die „Drohung" mit der gerichtlichen Prozedur vergeblich, que faire1, wenn nicht anders Prügel, Spion und Schapper-Willich-Triumph ruhig einstecken! Deine sämtlichen Befürchtungen wegen Skandal richtig. Aber man wird einen sharpen2 Advokaten auch seinerseits haben. Etwas mehr oder weniger Verruf kann dem Schramm ganz gleichgültig sein. Läßt er aber die Sache auf sich beruhn, jetzt, nachdem die Franzosen der Church Street11871 sich darin eingemischt, so ist er perdu3, wenn er nicht entweder seine öffentliche Satisfaktion von den Chartisten erhält oder wenn er die Sache nicht vor Gericht bringt. Eins von beiden. Jones, wie ich Dir geschrieben, war nicht auf dem Meeting von Montag. Ich hatte mit ihm eine Zusammenkunft in meinem Haus verabredet,
1 was tun-2 spitzfindigen-3 verloren
stürzte aber schon Dienstag hin, traf ihn nicht, ließ ihm ein Billett zurück, doch ja Mittwoch zu kommen. Kam nicht. Ging Donnerstag hin. Wurde abgewiesen. Ließ ein Billett zurück, worin ich ihn einlud. Kam nicht. Donnerstag abend schrieb ich ihm einen ausführlichen Brief, worin ruhig, einfach, klar die ganze Scheiße von Anfang an entwickelt, ihm die eklige Folge in der Perspektive gezeigt, öffentliche Satisfaktion verlangt und er schließlich aufgefordert wird, mich zu besuchen zur Besprechung. Kömmt nicht, obgleich er in der Stadt war, auch kein Antwortsschreiben von ihm. Jones ist also offenbar von dem kleinen schottischen Intrigeinten 4 bearbeitet, der fürchtet, ihn mit mir zusammenzulassen. Du siehst also: von Seiten der Chartisten keine Aussicht auf öffendiche Satisfaktion. Bleibt nur die gerichtliche Prozedur. Adviendra que pourra.8 Unangenehm nur, weil Pieper seine Stelle dabei verliert und wir vielleicht plus ou moins6 den chartistischen Mob auf den Hals bekommen. Die Einführung der Fremdenbill wäre das angenehmste Ereignis für uns. Was sind jene Esel ohne tägliche öffentliche Demonstration? Es ist nur noch Ein Mittel, die Sache zu arrangieren, ohne es zum äußersten Skandal zu treiben, und das ist, wenn Du unmittelbar, aber ohne Verzug, herkömmst.Du könntest bei mir absteigen, da ich jetzt zwei Zimmer zugemietet. Andres Mittel, erkläre ich Dir definitiv, gibt es nicht. Briefe verwirren, verschleppen, richten nichts aus. Dein K.M.
* Harney - 5 Mag kommen was will. - 6 mehr oder weniger
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Marx an Engels in Manchester
[London] 8. März151
Lieber Engels! Heut nur ein paar matter of fact2 Zeilen. Du hast gesehn, die „Times" hat die Scheiße nicht aufgenommen.12011 Mais 5a ne nous regarde plus.3 Harney hatte schon vorgestern morgen an Schramm geschrieben. Der Esel von Bummler ging um 9 Uhr morgens aus und kam um I Uhr abends nach Haus. So fand er den Brief erst gestern. Harney nimmt seine Erklärung auf.12021 Hat ein genügendes Vorwort dazu geschrieben. Schreibt dem Schramm „dear 4 Schramm" und erinnert ihn, daß er nun auch seine Verpflichtung halte und sich nicht an das police court5 wende - dies Dokument vis-a-vis der Franzosen. Gestern brachte die „Patrie" (heute der „Constitutionnel") eine Erklärung der Herrn Blanc, Barthelemy, Schapper, Willich und des ganzen übrigen Komitees, worin die Herrn sagen, Blanqui habe den Toast an kein Mitglied des Komitees geschickt.12031 Die „Patrie" bemerkt dazu: Sie habe das nicht aufnehmen wollen, ohne vorher Erkundigungen einzuziehn. Und da habe ihr denn Herr Antoine-Blanquis Schwager - folgendes zugeschickt: Der Toast sei dem mitunterzeichneten Barthelemy zugesandt und der Empfang desselben von ihm bescheinigt worden. Du begreifst, welches Wehrufen in diesem Lager herrscht! Mais ce n'est pas tout.6 Wolff schickte also gestern morgen Wdloff mit einem Originalengländer zu Landolphe. Der Kerl hat sich als deconcertierter Grec7 benommen, erst geheult, deklamiert, phrasiert, poniert, mit Armen und Beinen auseinandergeschlagen und fiel dann zurück in sein Nichts durchbohrendes Gefühl der Feigheit. Wird heute abend vor den elenden crapauds8 der Church Street11871 protokolliert werden.
1 Im Original: Februar - 2 sachliche - 3 Aber das geht uns nichts mehr an. - 4 teurer — 5 Polizeigericht - 6 Aber das ist nicht alles. - 7 außer Fassung gebrachter Betrüger - 8 Philistern
Schließlich: Schlechte Nachrichten von meiner Alten9. Sie macht alles von Bommel10 abhängig. Ich werde wahrscheinlich den coup de desespoir11 riskieren müssen. Dein K.Marx
Ich habe von Becker12 Willichs Briefe erhalten. Du bekömmst sie Dienstag.
9 Henriette Marx - 10 wahrscheinlich Lion Philips in Zalt-Bommel - 11 Verzweiflungsstreich

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