SEGUNDA PARTE TOMO 29

16 Feld - 17 beim Schuß dabei
1858
108
Marx an Engels in Manchester
[London] I.Januar 1858
Lieber Engels, Da heute kein Artikel von Dir kam, habe ich keinen nach New York geschickt, werde daher die nächste Woche 2 schicken. Ich hoffe jetzt, daß Du bis Dienstag einen ready1 machst.2 Es ist nämlich absolut nötig, über Indien zu schreiben, da die „Tribüne" mit der „New-York Times" in militärischen Geschichten, ganz wie in kommerziellen, in großem struggle3 ist. Die „Times" nämlich retains4 die London „Times". Beiliegend: 1 „Star", 1 ,,D[aily] News", I „Overland Mail" (von letztem Datum noch nicht erschienen). Dies wird wohl genügen. Dein K.M.
1 fertig - 2 „Die Belagerung und Erstürmung Lalchnaus" - 3 Streit - 4 stützt
109
Marx an Engels in Manchester
[London] 5. Januar [1858]
Lieber Engels, Deine Zeilen erhalten. Du erwähnst nicht, ob Du den Brief von mir erhalten mit der Einlage von Lassalle und Friedländer1, beides möchte ich konserviert wissen. Wegen des Buchstaben C bin ich in fact in großer Verlegenheit. Seit dem 27. November ist nichts mehr an Dana geschickt worden12401, da ich mit dem auf mich fallenden Teil längst fertig (d. h. dem nicht militärischen). Wenn die Manchester Angelegenheiten Dir nicht erlauben, diesen Monat ernstlich mit der Sache voranzugehn, muß ich der ganzen Affaire ein Ende machen und dem Dana unter irgendeinem Pretext2 für die „Cyclopädie" aufkündigen. Es muß ihm schließlich verdächtig werden und mich kompromittieren, daß ich lange neue Listen einschicke und die alten nicht abmache. Consequently3 antwortet er auch gar nicht und schickt nichts Neues. Einträglich aber kann solche Arbeit auch nicht werden bei beständigen Ausfällen von Monaten. Still4 vermeide ich es, Dir davon zu sprechen, weil ich durchaus Dir keine für Deine Gesundheit schädliche Anstrengung aufbürden möchte. Yet5 scheint es mir manchmal, daß, wenn Du kleine Portionen alle paar Tage abwickelst, sie vielleicht als check6 dienen würden für Kneipereien, die nach meiner Kenntnis von Manchester und at the present excited times7 mir „unvermeidlich" scheinen und keineswegs Dir vorteilhaft sind. Selbst das Militärische zu übernehmen, wozu ich große Zeit auf dem Museum spenden müßte und dabei doch nichts Ordentliches fertigbringe, davon kann jetzt nicht die Rede sein, da ich absolut die andern Arbeiten fertigmachen muß - und sie nehmen alle Zeit weg sollte auch das Haus über meinem Kopf zusammenbrechen!
1 Siehe vorl. Band, S. 234/235 - 2 Vorwand - 3 Folglich - 4 Noch - 6 Jedoch - 6 Hindernis 7 bei den gegenwärtigen aufgeregten-Zeiten
Also, my boy, try to come to a definitive resolution - one way or the other8. Besten Gruß. Dein K.M.
8 mein Junge, versuche zu einem endgültigen Entschluß zu kommen - so oder so
110
Engels an Marx in London
Manchester, 6. Januar 1858
Lieber Mohr, Den Artikel1 wirst Du jedenfalls noch rechtzeitig empfangen haben, ich warf ihn vor 12 Uhr nachts auf die Post am Montag abend, "also muß er gegen 12-1 Uhr abgeliefert worden sein. Den Brief von Lassalle hab* ich erhalten und Dir auch in einem Brief geschrieben, wie Lupus und ich uns über den Mann amüsiert haben, der den Heraklit geschrieben hat. Sollte der Brief verloren sein? Während der akuten Krise war es mir absolut unmöglich, an etwas andres zu denken als den general crash2. Ich konnte weder lesen noch schreiben, ich war außerdem noch von der Krankheit her sehr aufregbar. Dann kamen die holidays3, Fuchsjagen und sonstiger Schwindel, auch dies ist jetzt überstanden, und das Bedürfnis ruhigerer Lebensweise und Tätigkeit ist eingetreten. Unter diesen Umständen, die von einem gesunden Katarrh unterstützt werden, kommt der Buchstabe C mir sehr gelegen, und wird heut abend mit ihm der Anfang gemacht. Ich denke, er wird mich nicht lange aufhalten, jedenfalls mache ich voran, so rasch es geht, und Du wirst jede Woche etwas abschicken können. Wenn übrigens „Army" im Oktober noch zurechtkam für Band I'1591, so kommt C im Januar gewiß noch zeitig für Band III. Bei dieser Krise werden sich die Leute mit dem Druck so sehr nicht beeilen, sonst hätte D[ana] längst geschrieben. Wenn Du übrigens von ihm hörst, so laß mich's wissen. Mit der Krise gibt es jetzt übrigens einen Stillstand und neue Wendung, wenigstens was Manchester und die Cottonindustrie angeht. Am Montag gingen eine Menge Spinner nach Liverpool und kauften 12000 Ballen, um sich wieder einigermaßen zu versehen, da viele ganz blank waren. Das trieb Baumwolle herauf, und gleichzeitig gingen hier die Griechen in den Markt und kauften ziemlich stark, wodurch ein entsprechender Aufschlag hier eintrat. Wir sind hier und in Liverpool schon 3/4 d. über den niedrigsten Stand
1 „Die Belagerung und Erstürmung Lakhnaus" - 2 allgemeinen Krach - 3 Feiertage
(per Pfund) heraufgegangen. Jetzt scheuen die Käufer wieder, wenn aber der Ostwind anhält, geht Baumwolle und Garn noch mehr herunter, bis die vollen Ladungen kommen, gegen Februar und März. Die Idee, Garn und Baumwolle in die Höhe zu treiben, with factories on Short time4! Es hat keine andre Folge, als die Nachfrage erst recht zu beschränken, deren Abnahme vorderhand bloß deshalb nicht auf die Preise wirkt, weil die Produktion sich mit der Nachfrage vermehrt und vermindert. Middling5 ist wieder 61ji ä 3/8, heute wohl 61j2 d., doch hab' ich den Schlußbericht noch nicht gesehn. Auch in Produkten scheinen die Kerle infolge der Schwierigkeit, Geld anzulegen, momentan wieder eine kleine Steigerung fertigzubringen, die dauern wird, bis der Westwind eintritt. Die enorme Masse Surpluskapital im Markt ist übrigens höchst wunderbar und ein neuer Beweis, wie kolossale Dimensionen alles seit 1847 angenommen hat. Es sollte mich gar nicht wundern, wenn dieser Überfluß an floating capital6, schon ehe die übrigen Phasen der Krisis sich abgewickelt haben, einen neuen Aktienschwindel zustande brächte. Dieser Uberfluß an disponiblem Kapital hat auch unbedingt sein Teil zur Erhaltung des französischen Schwindels beigetragen und es dahin gebracht, daß der Credit mobilier1841 jetzt nach überstandnem Panic einen Platz unter den solidesten Institutionen der Welt reklamieren kann. Den Brief wegen Lasalle hast Du gewiß erhalten, sieh nochmals nach. Ich schrieb ihn 2 oder 3 Tage, nachdem ich den Lass[alle]-Brief erhalten. Bei dem Artikel vorgestern lagen ein paar Zeilen von Lupus an Deine Frau und die Mädchen. Grüße sie herzlich von mir. Dein F.E.
Schramm schreibt heute ein paar Zeilen, er sei unwohler gewesen, es gehe jetzt aber wieder besser. Seine .Herren Brüder scheinen ihn unter dem Vorwand der Krisis jetzt sehr im Stich zu lassen. Er spricht davon, entweder nach Krefeld oder nach Virginien zu gehn, da er keine Nahrungssorgen haben wolle! Ich werde ihm fünf Pfund schicken.
4 mit Fabriken, die auf Kurzarbeit gesetzt sind - 6 Mittlere Sorte - 6 flüssigem Kapital
Engels an Marx in London
Manchester, 7. Januar 58
Lieber Mohr, Hierbei der Anfang von C.[2411 Morgen abend will ich versuchen, einige weitere Artikel zu machen. Ich finde bloß 2 Artikel, über die mir Material zu verschaffen schwierig sein wird, vielleicht genügendes unmöglich, nämlich: caps (percussion)'2421 und „Camp"1 (Roman, Hebrew, Greek2). Meine Auszüge über Cäsars Lager aus Rüstow enthalten fast nichts, da ich mir den R[üstow] selbst bestellt, aber vom Buchhändler ein ganz andres Buch erhalten habe. Bei Perc[ussions] Caps3 hauptsächlich die Geschichte der Entdeckung des übersauren chlorsauren Kalis und seiner Explosibilität, sowie Jahreszahlen über die Einführung der Perkussionsflinten in den diversen Armeen. Diese beiden Sachen wären wünschenswert. Kannst Du gelegentlich einmal ins Britische Museum gehn und mir darüber etwas aufstöbern, so können auch diese Artikel bald gemacht werden, sonst wird's damit hapern, meine Bibliotheken hier haben nichts darüber. Wenn übrigens Monsieur Dana sich nicht die Mühe gibt, auf unsre ihm eingesandten Listen zu antworten, so hat er nur sich selbst zu tadeln. Für D hätte er längst eine Liste schicken können, jetzt werd' ich sie hier herausmachen. Der Kerl scheint diese ganze Geschichte ohnehin sehr leicht zu nehmen, ich hoffe nur, daß er Dir dafür remittiert hat, sonst wäre es doch an der Zeit, Lärm zu schlagen. Charley4 ist in Holland und geht nach der Schweiz. Glücklicherweise befähigt mich der Mangel an Aufträgen, die laufenden Jahresschlußarbeiten größtenteils durch unsre Jungen besorgen zu lassen, so daß ich nicht über die Gebühr zu tun habe. That's one good job.5 Aus beiliegendem heutigem „Guardian" ersiehst Du, daß die short time6 hier noch sehr stark ist. Nächste Woche wird sie wohl wieder etwas abnehmen. Ich schicke Dir jetzt bloß noch die „Guardians", in denen was kommerziell Interessantes steht.
1 „Lager" - 2 römisches, hebräisches, griechisches - 3 Perkussionszündhütchen - 4 Charles Roesgen - 5 Das ist eine gute Sache, - 6 Kurzarbeit
Ich lese jetzt u.a. Clausewitz, „Vom Kriege". Sonderbare Art zu philosophieren, der Sache nach aber sehr gut. Auf die Frage, ob es Kriegskunst oder Kriegswissenschaft heißen müsse, lautet die Antwort, daß der Krieg am meisten dem Handel gleiche. Das Gefecht ist im Kriege, was die bare Zahlung im Handel ist, so selten sie in der Wirklichkeit vorzukommen braucht, so zielt doch alles darauf hin, und am Ende muß sie doch erfolgen und entscheidet.12431 Viele Grüße an Deine Frau und die Kleinen. Dein F.E.
112
Marx an Engels in Manchester
[London] 7. Januar 58
Dear Frederic, Ich habe Deinen Artikel1 erhalten Dienstag um 5 Uhr nachmittag. Er ist highly amusing2 und wird die Yankees delektieren. Im ganzen sind übrigens die indischen Nachrichten den Herrn Engländer nicht mehr ganz günstig. Poor3 Havelock! Deinen Brief von wegen Lassalle habe ich positiv nicht erhalten.4 Er ist also entweder in Manchester steckengeblieben oder hier unterschlagen worden. Der Brief von Lupus an die Familie, die Dich herzlich grüßen läßt, has produced a great sensation5. Während der Weihnachtsferien war Pieper hier, kam mit Katzenjammer an und war fader und ennuyanter than ever6. Der Kerl verschlimmert sich, je älter er wird. Er scheint jetzt die angenehme Gewohnheit zu haben, gleich nach Aufstehn vom Bett statt Kolonialgetränke ein Pint Stout zu sich zu nehmen, was ihn dann für den ganzen Tag with a sheep's eye suppliert7. Mit der Mischung von Bummelei und Schulmeistertrieb, Fadaise und Pedantismus ist er in der Tat immer härter zu verdauen. Dabei, was bei solchen Burschen häufig, versteckt sich unter der angeblichen Aufgeräumtheit viel Verdrießlichkeit, Laune, katzenjämmerliches Bewußtsein. Er hat den Kindern 2 Daguerreotypes seiner lieblichen Person verehrt, die in der Tat unbezahlbar sind und der „Pieper mit aufgedecktem Antlitz" benamst werden können. Beide denselben Morgen fabriziert, wo er in London von der Eisenbahn arrivierte8. Das erste noch halb schlaftrunken, a most abject picture of mental and moral dejection9: breites Maul, schlappzusammenfallende Backen; weitläufig ins Breite verschwimmende Züge; Auge mit a stupendous expression of nothingness10. Das 2te hatte sich unser Freund
1 „Die Belagerung und Erstürmung Uakhnaus" - 2 höchst amüsant - 3 Armer - 4 siehe vorl. Band, S. 249 - 5 hat eine große Sensation hervorgerufen - 6 langweiliger denn je - 7 mit einem verschämten Blick versieht - 8 ankam -9 ein höchst elendes Bild geistiger und moralischer Niedergeschlagenheit -10 einem erstaunlichen Ausdruck von Nichtigkeit
schon gesammelt und sich erinnert, daß er der schöne und aimable11 Pieper ist. Es ist das Aufwachen und Triumphieren der Selbstgefälligkeit über die utter degradation12. Das erste Portrait - Pieper as he is13, das 2te as he appears to himself14 und der Welt im allgemeinen. Jennychen bemerkte mit Recht, daß, wenn wir nun noch im Besitz seines Dramas „What is the matter"15 wären, wir den ganzen Kerl in der Tasche hätten. Ich lege Dir hier ein interessantes Aktenstück bei, das die Urquhartiten mit ihrer imperturbable16 Zudringlichkeit dem Board of Trade17 abgepreßt haben.'2441 Außer dem bad state18 der Handelsbilanz von England während der letzten 3 Jahre wirst Du daraus u.a. auch sehn, wieviel Geld Preußen zur Zeit des russischen Kriegs machte; ferner, daß unsre Hansetowns at the head19 stehn der Gegenden, deren Handelsbilanz für England. Der momentane Lull20 in der Krisis scheint mir sehr zuträglich für unsre Interessen, ich meine party interests21. Selbst 1848 kamen in England nach dem ersten Lull in 2 oder 3 intervals22 noch sehr bedeutende Schläge, und damals hatte der Krater schon gemovt23 seit April 1847 etc. Die „Neapolitanische Frage"11041, die den tiefen Politikern so viel Sorge machte, ist jetzt gelöst durch den earthquake in a most delightful manner24. Wenigstens sagen so die pot-house politicans of the25 „Morning Advertiser". Du vergißt doch nicht, den „Guardian" zu schicken? Vor allem bitte ich Dich, sorglich mit Deiner Gesundheit umzugehn. Die Zeiten werden besser und werden große claims26 an Deinen body37 machen. Also stähle ihn und laß ihn nicht Schaden nehmen. Salut. Dein K.M.
Apropos. Heinzen, in seiner letzten Nummer des „Pionier", sagt, es sei noch begreiflich gewesen, daß in Deutschland 2 Sophisten den stultifizierten deutschen Arbeitern aufgebunden hätten, sie bildeten eine besondre Klasse, weil sie den Hobel führten; aber daß jetzt das Klassengeschrei unter den Arbeitern in allen meetings in ganz Amerika erhoben werde, sei doch zu toll! Er schreit über die Verfinsterung der Massen, die der Weisheit un
11 liebenswürdige -12 äußerste Erniedrigung - 13 wie er ist -14 wie er sich selbst erscheint 16 „Was ist los?" - 16 unerschütterlichen - 17 Handels- und Verkehrsministerium 18 schlechten Stand - 19 Hansestädte an der Spitze - 20 Stillstand - 21 Partei interessen 22 Zeitabständen ~23 sich geregt -24 das Erdbeben in einer höchst erfreulichen Weise -25 Bierbankpolitiker des - 26 Ansprüche - 27 Körper
zugänglich sind. Proklamiert die „Geistesrevolution" und gegen die Klassenpropheten das neue Triumvirat: Goethe, G. St.-Hilaire und Karl Heinzenü! Der Credit mobilier^ hat seine Aktien m den letzten Wochen besonders in die Höhe getrieben durch das announcement of a dividend of 25 p. c.28, die er zweifelsohne, this time, out of the capital29 zahlt.
28 Ankünden einer Dividende von 25% - 29 diesmal, aus dem Kapital
113
Marx an Engels in Manchester
[London] Jan. 11. [1858]
Lieber Frederick, Die „Campaign" etc.'2411 erhalten. Ich werde in diesen Tagen auf das Museum gehn, über das Bewußte nachsehn.1 Die indischen Affären - hero2 Windham - machen wieder interessanten turn4. Sollten diese Woche, etwa bis Mittwoch, ndch ausführlichere Details kommen, so werde ich etwas darüber an die „Tribüne" schicken müssen. Ich bin bei der Ausarbeitung der ökonomischen principles12331 so verdammt aufgehalten mit Rechnungsfehlern, daß ich aus despair4 wieder mich drangesetzt habe, rasch die Algebra durchzuschlagen. Arithmetik blieb mir immer fremd. Auf dem algebraischen Umweg aber schieße ich mich rasch wieder ein. Deine Gesundheitsbulletins sind zu flüchtig. Ich wünschte mehr das Detail zu wissen. F.i.5, ist immer noch eine offne Stelle da? Im nächsten Brief ausführlicher. Dein K.M.
Den Clausewitz habe ich bei Gelegenheit des Blücher etwas im allgemeinen durchstöbert. Der Kerl hat einen common sense", der an Witz grenzt.
1 Siehe vorl. Band, S.251 -2 Held - 3 Umschwung -1 Verzweiflung - 5 For instance (Zum Beispiel) - 6 gesunden Menschenverstand
114
Engels an Marx in London
Manchester, 7, Southgate, 14. Jan. 58
Lieber Marx, Hierbei der Artikel1, bei dem es mir eben einfällt, daß ich durch einen lächerlichen Fehler stets Wilson statt Inglis geschrieben, was Du ändern willst, da jetzt keine Zeit mehr dazu. Bis Dienstag mache ich noch einige C's und schließe mit „Cavalry"2, das ein guter Artikel werden soll und auch etwas länger. Apropos. Hast Du „Coehoorn" (Baron) gemacht? Wo nicht, so hab' ich das beste Material. NB. „Catapults" fehlt mir alles Material - Ersch und Gruber11761 sollten es haben. Der größte Heroismus der Lakhnauer Garnison bestand darin, that they had to face every day the „coarse beef" cooked by the ladies „enttrely unaided"3. Muß verdammt schlecht gekocht gewesen sein. Über Windham hat zwar die ,,D[aily] News" etwas, es genügt aber nicht. Beste Grüße an Deine Frau und Kinder. Dein F.E.
Die Gesundheit ist gut. Die Löcher sind alle zu, seit 6 Wochen schon. Heckscher ist sehr mit dem Gange der Sache zufrieden, aber beschränkt noch mein Essen und Trinken, nicht der Quantität, aber der Sorte nach.
1 „Der Entsatz Lakhnaus" - 2 „Kavallerie" -3daß sie täglich dem „zähen Rindfleisch", von den Damen „ohne jegliche Hilfe" gekocht, die Stirn bieten mußten
115
Engels an Marx in London
[Manchester] 15. Jan. 58
Lieber Marx, Nach inliegendem Brief von Harney scheint Schramm wohl schwerlich noch am Leben zu sein. Ich habe gleich an H[arney] geschrieben. Sobald ich weiteres höre, teile ich Dir's mit. Dein F.E.
116
Marx an Engels in Manchester
[London, um den 16.] Jan. 5812451
Lieber Frederick, Du wirst ebenfalls von Harney einen Brief wegen Freund Schramm1 erhalten haben. Aussicht auf Herstellung war nicht vorhanden. Schade nur, daß Geldsorgen - und dies ist die Schuld des dicken Londoner Philisters2 ihm die letzten Tage störten. ' Dein Artikel3 ist splendid4 und erinnert in style und manner5 ganz an die besten Tage der „N[euen] Rheinischen] Zfeitung]". Was den Windham angeht, so mag er ein sehr schlechter General sein, aber der Kerl hatte diesmal das Pech, was beim Redan12461 sein Glück war, Neulinge anzuführen. Ich bin überhaupt der Meinung, daß diese zweite von England den Indiern gewidmete Armee - und kein Mann wird davon zurückkehren - keineswegs an Bravour, Selbstgefühl und steadiness6 der ersten die Stange halten wird, die ziemlich ganz verschwunden zu sein scheint. Was die Wirkung des Klimas auf die Truppen angeht, so habe ich in verschiednen Artikeln12471 solange ich interimistisch das militärische Department führte - durch genaue Kalkulationen nachgewiesen, daß die Sterblichkeit disproportionately7 größer war, als die offiziellen englischen Depeschen Wort hatten. Indien mit dem drain of men und bullion8, die es den Engländern kosten wird, ist jetzt unser bester Bundesgenosse. Montag gehe ich wieder auf das Museum und werde Dir dann Catapult - nebst dem sonst Verlangten - aus den besten Quellen schicken. „Coehoorn" habe ich nicht gemacht, da es meinerseits viel Zeit gekostet haben würde, die rechten Quellen aufzustöbern. Daß Deine Gesundheit well9 vorangeht, freut mich exceedingly10. Ich selbst habe seit 3 Wochen wieder mediziniert und erst heute wieder damit aufgehört. Ich hatte die Nachtarbeiten - begleitet zwar nur mit Limonade
1 Conrad Schramm -2 Rudolf Schramm-3 „Der Entsatz Lakhnaus" -4 glänzend -6 Stil und Art und Weise - 6 Standhaftigkeit - 7 unverhältnismäßig - 8 Abfluß von Menschen und Edelmetall -9 gut -10 außerordentlich
auf der einen Seite, aber auf der andern with an immense deal of tobacco11 zu sehr übertrieben. Übrigens finde ich hübsche Entwicklungen. Z.B. die ganze Lehre vom Profit, wie sie bisher war, habe ich über den Haufen geworfen. In der Methode des Bearbeitens hat es mir großen Dienst geleistet, daß ich by mere accident12 - Freiligrath fand einige, ursprünglich dem Bakunin gehörige Bände Hegels und schickte sie mir als Präsent - Hegels „Logik" wieder durchgeblättert hatte. Wenn je wieder Zeit für solche Arbeiten kommt, hätte ich große Lust, in 2 oder 3 Druckbogen das Rationelle an der Methode, die H[egel] entdeckt, aber zugleich mystifiziert hat, dem gemeinen Menschenverstand zugänglich zu machen. Von allen neuern Ökonomen ist die Grundsuppe der Fadaise am konzentriertesten in Monsieur Bastiats „Harmomes economiques". Nur ein crapaud184' war fähig, solchen harmonischen pot-au-feu13 zurechtzubruddeln. Was sagst Du zu Freund Jones? Daß der Kerl sich verkauft hat, will ich noch nicht glauben. Seine Erfahrung von 1848 mag ihm schwer auf dem Magen liegen. Mit seinem großen Glauben an sich selbst mag er sich fähig halten, die middle class14 zu exploitieren, oder sich einbilden, wenn nur Ernest Jones ins Parlament, one way or the other15, gebracht würde, werde die Weltgeschichte nicht verfehlen, a new turn16 zu nehmen. Das beste ist, daß Reynolds m seinem Blatt17 jetzt als wütender Gegner der middle class und aller Kompromisse auftritt - of course18 aus spite19 gegen Jones. Ebenso ist Herr B. O'Brien nun ein irrepressible Chartist at any price20 geworden. Die einzige Entschuldigung für Jones ist der schlappe Ton, der die arbeitende Klasse in England jetzt durchwatet. Wie dem auch sei, auf dem jetzigen Weg wird er dupe der middle class oder renegade21. Das fact, daß er mich - den er sonst bei jedem Dreck ängstlich konsultierte - jetzt ebenso ängstlich vermeidet, zeigt nichts weniger als gutes Gewissen. Einliegend ein Brief an Lupus von Laura und Jenny. Die beiden girls bilden sich natürlich ein, Du könntest es schief nehmen, daß Lupus als der bevorzugte Briefempfänger erscheint. Sie haben mir deshalb ausdrücklich aufs Gemüt gebunden, Dir anzuzeigen, that yours shall be the next turn22. Ich warte jetzt noch 3 Wochen, bis sich die Verhältnisse etwas mehr zugespitzt haben, und dann schreibe ich Herrn Dana, ich könne nicht fortarbeiten für die „Tribüne" mit nur 4 Artikeln den Monat; 6 sei das Mini
11 mit einer ungeheuren Menge Tabak -12 durch bloßen Zufall -13 Suppentopf -14 Mittelklasse - 15 auf die eine oder andere Weise -16 eine neue Wendung - 17 „Reynolds's Newspaper" -18 natürlich - 19 Bosheit - 20 unbezähmbarer Chartist um jeden Preis - 21 Betrogener der Mittelklasse oder Renegat - 22 daß Du das nächste Mal dran bist
mum. In der Tat bin ich jetzt gezwungen, Stoff für 2 Artikel immer in einen zu kondensieren, liefre also die doppelte Arbeit für half the price. This will never do.23 In dem verlorengegangnen Brief von wegen Lassalle24, lagen darin Lassalles und Friedländers Briefe12361? Aus politischen Gründen wäre ihre Fortexistenz wünschenswert. Salut. Dein K.M.
23 den halben Preis. Das geht nicht an. - 24 siehe vorl. Band, S. 249 und 253
117
Marx an Engels in Manchester
[London] 23. Januar 1858
Lieber Engels, Ich habe erhalten: I. Nummern des „Guardian"; 2. C („Carabine" etc.'2481) - Du hast mir nicht angezeigt, ob Du meinen Brief, heut vor 8 Tagen abgeschickt, nebst Einlage für Lupus, erhalten hast. Einliegend ein Brief von Dana, den Du mir zurückschicken mußt, da er noch nicht beantwortet. Ein Unangenehmes, was für mich daraus hervorgeht, ist, daß ich bedeutend in der Schuld der Kerls stecke, da ich falsch berechnet meine Forderungen und wieder nach Absendung der „ Cannon"(221' von neuem gezogen hatte. Übrigens ist der pay1 nicht einmal a penny the line2. Was nun die neu von Dana verlangten Artikel unter B angeht - und die Hauptsache für mich ist, daß ich ihm rasch das Übergezogne auf Appleton abtrage, da ich sonst nicht auf die „Tribüne" ziehn kann und also ganz leck liege -, so sind sie mit einer Ausnahme alle aus der von Dir angefertigten Liste genommen. Was die eine Ausnahme betrifft - The History of the Bengal Rebellion3 so scheint mir das Zweckmäßigere, Dana dies direkt abzuschlagen. Wo die Quellen in der kurzen Frist herbekommen? Da es „shall be sent at once"4 und „as brief as possible"5, wäre es an Arbeit und dem pay durchaus in keinem Verhältnis, und es würde bloß die Ausarbeitung der andern Artikel hemmen. Was ist Deine Meinung? Die Hauptsache ist militärisch, aber das Ganze, militärisch und politisch, scheint mir noch nicht reif, um es „at once zu liefern". Des von Dana in battle of6 „Albuera" erwähnten mistake712491 erinnere ich mich nicht. Wie Freiligrath mir schreibt, ist der große Ernst Dronke von Paris in
1 die Bezahlung - 2 einen Penny die Zeile - 3 Die Geschichte der Bengalischen Rebellion 4 „sofort geliefert werden soll" - 5 „so kurz wie möglich" - 6 Schlacht bei -7 Fehlers
London eingetroffen; das erstemal Platz verlassen habend infolge des Attentats12501. Salut. Dein K.M.
In der Pariser Korrespondenz des „Manchester] G[uardian]", den Du mir geschickt, waren nette Sachen. Wie steht das Geschäft in Manchester? Es scheint alles besser zu gehn als erwartet.
118
Engels an Marx in London
Manchester, 25. Jan. 1858
Lieber Marx, Die Briefe sind alle richtig angekommen. Die Bengal Rebellion1 zu machen in der verlangten Zeit ist total unmöglich, und würde ich Dir raten, bei dieser Gelegenheit dem Herrn Dana zu bemerken, daß, wenn er auf unsre Vorschläge und die ihm eingesandte Liste früher eingegangen wäre, er diese Artikel alle längst hätte. Er kann Bengal Rebellion ja als Hindostan2 Rebellion oder sonstwie anbringen. Was den angeblichen Schnitzer angeht, so kann ich jetzt nicht nachsehn, da ich keine Zeit habe, soll aber morgen geschehn. Die Notiz ist aus „Brockhaus" genommen'2491, wird also doch wohl richtig sein. Der Lassallesche Brief ist noch hier. Für „Blenheim"3, „Borodino" und viele andre hab* ich das Material fertig, und Freitag sollst Du ein lot4 haben, wenn nicht die indische Mail® mich nötigt, einen Artikel zu machen, was nach der Telegr[aphischen] Depesche zu urteilen nicht der Fall zu sein scheint. „Bidassoa" etc., werde ich erst nachsehn müssen. Was soll das aber heißen, daß D[ana] sagt, er habe diese Artikel früher schon verlangt? Davon weiß ich nichts. Daß der arme Schramm Freitag vor 8 Tagen starb, wird Dir Harney geschrieben haben. Details habe ich noch nicht. Ich schrieb an Harney, wenn er Sachen von Deiner oder meiner Handschrift vorfinde, so solle er sie wegnehmen und zu unsrer Verfügung halten - dergleichen dem Herrn Rudolf6, der ein kompletter Preuß* geworden ist, in die Hände fallen zu lassen, das fehlte noch. Ich hätte nicht gedacht, daß Schr[amm] vor dem Frühjahr ernstliche Anfälle haben würde. Der arme Kerl hat sich, solange ich da war, famos gegen die Krankheit gewehrt, und wie es scheint auch bis zuletzt. Unsre alte Garde schmilzt in der langen Friedenszeit sehr zusammen!
1 Siehe vorl. Band, S.262 - 2 Hindustanische - 3 „Blindheim" - 4 einen Teil - 5 Post 6 Rudolf Schramm
Das Geschäft hier geht sehr wackelig. Alle 14 Tage ist ein Versuch, Baumwolle in die Höhe zu bringen; der Moment, wenn einige Spinner kaufen müssen, wird benutzt. Das gelingt auf 3-4 Tage, dann fallen die Preise wieder. Im ganzen sind wir jetzt 5/s d. über dem niedrigsten Punkt. Hier geht's ähnlich. Sowie die Preise durch 14tägige Stockung tüchtig gedrückt sind, so gehn die indischen und levantinischen Käufer in den Markt und treiben dadurch alles in die Höhe; dann will niemand mehr kaufen und die Preise fallen allmählich wieder. Es ist noch gar nichts Rechtes. Die Spinner gehn auf volle Zeit, nicht weil wirkliche Nachfrage da ist, sondern weil andre es tun und weil sie die Short time7 herzlich satt sind. Im ganzen hat sich die Position der Spinner dadurch verschlechtert, daß die Differenz der Preise der rohen Baumwolle und des Garns geringer geworden ist. Die Deutschen kaufen noch sehr wenig. Brillant sieht's hier noch keineswegs aus, alle Tage ein check8 im Handel durch den Versuch, höhere Preise zu erzwingen, und wenn das nicht gerät, so sagt man there is an improved feeling in the market. Improved be damned!9 Die Einlage an Lupus hat großen Stolz und viel Spaß bei dem alten Herrn hervorgerufen. Er läßt die Verfasserinnen10 bestens grüßen. Übrigens sah ich ihn vorige Woche fast gar nicht, wir verfehlten uns, und dann bekam er den tic douloureux11 etwas. Viele Grüße an die family. Dein F.E.
7 Kurzarbeit - 8 Stocken - 9 die Stimmung auf dem Markt hat sich gebessert. Zum Teufel mit der Besserung! -10 Jenny und Laura Marx -11 nervösen Gesichtsschmerz
119
Engels an Marx in London
Manchester, 28. Jan. 1858
Lieber Mohr, Hierbei 3 B-Artikel1. Ich wollte womöglich heute noch den Windham2 bearbeiten, aber erstens sind die Particulars3 noch sehr konfus, und es ist absolut nötig, hierbei den offiziellen Bericht abzuwarten, da soweit alles vertuscht wird - und zwei tens hatte ich keine Zeit heut nachmittag - konnte kaum die 3 Artikel wieder durchsehn; bin auch zu erkältet, als daß ich heut abend riskieren dürfte, um 12 Uhr nach der Stadt zu gehn und den Brief aufzugeben. Sage dem D[ana], das Material sei noch nicht komplett. Hast Du meine C-Liste an Dana geschickt? Wo nicht, so tu es jetzt, damit er beizeiten antworten kann, sein C ist wieder ludicrously incomplete4. „Borodino" war leider nicht kürzer zu machen, da die Schlacht bisher ganz falsch dargestellt worden. Dein F.E.
1 „Berme", „Blindheim", „Borodino" - 2 „Die Niederlage Windhams" - 3 Einzelheiten 4 lächerlich unvollständig
120
Marx an Engels in Manchester
[London] 28. Jan. [1858] 9, Graf ton Terrace, Maitland Park, Haverstock-Hill
Dear Frederick, Die große Kälte, die hier eingebrochen ist und der reelle Kohlenmangel in unsrer Behausung zwingt mich - obgleich von allen Dingen in der Welt es mir das fatalste ist - wieder zu pressen auf Dir. Ich habe mich nur dazu entschlossen infolge von heavy pressure from without1. Meine Frau hat mir vordemonstriert, daß infolge einer Sendung von Jersey, die früher als gewöhnlich eintraf, Du in einen Rechnungsfehler geraten seiest und daher diesen Monat, ohne besondres Schreiben meinerseits, nichts schicken würdest; daß sie ihren Shawl2 etc. etc. versetzt habe, sich nicht zu helfen wisse. Kurz, ich mojS schreiben und darum tu ich es. In der Tat, wenn dieser Zustand fortdauert, möchte ich lieber 100 Klafter tief unter der Erde liegen, als so fortvegetieren. Immer andern lästig fallen und dabei beständig selbst mit dem kleinsten Dreck gequält sein, ist auf die Dauer unerträglich. Ich, persönlich, arbeite mir die Misere weg durch starke Beschäftigung mit allgemeinen Dingen. Meine Frau, of course3, hat nicht dieselben Ressourcen usw. etc. Heute kam das Buch von Lassalle11641 an, kostete 2 sh., nicht Preis des Buchs, sondern die Transportkosten. Dieser Umstand sicherte ihm schlechten Empfang. 2 Bände von 30 Bogen each4. Bloß hereingelugt. Der Kerl lügt dem Publikum in der Vorrede vor, daß er. seit 1846 damit schwanger gegangen. Scheint ganz althegelsch. Bei Auslegung und Vergleichung von Stellen mag ihm die juristische Gewohnheit der Hermeneutik behülflich gewesen sein. Nous verrons5, obgleich das Zeug zu dick ist, um es durchzulesen. Herr Pieper hat auch geschrieben und mir das interessante Geheimnis mitgeteilt, daß er während seines Hierseins an „Unterleibsschwierigkeiten" litt und deshalb „vielleicht" langweilig erschien.
1 starkem Druck von außen - 2 Schal - 3 natürlich - 4 jeder - 6 Wir werden sehen
Das Orsini- etc. Komplott'2501 möchte der preußischen Amnestie12511 einen Strich durch die Rechnung ziehn. Vorgestern brach die Polizei hier gewaltsam in Orsinis Behausung um Mitternacht, inveigied6 die Dienstmagd, ihr nach Scotland Yard zu folgen, wo sie von Herrn Richard Mayne und französischen Mouchards examiniert wurde. Dieser Herrn Pam kompromittierende Streich hatte um so weniger Resultat, als Martin Bernard im Besitz aller seit Orsinis Verhaftung an ihn in London gerichteten Briefe, während' er alle andren verbrannt hat vor seiner Abreise von London. Salut. Dein K.M.
verleitete
121
Marx an Engels in Manchester
[London] 29. Jan. 1858
Dear Frederick, Erhalten die 3 Artikel B1. Daß Du „Borodino" länger gemacht, ist sehr gut. Da die Spalten der Kerls so immense und ihr pay2 so schlecht, ist das einzige Gegenmittel, die Artikel auszudehnen. Ich hoffe, daß, wenn Du an „Cavalry"3 kommst, Du es möglichst auspatschest, damit ich die debts4 an die Hunde loswerde. In Frankreich die Sachen schön. Die coolness5, womit die Epiciers6 das Attentat'250' aufgenommen, hat den Kerl7 exasperiert8. Das Geheimnis dieser Epicierskälte ist wohl der innere Wunsch vieler derselben, daß irgendein plötzliches politisches Ereignis sie aus der Klemme reißen möge. Die Mehrzahl der Burschen hat ihre Wechsel erneuert erhalten durch die Bank, Diskontassoziation etc., die auf Boustrapas'441 order handelten. Indes aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ein großer Teil der französischen Bourgeois, so sichern kommerziellen Ruin im Auge, sehn mit Angst dem Verfalltag entgegen. Sie befinden sich ungefähr in demselben State9, worin Boustrapa sich vor dem coup d'etat befand. Any political pretext for making an honourable exit10 - ganz wie vor 10 Jahren - will, consequently, be eagerly seized upon by the damned fellows11. Dies hat Boustr[apa] gemerkt und will nun den „Despoten" als solchen herauslassen. Nous verrons.12 Wenn er sich auf Magnan, Castellane etc. verläßt, ist er verlassen.'252' Ich bin jetzt in meiner ökonomischen Arbeit'233' an einem Punkt, wo ich einigen praktischen Aufschluß von Dir wünschte, da nichts darüber in den theoretischen Schriften zu finden. Nämlich über den Umlauf des Kapitals seine Verschiedenheit in den verschiednen Geschäften; Wirken desselben auf Profit undPreise. Wenn Du mir darüber einiges wenige mitteilen willst, so very13 willkommen.
1 „Berme", „Blindheim", „Borodino" - 2 ihre Bezahlung - 3 „Kavallerie" - 4 Schulden 6 Kühle - 6 Krämer - ' Napoleon III. - 8 aufgebracht - 9 Zustand - 10 Jeder politische Vorwand für einen ehrenvollen Abgang -11 wird deshalb von den verdammten Kerls gierig aufgegriffen werden -12 Wir werden sehen. -13 sehr
Herr Lassalle in der Vorrede zu „Die Philosophie Herakleitos des Dunklen von Ephesos" sagt u.a.: „Es war dasselbe" (das Werk) „bereits Anfang 1846 bis auf einen geringen Teil ausgearbeitet, und eben wollte ich die Hand an die Beendigung desselben legen, als mich damals plötzlich ein Interesse anderer Art - denn in jeder Hinsicht bleibt das Wort des Sophokles wahr: IloXlä ra öeivä xovöev ävSno'iTiov deivozegov tieXe14 - in ein Meer praktischer Kämpfe stürzte und fast 10 Jahre hindurch hinderte, mich der Vollendung dieses Werkes zu unterziehn." Soll der Vers des Sophokles in L[assalle]s Verdeutschung meinen: „Es gibt kein schrecklicheres Sau mensch als die Gräfin Hatzfeldt!" Salut. Dein K.M.
14 Vieles Gewalt'ge lebt, und nichts ist gewaltiger als der Mensch (Sophokles: Antigone, 1. Episode)
122
Engels an Marx in London
Manchester, 30. Jan. 1858
Lieber Marx, Ich erhalte heut morgen Deine beiden Briefe zusammen und schicke Dir inliegend einen Fünfer. Leider bin ich selbst sehr fest mit Geldern, und Schramm pumpte mich Anfang Januar um fünf Pfund an - das ließ sich unter den Umständen durchaus nicht refüsieren, machte mich aber noch knapper. „Windham"1 wird für Dienstag gemacht. Apropos, schick mir eine neue Kopie der von Dana verlangten B-Artikel (der ursprünglichen sowohl wie der jetzt nachträglich bestellten), ich hab' meine verlegt. Was macht „Camp", „Catapults" und „Caps"2 (Percussion)12421 ? Also beim Attentat12501 ist Bonaparte zwar verfehlt, aber K.Heinzen getroffen worden. Du erinnerst Dich seiner moritäterischen Zerstörungsdrohungen von Anno 1848, wo er mit den ihm natürlich unbekannten Vernichtungswaffen der modernen Wissenschaft renommierte. Kossuth ist ein großer Mann, aber K[ossuth] hat das Knallsilber vergessen etc. Eh bien3, nach dieser Geschichte werden wir vom Knallsilber nichts mehr hören. Ich sagte gleich, aus den furchtbar viel Verwundeten und wenig Toten gehe hervor, daß die Granaten überladen waren und also in viele kleine Fetzen zersprangen, die jedes wenig Kraft hatten. Die Esel haben sehr dummpfiffig operiert. Mit gewöhnlichem Pulver gefüllt, mußten die Granaten viel mehr wirken. Statt dessen propfen sie Knallquecksilber hinein, was das Zeug hält, und produzieren einen Hagel von kleinen, wenig schädlichen Splittern. Der Dr. Larrey hat meine Ansicht bestätigt. So much for4 Heinzen. Am 21. courant5 ist wieder ein Mordversuch auf Bon [aparte] im B[ois] de Boulogne gemacht, mit einer Pistole, der Kerl abgefaßt, eh' er losdrückte. Die Sache ist vertuscht. Sobald ich den betreffenden „Guardian" entbehren kann, erhältst Du ihn.
1 „Die Niederlage Windhams" - 2 „Lager", „Katapult" und „Zündhütchen" - 3 Nun gut 4 So viel zu - 5 dieses Monats
Ich werde Charras' „Cent jours"12531 kommen lassen. Könnten wir nicht in Amerika literarische Kritik treiben? Ein Artikel darüber wäre gewiß interessant und nicht schwer zu machen. Viele Grüße an Frau und Kinder. Dein F.K
123
Marx an Engels in Manchester
[London] 1. Febr. 1858 9, Grafton Terrace, Maitland Park, Haverstock Hill
Lieber Frederick, 5 £ angekommen. Das Zusammenankommen zweier Briefe, wovon ich den einen am Donnerstag, den andern am Freitag abschickte, scheint darauf hinzudeuten, daß die Post die Flüchtlingsbriefe retardiert, inspiziert etc. B's sind neue: „Bidassoa" (battle of1), „Blenheim" (ditto), „Burmah"2 (war in3), „Bomarsund" (siege4), „Borodino" (battle), „Brescia" (assault5), „Bridge-head"e, Bülowl2&i], „Buda" (siege of), „Beresford", „Berme". Wenn Dana sagt: „most of them I asked you before"7, so ist das ein Irrtum. Er verwechselt Deine Aufstellung von B's mit seiner. Er selbst bestellte nur: „Barbette", „Bastion", „Bayonet", „Barclay de Tolly", „Battery", „Battle"8, „Bern", „Bennigsen", „Berthier", „Bernadotte", „Bessieres", „Bivouac"9, „Blindage", „Blücher", „Blum", „Bolivar", „Bomb", „Bombardier", „Bombardment", „Bomb (Ketch, Proof, Vessel)"10, „Bonnet", „Bosquet", „Bourrienne", „Bridge" (pontoon)11, Brown (Sir George), „Brune", „Bugeaud". (Dies alles hat der Esel erhalten.) „Catapult" (nicht viel) hab' ich fertig für Dich. Ebenso größten Teil von „Castrum"12 (aber ich habe noch nachzusehn in Wachsmuth „Hellenische] Alterth[umskunde]" über das griechische Lager und über das jüdische bei de Wette). Die Geschichte mit Percussionscapl2i2] ist ausführlich, von wegen der sehr verschiednen Sorten von Gewehrschlössern etc., die dabei aufzuzählen. Ich hätte die Scheiße schon fertiggemacht, wenn nicht der neue ordre von Dana dazwischengekommen. Ich schicke Dir den Dreck zusammen. Sooft ich auf dem Museum bin, habe ich außerdem solches lot13
1 Schlacht bei - 2 „Blindheim" (ditto), „Birma" - 3 Krieg in - 4 Belagerung - 6 Angriff 6 „Brückenkopf" ~7 „die meisten davon habe ich früher von Ihnen erbeten" ~8 „Schlacht" 9 „Biwak" - 10 „Bombardiergaliote, Bombensicher, Bombenschiff" -11 „Brücke" (Ponton) 12 „Lager" - 13 solche Menge
von Zeug nachzuschlagen, daß die Zeit (jetzt nur bis 4 Uhr) um, eh' ich mich umsehe. Dann der Weg hin. So geht viel Zeit verloren. Der „Herakleitos der Dunkle" von Lassalle dem Hellen ist au fond14 ein sehr läppisches Machwerk. Bei jedem der vielen Bilder, worin Herakl[eitos] sich die Einheit von Affirmation und Negation herausarbeitet, in steps15 Lassalle und gibt uns bei der Gelegenheit irgendeinen Abschnitt aus der Hegeischen „Logik" zum besten, die hardly16 gewinnt durch diesen Prozeß, immer in'ganzer Breite - wie ein Schulbub, der an einem Pensum den Beweis liefern soll, daß er sein „Wesen" und seine „Erscheinung" und den „dialektischen Prozeß" loshat. Wenn der Schulbub sich derartiges anspekuliert hat, so kann man sicher sein, daß er dennoch den Gedankenprozeß exakt nur nach dem vorgeschriebnen Rezept und in den formes sacramentales17 vornehmen kann.Exakt so unser Lass[alle]. Der Kerl scheint sich die Hegeische Logik an Heraklit klarzumachen gesucht haben und gar nicht müde geworden zu sein, diesen Prozeß stets von neuem zu beginnen. Was die Gelehrsamkeit betrifft, so ist eine enorme Exhibition davon. Jeder Kenner weiß aber, wie wohlfeil es ist, wenn man Zeit und Geld hat und wie Herr Lassalle direkt die Bonner Universitätsbibliothek ad libitum ins Haus geschickt bekommt, derartige Zitatenschaustellung zusammenzubringen. Man sieht, wie sonderbar grauß der Kerl sich selbst in diesem philologischen Flitterstaat erscheint und sich bewegt ganz mit der Grazie eines Kerls, der zum erstenmal in seinem Leben fashionable dress18 trägt. Da die meisten Philologen den spekulativen Begriff nicht haben, der bei Heraklit vorherrscht, so hat also jeder Hegelianer den unbestreitbaren Vorzug zu verstehn, was der Philolog nicht versteht. (Es wäre übrigens auch sonderbar, wenn ein Kerl dadurch, daß er Griechisch lernt, zum Philosophen im Griechischen würde, ohne es im Deutschen zu sein.) Statt nun einfach dieses als selbstverstehend mitzunehmen, traktiert uns Herr Lassalle in quasi-Lessingscher Manier. Es wird mit weitläufiger Juristenmanier die Hegeische Interpretation gegen die falschen, aus Mangel an Sachkenntnis falschen Auslegungen der Philologen geltend gemacht. So daß wir den doppelten Genuß haben, erst uns dialektische Sachen in aller Breite vorkonstruiert zu sehn, die wir beinah wieder vergessen haben, und zweitens, dieses „spekulative Erbteil" als besonders philologisch-juristische Pfiffigkeit und Gelehrsamkeit des Herrn L[assalle] geltend gemacht zu bekommen gegen die unspekulativen Philologen. Übrigens, trotz der Renommage des Kerls, daß Heraklit bisher ein Buch mit 7 Siegeln war, hat er, der Hauptsache nach,
14 im Grunde - 16 kommt herein - 16 kaum - 17 geheiligten Formen - 18 elegante Kleidung
absolut nichts Neues zu dem hinzugefügt, was Hegel in der ,,Gesch[fchte] der Philosophie]" sagt. Er führt es nur im Detail aus, was natürlich in 2 Druckbogen vollständig genügend hätte geschehn können. Noch weniger fällt es dem Burschen ein, irgend kritische Gedanken über die Dialektik selbst zu verraten. Wenn man alle Fragmente des Heraklit zusammen druckt, so werden sie hardly einen halben Druckbogen füllen. Nur ein Bursche, der Bücher auf Kosten des schrecklichen „Mensch"19 druckt, kann sich herausnehmen, 2 Bände von 60 Bogen auf solchen Vorwand hin in die Welt zu schicken. Es kommt ein Spruch des „Herakleitos des Dunkeln" vor, wo er, um das Umschlagen aller Dinge in ihr Gegenteil klarzumachen, sagt: „So verwandelt sich Gold in alle Dinge, und alle Dinge verwandeln sich in Gold." Gold, sagt Lassalle, ist Geld hier (c'est juste20) und Geld Wert. Also das Ideelle, Allgemeinheit, Eine (Wert), und die Dinge das Reelle, Besonderheit, Viele. Diese überraschende Einsicht benutzt er, um in einer längern Anmerkung an earnest of his discoveries in the science of political economy21 zu geben. Jedes Wort ein Schnitzer, aber mit merkwürdiger Prätention vorgetragen. Ich sehe aus dieser einen Note, daß der Kerl vorhat, die politische Ökonomie hegelsch vorzutragen in seinem 2ten großen opus.12651 Er wird zu seinem Schaden kennenlernen, daß es ein ganz andres Ding ist, durch Kritik eine Wissenschaft erst auf den Punkt bringen, um sie dialektisch darstellen zu können, oder ein abstraktes, fertiges System der Logik auf Ahnungen eben eines solchen Systems anzuwenden. Wie ich Dir aber gleich auf seinen ersten selbstbegeisterten Brief schrieb, die Althegelianer und Philologen müssen in der Tat pleased22 gewesen sein, solch altertümliches Wesen in einem jungen Menschen zu finden, der für einen großen Revolutionär gilt. Außerdem schmeichelt und kratzfußt er nach allen Seiten hin, um sich günstige Aufnahme zu sichern. Sobald ich das Zeug durchgeblättert, schick' ich es auch. Salut. Dein K.M.
19 Sophie von Hatzfeldt - 20 das ist richtig - 21 einen Vorgeschmack seiner Entdeckungen in der Wissenschaft der politischen Ökonomie - 22 erfreut
124
Engels an Marx in London
Manchester, 8. Febr. 1858
Lieber Mohr, Ich war die vorige Woche stellenweise unwohl, es scheint noch ein ganz geringes Minimum von Rest von meiner früheren Krankheit übriggeblieben, das aber zu schwach ist, mich ernsthaft zu fassen und mich nun durch allerhand kleine Lumpereien schikaniert - besonders reizbare Haut, schlechtes Verheilen von Wunden, schwärende Finger und dergleichen ennuyante Eseleien. Glücklicherweise ist zu eiternden Drüsen auch nicht mehr die allergeringste Tendenz vorhanden, so daß also dafür kein Bange ist. Diese Lumpereien, die sich apropos von Erkältungen zeigen, werden mich wohl ab und zu plagen, bis ich wieder ins Seebad gehe. Jedenfalls muß ich mich inzwischen noch in acht nehmen. Als Abieiter dienen mir übrigens meine, seit meiner Rückkehr ziemlich verwickelten Hämorrhoiden, das hilft jedesmal auf dem Fleck, aber macht mir dann auch auf ein paar Tage jedes andre Sitzen als auf dem Gaul unmöglich. Daher mein Stillschweigen vorige Woche und mein Mangel an Lieferung seit Montag. Ich konnte nur liegen die meisten Abende. Indes ist die Erkältung jetzt am subsiding1 dergestalt, daß ich gestern wieder 28 Meilen reiten konnte, und so können wir morgen wieder anfangen. Den dunkeln Heraklit scheint Herr Lassalle sich au fond2 leicht genug genommen zu haben. Lupus hat sich sehr amüsiert über Deine Beschreibung seiner Methode, es war ihm eine Satisfaktion, daß es mit der griechischen Gelehrsamkeit des Herrn doch nicht so weit her ist. Ich werde ihm das Buch, wenn es kommt, zum Studieren geben. Freund Belfield hat sich heute wieder zum Stadtratskandidaten aufgeworfen und ist mit Glanz durchgefallen. 196 gegen seine 143 Stimmen. Ich hab* noch ein paar „Guardians" mit hübschen Pariser Korrespondenzen zu Hause, die ich Dir dieser Tage schicken werde. Viele Grüße an die family. Für Freitag gibt's wieder einige „Enzyklopädie] "-Sachen. Dein F.E.
1 Nachlassen - 2 im Grunde
125
Marx an Engels in Manchester
[London] 10 February [1858]
Lieber Engels, Der Esel Dana (in einem Brief, den ich Dir später schicken werde, und worin er es undecided1 läßt, whether or not2 mein Ende Dezember gezogner Wechsel honoriert wird) schreibt mir auch u.a.: „In the article ,ATtillery' in speaking of the equipment of the Prussian army, you use the words seam-horses; what are they? I do not find them in any dictionary."3 Antworte mir hierauf umgehend, so daß ich dem Esel noch Freitag darüber schreiben kann. Ich ahnte, daß Du nicht ganz auf dem Strumpf seist. Nimm Dich nur in acht. Du hast Dich zu sehr gehn lassen während der Manchester „Sturmund Drangperiode". Nächstens mehr. Dein K.M.
Hat Harney dear4 Dir auch seinen „Independenten" Nonsense zugeschickt? Wer hat die Lebensgeschichte von Schramm wohl zusammengelogen? Harney macht the celebrated poet5 Freiligrath, neben dem Engels Esq.6 sich komisch ausnimmt, zum Herausgeber der „Revue der N[euen] Rheinischen] Z[eitung]".
1 unentschieden - 2 ob oder ob nicht - 3 „In dem Artikel .Artillerie, wo Sie über die Ausrüstung der preußischen Armee sprechen, verwenden Sie die Wörter seam-horses; was ist das? Ich finde sie in keinem Wörterbuch." - 4 der Teure - 5 den berühmten Poeten 6 Wohlgeboren
126
Engels an Marx in London
Manchester , II.Febr. 1858
Lieber Mohr, Dana kann nicht lesen - es heißt feam-horses, d.h. Bespannungspferde, the horses harnessed to any gun or carriage in order to draw it1. Der Ausdruck team2 kommt auch sonst häufig im Artikel3 vor, und wenn er eine Autorität haben will, so soll erden Artikel „Artillery" in der „Encyclfopaedia] Brit[annica]" nachlesen. Leider kann ich heute nichts schicken. Ich habe mich gestern verleiten lassen, zu einem Coursing meeting4 zu reiten, wo Hasen von Windhunden gehetzt werden, und war 7 Stunden im Sattel. Dies ist mir zwar sehr famos im allgemeinen bekommen, hat mich aber am Arbeiten verhindert, und mit den angefangnen Sachen - „Burmah"5 pp. bin ich noch nicht weit genug, um daran denken zu können, sie heut abend beizeiten fertig zu werden. Das „Burmah" ist sehr eklig, lange Bücher durchzulesen und doch nichts Ordentliches draus zu machen, as it must be pretty short6. Dagegen bei „Cavalry"7 werde ich mich revanchieren, D[ana] bekommt den ganzen Griesheim, soweit er sich darauf bezieht. Lupus scheint sich vom Kneipen retirieren zu wollen, ich hab' ihn aus 4malen nur einmal in seiner Stammkneipe, dem Chatsworth, getroffen. Da ich nur seinetwegen hingehe, ist mir das ein großer Zeitverlust und muß geändert werden. Den Blödsinn von Harney dear8 hab' ich auch zugeschickt bekommen. Harro Harring, der in Jersey ist (obwohl ich ihn nie gesehen), muß die Hauptschuld daran tragen. Die Beschreibung von Krefeld ist gottvoll. Ganz der alte Harney. Er hat aus Schramms Tod wieder eine große melodramatische Schaustellung gemacht, wobei G.J.H.9 natürlich die Hauptrolle spielt. Der ganze Kram, Begräbnis und alles, seine Briefe mit Aufschriften:
1 die vor Geschützen oder Lafetten gespannten Zugpferde - 2 Bespannung - 3 „Artillerie" 4 einer Hetzjagd-5 „Birma" - 6 da es ziemlich kurz sein soll-' „Kavallerie" -8 dem Teuren 8 George Julian Harney
Haste! Immediate!10 etc., dazu die Zumutung an mich, nach Jersey zu kommen, um auch zu figurieren unter den Crapauds1811 und Waschlapskis12561, der ganze Kram ist mir widerlich. Es ist ein lausiger kleiner Lausekerl, der in Jersey ganz am rechten Fleck ist, außerdem überglücklich, indem er sich einen Preßprozeß wegen Verleumdung des Feudalherren von Jersey, Fr.Godfrey, zugezogen hat. Jones scheint auch schöne Geschichten zu machen. Der dicke Livesay, den er zum Chairman11 seiner Konferenz'2251 gemacht hat, ist ein elender kleiner Bürger, der auf Miall schwört und der schon 1842 mit Sturge und Konsorten die Complete suffrage Secession12 machte, als alle die Kleinbürger sich separierten.12571 Aber never mind! Mr. Bonaparte travaille pour nous13. Besser können wir's gar nicht verlangen, als wie der wirtschaftet. Espinasse Minister des Innern, that beats cockfightmg14. Dabei die Dummheit, die Adressen abdrucken zu lassen12581. Damit Du Dir übrigens von meinem körperlichen Zustand keine falschen Vorstellungen machst, will ich Dir noch erzählen, daß ich gestern mit meinem Gaul über einen Erdwall und Hecke gesprungen bin, die 5 Fuß und einige Zoll hoch war, der höchste Sprung, den ich noch je gemacht. Solche efforts15 setzen doch, um sie mit Komfort machen zu können, ziemlich gesunde Glieder voraus. Überhaupt wollen wir der preußischen Kavallerie schon was vorreiten, wenn wir wieder nach Deutschland kommen. Es soll den Herren schwer werden, mir nachzukommen, ich habe sehr viel Übung jetzt und bessere mich täglich, mein Renommee etabliert sich auch mit der Zeit. Die eigentlichen Schwierigkeiten beim Reiten in diffizilem Terrain aber lerne ich erst jetzt kennen, es ist eine höchst komplizierte Geschichte. Viele Grüße an Deine Frau und Kinder. Bis Montag kommen jedenfalls einige Artikel. Mit Indien warten wir, denke ich, noch eine Post ab, es sei denn, daß wir sehr interessante Details bekommen. Dein F.E. Der Engels Esq.16 nimmt sich in der Tat sehr komisch aus. Ich sollte dem H[arney] nie vergessen, daß das Beste, was er von mir zu sagen weiß, sich auf den Esq. beschränkt. Grosse bete!17
10 Eilt! Unverzüglich! - 11 Vorsitzenden - 12 Volle-Wahlrecht-Spaltung - 13 das macht nichts! Herr Bonaparte arbeitet für uns - 14 da hört alles auf - 15 Anstrengungen - 16 Wohlgeboren -17 Rindvieh!
127
Marx an Engels in Manchester
[London] 14. Febr. 1858
Lieber Engels, Du hattest mir versprochen, den „Guardian" zu schicken. Ich hatte ihn daher für heut erwartet, da Frankreich jetzt der einzige Stoff der Korrespondenz und einige Klatschanekdoten den Kerls lieber sind als any amount of ideas1. Ich denke, morgen werden die versprochnen Nummern ankommen, ersuche Dich aber dringend, künftig mir die Sachen immer für Donnerstag oder spätestens Freiteig zuzuschicken. Nach dem Korrespondenztag nützen sie mir, of course2, nicht mehr für die Korrespondenz. Ich werde nun 3 Tage auf Nadeln sitzen, bis ich weiß, ob mein Wechsel, der erst einige Wochen after its drawing3 von hier abgeschickt worden zu sein scheint, honoriert ist oder nicht. Im besten Fall werde ich nicht auf die „Tribüne" wieder ziehn können für die ihr gelieferten Artikel, bis die Sache mit Appleton gesettled4 ist. Ich hatte mich total verrechnet in der Schätzung der dem letztern zugesandten Ware. Wegen eines längern Artikels über „Bolivar"s macht Dana außerdem Bedenken, weil er in a partisanstyle6 geschrieben sei, und verlangt meine Authorities7. Letztre kann ich ihm natürlich geben, obgleich dies sonderbare Forderung. Was den partisanstyle angeht, so bin ich allerdings etwas aus dem cyclopädischen Ton gefallen. Den feigsten, gemeinsten, elendesten Lump als Napoleon I. verschrien zu sehn, war etwas zu toll. Bolivar ist der wahre Soulouque'2591. I congratulate you upon your equestrial Performances.8 Nur mach nicht zu halsbrechende Sprünge, da bald wichtigere Gelegenheit den Hals zu riskieren kommt. Du scheinst to ride somewhat hard this hobby-horse9.Jedenfalls glaube ich nicht, daß die Cavalry die Spezialität ist, worin Du am nötigsten für Deutschland bist. Ich erlaube mir ebenfalls ein leises Bedenken, ob over-exertion in any line10 Deiner Gesundheit zukömmlich ist.
1 noch so viele Ideen - 2 natürlich - 3 nach seiner Ziehung - 4 erledigt - 6 „Bolivar y Ponte" - 6 einem tendenziösen Stil - 7 Quellen - 8 Ich gratuliere Dir zu Deinen Reitkünsten. 9 dies Steckenpferd etwas arg zu reiten -10 Überanstrengung in jeder Beziehung
Mir wenigstens ist von ärztlicher Seite versichert, daß aurea mediocritas11 in allen Arten von Anstrengungen für Dich einige Zeit Norm bleiben muß. Die Bonapartegeschichte12501 hat auch der beabsichtigten preußischen Amnestie'2815 ein Ende mit Schrecken gemacht. Übrigens kopiert Louis nur seinen angeblichen Onkel.'2601 Er ist in fact nicht nur Napoleon le Petit'2611 im Sinne von Victor Hugo als Gegensatz zu Napoleon le Grand12, sondern er personates in a most admirable way die littleness13 des großen Napoleon. Ich habe in Cobbett nachgesehn, Jahrgang 1802-03, und finde, daß der „den of assassins" and all that literally14 in dem damaligen „Moniteur" steht.'2621 U.a. findet sich im „Moniteur" vom9.August 1802 wörtlich folgendes: „Either the English government authorises and tolerates these public and private crimes, in which case it cannot be said that such conduct is consistent with British generosity, civilisation, and honour; or it cannot prevent them, in which case it does not deserve the name of government; above all, if it does not possess the means of repressing assassination and calumny and protecting social order,"ls Salut. Dein K.M.
Solltest Du die rückständigen Nummern des „Guardian" noch nicht abgeschickt haben, so mache, daß ich sie bis Montag habe und die folgenden bis Freitag.
11 die goldene Milte -12 Napoleon dem Großen -ls verkörpert in der bewundernswertesten Weise die Kleinheit -14 die „Höhle der Meuchelmörder" und all das wörtlich -15 „Entweder billigt und duldet die englische Regierung diese Staats- und Privatverbrechen, wobei man dann nicht sagen kann, solch ein Verhalten sei mit der britischen Hochherzigkeit, Zivilisation und Ehre vereinbar, oder die Regierung kann sie nicht verhindern, dann verdient sie nicht den Namen einer Regierung, vor allem wenn sie nicht die Mittel besitzt, Mord und Verleumdung zu unterdrücken und die soziale Ordnung zu schützen."
128
Engels an Marx in London
[Manchester] 18. Febr. 58
Lieber Mohr, Jeden Tag diese Woche hab* ich Dir schreiben wollen und nicht dazu kommen können vor fortwährendem Aufschlag der Preise. Erinnere Dich, was ich Dir sagte1, 6 d. für Middling Orleans2 der höchste Preis kompatibel3 mit füll time4. Jetzt sind 7/s aller Spinner mit 53/4 d. per Middling Orleans auf füll time gegangen, und die Folge dieser Dummheit ist, daß sie aus reiner Ungeduld Middling Orleans in 6 Wochen auf 73/4 d. getrieben haben! Natürlich ist Garn und Gewebe nicht in demselben Maß gefolgt; der margin5 des Fabrikanten zwischen den Preisen vom Rohprodukt und seiner fertigen Ware ist unter den Kostpreis reduziert, und jetzt wollen die Esel, was sie nie anders hätten tun sollen, wieder auf short time6 gehn! „Guardians" gehn gleichzeitig heute ab. Dein Wechsel ist hoffentlich honoriert. Da Du ihn ohnehin so lange vorher avisiert hattest, so hätten sie Dir ja längst schreiben müssen, wäre irgendeine Absicht des Retournierens da. Inliegend wieder ein kleiner Dreck für Dana.7 Wenn der Kerl anfängt, für seine 2 lumpigen Dollars klugscheißen zu wollen, so verdient er Grobheiten. Jedenfalls kann er nicht mehr erwarten, als wir ihm liefern - in sehr vielen Fällen selbständige Arbeiten statt der lausigfen Kompilationen, die er sonst erhält. Tritt ihn, daß er besser zahle, und que puis nous verrions8. Mit Badajoz12491 hat mich der elende „Brockhaus" wirklich irregeführt. „Burmah"9 ist a very laborious article10. Kannst Du nicht „Bülow" 12541 und „Beresford" übernehmen? Ich habe hier das Gerippe zu den Biographien nicht und kann Dir die militärischen Hauptmomente geben. Über die Reiterei schreib* ich Dir ein andermal. Die Sache ist au fond11 die materielle Basis meiner ganzen Kriegsstudien, was willst Du? Lause
1 Siehe vorl. Band, S. 221 - 2 mittlere Orleans (Baumwollsorte) - 3 vereinbar - 4 Vollarbeit - 5 Uberschuß - 6 Kurzarbeit - 7 „Katapult" und „Lager" - 8 daß wir dann sehen würden - 9 „Birma" - 10 ein sehr mühseliger Artikel - 11 im Grunde
Bonaparte kommt den Crapauds184' als ein Held vor, weil er passabel, aber hübsch reitet, und dabei gibt es hier Zeugen genug, die wissen, daß er a very indifferent fencer12 ist und vor manchem Hindernis ausgebogen ist, über das your humble servant13, ohne sich zu besinnen, wegreitet. Es ist das Reiten außerdem die einzige körperliche Fertigkeit, in der ich es wenigstens bis zur Mittelmäßigkeit gebracht habe, und dabei beim Jagen und Setzen gerade so ein geringer Beisatz von Gefahr (Probabilität 1:10 000), daß der Reiz unwiderstehlich ist. Übrigens sois tranquille14, mein Hals wird anders gebrochen als beim Stürzen mit Gäulen. Viele Grüße an die ganze family. Dein P.E.
12 ein sehr mittelmäßiger Springer -13 meine Wenigkeit - 14 sei unbesorgt
129
Marx an Engels in Manchester
[London! 22. Febr. 1858
Lieber Engels, Einliegend ein Brief von Lassalle, interesting1 wegen der auf Rudolf Schramm bezüglichen Stelle. Was der Kerl von meiner „Logik" schreibt, kömmt einfach darauf hinaus, daß er mich nicht verstehen will. Ich hatte ihm nämlich simplement2 angezeigt, daß ich ihm nicht geschrieben, weil matters had come to a point3, wo mündliche Erklärung nötig geworden war zur Fortführung des schriftlichen intercourse4. In fact hatte ich diesen schlüpfrigen passage done in a very diplomatical style5. Ich habe ihm natürlich geantwortet, sich bei den Berliner Buchhändlern umzusehn. Mein Zweck ist, die Sache in Heften herauszugeben'2631, da ich weder Zeit noch Mittel, sie ruhig ganz auszuarbeiten. Die erste Form mag der Form schaden. Zur Verbreitung jedenfalls besser. Macht es auch leichter, Buchhändler zu finden. Was die Lauseyankees betrifft, so hätte ich natürlich mit dem größten Vergnügen Herrn Dana und Appleton geschrieben, sie sollten mich beide gefälligst . Aber der State of affairs is simply this6: Ich hatte 20£ übergezogen auf Appleton. Nach meiner Berechnung hatte ich höchstens für 5 £ übergezogen. Ich konnte aber nicht anders, da ein Teil Rechnungen, fällig Ende Dezember, gezahlt werden mußten. Well.7 Herr Dana hat jetzt 20 £ - die ich exactly to-morrow8 auf die „Tribüne" zu ziehen hatte - einstweilen auf das ä compte9 der „Tribüne" geschrieben und mir so überhaupt alle Ressourcen abgeschnitten, bis das dem Appleton geschickte Manuskript die Scheiße deckt. Bis dahin bin ich also in a deadlock10. Sobald dieser Appleton in Ware gezahlt ist und ich daher wieder die Schleuse auf die „Tribüne" öffnen kann, bin ich dafür, den ganzen Appleton fallenzulassen - besonders sollte die Wiener „Presse" auf meinen
1 interessant - 2 schlechtweg - 3 die Dinge bis zu einem Punkt gekommen waren-4 Verkehrs6 Punkt in einem sehr diplomatischen Stil abgefaßt - 6 Stand der Dinge ist einfach so 7 Schön. - 8 genau morgen - 9 die laufende Rechnung -10 einer Klemme
Vorschlag eines wöchentlichen Artikels über Finanzen eingehn.'2061 Jedenfalls bin ich der Ansicht, that even the menace to stop supply would bring round Dana and Appleton, and induce them to offer a better payment11. Aber dies Manöver kann erst gemacht werden, sobald der jetzige deadlock aufgehoben. Wenn die Schweinhunde den „Bolivar"12 genommen haben, so sind nach meiner Rechnung noch zu schicken ungefähr 30-32 Spalten. Bis dahin bin ich wörtlich in der Luft schwebend. Außerdem wissen die Hunde, daß sie mich jetzt in ihrer Macht haben. Alles, worauf also jetzt hinzuarbeiten, möglichst wenig - soweit es ohne fad zu werden geschehe zu kondensieren. Was „Bülow"'2541 und „Beresford" angeht, so kann ich das Biographische schreiben, aber schreibe Du das Militärische ganz, englisch, damit diese Artikel nicht von den andern abstechen. Außerdem nützen mir hier bloße Andeutungen nichts, da ich doch Studien - jetzt unmöglich - machen müßte, um sie auszuführen. Sobald Du mit B fertig, setze Dich an „Cavalry"13, da dies abarbeitet. Such, my boy, is the Situation.14 Zum Glück passiert jetzt viel Aufheiterndes in der Außenwelt. Sonst, privatim, I think15, führe ich the most troubled life that can be imagined. Never mind!16 Es gibt keine größre Eselei für Leute von allgemeinen Strebungen, als überhaupt zu heiraten und sich so zu verraten an die petites miseres de la vie domestique und privee17. Was wird jetzt der brave „Guardian" sagen? Die Revenge18 von Milner Gibson und Bright, indeed19, klassisch.'2641 Unter uns gesagt, glaube ich, daß Pam had20 seine „Grind", sein eignes Ministerium aufzubrechen, und daß alle die scheinbaren blunders21, die zu diesem result22 führten, seinerseits berechnet waren. Aus einem kürzlich im „Moniteur" erschienenen paper23 geht hervor, daß die stored up commodities in den French Customs entrepots24 enorm sind, if compared with25 1856 und 55, und der Korrespondent des „Economist" sagt direkt, daß Bonap[arte] die Bank veranlaßt to make advances26 auf dieselben, und so ihre holders enabled to return them27. Wie
11 daß nur die Drohung, die Lieferung zu unterbrechen, Dana und Appleton herumkriegen und veranlassen würde, eine bessere Bezahlung zu bieten -12 „Bolivar y Ponte" -13 „Kavallerie" -11 So, mein Junge, ist die Lage. -15 denke ich -16 das sorgenreichste Leben, das man sich denken kann. Macht nichts! -17 kleinlichen Nöte des häuslichen und privaten Lebens 18 Rache -19 wirklich - 20 hatte - 21 Schnitzer - 22 Resultat - 23 Dokument - 24 aufgespeicherten Waren in den französischen Zollspeichern - 25 wenn sie verglichen werden mit - 26 Vorschüsse zu geben - 27 Besitzer in den Stand setzte, sie zurückzugeben
es näher dem Frühling kommt, müssen sie aber be thrown on the market, and then, there is no doubt, there will be a crash in France, answered by crashes in Belgium, Holland, Rhenish Prussia etc.28 In Italien ist der ökonomische Zustand wahrhaft scheußlich. Neben der industrial crisis agricultural distress29. (Letztre nach den conclusions eines agricultural congress in France30, da auch sehr arg. Der letztre erklärte, they could not go on with 17 fcs. the hectolitre of wheat31.)[2S5J Take all in all32, so hat die Krisis wie ein braver alter Maulwurf gewühlt. Salut. Dein . K.M.
2S auf den Markt geworfen werden, und dann, daran ist nicht zu zweifeln, wird es in Frankreich einen Krach geben, auf den Krachs in Belgien, Holland, Rheinpreußen usw. folgen werden - 29 industriellen Krise eine Notlage in der Landwirtschaft - 30 Schlußfolgerungen eines Landwirtschaftskongresses in Frankreich - 31 sie könnten mit 17 fcs. pro Hektoliter Weizen nicht auskommen - 32 Nimm alles in allem
130
Engels an Marx in London
[Manchester] 24. Febr. 1858
Lieber Mohr, Inliegend ein Fünfpfünder1, den ich leider gestern nicht mehr loseisen konnte, sonst hättest Du ihn 24 Stunden früher erhalten, und der Artikel „Brescia". Jetzt ist für B nur noch zu liefern „Burmah"2 (halbfertig - die Nachrichten über den letzten Krieg sind langwierig aufzutreiben) und „Bomarsund", dann die 2 Biographien. Was diese betrifft, so kann ich über „Beresford" das Nötige bald auftreiben, aber wegen „Bülow" bin ich in Verlegenheit, da ich absolut kein gutes Buch über die Befreiungskriege aufzutreiben weiß. Seine Resolution bei Großbeeren ist anzuerkennen (er schlug die Franzosen gegen Bernadottes Willen), und der Sieg von Dennewitz ist sehr merkwürdig, 40 000 Preußen schlugen 70 000 Franzosen. Ich werde mich indes nochmals umsehen. Sowie die B-scheiße fertig, geht's an „Cavalry"3. Ich bin nicht der Meinung, den Appleton eventuell dranzugehen, es sei denn, daß wir nach dem Kontinent müßten. Der enzyklopädische Kursus ist mir sehr nützlich, und am Ende geht das Ding so langsam, daß es, wenn die Geldverhältnisse weniger drängten, ganz kommod betrieben werden könnte. Jedenfalls aber Stellung der Kabinettsfrage, sobald die Umstände es erlauben; ich glaube auch, daß es sofort helfen wird. Der große Lassalle kann unter diesen Umständen sehr nützlich werden. Ich hoffe, er bringt wegen der Ökonomie das Nötige zustande, und auch mit der Wiener „Presse". Das letztere muß er sehr verbummelt haben, da Du ihm ja doch schon früher wegen des Finanzartikels geschrieben. Seinen Brief behalte ich noch hier, um ihn Lupus zu zeigen, da Du ihn ja doch schon beantwortet hast. Die historische Ironie, die Gibson und Bright Herrn Pam seinen Abschied anzeigen läßt, ist sehr schön. Was der „Guardian" dazu sagt, sollst Du gleichzeitig sehn, da ich Dir heute 3 Stück schicke. Übrigens scheint
1 Im Original gestrichen: R/J 56641, Manchester, 16. Jan. 1857 - 2 „Birma" - 3 „Kavallerie"
Pam sich die Rückkehr ganz abschneiden zu wollen - diese Verfolgüng des lausigen kleinen Buchdruckers4 in London, die Hetzjagd in den Keller in Birmingham (siehe „Sun" von vorgestern, a capital hoax5) und andre tägliche Exempel von Unterwürfigkeit gegen Bonap[arte] müssen denn doch den John Bull endlich wild machen. In Italien kann es so sehr schlimm doch nicht aussehn. Zwar wird über langsames Eingehn der Ausstände geklagt, aber im ganzen ist das nicht schlimmer als hier im home trade6. Wir haben nicht viel mehr verfallene Posten, als sonst in Italien unbezahlt hängen. Auch bestellen die Kerle wieder ziemlich flott. Unser Artikel ist zwar kein entscheidendes Kriterium, aber er gibt doch immer einige Anzeigen. Schlecht ist das Geschäft dort natürlich noch immer, aber nicht so übermäßig. Das kann indes alles noch kommen. Die Angst der Bonapartisten muß jetzt gewaltig sein. Bei Foulds Maskenball 75 sergents de ville7 als Dominos verkleidet on the premises8! Sieh „Guardian". Grüß Deine ganze family bestens. Dein F.E.
4 Edward Truelove-5 ein Kapitalstreich-6 Binnenhandel-7 Schutzmänner-8 im Hause
131
Engels an Marx in London
Manchester, I.März 1858
Lieber Marx, Am 24. Februar, Mittwoch, schickte ich Dir einen rekommandierten Brief, enthaltend R/J 56641, Manchester, 16.Jan. 1857; eine Fünfpfundnote. Ich hoffe, daß Du sie bekommen hast, wo nicht, stop payment1 bei der Bank immediately2. Heut abend schicke ich auch diverse „Guardians", vorigen Mittwoch ging gleichzeitig ein Packen davon mit dem Brief ab. Im heutigen wirst Du einiges Interessante über Orsini finden. Die Gemeinheit, mit der Pam bei seinem Exit hier allerlei politische Verfolgung eintreten ließ - den Bernard, Allsop und jetzt den armen Teufel von publisher3, ist wirklich heiter; aber John Bull wird auch dadurch nicht irre an seinem truly British minister11351, kaum daß hier und da ein wenig geknurrt wird über die 2 cives Romani in Neapel[2C61. Verily4, dieser Kerl ist mit großem Gestank abgezogen. Aus dem heutigen „Guardian" siehst Du auch, daß in Preston pp. short time5 noch an der Tagesordnung. Wird bald wieder allgemein sein. Die Manufacturers6 verlieren bei jetzigen Preisen an den meisten Sachen, die Spinner können noch eben bestehn, in wenigen Artikeln gut bestehn. .Sobald die Steigerung die Nachfrage checkt7 (bis jetzt hat die Furcht vor noch höheren Preisen sie momentan beschleunigt), so hört das auch auf und die Sauce beginnt von vorn. Dein F.E.
1 sperre die Auszahlung - 2 unverzüglich - 3 Verleger (Edward Truelove) - 4 Wahr-* haltig - 5 Kurzarbeit - 6 Fabrikanten - 7 hemmt
132
Marx an Engels in Manchester
[London] 2. März 1858
Lieber Frederick, Ich hatte Dir umgehend in ein paar Zeilen den Empfang der £ 5 angezeigt. Der Wisch enthielt sonst nichts, außer einigen politischen Randglossen, altogether not 20 lines1. Aber trotzdem finde ich es höchst verdrießlich, daß das hiesige Postamt sich positiv um meine Korrespondenz zu kümmern scheint. Vor einiger Zeit verschwand ein Brief, den ich dem ehrenwertesten Collet geschrieben, und Reklamation nützte auch nichts. I shall now watch the progress of post office interference.2 Kömmt noch ein 3ter case3 vor so werde ich mit Namensunterschrift die Geschichte in den Londoner Zeitungen denunzieren. Was ich über politics schreibe, können die canailles soviel lesen wie sie wollen. Meine private affairs4 sind aber nicht derart, daß irgendein deutscher spy5 bei dem post office6 - 50 solcher Schweinhunde von verschiednen Nationen sollen regulär beschäftigt sein als Interpreten7 bei dem Londoner schwarzen Kabinett12671; at least, the Urquhartites say so8 - seine Nase hineinzustecken braucht. Was ich Dir kürzlich über den State des trade in Italy9, speziell den mailändischen, schrieb, hatte ich entnommen aus den Turiner Zeitungen, die bedeutende Korrespondenz in der Gegend haben. Es liegt nun zwar im Turiner Interesse, den Zustand des östreichischen Italy möglichst schwarz zu malen. Indes gingen die Mailänder Briefe auf Details ein, die völlig den Stempel der Wahrheit zu tragen schienen. - Was den State des French trade10 angeht, sieh darüber den „Times" Paris correspondent von heute. Der Bursche sucht die Sache zwar jetzt dem Orsini und den French colonels11 ins Gewissen zu schieben, mais c'est ridicule12.
1 insgesamt keine 20 Zeilen - 2 Ich werde nun den Fortgang der Einmischung des Postamtes beobachten. - 3 Fall - 4 Privatangelegenheiten - 6 Spitzel -6 Postamt -7 Übersetzer 8 wenigstens sagen das die Urquhartisten -9 Stand des Handels in Italien -10 Stand des französischen Handels - 11 französischen Obersten -12 aber das ist lächerlich
Einlege ich Dir ein miserables Sauzeug von Pyat, Talandier et Co.'2681 Die Burschen konnten nicht schlafen über den Ruhm Ledru-Rollins und Mazzinis und Bernards, während die französische Regierung sie ganz vergessen zu haben schien. Sie glauben, daß eine Revolution bevorsteht, und es war, indeed13, betrübend für die großen Männer, nach all ihrem „Wirken" in London - Talandier hat sich die Stimme so heiser geschrien wie quondam14 Bornstedt -, daß die Aufmerksamkeit des revolutionären Europas durch andre incidents15 von ihnen abgelenkt werden sollte. Daher, just in the nick of time, they issued16 den eingeschloßnen Wischiwaschi. Kein Stil, keine Idee, nicht einmal Französisch, durch und durch die Porte St. Martin Loretten petite bouche17 des ehemaligen Mitarbeiters des „Charivari" und Compositors18 von kleinen Toasts12691. Damit der Zweck, dieser Publikation nicht verfehlt würde, sandten sie das Lausedingchen an alle papers19. Der Persigny-Palmerston Jenkins of the20 „Morning Post" war sofort caught in dem trap21. In einem eignen leader22 denunzierte er die Kerls und ihr opusculum to the honourable23 Mr. Walpole und, zu größrer Vorsorge, he did the whole pamphlet into bad English24. Nicht nur das. Derby, in seinem Inauguralspeech25, zeigt dem House of Lords an, daß die Crownadvokaten26 beauftragt sind zu untersuchen, ob dagegen juristisch prozediert werden kann. So haben die Citizens27 Talandier, Pyat und Besson mit ihrem schwachköpfigen Produkt ganz ihre renommistische Absicht erreicht to a degree28, wie sie kaum hoffen konnten. Was den Bernard angeht, so wird er wohl noch einige Zeit brummen müssen. Die Frechheit, impudence29, womit sich Pam an die Spitze der liberalen Opposition gesetzt und sich selbst zum honourable gentleman opposite1270 ernannt hat, is truly wonderful30, aber dem von ihm selbst fabrizierten House of Commons kann er natürlich alles bieten. Apropos. Kannst Du mir sagen, in wieviel Zeit, in Eurer Fabrik z.B., Ihr die Maschinerie erneuert? Babbage behauptet, im Durchschnitt werde in Manchester the bulk of machinery renovated every 5 years31.12711 Dies scheint mir etwas startling32 und nicht quite trustworthy33. Die Durchschnittszeit, worin die Maschinerie erneuert wird, ist ein wichtiges Moment
13 in der Tat - 14 weiland - 15 Vorfälle - 16 veröffentlichten sie gerade zur rechten Zeit 17 Lorettenmanier -18 Verfassers -10 Zeitungen - 20 der - 21 auf den Leim gegangen -22 Leitartikel - 23 Machwerk dem ehrenwerten - 24 übersetzte er das ganze Pamphlet in ein schlechtes Englisch - 25 seiner Antrittsrede - 20 Kronanwälte - 27 Bürger - 28 bis zu einem Grade 28 Unverschämtheit - 30 ist wahrhaft wundervoll - 31 die Hauptmasse der Maschinerie alle 5 Jahre erneuert - 32 erstaunlich - 33 ganz glaubwürdig
in der Erklärung des mehrjährigen Zyklus, den die industrielle Bewegung durchläuft, seit die große Industrie sich konsolidiert hat. Was macht lupus? Grüß ihn von mir. Dein K.M.
Heut wieder batch of34 „Guardians" angekommen. Auch vorige Woche erhalten „Bidassoa".
34 ein Stoß
133
Engels an Marx in London
Manchester, 4. März 1858
Lieber Mohr, Also richtig wieder von der Aufmerksamkeit des schwarzen Kabinett'2671 beehrt. Ich hatte es wohl erwartet, aber daß Briefe positiv unterschlagen werden, ist doch stark. Ich glaube, Du tust besser, eine andre Hand adressieren zu lassen, dann werden sie wohl nur die Briefe an Dich öffnen. Da ich die Anzeige von Dir erwartete, war ich particular1, unsren Ausläufer jeden Tag expreß zu fragen, ob keine Briefe für mich da seien - stets verneint. Und dabei schreibt der Esel Felix Pyat in die Welt, qu'il n'y a pas de police politique proprement dite, en Angleterre2. Solch ein Saumachwerk12681, Sprache und alles ist mir selten vorgekommen. Immer noch der alte Glauben an die Konstitution von 1848; man glaubt unsre Reichsverfassungsesel vor sich zu haben. Und welche horrible Sprache! Apres tout3, die Affen haben ihren Zweck erreicht und werden sich vielleicht einen wohlfeilen Märtyrerruhm erwerben. Cette bete de4 Derby, sich sogleich fangen zu lassen und dem Pack seinen Willen zu tun. Über die Maschineriefrage ist es schwer, etwas Positives zu sagen, jedenfalls ist Babbage12711 sehr wrong5. Das sicherste Kriterium ist die percentage6, die jeder Fabrikant jährlich auf seine Maschinerie für Verschleiß und Reparatur abschreibt, also in einer bestimmten Zeit seine Maschinen ganz herausverdient hat. Diese percentage ist gewöhnlich 71/2%, wonach die Maschinerie in 13-73 Jahren durch das vom Nutzen jährlich Abgeschriebne gedeckt wird, also ohne Schaden ganz erneuert werden kann. Z.B., ich habe für £ 10000 Maschinerie. Nach Ablauf eines Jahres,
wo ich Bilanz mache, schreihe ich ab von £ 10000.77,% Verschleiß „ 750£ 9250
1 bedacht - 2 daß es in England keine politische Polizei im eigentlichen Sinne gibt 3 Indessen - 4 Dieses Rindvieh - 5 im Irrtum - 6 der Prozentsatz
gebe aus für Reparaturen £ 100.kostet mich die Maschinerie £ 9350.Am Ende des 2. Jahrs schreibe ich ab 71/a% [von] £ 10000-, 71/2% [von] £ 100.- „ 757.10 £ 8593.10 zahle für Reparaturen „ 306.10 kostet jetzt die gesamte Maschinerie £ 8900.
usw. Nun ist 13Va Jahr allerdings eine lange Zeit, in der viel Bankerotte und Veränderungen vorkommen, man wirft sich auf andre Branchen und verkauft alte Maschinerie, führt neue Verbesserungen ein, aber wenn diese Rechnung nicht im ganzen richtig wäre, so würde die Praxis sie längst geändert haben. Die alte verkaufte Maschinerie wird auch nicht gleich altes Eisen, sie findet an kleinen Spinnern pp. Abnehmer, die sie noch verwenden. Wir haben Maschinerie laufen, die gewiß 20 Jahre alt ist; und wenn man hier manchmal einen Blick in alte rapplige Concerns tun kann, so sieht man altfränkisches Zeug, das mindestens 30 Jahre alt ist. Da bei den meisten Maschinen nur wenige Teile so verschleißen, daß sie nach 5-6 Jahren erneuert werden müssen, und selbst nach 15 Jahren, wenn im Hauptprinzip der Maschine keine Verdrängung durch neue Erfindungen stattgefunden hat, das Verschlissene ziemlich leicht erneuert werden kann (ich spreche hier speziell von Spinn- und Vorspinnmaschinen), so ist der Lebensfähigkeit solcher Maschinen schwer eine positive Grenze zu setzen. Nun sind die Verbesserungen der letzten 20 Jahre in Spinnmaschinen nicht der Art gewesen, daß sie nicht fast alle dem bestehenden Rahmen der Maschinen eingereiht werden könnten, sie bestehn meist in einzelnen Kleinigkeiten. (Beim Kardieren freilich war die Vergrößerung des Kardierzylinders eine Hauptverbesserung, die für gute Qualitäten die alte Maschinerie verdrängte, aber für ordinäre Sorten ist die alte Maschinerie noch lange gut genug.) Die Versicherung von Babbage ist so absurd, daß, wenn sie wahr wäre, das industrielle Kapital in England fortwährend abnehmen und Geld rein weggeworfen werden müßte. Ein Fabrikant, der in 4 Jahren sein Gesamtkapital 5mal umschlägt, also in 5 Jahren 61/4mal, müßte also außer dem Durchschnittsprofit von 10% jährlich noch 20% auf ca. 3/4 seines Kapitals (die Maschinerie) verdienen, um seinen Abgang an alter Maschinerie schadlos ersetzen zu können - also 25% machen. Dadurch würde ja der Kostpreis aller Artikel enorm erhöht, fast mehr als durch den Arbeitslohn, und wo
wäre dann der Vorteil der Maschinerie? Die jährlich bezahlten wages7 machen vielleicht 1/3 des Preises der Maschinerie aus - bei einfachen Spinnereien und Webereien gewiß weniger, und der Verschleiß soll 1/5 ausmachen - es ist lächerlich. Es gibt gewiß nicht ein einziges Etablissement in England in der regelmäßigen line8 der großen Industrie, das in 5 Jahren seine Maschinerie erneuert. Wer so dumm wäre, müßte beim ersten change9 kaputtgehn; die alte Maschinerie, selbst wenn viel schlechter, erhielte ja den Vorteil über die neue und könnte viel wohlfeiler produzieren, da der Markt sich nicht nach denen richtet, die 15% für Verschleiß auf jedes Pfund Twist schlagen, sondern nach denen, die nur 6% (4/5) ca. des Jahresverschleißes von 71/2%) drauf schlagen, also wohlfeiler verkaufen. Zehn bis zwölf Jahre reichen hin, dem bulk10 der Maschinerie einen andern Charakter zu geben, ihn also mehr oder weniger zu erneuern. Die Periode von 131/3 Jahren wird natürlich durch Bankerotte, Zusammenbrechen wesentlicher Stücke, die eine Reparatur zu kostspielig machen, usw., und dergleichen Zufälligkeiten so affiziert, daß man sie etwas kürzer nehmen kann. Aber unter 10 Jahre gewiß nicht. Ich hatte „Burmah"11 fertig, als ich aus einer andern Quelle diverse nötige additions12 machen mußte. Damit noch nicht fertig, muß der Dreck bis Dienstag bleiben. Er wird beinahe 3 Seiten füllen. Für „Bomarsund" ist noch Detail nachzusehn. Dazu muß ich die Momente abpassen, die Bibliothekstunden fallen mit dqn Geschäftsstunden so zusammen, daß ich nicht immer hin kann. Sobald ich über diese Lausereien nebst „Bülow" und ,,Beresf[ord]", die an denselben Haken laborieren, weg bin, hab' ich wieder a fair galloping country13 vor mir und kann mit „Cavalry"14 etc. rasch ins Geschirr gehn. Viele Grüße an Frau und Kinder. Dein F.E.
7 Arbeitslöhne - 8 Linie - 9 Wechsel - 10 der Hauptmasse - 11 „Birma" -12 Ergänzungen 13 ein offenes Galoppiergelände - 14 „Kavallerie"
134
Marx an Engels in Manchester
[London] 5 March 1858
Dear Frederic, Über Einliegendes1272', das sich offenbar verspätet hat, bist Du so gut, mit Lupus abzumachen, welche Antwort Euch passend dünkt. Schick die Sache nicht zurück (heb sie aber auf), da diese Dinge bei Dir jetzt sichrer als bei mir. London ist jetzt Zentralpunkt von Mouchards aller Nationen. Es vergeht indes jetzt kaum ein Tag, wo die Hunde nicht plus ou moins1 gelyncht werden. My best thanks for your eclaircissements2 über Maschinerie. Die Zahl von 13 Jahren entspricht, soweit es nötig ist, der Theorie, da sie eine Einheit für one epoch of industrial reproduction3 setzt, die plus ou moins koinzidiert4 mit der Periode, worin sich die großen Krisen wiederholen, deren Verlauf natürlich noch durch ganz andre Momente, ihrer Reproduktionszeit nach, bestimmt wird. Das Wichtige ist mir, in den unmittelbaren materiellen Voraussetzungen der großen Industrie ein Moment der Bestimmung für die Zyklen zu finden. Bei der Reproduktion der Maschinerie im Unterschied zum capital circulant5 fallen einem unwillkürlich die Moleschotts ein, die auch auf die Reproduktionszeit des Knochenskeletts zu wenig Rücksicht nehmen, rather6, mit den Ökonomen, sich mit dem Durchschnitt der Gesamtumschlagszeit des menschlichen Körpers begnügen. Eine andre Frage, worüber ich auch nur eine Illustration, ungefähre, brauche, ist, wie sich z.B. in Eurer Fabrik oder Fabrikgeschäft rather, das floating capital7 teilt in Rohmaterial, wages8, und welchen Teil ihr beim banker9 im Durchschnitt stehn habt? Ferner, wie berechnet ihr den Umschlag in Euren Büchern? Die theoretischen Gesetze hier sind sehr einfach und self-evident10. Aber es ist doch gut, eine Ahnung davon zu haben, wie die Sache praktisch aussieht. Die Rechnungsweise der Kaufleute beruht
1 mehr oder weniger - 2 Meinen besten Dank für Deine Aufklärungen - 3 eine Periode der industriellen Reproduktion - 4 zusammenfällt - 5 zirkulierenden Kapital - 6 vielmehr ~ 7 zirkulierende Kapital - 8 Arbeitslöhne - 0 Bankier -10 selbstverständlich
natürlich auf noch größern Illusionen, partly11, als die der Ökonomen; berichtigt aber andrerseits durch praktische Illusionen deren theoretische. Du sprichst von 10 p.c. Profit. I suppose that you do not take into the account the interest12, und dies wohl neben dem' Profit figuriert. In the „first Report of the Factory commissioners"13 finde ich als Durchschnittsillustration folgendes Statement14: Capital sunk in building and machinery15 £ 10000 Floating capital16 £ 7000 £ 500 interest on 10000 fixed capital17 £ 350 dto. on floating capital18 £ 150 Rents, taxes, rates19 £ 650 Sinking fund of 61/2 p.c. for wear and tear of the fixed capital20 £ 1650 1100 contmgencies (?), carriage, coal, oil21 £ 2750 £ 2600 wages and salaries22 £~~5350 £ 10000 for about 400000 lbs. Raw cotton at 6 d.23 £15350 16000 für 363 000 lbs. twist spun. Value24 16000. Profit 650, or about 4,2 p.c.25. Die wages der operatives2" hier also about 1/6. Hier ist der Gesamtprofit allerdings nur about 10 p.c., Zins eingerechnet, Herr Senior aber, der doch im Interesse der Fabrikanten schrieb, gibt 15 p.c. als Durchschnittsprofit (Zins eingerechnet) in Manchester an.12731 Was sehr zu bedauern ist, daß in dem obigen Statement die Zahl der Arbeiter nicht angegeben ist; auch nicht die Proportion zwischen dem, was als salaries figuriert, und den eigentlichen wages. Wie übrigens selbst die besten Ökonomen, such as ipsissimus Ricardo27, in reines kindisches Geschwätz verfallen, wenn sie auf die bürgerliche Denktretmühle geraten, fiel mir wieder recht auf bei folgender Stelle Ricardos,
11 in gewissem Grade -12 Ich nehme an, daß Du den Zins nicht mit in Rechnung stellst 13 dem „ersten Bericht der Fabrikkommissare" -14,folgende Aufstellung-16 In Gebäuden und Maschinen angelegtes Kapital - 16 Zirkulierendes Kapital -17 Zins auf 10000 fixes Kapital - 18 auf zirkulierendes Kapital - 19 Renten, Steuern, Abgaben - 20 Amortisationsfonds von d für Verschleiß des fixen Kapitals - 21 Nebenausgaben (?), Fracht, Kohle, Ol 22 Arbeitslöhne und Gehälter - 23 für ungefähr 400000 Pfund Rohbaumwolle zu 6 Pence 24 gesponnenes Maschinengarn. -Wert - 25 oder ungefähr 4,2 % - 26 Arbeitslöhne der Fabrikarbeiter - 27 sogar selbst Ricardo
die mir gestern zufällig in die Hand lief. Du erinnerst Dich, daß A.Smith, der noch sehr altfränkisch ist, behauptet, fremder Handel, verglichen mit heimischem, gebe nur one half of the encouragement to the productive labour of a country etc.28 Darauf antwortet Ricardo mit folgender Illustration: „Smiths Argument scheint mir falsch: denn obgleich 2 capitals, ein portugiesisches und ein englisches, angewandt werden, wie Smith voraussetzt, wird stets ein Kapital in dem fremden Handel employed29 werden doppelt von dem, was in dem heimischen angewandt werden würde. Unterstelle, daß Schottland ein Kapital von £ 1000 in der Produktion von Leinen verwendet, die es anwendet für ein gleiches Kapital, verwandt in der englischen Seidenfabrikation. 2000 £ und eine proportionelle Quantität Arbeit werden in den 2 Ländern verwandt. Entdeckt England, daß es mehr Leinen von Deutschland für die Seide, die es vorher nach Schottland exportierte, und entdeckt Schottland, daß es mehr Seide von Frankreich in Retour für sein Leinen erhalten kann als früher von England, so werden England und Schottland unmittelbar aufhören, miteinander zu handeln, und der heimische Konsumtionshandel wird für den fremden aufgegeben werden. Aber obgleich zwei additioneile Kapitalien in dessen Handel eingehn werden, das von Deutschland und das von Frankreich, wird nicht derselbe Betrag von Schottlands und Englands Kapital fortfahren, verwandt zu werden und dieselbe Quantität Industrie wie früher im heimischen Handel in Bewegung setzen?"12741 Die Voraussetzung, daß Deutschland unter den angegebnen Verhältnissen seine Seide in England, statt in Frankreich, und Frankreich sein Leinen m Schottland, statt in Deutschland kauft, ist of a fellow like30 Ricardo doch etwas starker Tubak. Freund Thomas Tooke, und mit ihm der letzte englische Ökonom of any value31, ist gestorben. Hast Du in dem einen „Guardian", den Du mir geschickt hast, nicht die Stelle übersehn, worin David Urquhart als Kindesmörder figuriert? Der fool32 hat nämlich seinen baby mit türkischem Bad traktiert und ihm dann glücklich im 13ten Monate zu einer Hirnkongestion und daher resultierendem death33 verholfen. Der Coroner's inquest34 über diesen case35 dauerte 3 Tage, und Urq[uhart] entschlüpfte nur haarbreit einem Verdikt of manslaughter. Quel tnomphe pour Pam!°6 Salut. Dein K.M.
"8 nur halb soviel Antrieb für die produktive Arbeit eines Landes etc. - 29 angewandt 30 von einem Kerl wie - von Bedeutung - 32 Narr - 33 Tod - °4 Die gerichtliche Untersuchung - 3o Fall - 30 Urteil wegen Totschlags. Welcher Triumph für Pam!
135
Engels an Marx in London
[Manchester] 1 I.März 58
Lieber Mohr, Hierbei, was ich über „Beresford" aus Napier habe zusammenstellen können. Uber seine Expedition nach Buenos Aires1275' im Anfang des Jahrhunderts habe ich nichts finden können, sie ist aber glorreich und wäre der Mühe wert nachzusehn. Er kapitulierte, rump and stump1, mit allen englischen Truppen. „Bülow" ist in hand2. Desgleichen „Cavalry"3. Über „Bomarsund" noch einige Spezialia nachzusehn. In Indien reift auch wieder ein Artikel, dem ich auflauern werde. Charras* „Campagne de 1815" ist in Brüssel nicht mehr zu haben, angeblich vergriffen, und es ist ungewiß, ob es wieder gedruckt wird. Also Bonaparte hat den Verleger gekauft. Kannst Du vielleicht in London ein Exemplar billig auftreiben (d.h. nicht übertrieben), so wär's mir lieb, wenn Du mich's wissen ließest, ich studiere diese Campagne grade jetzt. Ich habe Freund Dana in Verdacht, daß er unsre Artikel bedeutend verkürzt, sonst könntest Du Dich ja so arg nicht verrechnet haben. Sieh doch einmal bei Trübner gelegentlich die „Enzyklopädie]" nach. Neues gibt's sonst nicht, als daß hier schauerlicher Winter ist; das Wetter wechselt xmal des Tages. Gesundheit sehr gut. Auch Eisen wird gegessen. Grüße Frau und Kinder herzlich. Dein F.E.
Ein Pack „Guardians" geht heute ab. Die Korrespondenz fehlt jetzt häufig. Am heutigen wieder eine Statistik der Unemployed4.
1 mit Stumpf und Stiel - 2 in Arbeit - 3 „Kavallerie" - 4 Arbeitslosen
136
Marx an Engels in Manchester
[London] 15 March [1858]
Lieber Frederick, Erhalten „Burmah"1, „Beresford", „Manchester Guardian". Du hast mir nicht angezeigt, ob Du erhalten einen Brief von mir, worin einlag ein Brief von New York-2721 etc. Bei den jetzigen Verhältnissen der Post ist es wichtig, dies zu wissen. Drop, therefore, two lines.2 Nächstens ausführlichen Brief. Dein K.M.
1 „Birma" - 3 Schreib deshalb zwei Zeilen.
137
Engels an Marx in London
[Manchester, 16. März 1858]
Lieber Mohr, Der Brief mit dem New-Yorker Einschluß'2721 kam richtig hier an - als ich die vorige Woche den „Beresford" schickte, war ich in einer solchen Eile, daß ich ganz vergaß, Dir den Empfang anzuzeigen. Ich habe Lupus noch nicht deswegen sehn können, und mir geht in diesem Augenblick wieder so viel verfluchter Commerce durch den Kopf, daß ich meine paar Sinne kaum zusammenhalten kann, und dazu an den Appleton-Sachen arbeiten. Ich werde „Bomarsund" und womöglich „Bülow"'2541 fertigmachen für Freitag, d.h. „Bülow" womöglich morgen schikken, so daß Du Zeit behältst, das Biographische dazu zu machen; ich habe übrigens keine Quelle als Siborne und Jomini. „Bomarsund" muß ich aus den Zeitungen wieder zusammenlesen, meine Papiere enthalten nichts mehr darüber. Dann geht's mit Macht an „Cavalry"1. Leider kann ich mir über den 7jährigen Krieg nichts verschaffen, das ist die Glanzperiode der Kavallerie. Indes nous verrons2. Ich ärgere mich, daß ich nicht rascher durch die Sachen komme, die Nachlese aus B war aber wirklich eine sehr mühsame Arbeit, und ich darf positiv nicht lange in die Nacht hinein arbeiten, ohne auf mehrere Tage Schlaflosigkeit mir zuzuziehn. Zwei Abende hintereinander ist das Maximum, was ich aushalten kann, doch geht's jetzt schon besser als im Anfang. Im „Guardian]" stehn seit Samstag gar keine Pariser Korrespondenzen mehr. Dein F.E.
1 „Kavallerie" - 2 wir werden sehen
138
Engels an Marx in London
[Manchester] 17. März 1858
Lieber Mohr, Wenn dieser Brief und der gleichzeitig gesandte heutige „Guardian" ankommen, so gib Deiner Frau die Pariser Korrespondenz zu lesen. Es erregt einem doch ganz merkwürdige Empfindungen, wenn man einen Bonapartisten und Beamten erzählen hört, daß 100000 ouvriers1 im Faubourg St.Antoine auf Orsinis Hinrichtung'2501 mit Vive la Republique2 geantwortet haben. Die Deportationen und Verhaftungen a tort et ä travers3 haben also ebensowenig gefruchtet wie die cites ouvrieres4 und Nationalateliers en gros0, und zu einer Zeit, wo der große Tanz herannaht, ist es erfreulich, einen solchen Appell abhalten zu sehn und 100000 Mann antworten zu hören: Hier! Leid tut es mir nur, daß Orsini diesen Ruf nicht noch hat hören können. Ein hiesiger Philister, der vor kurzem in Paris war, brachte die Nachricht mit, daß seit Orsini wieder 2 Attentate auf Monsieur Boustrapa'441 gemacht worden sind. Das erste wurde auch in englischen Blättern erwähnt: der Kerl wurde im Bois de Boulogne abgefaßt im Augenblick, wo er die Pistole anschlug; das zweite war mir neu, im Tuileriengarten soll der Kerl auf ihn geschossen oder gestochen haben und sofort von den Gardesoldaten in der vom Juni 1848 her bekannten Galerie unter der terrasse du bord de l'eau12761 erschossen worden sein. Damit sich alle verschlissenen patriotischen Nobihtäten blamieren, muß der alte verrückte Landor heute seinen Brief in die „Times" [277] schicken. Es fehlt jetzt nur noch, daß Venedey gegen Orsini protestiert. Boustrapa ist aber in der Tat in einer schönen Lage, und es ist jammerschade, daß der „Constitutionnel" nicht mehr in der Position ist, sagen zu dürfen, daß l'honzon politique s'obscurcit'97'. Man kann sich doch keinen besseren Jocus denken, als daß der „Moniteur" selbst erzählt, wie die
1 Arbeiter - 2 Es lebe die Republik - 3 wahllos vorgenommen 5 Nationalwerkstätten im großen - 4 Arbeitersiedlungen
Offiziere in Chälons erst zum Sousprefet6 laufen und sich versichern, ob die Republik nicht auch wirklich in Paris proklamiert ist, ehe sie ihre Haut und ihre Charge für den empereur7 riskieren. Man sieht aber auch, wie selbst in der Armee nur die Spitzen wirklich bonapartistisch sind, weil sie kompromittiert und durch Aussicht auf wirklich glänzende Prämien angezogen sind. Was kann Boustrapa auch der Masse der Leutnants bieten? Der Schuft weiß wahrscheinlich so gut wie wir, daß er außer der Garde sich auf wenig Truppen verlassen kann. Die Garde ist leider stark und weiß, daß sie bei jeder andern Regierung wieder in Linie verwandelt oder aufgelöst wird. Sie besteht an Infanterie aus 4 Regimentern Grenadiere, 2 Voltigeure, 1 Gensdarmen, 1 Zuaven, 1 Bataillon Jäger (zusammen 17 Bataillone Infanterie), 2 Regimenter Kürassiere, 2 Dragoner, 1 Grenadiere zu Pferd, 1 Husaren, 1 Chasseurs - 21 Schwadronen und einer starken Artillerie. In allem 18-20000 Mann mit 40-50 Kanonen, ein hinreichend fester Kern, um der etwas wankenden Linie ziemlichen Halt einzuflößen. Dabei ist alles auf rasche Konzentration von Truppen aus der Provinz eingerichtet (sieh nur eine Eisenbahnkarte von Frankreich an), so daß eine erwartete Bewegung gewiß 60000-80000 Mann sich gegenüber findet. Gegen diese Masse gibt es nur 2 Mittel zu siegen: entweder geheime Gesellschaften in der Armee selbst - und diese sollen zahlreich sein - oder ein entschieden antibonapartistisches Auftreten der Bourgeoisie wie im Februsr. Ich glaube nicht, daß ein Sieg möglich ist, ohne eine oder gar beide dieser Bedingungen. Daß die Armee in den unteren Schichten von den Roten, in den höheren von Orleanisten11191 und Legitimisten12781 unterwühlt wird, ist sicher, und daß die loi des suspects12791 nebst sonstigen Maßregelungen der Bourgeoisie das Leben unmöglich macht, ebenfalls. Die wachsenden Verlegenheiten des Boustr[apa] treiben ihn zy täglich verzweifelteren Geschichten; einen Krieg mit Preußen darf er nicht riskieren, Italien hat er sich vernagelt; an den Boustr[apa]schen Sozialismus glaubt niemand mehr; Algier bietet keine Kampagnen mehr. Alle Diversionen sind abgeschnitten, reste la repression croissante8, d.h. das direkte Hineindrängen der Bourgeoisie in die Revolution. Den Orleanisten und Legitimisten muß eine Erneuerung der konstitutionellen Republik unter gemeinsamer Herrschaft schon jetzt als nächstes pis aller in the distance loomen9, falls die Umstände nicht einer der Parteien den Sieg sofort als wahrscheinlich erscheinen lassen. Le cas de soulevement donne10, und er muß im Laufe dieses Jahrs kommen, ist alle Chance da,
0 Unterpräfekten - 7 Kaiser - 8 bleibt die zunehmende Unterdrückung - 9 nächster Ausweg in der Ferne erscheinen - 10 Wenn der Aufstand kommt
daß sie Februar 1848 nachmachen, sauf ä lancer plus tard les troupes sur les faubourgs11. Und dann wissen wir, was kommt. Sowie ihre Angst vor Bonap[arte] die Truppen so wacklig gemacht hat, daß die Insurrektion siegen muß, wird ihre Angst vor den proletaires12 dann die Truppen wieder bearbeiten, daß sie die Insurrektion niederschlagen sollen - trop tard!13 der Strom geht über ihren Leib fort, die Truppen sehen mit offnem Maul zu - und dann werden wir sehn, wieviel Terrain das Wasser seit der letzten Springflut von 1848 gewonnen hat.
Der Commerce in Frankreich ist jetzt glücklicherweise in einer Lage, die sich nicht verbessern kann, ehe die chronische Krise in einer politischen Revolution kulminiert hat. Ich halte es für unmöglich, daß sich die Handelslage in Frankreich bessert, solange Boustr[apa] am Ruder ist. Die Phrasen, daß Orsini, Espinasse etc. das „Vertrauen" stören, bleiben während der Krise faule Beschönigung; gehn die Umstände vorüber, die die Krise bedingen, so werden sie zur Wahrheit mit einem solchen Regime. Übrigens bin ich ganz zu Deiner Ansicht gekommen, daß der- Credit mobilier[o4] in Frankreich kein zufälliger Schwindel, sondern ein durchaus notwendiges Institut war, und daß die daran baumelnden Mornyschen Diebereien ebenso unvermeidlich waren, denn ohne Aussicht auf so rapide Bereicherung wäre in Frankreich gar kein Credit mobilier zustande gekommen. Wer unter diesen l Jmständen einen Tag früher fällt - Boustrapa oder der Credit mobilier, ist dann ein toss-up14. - Die Wechselprolongationen müssen zu enormen Verlusten führen. Solch ein Mittel, über eine Krisis zu kommen, kann nur helfen, wenn die reprise des affaires15 auch in der Industrie wirk~ lieh ist, der bloße easy money-market16 hilft aber dem nicht, der keinen Kredit hat - und ich glaube, Kredit gibt man in Frankreich jetzt keinen mehr außer der Prolongation des früher gegebnen. In Preußen scheint es mir sehr faul auszusehn. Das bißchen Kammern hat den Philistern dort ihren preußischen Lokalpatriotismus sehr gehoben, und ich fürchte, auch der Spießbürger hofft auf eine mit der englischen Heirat'280' sicher bevorstehende englische Konstitution, nur verdemokratisiert. Wenn nur der Unteroffizier17 sich noch schleunig blamierte! Ich fürchte, in Preußen wird es nicht ganz leicht sein, die royal family18 loszuwerden, es sei denn, daß das Proletariat ganz enorme Fortschritte gemacht hat. Bourgeoisie und Spießbürgertum haben sich jedenfalls seit 1848 noch verschlechtert. Auch in Deutsch-Ostreich scheint nicht viel los zu
11 es sei denn, daß sie später die Truppen gegen die Vorstädte werfen - 12 Proletariern 13 zu spät! - 14 reiner Zufall - 16 Wiederbelebung der Geschäfte - 16 flüssige Geldmarkt 17 Prinz von Preußen - 18 königliche Familie
sein. Der deutsche Michel hat offenbar seinen Winterschlaf nach der schweren Anstrengung von 1848 noch nicht ausgeschlafen. Losreißung von Ungarn und Italien und slawische Aufstände werden übrigens in Ostreich schon das ihrige tun, und dann haben wir m den großen Städten und Industriebezirken die Nachwirkung der Krise, die sich von hier aus und jetzt nicht beurteilen läßt. Apres tout19, wird es einen harten Tanz setzen. Wie aber, wenn Boustrapa den ersten großen Insurrektionsversuch niederschlüge? Ich halte diesen Fall für fast unmöglich, eben weil er solche Maßregeln getroffen hat, daß nur bei ganz großen Gelegenheiten es zu etwas Ernstlichem kommen kann. Aber gelänge es ihm auch, so wäre B[oustrapa] doppelt fest. Pelissier wäre empereur. *Die Linie, in der sich jedenfalls Symptome von Schwäche und Zaudern zeigen würden, würde in Verschiß erklärt, die Garde allein und noch mehr bevorzugt. Sicheres Mittel, in der Armee Komplotte zu produzieren. Den Orleanisten und Legitimisten müßte B[oustrapa] dann direkt auf den Pelz rücken, und Thiers würde nicht damit wegkommen, m Mazas ein paar Tage lang seinen eignen Schiffprügel auswaschen zu müssen1281'. Sicheres Mittel, den Commerce vollständig zu ruinieren. Wenn B[oustrapa] einmal siegte, so wäre er um so sicherer verloren. Ich hoffe nur, daß der Kerl nicht ermordet wird. Ich glaube, in diesem Falle würde es gehn, wie Morny ihm sagte: Nous commencerions par jeter tous les Jerome par la fenetre et puis nous tacherions de nous arranger tant bien que mal avec les Orleans.20 Ehe die Faubourgs21 sich besinnen, hätte Morny seine Palastrevolution gemacht, und obwohl dadurch eine Revolution von unten nur kurz aufgeschoben, so wäre doch die Basis eine andre.(282' Um auf unser eignes Privatgeschäft zurückzukommen, so habe ich in Jomini und Cathcart so gut wie gar nichts über „Bülow"1254' finden können und will sehn, ob ich nicht noch eine andre Quelle auftreibe. „Bomarsund" werde ich suchen, heut abend abzumachen. Diese beiden Artikel liegen mir schwer im Mag en. Sowie die indische Post Details über den Zug Campbells gegen' Lakhnau bringt (in ca. 8-14 Tagen), schick mir alles auftreibbare Material, damit ich unverzüglich losgehn kann.22 Die „Times" werd' ich hier kaufen können, andre Londoner Journale nicht, d.h. in einzelnen Nummern. Grüß Deine Frau und Kinder herzlich. Ich schickte Dir gern noch etwas Geld, muß aber wirklich erst sehn, welche Zahlungen ich noch werde
19 Schließlich - 20 Wir würden damit beginnen, alle Jeromes aus dem Fenster hinauszuwerfen, und dann würden wir versuchen, uns recht und schlecht mit dem Haus Orleans zu verständigen. -21 Vorstädte - 22 „Die Einnahme von Lakhnau"
diesen Monat zu machen haben; sobald ich darin klarsehn kann, geschieht das Mögliche, darauf kannst Du Dich verlassen. Dein F.E.
Lupus hat die feierliche New-Yorker Historie.[272i Ist Kamm nicht der Kinkelsche „Proletarier", der ein Hurenhaus hielt? F.Jacobi ist ein lächerlicher Referendar aus Münster, der in der Schweiz überall zum Narren gehalten wurde.
139
Marx an Engels in Manchester
[London] 19. März [1858]
Lieber Engels, Wegen der Korrespondenz1 habe ich heute keine Zeit zum Schreiben. Nur so viel. Drop2 den „Bülow"'2541, über den ich für a common biography3 (kurze) genug habe, falls das Suchen des Materials Dich länger aufhält, und geh lieber on with „Cavalry"4. Periculum in mora.5 Zweitens schick' ich Dir aus dem „Star" einige köstliche documents über den Italian Congresshoaxt2S3i. Der Brief heut6 ist sehr stark in meiner Korrespondenz benutzt worden. Salut. Dein K.M.
1 Karl Marx: „Die gegenwärtige Position Bonapartes" - 2 Laß sein - 3 eine gewöhnliche Biographie - 4 weiter mit „Kavallerie" - 5 Gefahr im Verzuge. (Titus Livius: Römische Geschichte, Bd. XXXVI11, Kap.25) - 6 siehe vorl. Band, S.302 - 306
140
Engels an Marx in London
[Manchester, 26. März 1858]
Lieber Mohr, Inliegend eine Fünfpfundnote, numeriert wie am Fuß.1 „Cavalry"2 schreitet voran, ich habe wieder einiges hübsche Material in Mommsen, ,,Röm[ische] Geschichte" (Hannibals Kavallerie) gefunden. Leider schwer über den 7jährigen Krieg was aufzutreiben. Die gestern gesandten „Guardians" wirst Du erhalten haben. Es waren die einzigen, die Pariser Korrespondenzen oder überhaupt Interessanteres enthielten. Eilig - es ist halb acht - die Jungens warten aufs Zuschließen.
Dein F.E.
1 Die Nummer der Note ist im Original nicht erhalten geblieben. - 2 „Kavallerie"
141
Marx an Engels in Manchester
British Museum, [London] 29 March 1858
Dear Frederic, Die £ 5 erhalten, dankbarst. Von Lassalle heute Brief. Duncker wird unter folgenden Bedingungen die Herausgabe meiner Ökonomie12631 übernehmen. Ich liefere alle paar Monate Hefte von 3-6 Bogen. (Dieser Vorschlag ging von mir selbst aus.) Er hat das Recht, beim 3ten Heft abzubrechen. Überhaupt schließen wir erst dann definitiven Kontrakt. Er zahlt einstweilen 3 Friedrichsdor per Bogen. (Lassalle schreibt, daß die Berliner Professoren nur 2 erhalten.) Das erste Heft soll ready1 sein Ende Mai, i.e. das Manuskript. In meinem nächsten Brief muß ich Dir nun ein Skelett des ersten Hefts geben, damit Du mir Deine Ansicht sagst. Ich bin seit 2 Wochen wieder very sickly2 und mediziniere auf die Leber los. Das anhaltende Arbeiten bei Nacht und viel kleinlicher Arger bei Tag, resulting from the economical conditions of my domesticity3, unterwerfen mich in der letzten Zeit häufig den Rückfällen. Ich hoffe, daß Du ganz auf dem Strumpf bist. Schreib mir über diesen point4. Von Harney heute einen Brief erhalten, worin er, was angenehm, Brief meiner Frau an Schramm5 zurückschickt. Der Kleine scheint gereizt über mein Nichtschreiben. Er nennt mich nicht mehr Dear6 M[arx], sondern Dr. M[arx]. Well!7 Vielleicht schreib ich ihm 4 Zeilen, to console the lousy little fellow8. In Frankreich geht der Tanz schönstens voran. Es wird schwerlich den Sommer über ruhig bleiben. Was denkst Du von den 5 Paschaliks?12841 Ursprünglich sollte Pelissier als oberster chief9 über dieselben gesetzt werden.
1 fertig - 2 sehr kränklich -3 resultierend aus den ökonomischen Bedingungen meiner Häuslichkeit - 4 Punkt - 5 siehe vorl. Band, S. 645-647 - 6 Lieber - 7 Nun gut! - 8 um den lausigen kleinen Kerl zu trösten - 9 Chef
Bei näherer Überlegung fand Bonaparte, that this would be in fact an abdication of power on his part10. So ist die Maßregel nur halb und hat in Frankreich vollständig die spanische Einrichtung der Captain-generalships'285' introduziert. Ist dies nun nicht ein Aufbrechen der Zentralisation und in fact eine Schwächung der Macht der Armee? We must hope11, • daß die französische Geschichte keinen Spanish turn12 nimmt, sondern diese Dezentralisation nur den Widerstand vermindert, auf den die Revolution stoßen wird, Salut. Dein K.M.
Hast Du darauf attended13, daß in der letzten Zeit der größte Teil der französischen, nach dem Muster des Credit mobilier1541 etablierten Kompanien vor dem tribunal criminel14 figuriert?
lu daß dies tatsächlich seinerseits ein Verzicht auf die Macht sein würde - 11 Wir müssen hoffen -12 keine spanische Wendung -13 geachtet -14 Kriminalgericht
142
Marx an Engels in Manchester
[London] 2.April 1858
Dear Frederick, Die „Guardian"-Geschichten höchst amusing1. Ein Korrespondent des „Daily Telegraph" (directly under Pams auspices2) schreibt, es sei sehr gefährlich, in Paris „deaf"3 zu sein. Alle „deaf Englishmen"4 würden von der Polizei als Allsops verfolgt. Er sagt, die Englishmen verließen en masse Paris, teils wegen der Polizeischikanen, teils aus Furcht vor einem Ausbruch. Im letztern Fall nämlich, wenn die Bonapartists siegten, fürchteten die John Bulls, von den maddened soldiers5 massakriert zu werden, und der Korrespondent selbst ist so naiv zu schreiben, daß er in such a case should like to be anywhere eise but at Paris6. Diese Desertion der Bulls versalzt dem Pariser Epicier7 und Hausbesitzer und Huren etc. die Suppe at this moment of commercial depression8. Hast Du gesehn, daß jetzt avowedly9 300 Mill. fcs. „are disappeared" from the Budget, and nobody knows what has become of them. By and by10 werden andre Revelations11 über die Bonapartist finance12 herauskommen, und die Esel von der „Tribüne" sehn, wie weise es von ihnen war, die sehr elaborated articles13, die ich ihnen darüber vor einem halben Jahr schickte, nicht zu drucken12021. Die Kerls sind Esel, und was nicht im dümmsten Sinn des Wortes „Tagesfrage" ist, sind sie geneigt, als uninteresting14 beiseite zu schieben, um nachher über denselben Gegenstand, sobald er ä l'ordre du jour16, das albernste Zeug zusammenzukompilieren. Notabene, es wird in den hiesigen militärischen Klubs gemunkelt, daß unter Raglans nachgelaßnen Papieren sich evidence16 gefunden habe, daß 1. in der Schlacht von der Alma11931 er den richtigen Vorschlag gemacht
1 amüsant - 2 direkt unter Pams Obhut - 3 „schwerhörig" -4 „schwerhörigen Engländer" 5 tollgewordenen Soldaten - 6 in solch einem Fall sonst wo sein möchte, nur nicht in Paris 7 Krämer - 8 in diesem Augenblick der Handelsdepression - 9 eingestandenermaßen - 10 aus dem Budget „verschwunden sind", und niemand weiß, was aus ihnen geworden ist. Nach und nach -11 Enthüllungen - 12 bonapartistischen Finanzen - 13 sorgfältig ausgearbeiteten Artikel -14 uninteressant - 16 auf der Tagesordnung - 16 Beweismaterial
habe, die Russen nicht von der Seeseite anzugreifen, sondern an entgegengesetzter Flanke, und sie ins Meer zu treiben; 2. daß er vorgeschlagen, nach der Schlacht an der Alma nach Simferopol vorzumarschieren; 3. daß bei Inkerman'381 er nur nach den dringendsten Bitten und menaces1' von Canrobert den Befehl für Bosquet abpreßte, zur Hülfe zu eilen. Es wird hinzugefügt, wenn die renommagen jenseits des Kanals fortdauerten, würden diese papers18 publiziert und bewiesen werden, daß die Franzosen immer auf dem Sprung standen, to betray their dear allies19. Einige hints20, die de Lacy Evans im House of Commons fallen ließ, deuteten ebenfalls auf so was hin. Ich bin so unwohl von der Gallengeschichte, daß ich diese Woche weder denken, noch lesen, noch schreiben, noch irgend etwas machen kann, save21 die articles für die „Tribüne". Diese dürfen natürlich nicht ausfallen, da ich sobald als möglich auf die Hunde ziehn muß. Das Unwohlsein ist aber fatal, da ich nicht anfangen kann, die Sache für Duncker12631 auszuarbeiten, bis ich wohl und wieder vigour und grasp22 in den Fingern fühle. Folgendes ist short outline of the first part23. Die ganze Scheiße soll zerfallen in 6 Bücher: 1. Vom Kapital. 2. Grundeigentum. 3. Lohnarbeit. 4. Staat. 5. Internationaler Handel. 6. Weltmarkt. I. Kapital zerfällt in 4 Abschnitte, a) Kapital en general24. (Dies ist der Stoff des ersten Hefts.) b) Die Konkurrenz oder die Aktion der vielen Kapitalien aufeinander, c) Kredit, wo das Kapital den einzelnen Kapitalien gegenüber als allgemeines Element erscheint, d) Das Aktienkapital als die vollendetste Form (zum Kommunismus überschlagend), zugleich mit allen seinen Widersprüchen. Der Übergang von Kapital auf Grundeigentum ist zugleich historisch, da die moderne Form des Grundeigentums Produkt der Wirkung des Kapitals auf das Feudal- etc. Grundeigentum. Ebenso ist der Übergang des Grundeigentums in die Lohnarbeit nicht nur dialektisch, sondern historisch, da das letzte Produkt des modernen Grundeigentums das allgemeine Setzen der Lohnarbeit, die dann als Basis der ganzen Scheiße erscheint. Well (it is difficult for me to-day to write)25, kommen wir nun zum corpus delicti. I. Kapital. Erster Abschnitt.Das Kapital im allgemeinen. (In diesem ganzen Abschnitt wird vorausgesetzt, daß der Arbeitslohn stets gleich seinem
17 Drohungen - 18 Dokumente -19 ihre teuren Verbündeten zu verraten - 20 Andeutungen 21 ausgenommen - 22 Kraft und Griff - 23 kurzer Umriß des ersten Teils - 24 im allgemeinen - 26 Nun (es fällt mir heute schwer zu schreiben)
t) j.
v,"-—«sm* (ji**.» ^r^ECX r\TTr • TiT ) ™
-ffc^ 1r— rf. -Ulf cS-tw-f- to--—1
^ÜX'^vT -J^'v vJV-m
t^UA^ ^»yfUV ^SCli-S. -W^m. i'MU.-,^ „^nvl-v-C^
«yd«. -is^, V5-* «w^ f^f^r ^.o-M^V«. — VK-V- v Irr**"* ^"T. «ui.-^,*^ «Ja^.. tWÄ» _.yJJ 3> CpV- ^— -^e
~ V ^ fya 1 - ^Vl'3, ^r* V5^
»•v ^Hs «V -fo-t oj^p^Sk^. Oj^*^ Sfr-s^^-V V^t ^^'iK5
Zweite Seite des Briefes von Marx an Engels vom 2, April 1858

Minimum ist. Die Bewegungen des Arbeitslohns selbst und das Fallen oder Steigen des Minimums gehören in die Betrachtung der Lohnarbeit. Ferner wird das Grundeigentum = 0 gesetzt, d.h. das Grundeigentum als besondres ökonomisches Verhältnis geht hier noch nichts an. Nur durch diesen Gang ist es möglich, nicht stets bei allen Verhältnissen von allen zu sprechen.) 1. Wert. Rein reduziert auf Arbeitsquantum; Zeit als Maß der Arbeit. Der Gebrauchswert - sei es subjektiv, als usefulness26 der Arbeit, oder objektiv als Utility27 des Produkts betrachtet - erscheint hier bloß als stoffliche Voraussetzung des Werts, die einstweilen ganz aus der ökonomischen Formbestimmung herausfällt. Der Wert als solcher hat keinen andren „Stoff" als die Arbeit selbst. Diese Bestimmung des Werts, zuerst andeutungsweis in Petty, rein herausgearbeitet in Ricardo, ist bloß die abstrakteste Form des bürgerlichen Reichtums. Setzt an sich schon voraus 1. die Aufhebung des naturwüchsigen Kommunismus (Indien etc.), 2. aller unentwickelten, vorbürgerlichen Weisen der Produktion, in denen der Austausch sie nicht in ihrem ganzen Umfang beherrscht. Obgleich Abstraktion historische Abstraktion, die eben nur auf der Grundlage einer bestimmten ökonomischen Entwicklung der Gesellschaft vorgenommen werden konnte. Alle Einwürfe gegen diese Definition des Werts sind entweder hergenommen aus unentwickeltem Produktionsverhältnissen, oder sie beruhn auf der Konfusion, die konkreteren ökonomischen Bestimmungen, von denen der Wert abstrahiert ist, und die andrerseits daher auch als weitere Entwicklung desselben betrachtet werden können, gegen ihn in dieser seiner abstrakten unentwickelten Form geltend zu machen. Bei der Unklarheit der Herrn Ökonomen selbst, wie sich diese Abstraktion zu spätem konkretem Formen des bürgerlichen Reichtums verhält, waren diese Einwürfe plus ou moins23 berechtigt. Aus dem Widerspruch der allgemeinen Charaktere des Werts mit seinem stofflichen Dasein in einer bestimmten Ware etc. - diese allgemeinen Charaktere sind dieselben, die später im Geld erscheinen - ergibt sich die Kategorie des Geldes. 2. Geld. Einiges über die edlen Metalle als Träger des Geldverhältnisses. a) Geld als Maß. Einige Randglossen über das ideale Maß bei Stewart, Attwood, Urquhart; in verständigrer Form bei den Predigern des Arbeitsgelds. (Gray, Bray etc. Einige gelegentliche Hiebe auf dieProudhonisten.)
26 Nützlichkeit - 27 Nützlichkeit - 28 mehr oder weniger
Der Wert der Ware übersetzt in Geld ist ihr Preis, der einstweilen nur noch in diesem bloß formellen Unterschied vom Wert erscheint. Nach dem allgemeinen Gesetz des Werts drückt dann bestimmtes Quantum Geld bloß aus bestimmtes Quantum vergegenständlichter Arbeit. Soweit das Geld Maß ist, ist die Veränderlichkeit seines eignen Werts gleichgültig. b) Das Geld als Tauschmittel oder die einfache Zirkulation. Hier ist nur die einfache Form dieser Zirkulation selbst zu betrachten. Alle sie weiter bestimmenden Umstände liegen außer ihr, kommen also erst später in Betracht (setzen entwickeltere Verhältnisse voraus). Wenn wir Ware W und Geld G nennen, so zeigt zwar die einfache Zirkulation die zwei Kreisbewegungen oder Schlüsse: W- G - G-W und G-W-W- G (diese letztre bildet Übergang zu c), aber Ausgangspunkt und Rückgangspunkt fallen keineswegs zusammen oder nur zufällig. Das meiste, was an sogenannten Gesetzen von den Ökonomen aufgestellt worden ist, betrachtet die Geldzirkulation nicht innerhalb ihrer eignen Grenzen, sondern als subsumiert und bestimmt durch höhere Bewegungen. Dies alles zu ekartieren. (Gehört in die Lehre vom Kredit zum Teil; zum Teil aber auch zu betrachten an Punkten, wo das Geld wieder auftaucht, aber weiter bestimmt.) Hier also Geld als Zirkulationsmittel (Münze). Zugleich aber auch als Realisation (nicht bloß verschwindende) des Preises. Aus der einfachen Bestimmung, daß die Ware, als Preis gesetzt, schon ideal gegen Geld ausgetauscht ist, bevor sie sich reell dagegen austauscht, ergibt sich von selbst das wichtige ökonomische Gesetz, daß die Masse des zirkulierenden Mediums durch die Preise bestimmt ist, nicht umgekehrt. (Hierbei einiges Historische über die Polemik bezüglich dieses Punktes.) Es ergibt sich ferner, daß die Geschwindigkeit Masse ersetzen kann, daß aber eine bestimmte Masse für die gleichzeitigen Austauschakte nötig, soweit diese selbst sich nicht wie + und — zueinander verhalten, eine Ausgleichung und Rücksicht, die indes auf diesem Punkt nur antizipationsweise zu berühren. Ich gehe hier auf die weitere Entwicklung dieses Abschnitts nicht ein. Bemerke nur noch, daß das Auseinanderfallen von W- G und G - W die abstrakteste und oberflächlichste Form, worin die Möglichkeit der Krisen ausgedrückt. Aus der Entwicklung des Gesetzes über die Bestimmung der zirkulierenden Masse durch die Preise ergibt sich, daß hier Voraussetzungen gemacht sind, die keineswegs für alle Gesellschaftszustände existieren; die Albernheit daher, z.B. das Einströmen des Geldes aus Asien nach Rom und Wirkung auf die dortigen Preise tout bonnement29 an die Seite moderner kommerzieller
29 ganz einfach
Verhältnisse zu setzen. Die abstraktesten Bestimmungen, genauer untersucht, zeigen immer auf weitere konkrete bestimmte historische Basis hin. (Of course30, da sie davon, in dieser Bestimmtheit, abstrahiert sind.) c)Das Geld als Geld. Es ist dies Entwicklung der Form G-W-W- G. Das Geld als gegen die Zirkulation selbständiges Dasein des Werts; materielles Dasein des abstrakten Reichtums. Zeigt sich in der Zirkulation schon, soweit es nicht nur als Zirkulationsmittel, sondern als Preis realisierend erscheint. In dieser Eigenschaft c), worin a) und b) nur als Funktionen erscheinen, ist das Geld allgemeine Ware der Kontrakte (hier wird die Veränderlichkeit seines Werts, durch die Arbeitszeit bestimmten Werts wichtig), Gegenstand des hoarding31. (Diese Funktion erscheint wichtig in Asien jetzt noch und in der antiken Welt und Mittelalter generally32. Existiert jetzt nur noch untergeordnet im Bankwesen. In Zeiten der Krisen Wichtigkeit des Gelds wieder in dieser Form. Geld in dieser Form betrachtet mit den welthistorischen Delusions33, die es erzeugt etc. Destruktive Eigenschaften etc.) Als Realisierung aller höheren Formen, in denen der Wert auftreten wird; definitive Formen, in denen alle Wertverhältnisse sich äußerlich abschließen. Das Geld aber fixiert in dieser Form hört auf, ökonomisches Verhältnis zu sein, die erlischt in seinem materiellen Träger, dem Gold und Silber. Andrerseits, soweit es in die Zirkulation tritt und sich wieder austauscht gegen W, fällt wieder der Schlußprozeß, die Konsumtion der Ware, aus dem ökonomischen Verhältnis heraus. Die einfache Geldzirkulation hat nicht das Prinzip der Selbstreproduktion in sich und weist daher über sich hinaus. Im Geld - wie die Entwicklung seiner Bestimmungen zeigt - die Forderung gesetzt des in die Zirkulation eingehenden und in ihr sich erhaltenden, zugleich sie selbst setzenden Werts Kapital. Dieser Übergang zugleich historisch. Die antediluvianische Form des Kapitals ist das Handelskapital, das entwickelt iirtmer Geld. Zugleich Entstehung des wirklichen Kapitals aus dem Geld oder kaufmännischen Kapital, das sich der Produktion bemächtigt. d) Diese einfache Zirkulation für sich betrachtet, und sie ist die Oberfläche der bürgerlichen Gesellschaft, worin die tiefern Operationen, aus denen sie hervorgeht, ausgelöscht sind, zeigt keinen Unterschied zwischen den Subjekten des Austausches, außer nur formelle und verschwindende. Es ist dies das Reich der Freiheit, Gleichheit und des auf der „Arbeit" gegründeten Eigentums. Die Akkumulation, wie sie hier unter der Form des hoarding erscheint, ist nur die größre Sparsamkeit etc. Abgeschmacktheit
30 Natürlich - 31 der Schatzbildung - 32 überhaupt - 33 Illusionen
nun einerseits der ökonomischen Harmoniker, modernen Freetrader'127i (Bastiat, Carey etc.), gegen die entwickeltem Produktionsverhältnisse und ihre Antagonismen dieses oberflächlichste und abstrakteste als ihre Wahrheit geltend zu machen. Abgeschmacktheit der Proudhonisten und ähnlicher Sozialisten, die diesem Austausch von Äquivalenten (oder präsumiert as such34) entsprechenden Ideen von Gleichheit etc. entgegenzuhalten den Ungleichheiten etc., worin dieser Austausch zurück- und woraus er hervorgeht. Als Gesetz der Appropriation in dieser Sphäre erscheint Aneignung durch die Arbeit, Austausch von Äquivalenten, so daß der Austausch nur denselben Wert in andrer Materiatur wiedergibt. Kurz, es ist hier alles „scheene", wird aber gleich ein Ende mit Schrecken nehmen, und zwar infolge des Gesetzes der Äquivalenz. Wir kommen nämlich jetzt zu 3. Das Kapital. Dies ist eigentlich das Wichtige dieses ersten Hefts, worüber ich am meisten Deine Ansicht haben muß. Heute aber kann ich nicht fortschreiben. Der Gallendreck macht mir schwer, die Feder zu führen, und das Herabsenken des Kopfs auf das Papier macht mich schwindlig. Also for next time35. Salut. Dein K.M.
34 als solche - 35 für das nächste Mal
143
Engels an Marx in London
Manchester, 9. April 1858
Lieber Mohr, Das Studium Deines abstract1 des ersten halben Heftes12031 hat mich sehr beschäftigt, it is a very abstract abstract indeed2, wie bei der Kürze nicht anders zu vermeiden, und ich muß die dialektischen Übergänge oft mit Mühe suchen, da all abstract reasoning3 mir sehr fremd geworden ist. Dies Arrangement des Ganzen in den 6 Büchern könnte gar nicht besser sein und gefällt mir ausnehmend, obwohl ich den dialektischen Übergang vom Grundeigentum auf die Lohnarbeit noch nicht klar sehe. Auch die Entwicklung der Geldgeschichte ist sehr fein, mit einzelnem bin ich auch hier noch nicht im reinen, da ich mir oft die historische Unterlage erst zusammensuchen muß. Ich denke indes, sobald ich den Schluß des Kapitals im allgemeinen habe, so sehe ich den drift4 besser und werde Dir dann ausführlicher darüber schreiben. Der abstrakt dialektische Ton dieser Epitome verschwindet natürlich in der Ausarbeitung. Gestern schickte ich Dir wieder 2 „Guardians", es scheint, seit das Blatt auf 1 d. herabgesetzt ist, lassen die Kerle alle Unkosten als Korrespondenzen etc. reduzieren. Ihr Versuch, ein first-class provincial paper5 zu machen, scheiterte total. Daher die Magerkeit der auswärtigen Nachrichten und Seltenheit der Pariser Korrespondenzen. Die Geschichte mit Fould im gestrigen „Guardian" ist nicht übel. Aber eine noch viel schönere ist der Bericht der Cotton Supply Association12861. Es ist famos, daß die Freetrader 10 Jahre nach Einführung des free-trade ihn selbst aufs direkteste verleugnen. Diese ganze Cotton Supply Association ist nichts als eine von den Freetradern selbst eingerichtete Institution, überall in der Welt, wo Boden und Klima nicht total unpassend sind, Baumwollenkultur im direkten Gegensatz mit dem ganzen free-trade zu forcieren durch Prämien, Vorschüsse, Geschenke von Samen, Pump von Maschinen etc. etc. Wenn der
1 Abrisses - 2 es ist wirklich ein sehr abstrakter Abriß - 3 jedes abstrakte Überlegen 4 Gedankengang - 6 erstklassiges Provinzblatt
Staat so etwas tut, so ist's vom Übel, wenn aber die Manchester Cotton spinners6, die den niggers, Beduinen etc. in Afrika doch noch viel fremder gegenüberstehn als ihr eigner König, dies tun, so ist's all right7. Eine schönere Satire als diesen Bericht auf alle laissez-faire-PhrasenI287i kann man gar nicht lesen. Sehr schön ist auch das Eingeständnis, daß die Einfuhr der englischen, aus amerikanischer Baumwolle gemachten Waren die Baumwollkultur fast aller übrigen Länder zerstört habe, und sie jetzt auf künstlichem Wege wieder produziert werden müsse! Diese elenden Engländer sehen in ihrem Baumwollspinn- und Webmonopol etwas Großartiges und Natürliches, dagegen kein Mensch etwas sagen kann; aber das durch denselben Weltmarkt hervorgebrachte Baumwollanbau-Monopol der United States muß selbst durch anti-free-trade-Maßregeln gebrochen werden! Das Ding sollte heißen: Association for enabling the single spinners to buy cotton in the dearest market, the collective spinners paying the producer the difference between the market value and his cost of production.8 Natürlich soll das nur so lange fortgehn, als bis die subventionierte Baumwollkultur auf eignen Füßen stehen kann; aber grade das will Monsieur List mit seinen Schutzzöllen ja auch! Das Ding könnte Dir vielleicht Stoff zu einem Artikel geben, da es die Yankees direkt interessiert und die ,,Trib[une]" auch antifree-trade ist. Meine Prophezeiungen9, daß die Fluktuationen in Produkten durchaus vom Ost- und Westwind abhängen würden und daß mit Middling Orleans Cotton10 über 6 d. an kein regelmäßiges und flottes Geschäft zu denken ist, haben sich merkwürdig bestätigt. Was Baumwolle betrifft, so ist die Erfüllung der ersten Prophezeiung ersichtlich aus der beiliegenden Fortsetzung der Dir früher gesandten Tabelle11 über die Preise von Middling Orleans bis heute. Mit Zucker, Kaffee und Tee ging es ähnlich, nur daß die immer noch sehr starken Vorräte nicht die momentane starke Steigerung zuließen, die in Baumwolle beim schwachen Vorrat möglich war. Was die zweite Prophezeiung angeht, so ist noch immer ziemlich viel short time, strikes12 und Stillstand aus nicht lohnender Produktion, und da die Ernte 3000 M13 Ballen liefert, die volle Produktion jetzt aber mindestens 3500 M fordert (die übrigen Baumwollproduktionsländer im Verhältnis), so wird
6 Baumwollspinner - ' in Ordnung - 8 Vereinigung, die es den einzelnen Spinnern ermöglicht, Baumwolle auf dem teuersten Markt zu kaufen, dadurch, daß die Gesamtheit der Spinner den Produzenten den Unterschied zwischen dem Marktwert und seinen Produktionskosten zahlt. - 9 siehe vorl. Band, S. 210/211, 221, 244 und 250 -10 Baumwollsorte11 siehe vorl. Band, S. 213. Die Fortsetzung der Tabelle ist nicht erhalten geblieben. -12 Kurzarbeit, Streiks - 13 3000 Mille = 3 Millionen
bis Ende dieses Jahres, selbst abgesehn von politischen Konvulsionen, die Baumwollindustrie in jedem Versuch, sich wieder zu heben, durch die steigenden Preise des Rohmaterials gehemmt werden, wie dies Ende Februar und Anfang März (siehe Tabelle) wirklich geschah. Die Preise werden im allgemeinen - wenn auch zunächst wohl noch ein Fall eintreten wird - steigen, aber begleitet vom check14 der Produktion in gleichem Maße wie die Steigerung. Dieses supposing that no row on the Continent15, der aber so gut wie gewiß ist. In einer Woche, 19.-26. Februar, kamen nur 62 Ballen Baumwolle aller Art nach Liverpool! Sonst immer nach Tausenden. Wie ist die Geschichte mit dem eingestandenen Verschwinden der 300 Millionen Franken? Ich erinnere mich nur, gelesen zu haben, daß Magne statt einen Überschuß von 40 Mill. ein Defizit macht - das Genaue aber weiß ich nicht. Diese Geschichte ist zu gut. Jetzt soll auch der „prince imperial"16 einen eignen Hofstaat und eine Dotation bekommen - Cash must be devilish scarce!17 Hoffentlich geht es Dir mit der Galle jetzt besser. Die Krisenaufregung ist offenbar daran schuld. Ich laboriere jetzt abends einige Male an Zahnschmerzen infolge des Wetters; das ist aber auch das Schlimmste. Beste Grüße an Deine Frau und Kinder. Dein F. E.
14 Stocken -16 vorausgesetzt, daß kein Krach auf dem europäischen Festland -16 „kaiserliche Prinz" (Eugfene, Sohn Napoleons III.) -17 Bargeld muß verteufelt rar sein!
144
Engels an Marx in London
Manchester, 22. April 1858
Lieber Mohr, Ich schrieb Deiner Frau1 vorige Woche und sandte am nächsten Tag einen Artikel über Lakhnau2, auch „Guardians" (oder Ausschnitte, ich besinne mich nicht genau). Hoffentlich ist alles richtig angekommen. Heute gehn wieder 2 „Guardians" ab. Ein Artikel war aus der Russellschen Korrespondenz von Dienstags-„Times" 12881 nicht zu machen, ich heb* ihn mir aber auf, bis die nächste Post kommt, die das Ende der Lakhnau-Geschichte bringen muß, so daß dann - mit Hülfe hoffentlich auch der Campbellschen Depeschen - das Ganze mit einem Male abgemacht werden kann3. Ich habe mich inzwischen wieder auf „Cavalry" 4 geworfen -lasse im historischen Teil einiges zunächst offen, bis ich die betreffenden Quellen auftreibe und geh' mit dem taktischen voran. Der Artikel wird wohl 10-12 meiner langen Doppelseiten füllen, vielleicht mehr. Die affaire Bernard12891 wird Monsieur Bonaparte schwer kränken und den Crapaudflüchtlingen1841 in London einigermaßen imponieren. James hat übrigens schwach und decousu6 gesprochen, und der alte Campbell wie immer gegen den Prisoner6 aufgesummt. Der alte Esel ärgert sich, daß ihm der interessante juristische Casus, bei dem er den 15 Richtern präsidieren sollte, flötengegangen ist. Interessant für die republicains purs7 sind Cavours und La Marmoras Enthüllungen über ihren Verkehr mit Cavaignac und dessen Angst vor Ostreich.'2901 Je mehr über die Herrschaftsperiode des „National" an den Tag kommt, desto erbärmlicher erscheint sie. Dein F.E.
1 Siehe vorl. Band, S. 555-556 - 2 „Die Einnahme von Lakhnau" -3 „Einzelheiten über die Erstürmung Lakhnaus" - 4 „Kavallerie" - 6 zusammenhanglos -6 Gefangenen - 7 Republikaner vom reinsten Wasser
145
Marx an Engels in Manchester
London, 29. April 1858
Dear Frederick, Mein langes Stillschweigen kann ich Dir mit einem Wort erklären Unfähigkeit zu schreiben. Diese existierte (and to some degree exists still1) nicht nur in the literary, sondern in the literal sense of the word2. Die wenigen unvermeidlichen Artikel3 an die „Tribüne" diktierte ich meiner Frau, aber selbst das nur möglich durch applying strong Stimuli4. Ich hatte noch nie eine so heftige attaque5 des Leberleidens, und for some time6 eine Verhärtung der Leber war befürchtet. Der Doktor wollte, ich sollte reisen, aber d'abord7 war das unverträglich mit dem State of finance8, und zweitens hoffte ich von einem Tag zum andern, mich wieder an die Arbeit setzen zu können. Der beständige Drang, ans work9 zu gehn, und dann wieder die Unfähigkeit, so zu tun, half die Sache verschlimmern. Indes seit einer Woche geht's besser. Ich bin indes noch nicht fähig zu arbeiten. Wenn ich mich ein paar Stunden hinsetze und schreibe, habe ich ein paar Tage ganz brach zu liegen. Ich erwarte bei allen Teufeln, daß dieser Zustand mit nächster Woche ein Ende nimmt. Er konnte nie ungelegner kommen als jetzt. Ich habe offenbar den Winter das Nachtarbeiten übertrieben. Hinc illae lacrimae.10 Deine Briefe und „Guardians" sind richtig angekommen. Von Louis Blanc ein Buch über die Revolution von 1848 erschienen. Geschrieben mit redlichster Bewunderung des „petit"11, wie er sagt, daß ihn die Arbeiter .nannten. Übrigens, genau gelesen, blamabel für den Kerl, da es zeigt, daß in allen entscheidenden Momenten die Arbeiter ohne sein Wissen und Willen handelten, ihm überhaupt für sein „sentiment" senti
1 und bis zu einem gewissen Grade existiert sie noch - 2 im übertragenen, sondern im buchstäblichen Sinne des Wortes-3 „Die Franzosenprozesse in London", „Die Finanzlage Frankreichs", „Das Budget des Herrn Disraeli" und „Die englisch-franzosische Allianz" -4 Anwendung starker Anregungsmittel - 5 Attacke - 6 einige Zeitlang - 7 erstens - 8 Stand der Finanzen - 'Werk -10 Daher jene Tränen. (Terenz: Andria, I.Akt, I.Szene) -11 ..Kleinen" (Louis Blanc)
ment zurückgaben, damit aber auch dem Orakel von Luxemburg12911 seinen füll price12 bezahlt zu haben glaubten. Die Bewegung der Leibeignenemanzipation in Rußland scheint mir wichtig, sofern es den Anfang einer innern Geschichte in dem Lande zeigt, die der traditionellen auswärtigen Politik desselben in die Quere kommen mag. Herzen natürlich hat von neuem die Entdeckung gemacht, daß „die Freiheit" von Paris nach Moscow ausgewandert ist. Freund Bangya, as it seems13, ist von dem Sohn von Sefer Pascha14 auf unerlaubtem Briefwechsel mit dem russischen General Philipson ertappt worden. Es heißt, daß er mit mehren seiner ungarischen und polnischen Helfershelfer has been shot15. Gruß an Lupum. Dein K.M. ,
12 vollen Preis -13 wie es scheint -14 Prinz Ibrahim Karabatir -15 erschossen worden ist
iX.^ (M
'H^Ai-j »».lt., ^
^ Hm i'A:— ^^
W* ^-H ^^ ^-H-A ^fuj^ v-vy
-hu K. JUy- -Vf
yU. •«»'''VT-, UsA—'v-vTv 'Vir-* MM* Y^'"
v „tty^
Q) V Marx' Brief an Engels vom 29. April 1858

146
Engels an Marx in London
Manchester, 7, Southgate, 30. April 58
Lieber Mohr, Wenn Du reisen sollst, so reise doch wenigstens nach Manchester, that's easy enough1. Sollte die Dir gestern geschickte Note bereits verschwunden sein, ce qui serait bien possible2, so laß mich's wissen; für 21 sh. kannst Du jetzt ein 8 Tage Return Ticket First Class3 bekommen, und die Return läßt man denn nachher natürlich laufen. Ich werde sehn, ein Bett in meinem Hause frei zu bekommen, was auf ein paar Tage jedenfalls angeht. Das andre findet sich. Wenn Du das Reisegeld noch besitzest, so komm sofort, Deiner Frau schicken wir den Betrag, den Du ihr abpumpst, sofort zu, ich hab* heute nur keine Zeit gehabt, eine Post Office Order4 zu nehmen. Ich sage heut abend in meinem Hause Bescheid; komm sogleich nach Nr. 6 Thorncliffe Grove, Oxford Road. Wenn Du nicht gleich morgen abend (ca. 5 Uhr ist ein Zug) abfährst, so laß mich Montag morgen wissen, wann Du kommst, und ich hole Dich an der Station ab - sage aber, ob per North Western oder per Great Northern Railway8. Willst Du am Sonntag kommen, so telegraphiere morgen - es kostet 2 sh./6 d. - 20 Worte, die Adresse außerdem. Die Depesche nach meiner Wohnung adressiert. Dein F.E.
1 das ist sehr einfach - 2 was leicht möglich wäre - 3 Rückfahrkarte erster Klasse - 4 Postanweisung - 5 Eisenbahn
147
Marx an Engels in Manchester
[London] I May [1858]
Dear Frederick, I shall part on Thursday by the Great Northern, leaves London at half past 2, arrives at Manchester at 7 p. m. Yours1 K.M.
Ich bin seit gestern wieder viel besser und hatte au fond2 vor, Montag serieusement3 an die Arbeit zu gehn. Indes after consultation with the Doctor4, der denkt, daß eine Woche Herumtreiben mir immer noch nötig, die Pflicht an den Nagel gehangen.'2921
1 Ich werde am Donnerstag mit der Great Northern (Eisenbahn) fahren, die London um halb drei verläßt und in Manchester um sieben Uhr abends ankommt. Dein - 2 im Grunde 3 ernsthaft - 4 nach Konsultation mit dem Arzt
148
Marx an Engels in Manchester
31 May 58 9, Grafton Terrace, Maitland Park, Haverstock Hill, London
Dear Frederick, In der ersten Woche mußte ich mich wieder akklimatisieren, und auch das plötzliche Aufhören des Reitens tat zunächst nicht wohl. Ich habe exakt bis heute gebraucht, wo ich mich endlich wieder so auf dem Damm fühle wie an dem Tag, wo ich Manchester verließ. Ich bin nun in working order1 und beginne sofort mit der Ausarbeitung für den Druck12631. Ich habe in der letzten Woche nur 2 Artikel für die „Tribüne" 2 geschrieben. Sonst immer herumgelaufen, da die Beklommenheit im „Koppe" und die Schwierigkeit des Stuhls - mich Rückfall befürchten ließen. Ad vocem Cluß. Dieser Jüngling war vor seiner Abreise noch einmal bei Schapper. Der brave Mann fand bei seiner Rückkehr von meiner Wohnung zu seinem Schrecken, daß er von Paris etwas mitgebracht hatte, einen Schanker nämlich mit allerlei bösartigen Nebenumständen. Er wurde bettlägerig und gab dies bei Sfchapper] als Grund an, warum er sich aus der zivilisierten Welt zurückgezogen. Ad vocem Pelissier. Was wir scherzhaft in Manchester präsumierten, daß P[elissier] sofort sich mit den Orleans11191 einlassen würde, ist nun geschehn in real good earnest3 und bildet das-Tagesgespräch in London. Was sagst Du zu Bonas Konfiskationsgelüsten?12931 Während meiner Abwesenheit ist in London ein Buch über die gesamte Geschichte der currency4 von Maclaren erschienen, das nach den Auszügen im „Economist" first-rate5 ist. Das Buch ist noch nicht in der Bibliothek, wie überhaupt die Sachen dort erst Monate nach ihrem Erscheinen auftreten. Ich muß es natürlich lesen vor meiner Darstellung. Schickte daher meine Frau in die City zum publisher6. Zu unsrem Schrecken fand sich
1 arbeitsfähig - 2 „Die Proklamation Cannings und die Frage des Grundeigentums in Indien" und „Die Finanzmanöver Bonapartes — Der Militärdespotismus" - 3 in völligem Ernst 4 Zirkulationsmittel - 5 erstklassig - 6 Verleger
aber, daß es 9 sh. 6 d. kostet, was mehr war, als unsre gesamte Kriegeskasse betrug. Es wäre mir daher sehr lieb, wenn Du mir eine post office order7 für diese Summe zuschicktest. Es ist wahrscheinlich, daß für mich nichts Neues in dem Buch steht, allein nach dem Wesen, was der „Economist" damit macht, und nach den Auszügen, die ich selbst gelesen, erlaubt mein theoretisches Gewissen nicht, voranzugehn, ohne es zu kennen. Glaubst Du nicht, daß Du Material genug hättest, für Freitag etwas Allgemeines über den State of the British forces in India8 und etwas Konjekturalistisches zu schreiben? It would be a great boon for me9, da das Durchlesen meines eignen Manuskripts'2331 mir beinahe eine Woche kosten wird. Der Teufel ist nämlich, daß in dem Manuskript (was gedruckt ein dicker Band wäre) alles wie Kraut und Rüben durcheinandergeht, vieles, was erst für viel spätere Teile bestimmt ist. So muß ich mir einen index machen, in welchem Heft und welcher Seitenzahl sich der Dreck kursorisch vorfindet, den ich zunächst in Arbeit zu nehmen. Ich habe endlich an Lassalle geschrieben:10 Du mußt mir Absolution geben wegen der Elogen, die ich „Herakljeitos] d[em] Dunklen" machen mußte. In einigen unscheinbaren Nebenremarks11 - da das Lob doch durch tadelnde Schattierung erst sich ernsthaft ausnimmt - habe ich einigermaßen das wirklich Mangelhafte an der entreprise12 leise, leise angedeutet. Ich werde morgen oder übermorgen neue Bangya-Nummem1294' erhalten und dann 2 nach Manchester schicken, eine für Dich, eine für lupum. Apropos. Aus einer Nummer der „Tribüne" seh' ich, daß Pulszky zuvorzukommen sucht den ekligen revelations13, indem er Bjangya] als Spion Metternichs darstellt und als einen, der den General Stein verraten habe. Staatsmann Blind hat sich dann doch im „Advertiser" gemüßigt gefunden, while giving a testimonium paupertatis to Kossuth, „the illustrious Governor of Hungary"14, ihn direkt aufzufordern, eine „Gegenerklärung" zu machen. Kossuth, of course15, hielt's Maul. Wie geht's mit Gumperts Fortschritten in der edlen Reitkunst? Das Pech für mich ist, daß die Sache bei mir immer unterbrochen wird, wenn ich grade wieder so weit gekommen bin, mich für die Geschichte zu interessieren. Salut. Dein K.M.
7 Postanweisung - 8 über den Zustand der britischen Streitkräfte in Indien - „Die englische Armee in Indien" - 9 Es würde ein großer Dienst für mich sein - 10 siehe vorl. Band, S. 560-561 - 11 Nebenbemerkungen - 12 Arbeit - 13 Enthüllungen - 14 indem er dem Kossuth, „dem berühmten Herrscher Ungarns", ein Armutszeugnis ausstellte -15 natürlich
149
Marx an Engels in Manchester
[London] 7 June 1858
Dear Frederick, Beiliegend 2 Nummern Bangya1294', one for you, the other for1 lupus. Erhalten von Dir I. Brief mit der post office note; 2. second letter; 3. article for the „Tribüne" (very amusing one, too)2. Nicht zuvor den Empfang angezeigt, weil ich jeden Tag die 2 Nummern B[angya] erwartete; außerdem viel private troubles3, die die Zeit wegnahmen. Einliegend Brief von Lassalle. Es ist eine höchst kuriose Geschichte. Ich kann nicht antworten, bis ich Deine und Lupi 'Ansicht habe. Ich wünsche daher, daß Ihr sofort konsultiert und mir umgehend Euer avis schickt. Meine Ansicht ist, daß Lassalle sich nicht auf Duell mit dem Esel F[abrice] einlassen soll und daß selbst vom Duellstandpunkt aus der Anfall der zwei Herrn vom „Landjerichte" alles Duellieren out of question4 gesetzt hat. Generally5 ist meine Ansicht - ich halte es, of course6, lächerlich, abzumachen, ob das Duell an sich mit „dem Prinzip" übereinstimmt oder nicht -, daß unter present circumstances, at this peculiar juncture7 etc. etc. in der Zeitgeschichte, die Leute von der revolutionären Partei mit Stöcken, Fäusten und Fußtritten ihren private enemies8 antworten, aber sich nicht auf Duelle einlassen sollen. Total falsch würde es mir aber erscheinen, wenn L[assalle], nachdem er sich einmal kategorisch gegen alles Duellieren erklärt hat, would allow himself to be bullied9 durch kreuzritterlichen gossip10. Gestern war Schapper bei mir. Erzählte mir unter anderm, daß Freund Caussidiere, der abends besoffen in eine Hurengasse in New York geriet und, wie es scheint, mit dem Stock auf ein Mensch einhieb, auf das Geschrei desselben sofort von einem halben Dutzend loafers11 überfallen und beinahe totgeprügelt wurde. Der dicke Lümmel wurde des andern Morgens früh
I eine für Dich, die andere für - 2 Postanweisung; 2. zweiten Brief; 3. Artikel für die „Tribüne" (wirklich ein sehr amüsanter) - „Die englische Armee in Indien" - 3 Sorgen 4 außer Frage - 5 Im allgemeinen - 6 natürlich - 7 den gegenwärtigen Umständen, in diesem besonderen Moment - 8 persönlichen Feinden - 9 sich einschüchtern ließe - 10 Klatsch II Strolchen
besinnungslos picked up12 durch die Polizei und bedurfte einer 6-wöchentlichen Kur, um wieder geh- und lebensfähig zu werden. Seiler hatte einen paralytischen case13:10 Wochen in Lebensgefahr; aber Unkraut vergeht nicht. Heise soll wieder sehr gefährlich nieder sein. Salut. Dein K.M.
12 aufgelesen-13 Anfall
150
Engels an Marx in London
[Manchester] 9. Juni 1858
Lieber Mohr, Hierbei der Brief von L[assalle] zurück. Daß unser Jüdel Braun eine Keilerei gehabt, hatte mir schon Borchardt am Samstag mit triumphierender Miene angezeigt. Diese Details also höchst nützlich zu wissen. Was unsre Meinung angeht, so ist es sonnenklar, daß die beiden Herren, Intendanturrat wie Assessor, durch einen so gemeinen Mordanfall sich vollständig auf den Holz-Standpunkt gestellt haben, und daß das einzige Duell, auf das man sich mit solchen Knaben einlassen könnte, schon in der Keilerei selbst stattgefunden hat. Wenn 2 Kerle einem Dritten auflauern und ihn beide anfallen, so glaube ich nicht, daß irgendein Duellkomment in der Welt erlaubt, sich mit solchem Pack noch zu duellieren. Wollte Herr F[abrice] durch die Reitpeitschengeschichte ein Duell mit Gewalt provozieren, so mußte Herr B[ormann] rein passiv, als Zeuge dabei assistieren, oder war überhaupt überflüssig. Wo aber zwei einen zugleich überfallen, da hat man mit Canaille zu tun, bei der Ehre und fair play1 aufhört, und die bewiesen haben, daß ein honoriger Zweikampf, a fair duel, mit ihnen nicht geführt werden kann. Man riskierte ja, hinterlistig ermordet zu werden. Soweit meine und Lupus' Ansicht, den Komment des Duells als Rechtsboden vorausgesetzt. Abgesehen hiervon, ist es unsre wie Deine Ansicht, daß 1. Duelle für Revolutionäre jetzt überhaupt unzeitgemäß sind und 2. Lassalle, nachdem er sich „prinzipiell" gegen das Duellieren, bis zum Festreiten, erklärt hat, sich sehr blamieren würde, wenn er sich jetzt duellierte. Was unsre Meinung also angeht, so kannst Du unsrem Ephraim Gescheit ruhig schreiben, daß er sich nicht pauken soll, sondern gemütlich seine „unerschütterlicheBestimmtheit" sich wieder ankneipen undmöglichst bald wieder den Mond bei den Zähnen nehmen und zum hundertundersten
1 ehrliches Spiel
Male die Vernichtung wagen soll. Zur Entdeckung, daß er einen hinreichenden Vorrat von Eitelkeit zu besitzen scheint, gratulieren wir ihm, glaub' ich, am besten im stillen. Hast Du die Geschichte mit Foulds Sohn gelesen? Er ist mit der Mademoiselle Valerie vom Gymnase und frcs. 1 600 000 nach London durchgebrannt. Der Alte schrieb an Pelissier und sagte, er solle au cas de besoin, user d'autorite2. Pelissier ladet das Pärchen zum dejeuner3 ein, sagt ihnen: Je vous donne ma benediction4, und schreibt dem Alten: Que'voulez-vous? Les jeunes gens seront toujours de jeunes gens!5 und ganz Paris lacht den alten Fould aus. Dein F.E.
2 im Notfall von seiner Amtsgewalt Gebrauch machen - 3 Frühstück - 4 Ich gebe Ihnen meinen Segen- 5 Was wollen Sie? Junge Leute werden immer junge Leute seinl
151
Marx an Engels in Manchester
2 July 1858 9, Grafton Terrace, Maitland Park, Haverstock Hill, London
Lieber Engels, Der Aufschub in Anzeige Deiner „Kavallerie"[295] verursacht durch großen häuslichen trouble1. Das jüngste Kind2 hat seit Wochen den hooping-cough3, eine sehr ängstliche Krankheit, und meine Frau ist auch sehr unwohl. So bin ich, zusammen mit allerlei andern häuslichen Wirren, verdammt im Arbeiten unterbrochen worden. Du weißt, daß ich in Jersey unsrem Schramm eine amerikanische Korrespondenz verschafft habe. Jetzt, nach seinem Tode, und nachdem er verschiednemal getreten, ist sein Honorar, some 6 pounds arriviert4 und natürlich Herrn Rudolf5 als Taschengeld zugefallen. Sonst nichts Neues hier. Ich glaube, dies Londoner deutsche Blättchen, das Gumpert hielt, ist der „vereinigten Demokratie]" sub auspiciis6 des großen Blind unter dem Titel „Neue Welt"12961 zugefallen. Ich unterstelle, daß Du die Erklärungen des Herrn Türr wie der ungarischen Emigration zu Konstantinopel im „Star" gelesen hast. Wo nicht, schick* ich Dir die „Free Press". Kossuth verharrt einstweilen noch in starrem Schweigen. Unser Auszug aus Bangyas Geschichte in der „Tribüne" erschienen.7 Der Skandal in New York wird K[ossuth] zum Sprechen zwingen. Es ist möglich, daß ich so noch direkt in der Geschichte mich erklären muß. Pulszky hatte de longue main8 einen Ausweg in der „Tribüne" eröffnet, wo er Bangya als alten Metternichschen (!) Spion bezeichnet. Klapka, den ich einen Augenblick bei Freiligrath sah, bemerkte trocken in bezug auf B[angya]: „finis coronat opus"9. Er scheint sehr blasiert über Kossuth. Macht einstweilen in türkischen Aktienschwindeleien.
1 Kummer - 2 Eleanor Marx - 3 Keuchhusten - 4 etwa 6 Pfund angekommen - 5 Rudolf Schramm - 6 unter Leitung -7 Karl Marx: „Ein merkwürdiges Stückchen Geschichte" 8 seit langem - 9 „das Ende krönt das Werk"
Einliegend zwei Briefe aus New York.12971 Von Ephraim Gescheit10 habe ich seit 2 Wochen nichts gehört. Da ich, of course11, überzeugt war, daß mein Brief12 zu keineswegs diskretem Gebrauch seinerseits berufen war, habe ich ihn sehr vorsichtig gehalten, so that it will be extremely difficult for him to abuse it13. Abgesehn von den speziellen circumstances des case14, worin ich ihm ziemlich wörtlich Deine Ansicht wiederholt, habe ich das Duell nur sofern angegriffen, als es sub specie15 eines Kastenprivilegiums von Kerls in Anspruch genommen wird, die glauben, daß man ihre Insulte anders züchtigen muß als die eines Schneiders, Schusters usw. Solcher albernen Prätention gegenüber und solchen Burschen gegenüber sei es revolutionär, sich auf den „Knotenstandpunkt" und „Holzkomment" zu stellen. Andrerseits der Prinzipienreiterei des Ephraim antworte ich damit, daß das Duell unter die Dinge gehöre, die Aristoteles als „gleichgültig" bezeichne, die man tun und lassen könne. Er habe allerdings recht, daß es Reliquie einer verkommenen Entwicklungsstufe sei, aber bei der „Einseitigkeit und Borniertheit der iür^erlichen Verhältnisse könne sich die Individualität manchmal nur in feudaler Form geltend machen". Ich erwarte, daß Du unter allen Umständen nächste Woche einen Artikel über Indien16 schickst. Das Material ist immer hinreichend für einen „Tribune"-Artikel, die sonst „Times" etc. abdruckt. Die Hauptsache ist überhaupt nur, daß Artikel geschickt werden. Salut. Dein K.M.
Gruß an Lupus. Humboldt hat einen sehr „schmeichelhaften" Brief in der „Tribüne" veröffentlicht[298J, an Fröbel adressiert, der seine amerikanischen Reisen zusammen veröffentlicht hat.
10 Ferdinand Lassalle -11 natürlich - 12 siehe vorl. Band, S. 562 - 563 -13 so daß es für ihn äußerst schwierig sein wird, ihn zu mißbrauchen -14 Umständen des Falls -15 in Gestalt 16 „Die indische Armee"
152
Engels an Marx in London
Manchester, 14. Juli 1858
Lieber Mohr, Wir sitzen hier mitten in der Bilanz, und daher hab' ich keine Ruh gehabt, Dir ausführlicher zu schreiben. Deinem Tussichen1 geht's hoffentlich besser. Gumpert sagte mir, daß der Stickhusten im englischen Klima selten gefährlich, gewöhnlich chronisch, aber gutartig sei. Alle Fälle, die sie bis jetzt im Hospital hatten, sind gut ausgelaufen. Er hat mir die beiden bis jetzt erschienenen Berichte dieses Hospitals gegeben (von Marei), sie sind sehr wissenschaftlich, ich wollte, ich hätte damals, als ich mein Buch2 schrieb, solches Material gehabt. Ich habe auch Exemplare für Dich davon, die ich Dir schicken werde; einzelnes wird Dir für das Kapitel Lohnarbeit vielleicht nützlich sein. Über die großartige Anlage und die sanguinen Hoffnungen des Marei wirst Du einige Heiterkeit empfinden. Von Herrn Türrs etc. Erklärungen nichts gesehn, noch gehört, der „Star" ist hier selten gelesen. Schick also die „Free Press" nur ja, womöglich auch ein Exemplar für Lupum, der noch in Buxton ist, wohin ihn Borchardt geschickt, und wo Lupus aus Langeweile wahrscheinlich mehr laufen wird, als seinem Bein gut ist. Die beiden Briefe aus New York'2971, von denen Du in Deinem letzten Brief sprichst, lagen nicht bei. Apropos. Schick mir doch die versprochne Hegeische „Naturphilosophie". Ich treibe jetzt etwas Physiologie und werde vergleichende Anatomie daran knüpfen. Es sind höchst spekulative Sachen darin,, die alle aber erst neuerdings entdeckt wurden; ich bin sehr begierig zu sehn, ob der Alte nichts davon gerochen hat. Soviel ist gewiß, hätte er heute eine „Naturphilosophie" zu schreiben, so kämen ihm die Sachen von allen Seiten entgegengeflogen. Von den Fortschritten übrigens, die in den Naturwissenschaften in den letzten 30 Jahren gemacht sind, hat man übrigens gar keinen Begriff. Entscheidend sind für die Physiologie gewesen 1. die riesige Ent
1 Eleanor Marx - a „Die Lage der arbeitenden Klasse in England"
22 Marx/Engels, Werte, Bd. 29
wicklung der organischen Chemie, 2. das Mikroskop, das erst seit 20 Jahren richtig benutzt wird. Dies letztere hat zu noch wichtigeren Resultaten geführt als die Chemie; die Hauptsache, wodurch die ganze Physiologie revolutioniert und eine vergleichende Physiologie erst möglich geworden, ist die Entdeckung der Zellen, in der Pflanze durch Schleiden, im Tier durch Schwann (ca. 1836). Alles ist Zelle. Die Zelle ist das Hegeische Ansichsein und geht in ihrer Entwicklung genau den Hegeischen Prozeß durch, bis sich schließlich die „Idee", der jedesmalige vollendete Organismus daraus entwickelt. Ein andres Resultat, was den alten Hegel gefreut haben würde, ist in der Physik die Korrelation der Kräfte oder das Gesetz, daß unter gegebnen Bedingungen mechanische Bewegung, also mechanische Kraft (z.B. durch Reibung) in Wärme sich verwandelt, Wärme in Licht, Licht in chemische Verwandtschaft, chemische Verwandtschaft (in der voltaischen Säule z.B.) in Elektrizität, diese in Magnetismus. Diese Übergänge können sich auch anders, vorwärts oder rückwärts machen. Es ist jetzt nachgewiesen durch einen Engländer3, dessen Nameri mir nicht einfällt, daß diese Kräfte in ganz bestimmten quantitativen Verhältnissen ineinander übergehn, so daß z.B. ein gewisses Quantum der einen, z.B. Elektrizität, einem gewissen Quantum jeder andern, z.B. Magnetismus, Licht, Wärme, chemischer Verwandtschaft (positiver oder negativer - verbindend oder lösend) und Bewegung entspricht. Die blödsinnige Theorie von der latenten Wärme ist damit beseitigt. Ist das aber nicht eine famose, materielle Probe auf die Manier, wie die Reflexionsbestimmungen ineinander aufgelöst werden? Soviel ist sicher, bei der vergleichenden Physiologie bekommt man eine schmähliche Verachtung gegen die idealistische Uberhebung des Menschen über die andern Bestien. Auf jedem Schritt wird man mit der Nase auf die völligste Übereinstimmung der Struktur mit den übrigen Säugetieren gestoßen, in den Grundzügen geht die Übereinstimmung durch bei allen Wirbeltieren und selbst - verwischter - bei Insekten, Crustaceen, Bandwürmern etc. Die Hegeische Geschichte vom qualitativen Sprung in der quantitativen Reihe ist auch hier sehr schön. Zuletzt bei den brutalsten Infusorien kommt man bei der Urgestalt, der einfachen, selbständig lebenden Zelle an, die sich aber auch wieder in nichts Wahrnehmbarem von der untergeordnetsten Pflanze (den aus einfachen Zellen bestehenden Pilzen Kartoffel- und Weinkrankheitspilz pp.) und von den Keimen der höheren Entwicklungsstufen bis zum menschlichen Ei und Samentierchen inklusive
3 James Joule
unterscheidet und ebenso egal aussieht wie die unabhängigen Zellen im lebenden Körper (Blutkörperchen, Oberhaut- und Schleimhautzellen, Sekretionszellen in den Drüsen, Nieren pp.). Gelegentlich kannst Du mir auch mitteilen, was dyspepsia crapulosa4 für eine Krankheit ist. Dies ist nämlich kein schlechter Witz, sondern ein wissenschaftlich adoptierter Name. Wenn morgen die „Times" Details über Indien bringt, so wollen wir sehn, was für die „Trib[une]" zu machen ist, sonst geht's nicht. Du wirst also aus der morgenden „Times" schon einigermaßen sehn, was zu erwarten ist. Beste Grüße an die family. Dein F.E. Die Akzeptgeschichte ist glücklich abgemacht.
4 Verdauungsstörung durch Überladung des Magens 22.
153
Marx an Engels in Manchester
[London] 15. Juli 1858 9, Grafton Terrace, Maitland Park
Lieber Engels, Ich ersuche Dich d'abord1, nicht zu erschrecken über den Inhalt dieses Briefes, da er durchaus kein appeal2 zu Deiner schon ungebührlich beanspruchten Kasse sein soll. Anderseits ist es aber nötig, gemeinschaftlich zu überlegen, ob irgendein Ausweg aus der jetzigen Situation gefunden werden kann, denn sie ist absolut nicht länger haltbar. Ihr unmittelbares Resultat war bereits, daß ich completely disabled3 bin von Arbeiten, indem ich teils die beste Zeit mit Herumlaufen und nutzlosen Versuchen, Geld aufzutreiben, verliere, teils meine Abstraktionskraft nicht länger standhält, vielleicht infolge mehr heruntergekommner Körperlichkeit, gegen den Hausjammer. Meine Frau ist nervös zerrüttet durch den Dreck, und Dr. Allen, der zwar eine Ahnung hat, wo der Schuh pinches4, aber natürlich doch nicht die wahre Sachlage kennt, hat mir jetzt wiederholt und positiv erklärt, daß er nicht vor Gehirnentzündung oder ähnlichem stehn kann, wenn sie nicht auf längere Zeit in ein Seebad geschickt wird. Ich meinerseits weiß, daß unter den jetzigen Umständen ihr selbst letztres, wenn es möglich wäre, nicht nützen würde, solange der tägliche Druck und das Gespenst einer unvermeidbaren Schlußkatastrophe sie verfolgt. Letztre aber ist nicht mehr lang aufzuschieben, und selbst das Auflenken für ein paar Wochen läßt den unerträglichen täglichen Kampf mit den mere necessanes6 bestehn und läßt die allgemeine Situation so, daß alles drüber zugrunde gehn muß. Da es in London angebliche loan-societies11781 gibt, die ohne securities6, nur auf references7 hin loans8 von 5-200 £ ankündigen, versuchte ich eine derartige Operation, indem Freiligrath und ein epicier9 sich als referees10 anboten. Das Resultat war, daß ungefähr 2 £ St. auf fees11 draufgingen.
1 zunächst - s Appell - 3 völlig unfähig - 4 drückt - 6 Allernotwendigsten - 6 Sicherheiten ' Empfehlungen - 8 Darlehen -9 Krämer -10 Bürgen -11 Gebühren
Die letzte abschlägige Antwort erhielt ich vorgestern. Ich weiß nicht, ob ich noch einen abermaligen Versuch der Art machen soll. Damit Du eine Einsicht in die wirkliche Sachlage erhältst, habe ich von meiner Frau mir eine Berechnung aufstellen lassen für die 20 von Dir vorgeschoßnen Pfunde und für 24 £, die ich am löten Juni auf die „Tribüne" zog (wovon 2 £ übergezogen waren). Du wirst daraus ersehn, daß, sobald eine solche größre Summe kommt, auch kein Pfennig übrigbleibt auch nur für die dringendsten täglichen Ausgaben, von irgendwelchen Lebensgenüssen gar nicht zu sprechen; daß den folgenden Tag exakt der ekelhafte struggle12 wieder beginnt, und die nur sehr spärlich abgezahlten Gläubiger in sehr kurzer Zeit mit ihren in der Zwischenzeit wieder angewachsnen Forderungen exakt denselben Druck wieder ausüben. Du wirst gleichzeitig sehn, daß z.B. meine Frau nicht einen farthing für sich selbst in Kleidern etc. verausgabt, während der status für die Sommerdresses13 der Kinder unterproletarisch ist. Ich halte es für nötig, daß Du diese Details durchgehst, da es sonst unmöglich ist, zu einer richtigen Beurteilung des case14 zu kommen.
Berechnung für 20 £ am 19. Mai. Davon bezahlt: Steuern (Wasser, Gas) Pfandhauszinsen Aus dem Pfandhaus genommen für Lohn Tallyman16 (dem wöchentlich abgezahlt werden sollte für einen £7 — I 1 10 [sh.] Rock und Hose) Schuhe und Hüte für die Kinder Bäcker Metzger Epicier16 Cheesemonger17 Kohlen .. _ 18 „ „ 1 10 „ „ 1 „ 1 10 „ „ 1 I - 10 „ „ - 10 „
Berechnung für 24 £ am 16. Juni von der „Tribüne Schule für Quarter18 Februar, März, April Von Schapper geliehn für tägliche Ausgaben während 4 Wochen, ihm zurückgezahlt £8 — 3
12 Kampf - 13Sommerkleidung - 14 Falls - 15 Ratengeschäft -16 Krämer-17 Käsehändler 18 Vierteljahr
Wäsche aus dem Pfandhaus genommen £2 — Lohn „ 1 — Tallyman „1 4 [sh.] Metzger ,2 — Epicier ,2 — Greengrocei19 „1 — Hemden, Kleider usw. für die Kinder „2 — Bäcker „2 — Seit dem 17ten Juni war also wieder kein Pfennig im Hause, und um während 4 Wochen die täglichen Ausgaben zu bestreiten, die bar bezahlt werden müssen, pumpten wir von Schapper 4 £, wovon aber ungefähr 2 £ für die verfehlten loan operation in fees20 draufgingen. Der ganze Schuldenetat, wie er jetzt in London steht, ist folgender, der Dir zeigen wird, daß ein großer Teil desselben aus Schulden an kleine epiciers besteht, die zur äußersten Grenze ihres Kredits gegangen sind. Hauszins fällig am 25. Juni £ 9 — Schule fällig 2. August „ 6 — Zeitungsmann (für ein Jahr) „ 6 — Tallyman „ 3 9 [sh.] Metzger 7 14 „ Bäcker 6 — Epicier „ 4 — Greengrocer und Kohlen „ 2 — Milchmann „ 6 17 » Geschuldet an alten Milchmann und Bäcker von Soho „ 9 — Dr. Allen (7 £ St. abgezahlt vom vorletzten ,,Tribune"-Geld) „10 — Lina Schöler „ 9 — Schapper „ 4 — Pfandhaus 30 — Von diesen Schulden sind es nur die an Dr. Allen, Lina Schöler, den alten Gläubigern in Soho und einen Teil des Pfandhauses mir nicht dringend. Die ganze Geschichte dreht sich also darum, daß die spärliche Einnahme nie für den kommenden Monat bestimmt ist, sondern immer nur hinreicht, um die Schulden - nach Abzug der stehenden Ausgaben von Haus, Schule, Steuern und Pfandhaus - soweit zu verringern, daß man nicht direkt auf die
19 Gemiiselyämer — 20 Darlehnsversuche an Gebühren
Straße gesetzt wird. In 4-5 Wochen habe ich about21 24£ an die „Tribüne" zu ziehn. Davon gehn gleich 15 ab bloß für Hauszins und Miete. Wird nur ein minimum für die andren Schulden abgezahlt - und es ist sehr fraglich, ob butcher22 etc. sich so lang gedulden -, so ist der Dreck dagegen wieder vermehrt um die 4 Wochen, die doch d'une maniere ou d'une autre23 gelebt werden muß. Der landlord24 ist selbst von Gläubigern gehetzt und verfolgt mich wie toll. Ich sehe nicht, was ich machen soll, wenn es nicht möglich ist, ein loan bei einer loan-society oder life-assecurance Society25 zu bewirken. Wollte ich selbst zu der äußersten Reduktion der Ausgaben schreiten - z.B. die Kinder aus der Schule nehmen, eine rein proletarische Wohnung beziehn, die Mägde abschaffen, von Kartoffeln leben -, so würde selbst die Versteigrung meines Mobiliars nicht hinreichen, um nur die umwohnenden Gläubiger zu befriedigen und einen ungehinderten Abzug in irgendeinen Schlupfwinkel zu sichern. Der show von respectability26, der bisher noch aufrechterhalten wurde, war das einzige Mittel, einen Zusammenbruch zu verhindern. Ich für meinen Teil würde den Teufel danach fragen, wenn ich endlich wieder eine Stunde Ruhe bekäme und meinen Arbeiten obliegen könnte, in Whitechapel12991 zu leben. Für meine Frau in ihrem jetzigen Zustand könnte aber eine solche Metamorphose mit gefährlichen Folgen verknüpft sein, und für die heranwachsenden Mädchen wäre sie auch kaum geeignet. I have now made a clean breast of it27, und ich versichre Dir, daß es mir keine geringe Uberwindung gekostet hat . Aber enfin28, ich muß mich wenigstens gegen einen Menschen aussprechen. Ich weiß, daß Du persönlich nicht der Sache abhelfen kannst. Was ich verlange, ist nur Mitteilung Deiner Ansichten, what to do29? Meinem ärgsten Feinde wünschte ich nicht, durch den quagmire30 zu waten, in dem ich seit 8 Wochen sitze, mit der größten Wut dabei, daß mein Intellekt durch die größten Lausereien kaputt gemacht und meine Arbeitsfähigkeit gebrochen wird. Salut. Dein K.M. Die verlangten Sachen werde ich Dir schicken.31
21 ungefähr - 22 Metzger - 23 auf die eine oder andere Weise - 24 Hauswirt - 25 Lebensversicherungsgesellschaft - 26 Schein von Ansehen - 27 Ich habe mich nun frei darüber ausgesprochen - 28 schließlich - 29 was zu tun - 30 Sumpf - 31 siehe vorl. Band, S. 337
154
Engels an Marx in London
Manchester, 16. Juli 1858
Lieber Mohr, Es ist sehr brav von Dir, daß Du mich hast in diesen Difficultäten1 klar sehen lassen. Hier ist allerdings sofortiges Einschreiten nötig. Nach meiner Berechnung ist also ungefähr £ 50 a 60 dringend, der Rest noch aufschiebbar. Von dieser Summe könnten £ 30 durch ein neues Akzept von mir sogleich erhoben werden, wenn der Kerl sich verstehen will, das Akzept mindestens 4 Monate dato auszustellen, sonst würde ich nicht imstande sein, das Geld aufzutreiben. Wenn er will, so kann auch £ 20 4 Monat dato und andre £ 20 6 Monat dato trassiert werden (die Zinsen drauf zuschlagen), so daß ich im November und Januar zu zahlen hätte, und das würde Dir sofort £ 40 klar in die Hand geben. Geh also sofort zu Freiligrath und sieh, was zu machen ist. Durchaus notwendig ist natürlich, daß die Akzepte im Portefeuille des Diskonteurs bleiben, sonst wäre ich ruiniert. Mehr wie die berechneten 20% darf der Schuft auch nicht nehmen, das gibt schon beinahe 5 £ Verlust. Hierdurch, sollte ich meinen, würdest Du wenigstens so weit gedeckt sein, daß Du im Notfall die Zeit der nächsten Tratte abwarten könntest. Aber bei dem Gesundheitszustand Deiner Frau ist allerdings noch mehr nötig, und leider kann ich das nicht schaffen. Ich kann nicht einmal hier zu dem Watts hingehn wegen seiner Provident Institution13001, da ich mich mit dem Kerl überworfen habe. Hier hat er indes bloß ein Branch-office2, das Haupt-office ist in London, und Du wirst es in jedem Directory3 finden. Die Geschichte heißt: People's Provident Assurance Society and Life & Equitable Institution. Freiligrath wird Dir leicht Prospektus, Terms4 etc. verschaffen können und auch, falls etwas zu machen ist, was ich aber bezweifle, die Sache einleiten können. Eine andre Methode, hier in England Geld aufzutreiben, will mir trotz allem Besinnen nicht einfallen. Ich glaube, es wäre an der Zeit, daß Du
1 Schwierigkeiten - 2 Zweigbüro - 3 Adreßbuch - 4 Bedingungen
einen Versuch bei Deiner Alten5 oder irgend einem Holländer6 machtest. Am Ende handelt es sich um eine Abwischung der alten Schulden, und a fresh start7, alle Loan8-Geschichten schieben die Sache nur auf und machen die Krisis am Ende nur schlimmer, abgesehn von dem vielen Geld, was mit fees9 etc. und der Zeit, die mit Versuchen aufgefressen wird. Außerdem antizipiert das Akzeptieren meinerseits die Gelder, die ich Dir sonst in kleineren Summen allmählich zugehn lassen könnte, und obwohl Dir das Geld in einer Summe mehr wert ist als die odd10 Fünfpfundnoten, die dann und wann eintreffen, so entsteht dadurch doch in den laufenden Einnahmen ein entsprechender Ausfall. Du mußt wirklich hier etwaige Rücksichten - s'il y en aurait11 - beiseite setzen und einen Coup versuchen. Es handelt sich darum, noch ca. £ 50 aufzutreiben, und ich sehe absolut nicht, wie sie anders als durch Deine Verwandten beigebracht werden können. Inzwischen werd' ich mir die Sache noch ein paar Tage im Kopf herumgehn lassen, ob ich noch was finde. Jedenfalls aber wollen wir diese Korrespondenz verbrennen, damit die Sache unter uns bleibt. Dein F.E.
Im äußersten Notfall akzeptiere ich auch £ 20 auf 3, und £ 20 auf 6 Monate, kürzer aber geht's nicht. Zinsen drauf, so daß Du £ 40 netto hast.
8 Henriette Marx - 6 Marx' holländische Verwandte Philips - 7 einen neuen Beginn - 8 Anleihe - 9 Gebühren -10 einzelnen -11 sollte es welche geben
155
Marx an Engels in Manchester
20. Juli 1858 9, Grafton Terrace, Maitland Park, Haverstock Hill, London
Lieber Engels, Als Dein Brief am Sonnabend ankam, schrieb ich Dir nicht gleich, weil ich erst Antwort auf ein neues „attempt"1 abwarten wollte, bevor ich Gebrauch machte von der mir Deinerseits erteilten Vollmacht. Montag aber erhielt ich abschlägigen Bescheid. Weitres Zögern schien also untunlich. Daher zu Freihgr^th. Heute zeigte mir der schriftlich an, daß die Sache unter den von Dir vorgeschlagnen terms2 ausführbar sei, nur aber erst von August 3., da sein usurer3 früher nicht in der Lage. Ich werde ihm also schreiben, bis August 3. die Geschichte ins Werk zu setzen. Von meiner Mutter4 erhielt ich Sonnabend einen langen Brief. Der Frau Liebknecht, die nach Deutschland reiste, gab ich nämlich ein Porträt des jüngsten Kindes5 für die Alte mit nebst ein'paar Zeilen, worin ich meines mehrmaligen Unwohlseins erwähnte, nicht aber der übrigen Umstände. Der Brief der Altert ist so, daß möglicherweise in einigen Wochen eine Zusammenkunft zwischen uns bevorsteht. If so, I should arrange things.6 Ich muß aber nichts pressen in this respect7. Sonst zieht sie sofort back8. Dank für den „Tribune"-Artikel[301]. Mehr morgen. Dein K.M.
1 „Bemühen" - 2 Bedingungen - 3 Wucherer - 4 Henriette Marx - 5 Eleanor Marx c In diesem Fall würde ich die Dinge besprechen. - ' in dieser Hinsicht - 8 zurück
156
Marx an Engels in Manchester
[London] 25.Juli [1858]
Lieber Engels, Aus einliegendem Brief F[reiligrath]s wirst Du sehn, daß neue difficulties1 eingetreten. Die „neuen" Bedingungen scheinen mir aber au fond2 besser wie die alten, da, obgleich nominell auf 3, in fact erst nach 6 Monaten gezahlt zu werden braucht und 10% weniger. Sei so gut, mir gleich zu antworten one way or the other3. Die Sachen sind pressmg4. Läßt es sich so arrangieren, so werde ich sofort - at any risk5 meine Frau auf ein paar Wochen fortschicken in nahes Seebad und in der Zwischenzeit sehn, WEIS ich mit meiner Alten6 ausrichte, nachdem, of course7, die ungestümsten Ansprüche beruhigt. Salut. Dein K.M.
1 Schwierigkeiten - 2 im Grunde - 3 so oder so - 4 dringend - 5 auf jeden Fall - 6 Henriette Marx - 7 natürlich
157
Marx an Engels in Manchester
8.1 August 1858 9, Grafton Terrace, Maitland Park, Haverstock Hill, London
Lieber Engels, Die Verzögerung des Schreibens an Dich kam daher, daß erst gestern die Sache definitiv, und zwar affirmativ entschieden wurde. Ich saß xmai nieder, um Dir zu schreiben; dann kam wieder ein Brief aus der City, daß es nichts sei und die Transaktion wieder mit somjebody eise2 versucht werden müsse. Ich wollte Dir aber etwas Bestimmtes one way or the other3 mitteilen. Freiligrath, nachdem er mit 6 verschiednen usurers4 fransigiert und die Kerle immer im entscheidenden Moment, gegen ihr Versprechen, abtrünnig fand, hat den Wechsel zuletzt bei seinem eignen Schneider eskomptiert, nachdem er als Kollateralbürge eingetreten. Er hatte schon, ab initio5, ihn zahlbar an seiner eignen Bank gemacht. Der Alte hat sich sehr viel Mühe in der Sache gegeben und selbst einige mit seiner „geschäftlichen" Position nicht ganz vereinbare Schritte getan. Schreibst Du ihm also einmal gelegentlich, so pat6 ihn ein wenig auf die Schultern, eine Operation, gegen die er nicht ganz unempfänglich ist. Der Wechsel ist bei F[reiligrath] selbst deponiert. Der Schneider erklärt sich bereit, unter allen Umständen den Wechsel zu erneuern. Er würde es aber vorziehn, wenn er 20 £ im November erhielte und so einen neuen Wechsel nur für die Testierenden 20 £ bis Januar auszustellen hätte. (Ich hatte nach Empfang Deines Briefs F[reiligrath] sofort mitgeteilt, daß es mit der Sache nur gehe unter der Sicherheit der Erneurung.) Ich habe zu meinem Schrecken aus Deinem Brief gesehn, daß Du wieder krank bist, und es war mir um so peinlicher, Dich unter den Umständen annoyed7 zu haben. Ich bitte Dich umgehend, über Deinen Gesundheitszustand selbst zu schreiben oder den Dr. Gumpert zum Schreiben zu veranlassen.
1 Im Original: 4. ~ 2 jemand anders - 3 so oder so - 4 Wucherern - 6 von vornherein 6 klopfe - 7 belästigt
Nach Empfang des Geldes zahlte ich sofort soviel wie möglich ab und schickte gestern noch meine Frau nach Ramsgate, da kein Tag Aufschub zulässig. Sie ist wirklich außerordentlich leidend. Ist das Ramsgate nicht zu teuer und kann sie daher einige Wochen Seebad brauchen, so denke ich, wird alles bald wieder right8 sein. Meanwhile9 werde ich sehn, was mit meiner Mutter10 aufzustellen. Es ist ein sehr kitzliger Punkt, wie ich der Alten antworten soll wegen meines Verhältnisses zu Preußen. Es ist möglich, daß sie ihr Geld herausrückt, wenn sie glaubt, meine Erbschaft sei von Obrigkeit wegen bedroht. Es ist aber auch möglich, daß sie - da sie mir ihr Testament zu machen scheint - dann alles unter die Obhut des Holländers11 stellt, was mir keineswegs zusagt. Que faire dans cette Situation?12 Sie schreibt, ihre Stunden seien gezählt. Ich halte das aber für Redensart. Sie wollte wahrscheinlich von mir nach London eingeladen sein, und ich hätte das positiv getan, aber grade jetzt brauche ich meine Zeit. Während der letzten 2 Monate konnte ich kaum arbeiten, und die Sache mit dem Duncker wird dringend.[263] An die „Tribüne" habe ich in der letzten Zeit viel geschrieben, um mein Konto etwas m die Höhe zu treiben, aber der Stoff geht verdammt aus. Indien ist nicht mein Departement. Uber Cherbourg'302' hätte ich allerlei politische Witze machen können; doch bin ich militärisch zu unwissend, um der Sache einen fond zu geben. Mir, das ist aber ein ganz subjektives Urteil, vielleicht bloß Vorurteil, scheint Cherbourg ein bloßer dodge13, wie alle Großtaten von Boustrapa[44), bloßer sleight of hand14. Wenigstens hatte der „Moniteur" selbst einige fatale Andeutungen, daß die militärischen Autoritäten den Punkt keineswegs für glücklich gewählt halten und eine Masse Detaileinwürfe gegen die Anlage der Werke selbst gemacht haben. Außerdem ist er far from being finished15 und stellt in seinem jetzigen Zustand vielmehr etwas vor, das sein soll, als das ist. Das einzige, was ganz fertig ist, ist die große Reiterstatue von Napfoleon], In Zentralindien scheint mir die Sache mit dem Fall von Gwalior abgemacht. Die indischen Blätter sind alle sehr feindselig gegen Campbell und machen seine „Taktik" herunter. Einliegend ein Brief von Lassalle. Ephraim Gescheit ist ein kurioser Kerl. Während er von mir an immense deal of discretion16 verlangt und unendlich geheimnisvoll tut, erscheint die ganze Schmiere, im wesentlichen, in der „Kölner Zeitung". Etwas lächerlich Renommistisches geht durch die
8 in Ordnung - 9 Inzwischen - 10 Henriette Marx - 11 Lion Philips -12 Was tun in dieser Situation ? - 13 Schwindel - 14 Taschenspielertrick -15 bei weitem nicht fertig -16 äußerste Diskretion
Briefe des Manns. „Da richtete ich etc. ein schneidend scharfes Memoire etc." „Ich setzte Böckh und Humboldt in Bewegung." Humboldt schrieb „einen fulminanten Brief". „Ich selbst hatte eine äußerst rein deutsch geschriebne Immediatbeschwerde an den Prinzen17." „Wahrhaft foudroyante18 Anklagen gegen den Minister19." „Dringende Bitte." „Ganz konfidentiell." „Meine größte Pistole." „Rettungslos." „Tiefste Verschwiegenheit und Diskretion." „Wenn das nicht gut für die Wandläus ist etc." Unser Bürgers wird jetzt bald aus dem Gefängnis kommen. Seine Hauptidee scheint zu sein, Vaterstelle bei den Kindern von Daniels zu vertreten und zu dem Behuf zunächst die Begattungsstelle bei Frau Dfaniels] zu übernehmen. Letztre hat aber an Lina20 geschrieben, daß Bfürgers] nicht mit ihrem Mann zu vergleichen sei. Apropos. Es wird den lupum interessieren zu hören, daß Jennychen the first general prize in the first class21 (in diesem Preis auch der für Englisch einbegriffen) erhalten hat und Laurachen den Akzessit. Sie sind die 2 Jüngsten in der Klasse. Jennychen hat außerdem den französischen Preis erhalten. Salut. Ich hoffe, gute Nachrichten von Deinem state of health22 zu hören. Dein K.M.
Der „Telegraph" (einliegend) muß auch aufgehoben werden.
17 Prinz von Preußen - 18 niederschmetternde - 19 Ferdinand von Westphalen Schöler - 21 den ersten Hauptpreis in der ersten Klasse - 22 Gesundheitszustand
- 20 Lina
158
Engels an Marx in London
Manchester, 7, Southgate, 1 O.Aug. 1858
Lieber Mohr, Seit gestern wieder im Geschäft. Übrigens war ich nicht krank, sondern bloß verwundet, surgically1, die Wunde ist auch noch nicht ganz geheilt, der Zweck aber erreicht. Vor nächster Woche werd' ich keinenfalls imstande sein, einen „Tribune"-Artikel zu machen. Wie ist's mit der Appleton-Geschichte? Du wolltest mir einmal 2 Briefe aus Amerika beilegen, aber hast es vergessen - bezogen sie sich darauf? Ich werde in 14 Tagen wohl ins Seebad gehn, und da könnte einiges dafür geschanzt werden. Der Brief von Ephraim2 ist in der Tat wunderbar. Wie kann ein Mensch so dumm sein, so etwas schwarz auf weiß aus der Hand zu geben. Das heißt sich doch zum Narren stempeln ä perpetuite3. Lupus und ich gratulieren den beiden Mädchen zu ihren Erfolgen von ganzem Herzen. Der Alte war sehr fidel darüber. Mit seinem Bein hapert's noch immer. Borchardt hat die Geschichte unbedingt falsch behandelt, und Lupus hat durch übertriebnen Pflichteifer und überflüssiges Marschieren sich erst recht verdorben. Die Sache kann später weitere, wenn auch nicht ernsthafte, doch unangenehme Folgen haben. Er war in Buxton und später in Devonshire, wo er wieder schrecklich in schlechten Hotels ausgestanden hat, nichts zu saufen bekam und kolossal geprellt wurde. Deiner Frau geht's hoffentlich jetzt auch besser. Der Schneider kann die Hälfte im Oktober bekommen. Dein F.E.
1 chirurgisch - 2 Ferdinand Lassalle - 3 auf immer
159
Marx an Engels in Manchester
[London] 13.August 1858
Lieber Engels, Es hat mich außerordentlich gefreut, daß meine Befürchtungen wegen Deiner Gesundheit unbegründet. Die 2 Briefe, die ich Dir schicken wollte, waren einer von Weydemeyer (Milwaukee, Wisconsin) und der andre von einem A.Komp (New York), die beide in einem Kuvert ankamen.'2971 Ich hatte sie auf den Tisch gelegt (meinen Schreibtisch), um sie in den Brief an Dich einzulegen, vergaß es, konnte sie nachher nicht wiederfinden. Sie haben sich wahrscheinlich in eines der vielen umliegenden Hefte verkrümelt und werden beim Nachblättern wieder erscheinen. Von der „Cyclopädie" weiß ich nichts. Nur habe ich den zweiten Band in der „Tribüne" annonciert gelesen. Sie erscheint also fort, und wenn Du Muße hast, kannst Du gelegentlich mit C vorangehri. Nur sind dabei 2 Umstände: 1. kann ich in diesem Moment nicht aufs Museum; 2. ist mir unmittelbar vorteilhafter, wenn mein Guthaben an die „Tribüne" wächst. In letztrer ist schon kleiner Ausfall seit der Abwesenheit meiner Frau, und ich kann überhaupt jetzt nicht 2mal an sie selbst schreiben, da ich solche Gegenstände, wie Indien, Montenegro, China und Bonapartes militärisches Eisenbahn- und Cherbourgsystem'3021 nicht behandeln kann. Sobald es Deine Zeit (und, of course1, ohne Harm für Deine Körperlichkeit) erlaubt, ist es mir daher am liebsten, wenn Du für die nächste Zeit öfter für die „Tribüne" schreibst, on any subject whatever2. Meiner Frau tut die See sehr wohl; Anfang dieser Woche ließ sie alle Kinder mit Lenchen3 herüberkommen. Dies ist so far, so good4. Das Schädliche dabei ist nur, daß ich sie, under these circumstances5, kaum länger als nächste Woche noch dort lassen kann. Sie hat sich geistig sehr erfrischt, ist aber körperlich (Nervengestärktheit abgesehn) noch nicht
1 natürlich - 2 über irgendeinen beliebigen Gegenstand - 3 Helene Demuth - 4 soweit gut - 5 unter diesen Umständen
wieder, wie sie sein soll. Sie hat in Ramsgate Bekanntschaft mit feinen und, horribile dictu6, geistreichen Engländerinnen gemacht. Der Umgang mit ihresgleichen, nach jahrelangem Genuß von schlechter oder gar keiner Gesellschaft, scheint ihr zuzusagen. Hast Du in der „Times" die Kritik über Gladstones Buch über Homer gelesen? Es ist manches Amüsante dadrinnen (in der Kritik). Ein Werk wie das von G[ladstone] ist übrigens charakteristisch für die Unfähigkeit der Engländer, in „Philologie" zu machen. Mit dem trade7 in Manchester ist es wohl wieder looking up8? Die Welt hat seit den letzten Wochen überhaupt sich wieder verdammt optimisiert. Herr Pyat, den immer noch der Kummer drückt, daß bei den letzten politischen Verfolgungen sein Name nicht den gehörigen Raum einnahm, hat einen neuen „lettre" über seinen „lettre" ans Parlament, enthaltend Verteidigung des „Fürschtenmordes", drucken lassen.13031 Um die Regierung zur Verfolgung zu zwingen, hat er ein Polizeivergehn verübt, nämlich den Wisch ohne Namen des Druckers erscheinen lassen. Aber die Regierung ist unerbittlich. Pyat soll nicht zum Märtyrer, nicht einmal zu 2 sh. 6 d. nebst costs9 vom Magistrat verdonnert werden. Le pauvre Sire!10 Grüß lupum bestens. Dein K.M.
6 schrecklich zu sagen -7 Handel -8 aufsteigend -9 Unkosten - 10 Der armselige Tropf!
23 Marx/Engels, Werke, Bd. 29
160
Marx an Engels in Manchester .
[London] 18. August 58
Lieber Engels, Wenn es Dir irgend möglich, schicke bis Freitag 1 article über Indien oder Cherbourg. Ich kann absolut nicht mehr Vorangehn ohne solchen Zwischendish1. Wie ich auf dem Trocknen sitze, siehst Du daraus, daß ich gestern (über den Umweg von Ramsgate, wo die Sache kopiert wird) über Cuba slave-trade13041 schrieb. Andrerseits ist es mir grade jetzt wichtiger als je, meinen Kredit etwas aufzuschrauben. Salut. Dein K.M.
Apropos! Nicht direkt, sondern durch den Kanal Liebknecht, der wieder einen andern Kanal angewandt hat, habe ich die Annonce Kinkels über die Fahrt an die lakes2 in der „Neuen Zeit" (Londoner deutsches Blättchen) gebracht.3 Die Sache hat Skandal gemacht. Kinkel leugnet jetzt. Wichtig, daß Du mir darüber schreibst.
1 Zwischengang - 2 Seen - 3 siehe vorl. Band, S. 564-565
161
Marx an Engels in Manchester
[London] Sept. 21. 58 9, Grafton Terrace, Maitland Park, Haverstock Hill
Dear Frederick, Das lange Schweigen mußt Du mit gewohnter Langmütigkeit entschuldigen. Das Unwohlsein, woran ich litt, bevor ich noch Manchester verließ, war wieder - den ganzen Sommer durch - chronisch, so daß alles Schreiben mir außerordentliche Überwindung kostet. So kommt es auch, daß erst jetzt mein Manuskript12631 fortgeht (in 2 weeks1), aber 2 Hefte at once2. Obgleich ich nichts zu tun hatte, als schon Geschriebnes stilisieren, so kann ich oft stundenlang sitzen, ehe ich mit ein paar Phrasen zurechtgekommen. Übrigens bin ich seit about 8 days3 viel besser und ist mir überhaupt die kältere Jahreszeit günstiger. Außerdem sind viele Aussichten vorhanden, daß ich mit Hülfe meiner Mutter4 die häuslichen Verhältnisse ganz regeln kann und auch horse exercise5 wieder beginnen. Letztres wird das erste sein, sobald Regulierung der business8 erfolgt. Unterdes habe ich sehr regelmäßig an die „Tribüne" geschrieben, da ich diesen Kerls kein Geld schenken will. Erkundige Dich einmal bei lupus oder (direkt oder indirekt) bei Borchardt, ob sie eine Frau v. Paula (vielleicht schreibt sie sichPaulaw) kennen, die in Breslau gehaust? Ich werde Euch dann Sonderbares berichten. Von Bangya hatte ich (leider aber nur für ein paar Stunden) ihn bezügliche Briefe aus Konstantinopel und ebenso Ausschnitte aus den Konstantinopeler Zeitungen in der Hand. Aus den Exzerpten in der „Free Press" wird die Sache nicht so klar. Es ist ganz wieder die affaire mit dem „Chief des Hauses".7 Kossuth scheint direkt kompromittiert. Ich habe ihn jetzt in der „Tribüne" summoned to declare himself8! Apropos. Mit der „Tribüne" hab' ich einen guten Witz erlebt. Als Kritik
1 in 2 Wochen - 2 auf einmal - 3 ungefähr 8 Tagen - 4 Henriette Marx - 5 Reitsport 6 Geschäfte - 7 siehe vorl. Band, S. 113 - 8 aufgefordert, sich zu erklären - „Noch ein seltsames Kapitel der modernen Geschichte"
des „Report des Committee" über die letzte Krise schickte ich ihr mehrere Artikel9, die sie als leader10 druckte, speziell bezüglich auf Bankwesen, currency11 etc. Nun kömmt ein banker12, der sich ein „bullionist" zu sein rühmt, mit einem Brief in der „Tribüne", worin er 1. sagt, es sei nie ein so comprehensive summary13 des ganzen Gegenstandes penned14 worden etc., 2. aber allerlei Einwürfe erhebt und die Redaktion auffordert, ihm zu antworten. Die poor devils15 mußten also antworten, und indeed very sad work16 haben sie verrichtet. Solche Inzidenzen sind mir aber günstig. Unser Freund Jones has decidedly sold himself (but at the lowest possible price) to the Bright coterie17. Der Esel hat sich politisch ruiniert, ohne kommerziell sich zu retten. Ich werde die ihn bezüglichen Papiere aus „Reynolds" ausschneiden und Dir schicken. Wie wenig ihm aber die Apostasie genützt - (er hat das „People's Paper" den „Morning Star"Leuten ve rkauft; hat selbst nur noch 2 Spalten in dem Blatt; übrigens schon voller Krakeel mit den neuen Verbündeten wegen der Geldbedingungen) der Bursche predigt union of the middle- and working classes18 - siehst Du daraus, daß er vorgestern bei Freiligrath, dem er einen deutschen Brief zum Lesen einhändigte, worin er ihn um 4 £ anspricht, da er sonst „eingesperrt" würde. Freiligrath sagte ihm, sich zu adressieren „to our friend Gilpin"19. Dieser Gilpin nämlich managing director20 der Switzerlandbank und des Blattes, worin Jones sich inkorporiert hat. Wenn Du irgend Zeit hast, so schreibe anything21 für Freitag. Über den chinesischen Vertrag hab' ich gestern geschrieben.1305' Lina stays22 jetzt bei uns, da sie ihre Stelle wieder verloren. Salut. Gruß an lupum. Dein KM.
Du mußt es unter allen Umständen so einrichten, daß Du Weihnachten oder Neujahrszeit für ein paar Tage herkommst. Nach dem letzten Bericht des „Economist" 13061 hat der französische Handel sich eher verschlechtert als verbessert seit den letzten Monaten. (Gib Einliegendes an Lupus.)
9 „Der englische Bankakt von 1844", „Handelskrisen und Geldumlauf in England" -10 Leitartikel - 11 Geldumlauf - 12 Bankfachmann - 13 eine so umfassende Zusammenstellung 14 geschrieben - 15 armen Teufel - 16 in der Tat sehr klägliche Arbeit - 17 (Ernest) Jones hat sich entschieden an die Bright-Sippschaft verkauft (aber zum denkbar niedrigsten Preis) -18 Bündnis der Mittelklasse und Arbeiterklasse -19 „an unseren Freund Gilpin" 20 geschäftsführenden Direktor - 21 irgend etwas - 22 Lina Schöler wohnt
162
Engels an Marx in London
Manchester, 7. Oktober 1858
Lieber Mohr, Du wirst wohl morgen über die Canning-despatch[3071 schreiben, the thing is out of my latitude altogether1, ich habe in der letzten Zeit die Zeitungen sehr unregelmäßig gelesen und viel zu tun, da Ermen seit 14 Tagen drüben ist und ich die ganze Sauce allein auf dem Halse habe. Das Geschäft hier geht ganz kolossal gut, seit 6 Wochen verdienen die Spinner 1 d. ä l1^ d. pro Pfund in grober und Mittel-Nr. mehr, als sie seit 3 Jahren verdient haben, und das Unerhörte ist passiert, daß der Markt in Garnen hier 1 d. in die Höhe ging, ehe die Liverpooler ^ d. mehr für Baumwolle bekommen konnten. Seit 10-12 Tagen ist etwas Stockung im Aufschlag, aber die Spinner sind alle für längere Zeit engagiert, und die Nachfrage ist noch immer stark genug, um die Preise vollständig zu halten. Wenn das noch einige Zeit so vorangeht, so werden die Movements2 für Lohnheraufsetzung anfangen. In Frankreich verdienen die Baumwollspinner auch seit einiger Zeit mehr als in den letzten Jahren (dies ist sicher, ich hab' es von einem Baumwoll-Agenten, der selbst drüben war); wie es im übrigen Commerce dort aussieht, weiß ich nicht genau, aber der Stand der Börse spricht für wesentliche Besserung. Alles das sieht verdammt optimistisch aus, und der Henker weiß, wie lange das noch dauert, wenn nicht auf Indien und China hin tüchtig überproduziert wird. In Indien muß der Commerce jetzt famos florieren, die vorletzte Bombay-Mail3 brachte Verkäufe - für 14 Tage - von 320 000 Stück Baumwollgewebe, und die letzte wieder 100 000. Die Kerle haben schon alles auf Lieferung verkauft, von dem sie eben erst wußten, daß es in Manchester eingekauft und noch nicht einmal verschifft war. Indien und China scheinen mir, nach den Redensarten der hiesigen Philister und dem Stande des Marktes, den nächsten Vorwand zur Üb erproduktion abgeben zu sollen, und wenn der Winter gut wird, so ist sicher zu erwarten, daß im Frühjahr auch das liederliche Kreditgeben und die Wechselreiterei wieder flott in Gang kommen.
1 die Sache liegt ganz außerhalb meines Bereichs - 2 Bewegungen - 3 Bombay-Post
Die Geschichte mit Jones ist sehr ekelhaft. Er hat hier ein Meeting gehalten und ganz im Sinne der neuen Allianz gesprochen.[308) Nach dieser Geschichte sollte man wirklich fast glauben, daß die englische ProletarierBewegung in der alttraditionell-chartistischen Form ganz zugrunde gehen muß, ehe sie sich in einer neuen, lebensfähigen Form entwickeln kann. Und doch ist nicht abzusehen, wie diese neue Form aussehen wird. Mir scheint übrigens Jones' new move4, in Verbindung mit den früheren mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen einer solchen Allianz, in der Tat damit zusammenzuhängen, daß das englische Proletariat faktisch mehr und mehr verbürgert, so daß diese bürgerlichste aller Nationen es schließlich dahin bringen zu wollen scheint, eine bürgerliche Aristokratie und ein bürgerliches Proletariat neben der Bourgeoisie zu besitzen. Bei einer Nation, die die ganze Welt exploitiert, ist das allerdings gewissermaßen gerechtfertigt. Hier können nur ein paar grundschlechte Jahre helfen, und diese scheinen seit den Goldentdeckungen so leicht nicht mehr herzustellen. Ich muß übrigens doch sagen, daß mir die Art und Weise, wie die überproduzierte Masse, die die Krise hervorrief, absorbiert worden ist, durchaus nicht klar ist; ein so rascher Abfluß einer so heftigen Sturmflut ist noch nie dagewesen. Durch Jones Manöver wird Reynolds eine hervorragende Person; er ist der einzige „Gebildete" (vulgo „Gelehrte"), der sich noch ostensibel zum Repräsentanten des Proletariats aufwirft - au fond5 grade so bürgerlich wie Monsieur Jones jetzt, bloß in andrer Weise. Für ihn ist das ein godsend6. Schick mir doch die versprochenen Ausschnitte aus seinem Paper7. Mit Lupus Bein hapert's noch immer, er kann rasches Gehn noch immer nicht ohne üble Folgen vertragen, indes geht er doch wieder so leidlich. Der kleine deutsche Poetaster, der in der „Augsburger" vorigen Sommer seine Abenteuer bei Kinkel und Freiligrath beschrieb, heißt Isaak Levi, alias Julius Rodenberg, und ist ein Schulkamerad von Gumpert. Wenn ich irgend kann, komme ich Weihnachten herüber. Es ist sehr famos, daß Du mit Deiner Alten8 die Geldsachen arrangieren wirst. Hoffentlich ist das in der Zwischenzeit geschehen oder doch sichergestellt worden? Ich schreibe heute an Freiligrjath] wegen des Wechsels. Herzliche Grüße an Deine Frau und die Mädchen. Dein F. E. Ist das Manuskript fort?12631
1 neuer Schritt - 5 im Grunde - 6 unerwarteter Gewinn - ' „Reynolds's Newspaper"
163
Marx an Engels in Manchester
Okt.8.1, Freitag, London 58
Dear Frederick, Du erhältst heute 2 Sendungen at once2, da das Zeug nicht alles in einen Brief ging. Es besteht: .1. Auf Jones bezügliches aus „Reynolds" ausgeschnitten. Du selbst wirst sehn, wo R[eynolds] facts und auf facts gegründetes Urteil bringt und wo er seinem Gift Luft macht. R[eynolds] ist ein viel größrer Schuft wie Jones, aber er ist reich und ein guter Spekulant. Das bloße fact, that he has turned an out and out Chartist3, zeigt, daß diese Position still4 „einträglich" sein muß. Jones' Rede in Manchester13081 habe ich gelesen. Du konntest, da Du seine frühren speeches5 in Greenwich etc. nicht gesehn, auch nicht finden, daß er hier schon wieder einen turn6 macht und die „Allianz" wieder mehr in Einklang mit seinem frühren Auftreten zu bringen sucht. 2. Pyats neuen „lettre"[3031, der ein oder 2 facts enthält, die interesting7, sonst in der alten Weise. Die Randstriche sind von meinem baby8 hineingesudelt, haben also keine auf den Inhalt bezügliche Bedeutung. 3. Herrn Mazzinis neues Manifest.13091 Ganz der alte Esel. Nur ist er jetzt so gnädig, das Salariat9 nicht mehr als absolute und letzte Form zu betrachten. Nichts ist komischer als der Widerspruch, daß er einerseits sagt, in Italien sei die revolutionäre Partei organisiert in seinem Sinn, andrerseits beweist in „seiner" Art, daß nicht nur die Nation hinter ihr steht, sondern auch alle äußern Chancen des Erfolgs gegeben sind - und schließlich nicht erklärt, warum Italien trotz „Dio e Popolo"and Mazzini into the bargain10 ruhig bleibt. 4. Ein kleiner Ausschnitt aus dem Cincinnati „Hochwächter", enthaltend einen Brief des „Generals" Willich. Bei der optimistischen Wendung des Welthandels at this moment11 (obgleich die ungeheuren Geldakkumulationen in den banks12 von London,
1 Datum von Engels eingesetzt - 2 auf einmal - 3 daß er durch und durch Chartist geworden - 4 noch immer - 5 Reden - 6 eine Wendung - 7 interessant - 8 Eleanor Marx 9 System der Lohnarbeit - 10 als Zugabe - 11 augenblicklich - 12 Banken
Paris und New York beweisen, daß die Sache noch bei weitem nicht all right13 sein kann) ist es wenigstens tröstlich, daß in Rußland die Revolution angefangen hat, denn als solchen Anfang betrachte ich die Zusammenberufung der „Notables" nach Petersburg13101. Ebenso stehn in Preußen die Sachen schlimmer wie in 1847, und die lächerlichen Delusions as to the middle class propensities of the Prince of Prussia14 werden in Ingrimm verpuffen.13111 Es wird den Franzosen nichts schaden, wenn sie sehn, daß die Welt auch ohne sie „mov't"15 (pennsylvanisch). Gleichzeitig sind außerordentliche Bewegungen unter den Slawen, namentlich in Böhmen, die zwar kontrerevolutionär sind, aber doch Ferment der Bewegung bieten.13121 Der russische Krieg von 1854-55, so lausig er war, und sowenig seine Resultate die Russen beschädigten (vielmehr nur die Türkei), hat jedoch offenbar die jetzige Wendung der Dinge in Rußland beschleunigt. Der einzige Umstand, der die Deutschen in ihrer revolutionären Bewegung ganz zum Trabanten von Frankreich machte, war Rußlands attitude16. Mit innerer Bewegung in Moscovy17 hört dieser schlechte Witz auf. Sobald sich die Sache dort etwas sichtbarer entwickelt, werden wir Beweis bekommen, was der brave Regierungsrat Haxthausen sich alles von den „Behörden" und den von den Behörden dressierten Bauern hat aufbinden lassen.13131 Wir können es nicht leugnen, daß die bürgerliche Gesellschaft zum 2tenmal ihr 16tes Jahrhundert erlebt hat, ein 16tes Jahrhundert, von dem ich hoffe, daß es sie ebenso-zu Grabe läutet, wie das erste sie ins Leben poussierte. Die eigentliche Aufgabe der bürgerlichen Gesellschaft ist die Herstellung des Weltmarkts, wenigstens seinen Umrissen nach, und einer auf seiner Basis ruhenden Produktion. Da die Welt rund ist, scheint dies mit der Kolonisation von Kalifornien und Australien und dem Aufschluß von China und Japan zum Abschluß gebracht. Die schwierige question18 für uns ist die: auf dem Kontinent ist die Revolution imminent und wird auch sofort einen sozialistischen Charakter annehmen. Wird sie in diesem kleinen Winkel nicht notwendig gecrusht19 werden, da auf viel größerm Terrain das movement20 der bürgerlichen Gesellschaft noch ascendant21 ist? Was China speziell betrifft, so habe ich mich versichert durch genaue Analyse der Handelsbewegung seit 1836, erstens daß der Aufschwung des englischen und amerikanischen Exports 1844-46 sich 1847 als reiner Schwindel nachwies, und daß auch in den folgenden 10 Jahren der Durchschnitt beinahe stationär geblieben ist, während der Import von China in
13 in Ordnung - 14 Illusionen über die Neigungen des Prinzen von Preußen zu der Mittelklasse - 15 „sich bewegt" - 10 Haltung - 17 Moskowien - 18 Frage -19 unterdrückt - 20 die Bewegung - 21 aufsteigend
England und Amerika außerordentlich wuchs; zweitens die Eröffnung der 5 Häfen und die Besitznahme von Hongkong hatte nur die Folge, daß der Handel von Kanton nach Schanghai überging. Die andern „Emporiums" zählen nicht. Der Hauptgrund der f ailure22 dieses Markts scheint der Opiumhandel zu sein, auf den in der Tat aller Zuwachs im Exporthandel nach China sich fortwährend beschränkt; dann aber die innere ökonomische Organisation des Landes, seine minute agriculture23 usw., die niederzubrechen enorme Zeit kosten wird. Der jetzige treaty24 Englands mit China13141, der meiner Ansicht nach von Palmerston in Verbindung mit dem Kabinett von Petersburg ausgearbeitet und dem Lord Elgin auf die Reise mitgegeben wurde, ist a mockery from beginning to end25. Kannst Du mir Deine Quellen über den progress der Russen in Zentralasien angeben? Ich werde den Aufsatz13151 jedenfalls für die „Free Press" benutzen. Meine Mutter26 ist plötzlich und unerwartet in ein mir unerklärliches Stillschweigen zurückgesunken. Ich denke fast, daß dritte Personen in die Quere gekommen sind. Doch die Sache wird sich aufklären. Gruß an lupus. Dein K.M.
22 Schwäche - 23 winzige Landwirtschaft - 24 Vertrag - 25 ein Hohn von Anfang bis Ende
164
Engels an Marx in London
Manchester, 21. Okt. 1858
Lieber Mohr, Ich bin diese 14 Tage very much put out of the way1 gewesen mit allerhand Lappalien und Lausereien, Krakeel in meinen Lodgings2, die zur Notwendigkeit des Ausziehens führen und was daran bummelt, dazu eine Masse andrer Lumpengeschichten. Ich hab' auch noch nicht einmal neue lodgings gefunden und werde vor Ende nächster Woche schwerlich aus dem trouble3 kommen. Für die Geschichten wegen Jones, Mazzini und Pyat nebst dem „enthusiastischen General"4 sehr verbunden. Letzterer scheint sich ganz dem ordinären deutsch-amerikanischen Dusel hingegeben zu haben, habeat sibi5 er möge sich drin begraben lassen. Quoad Jones6, so ist der „Reynolds" mit seinen facts doch etwas knapp und setzt einige nähere Bekanntschaft voraus mit den vorgefallenen Sachen. Nachdem Monsieur Jones sich schon lange so kommun benommen, ist diese schließliche Wendung kaum überraschend. Aber sich so wegzuschenken! Duncombe hat sich doch wenigstens seine Schulden bezahlen und außerdem gut stellen lassen. Pyat und Mazzini zeichnen sich wirklich selbst gegen früher durch überraschende Geistesarmut aus. Die Aussichten für Herrn Rudolf Schramm scheinen sehr schlecht zu sein. Der Unteroffizier7 läßt Zeitungen konfiszieren nach wie vor und scheint nach den telegraphischen Depeschen nicht einmal gestern auf die Verfassung geschworen zu haben. Jedenfalls wird der Freudendusel, den sich die preußischen Bourgeois gegenseitig angelogen haben, sehr bald verrinnen, aber ich bin auch Deiner Meinung, daß damit die Sache noch nicht zu Ende ist.13111 Über den Gang der Geschichte bin ich indes noch nicht im klaren. Die Bourgeoisie scheint mir noch nicht so sehr über 1848 und 1849 beruhigt, daß sie Courage genug hat, einerseits gegen Aristokratie und Büro
1 sehr viel gestört - 2 meinem Quartier - 3 Trubel - 4 August Willich - 6 meinetwegen 6 Betreffs (Ernest) Jones - 'Prinz von Preußen
kratie, andrerseits gegen proletarische Regungen gleichzeitig Front zu machen. Möglich indessen, daß, solange in Frankreich nichts los ist, die proletarische Bewegung eine Zeitlang noch zu wenig drohend erscheint, um viel einzuschüchtern; aber dann muß sie auch verdammt langsam gehn. Wenn in Frankreich nichts passiert, was beim Aktienstand des Credit mobilier1541 jetzt wohl nicht zu erwarten, könnte sich allerdings in Preußen eine der italienischen 1846-48er ähnliche Bewegung mit proletarischem Hintergrund bilden, sonst aber fürchte ich, daß die Bourgeois wieder rechtzeitig einlenken. Die russische Geschichte1310' macht sich sehr gut. Jetzt sind die Kerle auch im Süden im Krawall. Apropos. Kannst Du mir von Tchorzewsky, oder wer jetzt Herzens Agent ist, einige seiner neuesten Publikationen verschaffen? Diese müssen doch einiges enthalten, z.B. seine „Tonocli h3t> PoccAh" (Stimmen aus Rußland) und der „Kojiokojtb" (Glocke). Es wäre da vielleicht Material zu finden, wenn auch schwerlich viel - aber doch hie und da in Korrespondenzen pp. Meine Quelle für die zentralasiatische Schmiere8 ist ein neues Heft von Brockhaus „Unsere Zeit" (die aus dem „Preußischen] Wochenblatt" abgeschrieben hat) und Petermanns geographische Mitteilungen'316'. Die Sachen sind alle aus russischen offiziellen Publikationen. Wenn es Dir darum zu tun ist, kann ich über den russischen Vertrag mit China'314' (welche Blamage für England und Frankreich!) für Dienstag oder so einen Artikel9 machen, d. h. wenn mein Exodus10 nicht dazwischentritt. Laß mich das wissen und gib mir noch einige Glossen über den von Dir vermuteten Zusammenhang des Elgin-Vertrags mit Rom. Vielleicht hast Du indes dies schon selbst verarbeitet? Indien ist jetzt ganz aus meiner latitude11. Darüber ist militärisch gar nichts mehr zu sagen. Nicht einmal ein Überblick kann über die Ereignisse eines Monats gemacht werden, so desultorisch ist alles. Ich bin überhaupt in Verlegenheit, worüber ich Dir Artikel schicken soll. Wie steht's mit dem Manuskript für Duncker?12631 Now's your time.12 Das neue Ministerium, das jedenfalls kommt, wird wahrscheinlich doch etwas mehr Scheu haben, mit Konfiskation einer wissenschaftlichen Schrift zu debütieren. Ich hoffe, es ist fort. Laß mich das aber doch positiv wissen, zur Beruhigung auch für Lupus. Letzterer war vorigen Sonntag bei mir schwer bekneipt, wurde aber sicher nach Hause eskortiert. Sein Bein ist seitdem wieder etwas schlimmer, er wird sich gestoßen haben.
8 „Das Vordringen Rußlands in Zentralasien" „Die Erfolge Rußlands im Fernen Osten" 10 Auszug -11 meinem Bereich -12 Jetzt ist Deine Zeit gekommen.
Im Commerce ist hier seit 4 Wochen eine Stockung eingetreten, während welcher die Spinner durch Abschlag vom Garn und Aufschlag von Baumwolle 1j2 d. per Pfund von ihrem Profit verloren haben. Sie machen indes noch immer ein gutes Geschäft, und wenn Baumwolle wieder etwas fällt, was wohl möglich ist, kann der geringste Zuwachs von Nachfrage ihnen die alte Stellung wiedergeben. Es zeigen sich auch schon hier und da Spuren von Arbeiterbewegungen für höheren Lohn, und wenn das gute Geschäft fortdauert, so werden sie stärker kommen. Wie macht sich die Geschichte mit Deiner Alten13? Beste Grüße an Deine Frau und Kinder. Dein F.E.
165
Marx an Engels in Manchester
[London] Freitag [22.Oktober 1858]
Lieber Engels! Ich habe heute keinen Moment zu verlieren, da es schon 2 Uhr und noch der Artikel13171 nicht begonnen. Ich schreibe Dir bloß diese Zeilen, um Dir mitzuteilen, daß Du nächste Woche etwas schicken mußt. Zwei Artikel jede Woche nimmt mir enorm Zeit weg, um Material aufzutreiben. Schreib über China. Dann ein andrer Stoff der lächerliche Artikel der heutigen „Times" über die Rifled Cannons1. Gestern nach jahrelangem Schweigen Brief von Pieper erhalten - aus dem Hospital von Dalston (London). Meine Mutter2 mir einen abgeschmackten Brief geschrieben. Sie verschiebt die Auseinandersetzung auf den Moment, wo ich sie besuchen „werde". Offenbar haben Dritte interferiert. Manuskriptt263i noch nicht fort und kann, trotz Lupus, vor Wochen nicht fortgehn. Dein K.M.
1 gezogenen Kanonen - 2 Henriette Marx
166
Marx an Engels in Manchester
[London] 2. November 58
Dear Frederick, „Montalembert"1 will do3. Gestern schrieb ich über die Portugalgeschichte(318! des Quasimodo. Einliegend erhältst Du Werke des großen Blind, der jetzt als vereinigter Volksfreund wirkt, auch die 100 £ ihm von Kinkel überwiesen. Heb das Zeug auf. Du wirst sehn, wie hoch Pyat und Mazzini noch über diesen teutschen Demokraten an Stil etc. stehn. Zugleich hat Blind das in der „Mannheimer Abendzeitung" gelernte Handwerk auch hier begonnen. Durch ein paar Bekannte in Hamburg läßt er den englischen Blättern Briefe (von ihm verfaßt) zuschicken, worin von dem Aufsehn gesprochen wird, das seine anonymen Flugschriften13191 machen. Seine Freunde schreiben dann wieder in die deutschen Blätter, welches Wesen die englischen Zeitungen machten von etc. Dies, siehst Du, heißt Mann der Tat sein. Pieper „unselig" besucht im Hospital. Hat syphilitische Pestbeule an der Stirn. Sonst der Alte. Wird wohl nicht auskuriert sein vor Ende Dezember. Bezweckt dann Reise nach Hannover. Ich habe Zahnweh vom Teufel und kann daher heute nicht weiter schreiben. Grüße Lupum. Dein K.M.
1 Friedrich Engels: „Die gerichtliche Verfolgung Montalemberts" - 2 genügt
167
Marx an Engels in Manchester
[London] 10. November 58
Dear Frederick, Seit 10 Tagen scheußliche Zahnschmerzen und Geschwüre im ganzen Maul, d. h. Entzündungen von Zahnfleisch etc. Hence very bad humour1, da dies mir noch zu den andern Störungen hinzukommt. Deinen Artikel2 gestern abgeschickt für Freitag, da ich an dem Tag keinen geschickt hatte; ich selbst schrieb über das neue preußische Ministerium. Habe jetzt ungefähr 6 Artikel3 d.d. Berlin über Preußen der „Tribüne" geschickt. Ich glaube daher nicht, daß Du für nächsten Dienstag any new matter über Prussia4 haben kannst. Ein Punkt, worüber zu schreiben wäre, worüber ich aber fürchte, unser common material goes not very far5, wäre die Entwicklung der Industrie in Preußen seit 10 Jahren. Aber whence6 den „Stoff" bekommen? Über „Japan", glaube ich, wissen die Yankees mehr wie wir, obgleich in der Tat ihr Wissen immer sehr flach ist. Die hohen Politiker (z.B. Herr Pulszky in der „Tribüne") schwatzen allerlei von möglichem Krieg zwischen Ostreich einerseits, Bonap[arte] und Piemont andrerseits in Italien. Ich halte das alles für Blödsinn. Wäre es aber nicht überhaupt gut, einmal etwas Vernünftiges zu sagen über die militärische Stellung Bonapartes zu Deutschland überhaupt. Wenn Dir der Gegenstand nicht scheint, so nimm irgend etwas, Frankreich oder Russia oder anything eise7. Ich hatte vergessen, Dir die Blindschen „Flugschriften"[3191 einzulegen. Leider finde ich die allerblödsinnigste, den „Aufruf an Schleswig-Holstein", nicht. Doch, da ist er endlich. Zudem erhältst Du eine Rede aus der Londoner „Neuen Zeit" von dem Clown Edgar Bauer.'3201 Heb die Sachen auf.
1 Daher sehr schlechte Stimmung - 2 „Die gerichtliche Verfolgung Montalemberts" 3 „Die Geistesgestörtheit des Königs von Preußen" (2 Artikel), „Die preußische Regentschaft", „Die Lage in Preußen" (2 Artikel), „Das neue Ministerium" (2 Artikel) -4 irgendeinen neuen Stoff über Preußen - 5 gemeinsames Material nicht sehr weit reicht - 6 woher 7 Rußland oder irgend etwas anderes
Ich habe nächste Woche über ein Pfund Zinsen im Pfandhaus zu zahlen. Da es mir unmöglich ist, jetzt gleich auf die „Tribüne" zu ziehn, wäre es mir lieb, wenn Du das Pfund schicktest. Schreib mir ausdrücklich Dein Gutachten über Herrn E.Bauers „Philosophie der Geschichte". Salut. Grüße Lupum. Dein K.M.
168
Marx an Engels in Manchester
[London] 24. November 58
Dear Frederick, Ich habe gestern über Preußen geschrieben1. Also steht Dir für Freitag die ganze übrige Welt offen. Das £ 1 erhalten. Der „spezifische" Dreck, worin ich mich in diesem Moment befinde, rührt daher, daß ich gezwungen war at once2 über 8 £ St. dem Zeitungsmann zu zahlen, der mir für länger als ein Jahr kreditiert hatte. Ich bin so blank, was in dieser Witterung nicht comfortable3. In Trier scheint meine Schwester4 diesmal die ganz rationellen intentions5 meiner Mutter6 durchkreuzt oder wenigstens their realisation7 ins Unbestimmte prorogiert zu haben. Blind war hier mit Gattin8 vorgestern. Ich hatte diese family seit länger als einem Jahr nicht gesehn. Von ihnen erfuhr ich dann verschiednen Klatsch. 1. Frau Kinkel hat sich letzten Montag vor 8 Tagen aus dem Fenster gestürzt, ist seitdem begraben worden. Gottfried9, mit ihm eigner Erhabenheit, wohnte ihrer Sektion bei und hielt eine „Rede" an ihrem Grab. Freiligrath ist so gerührt, daß er für wenigstens 14 Tage mich als „Frivolen" vermeiden wird. 2. Fröbel ist hier. Hat reiche Frau geheiratet. Kehrt nach Amerika zurück. Rußland und Amerika müssen nach ihm die Welt teilen. Er fühlt sich sehr erhaben auf diesem Standpunkt, schwärmt für amerikanischen „Luxus" und Gentlemanlikeness10, verachtet die Deutschen und beweist ihnen dies faktisch, indem er den deutschen Sklavenhandel nach Zentralamerika treibt. Es ist gottvoll, daß ein solcher Rudolstadter, weil ihm die bürgerliche Gesellschaft in ihrer amerikanischen Realität imponiert, „ weiter" zu sein glaubt als der „rest of Europe"11. Diese Hunde verlangen alle nur,
1 „Die Lage in Preußen" - 2 sofort - 3 angenehm - 4 Emilie Marx - 6 Absichten - 6 Henriette Marx - 7 ihre Verwirklichung - 8 Friederike Blind - 9 Gottfried Kinkel -10 vornehmes Getue -11 „Rest Europas"
sobald sie have found their bread and cheese12, einen blasierten Prätext, um dem Kampf valet zu sagen. 3. Rindvieh Rüge hat bei Prutz bewiesen, daß „Shakespeare kein dramatischer Dichter", weil er „kein philosophisches System hatte", Schiller aber, weil Kantianer, ein truly13 „dramatischer Dichter" ist. Prutz darauf hat eine „Ehrenrettung Shakespeares" geschrieben!13211 Ferner hat Rüge in den amerikanischen Blättern Moleschott für „einen dummen Esel" erklärt, worauf Heinzen ihn herausgeworfen aus dem „Pionier", der alte Zotler nun aber seinen Blödsinn ablagert im „Anzeiger des Westens" von Börnstein. 4. Der blödsinnige Ewerbeck ist seit 2 Jahren wieder in Paris, in beständiger Korrespondenz mit Blind. Hatte sich von Ribbentrop verleiten lassen, dessen Magd zu heiraten, fand dann, daß erstrer letztre vögelte, dann Scheidung, Prozeß etc. Er war Gehülfe bei einer Pariser Bibliothek, von den Pfaffen herausgeworfen. Schreibt, daß er nur noch 1200 fcs. besitzt, droht nach England zu kommen, da er gehört vom „Univers" etc., daß in letztrem Land „Sozialismus und Atheismus" blühn. 5. Dr. Freund soll so herunter sein, daß er die Leute auf der Straße um I sh. angegangen haben soll. 6. Lump Landolphe, der als Bettler wieder in England auftauchte, ist durch Blinds Vermittlung in einer deutschen Schule in Bradford angestellt durch Dr. Bronner. Salut. Dein K.M.
12 ihr Brot gefunden haben -13 wahrhaft
169
Marx an Engels in Manchester
[London] 29. November 58
Dear Frederick, Article1 erhalten. Very good.2 Ich habe quoad3 Bonaparte über 2erlei in neuster Zeit geschrieben, die falsche sham provocation4 von England in der Portugalgeschichte13181, und wie der Kerl generally5 Waterloo nur soweit rächt, als es durch sham demonstrations6 innerhalb der „Grenzen der englischen Allianz" und daher, in fact, mit Erlaubnis der englischen Regierung möglich ist, in der Tat aber Knecht von England ist. Zweitens über sein Edikt wegen der corn-granaries7, wo dieser „Sozialist" den ruinierend und wegen dem Knurren der peasantry8 gefährlich low prices of corn9 abhelfen will, indem er eine künstliche Nachfrage auf Kosten der bakers10 schafft.11 Generally, a very dangerous experiment this, to raise the price of corn through government ukases.12 Verteurung des Brots würde in den Städten mehr seiner Popularität schaden, als es auf dem Lande nützen kann. Über das general rising13 der Bourgeoisie in Europa habe ich nicht geschrieben. Im Preußen14 habe ich natürlich darauf angespielt. Über die russische Bauernbewegung habe ich about15 2 X in 6 Monaten geschrieben.16 Das 2te mal nur, um nachzuweisen, daß ich das erstemal die Diagnose richtig gestellt. Über die Reformbewegung in England habe ich in neuster Zeit bloß Brights meeting in Birmingham besprochen13171, und zwar war der Kern der, that his programme is a reduction of the People's Charter to the Middle class Standard17. Früher, vor about 8-12 weeks18 (ich glaube, das Parlament
1 „Europa im Jahre 1858" - 2 Sehr gut. - 3 betreffs - 4 Scheinprovokation - 5 überhaupt 6 Scheindemonstrationen - 7 Kornspeicher - 8 Bauernschaft - 8 niedrigen Kornpreisen 10 Bäcker -11 „Das Projekt der Brotpreisregulierung in Frankreich" - 12 Im allgemeinen ist das ein sehr gefährliches Experiment, den Kornpreis durch Regierungserlasse zu erhöhen. -13 den allgemeinen Aufstieg - 14 Artikel von Marx über Preußen - 15 ungefähr 16 „Die politischen Parteien in England - Die Lage in Europa" und „Die Frage der Aufhebung der Leibeigenschaft in Rußland" - 17 daß sein Programm eine Zurückführung der VolksCharte auf das Niveau der Mittelklasse ist -18 ungefähr 8-12 Wochen
saß sogar noch) darüber, daß Whiggism must dissolve and coalesce with Toryism into the party of the aristocracy19. Dies ist alles. Meine Frau ist abschreibend am ManuskriptI263], und vor Ende dieses Monats wird es kaum abgehn können. Die Gründe dieser Verzögerung: Große Intervalle von körperlichem Unwohlsein, was jetzt in der kalten Wittrung aufgehört hat. Zu viel häuslichen und finanziellen trouble20. Endlich: ist die erste Abteilung umfangreicher geworden, indem die beiden ersten Kapitel, von denen das erste: Die Ware, gar nicht geschrieben war im Rohentwurf, und das zweite: Das Geld oder die einfache Zirkulation nur in ganz kurzen Umrissen, weitläufiger ausgeführt worden sind, als ich ursprünglich bezweckte. Salut. Dein K.M.
Herr Edgar Bauer ist jetzt der reale und Herr Knote und Weitlingianer Scherzer der nominelle Redakteur der Londoner „Neuen Zeit". Herr Edgar spricht natürlich viel von Herrn Edgar und seinen Vorlesungen bei den Arbeitern, indem er alles auf Herrn Edgar Bezügliche selbst schreibt. Dieser clown hält es nötig, einen revolutionären turn21 zu machen. Er hat präsidiert beim Robert-Blum-Fest. In einem Aufsatz in der letzten Nummer entdeckt der clown, daß jetzt „der Imperialismus" unter konstitutioneller Form in Preußen eingeführt worden ist. Dieselbe Nummer nicht uninteressant wegen eines Artikels aus Struves „Socialer Republik" 13221, der jedoch hier von einem gewissen Feibel geschrieben und worin Freiligrath, bei Gelegenheit der amerikanischen Ausgabe seiner Gedichte, sich as the true hero of the proletarian party22 feiern läßt.
19 der Whigismus sich auflösen und sich mit dem Toryismus zur Partei der Aristokratie vereinigen muß - 20 Ärger - 21 Dreh - 22 als den wahren Helden der proletarischen Partei
170
Marx an Engels in Manchester
[London] 11. Dezember 58
Lieber Engels! Kannst Du bis Dienstag liefern etwa Bericht über Brights meeting, und zwar so, daß man sieht, that the writer was at Manchester1? Einliegend Kinkeliana.13231 Freiligrath scheint zu glauben, daß, weil Gattin Kinkel den Hals gebrochen hat, Gatte Kinkel ein großer Mann geworden ist oder wenigstens ein edler. Kinkel hatte das Begräbnis so melodramatisch organisiert - mit der „zitternden Hand" und dem „Lorbeerkranz" etc. -, daß Freiligrath, der keinen Ton des Schmerzes in seiner Leier finden konnte bei den „tragischen" Ereignissen, sei es in der eignen Partei (wie Daniels' Tod), sei es in der Welt generally2 (Cayenne, Orsini12501 and so forth3), plötzlich den elenden Humbug ansingt. Aus dem Ausschnitt aus dem „Daily Telegraph" siehst Du, wie die Koterie ganz ebenso den Tod der nasty1 „bitterbösen Sieben" ausbeutet (denn das war die Affektierte, Kunstdurchtriebne, wesentlich rohe Person; ihre Gemeinheit zeigte sich z. B. glaringly®in dem Undank gegen Strodtmann, gegen Frau von Brüningk, nachdem sie ihr soviel Geld als möglich abgepreßt etc.), ganz wie das Mensch selbst „Kinkel's hat, shot through and through"6, ausbeutete und von London nach Deutschland schreibt: „Have you an idea what it is to be looked upon as a sort of mother to all emigrants?"7 So schreibt das Mensch zur Zeit, wo sie und Gottfried as a sort of beggar8 bei allen Juden in der City herumhausierten. Es ist noch etwas in F[reiligrath]s beschönigendem Brief an mich, das mir mißfällt. Ich soll es als etwas Revolutionäres betrachten, daß er gegen die Amnestiewut, d. h. in fact gegen Rudolf Schramms Idiosynkrasie9. Aber unser F[reiligrath] hat sich vor einigen Wochen in England naturalisiert und wäre in der Tat ein Narr, wenn er, solang die angenehmen Credits
1 daß der Verfasser in Manchester war - 2 im allgemeinen - 3 und so fort - 4 scheußlichen-6 unverhüllt -6 „Kinkels durchschossenen Hut" „Können Sie sich vorstellen, was es heißt, als eine Art Mutter aller Emigranten angesehen zu werden?" -8 wie Bettler-8 Überempfindlichkeit
mobiliers1541 lasten10, sich nach der Stellung eines schlecht bezahlten Kommis in Deutschland zurücksehnte. Ich erinnre mich sehr lebhaft, daß zu einer Zeit, wo schon von Amnestie gefaselt wurde, aber die General Bank of Switzerland noch keinen Platz in den Royal Exchange Buildings11 einnahm, Frau F[reiligrath] sehr ernsthaft mich zu bereden suchte, keinen Widerspruch zu erheben gegen Annahme von Amnestie. Die Leute fühlen alle, that there is something moving again12. Und drängen sich natürlich mit Freiheitsfahnen auf die Bühne. Heb das einliegende Gedicht und Brief auf. Hier im Haus sieht es more dreary and desolate out than ever13. Da meine Frau selbst kein Weihnachtsfest den Kindern bereiten kann, statt dessen von allen Seiten mit Mahnzetteln gehudelt ist und dabei Manuskript'2631 schreibt und dazwischen nach der Stadt in die Pfandhäuser laufen muß, ist die Stimmung außerordentlich düster. Zudem hat meine Frau ganz recht, wenn sie sagt, daß nach alle der Misere, die sie durchmachen mußte, es in der Revolution noch schlechter werden und sie das Vergnügen erleben wird, alle Humbugs von hier drüben wieder Triumphe feiern zu sehn. Weiber sind einmal so. Und das weibische Benehmen der Freiligraths etc. und andrer Bekannten erbittert sie mit Recht. Sie sagt a la guerre comme a la guerre14. Aber there is no guerre15. Alles bürgerlich. Salut. Dein K.M.
10 andauern -11 der Londoner Börse -12 daß sich wieder etwas regt -13 düsterer und trostloser aus denn je -14 wenn Krieg, dann Krieg -15 es ist kein Krieg
171
Marx an Engels in Manchester
London, 16. Dezember 1858
Lieber Engels, My best thanks.1 Wie gelegen das Geld kam, siehst Du aus einliegendem Schreiben, das gleichzeitig eintraf. Ich denke, Schapper und ich und 100 andre wissen besser, was es heißt, in London „streiten", als die „versprengten Männer" am Grab der alten Vettel2. Die Geschichte von Heckscher muß weiter untersucht werden. Schön von Freiligrath, daß er zum Kinkelrevival3 das Signal in Deutschland geblasen. Zum Spaß für lupus habe ich ihm aus der „Tribüne" einliegend einige meiner Berliner gossipartikel1 ausgeschnitten und Deinen Artikel über Montalembert5, den Dana unter Paris stellte, so daß wir in der Nummer der „Tribüne" ganz Europa at once6 vertreten13241. Salut. Dein K.M.
Bald wird lupus hören, daß das Manuskript12631 fort ist, aber der Teufel soll mich holen, wenn ein andrer mit dieser Lauseleber unter bewußten Umständen noch so früh fertig geworden wäre.
1 Meinen besten Dank. - 2 Jobanna Kinkel - 8 zur Kinkel-Auferstehung - 4 Klatschartikel: „Die Geistesgestörtheit des Königs von Preußen" (2 Artikel), „Die preußische Regentschaft", „Die Lage in Preußen" (2 Artikel), „Das neue Ministerium" (2 Artikel) - 6 „Die gerichtliche Verfolgung Montalemberts" - 6 auf einmal
172
Marx an Engels in Manchester
[London] 17. Dez. [1858]
Dear Frederick, 2 1. erhalten mit thanks1. Diese Blindfabrikation (ganz die Art, wie er mir selbst erzählte, daß sie Hecker machte) war mir bekannt, obgleich natürlich nicht einige der angenehmen Details. D'abord2 ist dieser „Tel[egraph] Mom[ing] Expr[ess]" redigiert von einigen englischen Seilers und alle seine telegraphischen Depeschen, wenigstens der größte Teil derselben» ist abgedruckt von Londoner Morgenblättern. Das fact kann ich bezeugen, daß Blind in dem „Mortiitig Advertiser" eine falsche „Telegr. Despatch3" (von Brüssel datiert) eingeschmuggelt. Diese hat das „Tel[egraph] M[orning] Exp[ress]" sich of course4 sofort angeeignet. Zweitens: Dr. Bronner ist nicht nur 1 von, sondern der Agent von Blind, [da er]5 „keinen zweiten" zu versenden hat. Ich glaube auch, daß er direkt [die Missive]5 an Lupus „verordnet" hat, da Bronner keinen Schritt [ohne]5 obrigkeitliche Erlaubnis tut. Heute kannst Du auch im „Daily Telegraph" lesen m der Korrespondenz von Berlin: „Similar petitions have been presented to the (Holstein) Diet by the German merchants resident at Bradford and Liverpool."6 Die Betriebsamkeit dieser kleinen aus der demokratischenPißjauche ausgebrüteten badensischen Flöhe ist rührend. Schon die Alten stellten allerlei erbauliche Betrachtungen über die Flöhsprünge an. Mit der „Tribüne" habe ich eine Satisfaktion erlebt. Dieses Lauseblatt hatte während Monaten alle meine Artikel über China (eine völlige Geschichte des englisch-chinesischen Handels etc.) als leaders7 gedruckt und sich sogar Komplimente darüber schreiben lassen. Als aber endlich der offizielle Text des chinesisch-englischen Vertrags13141 kam, schrieb ich einen Artikel8, worin ich u.a. sagte, die Chinesen „würden nun die Einfuhr von Opium legalisieren, ditto Importduty9 auf das Opium legen und lastly10
1 Dank - 2 Erstens - 3 Depesche -1 natürlich - 6 Papier beschädigt - 6 „Ahnliche Petitionen sind der (Holsteinischen) Kammer von den in Bradford und Liverpool wohnenden deutschen Kaufleuten überreicht worden." - 7 Leitartikel -8 „Der britisch-chinesische Vertrag" - 9 Einfuhrzoll -10 schließlich
wahrscheinlich auch die Opiumcultivation in China selbst erlauben", und so werde der „second opium war"11 dem englischen Opiumtrade12 und namentlich dem Indian Exchequer13 einen deadly blow14 geben, sooner or later. Well!15 Der Herr Dana druckt diesen Artikel als Artikel eines „Occasional Correspondent"16 von London und schreibt selbst einen seichbeutligen leader, worin er seinen „Occasional" Correspondent widerlegt.17 (rather}8 Montag) nun im House of Commons haben Fitzgerald und Stanley im Namen des Ministeriums wörtlich meine Voraussage bestätigt. Ich schrieb also Dienstag als „Occasional Correspondent" und mokierte mich somewhat19, natürlich in verhaltnem Ton, über meinen „Berichtiger".13251 Apropos. Mein Schwager20, ein guter, langer und langweiliger Holländer, kommt nach Manchester in Geschäftsangelegenheiten. Namentlich auch, um sich über die Zahlbarkeit gewisser Individuen zu versichern. Schick mir Deine Privataddress, da er sich an Dich Wenden will. Vermeide aber jede Anspielung auf meine private affairs21. Salut. Dein K.M.
Philister Freil'grath kramt nun nach und nach allerlei aus über den Gottfried22. 1. sendet G[ottfried] den Gerstenberg zu den verschiednen merchants23 in die City. Sie sollten für den „Hermann" subskribieren. Der arme Mann müsse doch „leben" und den „Ausfall" decken, der durch den Tod seiner Frau entstanden. 2. erzählt er mir, daß Gfottfried] sogleich nach dem Tod der Mockel bei ihm anfragte, ob (und wie groß) ein Geschäft mit ihrem Nachlaß bei Cotta zu machen sei? „Ich besitze einmal", sagt Gfottfried], „die Gunst des Publikums." Möglich ist's, daß Blind selbst wieder den „Morning Advertisera täuscht und durch Freund Schütz von Brüssel falsche telegraphische Depeschen schicken läßt. Cluß ist verheiratet mit einer Person, die er bei Dr. Wiß in Baltimore kennenlernte. Apropos. Der Bronner hat auf Blinds Empfehlung den Grec24 Landolphe als Schulmeister in Bradford untergebracht. Herr Liebknecht hat den Edgar Bauer in den Arbeiterverein eingeführt. I watch him.25
II „zweite Opiumkrieg" - 12 Opiumhandel - 13 dem indischen Schatzamt - 14 tödlichen Schlag - 16 früher oder später. Nun! —16 „Gelegentlichen Korrespondenten" - 17 im Original gestrichen: Vorgestern - 18 vielmehr - ls etwas - 20 Johan Carel Juta - 21 Privatangelegenheiten - 22 Gottfried Kinkel - 23 Kaufleuten - 24 Lump - 25 Ich beobachte ihn.
173
Marx an Engels in Manchester
[London] 22. Dezember 58
Lieber Engels, Ich habe gestern über Buchanans Message13261 geschrieben - die Kritik der englischen papers1 darüber reviewed2. Es wäre mir sehr lieb, wenn Du Freitag einen Artikel liefern könntest, etwa Campbells neuen Feldzug oder anything eise3. Da vor Ende dieses Jahrs das Manuskript'2031 zu Duncker fort muß, ist mir jeder Zeitverlust jetzt unersetzlich, Salut. Dein K.M.
1 Zeitungen - 2 besprochen - 3 irgend etwas anderes
174
^ Marx an Engels in Manchester
London, 28. Dez. 58
Prost Neujahr! Für Lupus ditto. How with Servia?113271 Salut.
K.Marx
1 Wie ist es mit Serbien?
175
Marx an Engels in Manchester
[London] 30. Dez. 58
Dear Frederiefe, Von Colone]1 Hodges - und dies reicht hin für Pams Beteiligung in der serbischen Affaire[327] - ist konstatiert, daß er eine Art von Palmerstonschem Bangya war. Ich schreibe jetzt eine Zeitlang wieder ökonomische Artikel an die „Tribüne" und Preußen2, so daß Dir die ganze übrige Welt offensteht. Außerdem habe ich gestern über Irland und die dortigen Conspiracies und Regierungsdodge3 geschrieben.4 Sooft ich außer den oben benannten 2 Themas ein andres bearbeite, werde ich es Dir immer anzeigen. Sei so gut und schicke mir des Lupus Privatadresse. Salut und zum 2tenmal, diesmal zeitgemäß, Prost Neujahr. Dein K.M.
1 Oberst - 2 Artikel über Preußen - 3 Verschwörungen und Regierungsschwindeleien 4 „Die Erregung in Irland"
1859
176
Marx an Engels in Manchester
[London] 6. Jan. 18591
Lieber Engels, Sei so gut und schicke mir die Adresse von Lupus. Wenn Du mit Serbien getan hast, ist ein neuer Stoff ready2 in der Landwehrveränderung (beabsichtigten) in Preußen, worüber ich berichten muß.13281 Die heutige „Times", d.d. Vienna3, enthält eine ausführliche Erzählung des letzten Drecks in Serbien.13291 Während Herr Edgar Bauer Redakteur unter the auspices4 von Scherzer ist und sogar die „Klassengegensätze" adoptiert und verberlinert, gibt Herr Gottfried Kinkel, der das Kinkelrevival5 nicht unbenutzt vorübergehn lassen durfte, eine Wochenschrift „Hermann" (wahrscheinlich nicht der Cherusker, sondern der Goethesche Simpleton13301) heraus in London. Freiligrath, wie mir aus einigen Zeilen an mich scheint, ist schon repentant6 wegen des begangnen blunders7. Wenn Du an ihn schreibst, so sage ihm (aber, of course8, sehr höflich, denn er klagt über den groben oder burschikosen Ton Deiner Briefe), daß in Manchester viel von seiner Allianz mit Kinkel unter den Deutschen gesprochen wird, während Du zugleich die HeckscherAnekdote, Deinen Gewährsmann anführend, einfließen lassen kannst. Es ist in diesem Moment wichtig für uns, daß F[reiligrath] dezidiert mit den Schweinhunden, bricht. Apropos. Willich redigiert jetzt das Turnerblatt in Cincinnati9. Wurde als Redakteur daselbst „erwählt". Er nimmt die Bestellung (die Cluß ihm wahrscheinlich verschaffte, um ihn loszuwerden) an in großartigemSendschreiben, worin er sagt, jetzt sei die Zeit für ihn, sich an die Spitze der Propaganda zu stellen, da das Volk einstweilen keiner militärischen Führung bedürfe, Salut. Dein K.M.
1 Im Original: 1858 - 2 bereit - 3 Wien - 4 der Leitung - 5 die Kinkel-Auferstehung - 6 reumütig - 7 Schnitzers (siehe vorl. Band, S. 373) - 8 natürlich -9 „Die Turn-Zeitung"
177
Marx an Engels in Manchester
[London] 8. Jan. 1859
Dear Frederick, Einliegend Brief von Freiligrath. (Ich hatte ihm einiges geschrieben über die Kinkelaffaire.) Prospekt des „Hermann".13311 Brief des Herrn Willich. Salut. Dein K.M.
178
Marx an Engels in Manchester
[London, zwischen dem 13. und 15. Januar 1859]
Lieber Engels, Wenn es Dir möglich ist, bis Dienstag (wo ich dann den nächsten Freitag nehmen würde) einen Artikel zu liefern, so wäre das wichtig, da ich wünsche, fähig zu sein, bis Mittwoch mein Manuskript12631 an Duncker zu schicken, was unmöglich ist, wenn ich nicht über Dienstag verfügen kann. Das Manuskript ist about1 12 Druckbogen (3 Hefte), und - falle nur nicht um - obgleich sein Titel: „Das Kapital im allgemeinen", enthalten diese Hefte noch nichts vom Kapital, sondern nur die zwei Kapitel: 1. Ware, 2. Geld oder die einfache Zirkulation. Du siehst also, daß der im Detail verarbeitete Teil (im May, wann ich zu Dir kam) noch gar nicht erscheint. Es ist dies in doppelter Hinsicht gut. Zieht die Sache, so kann rasch das 3te Kapitel vom Kapital folgen.13321 Zweitens, da in dem veröffentlichten Teil der Natur der Sache nach die Hunde nicht auf bloße Tendenzschimpferei ihre Kritik reduzieren können und das ganze exceedingly2 ernst und wissenschaftlich aussieht, zwinge ich die Canaille, später meine Ansichten vom Kapital rather seriously3 zu nehmen. Übrigens denke ich, daß, abgesehn von allen praktischen Zwecken, das Kapitel über das Geld für Sachkenner interessant sein wird. Deinen Artikel über Bonap[arte]-Italien4 habe ich etwas modifizieren müssen, da ich Dienstag über denselben Gegenstand schrieb5. Du vergißt unter den agencies6, die Bona vorantreiben, Rußland. Weder war Pam umsonst in Paris13331, noch waren die russischen moves in Italy7 ohne Bedeutung, noch russische Koketterie mit Bonfaparte] seit dem Pariser Frieden. Wenn Rußland durch Bon[aparte] die Östreicher nur zwingt, den Minister Buol abzusetzen und einen russischen panslawistischen Agenten an seine Stelle zu bringen, so hat es viel erreicht. Als Korrespondent von Berlin habe ich einen Artikel über die preußische Armee angekündigt, den Du also one of these days8 machen kannst.
1 ungefähr - 2 außerordentlich - 3 ziemlich ernst - 4 „Die Geldpanik in Europa" - 6 „Die Kriegsaussichten in Europa" - 6 Kräften - 7 Schachzüge in Italien - 8 dieser Tage
Rüge in den amerikanischen Blättern tritt als fanatischer Vorkämpfer des Prinzen von Preußen auf. Schramm9 hat die Erlaubnis erhalten (der Steckbrief gegen ihn zurückgenommen), nach Preußen zurückzukehren und ohne Präventivhaft sich einer neuen Jury zu stellen. Dein K.M.
Rudolf Schramm
179
Marx an Engels in Manchester
[London] 2I.Januar [1859]
Lieber Engels, Das unglückliche Manuskript'2631 ist fertig, kann aber nicht fortgeschickt werden, da ich keinen farthing1 habe, um es freizumachen und zu assekurieren. Letztres ist nötig, da ich keine Kopie davon besitze. Ich muß Dich daher ersuchen, mir bis Montag etwas Geld zu schicken (Post Office2 in Tottenham Court Road corner). Wenn Du 2 £ schicken kannst, wäre es sehr willkommen, da ich einige absolut nicht mehr abzuweisende Forderungen von kleinen Leuten auf Montag vertagt habe. Du begreifst, daß es mir keineswegs angenehm ist, Dir jetzt, wo Du den Wechsel an F[reiligrath] gezahlt hast oder zahlen mußt, wieder auf den Hals zu fallen. But iron necessity.3 Ich will nächste Woche sehn - da ich für 8 Tage mir Ferien gebe quoad4 Fortsetzung des Manuskripts -, ob es mir irgendwie gelingt, irgendeinen Finanzcoup zu machen. Ich glaube nicht, daß unter solchem Geldmangel je über „das Geld" geschrieben worden ist. Die meisten autores6 über dies subject6 waren in tiefem Frieden mit the subject of their researches7. Zieht die Sache in Berlin, so ist es möglich, daß ich aus allem Dreck herauskomme. Dazu ist es high time8. Salut. Dein K.M.
Wenn die Sache in Berlin zieht, wäre vielleicht ein Coup mit einem Londoner Buchhändler für eine englische Ubersetzung zu machen, und hier wird ganz anders gezahlt als in Berlin. Außerdem würde ein solches event9 unsre braven Feinde tödlich ennuyieren. Diese Canaillen glaubten, wir beide seien tot - und nun gar jetzt, wo Herr Clown „Edgar Bauer" uns
1 Pfennig - 2 Postamt - 8 Aber eiserne Notwendigkeit. - 4 betreffs - 5 Autoren - 6 diesen Gegenstand - ' dem Gegenst and ihrer Untersuchungen - 8 höchste Zeit -9 Ereignis
„bei den Arbeitern", wie Gottfried Kinkel überall in der City erzählt, „verdrängt" hat. Die Canaillen, die ihren eignen Totenschein mit jedem Wort, das sie drucken lassen, sich ausstellen, sollen sich wundern, welche „sort of life"10 wir konserviert haben. Ich schwanke, ob ich auf den Dreck setzen soll: „The Author reserves to himself the right of translation."11 (Du kennst den Kartellvertrag wegen Nachdruck zwischen Preußen und England.) Mein Widerwille gegen allen Humbug und Schein von Eitelkeit oder Prätension sagt Nein. Andrerseits sagt' mein Interesse Ja, da grade über diese Geldscheiße beinahe jede Woche eine Schmiere in England erscheint. What do you think, Sir?12 Du mußt auf diesen Punkt umgehend antworten, da ich Montag selbst entscheiden muß.
10 „Art von Leben" -11 „Der Autor behält sich das Recht der Ubersetzung vor." -12 Wie denken Sie darüber, mein Herr?
180
Marx an Engels in Manchester
[London, 26. Januar 1859]
Dear Frederiefe, Die £ 2 richtig erhalten; das Manuskript12631 fortgeschickt; gestern an die „Tribüne" geschrieben economical Review1.13341 Morgen mehr und something very amusing too2. Dein K.M.
1 ökonomische Umschau - 2 auch etwas sehr Amüsantes
25*
181
Engels an Marx in London
[Manchester] 27. Jan. 59
Lieber Mohr, Auf die Mitteilung bin ich gespannt. Inzwischen hierbei einige Pariser Klatschereien. Gestern schrieb ich an Freiligrath wegen Kinkel. Der gute Mann bot mir selbst dazu den Anlaß. Ich hatte ihm gelegentlich der Wechselgeschäfte einige Randglossen über die politische und ökonomische Weltlage gegeben, und diese begeisterten ihn zu der Äußerung: „Auf den ,Hermann wird sicher noch einmal eine ,Neueste Rheinische Zeitung folgen." 13351 Wie er auf den Kinkelschen Wisch kam, ist mir rem unbegreiflich, es sei denn, er wollte mich zu einer Äußerung über Joh[ann] Gottfried] verleiten, und die ist ihm denn auch geworden. Ich muß sagen, die Manier, wie er dies Lausepapierchen in irgendwelchen Zusammenhang mit uns brachte, ärgerte mich sehr. Vorgestern schrieb ich zweimal einen Brief für ihn, aber das war zu grob, ich war zu ärgerlich, ließ die Sache bis gestern liegen. Ich hab' ihn sehr anständig behandelt, aber Monsieur Gottfried] sehr derb, ich sagte ihm, daß K[inkel] ihn als poetische Reference exploitiere, da sein eigner durch Bettelreklamen seiner Frau zusammengestohlner Dichterruhm sonst nicht halte, daß der „Hermann" die Verachtung nur noch gesteigert, die ich von je für diesen hohlen, gezierten, geleckten Affen gehabt habe, und daß ich ihm die Gemeinheiten nicht vergessen hätte, die der „Hund" in Amerika gegen Dich und mich begangen, und für die er zu feig sei einzustehn.13361 Der Brief ist 3 Seiten lang; wie gesagt, Ffreiligrath] kann sich über die Art, wie ich ihn behandle, nicht beklagen, aber indirekt und durch die Blume bekommt er doch viel zu hören. Ich bin begierig, was er machen wird. Hier ist mir auch wieder ein Wuppertaler Poet und entfernter Verwandter1 auf die Bude gestiegen, der in London natürlich gleich bei F[reiligrath] war. Ffreiligrath] schrieb mir, er scheine ein netter Kerl zu sein. Ich
antwortete ihm, er sei wenigstens robust, gesund und weder eitel noch geziert, Eigenschaften, die bei den gegenwärtigen deutschen Poeten ein gut Stück Talent aufwögen. Diesem Kerl hat F[reiligrath] gesagt, er habe tausend Pfund Gehalt. Die Einschwärzung des „Hermann" in Fr[eiligrath]s Brief hat mich schändlich geärgert, er wird mir aber nie wieder so einen Streich spielen, darauf kannst Du fluchen. Viele Grüße an Frau und Kinder. Dein F. E.
Ulks halber lege ich eins der verworfenen Briefkonzepte an F[reiligrath] bei.2
siehe vorl. Band, S. 568-569
182
Marx an Engels in Manchester
[London] 28. Jan. 59
Dear Engels, Allerlei troubles1 erlaubten mir nicht, Dir gestern zu schreiben. Heut Artikeltag.13371 Also bis morgen. Doch leg' ich den „Spaß" ein. Ich schreibe heute Clotilde mit ihrer Engelsmilde.13381 Dienstag erwarte ich einen Artikel von Dir. Könntest Du nicht über die Cottonwirtschaft, Industrieaussichten etc. in Manchester schreiben? In meinem ökonomischen Artikel von Dienstag13341 habe ich absichtlich dies Feld offen gelassen. Salut. Dein K.M.
Deinen Brief an Ffreiligrath] hat letztrer mir mitgeteilt. Er ist famos geschrieben.
183
Marx ah Engels in Manchester
[London] 2.Feb. 1859
Dear Frederick, Mit dem „Constitutionnel" das Beste, da nach der „Times" Herr Boustrapa selbst der Verfasser.13391 Heute kommt ein Brief von Lassalle (den ich Dir später schicke), daß das Manuskript12631 noch nicht angekommen. Nun merke: Am Dienstag (25.) ging es fort; am 30ten Januar hatte ich schon Anzeige von der hiesigen packet Compagnie1, daß das Manuskript in Berlin angekommen. Vom 31. Januar ist L[assalle]s Brief datiert. Also hat die Regierung wenigstens 3—4 Tage (wenn Duncker nach Absendung von L[assalle]s Brief das Manuskript erhalten) mein Manuskript zurückgehalten. Vielleicht hat Herr Stieber es durchgestöbert oder Herr von Patow sich einige ökonomische Kenntnisse im Flug zu verschaffen gesucht. Habe sofort an L[assalle] geschrieben.2 Deine Philister haben die Zeilen, die Du für mich bestimmt (für Dienstag), unterschlagen. Sie sind nicht angekommen. Ich wartete bis 3 Uhr nachmittag. Dann kleckste ich noch einen Artikel zusammen. Salut. Dein K.M.
1 Paketgesellschaft - 2 siehe vorl. Band, S. 574
184
Marx an Engels in Manchester
[London] 8.Feb. 59
Lieber Engels, Heute sind es 14 Tage, daß ich das Manuskript'2631 nach Berlin geschickt; seit der Zeit 2 Briefe an Lassalle1; bis auf diese Stunde habe ich noch keine Empfangsanzeige erhalten. Ich hatte das Senden der Vorrede dazu abhängig gemacht von dieser „Empfangsanzeige". Du begreifst, wie man die Geduld verlieren muß, wenn alles so quer geht. Ich bin ganz krank vor Arger. Einliegend L[assalle]s Brief. Schick ihn mir zurück.. Ich habe heut geschrieben über Bonapartes Scheißrede und Pamphlet.13401 Salut. Dein K.M.
1 Siehe vorl. Band, S. 574 und 575 -578
185
Marx an Engels in Manchester
[London] 9.Feb. 59
Lieber Engels, Heut endlich Brief von Duncker. Er erhielt das Manuskript12631 erst am I.Februar. Diese Woche noch nicht gedruckt, weil eben endigend eine Schrift von Lassalle'1651, ich weiß nicht welche. Einliegend Brief von Eccarius und Pfänder, woraus Du sehn wirst, daß der arme Eccarius der Schwindsucht verfallen. Dies ist das Tragischste, was ich noch hier in London erlebt habe. Pieper, der geheilt entlassen war, wieder von Bognor zurück nach dem deutschen Spital. Diesmal Hungerkur. Serves him right.1 Einliegende Briefe von Weydemeyer und Komp wollte ich Dir längst schicken; ich habe sie endlich beantwortet.12971 Dronke war in Bonn, wo ein Bruder von ihm am Sterben. Er erhielt Erlaubnis von Flottwell und wohnte in Bonn einem Ball seines „Korps" statt. Der Kleine2 hat an Dingelstedt (Fuldaer) geschrieben, durch den er ein von ihm selbst verfaßtes Drama zur Aufführung bringen lassen will. Ferner schreibt der Kleine „Glasgower Briefe" in das'„Museum"3 von Prutz. Alle diese Nachrichten habe ich vom Philister Freiligrath. Von letztrem, der gestern bei mir war (ich selbst bin durch Halsübel ans Haus gebannt), erfuhr ich denn auch, daß Gottfried4 oder Hermann sich so lächerlich bei allen Damen benimmt (der Hanswurst denkt, er habe jetzt nur noch das Schnupftuch hinzuwerfen), daß ein allgemeiner Degoüt5 gegen ihn herrsche. F[reiligrath] ist nun auch dahintergekommen, daß Gottfried sich außerordentlich „free and easy"6 nach dem Tod der Mockel7 fühlt, und - das Sonderbarste - jetzt kommt heraus, daß Philister Freiligrath und Gattin, schon vor dem Begräbnistag, die „Gleichgültigkeit" des Bruder Hermann entdeckt hatten. Der „Hermann" - die preußische Regierung, wie die Berliner „Nationair
1 Geschieht ihm recht. - 2 Ernst Dronke - 3 „Deutsches Museum" -4 Gottfried Kinkel 6 Widerwille - 6 „frei und ungebunden" - 7 Johanna Kinkel
Zeitung" anzeigt, hat ihm Postdebit gegeben - soll, wie Gottfried sagt, den „Ausfall" decken, den der Tod seiner Frau in seiner Kasse veranlaßt. Frau Daniels wird mit der Zeit wohl Frau Bürgers werden. Sie schreibt an Lina8, daß „Bürgers noch energischer und selbstbewußter" geworden. Als Beweis dieses „Selbstbewußtseins" schreibt sie, „wir sind entzückt von F[reiligrath]s Gedicht auf Frau Kinkel'3231, das die .perfide' ,Kölnfische] Zeit[ung]' verstümmelt hat". Steffen hat an Freiligrath geschrieben und ihn um Deine und meine Adresse gebeten, da er unsre Adresse verloren habe. Steffens Adresse ist: W. Steffen, Harrison Square near Boston, Mass. U. St. Salut. Dein K.M.
186
Engels ain Marx in London
Manchester, 10. Febr. 59
Lieber Mohr, Die Geschichte mit Eccarius ist sehr erschütternd. Was ist das für ein heroischer Brief, den er Dir geschrieben hat! Und so ein famoser Kerl muß elendiglich umkommen. Unsre besten Leute gehn uns drauf in dieser elenden Friedenszeit, und der Nachwuchs ist sehr pauvre1. Den Brief von Lassalle hierbei. Ich bin froh, daß das Manuskript12631 angekommen ist. Was sagte Fjreiligrath] zu meinem Brief über Kinkel?2 Er schrieb mir: all right, all right3, und er habe seine Antwort Dir gegeben. Du bist sie mir also noch schuldig. Ich gehe jetzt nach Hause und mache für die II.Post einen Artikel4 über die östreichische und deutsche Bundesarmee. Dein F.E.
1 armselig - 2 siehe vorl. Band, S. 388 und 568 - 569 - 3 in Ordnung, in Ordnung - 4 „Die deutschen Ressourcen für den Krieg"
187
Engels an Marx in London
Manchester, 14. Febr. 1859
Lieber Marx, Was ich vergaß, Dir zu schreiben: Laß ja auf Deinem Buchf263] Dir das Recht der Ubersetzung reservieren. Wenn's auch bloß ist, damit nicht irgendein Esel oder Industrieller Dir die Geschichte verhunzt. Außerdem ist das jetzt eine pure juristische Förmlichkeit, die jeder ohne Anstand erfüllen kann. Staatsmann Blind hat einen Freund im Telegraphenbüro, der den Provinzialblättern manchmals schöne Wunderdinge telegraphiert. Hierüber mehr. Dein F.E.
188
Marx an Engels in Manchester
[London] 15.Feb. 1859
Lieber Engels, Einliegend: 1. Brief von meinem Schwager1 (dem Cape man2), woraus Du siehst, daß der Bursche morgen in London landen wird. Da ich sans sou3 bin (ich habe noch Sonnabend den letzten „freien" Rock meiner Frau versetzen lassen, um dem Eccarius some comforts4 zukommen zu lassen) und den Mann, der nach Trier geht und wichtig für die Transactions5 mit meiner Mutter6 ist, anständig empfangen muß, muß ich Dich wieder treten, mir at least7 1 £. zuzuschicken per Post. Zum Glück hab' ich den sog. Momms, und damit brauche ich den Mann nur im Haus zu empfangen, während ich alles Herumtreiben als Kranker abweisen kann. 2. Brief von Eccarius. Ich hatte letzterm (der mir etwas sich zu bessern scheint) gesagt, wenn er Wein brauche, solle er mich es wissen lassen. Du mußt also about 2 bottles of8 Portwein ihm zukommen lassen. 3. 2 Einlagen aus der „Free Press" (die nun um so wichtiger, weil aus dem „New York. Herald" abgedruckt)13411 werden Dir eine Einsicht in den chinesischen Krieg und die Politik des Herrn Palmerston gewähren. Ad vocem Freiligrath. Ich kam ihm sehr gelegen grade am Tag, als er Deinen Brief erhalten9. Er gab ihn mir zu lesen. Entschuldigte sich, wenn das Gedicht13231 unpolitisch gewesen, damit, daß er „Dichter" sei. Zweitens aber habe er von wegen des „Hermann" nur einen „Witz" Dir geschrieben. Well, after these very meagre explanations10 sagte er, er werde Dir schreiben, daß er mit mir die Sache all right11 gesetzt habe. Dein Brief hatte ihn übrigens tief „gekitzelt". Ich sagte ihm, der Brief sei „sehr gut geschrieben", und er mußte natürlich darüber lachen, daß ich on such an occasion12 zu-' allererst auf „die Form" sähe. Das fact ist dies: F[reiligrath] sieht ein, daß
1 Johan Carel Juta - 2 Mann aus Kapstadt - 3 ohne Pfennig einige Annehmlichkeiten 6 Verhandlungen - 6 Henriette Marx - 7 wenigstens - 8 ungefähr 2 Flaschen - 9 siehe vorl. Band, S. 388 und 56 8 - 569 -10 Nun, nach diesen sehr kümmerlichen Erklärungen -11 in Ordnung -12 bei solch einer Angelegenheit
Kinkel ihn gebraucht hat und sogar, nachdem er ihn gebraucht, etwas frech gegen ihn wird. (So zum tiefen Arger von Freiligr[ath] steht im „Hermann" mit großen Buchstaben unter den Annoncen: „Schriften von Gottfried und Johanna Kinkel" und unter dieser Rubrik mit kleinen Buchstaben: F. Freiligraths Gedichte, so daß F.F[reiligrath]s Gedichte annexiert sind zu den Schriften von Gott[fried] und Joh[anna], Dies wurmt unsern Biedermann sehre.) Andrerseits ist Freiligrath dem Kinkel sehr verpflichtet, daß er ihm, wie es scheint wider alles Erwarten, wieder zu einer politischen Leibesöffnung verholfen, die, by the by13, wenn ich nicht irre, große Elogen und, wie es heißt, sogar Presente14 von Philistern aus Deutschland bewirkt hat. Notabene: Die Frau Daniels schreibt an Lina15 (in Antwort auf einige Witze, die letztre über den Kinkelcase16 geschrieben): „Wir" (sie und Heinrich, der Stille17) „sind entzückt und schwärmen über F[reiligrath]s Gedicht", und der spintisierende Heinrich, der „noch selbstbewußter und noch energischer geworden", hat sogar herausgewittert, daß „die perfide" „Kölnische Zeitung" die nur in Heinrichs olympischem Haupt existierenden „bedeutendsten Strophen" unterdrückt hat. Was ist das mit Blind? Apropos. Hast Du und Lupus aus den Zeitungen (es ist vielleicht 4-6 Wochen her) ersehn, daß Madame Bangya in Paris wegen Lorettenstreichen auf 6 Monate ins Zuchthaus gesperrt worden ist? Salut. Dein K.M.
Ich habe dem Lupus seine Adresse wieder verloren. Ist es nicht 59, Boundary Street, Greenteys? Wenigstens habe ich unter dieser Adresse einen Brief ihm zukommen lassen. Schappers Frau hat einen Jungen gemacht, und der alte Ochs, der jetzt Schädelwissenschaft treibt, hat entdeckt, daß der 7tägige imp18 sanguinischcholerisch ist.
13 nebenbei - 11 Geschenke - 15 Lina Schöler - 16 Kinkelfall - 17 Heinrich Bürgers
189
Marx an Engels in Manchester
[London, 21. Februar 1859]
Dear Frederick, Mein Schwager1 reist Donnerstag nach Manchester und wird Dich wohl Freitag besuchen kommen. Doch mußt Du mir die exakte Adresse schicken. Juta ist übrigens, wie ich bei nährer Bekanntschaft finde, gar kein [gesunder]2 Kerl. Er leidet verdammt an der Leber und [muß]2 deswegen nach Karlsbad gehn. Es wäre mir lieb, wenn Gumpert ihn untersuchte und, da er jetzt grade Schmerzen in der Leber hat, etwas zu ihrer Lindrung tun könnte. Nur, wenn die Sache gefährlich ist, muß sich G[umpert] nichts merken lassen. Ich schreibe morgen über den Factoryreport13421 und erwarte um so sichrer Artikel von Dir, als ich nun das „Kapital"13321 ausarbeite. Dein K.M.
Notahene. Ich habe Dana geschrieben, ob er mir einen Yankee für die englische Ausgabe der Politischen Ökonomie12631 verschaffen kann. In diesem Fall, wenn die Sache einträglich, müßte ich einige Wochen nach Manchester kommen, um die Sache mit Dir zusammen zu anglisieren.
1 Johan Carel Juta - 2 Papier beschädigt
190
Marx an Engels in Manchester
[London] 22. Feb. 59
Lieber Engels, Der Überbringer dieser Zeilen ist mein Schwager Juta, den ich Dir aufs beste empfehle. Dein K.Marx
Eccarius hat den Wein Sonnabend erhalten und glaubt, jetzt schon die heilsamen Wirkungen desselben zu verspüren. Es ist wahrscheinlich, daß der Wein ihm durchhelfen wird.
191
Marx an Engels in Manchester
[London] 25. Feb. 59
Lieber Engels, „Po und Rhein" ist ein vorzüglicher Einfall, der sofort ins Werk gesetzt werden muß.13431 Du mußt gleich an die Sache gehn, da Zeit hier alles ist. Ich habe heute noch an Lassalle geschrieben1 und bin sicher, daß Jüdel Braun die Sache durchsetzt. Zuerst muß das Pamphlet (how many sheets?2 antworte auf den letztern Punkt umgehend) anonym erscheinen, so daß das Publikum glaubt, ein großer General sei der Verfasser. Bei der zweiten Auflage, die Du unbedingt erlebst, wenn die Sache rechtzeitig erscheint, nennst Du Dich dann in 6 lines3 Vorwort. Dies ist dann ein Triumph für unsre Partei. Ich habe Dir im „Vorwort"13441 einige honneurs gemacht; und so ist es um so besser, wenn Du gleich darauf selbst auf die Bühne trittst. Die Hunde von Demokraten und liberalen Lumpen werden sehn, daß vir die einzigen Kerls sind, die nicht verdummt sind in der schauderhaften Friedensperiode. Die „Tribüne"-Nummern sollst Du immer erhalten. Bisher ist noch k.einer der militärischen Artikel gedruckt. Den ersten, den Du a long time ago4 schriebst, hat Herr Dana nicht veröffentlicht, wird es aber jetzt wohl tun. Mir geht es auch beständig so. Oft finden die Esel erst nach 3 Monaten, daß man ihnen die events5 vorhergesagt hat, und drucken dann die betreffenden Artikel. Die Adresse meines Schwagers6 ist richtig. Nur hat er vergessen hinzuzufügen City (near the General Postoffice7). Doch denke ich, wird er jetzt selbst in Manchester sein und Dir Auskunft über sich selbst geben. Salut. Dein K.M.
1 Siehe vorl. Band, S. 580-581 - 2 wieviel Bogen? - 3 Zeilen - 4 vor langer Zeit - 6 Ereignisse - 6 Johan Carel Juta - 7 beim Hauptpostamt
192
Marx an Engels in Manchester
[London] 25. Febr. 59
Lieber Engels, Ich schreibe Dir heut abend wieder, weil time presses1. Ich bin moralisch sicher, daß Duncker, nach meinem Schreiben an Lassalle2, die Brochure'343' nimmt. Das Jüdel Braun3 hat mir zwar nicht geschrieben, seit mein Manuskript12631 angekommen ist, und das sind über vier Wochen. Einerseits war er beschäftigt mit der Herausgabe eines eignen unsterblichen „zündenden" Werks11651 (still4 ist das Jüdel, selbst sein „Herakleitos"11641, obgleich hunzschlecht geschrieben, better than anything the democrats could boast of5), und dann wird er wahrscheinlich die letzte Korrektur bei meinem Wisch zu übernehmen haben. Zweitens hat er indirekt in meiner Analyse des Geldes einen furchtbaren Schlag auf den Kopf erhalten, der ihn etwas betäubt haben mag. Er hatte nämlich zum „Heraklit" folgende Anmerkung gemacht, die ich Dir wörtlich hersetze, trotz ihrer unendlichen Länge13451 (Du mußt sie aber auch lesen): „Wenn wir oben sagten, Heraklit habe in jenem Fragmente die wahrhafte nationalökonomische Natur und Funktion des Geldes angegeben" (Heraklit sagt nämlich: jivqoq r'ävrafieißEaSai jtävra xal jivq ändvrwv äoneg XQvaov Xpr'j/_iaTa, ml xorjiuhojv xpvgö^), „so ist es wohl überflüssig, zu bemerken, daß wir ihn selbst damit nicht zu einem Nationalökonomen machen und also auch weit entfernt nicht behaupten wollten, als habe er irgendeine der weiteren aus jenem Fragmente folgenden Konsequenzen erfaßt. Aber obwohl diese Wissenschaft damals gar nicht existierte und existieren konnte, also auch nicht Gegenstand heraklitischen Denkens war, so ist doch richtig, daß Heraklit, eben weil er nie Reflexionsbestimmungen, sondern nur dem spekulativen Begriffe folgt, in jenem Fragmente das Wesen des Geldes in seiner wirklichen Tiefe und richtiger als viele modernen Ökonomen erkannt hat, und es ist vielleicht nicht ganz uninteressant und auch nicht so
1 die Zeit drängt - 2 siehe vorl. Band, S.580—581 - 3 Ferdinand Lassalle - 4 und doch 6 besser als irgend etwas, dessen sich die Demokraten rühmen könnten - 6 daß aus Feuer alles umwandelnd hergestellt werde und das Feuer aus Allem, gleichwie gegen Gold die Dinge und gegen die Dinge das Gold sich austauschen
von der Sache abliegend, wie es zunächst scheinen könnte, zu sehen, wie sich aus einer bloßen Konsequenz jenes Gedankens die modernen Entdeckungen auf diesem Gebiete von selbst ergeben7." (Notabene. L[assalle] kennt nicht die Laus von diesen Entdeckungen.) „Wenn Heraklit das Geld als Tauschmittel zum Gegensatz aller in den Tausch kommender reellen Produkte machte und es an diesen erst sein wirkliches Dasein" (Ich unterstreiche, wo L[assalle] unterstrichen hat) „haben läßt, so ist also das Geld als solches nicht selbst ein mit einem selbständigen stofflichen Werte bekleidetes Produkt, nicht eine Ware neben andern Waren, wie die Saysche Schule" (Schöne kontinentale delusion8, daß es eine Saysche Schule gibt) „noch bis heute das Metallgeld hartnäckig auffaßt, sondern es ist nur der ideelle Repräsentant der umlaufenden reellen Produkte, das Wertzeichen derselben, das nur sie bedeutet. Und das ist nur zum Teil eine aus dem Fragment entwickelte Folgerung, zum Teil nur der für Heraklit selbst darin vorhandene Gedanke. Wenn aber alles Geld nur die ideelle Einheit oder der Wertausdruck aller realen umlaufenden Produkte ist und erst an diesen, die zugleich seinen Gegensatz bilden, sein wirkliches Dasein hat, so folgt aus der bloßen Konsequenz" (Schöner Stil! Es folgt aus der „bloßen Folge") „dieses Gedankens, daß die Wertensumme oder der Reichtum eines Landes nur durch die Vermehrung der wirklichen Produkte, niemals aber durch die Vermehrung des Geldes vergrößert werden kann, da ja das Geld, statt auch nur irgendein Moment des Reichtums und des Wertes" (Jetzt haben wir Reichtum und Wert; vorhin Wertensumme oder Reichtum) „selbst zu bilden, immer nur den in den Produkten gelegenen" (auch eine schöne Gegend) „und nur in ihnen wirklichen Wert als abstrakte Einheit ausdrückt. Es folgt somit der Irrtum des Handelsbilanzsystems." (Dies ist Ruges würdig.) „Es folgt ferner, daß alles Geld immer an Wert gleich allen umlaufenden Produkten ist, da es nur diese in die ideelle Werteinheit zusammenfaßt, somit nur deren Wert ausdrückt; daß somit durch Vergrößerung oder Verringerung der vorhandenen Geldsumme der Wert dieser gesamten Geldsumme niemals berührt wird und immer nur allen umlaufenden Produkten gleichbleibt; daß man streng genommen gar nicht von einem Werte alles Geldes verglichen mit dem Werte aller umlaufenden Produkte sprechen kann, weil in einer solchen Vergleichung der Wert des Geldes und der Wert der Produkte als zwei für sich selbständige Werte gesetzt werden, während nur ein Wert vorhanden ist, der in den sinnlichen Produkten konkret realisiert und im Gelde als abstrakte Werteinheit ausgedrückt, oder vielmehr der Wert selbst
7 von Marx unterstrichen - 8 Illusion
nichts als die aus den wirklichen Dingen, in denen er nicht als solcher vorhanden, herausabstrahierte Einheit ist, der im Gelde ihr besondrer Ausdruck gegeben ist; nicht also der Wert alles Geldes bloß dem Werte aller Produkte gleichbleibt, sondern, richtiger gesprochen, alles Geld nur der Wert aller umlaufenden Produkte ist." (Dieser doppelte Großdruck gehört dem Autor.) „Es folgt somit hieraus, daß bei Vermehrung der Anzahl der Geldstücke, da der Wert der Summe gleichbleibt, immer nur der jedes einzelnen Geldstückes fallen und bei ihrer Verminderung ebenso wieder steigen muß. Es folgt ferner, daß, da das Geld nur die unwirkliche Gedankenabstraktion des Wertes und den Gegensatz gegen die wirklichen Produkte und Stoffe darstellt, das Geld als solches gar keine Wirklichkeit an sich selbst zu haben, d.h. aus keinem wirklich wertvollen Stoffe zu bestehen braucht, sondern ebensogut Papiergeld sein kann und gerade dann seinem Begriffe am entsprechendsten ist. Alle diese und viele andre erst seit Ricardos Untersuchungen auf einen ganz andern Wege gewonnenen und noch lange nicht allgemein adoptierten Resultate ergeben sich schon durch die bloße Konsequenz jenes von Heraklit erkannten spekulativen Begriffs." Ich habe natürlich nicht die geringste Rücksicht auf diese talmudistische Weisheit genommen, aber den Ricardo sehr heruntergemacht wegen seiner Geldtheorie, die, nebenbei bemerkt, nicht von ihm, sondern von Hume und Montesquieu stammt. So mag Lassalle sich dadurch persönlich betroffen fühlen. An sich war nichts dabei, denn in der Schrift gegen Proudhon9 nahm ich selbst R[icardo]s Theorie an. Aber Jüdel Braun hatte mir einen sehr lächerlichen Brief geschrieben, worin er sagte, er „interessiere sich für das baldige Erscheinen meiner Schrift, obgleich er selbst ein großes nationalökonomisches Werk12551 unter der Hand habe," er „setze zwei Jahre dafür aus". Wenn ich ihm aber „zu viel Neues wegnähme, würde er vielleicht die ganze Sache aufgeben". Well!10 Ich antwortete darauf, daß keine Rivalität zu fürchten, da in dieser „neuen" Wissenschaft Platz für ihn und mich und noch ein Dutzend andrer sei.11 Aus meiner Darstellung des Geldes muß er nun sehn, entweder daß ich gar nichts von der Sache weiß, obgleich dann mit mir die ganze Geschichte der Geldtheorien sü ndigt, oder daß er ein Esel ist, der mit ein paar abstrakten Phrasen, wie „abstrakte Einheit" u. dgl., sich anmaßt, über empirische Dinge zu urteilen, die man studieren muß, und lange into the bargain12, um über sie mitsprechen zu können. Aus diesem Grunde mag er mir nicht ganz grün im innersten Herzenswinkel sein in diesem Momente. Aber, und das ist der Punkt, wo ich hinaus wollte, Lassalle hat erstens wirklich zu viel Interesse „an der Sache" und zweitens * „Das Elend der Philosophie" -10 Nun gut! -11 siehe vorl. Band, S. 567 -12 obendrein
ist er zu sehr „Ephraim Gescheit", um nicht coüte que coüte13 mit uns zu halten, was er wegen seines Krakeels mit den Düsseldorfern14 um so nötiger hat. Zugleich hat ihn sein Aufenthalt in Berlin überzeugt, daß mit der Bourgeoispartei für einen energischen Kerl wie ihn nichts anzufangen ist.13461 Also bei klugem management15 gehört uns der Mann mit Haut und Haar, so viele „zündende" Bocksprünge er immer machen und so sehr er den Heraklit dafür, daß er der kurzgefaßteste Philosoph war, mit dem längsten Kommentar züchtigen mag. Aus demselben Grund bin ich sicher, daß er Deine Brochure dem Duncker aufzwingen wird en cas de besoin16. Übrigens habe ich den Brief an ihn so eingerichtet, daß er ihn ganz dem Duncker zeigen kann. Er ist in der Tat für D[uncker], nicht für L[assalle] geschrieben, obgleich Ephraim das trotz seiner Gescheitheit kaum merken wird. Ich betrachte also als sicher, daß D[uncker] die Brochure nimmt, und so ist das Wesentliche nur, daß Du sofort an das Machen derselben gehst, denn dies ist wie ein Zeitungsartikel. Es ist keine Zeit dabei zu verlieren. Aus demselben Grunde, wegen der unmittelbaren Wirkung, denke ich, daß Du nicht über 4-5 Bogen (wenn so viel nötig) herausgehn mußt. Von der Mitarbeit an der „Tribüne" betrachte Dich (wenn nicht irgendein Kriegsereignis, was nicht wahrscheinlich, Deiner Brochure vorherkommt) daher als ganz dispensiert, bis Du die Sache fertig hast. Das Vernünftigste wäre, wenn Du plötzlich krank würdest und vom Comptoir wegbliebst, um die Sache in einem Zug hinzuschreiben. Amicus Engels Senior, amicus Ermen (Gotofredus!), sed magis amicum tö cp(3ovelva „CpEV, CpEV, CpQOVElV CÜf ÖSIVOV, EV&a flf] TEhq XvEL <PQ0V0VVU" 18. Letztres mag Dein Alter Dir sagen, wie Teiresios dem König Ödipus, worauf Du ihm aber antworten wirst, daß er „iv rotg xeqöeoi jiovov SeSoqüe, tfjv Re%v>iv ö'etpv rvipXög"^9, Salut. Dein K.M.
13 um jeden Preis -14 siehe vorl. Band, S. 26-28 und 31 ~15 Vorgehen - 16 im Notfall -17 Der alte Engels ist mir lieb, Ermen (Gottfried!) ist mir lieb, aber lieber ist mir das Wissen 18 „Weh'! Schrecklich ist es, weise sein, wo's keinen Lohn dem Weisen bringt" (Sophokles: König Ödipus) -10 „in Wucher nur scharfsichtig, aber in seinen Weissagungen ein Blinder" (Sophokles: König ödipus)
193
Marx an Engels in Manchester
[London] 3 March 59
Lieber Engels, Aus einliegendem Brief Lassalles13471 siehst Du, daß ich meine Leute kenne und das management1 verstehe. Mit Bezug nun auf den Brief folgende Bemerkungen: K Du mußt nun in der Tat meinem Rat folgen und ein paar Tage Dich ganz dem Comptoir entzieht. Ich habe natürlich die Sache so dargestellt, als hätte ich Dein Manuskript bereits gelesen. Auf ein paar Tage mehr oder weniger kommt es nicht an, aber wenn Du bloß auf abends arbeiten Dich beschränkst, wirst Du nicht rechtzeitig fertig. 2. In Deiner Stellung kannst Du auf das kleine Honorar nicht eingehn, sondern mußt schon honoris causa für die Alternative des halben Nettogewinns entscheiden. 3. Lassalles Weisung, daß Du ihm (F. Lassalle, 131, Potsdamer Straßei Berlin) persönlich den Titel schickst (ihn, den Titel, also nicht auf das Manuskript schreibst), Vorwort (welches ich nicht zu schreiben rate) und Inhaltsregister, ist vernünftig. Die Pakete werden nämlich von der Post geöffnet, und die Regierung soll nicht den Titel kennen, womit sie hinter das ganze Geheimnis käme. Ich werde dagegen das Manuskript von hier an Fräulein L[udmilla] A[ssing] in derselben Weise an Duncker schicken, wie ich mein Manuskript12631 schickte (also mit Assekuranz). Nur werde ich Pfänder sich als Absender nennen lassen. 4. Du mußt in der Tat etwas, aber vorsichtig-vornehm, National-Antibonapartistisches hereinbringen. Du kannst solche Farbe um so eher anwenden, als die Tendenz Deiner Brochure in fact ein großer Sieg für Mazzini gegen die Nationalversammlung von 1848 (Radowitz-Mincio)13481
1 Umgehen (mit ihnen)
ist und Du zum erstenmal den Deutschen möglich machst, sich mit gutem Gewissen für die Emanzipation von Italien zu interessieren. Now, good bye, old boy.a Dein K.M.
Herr Gottfried3 in seinem letzten „Gottfried" kriecht Suse-Sibeth als Musterkaufmann und dem lausigen Buchhändler Trübner, der einen schlechten amerikanischen Katalog geschrieben hat, ebenfalls in den Arsch.[349] Macte puer virtute!4
2 Nun, auf Wiedersehen, alter Junge. - 3 Gottfried Kinkel - 4 Heil Jüngling, Dir und Deinem Heldenlaufl (Vergil: Aeneis, L. IX)
194
Engels an Marx in London
[Manchester] 4. März 59
Lieber Mohr, Jüdel Braun1 hat gut gewirtschaftet, ich bin mit dem halben Nettogewinn einverstanden2. Die Arbeit geht ziemlich rasch voran, 9 meiner langen Doppelseiten, wie ich sie Dir für die ,,Trib[une]" schicke, sind fertig, in 2 bis 3 mehr ist der Po abgemacht, dann kommt der Rhein, und der wird nicht so lang. Im ganzen schwerlich 3 Bogen. Heut abend, Samstag und Sonntag muß die Hauptmasse fertig werden, bis Mittwoch schick' ich Dir die Geschichte, wenn alles flüssig geht. Man muß sich indessen in acht nehmen, da ich die ganze offizielle Militärliteratur gegen mich haben werde, und können sie mir was am Zeuge flicken, so tun sie es gewiß. Daher lieber zu kurz als zu lang, die historischen Illustrationen können kurz gefaßt werden. Übrigens, wenn das Manuskript Ende nächster Woche in Berlin ist, ist's früh genug, es gibt doch Krieg.13501 Daher sei nur ruhig wegen der Zeit. Einige Tage vom Warehouse3 wegbleiben kann ich jetzt anmöglich. Ist auch nicht nötig und würde nicht viel helfen. Was aufhält, ist spintisieren über der Karte, und das muß staccato4 geschehn, sonst wird man dumm drüber. Vorrede wird keine gemacht, das fehlte noch. Dein F.E.
1 Ferdinand Lassalle - 2 siehe vorl. Band, S. 406 - 3 Warenlager - 4 mit Unterbrechungen
195
Marx an Engels in Manchester
[London] 10 March 59
Lieber Engels, Die Brochure1 erhalten. Werden ungefähr 4 Druckbogen sein, wenn nicht mehr, bei der Art, wie Brochuren gedruckt werden. Durchgelesen; exceedingly clever2; auch das Politische famos behandelt, was verdammt schwer war. The pamphlet will have a great success.3 Ich habe nur ein einziges Sätzchen gestrichen von wegen Reuß-Schleiz; nicht da, wo von den „natürlichen Grenzen" dieses Staats gehandelt wird4, sondern an der ersten Stelle, wo es double emploi5 machte und abschwächte. Ich rate, den Beisatz „Militärische Studien" als abschwächend vom Titel wegzustreichen. Wenn Du morgen Herrn Lassalle schreibst, so bitte ich Dich, in Deinem Namen etwas zu tun, was ich nicht in meinem tun kann. Das fact ist dies: Vorigen Montag (7.März) kommt etwas von Berlin! Was denkst Du, das es war? Der erste Korrekturbogen, und bis heute ist kein zweiter gekommen. Man hat also mein Manuskript'2631, gegen Jas ausdrückliche Schreiben Herrn Dunckers, 6 Wochen liegenlassen und scheint nun jede Woche 1 Bogen zu drucken. Kommt Dein Manuskript, so unterbricht man vielleicht wieder, und so kann die Sache sich noch Monate hinschleppen. Ich finde dies sehr miserabel, und Du kannst in Deinem Namen some words6 darüber an Lassalle drop7. Wollen die Kerls die Schrift aufschieben bis grade zum Ausbruch des Kriegs, damit sie sicher ins Wasser fällt und Herr Duncker Vorwand hat, die Folge abzulehnen? Übrigens hat dieser Verzug, da ich auf das Geld rechnete, meine ohnehin gequälte Existenzweise unleidlich gemacht. Freiligrath war diesmal (er sucht sich in every way8 zu retablieren9) so anständig, Wechselversuche hier in London für mich zu machen. Die Sache ist aber gescheitert.
1 „Po und Rhein" - 2 außerordentlich geschickt - 3 Die Broschüre wird einen großen Erfolg haben. - 4 siehe Band 13 unserer Ausgabe, S.263 - 5 unnötige Wiederholung - 6 einige Worte - 7 fallenlassen - siehe vorl. Band, S. 582-583 - 8 in jeder Weise -0 siehe vorl. Band, S.373 und 381
Apropos „Tribüne". Letztre hat seit 6 Wochen keinen Artikel weder von Dir noch von mir gebracht. Die Präsidentswahlumtriebe sind bereits beginning10. Ich betrachte das Auslassen der Artikel, meiner Erfahrung gemäß, als vorläufiges Manoeuvre, um mir anzeigen zu können, daß sie für einstweilen nur noch 1 Artikel die Woche brauchen. Salut. Dein K.M.
Ich glaube an Krieg.13501 Diplomatisches Zwischenspiel ist aber nötig geworden teils wegen des Lärmens in Deutschland, teils wegen des Schreiens der französischen Bourgeoisie, endlich wegen des englischen Parlaments und vielleicht auch, damit Rußland in der Zwischenzeit allerlei Konzessionen von Ostreich abpreßt. Einen Hauptzweck haben die Russen erreicht. 1846, als die österreichischen Finanzen zum erstenmal ohne Defizit waren, schleuderte Rußland durch die Krakauer Geschichte'3511 Ostreich wieder in die scheußlichste Finanznot. Da die Östreicher 1858 einigermaßen ihre Finanzen zu ordnen schienen und Barzahlung der Bank ankündigten, wurde Bonaparte sofort ins Feld geschickt, und die östreichischen Finanzen sind, wo sie 1848 waren. Die Auflösung des Parlaments, in der Zwischenzeit die Regierungslosigkeit hier, später Palmerston als Foreign Minister1113021 sind ebenfalls Schachzüge, die Rußland für den Krieg braucht.13531
10 beginnend -11 Außenminister
196
Marx an Engels in Manchester
[London] 16. März 1859
Dear Frederick, Erhalten 5 £. Thanks.1 Gestern kam Korrekturbogen II.[2631 Wenn das so fortgeht, brauchen sie drei Monate. Es kann unmöglich mehr als ein Setzer bei dieser Geschichte beschäftigt sein. Ich weiß nicht, worüber ich Freitag schreiben soll. Kannst Du etwas machen, etwa über Armstrongs gun2? Herr Bruno Bauer hat ein Pamphlet geschrieben über die „Zeitfrage" für Rußland-Frankreich gegen Ostreich-England, höre ich. Er ist jetzt der Alliierte Manteuffels, für den er schon in der letzten Zeit in die „Zeit"3 schrieb. Ich sende Dir das Blatt3 des Clown Edgar Bauer. Der Mann, der großer Kommunist und Arbeiterrepräsentant geworden ist, pfeift mit seinem Blättchen aus dem letzten Loch. Der erste Artikel „Zank" ist direkt gegen mich gerichtet. Ich soll mich nämlich schweigend an Herrn Edgar anschließen und aus meiner „mürrischen" und „mißtrauischen" Vereinzlung heraustreten. Der Clown ist reiner Moralprediger geworden. Den „Hermann" wagt er nicht anzugreifen, weil er fürchtet, daß die Kerls ihm sein „past"1 aufdecken würden. Kinkels Blatt macht sehr gute Geschäfte. Er selbst schreibt vorsichtigerweise gar nicht mehr selbst. Die Gelder sind erhalten teils von einem Dr. Juch, teils von dem portugiesischen Juden Castello (altes portugiesisches Geldhaus), den der große Gerstenberg dazu veranlaßt hat.
1 Danke. - 2 Geschütz - 3 „Die Neue Zeit" - 4 „Vorleben"
197
Marx an Engels in Manchester
[London, 22. März 1859]
Lieber Engels, Dies Brief von Eccarius. Leider mußte er wieder in die Schneiderhölle, wofür er mir keineswegs hergestellt scheint. Ich heute geschrieben über Reformbill13541; Du mußt (wenn Deine Augen, wie ich hoffe - sonst, of course, don't think of it1) schreiben über Wahrscheinlichkeit des Kriegs2. Ich halte es für nötig, damit die Hunde von der „Tribüne" nicht abschreiben.13551 Von Berlin nichts gehört. Erst 3 Korrekturbogen12631 in 8 Wochen erhalten. Salut. Dein K.M.
1 natürlich, denke nicht daran - 2 „Die Unvermeidlichkeit des Krieges"
198
Marx an Engels in Manchester
[London] 25 March [1859]
Lieber Engels, Ich glaube, Du hast L[assalle]s Brief mißverstanden. Er schreibt nur: „Auf den Inhalt der Brochure1 bin ich sehr begierig. M[arx'] Werk1263' wird auch bald erscheinen etc." Er sagt damit, daß er Deine Brochure nicht gelesen hat. Voilä tout.2 Dieselbe Affektation wie mit meinem Manuskript, das er nicht gelesen zu haben vorgibt. Ich habe heute morgen einen Brief von ihm erhalten, den ich Dir später schicke. Ware Dein Manuskript nicht angelangt, so hätte er's mir jedenfalls mitgeteilt. Dein Manuskript ging am selben Tag von London ab, wie es ankam. Pfänder erhielt einen Empfangsschein. Übrigens ist es sicher angekommen. Der Duncker ist a slow coach3. Ich habe bis dato (8 weeks4) nur 3 Korrekturbogen erhalten. Dein K.M.
1 „Po und Rhein" - 2 Das ist alles. - 3 eine Schlafmütze - 4 Wochen
199
Marx an Engels in Manchester
[London] 1. April 59
Lieber Engels, Einliegend Brief von Lass[alle], Einliegend Brief von Dana13561, den Du zurückschicken mußt. Ich warte mit Antwort darauf, bis Du mir geschrieben, Artikel von mir geschrieben über Reformbill, Ministry1.'3541 Mein Artikel für nächste Woche: Indische Finanzen2. Die ganze andre Welt steht Dir also offen. Palmerston wird also, wie es zu Compiegne (aber dahinter zu Petersburg) beschlossen war, wieder ins Ministry, sei es unter welcher Denomination. Ohne ihn konnte Rußland keinen Krieg erlauben. Bright und Russell haben ihm jetzt wie 1852 und 1855 die Kastanien aus dem Feuer geholt.13571 Übrigens war die Parlamentsdebatte sehr komisch. Die Tones hauptsächlich angegriffen als Revolutionists von den Whigs und Radicals. Bright und Gibson dabei sehr elende Rolle. (Letztrer klagt sogar auch romantisch gegen electoral districts3.'3581) Andrerseits die Farce, daß die Tories im Namen der middle class4, Whigs aber und middle class im Namen der working class5 ihren eignen Dreck gegeneinander vertreten. Dies zeigt viel Fortschritt in England. Salut. Dein K.M.
1 Ministerium - 2 „Schwere Zerrüttung der indischen Finanzen" - 3 Wahlbezirke 4 Mittelklasse - 6 Arbeiterklasse
200
Marx an Engels in Manchester
[London] 9. April 59
Lieber Frederick, Dem Dana geschrieben, er soll die Artikel haben bei besserer Zahlung.13561 Pieper endlich (nach einem bösen Rückfall) aus dem Hospital hinaus, geheilt, nach Bremen. Er hat eine eklige Brandstelle auf der Stirn. Hast Du die Blamage des Palmerston in der italienischen Frage (1848) verfolgt?1 Anstey ist zurück von Hongkong und droht dem P[almerston] mit Rache. Der A[nstey] ist kein ungefährlicher Gegner für ihn, jedenfalls schlimmer als Urquhart.13591 Die indischen Finanzwirren müssen als das reale Resultat der indischen Insurrektion11711 betrachtet werden. A general breakdown2 derselben scheint unvermeidlich, oder aber eine Besteurung der Klassen, die die solidesten Anhänger Englands bis dato waren. Übrigens wird selbst das nicht gründlich helfen. Der Witz ist, daß John Bull jetzt Jahr für Jahr 4 bis 5 Mill. bar in Indien wird zahlen müssen, um die Maschine in Gang zu halten, und auf diesem schönen Umweg seine Staatsschuld wieder in die gehörige progressive ratio3 bringen. Es muß sicher zugestanden werden, daß der indische Markt für Manchester cottons verdammt teuer bezahlt wird. Nach der Militärkommission Report müssen für viele Jahre 80000Europeans4 in Indien neben 200 000 bis 260 000 natives5 gehalten werden. Dies kostet about6 20 Mill. £, und das ganze Net Revenue7 beträgt nur 25 Mill. £. Außerdem hat die Insurrektion 50 Mill. £ permanent debt8 oder, nach Wilsons Berechnung, 3 Mill. permanentes jährliches Defizit zugefügt. Ferner die guarantee9 auf die railways10 2 Mill. £ jährlich, bis sie in Gang sind, und permanent eine kleinere Summe, falls ihr net revenue nicht 5% erreicht. Bisher hat Indien (mit Ausnahme des wenigen Stücks Eisenbahn,
1 Siehe vorl. Band, S.428 - 2 Ein allgemeiner Zusammenbruch - 3 Größe - 4 Europäer 5 Eingeborenen - 6 ungefähr - 7 Reineinkommen - 8 permanente Schuld - ' Garantie 10 Eisenbahnen
das fertig) nichts von der Sache als die Ehre, den englischen Kapitalisten 5% für ihr Kapital zu zahlen. Aber John Bull hat sich selbst geprellt oder vielmehr ist von seinen Kapitalisten geprellt worden. Indien zahlt nur nominell, John Bull reell. Z.B. ein großer Teil des loaris11 von Stanley13601 war nur, um den englischen Kapitalisten selbst für noch nicht begonnene Eisenbahnen 5% zu zahlen. Endlich die bisherige jährliche Revenue von Opi um, an 4 Mill. £, ist infolge des chinesischen Vertrags13611 sehr bedroht. Das Monopol muß jedenfalls purzeln, und der Anbau des Opiums in China selbst wird in kurzem blühn. Die Opiumrevenue beruhte exakt darauf, daß es ein Kontrabandartikel war. Die jetzige indische Finanzkatastrophe ist nach meiner Ansicht eine ernsthaftere Affaire, als der indische Krieg war.13621 Was sagst Du von Duncker? Ist das nicht ein Hund von einer Schlafmütze? Salut. Dein K.M.
11 der Anleihe
201
Engels an Marx in London
[Manchester] Montag, 11 .April 59
L. M„ Artikel für Freitag über den Krieg1. Die Ostreicher scheinen doch die Initiative ergreifen zu wollen. Sehr vernünftig. Den Kriegsplan hab' ich, wenn ich nicht irre, der „Trib[une]" schon geschickt2: Offensive der Ostreicher, um die Piemontesen zuerst und dann die über den Mont Cenis, Mont Genevre, Col di Tenda und Bocchetta eindringenden Franzosen einzeln zu schlagen - nicht wahr? ich besinne mich nicht genau mehr. Die Sache wird sehr heiter. Was das in Berlin für klugscheißende slow coaches3 sind. Nicht einmal eine Brochure4 können sie drucken! Ich hab' weiter gar nichts gehört, es ist zum Tollwerden. En attendant, vive la guerre!5 in 10 Tagen werden sie hoffentlich bei Alessändria oder Casale aneinander sein, und wer weiß, was für Füchse ich nächste season6 jagen werde! Dein F.E.
1 „Die Unvermeidlichkeit des Krieges" - 2 „Die Erfolgsaussichten des bevorstehenden Krieges" - 3 Schlafmützen - 4 Engels: „Po und Rhein" - 6 Inzwischen, es lebe der Krieg!
202
Marx an Engels in Manchester
[London] April 12.59
Lieber Engels, Wegen Deiner Brochure1 schrieb Lassalle mir gestern: „E[ngel]s' Brochure ist vor 3 Tagen erschienen. Ich schicke ihm heut zwei Exemplare unter Kreuzkuvert und so täglich, 6 Tage hintereinander. Dies ist nämlich die einzige Weise, die wir ausklügeln (!) konnten, um zugleich großes Porto und andrerseits das Erraten des Verfassers der Brochure durch gewisse Per' sonen zu vermeiden. Schreibe ihm das." Hast Du je einen solchen Abderitenstreich gesehn? Um die Aufmerksamkeit von Dir abzuziehn, schicken „sie Dir 6 Tage hintereinander" Exemplare unter Kreuzkuvert zu! Von der Sache selbst schreibt L[assalle]: „Die Brochure imponiert wahrhaft durch die Schärfe und Gediegenheit der darin entwickelten strategischen Kenntnisse." (Die „Schärfe" von „Kenntnissen" ist als lapsus pennae2 zu betrachten.) In bezug auf meine Angelegenheit schreibt L[assalle]: „Duncker sagte mir, daß die Hefte'2631 bis Mitte Mai fertig sein werden. (Also wieder einen neuen Monat Ausstand.) Den Druck beteuert er so zu beeilen, wie er eben kann. Jedenfalls bist Du mit Deiner Vermutung, daß er absichtlich langsam verfahre, ganz irrig. Es geht alles ziemlich langsam bei ihm." Jedenfalls weiß ich, daß ich wieder während 10 Tagen keinen Korrekturbogen erhalten habe. Apropos. Die „Neue Zeit" pfeift aus dem letzten Loch. Herr Edgar, der zuletzt sie sogar mit einer Novelle von eigner Erfindung13631 bereicherte, ist seit einer Woche - da er sah, daß die Welt durchaus unempfindlich für seinen Genius - abgetreten. Letzten Sonnabend erschien eine halbe Nummer, und diese Woche wird es am End' sein. Auch der „Hermann" wird nach umlaufenden Gerüchten bald das Zeitliche segnen. Gut, daß die Hunde die Gelegenheit so eifrig ergriffen, ihr Nichts so vor aller Welt
1 „Po und Rhein" - 2 Ausgleiten der Feder
schamlos barzulegen. Der Kinkel hat den Kinkel-Humbug eigenhändig gekillt. Der clown3 andrerseits hat sich überzeugt, wie „leicht" es ist, unsren Platz in der kommunistischen Literatur einzunehmen. Salut. Dein K.M.
Den Angriffsplan der Östreicher hast Du, so wie Du ihn angibst, in der „Tribüne" expliziert4. Pas trop de zele!5
3 Edgar Bauer - 4 „Die Erfolgsaussichten des bevorstehenden Krieges" -5 Nur nicht zuviel Eifer! (Talleyrand)
203
Marx an Engels in Manchester
London, April 16. [1859]
Lieber Engels, Ich unterstelle, daß, wenn diese Zeilen ankommen, Dein Zahnweh vorüber. Es ist eine verteufelte Geschichte. Meanwhile1 habe ich Anstalten getroffen, die in kurzer Zeit meine Einnahmen verdoppeln werden und damit dem eingerosteten Dreck ein Ende machen. Lassalles Vetter, Friedländer (früher Redakteur der ,,N[euen] Oder-Zeitung" mit Eisner et Co.), jetzt Redakteur der „Presse" in Wien (die, en passant, 24 000 Abonnenten hat), hatte mir Januar 1858 Korrespondenz an seinem Blatt angeboten. Ich schlug es damals ab, weil er als Bedingung setzte, daß PaImerst[on] nicht angegriffen werden solle, sondern nur Bonaparte.12361 Jetzt, all conditions laid aside2, hat er das Angebot erneuert. Dies jedoch ist Nebensache, da es sich regelmäßig nur um 1 Artikel (20 fcs.) pro Woche handelt. Aber gleichzeitig werde ich ihr Telegrammschicker (in französischer Sprache), 10 fcs. pro Telegramm, und dies, obgleich zeitraubend, ist einträglich. Der einzige Punkt, um den es sich noch handelt, ist die Anweisung eines Bankierhauses in London, da das Telegraphieren viele Auslagen nötig macht. Die Verhandlungen - eh* die Bedingungen gesettled3 - haben sich über 3 Wochen erstreckt. Gestern erst habe ich definitive Antwort auf den an demselben Tag erhaltnen Brief von Wien geschickt. Es wird also 8-10 Tage dauern, bis die Sache im Gang. Meanwhile ist am nächsten Dienstag der Zins für unser Hauptsilberzeug, Uhren etc. fällig. Meine Frau hat schon 3 Wochen durch Privattransactions4 mit dem pawnbroker5 das Verfallen aufgeschoben, aber Dienstag ist ultimus terminus6. Indem ich Dich also ersuche, einige £ herüberzuschicken, hoffe ich zugleich, daß mit diesmal die Sache definitiv am Ende ist und die Steuer auf Dich ein peremptorisches Ende hat.
1 Inzwischen - 2 da keinerlei Bedingungen mehr gesetzt sind - 3 festgesetzt - 4 Privatverhandlungen - 6 Pfandleiher - 6 letzter Termin
Sei so gut und schick 1 Kopie7 für mich. Sobald mehre in Deiner Hand, muß Freiligr[ath] und Pfänder jeder 1 haben. Salut. Dein K.M.
7 Engels: „Po und Rhein"
204
Marx an Engels in Manchester
[London] 19. April [1859]
Lieber Engels, 1. 5 £ arrived. Best thanks. 2. „Tribunes" such' ich Dir zusammen und schicke sie in the course of this week2. 3. In der heute angekommenen „Tribüne" (d. d. April 5) findet sich Angriff, einliegender, wahrscheinlich von einem ungarischen Esel, worauf Du schon Freitag antworten mußt. Die Answer vom „'14th inst"3, worauf der Esel anspielt, ist nicht in meiner Hand. Indes siehst Du aus seiner eignen repetition alles, was er sagte in „his short answer"4.13641 4. Was sagte die A[ugsburger] „Allgemeine] Z[eitung]" mit Bezug auf Deine „Tribune"-Artikel?13651 5. Gestern sah ich im „Hamburger Corresp[ondenten]" angezeigt von Duncker „Po und Rhein". 6. Ich selbst habe bis jetzt 8 Korrekturbogen12631 erhalten. Die Sache geht also zu Ende, aber D[uncker] wird wohl wieder 2 Wochen nichts schicken. 7. Ad vocem Lassalle morgen, wenn ich Dir überhaupt näher schreiben werde. Salut. Dein K.M.
1 angekommen. Besten Dank. - 2 im Laufe dieser Woche - 3 Antwort vom „14. dieses Monats" -1 „seiner kurzen Antwort"
205
Marx an Engels in Manchester
[London] 22. Ap. 59
Lieber Frederick, Ich habe Deinen article modified1 nach den letzten news2. Ich glaube nicht, daß Du Deine Zeit so verschwendet hast (ich war gezwungen dazu), die parlamentarischen Debatten von letztem Montag durchzuwaten. Der gist3 davon war der:13661 1. England ist düpiert worden während der ganzen Verhandlungen; 2. England ist dezidiert für Ostreich. ad 1. Die englischen Minister hatten schon einmal angekündigt, alles sei settled4. Dies war, als die Nachricht von der Räumung Roms'3671 durch alle Blätter lief. Aus den Erklärungen im Oberhaus folgt: Der Papst5 verlangte wirklich die Räumung seines Gebiets. Frankreich hatte beständig England vorgeheult, seine Position in Rom sei falsch. Es wolle abziehn, aber des Papstes Befürchtungen einerseits, andrerseits die Weigerung der Östreicher, ebenfalls zu ziehn, hinderten es. Dies war sogar der offizielle Pretext6, wodurch Boustrapa1441 England die Szene mit dem östreichischen Gesandten am Iten Januar rechtfertigte.1368'1 Well!7 Der Papst schnitt diesen Pretext ab. Ostreich zog actualltf 2 Bataillons aus Bologna weg und hatte orders gegeben für den Aufbruch der übrigen Truppen. Da fand Bonaparte Vorwände, nicht zu räumen, und so zerschlug sich die ganze Sache. Dies hatte Herrn Derby in sehr bad temper9 versetzt, und Bonaparte, to sooth him10, eröffnete sein Herz über die „Italian question"11 dem Lord Cowley, der nach London telegraphierte und seine Forderungen „satisfactory"12 fand. Auf dies hin ward Cowley - mit den von England akzeptierten Forderungen B[onaparte]s - nach Wien gesandt. (Dieser Cowley ist derselbe Schweinhund, der 1848/49 in Wien gegen die deutsche Revolution intrigierte.) Dies war Ende Februar. Ostreich, das sich nur mit schwerem Herzen zum Krieg
1 Artikel („Symptome des herannahenden Krieges - Deutschland rüstet") geändert 2 Nachrichten - 3 Kern - 4 geregelt - 6 Pius IX. - 6 Vorwand - 7 Nun gut! - 8 tatsächlich 9 schlechte Stimmung - 10 um ihn zu beschwichtigen - 11 „italienische Frage" - 12 „zufriedenstellend"
entschloß und damals noch lange nicht so weit wie Mitte März mit seinen Rüstungen vorgeschritten war, nahm alles an. Als Cowley auf der Rückreise nach Paris über London kam, war „er" und das „Ministerium", sagt Derby selbst, völlig überzeugt, daß alles settled13 sei, und blamierten sich wieder durch eine neue Erklärung in diesem Sinn vor dem Parlament. Cowley reist also sanguinisch nach Paris. Hier erfährt er, daß man Blindekuh mit ihm gespielt und daß auf den Vorschlag Rußlands Boustrapa a general congress14 akzeptiert, auf dem, ebenfalls nach dem Vorschlag Rußlands, nur die 5 Großmächte repräsentiert, also Sardinien ausgeschlossen sein, sollte. Derby sagt gradezu, daß Rußlands Intervention (obgleich mit Frankreich verabredet; aber Bonap[arte] konnte natürlich nicht conditions15 abschlagen, die Englang in seinem Namen an Ostreich gestellt) allein schuld sei, daß der Friede nicht zustande gekommen. Palmerston, denselben Tag im House of Commons, sagte, er tadle Rußland nicht (of course16). Wenn die englische Vermittlung geglückt, habe Rußland nicht die Rolle gespielt, die ihm auf einem Kongreß sicher sei und die ihm in europäischen Fragen zukomme. Obgleich sehr verdrießlich, nahm Derby den russischen Vorschlag an, unter gewissen Bedingungen, wovon the principal17, daß die territorial Settlements18 des Wiener Vertrags von 1815 nicht angetastet werden sollten. Ostreich, das sich bereits eingebildet hatte, alles sei abgemacht, sah nun klar, daß Krieg beschlossen und daß man es nur an der Nase herumführen wollte. Auf den englischen neuen Vorschlag antwortete es daher mit der unverschämten Forderung, Sardinien müsse, als Präliminarie zu dem Kongreß, entwaffnen. Darauf schlug Derby Bonap[arte] vor, Sardinien zu dieser Blamage zu bewegen, so daß aber gleichzeitig England und Frankreich zusammen es kontraktlich verbürgen sollten gegen einen Friedensbruch Ostreichs während des Kongresses. Der Esel Bonapjarte] schlug das ab. Hätte er es angenommen, so konnte er durch seine Agenten an der östreichischpiemontesischen Grenze irgendwie einen Krawall veranlassen, und dann was England bound down to an offensive treaty with France and Sardinia against Austria19, und Palmerston würde die Tories schon gezwungen haben, to be as good as their word20. Andrerseits erschraken die Östreicher übei die Leichtigkeit, mit der England unter gewissen Bedingungen Offensivallianz gegen sie einzugehn bereit war. Sie erklärten sich also nun sofort für den englischen Vorschlag und verwandelten die Entwaffnung Sardiniens in allgemeine Entwaffnung. Nun kam der Skandal, ob, wie Ostreich sagte,
13 geregelt -14 einen allgemeinen Kongreß -15 Bedingungen -16 natürlich -17 die wichtigste 18 Gebietsregelungen -19 war England an einen Angriffsvertrag mit Frankreich und Sardinien gegen Osterreich gebunden - 20 zu ihrem Wort zu stehen
vor oder,wie Bon[aparte] sagte, nach dem meeting des congress21 entwaffnen sollte, dann, ob Sardinien zuzulassen sei oder nicht etc. Kurz, alle neuen Schwierigkeiten gingen von Bonap[arte] aus, 1. die quibbles22 wegen der Entwaffnung; 2. er und Rußland hatten ja vorgeschlagen, Sardinien vom Kongreß auszuschließen. Derby war so wild letzten Montag, daß er förmlich geschrien haben soll, als er erklärte, England mache jetzt noch einen ultimate23 Vorschlag; aber er sei des triflens24 müd und werde, wenn das mißglücke, nicht mehr als Mediator auftreten etc. ad 2. Bonaparte konnte diese letzten Vorschläge annehmen, da sie nur Ostreich schädlich, sofern dies mit seinen Rüstungen voraus. Er mußte sie annehmen, um dem Derby den Vorwand zu nehmen, sich direkt gegen ihn zu erklären. Ostreich mußte sie ablehnen, wollte es nicht sich um alle Vorteile bringen etc. Bonaparte, der auf den Sturz Derbys und den Eintritt Palmerstons gerechnet hatte, war in a plight the worse25, da Derby und Disraeli in ihren Reden direkt zeigten, daß sie müd seien, von Bon[aparte] und Rußland düpiert zu werden, außerdem direkt für Ostreich Partei nahmen. Malmesbury sagte, er begreife nicht, auf welchen Vorwand hin Bonap[arte] sich in die italienischen Wirren eingemischt. Derby sagte, England werde erst armed neutrality26 halten, dann aber sich gegen die Macht wenden, die auf „falschen Vorwand" hin den Krieg hervorgerufen. Derby sagte, Englands Interesse im Adriatischen Meer erlaube ihm nicht, die Arme zu falten; einen Angriff auf Triest bezeichnete er fast als Casus belli. Disraeli sagte, Ostreich habe sich mit „dignified moderation"27 benommen, Sardinien „ambiguous, vexing and even ambitious"28. Endlich sagten sie alle, die Verträge von 1815 müßten maintained29 werden, und, direkt in bezug auf das territorial settlement in Italy30, diese Verträge, heben sie wiederholt hervor, „intended putting a check upon the encroaching ambition of France"31. So viel ist sicher: Durch den Witz, daß Derby, statt abzutreten, das Parlament zum Teufel schickte und so den Palmerston einstweilen ins Privatleben bannte, ist das russisch-französische Spiel in ein ernsthaftes Dilemma gekommen. Es sind nur 2 Fälle möglich. Entweder ^Ostreich läßt sich einschüchtern durch drohende telegrams von London und Berlin und withdraws32 Gyulays ultimatum an Piemont[369].
21 Zusammentreten des Kongresses - 22 Ausflüchte - 23 letzten - 24 Spielens - 25 in einer schlimmeren Lage-26 bewaffnete Neutralität-27 „würdigerZurückhaltung" -2S „zweideutig, beunruhigend und sogar anspruchsvoll" - 29 aufrechterhalten -30 die Gebietsregelung in Italien 31 „beabsichtigten, dem anmaßenden Ehrgeiz Frankreichs Einhalt zu gebieten" -32 widerruft
In diesem Fall kann dem Bonaparte kein Gott helfen. Dann muß er, in fact, entwaffnen, und die Armee behandelt ihn als Soulouque. In Paris sind ohnedem die Arbeiter rasend über die Gemeinheit von Blanquis Deportation nach Cayenne13701. Oder Ostreich ist der diplomatischen Spielerei müd und marschiert los auf Turin. In diesem Fall hat Herr Bonap[arte] diplomatisch gesiegt, weil Ostreich zuerst den Krieg erklärte: erkauft aber diesen diplomatischen Sieg mit an ugly military defeat33. In diesem Falle gebe ich nicht 4 months purchase for his crown and dynästy34. Morgen schick' ich Dir die „Tribunes". Apropos. Der große Reichs-Vogt13711 hat eine Epistel an Freiligrath geschrieben, worin er ihm anzeigt, daß diese Reichsbande eine neue Zeitung in Zürich (oder Bern, ich hab' das vergessen) herausgibt.13721 Er fordert Freiligrath auf, für das Feuilleton zu schreiben und den tiefsinnigen Bucher als politischen Korrespondenten zu werben. Das Programm, worauf Reichs-Vogt eine neue „Partei" bilden will und das, wie er selbst sagt, sehr wohlwollend Von A.Herzen aufgenommen, ist dies: Deutschland gibt seine außerdeutschen Besitzungen auf. Unterstützt nicht Ostreich. Der französische Despotismus ist vorübergehend, der österreichische bleibend. Man erlaubt beiden Despoten zu verbluten. (Sogar gewisse Hinneigung zu Bona sichtbar.) Deutschland bewaffnete Neutralität. An revolutionäre Bewegung in Deutschland ist, wie Vogt „aus bester Quelle weiß", nicht zu denken during our lifetime35. Consequently36, sobald Ostreich ruiniert durch Bon [aparte], beginnt von selbst eine reichsregentschaftlich gemäßigt liberalnationale Entwicklung in dem Vaterland, und Vogt wird vielleicht noch preußischer Hofnarr. Aus Vogts Brief sieht man, daß er glaubt, Freil[igrath] habe mit uns gar keinen Zusammenhang mehr. Die Unwissenheit dieses Reichsvogts über die Leute, mit denen er zu tun. Bucher, als Urquhartit, ist Östreicher. Der große Blind, on the other hand37, in dem Dilemma, daß er gegen Bona als Deutscher und gegen Ostreich als yRotteck ist, beruft, at the present moment38, ein „deutsches Parlament" 13731 zusammen, was der Telegraph bald nach Manchester melden wird. Salut.
Dein K.M.
33 einer schändlichen militärischen Niederlage - 34 4 Monate Frist für seine Krone und Dynastie - 35 solange wir leben - 36 Folglich - 37 andrerseits - 38 gegenwärtig
206
Marx an Engels in Manchester
[London] 6. Mai 59
Dear Frederick, Deinen Artikel erhalten.13741 Du wirst aus einer telegraphischen Depesche ersehn haben, daß Heß sich gegen Gyulays Plan erklärt hat (soll wahrscheinlich heißen Planlosigkeit).13751 Von unsrem point of view1 betrachtet, ich meine den revolutionären, ist es gar nicht unerwünscht, wenn Ostreich zuerst entweder eine Schlappe bekommt oder, was moralisch dasselbe, sich wieder in die Lombardei zurückzieht. Die Verhältnisse werden dadurch viel entwickelter, und die nötige Zeit, damit die Sachen in Paris reifen, wird damit gegeben. Überhaupt stehn die Sachen so, daß, auf welcher Seite immer blunders2 gemacht werden, sie zu unsrem Vorteil ausschlagen müssen. Wenn Ostreich von vornherein die piemontesische Armee geklopft, Turin genommen, die Franzosen beim Debouchieren aus den Alpen gehauen, so würde Rußland vielleicht sofort gegen Bonaparte kehrtgemacht jedenfalls war es noch nicht faktisch gegen Deutschland engagiert13761 -, und unsre lausige preußische Regierung wäre aus dem einzigen Dilemma gebracht worden, das ihr den Hals kosten wird. Ferner: Solch schlagende Niederlage gleich beim Beginn konnte eine französische Militäremeute und Pariser Revolution gegen Bonap[arte] hervorrufen. Was dann? In diesem Moment wäre die Folge gewesen, daß die Heilige Allianz siegreich gegen eine mögliche revolutionäre Regierung in Paris in den Waffen, was sicher nicht unser calcul3 ist. Radetzky hatte selbst das revolutionäre Feuer von 1848 in seinen Adern. Dagegen denke ich, daß auf beiden Seiten, östreichischer und französischer, der Krieg jetzt mit reaktionärer Mittelmäßigkeit geführt werden wird. Es ist unrecht, daß Du nicht wenigstens noch zwei Pamphlets4 hergeschickt hast, für Pfänder, der Dein Manuskript unter seinem Namen fortgeschickt hat, und für Freiligrath. Auch wäre es passend, wenn Du eine Kopie an P. Imandt schicktest. (Dundee, Dundee Seminary.) Du mußt einige
1 Gesichtspunkt -2 Fehler - 3 Plan - 4 „Po und Rhein"
Rücksicht auf Parteiverhältnisse nehmen und die Leute bei gutem Humor halten. Apropos. In Deinem Artikel5 vom vorigen Freitag habe ich den ganzen Eingang weggestrichen, erstens, weil ich meine misgivings6 gegen die Östreicher hatte; zweitens, weil wir absolut unsre Sache nicht mit der der jetzigen deutschen Regierungen identifizieren müssen. Nach meiner Ansicht wird der brave Palmerston in sehr kurzer Zeit wieder als Foreign Minister7 oder Kriegsminister am Ruder sein. Die Ochsen von Tories machen ihm in der Tat das Spiel zu leicht. Erst verderben die Kerls den Östreichern das Spiel durch ihren lausigen show of mediation8. Dann, sobald der französisch-russische Vertrag bekannt wird, setzen sie ihre force9 darin, ihn abzuleugnen, um zu beweisen, that they have not been taken by surprise10. Dies gibt dann der „Times" Gelegenheit, sie auszulachen und patriotische Attitüde gegen Rußland anzunehmen. Das long und short11 der Sache aber ist, daß in „Times", wie in allen andern Palmerstonblättern (obgleich diese, je nachdem die Rollen unter sie verteilt sind, für oder gegen die verschiednen involvierten Mächte auftreten), auf die Notwendigkeit hingewiesen wird („Morning Adv[ertiser]" und „Daily Telegraph", als für den Mob schreibend, sprechen dies offen aus), the truly British minister'136' wieder zu installieren. Die lausigen Tories hätten statt dessen an den russisch-französischen Vertrag „glauben" sollen und bei der Gelegenheit gegen Pam losfahren. Sie hatten die besten opportunities12. Erstens war Pam in Compiegne'3331, als der ganze Plan ausgeheckt wurde. Zweitens hatte Herr Whiteside im Namen des Ministeriums dem stupiden John Bull ja schon mitgeteilt - was aus den blue books längst bekannt war'3771 -, daß 1848 Ostreich Palmerston anbot, die Lombardei ganz aufzugeben, in Venedig aber eine italienische Regierung unter einem östreichischen Archduke13 einzusetzen, wenn er mediieren wolle. Piemont hatte sich gleichzeitig an ihn gewandt, Frankreich ditto. Was tat Pam? Er verwarf den Vorschlag, weil, war der pretext14, auch Venedig ganz fahrengelassen werden müsse. Diese Antwort gab er nach 3 Wochen Schweigen. Sobald Radetzky gesiegt hatte, forderte er die Östreicher auf, den ihm mitgeteilten Plan durchzuführen. In der ungarischen Affaire machte er (diesmal mit Bezug auf die conditions15, unter denen die schon verzweifelnden Ungarn sich unterwerfen wollten) dasselbe Manoeuvre. Die Retour des Kerls zum Ministerium ist a real danger16. Übrigens fangen die Kerls in Deutschland
B „Die Kriegsaussichten" - 6 Befürchtungen - 7 Außenminister - 8 Schein von Vermittlung 8 Kraft -10 daß sie nicht überrascht worden sind - 11 das ganze Geheimnis - 12 Gelegenheiten -13 Erzherzog -14 Vorwand -15 Bedingungen -16 eine wirkliche Gefahr
an, ihn zu verstehn. In einem Buch von Prof. Wurm in Hamburg (Geschichte des Orientalischen Kriegs) und einem Buch über Nikolaus von einem andern Deutschen, dessen Namen mir entfallen, ist Pam als russischer Agent gradezu angegriffen. Ad vocem: business.17 Der Esel Friedländer schrieb mir, d.d. 12.April, hatte aber die Hauptsache vergessen, nämlich ein Bankierhaus anzuweisen. Statt dessen sprach er von einem „Vorschuß". Letztres ist nonsense. Jede Woche sind 8-10, oft 15 £ nötig für die Telegramme. Ich schrieb das dem Esel. Bisher noch keine Antwort, obgleich er mir die Wiener „Presse" (hat jetzt, wie ich aus ihr selbst sehe, 26000 Abonnenten) regelmäßig zuschickt. Ich schrieb gestern einen donnernden Brief an Lassalle18. Aus der „Presse" sehe ich, daß L[assalle] seine Korrespondenz und sein Telegraphieren an die „Presse" mit vielem Eifer, wenn auch mit wenig Talent eröffnet hat. Er akzeptierte diesen Posten aber erst, nachdem ich ihm schriftlich „die Erlaubnis gegeben"19, da er das, wie er schreibt, politisch nicht riskieren wolle, ohne meinen consent20. Wäre es nun nicht eine komische Geschichte, wenn die ganze Transaktion dahin ausliefe, daß L[assalle] sich installiert hat? Möglicherweise aber rührt die Verzögrung aus der Schwierigkeit für Friedländer, bei den jetzigen Troubles21 die Geldaffaire in Wien zu arrangieren. Meanwhile22 treibe ich aus Ungeduld Algebra. • Salut. Ist Lupus in Manchester? Dein K.M.
17 Was das Geschäft betrifft. - siehe vorl. Band, S.420 - 18 siehe vorl. Band, S.598 - 19 siehe vorl. Band, S. 587-588 - 20 meine Zustimmung - 21 Unruhen - 22 Inzwischen
207
Marx an Engels in Manchester
[London] May 16, 59
Lieber Engels, Aus dem einliegenden Brief von Lassalle, den ich umgehend zurück haben muß, siehst Du, wie weit die Sachen mit dem Wiener business1. Ich habe sofort an Friedländer geschrieben2. Lassalle weiß nämlich nicht, daß ich die „Presse", aus der ich Dir einige Auszüge mitschicke, täglich erhalte und daraus ersehn habe, daß er bis zu meinem Brief3 fortwährend korrespondiert hat, daß aber die Zeitung seine Telegramme aus Berlin, weil sie taktlos lang waren, stoppte; auch seine Korrespondenz unbehülflich und eher störend für jede Zeitung war. Es ist möglich, daß es mit der ganzen Geschichte nichts ist, aber es ist auch möglich, daß der commercial panic4 zu Wien, nur mit dem Hamburger zu vergleichen13781, den Leuten bis jetzt das arrangement verhindert hat. Nous verrons.5 Nächstens mehr und sehr Komisches. Heute nur so viel: Korff, unser Exgerant6, ist wegen forgery of a bill7 zu 12 Jahren Zuchthaus in New Orleans verurteilt worden. Exreichsregent13711 Vogt hat sich an Bonap[arte] verkauft.13791 Salut. Dein K.M.
1 Geschäft - 2 siehe vorl. Band, S. 599 - 3 siehe vorl. Band, S. 586 - 588-* die Handelspanik 5 Wir werden sehen. - 6 ehemaliger Geschäftsführer - 7 Wechselfälschung
208
Marx an Engels in Manchester
[London] 18. Mai 59
Lieber Engels, Der Brief von Lassalle enthält mehre points1, wofür ich ihm den Kopf waschen werde. D'abord2 spricht der Jüngling von dem, was er „für mich tun soll". Ich aber verlangte nichts von ihm, als daß er, der die ganze Sache eingeleitet, und dessen Korrespondenz ich fortwährend in der „Presse" figurieren sah, mir das rätselhafte Schweigen von Wien aufklären sollte.3 Dies war sein business4. Zweitens gibt er sich das Ansehn, als habe er erst nach schweren Kämpfen, auf „mein" Andringen, mit der „Presse" korrespondiert. Einmal aber gesteht er in demselben Briefe, daß er, schon bevor ich mich erklärt, nach Wien zu korrespondieren begonnen hatte. Dann aber dreht er den „Zusammenhang" um. Er, als er mir Friedländers Angebot schrieb, kohlte zwei Seiten darüber, ob oder ob er nicht nach Wien schreiben solle und machte die Sache von meiner Entscheidung abhängig. Es verstand sich d'abord von selbst, daß, wenn ich eine Korrespondenz mit der „Presse" gut genug für mich hielt, ich sie nicht zu schlecht für L[assalle] halten würde. Zudem sah ich aus seinem Briefe, wie ihm die Nägel brannten nach meinem consent5. Wozu also jetzt diese großprahlerische Verdrehung des Kausalnexus? Was er über die „Tendenz" sagt, weswegen er schreibt, den F[riedländer] „gerüffelt" zu haben, ist nonsense. Die Wiener „Presse" ist für ein östreichisches Blatt unter gegebnen Umständen geschickt und anständig redigiert, mit viel mehr Takt, als Lfassalle] zu mustern hätte. Endlich habe ich den Jüngling nicht aufgefordert, mich darüber zu belehren, was meiner „würdig" oder nicht würdig sei. Ich finde es rather6 arrogant, mir darüber Winke zu erteilen. Ich werde positivement7, wenn F[riedländer] die Geldverhältnisse settle8 kann, bei meinem Entschluß bleiben, der in keiner Weise dadurch gestört ist, daß Lfassalle] s Korrespondenz dem F[riedländer] nicht zu behagen scheint. Aus den letzten Nummern der „Presse" sehe ich, daß ihre Abonnentenzahl auf 27000 gewachsen.
1 Punkte - 2 Zunächst - 3 siehe vorl. Band, S. 598 - 4 Geschäft - 6 meiner Zustimmung 6 ziemlich - 7 bestimmt - 8 regeln
L[assalle]s Pamphlet'3801 ist ein enormous blunder9. Das Erscheinen Deines „anonymen" Pamphlet10 ließ ihn nicht schlafen. Die Position der revolutionären Partei in Deutschland ist allerdings in diesem Momente schwierig, indes doch bei einiger kritischen Analyse der circumstances11 klar. Was die „Regierungen" angeht, so muß offenbar, von allen Standpunkten aus, schon im Interesse der Existenz Deutschlands, die Forderung an sie gestellt werden, nicht neutral zu bleiben, sondern, wie Du richtig sagst, patriotisch zu sein. Die revolutionäre Pointe aber ist der Sache einfach dadurch zu geben, daß der Gegensatz gegen Rußland noch stärker betont wird als der gegen Boustrapa1441. Das hätte L[assalle] gegen das antifranzösische Geschrei der ,,N[euen] Preußischen] Z[eitung]" tun sollen. Es ist auch dieser Punkt, der in der Praxis im Fortgang des Kriegs die deutschen Regierungen in Reichsverrat hineinreiten wird, und wo man sie am Kragen fassen wird. Übrigens, wenn L[assalle] im Namen der Partei zu sprechen sich herausnimmt, muß er für die Zukunft entweder sich gefaßt machen, offen von uns desavouiert zu werden, indem die Verhältnisse zu wichtig sind für Rücksichtnahme, oder, statt den gemischten Inspirationen von Feuer und Logik'3811 zu folgen, muß er vorher sich verständigen über die Ansicht, die andre Leute außer ihm haben. Wir müssen jetzt durchaus auf Parteidisziplin halten, oder alles wird in den Dreck geritten. Die Konfusion in den Köpfen hat eine sonderbare Höhe erreicht. There is d'abord12 der reichsverräterliche „Reichsregent"13711, der bares Geld von Paris erhalten hat.'3791 Herr Meyen im Hamburger „Freischütz" belobt Vogts Schrift.13821 Einer Sorte Vulgärdemokraten (einige ehrliche darunter denken, daß Niederlage Ostreichs, durch Revolution in Ungarn + Galizien etc. ergänzt, Revolution in Deutschland hervorbringen würde. Die Ochsen vergessen, daß jetzt Revolution in Deutschland = Desorganisation seiner Armeen, nicht den Revolutionären, sondern Rußland und Boustrapa zugut kommen würde) ist es natürlich ein Gaudium, mit den dezembrisierenden Ungarn (lauter Bangyas) und Polen (Herr Cieszkowski in der preußischen Kaminer nannte vor ein paar Tagen Nikolaus der Polen „großen slawonischen Alliierten") und Italienern in ein Horn tuten zu können. Eine andre Bande, wie Blind, die Patriotismus und Demokratismus verbinden will, blamiert sich (auch der alte Uhland darunter), indem sie Krieg mit Ostreich gegen B[onaparte] und zugleich Reichsparlament verlangt. Diese Esel sehn d'abord13 nicht, daß alle Bedingungen zur Erfüllung dieses ekelhaften Wunsches fehlen. Zweitens aber kümmern sie sich so wenig um die
8 ungeheuerer Mißgriff -10 „Po und Rhein" -11 Umstände -12 Da ist zunächst -13 erstens
wirklichen Vorgänge, daß ihnen ganz unbekannt, daß in dem einzigen Teil Deutschlands, der zu entscheiden hat, in Preußen, die Bourgeois stolz auf ihre Kammern sind, deren Macht wachsen muß mit den Verlegenheiten des government14; daß diese Bourgeois ganz mit Recht (wie die letzten Kammerverhandlungen zeigen) nicht geneigt sind, von Badensern und Württembergern unter der Firma „Parlament" diktiert zu werden, so wenig wie die preußische Regierung die Herrschaft Ostreichs unter der Firma „Bundestag" will; daß diese Bourgeois von 1848 her wissen, daß ein Parlament neben ihren Kammern die Macht der letztern bricht, während das erstre eine bloße Phantasmagorie bleibt. In der Tat ist viel mehr revolutionärer Anhalt an den preußischen Kammern, die Budgets zu bewilligen haben und hinter denen in gewissen eventualities15 ein Teil der army16 und der Berliner Mob steht, als in einem debating club17 unter der Firma „Reichsparlament". Daß Badenser, Württemberger und other small deer18 ihrer eignen Wichtigkeit wegen umgekehrter Ansicht sind, versteht sich von selbst. Unter unsern eignen Parteifreunden und andern ehrlichen Revolutionärs herrscht wirkliche Furcht, daß ein Krieg gegen Boustrapa zu 1813-15 zurückführt. Endlich die Vertreter des Credit mobilier1541 in Deutschland („Kölnische Zeitung", Fould-Oppenheim etc.) schließen sich natürlich den demokratischen Bedenken an und spekulieren auf die traditionelle kurzsichtige preußisch-dynastische Perfidie19 (Basler Frieden10801 usw.). Andrerseits ein Teil der demokratischen und revolutionären Partei glaubt, aus Patriotismus in Jahn-Arndtschen Ton fallen zu müssen. Unter allen diesen Confusions20, und da nach meiner Ansicht Deutschlands Schicksal in der Waage schwebt, halte ich es für nötig, daß wir beide ein Parteimanifest erlassen18841. Ordnet sich die Wiener Sache, so müßtest Du dazu Pfingsten herkommen. Wenn nicht, komme ich nach Manchester. Now21 von diesen general things22 komme ich zum State of parties23 (deutschen) in London, und da muß ich einiges nachholen, was ich, solange es im Werden war, zu langweilig hielt, Dir mitzuteilen. Du erinnerst Dich zunächst, daß Herr Liebknecht den clown E.Bauer, grade zur Zeit, wo ich offen mit letzterm gebrochen hatte, in den sog. Kommunistenverein13851 führte, und daß der clown die „Neue Zeit" übernahm, wo der unwissende Tölpel durch exaggeration24 der wenigen ihm
14 der Regierung -15 möglichen Fällen -16 Armee -17 Debattierklub -13 andres kleines Getier - 19 Treulosigkeit - 20 Verwirrungen - 21 Jetzt -22 allgemeinen Dingen - 23 Stand der Parteiangelegenheiten - 24 Übertreibung
durch Scherzer zugekommnen kommunistischen Phrasen unsre Partei lächerlich machte. Mir war die Sache sehr unangenehm, nicht wegen der paar Knoten in London, aber wegen der Schadenfreude der demokratischen Bande, wegen der false appearances25, die einige geschickt nach Deutschland und United States versandte copies26 des Saublatts hervorriefen, wegen der Bekanntschaft, die clown mit dem Lausezustand der Partei machte; endlich wegen der Verbindungen, in die er mit dem hiesigen internationalen Komitee13861 kam. Herr Liebknecht blieb während der ganzen Zeit, wo clown die „Neue Zeit" redigierte und seine Vorlesungen im Verein hielt, im letztern, schwatzte außerdem allerlei dummes Zeug, daß er mich verteidigen müsse gegen das große Odium, das die Arbeiter (i.e. Knoten) gegen mich hätten etc. Nun, als infolge von Geldmangel nur eine halbe Nummer (die ich Dir geschickt) der ,,N[euen] Z[eit]" erschien, war Liebknecht chairman27 bei einer Versammlung, wozu die verschiednen Vereine eingeladen waren, um das Blatt zu retten.13871 Resultat war natürlich null. Nach dieser Szene berief ich die Leute zusammen (eine kleine Bande: Pfänder, Lochner etc. und einige neue, die Liebknecht als seinen Privatklub von alten Zeiten, seit meinem Auszug aus der Stadt13881, behandelte), und bei dieser Gelegenheit zerzauste ich den Liebknecht in einer Weise, die ihm keineswegs vergnüglich war, bis er sich als zerknirschten Sünder erklärte. Er erzählte, der Versuch werde gemacht, die „Neue Zeit" wieder herauszugeben, aber sein energisches Einschreiten habe das verhindert. Ich war daher überrascht, einige Tage später eine scheinbare Fortsetzung der „N. Z." unter dem Namen „Das Volk"l3S9] zu erhalten. Die Sache klärte sich aber kurios auf, dahin: (Sieh auch den einliegenden Brief.) Herr clown hatte an Biskamp (Du hast einen Brief an denselben von Bfiskamp]) schließlich geschrieben, Kinkel habe die „Neue Zeit" durch Intrigen ruiniert, schäumte scheinbar von Rachegefühl etc. Well.28Bisk[amp] kömmt nach London und ist d'abord startled by the fact29, daß einer seiner eignen für die „N. Z" bestimmten Artikel, etwas versänftigt, im „Hermann" erscheint. Er läuft zum clown, der keineswegs durch sein Erscheinen pleased30 schien, sich für krank ausgab, den Weltmüden spielt und ihm schließlich erklärt, alles sei Scheiße, er (Biskfamp]) solle sich nicht in den Dreck mischen, Kinkel sei zu mächtig usw. Biskamp aber, dem es auffiel, daß Kinkel in die Setzerei der „N.Z." seinen „Hermann" verlegt, während er seine alte Setzerei aufgegeben, und daß er seine Manuskripte druckte, läuft
25 des falschen Scheins - 26 Exemplare - 27 Vorsitzender - 28 Gut. - 29 zunächst durch die Tatsache verblüfft - 30 erfreut
zu Hirschfeld auf die Setzerei und findet da - Edgar Bauers Handschrift und Korrektur der Kopien. In one word31: Herr Edgar hatte die „N.Z." benützt, um sich an Kinkel zu verkaufen, und bei der Gelegenheit - Beweis der Fruchtbarkeit des Mannes - B[iskamp]sche Manuskripte als seine Beiträge drucken lassen. Dieser Ochs von Kinkel! Um die „N.Z." zu ruinieren, kauft er den clown, der während seiner ganzen Redaktion alle Polemik vermieden hatte, statt dem clown Geld zu geben und ihn als Redakteur der „N.Z." fortfigurieren zu lassen. Aber Gottfried glaubte so ein für allemal eine, wenn auch kleine Konkurrenz zu beseitigen. Von dem Wirken dieses Gottfried noch ein Wort. Es erschien hier ein drittes deutsches Blatt, erst unter dem Titel ,,Lond[oner] D[eu]ts[che] Zeit[ung]", dann unter dem Titel „Germania". Dies Blatt, von einem Ermani redigiert, hatte östreichische Tendenz. Gottfried bringt heraus, daß der Redakteur irgendein Kriminalverbrechen begangen, läßt ihm durch Dr. Juch drohen, kauft ihm Blatt und Setzerei für ein Spottgeld ab (ob aus dem Revolutionsfonds oder aus preußischen gesandtschaftlichen Geldern, ist ungewiß) und soll, wie es heißt, unter Juchs Leitung das Blatt unter anderm Titel forterscheinen lassen. Kinkels Blatt hat 1700 Abonnenten, wird Einnahmequelle, und der Kerl will es vor aller Konkurrenz und Polemik sichern. Nach dem Verrat des clown stiftete Bisk[amp] etc. „Das Volk"; und er, sowie die Knoten, wandten sich erst indirekt durch Liebk[necht] an mich. Dann kam B[iskamp] zu mir. Ich erklärte, wir könnten direkt an keinem feinen Blatt mitarbeiten, überhaupt an keinem Parteiblatt, das wir nicht selbst redigierten. Zu letztrem Schritt aber fehlten alle Bedingungen m diesem Augenblick. Dagegen solle Herr Liebknecht seine Tätigkeit dem Bfiskamp] zugut kommen lassen. Ich billige allerdings sehr, daß dem Gottfried nicht das Feld geräumt und sein schmutziger Calcul baffled32 werde. Alles, wozu ich mich verpflichte, sei folgendes: Ihnen von Zeit zu Zeit „gedruckte" „Tribune"-articles zu geben, die sie benutzen könnten; meine Bekannten aufzufordern, das Blättchen zu halten; endlich mündlich ihnen die mir zukommenden Notizen und „Winke" über dies und jenes zu geben. Andrerseits müßte sofort (dies wird in der nächsten Nummer geschehn) Biskamp Bauer-Kinkels Sauerei dokumentlich drucken lassen.13901 (Ich schlage so 2 Fliegen, selbst wenn das ßfättchen aufhört.) Die objektive Höhe des clown müsse fallengelassen und in every respect33 offensiv und polemisch, und zwar in möglichst lustigem Ton vorgegangen werden.
31 Mit einem Wort - 32 Plan vereitelt - 33 in jeder Hinsicht
Consequently34, bitte ich Dich, daß Du, Lupus, Gumpert und wen Ihr sonst vermögen könnt (stellt die Sache nur als uns sonst fernliegenden AntiKinkel dar), Euch abonniert auf „Das Volk."'. Office35: 3, Litchfield Street, Soho. (Vierteljähriges Abonnement, bei freier Zusendung, 3 sh. 6 d.) Gumpert und Biskamp sind beide Kurhessen, und da erstrer vielleicht dann und wann einen Witz zur Verfügung hat, kann er ihn seinem Landsmann zuschicken. Endlich schreibe mir irgendeinen Kerl (stationer36) in Manchester, dem „Das Volk" zum Vertrieb zugeschickt werden kann. (Schreib auch an den Bradforder37.) Ich betrachte „Das Volk" als ein Bummelblättchen, wie unsre „Brüßler" und „Pariser" Zeitung13911. Wir können aber unterderhand, ohne direkte Intervention, den Gottfried etc. etc. damit totärgern. Es mag auch ein Moment kommen, und sehr bald, wo es entscheidend wichtig ist, daß nicht nur unsre Feinde, sondern auch wir selbst unsre Ansicht in einem Londoner Blatt drucken lassen können. Biskamp arbeitet gratis und verdient um so mehr Unterstützung. Das schönste ist, daß clown in Nr. 18 des „Hermann" einen höchst albernen kleinschisserigen Artikel schrieb, worin er „nachweist", daß „Englands Neutralität" den jetzigen Krieg zu einem „Winkelkrieg" verdamme. „Abschließende" Taten seien nicht auf dem unglücklichen Kontinent mehr möglich, und darum sei das erhabne England „neutral". In Nr. 19 hat Blind vom entrüstet demokratisch-patriotischen und Bucher vom urquhartistischen Standpunkt aus den clown niedergekanzelt13921, so daß er wohl bald, von allen Parteien befußtrittet, herausfliegen wird, selbst aus dem „Hermann". Eine sehr schöne Lektion haben die Herren Knoten so erhalten. Der Alt-Weitlingsche Esel Scherzer glaubte, er könne Parteivertreter ernennen. In meiner Zusammenkunft mit einer Deputation der Knoten (ich habe abgeschlagen, in irgendeinen Verein zu kommen, in dem einen aber den Liebknecht, in dem andern den Lappländer38 als chairman39)[393) erklärte ich ihnen rundheraus: Unsre Bestellung als Vertreter der proletarischen Partei hätten wir von niemand als uns selbst. Sie sei aber kontrasigniert durch den ausschließlichen und allgemeinen Haß, den alle Fraktionen der alten Welt und Parteien uns widmeten. Du kannst Dir denken, wie verblüfft die Ochsen waren. Wenn Du keine „Po und Rhein" mehr hast, mußt Du welche bestellen. Auch für Steffen, Weydemeyer, mehre Revuen hier sind copies nötig. 31 Folglich - 35 Geschäftsstelle - 36 Buchhändler - 37 Wilhelm Strohn - 38 Anders - 39 Vorsitzender
Wäre es möglich, dem armen Eccarius, der wieder in der Schneiderhölle zusammenbricht, eine neue Kollektion Port zu schicken? Salut. Dein K.M.
Brief von Weydemeyer und Komp erhalten. Schicke ihn Dir nächstens. An 100 Copies meiner „Ökonomie"'2631 durch sie bei Duncker schon bestellt von den United States. Sag Lupus: Daß from the beginning40 Beta (Bettziech), der redacteur des,, How do you do",auch das eigentliche Redaktionsfaktotum Gottfrieds.
49 von Anfang an
209
Engels an Marx in London
Manchester, 23. Mai 1859
Lieber Mohr, Von wegen des Manifestes1 vollkommen einverstanden. Wie sollen wir es mit dem Drucken machen, es wird wohl in London gedruckt werden müssen; erkundige Dich nach den Kosten und andern Particulars2, damit wir gleich nach Abfassung loslassen können. Die Geschichte mit dem „Völkchen"3 ist sehr amüsant, sehr zufriedenstellend und kann sehr nützlich werden. Wegen des Vertriebs hier ist folgendes zu bemerken: Ich könnte zwar leicht einen englischen „Stationer"4 finden, aber der würde nicht einmal die Chance haben, einen stray5Abonnenten aufzupacken. Damit diese gefaßt werden, müssen die hiesigen foreign booksellers8, Dunnill und Palmer, Princess Str., und Franz Thimm, Princess Str., herangezogen werden. Lupus wird sich bei D[unnill] und P[ahner] abonnieren, Gumpert und ich bei Thimm, der unser Buchhändler ist. Der „Hermann" ist hier sehr am Abnehmen, eine ganze Ladung alter Nrn. liegt hier, und Thimms Geschäftsführer hier, der dem Kinkel nicht sehr grün zu sein scheint, sagt mir, die Abonnenten fielen mit jeder Woche mehr ab. Schickt daher von den ersten Nrn., besonders worin die Kinkel-Schmiere behandelt wird1390', ein Dutzend Exemplare an Thimm und auch ca. 6 an D[unnill] und P[almer]; ich werde das Klatschmaul Heckscher in Bewegung setzen, sobald dies heraus ist, der bringt die Geschichte so sicher hier in Umlauf wie 2 X 2 = 4. Aber die Sachen an Thimm müssen direkt an hiesigen Th[imm] geschickt werden, der Kerl in London wäre imstande, den Dreck zu unterschlagen. Sobald also hier ein paar Exemplare bei Th[imm] abonniert sind, wird der hiesige Commis schon mehr Interesse an der Sache bekommen. Das Gefecht von Casteggio werd' ich nächsten Freitag behandeln, die Sache ist zu unbedeutend, um 2mal darüber zu schreiben, und die Tele
1 Siehe vorl. Band, S. 433 - 2 Einzelheiten - 3 „Das Volk" - 1 „Buchhändler" - 6 Zufalls 6 Buchhändler für ausländische Literatur
gramme sind zu haltlos, um was Ordentliches zu sagen.13941 Deine alte Karte von der Lombardei kommt mir jetzt sehr gut zustatten, Maßstab ca. 1/160000, also schon sehr groß. Leider ist die Terrainzeichnung sehr schlecht. Viele Grüße. Dein F.E.
210
Marx an Engels in Manchester
[London] 24. Mai 59
Lieber Engels, Wenn es Dir möglich, einiges „tin"1 herüberzuschicken, verpflichtest Du mich sehr. Der Lauskerl von Duncker, auf den ich gerechnet hatte, scheint die Sache12631 in die blaue Unendlichkeit zu verschieben. Während 11 Tagen hat das Vieh wieder nichts geschickt. Weißt Du, wer mir den way stops2? Niemand anders als Lassalle. Erst wird meine Geschichte um 4 Wochen ausgesetzt wegen seines „Sickingen". Jetzt, wo die Sache dem Abschluß entgegenreifte, muß der Narr wieder mit seinem „anonymen" Pamphlet13801 dazwischenkommen, das er nur schrieb, weil Dein „anonymes" Pamphlet3 ihn nicht schlafen ließ. Sollte der Hund nicht einsehn, daß der Anstand selbst erheischte, erst meine Sache herauszubringen? Ich werde noch ein paar Tage warten, dann aber einen saugroben Brief nach Berlin schreiben. Die Bestellungen wegen Manchester habe ich gemacht. Wenn Deine Zeit irgend erlaubt, so schreib mir morgen deutsch 20-30-40 Zeilen über die Kriegsaffairen4, die ich dem Waschlappen Liebknecht nicht in Deiner Handschrift geben, sondern diktieren werde. Zeit ist nicht zu verlieren, da das „Volk" sich nur eines Setzers rühmt und bis freitags morgen alles fertig sein muß. Übersieh diesen Punkt nicht. Mit einigem Originelleren vom Kriegsschauplatz sind wenigstens 50 Käufer mehr to catch5 in London. Ich manage die Sache so, daß Du und ich nicht direkt zunächst responsibel6 werden. Von den Manoeuvres des Gottfried7 magst Du daraus urteilen, daß der Pfaffe letzte Woche im Ostend seine „Hermanns" zu einem halfpenny8 unter dem Whitechapelpublikum12"1 verkaufte, nur um den Absatz des „Volks" zu verhindern. Woher die fonds9 ? Schapper sagt mir, Willich sei hier gewesen. Dann haben die Kerls wahrscheinlich die Gelder geteilt und
1 „Blech" - 2 Weg versperrt - 3 „Po und Rhein" - 4 „Der Feldzug in Italien" - 6 z« gewinnen - 6 verantwortlich - 7 Gottfried Kinkel - 8 halben Penny -9 Mittel
dem Kettenhund Heinzen auch einigen Geldstaub ins Maul geworfen, denn der Hund hat aufgehört zu bellen. Wir werden das herausbekommen. Wegen der Publikationsgescluchten unsres Manifests10 I shall look out11. Salut. Dein K.M.
Imandt heiratet die Tochter seiner Wirtin, eine Schottin. Auch eine schöne Gegend.
10 flehe vorl. Band, S. 433 Und 438 -11 werde ich mich umsehen
211
Marx an Engels in Manchester
[London] 25. Mai 1859
Lieber Fred, Wie die Sachen jetzt hier stehn, ist es nicht wahrscheinlich, daß ich London verlassen kann, sicher nicht Anfang der nächsten Woche. Heute, wie ich aus einer Notiz in meinem diary1 sehe, sind es volle 14 Tage, daß ich dem Hund Duncker die letzten 3 Korrekturbogen (nämlich Bogen 9-11) zugeschickt. Die Sache 12631 war also fertig, und der Kerl hatte nichts mehr zu tun, als nur Reinabzüge der letzten 3 Bogen für das Druckfehlerverzeichnis zu schicken. Statt dessen erhalte ich heute - was? Lassalles Brochure13801, und da wir kein Geld im Haus hatten, auch ziemlich alles Versetzbare versetzt ist, mußte ich noch den letzten tragbaren Rock ins Pfandhaus schicken, da 2 sh. für diese Scheiße zu zahlen waren, die vielleicht 8 d. in Berlin kostet. Aber, worauf ich eigentlich hinwollte: Es ist also jetzt evident, daß auf meine Sache 14 Tage neues Embargo gelegt wurde, um Herrn Lass[alle] Platz zu machen. Die Arbeit, die noch an meiner Geschichte zu machen war, konnte höchstens 3 Stunden Zeit kosten. Aber der verfluchte eitle Narr hat das Embargo verordnet, damit die Aufmerksamkeit Publici2 nicht geteilt würde. Duncker, der Schweinhund, aber ist seelenvergnügt, daß er neuen Vorwand hat, die Zahlung meines Honorars aufzuschieben. Ich vergesse dem Jüdchen diesen Streich nicht. Die Hast, womit sein Dreck gedruckt wurde, zeigt, daß er magna pars3 in der Verzögrung unsrer Sachen. Dabei ist das Vieh so verliebt in seine Ausschweißungen, daß er es für selbstverständlich hält, ich brenne nur von Begier, sein „Anonymes" zu sehn und habe „Objektivität" genug, das Killen meiner Sache als in der Ordnung zu betrachten. Der verfluchte Jude4 von Wien schreibt auch nicht. Lupus irrt sich sehr in Liebknecht, wenn er glaubt, dieser Biedermann könne selbst so einen Wisch wie „Der Reichsregent" fertigbringen, Biskamp hat die Sache geschrieben (ich gab ihm die facts)13951 und B[iskamp] muß
1 Tagebuch - 2 des Publikums - 3 großen Anteil - 4 Max Friedländer
alles schreiben. Von Liebknecht] rührt nichts als die „Politische Rundschau", London mit dem Zeichen JT, und dies nicht einmal ganz.13961 Liebknecht] ist ebenso schriftstellerisch unbrauchbar wie er unzuverlässig und charakterschwach ist, wovon ich Näheres wieder zu berichten haben werde. Der Kerl hätte diese Woche einen definitiven Abschiedstritt in den Hintern erhalten, zwängen nicht gewisse Umstände, ihn einstweilen noch als Vogelscheuche zu verwenden. Wenn nicht Privatverhältnisse nebst dem Warten auf Duncker mir wahrscheinlich unmöglich machten, nächste Woche nach Manchester zu kommen, kömmt noch hinzu, daß, wenn ich den Platz verlasse, bei den großen Intrigen, die von allen Ecken aufgeboten werden von der Emigrationsdemokratie, von Camberwellkaufleuten, von Weitlingianern etc. etc., und bei der außerordentlichen Schwäche der Leute, die uns hier repräsentieren sollen, leicht alles in den Dreck geritten wird. Ich habe übrigens dem faullebenden Fleisch Schapper gestern durch Pfänder kategorisch mitteilen lassen, daß, wenn er nicht sofort wieder in den Arbeiterverein (den sog. kommunistischen13851) eintritt und dort das management5 übernimmt, mit ihm aller „Zusammenhang" aufhört. Die einzige Sphäre, worin wir das Hippopotamus brauchen können, hält der Narr zu gering für sich. Mais nous verrons.6 Wir hatten nie einen schlechteren staff 7. Der Pieper wäre jetzt sehr nützlich. Statt dessen ist er in Bremen und schreibt nicht einmal. Salut. Dein K.M.
8 die Leitung - 6 Aber wir werden sehen. - ' Stab
212
Marx an Engels in Manchester
... r . [London] 27 May [1859] Lieber tngels, £ 5 erhalten. Da mußt Deine war-articles colour a little more1, da Du für a general newspaper2 schreibst, nicht für eine wissenschaftliche Militärzeitung. Etwas mehr Deskriptives und Individuelles ist ja leicht aus dem „Times"-correspondent etc. hereinzuwerfen. Ich kann das nicht dazwischentun, da sonst Ungleichheit im Stil hereinkommt. Der Dana schreibt uns sonst den größten Blödsinn auf eigne Faust. Ich schicke Dir heut probeweis* 2 Nummern (die letzten) der „Presse", damit Du siehst, ob Du das paper3 brauchen kannst. Gestern abend um 7 Uhr kam Herr Liebknecht mit 6 Zeilen für „Das Volk", nachdem er durch sein Nichterscheinen (und der Esel unternimmt immer allerlei) die ganze Setzerei in disorder4 gebracht, wie Biskamp mir sagt. Ich hatte dem Vieh exakt gesagt, was aus Deiner Brochure6 noch abgedruckt werden sollte. Statt dessen will er daraus einen leader6 machen, den er natürlich nicht fertigbrachte. Bürgers redivivus, aber much worse7, da B[ürgers] wenigstens zur Attacke in Vereinen zu brauchen war. Nach meiner Ansicht ist Garibaldi absichtlich in eine Position geschickt, worin er kaputtgehn soll. Im Gegensatz zu Kossuth, der nebst Klapka den „Konstantin" als russischen König von Ungarn schon „anerkannt" hat, benimmt sich Mazzini (wohl eine größre Autorität in italienischem Patriotismus als Herr Lassalle) sehr brav.13971 Ich werde seine letzte Schlußnummer des „Pensiero ed Azione"13981 aufzutreiben suchen. Schicke mir Deinen letzten „Po und Rhein" für Mazzini. Ich werde ein paar Begleitungsworte dazu schreiben, oder schreib Du sie lieber. Salut. n . K. M. Heute wieder nichts von Berlin. Also 16 Tage, um die Druckfehler der 3 letzten Bogen12631 zu korrigieren.
1 Kriegsartikel ein wenig bildhafter gestalten - 2 eine allgemeine Zeitung - 3 Blatt - 4 Unordnung - 6 „Po und Rhein" -6 Leitartikel -7 in neuer Auflage, aber viel schlechter
213
Marx an Engels in Manchester
[London] 28. Mai [1859]
Lieber Engels, Einliegend erhalte ich folgenden Brief von Dana. Was antworten? Apropos. Ich habe jetzt durch Biskamp erfahren, dessen Gewährsmann der clown1 selbst ist, daß Bruno Bauer positiv von Rußland bezahlt war. Er erhielt 300 Friedrichsdor von dem russischen Gesandten von Budberg. Der clown war als Helfershelfer engagiert. Bruno brach ab, weil Budberg ihn nicht „respektvoll" behandelte und in der antichambre chambrieren2 ließ. Seine Reise nach England bezweckte, daß das Brüderpaar - par nobile fratrum3 - das Geschäft mit der englischen Regierung versuchen wollten. Fiel, of course4, in den Dreck. What do you say to this?5 Salut. Dein K.M.
1 Edgar Bauer - 2 im Vorzimmer warten - 3 ein edles Brüderpaar (Horaz: Satiren, Buch II) 4 natürlich - 6 Was sagst Du dazu?
214
Marx an Engels in Manchester
[London] l.Juni 1859
Lieber Engels, Beiliegend 1 Nummer der „Presse", worin einige Dir vielleicht interessante Details. Der Bursche Friedländer antwortet natürlich nicht. Indes erkläre ich mir die Sache jetzt so: Lassalle hat, of course1, dem Friedländer nicht nur in seinem, sondern auch in meinem Namen die Tendenzpredigt2 gehalten. F[riedländer] glaubt, daß ich mit Herakleitos dem Dunkeln3 ein Leib und Seele. So kann er natürlich nicht daran denken, daß ich für ein Wiener Blatt under present circumstances4 schreiben kann. Die Wiener „Presse" enthält täglich versteckte Polemik gegen den Berliner Klugscheißer. So z.B. in einem Leitartikel vom 29.Mai: „Aber man verlange von jenen spekulativen Köpfen nationales Ehrgefühl, welche in Nap[oleon] III. den rächenden Arm der Geschichte erblicken und in seiner angeblichen Völker» befreienden Genialität die Unbeholfenheit, Pedanterie und Unfruchtbarkeit ihres eignen kategorisierenden Verstandes wohlgefällig bespiegeln." Schon die Zudringlichkeit, womit L[assalle] mich aufforderte, nicht mehr an seinen Vetter5 zu schreiben, beweist, daß der Kerl auch in meinem Namen gemogelt hat. So hat das Vieh mir die beste Aussicht für den Sommer vereitelt. Außerdem war es für gewisse Eventualitäten gut, wenn ich eine Hand in der Wiener „Presse" hatte. Wenn Du wieder über Garibaldi schreibst, whatever may be his fate6, mach Dich lustig über diese nur dem „Neffen des Onkels"7 mögliche Wendung, daß neben ihm der Freischarenführer als der Hero8 figuriert. Denke Dir so etwas unter dem alten Nap[oleon]! Übrigens schreibt der Pariser Korrespondent der „Times" heute, daß die Bonapartisten schon stark grumbeln9 über G[aribaldi]s „Ruhm", und daß einige „a few select police"10 seinem Korps eingeschmuggelt sind, die genau über ihn berichten. Ganz
1 natürlich - 2 siehe vorl. Band, S. 431 - 3 Ferdinand Lassalle - 4 unter den gegenwärtigen Umständen - 6 Max Friedländer - 6 was auch immer sein Schicksal sein mag - 7 Napoleon III.8 Held -8 murren -10 „ausgesuchte Polizisten"
entsprechend der Anweisung Mazzmis hat Gfaribaldi] in seiner Proklamation'399' den Bonap[arte] nicht genannt. Übrigens ist M[azzini]s letztes Ding nicht so gut, wie ich dachte.11 Ich hatte nur Auszüge flüchtig gelesen. Sein altes Grummein gegen den Sozialismus. Wir können nichts mit ihm direkt machen. Aber er kann nützlich als Autorität gegen Kossuth etc. verwandt werden. Übrigens wirst Du aus seiner letzten Nummer12, die ich Dir Ende der Woche schicke, Herrn Karl Blinds Wichtigkeit von neuem kennenlernen. Salut. Dein K.M.
Übrigens ist Blind aus dem „Hermann" heraus, irrt sich aber sehr, wenn er darauf spekuliert, in das „Volk" hineinzukommen. Schwach, wie das Blättchen ist, hat es die ganze hiesige Emigration in Wut und Schaum versetzt. U.a. Tausenau et Co., bezahlt von Kossuth-Bonap[arte], um deutsche „opinion"13 in London zu machen.
11 siehe vorl. Band, S. 444-12 „Pensiero ed Äzione" -13 „Meinung"
215
Marx an Engels in Manchester
[London] June 7 [1859]
Dear Frederick, Du mußt entschuldigen, daß ich Dir erst jetzt schreibe, und auch nur einige Zeilen. Meine Zeit war ganz mit Beschlag belegt durch Arbeiten und Privat- und Parteilaufereien. D'abord1 hat es mich sehr gefreut, daß Dir das erste Heft[263i gefällt, da Dein Urteil mir allein wichtig in dieser Sache ist. Ich erwartete, zum großen amusement2 meiner Frau, with some anxiety your judgment3. Ad vocem „Volk". Die Wirtschaft allerdings sehr liederlich, da nur ein Setzer, kein Laufbursch usw., außerdem bisher kein einziger „unverdächtiger" Expedient, und vor allem kein Geld. Nichtsdestoweniger hat es die letzten Nummern ziemlich alle verkauft, und wenn die Mittel beigeschafft werden, um einen einigermaßen zuverlässigen Expedienten anzustellen, hält sich die Sache. Dabei hat das „Blättchen", obgleich wir nur indirekt ihm turn4 geben, die ganze Demokratie in Hallo gebracht. Nicht nur hier, sondern in der Schweiz, wo Vogt-Kinkel gegen mich im „Handels-Courier" eins der Sauartikelchen eingerückt haben, wie Du sie kennst. Ich lasse es abdrucken in der nächsten Nummer.'401" Biskamp werde ich wegen der Manchester Sache sprechen. Er hatte mich gestern umgekehrt aufgefordert, Dir zu schreiben, daß ^e/n Exemplar von Manchester bestellt ist. Mir scheint, als ob Hollinger (der Drucker) schon von Kinkel bestochen. Nous verrons.5 Kinkel, nach Audienz mit Kossuth und Geld von Vogt, ist ins reichsverräterische Lager übergetreten. Bucher und Blind sind ausgetreten mit „Entrüstung". Kinkels Mitarbeiter sind jetzt folgende: Bamberger, Ed. Bauer, Beta („How do you do") und Born6 (Bruder unsres Ex-Born7). Schöne Bande. Dabei noch 1 oder 2 alte Huren. Ad vocem Freiligrath. Unter uns gesagt, ein Scheißkerl. Jetzt wo er sieht,
1 Zunächst - 2 Vergnügen - 3 mit einiger Besorgnis Dein Urteil - 4 Richtung - 5 Wir werden sehen. - 6 David Born - 7 Stephan Born
daß die Dinge revolutionären Turn8 nehmen (Du hast doch gehört von dem Arbeiterriot in Berlin14011) und Kinkel disrespectable9 wird, schimpft er auf ihn. Aber in dem 6ten und letzten Band seiner in Amerika herausgegebnen Gesammelten Werke (3/4 davon Übersetzungen von Schund) - diesen Band hat er eben erhalten und mir zugeschickt - bildet das Gedicht auf Johanna Mockel den Schluß, während er das Gedicht gegen Kinkel'4021 unterdrückt hat. Dies ist säuisch, und ich habe seine Entschuldigungen darüber mit sehr skeptischer Miene angehört. Der Teufel soll diese Sängerzunft holen. Ad vocem Vogt. Hat sich in der „Volks-Zeitung" (Berlin) Preußen zur „Verfügung" gestellt. Ad vocem Duncker. In einem Brief D[uncker]s, dem ich saugrob über seine Verzögrung geschrieben, gesteht das Vieh rundheraus, daß der letzte 3wöchentliche Verzug (nachdem alles fertig außer dem Druckfehlerverzeichnis) infolge des Erscheinens des aus „Schweiß, Feuer und Logik" zusammengebrauten „Anonymen"13811. Ich habe absichtlich Dich in den Zeitungen als Verfasser des „Po und Rhein" verraten lassen, weil ich gegründete Verdachtmotive, daß der Verfasser des „Anonymen" sich unterderhand mit Dir „verwechselt". Ich finde es etwas toll, daß Herr L[assa!le] mich behebig in Embargo legt. Die Scheiße wird diese Woche in Berlin ausgegeben, ich meine Heft 1. Schließlich komme ich unter allen Umständen, sobald die means ready10, auf einige Tage nach Manchester, da wir allerlei abmachen müssen. Salut. Dein K.M. Gruß an lupullum. Die „Pressen" (dort hat der „Anonyme" mir definitiv das Handwerk verdorben) schicke ich Dir morgen. Ich versichre Dir, es ist kein Spaß mit diesem Lausestaff11 hier. Biskamp ist wenigstens raschschreibend und schlagfertig. Liebknecht ist an awful nuisance12. Durch seine klugscheißerischen Manöver konnte der Klatsch wegen Kinkel und Bauer nur ganz verdünnt ins Blättchen.13901 Dein Artikel13 wurde denselben Tag im „Volk" gedruckt, wo er ankam. In der letzten Nummer ist die Vorrede aus meinem Dreck14 abgedruckt, d.h. mit einigen von Herrn B[iskamp] beliebten Weglassungen.
8 revolutionäre Richtung - 9 mißachtet - 10 Mittel bereit - 11 Lausestab -12 eine furchtbare Plage - 13 „Der Feldzug in Italien" - 14 „Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Vorwort"
216
Marx an Engels in Manchester
London, 10. Juni 1859
Lieber Frederick, Heute zwei Manuskripte erhalten. Ein famoses, Deins über „Fortification", wobei ich aber in der Tat Gewissensbisse fühle, daß ich Deine wenige Sparzeit so in Anspruch nahm. Ein groteskes, nämlich eine Replik von Lassalle an mich und Dich über seinen „Sickingen"1. Ein ganzer Wald von enggeschriebnen Seiten. Unbegreiflich, wie ein Mensch in dieser Jahreszeit und unter diesen welthistorischen Zuständen nicht nur selbst Zeit findet, solcherlei von sich zu geben, sondern uns sogar die Zeit zumutet, es zu lesen. Ad vocem „Volk"- Du und lupus werdet, falls Eure Buchhändler, was mir zweifelhaft, wirklich das Blättchen abliefern, erstaunt über eine Annonce in der morgen erscheinenden Nummer sein, daß „Aussicht" auf unsere etc. Mitarbeit vorhanden.11031 Die diplomatischen Gründe, die mich zu diesem Schritt bestimmten, mündlich. Duncker: Noch nichts erhalten, weder Geld noch Exemplare12631. Sag letzteres dem lupus, der sonst eins schon erhalten hätte. Ad vocem Schramm2. Dieser große Mann fiel in Berlin durch. Der Verwandtenrat seiner Frau beschloß daher, daß er ein kleines Stellchen im Commerce in Krefeld einnehmen solle. Darauf hat der „Verunglückte" einen langen Wisch an die Minister in Berlin geschrieben: Er habe es für seine politische Pflicht gehalten, seinen Strauß mit dem ihm verhaßten Minist[er] Manteuffel auszufechten. Nun aber, nachdem er diese Pflicht erfüllt, und da Preußen nicht ä sa hauteur ä lui3 sei, verlange er seine Entlassung aus dem Untertanenverband. Erfolgt, und Schramm mit den übrigen Parcels4 in London eingetroffen. Wird nun, wie er dem Kabinett Hohenzollern gedroht, sich als Engländer „naturalisieren". Härtester Schlag, der Preußen seit der Schlacht von Jena getroffen hat.
1 Siehe vorl. Band, S. 590-593 und 600-605 - 2 Rudolf Schramm - 3 auf seiner Höhe 4 dem übrigen Anhang
Ad vocem Lassalle. Auf sein Riesenmanuskript, wobei er nebenbei auch von dem „Anonymen"13801 spricht, das er „im Namen der Partei" geschrieben, habe ich ihm geantwortet (heute) in einem Schreiben5 ungefähr 1/3 so groß wie das vorliegende. In bezug auf das Pamphlet nur bemerkt: „Durchaus nicht unsre Ansicht. Überflüssig, darüber zu schreiben, da wir uns per Druck öffentlich aussprechen würden." Salut. Dein K.M.
5 siehe vorl. Band, S. 606 29*
217
Marx an Engels in Manchester
[London] Juli 14. 59
Dear Frederick, Du warst sicher verwundert über mein langes Schweigen, aber die Sache ging mit sehr natürlichen Dingen zu. Während der ersten Woche hatte ich wie toll umherzulaufen, um einige Ordnung in „Das Volk" zu bringen, und diese Woche drangen private matters1 auf mich.14041 Well.2 Der Stand des „Volks", als ich herkam, war der: Kinkel war gefällt durch unsre letzten Witze. (Ich habe seit der Zeit fortgefahren mit den Gatherings^iob\ Diese Nummer wird bloß von mir der Teil bearbeitet. Es sei denn, daß irgendwelche Neuigkeit dem Bisk[amp] Anlaß gibt, noch ein paar Schnurren hineinzubringen.) Aber gleichzeitig war „Das Volk" in voller Auflösung, und es war fraglich, ob es forterscheinen werde. Uber 6 £ Schulden waren während meiner Abwesenheit kontrahiert, indem die „Agenten", Drucker3, Gott und der Teufel ahnten, daß mit meiner Rückkehr der Spaß ein Ende haben würde. Bisk[amp] war in the most dejected State4. Die „Kölnische" (bei der ihn ein Konkurrent denunziert) hatte ihm aufgekündigt; von Speck Wohltaten zu erhalten, ging ihm gegen den Mann, und so hatte £r mehre Nächte im „Park" kampiert. Endlich hatten sich bei dem Drucker „echte Demokraten, auch Sozialisten, aber gemäßigt und feind aller Personenpolitik (Blind?)", gemeldet, die „Das Volk" in ihre Hand nehmen und die nötigen Subsidien geben wollten. Such was the general State of things when I arrived at London.5 Ich gab erstens 3 £ dem Biskfamp] und beredete ihn zugleich zur Annahme einer Schulmeisterstelle in Edmonton, die ihm, da er nicht intern, nichts mit der Aufsicht zu tun und nur 4 Stunden zu geben hat, erlaubt, grade soviel fiir das Blatt zu schreiben als bisher. Otherwise® würde ihn Pech und Bummelei bald disarmed7 haben. Ersten August zieht er hin. Er ist so in der Tat nicht weiter von London wie ich. Andrerseits ist es mir lieb, wenn er nicht persönlich da ist, sobald ich, wie ich by und by8 vorhabe, mich selbst mehr mit dem
1 Angelegenheiten - 2 Nun gut. - 3 Fidelio Hollinger - 4 in der mutlosesten Verfassung 6 So war der allgemeine Stand der Dinge, als ich in London ankam. - 6 Andernfalls - 7 entwaffnet - 8 über kurz oder lang
Blättchen einlasse. Für das Blatt (Schulden) gab ich nur 1 £ 5 sh. und zwang Garthe, Speck und einige Knoten, die Summe von 3 £ 15 vollzumachen, zur Abschlagszahlung für Hollinger. Ich hatte ferner Herrn Liebknecht 16 sh. zurückzuzahlen, die er während meiner Abwesenheit Hollinger vorgeschossen. Es waren also 5 £ 1 sh. zu verausgaben, ehe die „laufenden" Operationen begannen. Von diesen bezahlt 15 sh. an Carstens9, 5 sh. für Miete des Expeditionszimmers, 4 sh. für stamps10, sh. für Herrn Hollinger auf Nr.9 vorgeschossen. Du siehst also, daß ich ziemlich am Ende von meinem Latein bin, eh' ich angefangen habe. Es ist indes alle Aussicht vorhanden, daß, wenn wir noch ein paar Wochen pressen, der „Hermann" untergeht und uns ganz das Feld räumt. Mit der neuen Expedition wird die Sache überdem selfpaying11 werden. Meine dezidierte Ansicht ist, daß, wenn wir auch das Blättchen noch einige Zeit niedriger fliegen lassen, wir at a certain moment12 ihm eine bedeutende Direktion geben müssen. Im Fall „Hermann" unterginge, nähmen wir die Setzerei von Hirschfeld. (Wohlfeiler, mehr Kredit geben, expediter13.) For the moment14 ist es aber absolut nötig, noch einige Subsidien von Manchester zu schicken. Der Friede Napoleons[mi übertrifft alle meine Erwartungen. Gestern jubelte die ganze französische Revolutionsbande in London, Louis Blanc lief wie toll umher, aber die Italiener knirschen. Selbst Mazzini, obgleich er das Result15 6 Wochen vor Ausgang des Kriegs vorhergesagt, hatte sich doch afterwards16 der Illusion hingegeben, daß Bonaparte wenigstens the Austrians17 aus Italien werfen würde. Ich habe den Brief eines Irländers {private letter18) gelesen, der die duchesse de Padua19 zu Paris vögelt. Dieser Mann schreibt, die geheimen Vertragsartikel seien: zwei türkische Provinzen für Ostreich; die preußische Rheinprovinz mit Belgien in einen „katholischen" Staat zu verbinden oder vielmehr, dies „neue Reich" zum Vorwand zu machen, um selbst die angenehmen Bissen zu verschlucken. Die preußische Klugscheißerei, von Lass[alle]s etc. unterstützt1380', hat Deutschland (und Preußen) in eine Patsche gebracht, aus der keine Rettung ist außer durch eine wütende Revolution. Ich mache Dich aufmerksam auf den ersten Artikel der „Free Press"t407!, die ich Dir schicke. Salut. Dein K.M.
9 Friedrich Leßner - 10 Briefmarken - 11 zuschußfrei - 12 zu einem gewissen Zeitpunkt 13 schneller - u Im Augenblick -16 Ergebnis -16 hinterher - 17 die Österreicher -18 Privatbrief - 19 Herzogin von Padua
218
Engels an Marx in London
[Manchester] Freitag, 14. Juli 59
Lieber Mohr, Ich würde etwas über den Frieden14061 fürs „Volk" geschrieben haben, aber ich höre und sehe nichts, was vorgeht, und schließe daraus, daß Du selbst dies Thema bearbeitest, mein Artikel also double emploi1 sein würde. Außer der Fortsetzung des Kriegs konnte uns nichts Erwünschteres kommen als dieser Friede. Preußen blamiert .Ostreich blamiert, Bonaparte blamiert, Sardinien und der vulgäre italienische Liberalismus blamiert, England blamiert, Kossuth ruiniert, Vogt& Co. blamiert, niemand gewinnt, außer den Russen und den Revolutionären, was Jüdel Braun2 eine „reinliche revolutionäre Situation"[408' nennen würde. Exzellenz Ephraim Gescheit2 aber ist erst recht blamiert. Dein F.E
1 unnötige Wiederholung - 2 Ferdinand Lassalle
219
Marx an Engels in Manchester
[London] 18. Juli 59
Dear Frederick, Da die letzte Nummer des „Volks" so sehr dünn ausgefallen, will ich diese Woche etwas über Rußland hineinschreiben. Sehr lieb nur wäre es mir, wenn gleichzeitig ein Artikel von Dir drin wäre. Ist nicht etwas militärisch Abschließendes über den Feldzug zu sagen oder sonst sich über das Ganze lustig zu machen?14091 Die Sache müßte aber bis Donnerstag hier sein. Das Nichterscheinen des Blättchens am Freitag bewirkt immer großen Ausfall in der Einnahme, die das letztemal auch deswegen bedeutend fiel, weil das ganze Agentenpersonal plötzlich verändert, u.a. Scherzer entfernt werden mußte. Clown Edgar B[auer] (Bonapartes Bewundrer) hat die mächtige Drohung ausgestoßen, uns im nächsten „Hermann" anzugreifen. Nous verrons1... Hast Du mein Buch1263' schon irgend angezeigt gesehn? Salut Dein K.M.
Jennychen hat the general price2 bekommen. Laura zwei Spezialpreise.
1 Wir werden sehen - 2 den Hauptpreis
220
Engels an Marx in London
Manchester, 18. Juli 1859
Lieber Mohr, Die noch fürs „Volk" rückständigen 5 £ schicke ich Dir morgen oder übermorgen. Heute wurde es mir zu spät, ich habe außerdem den „Kleinen", scilicet1 Dronke hier, der mir an der Börse entgegengewedelt kam. Dem Männlein scheint es in seinem Commerce erträglich zu gehn, außer dem laufenden Tagesklatsch, in dem er als Kannegießer sich verhält, scheint er von Politicis2, namentlich der Vergangenheit, nicht gern zu reden, worin ich ihn bestärke, da ich ihn doch als extraneus3 behandle. Seine Kenntnisse haben sich aber nicht vermehrt, und die Tiefe seiner Politik besteht darin, daß die Italiener „jetzt losschlagen müssen oder keinen Dreck wert sind". Um von diesem Kleinen aufs „Volk" zurückzukommen, so müssen wir sofort beraten, was zu tun ist. Wenn die 7 £, die Du mitnahmst, so rasch verschwunden sind, und dazu noch 3 £ 15 sh. von den Knoten, so werden die 3 £, die ich noch in Reserve habe, auch wohl bald hin sein. Que faire?4 Von Strohns Rückreise höre ich noch nichts. Mit Borchardt wird nicht viel mehr zu machen sein. Sobald Lupus wiederkommt - aber wer weiß, wo der ist -, werde ich ihn jedenfalls rekognoszieren lassen. Vorher möchte ich nicht gern persönlich etwas bei ihm tun. Er ist mir auch nicht mehr begegnet, obwohl ich ihm mehrmals auf Oxford Road etwas aufgelauert habe. Jedenfalls laß mich den finanziellen Stand des Dings unter der neuen Administration einmal genau kennen, damit ich mit meinen Antworten bereit sein kann auf etwaige Fragen. Wieviel Exemplare werden jetzt abgesetzt? Habt ihr die Träger etc. auf Va d. pro Exemplar reduziert? Wieviel betragen die sämtlichen wöchentlichen Kosten und wieviel die Eingänge - wieviel also Defizit? Herrn Thimm haben wir schön herumgekriegt. „Das Volk" prangt jetzt an seinem Fenster, m conspicuous position5, weit mehr so als „Hermann" und „KOJIOKOJII.", die es flankieren. Den letzteren werden noch ein paar
1 nämlich - 2 politischen Dingen - 3 außenstehend - 4 Was tun? - 6 an auffallender Stelle
„Gatherings" wohl vollständig totmachen. Die Art, wie Kinkel plötzlich ausgerissen, ist sehr komisch.'4101 Den Leader6 über den Frieden für nächste Woche solltest Du machen. Ich halte es doch für zu wichtig, nachdem wir so schön in de-r. Besitz der geheimen Artikel gekommen7, daß dieser Punkt gehörig ausgebeutet wird. Da Du ohnehin einen ,,Trib[une] "-Artikel8 daraus machst, so wird es Dir leicht werden. Dieser Punkt kann dem „Volk" eine ganz andre Bedeutung geben und ihm eine Stellung m der Presse erzwingen. Überleg Dir das. Schreibe mir auch umgehend, worüber Ihr von mir diese Woche etwas haben wollt, ich mache es dann Mittwoch abend. Ich habe mir das „Portfolio"11491 holen lassen und studiere diese und andre russische Aktenstücke und Palmerstonia, werde mir auch möglichst viele back Numbers9 von der „Free Press" anschaffen, ich muß diesen Dreck jetzt einmal durchmachen, die Sache wird jetzt zu wichtig. Kannst Du mir sagen, woher das russische Memoire rührt über die russische Politik, und welcher preußischen Ministerkrisis es das Licht verdankt? 14071 Für mich ist die innere evidence10 und die klassische Abfassung natürlich mehr als hinreichend, aber für die Debatte mit dem Philisterium bedarf ich dieser facts, es ist ohnehin dumm von Urq[uhart], damit, wo es nicht nötig, hinter dem Berge zu halten. Ist von Blmd etwas herauszubekommen quoad11 Vogt? 13791 Der „Kleine" glaubt die Sache natürlich nicht, warum „sorgten wir denn nicht dafür, daß die Acta gedruckt würden"? Im allgemeinen sind die Akten im 1 .Bd. des „Portfolios" nicht die wichtigsten, doch sind schöne Sachen drunter, besonders die von Pozzo di Borgo und das Memoire an die deutschen Regierungen.14111 Was das für Esel sind, und wie müssen die Russen über sie lachen! Das Memoire in der „Free Press" ist wirklich klassisch, bis auf die fast komische Weise, in der die Herren Diplomaten den Fürstenmord zugleich als Selbstaufopferung und republikanische Tugend hinstellen. Trotzdem ist es etwas stark, daß Nikolaus12 seinem Sohn13 solchen Unterricht über den Mord seines eigenen Vaters gibt, dieser Passus scheint mir verändert zu sein.14121 Ist das Aktenstück nicht komplett aufzutreiben? Dronke sagt mir, daß in Glasgow ein Stationer14 namens Love, in St. Enoch Square, den
6 Leitartikel - 7 siehe vorl. Band, S. 453 - 8 „Der Vertfag von Villafranca" - 9 rückliegende Nummern -10 Beweisführung -11 hinsichtlich -12 Nikolaus I. -13 Alexander II. - 14 Buchhändler
„Hermfann]" vertreibt und sehr geeignet wäre, „Das Volk" zu vertreiben. Einige Exemplare und ein Brief wären gut angebracht. Habt Ihr's schon nach Amerika geschickt? Wäre an der Zeit. Weydem[eyer], Steffen und der Kerl in New York, der Dir mal schrieb wegen Kommunisterei[2721. Grüß Deine Frau und die Mädchen bestens. Dein F. E.
221
Marx an Engels in Manchester
[London] 19. Juli 59
Dear Frederick, Ich würde mit Vergnügen den Artikel über den Frieden geschrieben haben, da ich nur einen Artikel von letztem Freitag und von heute1 für die „Tribüne" zusammenzufassen hätte. Außerdem, weil ira facit poetam2, waren meine Artikel gut. Aber da Biskamp die Sache begonnen und schon seine Nr. II14131 angekündigt und faktisch oder nominell wenigstens das Kommando hat, so erlaubt der Anstand solches Eingreifen nicht. Sobald er in Edmonton, bringt die Entfernung selbst mit sich, daß ohne Verletzung seiner amour propre3 - und weiter hat er ja nichts von der Sache ihm in solchen entscheidenden Momenten der leader4 aus der Hand genommen wird. Was wir beide aber tun können, um der nächsten Nummer Halt zu geben, ist dies, daß wir ihn auf dem rechten und linken Flügel unterstützen. Unter dem.Vorwand, über das Aktenstück von Urquhart zu schreiben, werde ich kurz Rußlands part5 zu dieser Tragikomödie zusammenfassen, gleichzeitig Bonaparte herunterreißen.'4141 Du unter dem Vorwand, militärisch einen Schlußartikel14091 zu schreiben, mußt ebenfalls (bei der Gelegenheit auch Preußen hauend) auf den Bonaparte loshauen etc. Nach meiner Ansicht ist es von der äußersten moralischen Wichtigkeit, keinen Glauben in Bonapartes Größe unter den Deutschen aufkommen zu lassen. Was Ostreich betrifft, so ist die eingeschlagne line6, alles auf den Landesvater7 zu werfen, sufficient8. Ad vocem Aktenstück.14071 Fiel dem „Prinzen von Preußen" in die Hand bei der Regentschaftskrisis, bei der plötzlichen Entfernung Manteuffels. Weiteres ist von den Urqu[hart]-Eseln nicht herauszuklauben. Einzelne Stellen sind verfälscht, weil sie das ganze Aktenstück nicht bekommen haben. Für die Echtheit des Ganzen bürgt grade die allen russischen, selbst
1 „Der Friede", „Der Vertrag von Villafranca" - 2 der Zorn den Poeten macht - 3 Eigenliebe Leitartikel Anteil - 6 Richtung - 7 Franz Joseph I. -8 ausreichend
„geht-.,nen" Aktenstücken eigne Manier,• gewisse stehende konventionelle Lügen unter sich selbst auszuwechseln. Selbst Pozzo di Borgo schreibt in dieser line. Ganz klaren Wein über russische Manoeuvre findet man nur in den zufällig veröffentlichten Dokumenten russischer Agenten, die nicht direkt im russischen Staatsdienst. Z.B. Theyls (Holländer) und Patkuls (zu Berlin 1796 herausgekommen) Memoiren und Briefwechsel. „Portfolio".11491 Ich werde für Dich (und mich) von Paris verschaffen die dort herausgegebne Gesamtausgabe der papers9, wovon das „Portfolio" nur die von Palmerston gebilligten drucken durfte. „Volk". Agentlohn reduziert auf 1/3 d. Die großen Ausgaben verursacht, weil Biskjamp] persönlich unterstützt werden mußte; weil in meiner Abwesenheit, bei dem Krakeel der Kerls untereinander, die tollste Wirtschaft; weil seit meiner Anwesenheit das ganze Personal verändert. Ende dieser Woche werde ich vollständigen Rechnungsbericht haben. Es macht dies viel Arbeit bei der Art, wie die Sache bisher geführt» 4-5 £ Annoncen noch diese Woche einzutreiben, um die Schuld bei Hollinger für 9 und 10 abzuwickeln. Biskamp wollte eine kurze Notiz über meine „Kritik der Ökonomie" etc. schreiben. Ich riet ihm ab, weil er nichts von der Sache versteht. Da er aber sich (im „Volk") anheischig gemacht, einiges darüber zu sagen, bitte ich Dich (sage in der kommenden, nicht dieser Woche), es für ihn zu tun.14151 Kurz über die Methode und das Neue im Inhalt. Du würdest damit zugleich den Ton angeben für die Korrespondenten von hiei". Und dem L[assalle]schen Plan, mich zu kill10, entgegenwirken. Salut. Dein K.M.
" Dokumente - 10 totzuschweigen
222
Engels an Marx in London
[Manchester, 20. Juli 1859]
Lieber Mohr, Inliegend der Artikel1. Ist er zu lang, so laß irgendwo abbrechen und schick mir das Manuskript zurück vom nicht gedruckten Teil, damit ich anknüpfen kann. Dann eine, auf Dich ausgestellte Post Office Ordre2 über die drei Pfund fürs „Volk". Der Kleine3 wird sich morgen drücken. Er hat sich die ganze „Free Press" für 1859 gekauft, ich auch, ditto 1858. Daran mag sich der Piccolo die Zähne ausbeißen, viel versteht er nicht davon. Ich frug ihn, ob in Glasgow einiges Geld fürs „Völkchen" aufzutreiben, er meinte nicht, ich tat's absichtlich so en passant, übrigens wenn Du meinst, daß es nützlich, so schreib' ich ihm, und da er soeben erst wieder halb zu Gnaden angenommen, so wird's vielleicht fruchten, und er selbst kann wenigstens einige Pfunde blechen. Aber ohne mit Dir zu Rat zu gehn, mag ich's nicht tun, man weiß nicht, was das Kerlchen nachher renommiert, wenn er einen solchen Brief in der Tasche hat. Übrigens sollte pere4 Freiligrath auch eine £-5-Note herausrücken. Wenn die Knoten zahlen können, so kann er's auch, und wenn unsre Partei das Blatt vorderhand doch mit eignem Geld halten muß, so muß der dicke Philister auch dran. Viele Grüße an die family. Dein F.E.
1 „Der italienische Krieg. Rückschau" - 2 Postanweisung - 3 Ernst Dronke -1 Vater
223
Marx an Engels in Manchester
[London] 22. Juli 1859
Lieber Engels, Die 3 £ erhalten. Gleich weggezahlt davon 2 £ an Hollinger, 15 sh. an Leßner. Die auswärtigen Abonnements wachsen (jetzt schon 60), sind aber erst zahlbar Ende des Quartals und verursachen jede Woche Auslage in stamps1. Ich habe mich jetzt überzeugt, 1. daß eine Schuld von about2 7 £ existierte, von der ich nicht unterrichtet ward vor meiner Abreise nach Manchester14041; 2. daß die Annoncen (statt 5 Pfund sind about 20 sh. eingegangen) und die abonnements in London von Herrn Scherzer, den ich fortgejagt, auf reinen Privatmogeleien beruhten. Bei ordentlichem management3, was jetzt begonnen hat, dessen Resultate aber erst in Wochen einwirken können, ist das Blättchen bloß durch die Annoncen zu halten. Da mehr Geld unmittelbar nötig ist, schreib an Dronke. Wenn Du dem Männchen sagst, daß das Blatt bloß durch Parteiopfer emstweilen existiert, und wir daher von allen Parteimitgliedern Opfer verlangen, so kann er den Brief, wenn er will, drucken lassen. Ich bin überzeugt, daß in 6 Wochen die Sache gesichert ist. Es kann jetzt aber nicht die Rede davon sein, sie aufzugeben, nachdem Gagern et Co., kurz, die ganze 1848er Bande, wieder auf die Bühne tritt. Thimm hat uns aufgefordert, ihn als Manchester Expedienten im Blatt zu nennen. Ich konnte diese Woche meiner Absicht nicht nachkommen, weil, infolge der Hitze, eine Art Cholera mich überkam. Ich brach von morgens bis abends. Heute wieder schreibfähig, habe ich a glorious vindication4 Deines Militärartikels5, gestützt auf Fr[anz] Josephs und Bonapartes Manifeste, in der „Tribüne" geschrieben6. Das Blatt war so eingeschüchtert, daß es eine Zeitlang alle Deine Artikel unterdrückte. Blind hatte intrigiert während meiner Abwesenheit, um das „Volk" in seine Hände zu spielen. Ich schrieb ihm einen saugroben Brief, worauf interview. Danach aber kann der Mann einstweilen nicht für Geld gepressed7
1 Briefmarken - 2 ungefähr - 3 ordentlicher Leitung - 4 eine glorreiche Rechtfertigung — 5 gemeint ist wahrscheinlich der Artikel „Historische Gerechtigkeit" - 6 „Bestätigte Wahrheit" -' um Geld angegangen
'Verden. Der Philister Freiligrath hat noch nicht einmal sein Abonnement bezahlt, obgleich zweimal getreten. Statt dessen hat er bei Herrn Juch die Schultern gezuckt über den „unwürdigen" Ton des „Volks", obgleich er bei uns darüber enchantiert ist. By and by we shall take our revenge upon these diplomatical fellows.8 Du hast vergessen, mir zu schreiben, ob Du eine Notiz über meine Schrift1415' machen willst. Der Jubel unter den Kerls ist hier sehr groß. Sie glauben, die Sache sei durchgefallen, weil sie nicht wissen, daß Duncker es bisher noch nicht einmal angezeigt. Im Falle Du etwas schreibst, wäre nicht zu vergessen, 1. daß der Proudhonismus in der Wurzel vernichtet ist, 2. daß gleich in der einfachsten Form, der der Ware, der spezifisch gesellschaftliche, keineswegs absolute Charakter der bürgerlichen Produktion analysiert ist. Herr Liebknecht hat dem Biskamp erklärt, daß „noch nie ein Buch ihn so enttäuscht hat", und Biskamp selbst hat mir gesagt, er sehe nicht „k quoi bon"9. Ist lupus zurück? In Deinem 2ten Artikel über den Krieg10 wirst Du sicher nicht vergessen, die Schwäche der Verfolgung nach dem Sieg zu betonen und das jämmerliche Gewinsel Bonapartes, weil er endlich an einen Punkt gekommen, wo Europa nicht, wie bisher, aus Furcht vor der Revolution ihm erlaubte, innerhalb bestimmter Grenzen den alten Napoleon zu spielen. Es wäre hierbei wichtig, auf den Feldzug von 1796-97 zurückzukommen, wo Frankreich nicht mit allen Mitteln in aller Ruhe für „a localised war"11 sich vorbereiten konnte, sondern mit ganz zerrütteten Finanzen jenseits des Rheins sowohl wie jenseits des Mincio und der Etsch zu kämpfen hatte. Bonaparte beklagt sich in der Tat, daß seine „succes d'estime"12 ihm nicht länger gegönnt waren. Salut. Dein K.M. Ist nichts von Heckscher auszupressen? Hast Du an Duncker geschrieben? Fordre den Dronke auch auf mitzuschreiben.
8 Uber kurz oder lang werden wir an diesen diplomatischen Burschen Rache nehmen. 8 „den Nutzen" - 10 „Der italienische Krieg. Rückschau" -11 „einen lokalisierten Krieg" 12 „Achtungserfolge"
224
Engels an Marx in London
Manchester, 25. Juli 59
Lieber Mohr, An Duncker ist geschrieben. Auch wegen der bis jetzt gänzlich mangelnden Anzeige Deines Buchs12631 in der A[ugsburger] „Allgemeinen] Z[eitung]" und „Kölnischen] Zeitung". Diese Woche kann ich den Artikel über das letztere keinenfalls machen, das ist eine Arbeit, und dazu hätte ich etwas eher notice1 haben müssen.14151 Außerdem hab' ich den militärischen Artikel2 angefangen und will ihn rasch abmachen. Für nächste Woche dagegen verpflichte ich mich, den Artikel zu machen. In meinem vorigen Artikel2 ist mir einiger Unsinn hineinredigiert. Ich sagte, das 5. Korps auf dem Marsch von Pavia strengte seine Kräfte am 3. und 4 3 so an, daß auch die durch den Halt verlornen 41/2 Stunden, wären sie benutzt worden, kein größeres Resultat herbeigeführt und das Korps nicht merklich früher aufs Schlachtfeld geführt hätten. Im Druck heiß : es, der Halt allein hätte ihm diese Anstrengung möglich gemacht, was 1. das Gegenteil und 2. Unsinn ist. Erstens waren die Truppen um 6 Uhr morgens des 3. gar nicht ermüdet, da sie eben erst aufbrachen, der Halt konnte ihnen also nicht nützen, und zweitens nahm ihnen der Halt die kühlen Morgenstunden weg und zwang sie, in der größten Mittagshitze zu marschieren. Für jeden Militär ist der Satz, wie er dasteht, höchst blamabel. Übrigens, was nützen mir alle Stilverschönerungen, solange mir vermittelst Druckfehlern der kolossalste Blödsinn hineingesetzt wird, z.H. Rest statt:Stoß! und dergleichen. Meine Artikel zeichnen sich besonders durch solchen Blödsinn aus, der Rest ist ganz leidlich korrigiert. Wie kannst Du übrigens zugeben, daß das Lausegedicht von Herwegh14161 hineingesetzt wird! Quanto al danaro4, so kommt Dr[onke] in 14 Tagen wieder her (d.h. jetzt in ca. 10 Tagen), ich muß also alles bis dahin aufschieben. Von Lupus
1 Mitteilung - 2 „Der italienische Krieg. Rückschau" - 3 3. und 4.Juni 1859 - 4 Was das Geld betrifft
Die alte Chetham-Bibliothek in Manchester, in der Engels und zeitweilig auch Marx arbeiteten

hör' ich auch nichts. Woher in der Zwischenzeit Geld auftreiben, ist schwer zu sagen. Bei Heckscher versuch' ich's, ich habe aber jetzt alle Hände voll zu tun, der Artikel über Dein Buch nimmt mir sehr viel Zeit weg. Wenn der Strohn nur da wäre! Gumpert liegt krank zu Haus, Kehlkopfentzündung, ist stumm. Indes ich will sehn; wenn irgend möglich, muß Heckscher diese Woche das Blatt am Leben halten. Den Filz Freiligrath sollte man aber doch zwingen zu blechen. , Es ist heiter, daß Du bei Herrn Liebknecht auch solch ein hübsches Urteil erzielst. Das sind die wahren Leut.e. Die Herren sind so daran gewöhnt, daß wir für sie denken, daß sie auch immer und überall die Sachen nicht nur auf dem Präsentierteller, sondern auch fertig gekäut und im kleinsten Umfang nicht nur die Quintessenz, sondern auch die Detailausführung ready cooked und dried5 haben wollen. Wunder soll man tun, ni plus ni moins6. Was verlangt denn solch ein Esel eigentlich? Als wenn er sich nicht schon aus den ersten 3 Zeilen der Vorrede abklarieren könnte, daß auf dies erste Heft noch mindestens 15 folgen müssen, ehe er an die Schlußresultate kommt. Natürlich sind die Lösungen der kitzligen Geldfragen etc. reiner Dreck für Liebknecht, da diese Fragen gar nicht für ihn existieren. Aber das sollte man doch wenigstens verlangen, daß ein solches Rindvieh sich wenigstens diejenigen Pointen merkt, die ihm in sein bißchen Kram passen. Indessen was versteht die Kuh vom Sonntag. Das russische Aktenstück sollte nicht in so kleinen bits7 abgedruckt werden, da versteht kein Mensch den Zusammenhang. Herrn Petersens Lukubrationen werden auch mit der Zeit langweilig.'4171 Indes freilich letzte Woche war Holland in Not. Die Reden des Herrn Bonap[arte] werden immer komischer. Die vor dem diplomatischen Korps ist gar zu heiter.'4181 Dabei hat sich der Kerl stets an den Degen gegriffen! Der Narr scheint sich jetzt aber auch ganz ernsthaft der Welt als der „Alte"8 aufdrängen zu wollen, wenigstens was die dehors9 angeht. Kossuth hatte verbreiten lassen, er wäre nach Lussin-piccolo abgereist gewesen! Viele Grüße. Dein F.E.
6 mundgerecht - 6 nicht mehr und nicht weniger - 'Stückchen - 8Napoleon I. Äußerlichkeiten
225
Marx an Engels in Manchester
[London] I.August 59
Dear Frederick, D'abord1 hiermit Anzeige der 2£ 10. Von Deinem Artikel2 habe ich diesmal selbst Korrektur besorgt. Sind noch Druckfehler darin, so fällt's bloß auf den Drucker. Das Saugedicht von Herwegh14161 war ohne mein Zutun hineingekommen. Ich zwang also B[iskamp] zur Erklärung in der letzten Nummer und, into the'bargain3, gab das Landwehrmannslied (als passende Fortsetzung zu H[erwegh]).14191 Was mir sehr fatal, ist, daß B[iskamp] nicht nach Edmonton geht, sondern (so scheint's) eine Hauslehrerstelle bei Bibra (dem Wirt) mitten im West-End akzeptiert. Ist dies der Fall, so werde ich auf ein schriftliches Arrangement mit dem Herrn dringen. Denn, wie alle Humoristen von Profession, ist er launiges hysterisches Frauenzimmer, und wir wollen nicht den Karren aus dem Dreck ziehn, damit andre später drin fahren. Man muß sich des Eigentums versichern. Lina4 hier von Köln zurückgekehrt. Bürgers ist ganz „edel" geworden seit seiner Freilassung. Im „Volk" tadelt er „wieder" die alte Manier, „durch schlechte Witze" die „Partei" zu entzweien. Unter der „Partei", scheint es, versteht er jeden, der „nicht" offiziell ist, namentlich auch Vogt und Kinkel. Natürlich, bloß aus zarter Sorge für „mich" gab er diese „Winke". Von meiner Schrift12631 war „eine" Nummer für das Dutzend Parteifreunde zu Köln angekommen bei dem Bermbach. Bürgers hatte es natürlich nicht gelesen und wird es nicht lesen, „aber" er sprach „in meinem Interesse' seine Entrüstung darüber aus, daß die Sache wieder so „zerstückelt" erscheint und nicht gleich 60 Bogen at once5. Im übrigen ist er Hauslehrer bei einem gewissen „Kaufmann", wo er nur einige Stunden des Morgens beschäftigt. Außerdem hat er noch eine Stunde. Im ganzen nimmt er 700 Taler ein. Seine „Arbeit" beschränkt sich auf den Vormittag. Nach
1 Zunächst - 2 „Der italienische Krieg. Rückschau" - a obendrein - 1 Lina Schöler s auf einmal
Essen beginnt er sich zu „erholen" von dem Halb-Tageswerk und liegt und schwatzt stundenlang im Haus der Frau Daniels, wo aber Dr. Klein ein arger Konkurrent für ihn ist. Abends aber eilt er zu Löllchen, um mit großer Würde die Kölner Debatte bis tief in die Nacht hinein zu dirigieren. Er „achtet" Lassalles Tätigkeit, hat aber nichts von ihm „gelesen", nicht einmal den „Franz von S[ickingen]", In dem falschen Vorwand, er sei gefährlich brustleidend von der Festungshaft her, hat er eine treffliche Schminke für seine traditionelle Faulheit gefunden. Außerdem treibt sich der „Edle" in Musikvereinen herum. In bezug auf den Kölner Prozeß1871 hat er einige sehr infame und keineswegs unwissentliche Lügen sogar bei der Lina wiederholt. Z.B. wir, nicht er und die andren Kölner Esel, hätten den Esel Nothjung als Emissär durch Deutschland geschickt.14201 Er soll „noch schöner" geworden sein als er früher war. En passant: Georg Jung ist Spieler geworden und soll sein Vermögen ziemlich vermöbelt haben. Gräfin Hatzfeldt hat seit den letzten Wochen ihren Sitz wieder in Berlin aufgeschlagen. Sobald Du Nebenstunden findest, ist es gut, wenn Du mit der „Infantry" vorangehst. Meine Geldgeschichten hängen eng damit zusammen. Ich möchte gern meine Frau auf ein paar Wochen an die See schicken. Dies aber nur durch Extraziehn auf Amerika tubar. Salut. Dein K.M.
226
Engels an Marx in London
Manchester, 7, Southgate, 3. Aug. 1859
Lieber Mohr, Hierbei der Anfang des Artikels über Dein Buch1. Sieh es genau durch, und wenn es Dir in toto2 nicht gefällt, so zerreiß es und schreib mir Deine Meinung. Ich bin aus dieser Art Schriftstellerei durch Mangel an Übung so heraus, daß Deine Frau über meine Unbeholfenheit sehr lachen wird. Kannst Du es zurechtmachen, so tu es. Einige schlagende Exempel von der materialistischen Anschauung wären am Platz, statt des lahmen von der Februarrevolution. Sobald ich mit dieser Geschichte fertig bin, setze ich mich an die „Infantry", die mir indes einige Mühe und Zeit kosten wird, trotz Rüstow, der doch etwas kritisch behandelt werden muß.[4211 Kannst Du über die Angaben in Crawshays Brief in der „Free Press" vom 27. Juli über das russische Dokument einiges Nähere mitteilen? Herr Bucher ist doch nicht der „Deutsche"? Und in welchem deutschen Blatt soll das Ding gestanden haben.14221 Hast Du mit Blind, als Du ihn sahst, wegen der Vogtschen Acta gesprochen?[423] N'y avait-il rien a faire?3 Der sanfte Heinrich4 macht sich gut in seiner neuen Erscheinung. Finschter wie immer, aber desto fauler, die Welt rettend durch sein tapfres und intelligentes grumbling5. Lupus hat wieder ein Abenteuer mit einem Pfaffen gehabt, der ihm den Reisesack verwechselte. Der grimmige Ernst der Affaire wurde aber dadurch gemildert, daß der zurückgelassene Reisesack den maiden-sermon6 des betreffenden Pfaffen enthielt, den dieser am folgenden Tage ableiern sollte.
1 „Karl Marx, .Zur Kritik der Politischen Ökonomie'" - 2 im ganzen - 3 War da nichts zu machen? -1 Heinrich Bürgers -5 Murren - 6 die Jungfernpredigt
Dies rettete der Sache einige humoristische Exterieurs7. Sonst war Lupus wieder auf dem Punkt, auszurufen: There are so many rogues in this country, and not of the working class, but of the middle class.8 Dein F.E.
7 Äußerlichkeiten - 8 Es gibt so viele Spitzbuben in diesem Land, aber nicht aus der Arbeiterklasse, sondern aus der Mittelklasse.
227
Marx an Engels in Manchester
[London] 8. August 59
Lieber Engels, Ich bin von einem Brechen, das jetzt zwei Tage nacheinander gedauert hat, so matt wie eine Fliege und kann daher nur einige Zeilen schreiben. Ist es möglich, bis Mittwoch morgen einiges Geld für das „Volk" aufzutreiben? Letzten Montag (montags ist immer die Abrechnung; also heute vor 8 Tagen) betrug das Gesamtdefizit nur noch zirka 2 £. (Dabei war natürlich nicht berechnet Nummer 13, von der erst heute die Verrechnung stattfindet, und noch weniger Nr. 14, die erst heute über 8 Tage zahlbar. Die Nummern werden natürlich immer erst berechnet am Ende der Woche nach ihrer Ausgabe.) Also guter Stand der Dinge. Aber nun wird heute neuer Ausfall zu decken sein. Außerdem immer 1 £ extra (15 sh. für Leßner, 5 für die Office1). Ich selbst bin so m der pressure2, daß ich keinen farthinsP in diesem Moment vorschießen kann, überdem mehr Zeitverlust mit der Geschichte als in der Ordnung. Was den Philister Freiligrath angeht, so glaubt der seine „Gesinnung" hinreichend dadurch zu bewähren, daß er sich „neutral" zwischen uns und dem „Hermann" verhält. Ledru[-Rollin] und L. Blanc haben sich vereint zur Herausgabe einer „Union Republicaine"I424]. Sie erscheint Anfang nächsten Monats in derselben Presse wie das „Volk" und würde das Gute für letztres haben, daß der Hollinger von dann auf einer Maschine drucken lassen wird, statt wie bisher mit der Hand. Es wird übrigens um so wichtiger, daß das „Volk" fortbesteht. Ich werde später (sobald ich wieder ein wenig auf dem Strumpf) nach Deutschland in der Sache schreiben. Auch an Borchardt? Um die Geschichte rascher paying4 zu machen, wären in einer Stadt wie London neue Ausgaben nötig, Laufburschen neben dem Leßner etc.
1 das Büro - a Klemme - 3 Pfennig - 4 lohnend
Strohn noch nicht zurück? Duncker, Schweinhund der, noch nicht geantwortet? Gruß an lupus und Gumpert. Salut,
Dein K.M.
228
Engels an Marx in London
Manchester, 1 O.Aug. 1859
Lieber Mohr, Ich sitze momentan so tief im Abzahlen der für das neue Geschäftsjahr aufgelaufenen Privatschulden fest, daß ich nur im dringendsten Notfall in den nächsten Wochen fernere Gelder fürs „Volk" zuschießen kann. Von Strohn höre und sehe ich nichts, ich würde aber sofort erfahren, wenn er wieder in Bradford ist. Wenn alle Stricke reißen, so könntest Du immer an Borch[ardt] schreiben, ich sehe nicht ein, warum nicht. Du könntest mich's dann wissen lassen, und wenn nötig, könnte dann Lupus auch ihm von ungefähr einen Besuch machen. Ich sehe und höre von B[orchardt] nichts. Gestern abend, als ich den 2ten Artikel über Dein Buch schreiben wollte1, wurde ich in einer Weise gestört, die es mir unmöglich machte fortzuarbeiten. Heute kann ich's nicht mehr rechtzeitig nachholen, der Artikel muß also bis nächste Woche aufgeschoben werden, so ärgerlich es mir ist. Ich war Samstag-Montag aus der Stadt, fand Montag abend beiliegenden Wisch von Duncker'4251 vor. Die 6 Exemplare „Po und Rhein" kannst Du Dir auf inliegende Zeilen hin geben lassen, schick mir die, die Du nicht brauchst. Freiligrath hat eins erhalten. Dieser Narr sollte indes doch endlich gezwungen werden, eine entschiednere Stellung einzunehmen oder wenigstens zu llechen. Duncker will mich redlich betrügen. Lassalle schrieb von 2000 Exemplaren, jetzt will er bloß 1000 gedruckt haben. Siebel, der wieder hier ist, erzählt, dies müsse nach seiner eignen Erfahrung über den buchhändlerischen Sukzeß eine Lüge sein. Que faire?2 Was sagst Du zu der schönen Entschuldigung der Nichtanzeige Deines Buchs?
1 „Karl Marx, ,Zur Kritik der Politischen Ökonomie'" - 3 Was tun?
Mazzmi hat also seine diplomatischen Entdeckungen schließlich mit einer schrecklichen Blühe in die „Times" gebracht. Die facta sind immerhin wichtig und bestätigen unsre Nachrichten und Schlußfolgen. Urquhfart] wird jetzt doch wohl daran irre werden, daß M[azzini] ein Russian sei.f4261 Salut. Dein F.E.
229
Marx an Engels in Manchester
[London] 13. Aug. 59
Lieber Engels, Den einliegenden Wisch erhielt ich Donnerstag nachmittag. Ich eilte also nach der Stadt. Die Sache wurde nur arrangiert, indem ich 4 £ aufpumpte von Garthe, die ich wiederschaffen muß. Montag schreib* ich an Borchardt. Das Blatt fallenzulassen, jetzt, scheint mir aus folgenden Gründen Blödsinn: 1. weil der untergehende „Gottfried"1 sich dadurch halten würde; 2. weil mit dem Tode des Königs von Preußen2 ein Umschwung in Deutschland eintritt, bei dem wir ein Blatt haben müssen; 3. weil die Abonnenten wachsen (obgleich pekuniär das einstweilen nur schadet, indem es wöchentlich so vielmehr stamps3 kostet, die Gelder aber erst Ende des Vierteljahrs eingehn). Das „Volk" hat bereits bedeutenden Einfluß in den United States. Z. B. die Vorrede meiner Schrift4 ist aus dem „Volk" mit verschiednen Kommentaren in die deutschen Blätter von New England bis Kalifornien übergegangen. Könntest Du es nicht einrichten, daß Dein Artikel5, da er diesmal ganz unabhängig von der „Zeit", schon Mittwochs hier wäre? Ist es möglich, durch Deinen Vetter S[iebel] einiges Geld unter deutschen Commis in Manchester aufzutreiben? Aus Berlin und New York werde ich Geld mit Sicherheit auftreiben. Aber die nächsten 6-8 Wochen müssen gedeckt sein. As to6 Freiligrath, so komm und try7, ob Du ihm einen Shilling abzupressen fähig. Übrigens, unter uns gesagt, wären wir weiter mit dem Geld gekommen, wenn nicht immer neue Defizits durch neue Diebstähle entständen. Diese aber gehn aus von den alten Agenten. Ich habe alle, die sich kompromittiert hatten, von Scherzer an, herausgeworfen. Aber was noch von dem Sauerteig
1 „Hermann" - 2 Friedrich Wilhelm IV. - 3 Briefmarken - 4 „Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Vorwort" - 5 „Karl Marx, ,Zur Kritik der Politischen Ökonomie'" - 6 Hinsichtlich - 7 versuche
da war, taugte nichts und, wenn diese Knotenlumpen anständig bis dato, machen sie ihr Exit mit einer Prellerei. Endlich habe ich den letzten herausgeworfen vergangne Woche: Herrn Lange. Es wäre relativ viel leichter gewesen, ein ganz neues Blatt zu stiften, statt, wie Bisk[amp] und Liebkn[echt] taten, ein durch und durch faules Institut, wenn auch nur nominell, fortzusetzen? Einliegend Brief von Dana. Könnte Dein relative9 S[iebel], obgleich ich nicht viel auf seine poetry10 gebe, irgendein kleines Reimstück für das „Volk" machen? Aber nur nichts Pathetisches. Um den F[reiligrath] zu pisacken, müssen wir durchaus irgendeinen Dichter auftun, und sollten wir ihm selbst die Verse machen. Salut. Dein K.M. Die „Po und Rhein" nächste Woche.
8 siehe vorl. Band, S. 434/435 - 8 Verwandter - 10 Dichtkunst
230
Marx an Engels in Manchester
London, 26. Aug. [1859]
Dear Fred, Mit „Das Volk" ist es zu Ende. Die 2 £, die Du Ende letzter Woche geschickt, hatte ich schon vorgeschossen dem Hollinger, da sonst die Nr. letzten Freitag (heut vor 8 Tagen) nicht erschienen. Ich zahlte sie also mir selbst zurück. Ich bin zudem schuldig dem Garthe für 4 £ (für das Blatt) und about1 2 £ noch an Leßner, macht 6 £. Dazu hat sich das Defizit bei Hollinger akkumuliert, das uns natürlich nicht so direkt angeht. Indes durfte es nicht vermehrt werden. Es kann über es erst abgerechnet werden, sobald die Abonnentengelder eingegangen. Das französische Blatt2 erscheint nicht von wegen der Amnestie14271. Borchardt, der Renommist, schrieb, daß nichts in Manchester zu machen. Erstens von wegen des Friedens; dann der Amnestie wegen. Namentlich aber - was er selbst nicht habe widerlegen können - weil „Das Volk" ein Schimpfblatt (0 du Esel von Philister!). Also nicht zart genug für die Steinthals und andre Mauscheis. Von lupus dagegen erhielt ich gleichzeitig Brief, worin er sehr „Das Volk" belobt. Es ist aber fact, daß in dem Maße, wie es besser wurde, der Ausfall wuchs und die Leserzahl abnahm. Außerdem schien der Esel Biskamp, von allerlei Leuten bearbeitet, eifersüchtig über sein Geringerwerden im Blatt. Endlich (da das Blatt, wenn auch weniger von den Knoten, desto mehr von der deutschen diplomatischen haute volee in London gekauft) wäre es mehr und mehr nötig geworden, bei der Unfähigkeit Liebknechts und der haltlosen Schwäche Biskamps, mich direkt in die Redaktion einzumischen. Bei den Entfernungen hier nahm mir die Sache ohnehin schon zu viel Zeit fort, und meine eignen Verhältnisse are in such a desperate State, that I must look to them3.
1 ungefähr - 2 siehe vorl. Band, S. 470—-3 sind in solch verzweifeltem Zustand, daß ich mich um sie kümmern muß
Dronke Lumpazius hatte nicht für 1 Exemplar abonniert. Dein Vetter S[iebel] aber, wie Du aus Beiliegendem siehst, ist „Hermanns"-Dichter unter Betas Leitung.'4281 Salut. Dein K.M.
231
Marx an Engels in Manchester
[London, 5.September 1859]
Lieber Engels, Ist es Dir möglich, mir bis Freitag etwas Militärisches über China'429' zu schicken? Ich habe heute (letzter Freitag fiel aus, da ich einen lästigen Besuch hatte) über Italien und Ungarn geschrieben.1 Der rein politische Stoff ist at an end2, bis nach der Eröffnung des Parlaments. Salut. Dein K.M.
1 „Kossuth und Louis-Napoleon" ~ 3 zu Ende
232
Engels an Marx in London
Manchester, 7, Southgate [8. September 1859]
Lieber Mohr, Der Artikel kann heute leider nicht geliefert werden. Es ist jetzt 7 Uhr, und ich habe noch eine halbe Stunde wenigstens auf dem Comptoir zu arbeiten, 1/2 Stunde, bis ich nach Haus komme, dazu hab' ich die „Times" noch gar nicht zu Gesicht bekommen und könnte sie auch nirgends für den Abend gepumpt bekommen. Um 1/212 müßte ich spätestens mit allem fertig sein, um die Geschichte noch fortzubekommen - es ist clairement impossible1, besonders bei den falsch telegraphierten Namen, die man erst lange mit der Karte in der Hand entziffern muß. Ich werde indes für Dienstag das Material verarbeiten, und trifft bis Montag die Kalkutta Mail2 ein, danach rektifizieren.
1 entschieden unmöglich - 2 Post
233
Marx an Engels in Manchester
[London] 21. Sept. 59
Lieber Engels, Ich habe Deinen Brief nebst Einlage erhalten. Im übrigen sind die häuslichen affairs1 wieder zu dem unvermeidlichen Krisepunkt gekommen, und diesmal schlimmer als je zuvor, indem ich keine Aushilfe sehe. Ein Versuch mit meinem Schwager2 endigte in nothing3. Freiligraths Geschäft ist winding up4. Ob die Schweizer neue Agentur für London und für ihn errichten werden für 1860, ist noch zweifelhaft. Er hat daher jetzt noch bessern Vorwand als früher, jede Wechseltransaktion abzulehnen. Von Dana habe ich Warnung gegen overdrawing5 erhalten. Ich bin so in einer vollständigen fix8. Abgesehn von den kleinen Gefahren (ich bin z.B. diese Woche mit Absperren von Gas und Wasser bedroht), haben sich alle größeren Forderungen akkumuliert, wovon ein bedeutender Teil nicht länger parierbar ist. So Haus, Schule etc. Da ich dieser Tage wegen des 2ten Hefts an Duncker schreiben muß, so laß mich wissen, ob er das erste Heft in den Zeitungen annonciert hat. Es scheint mir, daß er gern the whole matter drop7 möchte.14301 Der Teufel ist, daß ich keinen Bamberger mehr in London habe. Ich würde sonst sicher ein paar Accommodation bills8 arrangieren können, die ich später mit dem amerikanischen Geld zahlte. In diesen circumstances9 kann es sich immer nur um shifts10 handeln. Du entschuldigst mich, daß ich Dir den Dreck mitteile. Ich habe aber hier absolut niemand, gegen den ich mich auch nur offen aussprechen kann. Wie ich lupus schon geschrieben, werde ich in ein paar Tagen Euch kuriose politische Skandäler mitteilen. Salut. Dein K.M.
1 Angelegenheiten - 2 Johan Carel Juta. - 3 Nichts - 4 im Auflösen begriffen - 6 Überziehen -6 Klemme - 7 die ganze Sache fallenlassen -8 Gefälligkeitswechsel -9 Umständen 10 Notbehelfe
234
Engels an Marx in London
Manchester, 22.Septbr. 59
Lieber Mohr, Eben bringt mir Lupus Deinen Brief. Ich bin erst vorgestern abend von einer Tour nach Schottland mit meinen Alten1 zurückgekommen und habe sie wieder nach Hause spediert. Ein paar Tage, ehe mein Alter herkam, passierte mir ein ganz verfluchtes Pech. In.einer bekneipten Gesellschaft insultiert mich ein unbekannter Engländer, ich habe den Regenschirm in der Hand, schlage nach ihm, und die Spitze trifft ihn ins Auge. Der Kerl überantwortet die Geschichte sofort seinem lawyer2, ich tat die nötigen Gegenschritte, und anfangs schien sich die Affaire, da sein Auge nicht dauernd verletzt und er wiederhergestellt ist, beilegen lassen zu wollen - obwohl immer mit Kosten für mich. Jetzt ist der Schweinhund aber plötzlich umgeschlagen und droht mit einer action3; und wenn es dahin käme, so würde mich die Geschichte über zweihundert Pfund kosten, dazu öffentlicher Skandal und den row4 mit meinem Alten, der das Geld stellen müßte. Ich denke aber doch noch an den jobbing lawyers5 vorbeizukommen; wenn es aber sehr gut geht, kostet mich der drunken brawl6 vierzig oder fünfzig Pfund. Das schlimmste ist, daß ich ganz in den Händen des Schweinhunds und seines solicitors7 bin, nichts forcieren kann und mir alles gefallen lassen muß, nur um den Skandal zu vermeiden denn sonst würden die Kosten nur noch größer. Diese verfluchten Engländer wellen sich das Vergnügen natürlich nicht entgehen lassen, einen bloody foreignei,s zu packen. Diesmal kommt also Pech wirklich nicht allein. Ich weiß absolut nicht, was zu tun, bis ich einigermaßen über den Verlauf der Historie klarsehen kann. Meine englischen Bekannten benehmen sich sehr honorig und haben die Sache sofort aufgenommen, aber Geld wird mir ausgepreßt, das ist sicher, und wer weiß wieviel.
1 Friedrich und Elisabeth Engels - a Advokaten - 3 Klage - 4 Krach - 5 gaunernden Advokaten - 6 Kneipskandal - 7 Anwalts - 8 verdammten Ausländer
Jedenfalls werde ich Dir aber gegen Samstag oder Montag eine FünfPf.-Note schicken, damit das äußerste Pech abgewehrt wird; ich kann sie bis dahin auf Oktoberrechnung überschreiben lassen. Verlaß Dich drauf, daß ich das Möglichste tue, aber Du siehst selbst, daß ich augenblicklich selbst nicht weiß, wie ich stehe. Grüße Deine Frau und Kinder herzlich. Dein F.E.
235
Marx an Engels in Manchester
London, 23. Sept. [1859]
Dear Frederic, Bad news.1 Es ist mir nicht klar, ob diesmal die Sache hier can be got over2. Es sind sehr eklige Schwierigkeiten im Weg. Deine affaire ist mir auch nicht klar. Den Skandal beiseite - wenn des Kerls Auge hergestellt, wenn bewiesen werden kann, daß er Dich zuerst offended3 hat, und zudem noch, daß er Deinen Kompromiß schon angenommen hatte etc. - so sehe ich nicht, was er nach englischem Recht viel machen kann. In London würdest Du zu 2-5 £ Strafe im schlimmsten Fall verurteilt. Das Ganze scheint darauf abgesehn, to obtain money onjalse pretencesi. Um den Zustand hier nicht noch schlimmer zu machen, wäre es sehr wichtig, daß ich „Infantry" dem Dana in about5 8-10 Tagen schicken könnte. Obgleich er sagte 15ter September, wird es sicher noch Zeit sein, und jedenfalls muß er den guten Willen sehn. Es kömmt bei dieser Sache nicht darauf an, daß sie tief, sondern, daß sie lang ist. Wärst Du sofort nach Deiner Ankunft in Manchester und nachdem Du Erkundigung über den „Engländer" eingezogen, wieder abgereist, etwa nach London, und hättest den Schweinhund durch dritte Hand wissen lassen, Du seist nach dem Kontinent, so hättest Du jedes arrangement treffen können. Vielleicht geht das noch, da, wie ich von Allen etc. sehe, alle Engländer jetzt an general amnesty6 auf dem Kontinent glauben, daher fürchten, daß ihre Schuldner quit the country7. (Die preußische Amnestie kömmt übrigens den 15ten Oktober.) Solchem Kerl gegenüber jede Kriegslist anzuwenden. Salut. Dein K.M.
1 Schlechte Nachrichten. - a überwunden werden kann - 3 beleidigt - 4 unter Vorspiegelung falscher Talsachen Geld herauszuholen - 5 ungefähr - 6 allgemeine Amnestie - ' das Land verlassen
236
Engels an Marx in London
Manchester, 7, Southgate [zwischen dem 23. und 27. September 1859]
Lieber Mohr, Inliegend der Fünfpfünder B/B 95 281 Manchester, I.Januar 1859. Über die andren Sachen nächstens. Jetzt nur noch eins, worüber möglicherweise Antwort umgehend: 1. Wieviel Geld ist nötig, den Abonnenten des „Volks", die direkt bezahlt haben, die paar Groschen zurückzuschicken, die ihnen wegen nicht gelieferter Nrn. zukommen? 2. Welches Arrangement ist mit Thimm und Konsorten deswegen gemacht worden? Haben die Buchhändler abgezogen, was nicht geliefert, or how1? Oder noch gar nicht bezahlt? Über diese Geschichte muß ich wo möglich gleich Aufklärung haben, und wenn möglich, schaffe ich das Geld, das nicht viel sein kann, um die Schmiere mit den direkten Abonnenten abzumachen. Die Bürger hier schreien wie toll, sie wären beschissen, und Lupus und ich haben das alles auszufressen. Also darüber gib mir gleich Antwort. Lupus hat vorgestern einen Skandal deshalb gehabt, und ich muß den „Dritten" möglichst bald sehen. „Infantry" ist in Arbeit und wird, wenn irgend möglich, noch diese Woche fertig. Was meine Geschichte hier angeht, so wirst Du mir doch soviel sense2 zutrauen, daß ich den Kram meinerseits auch einem lawyer3 übergab und dessen Meinung hörte. Es handelt sich nicht um eine lumpige Verdonnerung vor einem Magistrat, sondern um eine action at nisi prius for damages4, wo die Kosten allein bis auf £ 200 steigen können. Daß ich mich nicht so ohne weiteres beschwindeln lasse, wirst Du mir doch wohl zutrauen, was das Weglaufen angeht, so versteht sich doch von selbst, daß in meinen Verhältnissen davon auch für 14 Tage keine Rede sein kann; und wenn man
1 oder wie - 2 Verstand - 3 Advokaten - 4 Schadenersatzklage
so bekannt in Manchester ist wie ich, so wird sich kein Mensch hier einbilden, ich liefe von Geschäft etc. weg, um einem solchen Prozeß zu entgehn. Der Hauptwitz ist die handle5, der der Gebrauch überhaupt irgendeines Instruments einem Iawyer gibt, um auf eine British Jury6 zu wirken durch sittliche Entrüstung über die bloody foreigners7, die die Faust nicht gebrauchen usw. Da wird der foreigner so sicher verdonnert wie 2 X 2 = 4, und hat die Kosten obendrein zu blechen. Daß ich übrigens nicht mehr bleche als absolut nötig, darauf kannst Du fluchen, die Sache ist noch keinen Schritt weiter, ich hoffe aber, daß sie sich bald ordnet, damit ich wenigstens einmal klarsehen kann, was hier geschehn kann, um Dir in der Krisis zu helfen. Viele Grüße an Deine Frau und die Mädchen. Dein F.E.
6 Handhabe - 6 ein britisches Schwurgericht - 7 verdammten Ausländer
237
Marx an Engels in Manchester
Lieber Engels, Den Brief mit Einlage erhalten. Ich wußte, daß einige Randglossen an Dich Blödsinn waren, sobald der Brief abgeschickt. Ich selbst habe einen county-court process1 wegen des „Volks". Was die „direkten" Abonnenten in Manchester betrifft, so war dies nur lupus und ein „Schuster", der schon vor dem Aufhören des Blatts aufkündigte. Thimm hat noch nicht gezahlt und war auch nur aufgefordert zu zahlen für die numbers received2. Wie können die Spießer in Manchester von uns beeinträchtigt sein, da sie noch fernen farthing1 gezahlt haben? Schreib die Kerls her, die Ansprüche machen. Sag dem Thimm (in Biskamps Namen), er soll keinen farthing herschicken, bis er von neuem Brief erhalten. Er kann angewiesen werden, die „berechtigten" Reklamatoren zu Manchester zu zahlen. Biskamp jetzt auf meine Tasche hier eingemietet in Hampstead. Der poor devil4 hatte eine Pleuroseoperation5 im deutschen Spital, wo er IV2 Wochen war - sans sous0. Uberhaupt scheene Verhältnisse. Heute Artikeltag. Daher schließe ich. Salut. Dein K.M.
1 Prozeß vor dem Grafschaftsgericht- 2 erhaltenen Nummern- 3 Pfennig- 4 armeTeufel 5 Rippenfelloperation - 6 ohne einen Pfennig
238
Marx an Engels in Manchester
London, 28.Sept. [1859]
Lieber Engels, Gestern abend kam noch der Leßner, zu dem ich geschickt hatte wegen der Manchester Abonnenten des „Volks". Er wie Biskamp versichern mir, daß kein einziger direkter (außer lupus) Abonnent des „Volks" existierte. Und keiner hat einen farthing1 bis jetzt nach London gezahlt. Thimm, nach Aufhören des „Volks", schrieb an Leßner um Rechnung. L[eßner] antwortete ihm, daß er ihm bloß Rechnung schicken könne für die Zeit, wo er, L[eßner], Expedient. Er berechnete ihm dann die einzelnen Nummern. Bis gestern war noch keine Antwort von Thimm- da. Ich möchte also wissen, welche Kerls in Manchester, und auf welchen pretext2 hin, den Lärm machen? Wir haben hier (ich speziell) Unannehmlichkeiten genug wegen des „Volk" - ohne das. In der „Free Press" die „Particulars über Kossuth" sind von mir. (In der „Tribüne" habe ich daraus 2 Artikel gemacht, werde sehn, ob sie sie nimmt.)'4311 Ich habe sie teils mündlich, teils schriftlich von Szemere erhalten. Szem[ere] war hier vor ein paar Wochen. Salut. Gruß an lupus. Dein K.M.
Es ist fraglich, ob der Biskamp davonkommt. Der arme Teufel ist total herunter. Aller Teufelsdreck scheint sich auf uns zu sammeln.
1 Pfennig - 2 Vorwand
239
Engels an Marx in London
Manchester, 3.Oktbr. 59
Lieber Mohr, Was Du mir über „Das Volk" schreibst, war mir sehr lieb zu hören. Es stellt sich heraus, daß der Philister, der das Geschrei gemacht hat, apres tout1 bei Thimm abonniert hatte. Was ist das für ein Prozeß, den Du beim County-Court2 hast? „Infantry" ist infolge einer Entzündung des linken Auges, die mich hindert, bei Gas viel zu schreiben (sonst aber unbedeutend), und diverser Störungen nicht ganz fertig geworden. Du bekommst es für Freitag sicher. Mein Skandal noch nicht abgemacht, kann sich noch verdammt in die Länge ziehn. Doch hab* ich den Hund einigermaßen fest und glaube ziemlich ruhig zusehen zu können, jedenfalls aber wird's Geld kosten, das ist das ärgerlichste, und bei dem schönen law3 hier ist man seiner Sache doch nicht sicher. Jedenfalls steht der Kram aber bedeutend besser. Die „Free Press" war bis vorgestern noch nicht hier, ich werde gleich nochmals sehn. Was ist das für eine Filiale, die Urqu[hart] sich in Berlin angelegt hat? Jetzt stellt sich also heraus, daß das russische Memoire im „Preußischen] Wochenblatt" gestanden![432J (Ich habe die August-Nr. der „Free Pr[ess]" erst jetzt gesehn.) Hast Du außer den in der „Fr[ee] Pr[ess]"t4311 sonst noch Scandalouse über große Männer14331? Dein F.E.
Laß dem Thimm sobald möglich eine komplette Rechnung herausmachen, d. h. über die vorleßnersche Zeit auch, der Kerl scheint die Absicht zu haben, die Gelder einzustecken. Mir aber schickt eine genaue Liste der Leute, die durch Thimm abonniert haben, damit ich die Rückzahlung
1 schließlich - 2 Grafschaftsgericht - ? Gesetz
kontrollieren kann, resp. den Leuten Zirkulare schicken, ihr Geld liege bei Th[imm] zu haben. Die Siebeischen schlechten Verse4 waren von einem Kerl in Deutschland, dem er die Verse in einem Brief einschickte, hinter S[iebels] Rücken an den ,,H[ermann]" geschickt. Er schrieb sofort an die Redaktion und erhielt dann selbst erst Auskunft über den Zusammenhang.
4 siehe vorl. Band, S. 477
' 240
Marx an Engels in Manchester
[London] 5. Oktober [1859]
Lieber Engels, Bei der Wirtschaft, die hier herrscht (Speck hat Bankerott gemacht und ist verschwunden; Garthe, der Kassierer, ist in Brighton) und stets bei dem „Volk" herrschte, ist es unmöglich, genaue Rechnung zu erhalten über die vorleßnersche Zeit as to foreign subscribers1. Biskamp versichert, daß mit Ausnahme der allerersten Nummern dem Thimm stets ein Dutzend Exemplare geschickt worden sei. Hollinger hat mich verklagt wegen 12 £ und ein paar Shillinge Rückstand für „Das Volk", zusammen mit dem Satz für die letzte nicht erschienene Nummer. Dieser Schweinhund will mich plötzlich in den „Eigentümer" verwandeln, obgleich der ganze Dreck, ich will nicht sagen unterging (denn mit dem hiesigen Philister ist nichts zu machen), sondern mit einem Defizit aufhörte, weil ich nicht der Eigentümer war und trotz allen Zeitverlustes nie die liederliche Wirtschaft redressieren konnte. Ebensowenig habe ich dem Kerl je eine juristische Garantie gegeben. Die Rechnung halte ich für falsch, da der Kerl - abgesehn von der übrigen Einnahme - 7 £ von mir allein für die 3 vorletzten Nummern (seine Rechnung enthält die 2 letzten Nummern) erhalten hat. (Die 15 sh. an Leßner gingen nicht durch seine Hand, sondern zahlte ich direkt.) Ich lasse mich aber auf keine Debatte darüber ein, da ich sonst sofort sein Recht anerkenne, mich zu verklagen. Der Schweinhund wird schwören und einen seiner Setzer schwören lassen, ich hätte garantiert. (Selbst in diesem Fall hätte er erst den Bisk[amp] verklagen müssen.) Ich werde Biskamp etc. als Gegenzeugen bringen. Hätte ich die Mittel in der Hand, so würde ich, um alles öffentliche Verfahren zu vermeiden, zwar nicht dem Hollinger gezahlt haben, wohl aber eine Schuldforderung auf ihn gekauft haben von einem gewissen Lisle, dem landlord2 H[oIlinger]s und Eigentümer der Druckerei.
1 betreffs auswärtiger Abonnenten - 2 Hauswirt
H[ollinger] schuldet diesem Mann an 60 £ und hat nie einen farthing3 an ihn gezahlt. Unter jetzigen Umständen kann aber von dergleichen nicht die Rede sein. Wenn ich nicht irgendeinen coup mache - und ich sehe absolut nicht, wie ich ihn machen soll -, wird der Plätz hier ganz unhaltbar. Freiligrath hatte wieder eine Wechseloperation versucht. Gestern abend aber erhielt ich Brief von ihm, daß sie definitiv-gescheitert, gleichzeitig mit Drohbriefen von landlord etc. etc. Einliegenden Brief von Lassalle, den ich umgehend beantwortete4, betrachte ich als gute Nachricht. Die Sache12631 scheint sich trotz der conspiration de silence5 zu verkaufen. Sonst würde diese indirekte Aufforderung Dunckers nicht gekommen sein. Übrigens bin ich absolut unfähig, die Sache weiterzuschreiben14301, bis ich d'une maniere ou d'une autre6 den bösesten bürgerlichen Dreck gecleart7 habe. Deine Artikel über die Geschichte8 sind abgedruckt worden von New York bis Kalifornien von den deutschen Blättern (mit dem bißchen „Volk" hatte man die ganze deutsch-amerikanische Presse in der Hand). Als Beispiel von dem Schund, der in Deutschland erscheint, lege ich Dir folgenden Annoncenausschnitt aus der Wiener „Presse" bei. II suffit to read9 das Inhaltsregister. (By the by10, ich halte unter einem ausgewählten Kreis von Knoten Vorlesungen über Heft I. Es scheint die Leute sehr zu interessieren.) Schließlich will ich nun über zwei „große Männer" 14331 berichten. Ad vocem R. Schramm. Dies triste Vieh war vor einiger Zeit in Ostende und schrieb von da eine Korrespondenz an den „Hermann"'14341. Ich lese letztren Schund nicht; die Sache wurde mir von Freiligrath berichtet. In dieser Korrespondenz erzählt R. Schramm, man könne schon von der Verkommenheit der Deutschen urteilen, wenn man ihren Gesprächen am Meeresstrand zuhöre. So habe er z. B. zwei Damen zugehört, die im echtesten Wuppertaler Dialekt gekohlt, und wovon die eine die andre „Frau Engels" genannt habe. Das also ist die Rache dieses Elenden! Aber zur Strafe hat das Vieh 2000 £ (teste11 Freiligrath) kürzlich verloren. Der Narr hatte sich nämlich in „Edelsteinhandel" eingelassen. Dies hat auch seinen Plan vereitelt, eine eigne deutsche Zeitung (sollte diesen Monat erscheinen) in London zu gründen. Ich habe die facts - das Nichterscheinen der Zeitung, Juwelenhandel und Geldverlust - zum großen Verdruß des
3 Pfennig - 4 siehe vorl. Band, S. 612-613 - 5 Verschwörung des Schweigens - 6 auf die eine oder andere Art - 7 bereinigt - 8 „ Karl Marx, ,Zur Kritik der Politischen Ökonomie'" 9 Es genügt zu lesen - 10 Nebenbei - 11 Zeugnis
Kerls und als Antwort auf seine kindische Malice12 durch Bisk[amp] in die „Weser-Zeitung" bringen lassen. . Ad vocem K.Blind. In bezug auf diesen komme d'etat13 muß ich etwas ausführlicher sein. Zwei Wochen ungefähr, nacKÜem ich von Manchester nach London zurückgekehrt, erzählte mir Biskaiffp, Blind habe ihm durch Hollinger den Vorschlag machen lassen, sich (i.e. das „Volk") mit Blind und Konsorten zu amalgamieren14, aber ich und überhaupt das kommunistische Element müsse heraus. Dagegen verständiger Sozialismus. - Ich hatte damals außer ein paar Späßen15 - wie Du weißt - nichts im „Volk" geschrieben. Schrieb aber sofort dem Blind nicht einen Brief, sondern eine Mitteilung in about 10 lines16, worin ich ihn unter anderm „homme d'etat" und „wichtigen Mann" nenne und von seinem Getreuen „Fidelio" (i.e. Hollinger) sprach. Nächsten Tag - kömmt Liebknecht und erzählt mir, daß in der Kneipe an der Ecke Blind und Hollinger säßen. Der erstre erwarte mich. Ich also mit Liebk[necht] dahin. Blind gab sein Ehrenwort, daß nichts an der Sache. Schweinhund Hfollinger] ditto. Ich mußte das also glauben. Dies Rendezvous gab aber Gelegenheit, auch auf andre Mogeleien des Blind zu kommen. U. a. fiel die Rede auf Vogt. Blind leugnete auf Ehrenwort (hatte die Sache auch ohne Ehrenwort bei Freiligrfath] geleugnet), daß er das anonyme „Zur Warnung" verfaßt und in die Welt geschickt. Ich sagte, das wundre mich, da es nur enthielte, was er mir mündlich mitgeteilt bei Gelegenheit des Urquhartmeeting vom 9. Mai.14231 Ich rief ihm ins Gedächtnis, daß er damals versichert, er habe Beweise in der Hand, er wisse den Namen des Manns, dem Vogt 30 [000] oder 40 000 Gulden angeboten, dürfe ihn aber „leider" nicht nennen etc. Dies nun wagte Blind nicht zu leugnen, sondern gab es ausdrücklich und wiederholt zu, in Gegenwart Liebknechts und Hollingers. Well!17 Vor einigen Wochen schrieb die A[ugsburger] „Allgemeine] Zfeitung]" an Liebknecht, der ihr das „Zur Warnung" eingeschickt hatte. L[iebknecht] kam zu mir.14351 Ich sagte ihm, er solle zu Blind. Ich werde „in der Kneipe an Blinds Ecke" den homme d'etat abwarten. Blind war im Bad, St.Leonards glaube ich. L[iebknecht] schreibt ihm; schreibt einmal, zweimal. Endlich Brief des homme d'etat. Dieser, in der kühlsten und „diplomatischsten" Manier, bedauert, daß „ich" umsonst den Gang zu ihm gemacht, Liebkn[echt] müsse begreifen, daß er (Blind) nicht Lust habe, [sich] in die Angelegenheit einer ihm „ganz fremden Zeitung" und in ihm ganz
12 Bosheit -13 Staatsmann - 14 vereinigen - 15 „Gatherings from the Press" - 16 von ungefähr 10 Zeilen - 17 Nun!
fremde Angelegenheit zu mischen. Was L[iebknecht]s Anspielungen auf „in Privatgesprächen" gefallne „Bemerkungen" angehe, so müßten sie auf bloßen „gänzlichen" Mißverständnissen beruhn. Damit also glaubte der „homme d'etat" alles abgemacht. Ich nahm nun Liebknecht mit zu Ctilfet. Ich erinnerte mich, daß in der „Free Press" vom May 21 (The Grand Duke Constantine etc., p.53)13971 ein Paragraph enthalten, der mir sofort Blindsches Fabrikat gedünkt hatte und der, zusammengenommen mit dem, was Blind mündlich in L[iebknecht]s, Hollingers und meiner Gegenwart zugegeben, den ganzen Inhalt des Anonymen bildete, außerdem aber bewies, daß Bflind] nicht nur beiläufig in „Privatgesprächen" die ihm sonst „ganz fremde Angelegenheit" berührt. Also zu Collet, der sofort Blind für den author erklärte. Er hatte noch den Brief Blinds, worin dieser seine Karte eingelegt, ihn aber gebeten hatte, seinen Namen nicht zu nennen. Dies war ein Überführungsstück. Durch eine Reihe Manöver, die es zu ausführlich wäre, hier zu erzählen, habe ich ferner Beiliegendes (das Du umgehend zurückschicken mußt. Ich habe es auch Freilfigrath] gezeigt) ausgepreßt. Da siehst Du „das Ehrenwort"! des Biedermanns. Letzten Sonnabend hat Liebknecht dem homme d'etat nun einen Brief zugeschickt (verfaßt nach einem von mir an Lfiebknecht] gerichteten Brief18, worin ich die Sache etwas scharf zusammengefaßt). Antwort wird erwartet und wirst Du näher davon hören. Salut. Dein K.M.
18 siehe vorl. Band, S. 607 - 609
241
Marx an Engels in Manchester
London, 10.Okt. 59
Dear Frederick, Das Geld kam am Sonnabend wahrhaft „rettend" an, denn ein Teil des Gläubigerpacks machte an dem Tag eine Generalattaque1. My best thanks.2 Ebenso für das Manuskript3. Ich lege hier ein meinen „Tribune"-article über Kossuth4. Teil ihn noch lupus mit. Schick ihn dann mir zurück. Es wird ein Hauptskandal, da Pulszky der London Correspondent der „Tribüne". Die zitierten Werke über „Austrian sympathies", „Anti-Napoleomc rage"5 etc., sind aus Pulszkys letter6 in der „7Yiiune"14361, worin er Kossuth et Co. zu verteidigen suchte. In fact, ich bin erstaunt, daß die „Tribüne" unter these circumstances7 und bei ihren general faible8 für K[ossuth] den Artikel gedruckt hat. Ich hatte zwar dem Dana in einer kleinen deutschen Note, die beilag, courage gemacht. Collet hat dem Kossuth 5 copies9 von der letzten „Free Press" zugeschickt. A[ugsburger\ „A[llgememe]Z[eitung]" reproduzierte die Sache.14371 Ebenso „Weser-Zeitung". Collet war gestern bei mir. Staatsmann Blind war bei ihm gewesen und beklagte sich sehr, daß er (Collet) das Editorgeheimnis mir gegenüber verletzt habe. Er (Collet) soll zu mir gehn und mich verhindern, weitres mischief10 anzurichten. Die Augsb. „Allg. Zeit." sei „a Russian(!) organ"11. Darum wolle er (Blind) nicht ihr beispringen.14351 Collet sagte mir: At the outset, he made upon me the impression of a very sneakish fei low.12 Dem Liebkn[echt] hat Staatsmann Blind nicht geantwortet, der vornehme Mann,
1 Generalattacke - 2 Meinen besten Dank. - 3 Engels: „Infanterie" - 1 „Kossuth und Louis-Napoleon" -6 „Sympathie für Österreich", „Antinapoleonische Raserei" - 6 Brief' diesen Umständen - 8 ihrer allgemeinen Schwäche - 8 Exemplare - 10 Unheil - 11 „ein russisches (!) Organ" - 12 Von Anfang an hat er auf mich den Eindruck eines sehr kriecherischen Kerls gemacht.
und mich glaubte er durch Collet lahmlegen zu können. The fool!13 Gleichzeitig wollte er von C[ollet] wissen, wer das über K[ossuth] in der „Press" geschrieben. Salut. Dein K.M.
13 Der Narr!
242
Marx an Engels in Manchester
[London] 26. Oktober 59
Lieber Engels, Ich hoffe, daß Du weder krank bist noch sonst ein Malheur Dich getroffen hat, bitte Dich aber, unter allen Umständen, to drop some lines1, da Dein verlängertes Schweigen mich beunruhigt. Sei so gut und schick mir den Ausschnitt aus der „Tribüne"2, den ich in meinem „Letzten" einlegte, zurück. Duncker hat nun definitiv sich zur Herausgabe des zweiten Hefts14301 willig erklärt. Lassalle spricht über seine „italienische" Taktik quasi re bene gesta3 und drängt mich zu einer Erklärung, wobei er den bescheidnen Zweifel fallenläßt, daß ich vielleicht von „meiner" Ansicht zurückgekommen sei.14381 Dem hiesigen Kinkel- oder Schillerfest, das übrigens sehr lausig ausfallen wird, sich anzuschließen, konnte Freiligrath „als deutscher Poet" nicht lassen, obgleich ich ihm Warnung gegeben, daß er nur als Staffage dem Gottfried dienen solle.14391 Wegen dem „Volk" habe ich den county-court process4 vermieden, indem ich about5 5 £ opferte und andrerseits in der Quittung dafür den Biskamp als proprietor6 von Hollinger anerkennen ließ, der (B[iskamp]) so für den Rest verantwortlich, durch seine Freiheit von aller Habe aber über jede Verantwortlichkeit hinaus ist. Es war nötig, diesen unter actual circumstances7 sehr unangenehmen Schritt zu tun, da die Kinkelbande nur auf die Geschichte wartete, um öffentlich Skandal zu machen, und das ganze Personal, was um die Zeitung herumhing, für Schaustellung vor Gericht unpassend war. Der „Augsburger Zeitung" habe ich auf ihr Verlangen (in zwei sehr deund wehmütigen Briefen encompassed8) das auf Blind bezügliche Doku
1 ein paar Zeilen zu schreiben - 2 „Kossuth und Louis-Napoleon" - 3 wie von einer gelungenen Sache - 4 Prozeß vor dem Amtsgericht 6 ungefähr - 6 Eigentümer - ' gegenwärtigen Umständen -8 eingeschlossen
ment zugeschickt.1140' Letztrer Bursche verdiente das um so mehr, als er zu Collet lief und ihn I. zu Schleichwegen benutzen wollte, 2. den Liebknecht dem Collet als „belonging to the Communist party"9 denunzierte und, um ihn schließlich ganz schlecht zu machen, 3. die A[ugsburger] „Allgemeine] Z[eitung]" als „russisches" Organ charakterisierte. Erinnere den Thimm, seine Schuld hier abzutragen, Salut. Dein K.M.
9 „zur Kommunistischen Partei gehörig"
32 Marx/Engels, Werke, Bd. 29
243
Engels an Marx in London
[.. .j1 Die Geschichte mit Blind ist höchst heiter; es ist immer ein besonders angenehmes Schauspiel, wenn die diplomatisierende Klugtuerei sich festreitet. Der Kerl kann furchtbar dabei blamiert werden. Das „Ehrenwort"2 hatte er Dir natürlich nur in the diplomatic sense of the word3 gegeben, gerade wie es keine Beleidigung ist, jemanden einen Schweinhund in a parliamentary sense4 zu nennen. Diese Bereichrung der Sprache durch Blind ist anzuerkennen. Übrigens wäre es am allerschönsten, wenn sich herausstellte, daß die „Beweise" des Herrn Blind nur auf Renommage beruhten, und ich halte das bei diesem finstern Vaterlandsretter für ganz gut möglich. Lupus ist in Verzweiflung über die Verschlechterung des bitter beers5, die ihn zwingt, Porter und half and half6 zu trinken, im übrigen befindet er sich ziemlich wohl und lebt nach wie vor in Chatsworth. Neulich bekam Siebel einen Brief von einem lächerlichen deutschen Literaten', der sich aus Geldmangel an die Revolution verkaufen wollte und ihn bat, das Geschäft zu vermitteln, ich sollte den Ankauf machen. Er drohte dabei, wenn die Revolution ihn nicht kaufen wolle, so werde er sich den Jesuiten in die Arme werfen. Diese nehmen ihn aber gratis nicht, denn daß der Kerl ein kolossales Rindvieh ist, brauch' ich Dir nicht erst zu sagen. Grüße Deine Frau und Kinder herzlich. Dein F.E. Manchester, 28. Okt. 59
1 Anfang des Briefes fehlt - 2 siehe vorl. Band, S.492 - 3 im diplomatischen Sinne des Wortes - 4 im parlamentarischen Sinne - 5 Bitterbiers - 0 Halb und Halb (englische Biersorte - halb Porter, halb Ale) - 7 Hugo Oelbermann
244
Marx an Engels in Manchester
[London] 3. November 59
Lieber Frederick, Leßner hat nicht die Namen der Leute, denen „Das Volk" zugeschickt wurde. Er kennt nur die Zahl der Exemplare (12), die er regelmäßig an Thimm versandte. Biskamp behauptet, die Bücher bei Thimm nicht auf seine Rechnung, sondern auf die des Pfaffen, bei dem er Schulmeister war, bestellt zu haben. Übrigens habe Thimm nie ein Wort darüber fallenlassen. Er wird ihm wegen der Geschichte schreiben, ebenso wegen der Aneignungsgelüste des Panzer. Er ist jetzt engagiert seit ein paar Tagen für 50 Taler monatlich bei der „Weser-Zeitung". Mit meiner Arbeit geht es schlecht voran.'4301 Ich habe zu viel häusliche Störungen und zu viel Dreck auf dem Hals. Von dem „graußen" Schillerfest hier wirst Du gehört haben. Freiligrath und Kinkel, oder vielmehr Kinkel und Freiligrath werden die Helden sein. Da die Sache hier ganz von der Kinkelclique ausging, der elende Beta, Gottfrieds Faktotum, sogar die Einladungsbriefe zur Errichtung des Komitees erließ, hatte ich vor Wochen dem Freiligrath geschrieben, ich hoffe, he would keep aloof from the Kinkeldemonstration1. Darauf antwortete mir der dicke Philister in einem nicht ganz klaren Brief, worin er u.a. sagte: „Wenn auch Kinkel die Briseis der Festrede davontrage, sei das kein Grund für die Achille, sich schmollend in ihre Zelte zurückzuziehn." Also Kinkel Agamemnon und F[reiligrath] Achilles!'4411 Übrigens habe das Fest „auch noch eine andre Bedeutung" (welche, wird sich sofort zeigen). Endlich habe er für Boston (United States) auf Aufforderung ein Schillergedicht gemacht. Später sah ich aus dem „Hermann"'4421, daß Freiligrath als Mitglied des Komitees agierte und von einer Kantate desselben auf Schiller (komponiert von Pauer) die Rede war; daß mir der Philister also etwas verheimlicht hatte.'4431 Noch später erhielt ich einen zweiten Brief von ihm, worin er
1 er werde sich von der Kinkeldemonstration fernhalten
32*
sagte, ich schiene doch recht gehabt zu haben, seine Beteiligung aber habe zum Teil Gottfrieds Pläne contrecarriert2. Als ich nun den Mann sah, erzählte er mir mit pochender Brust den ganzen Verlauf der Sache. Beta und Juch, Kinkels Agenten, hatten von Amerika aus erfahren, daß F[reiligrath] das Schillerpoem für Boston gemacht. Gottfried hatte sich neben der Rede auch die Festkantate für sich selbst vorbehalten. Da er aber glaubte, non bis in idem3 und die Zuziehung Ffreiligraths] nicht tubar war, ohne ihm den poetischen Teil zu überlassen oder vielmehr anzubieten (es war aber darauf gerechnet, daß er das Angebot ablehnen werde), forderten Juch und Beta F[reiligrath] im Namen des Kinkelschen Komitees auf, sich dem Komitee anzuschließen und die Kantate zu machen. F[reiligrath] sagte, er habe schon für Boston gedichtet, antwortete unschlüssig, versprach aber seine Mitwirkung bei dem Komitee. Letztres behandelte die Sache als bloße Formalität und kam nicht mehr auf sein Gesuch zurück. F[reiligrath] aber, in aller Hast (er fand nicht mehr die Schwierigkeiten wie bei dem „Volk", für das er nie 3 Zeilen machen konnte), setzt sich dran, dichtet eine Kantate (im Versmaß von Schillers Dithyrambe; er hat mir das Zeug vorgelesen, Poinp und Schall), läuft zu Pauer, läßt sie komponieren und, durch seine Freunde unter den Schillerfestsängern, zwingt Kinkel und Konsorten, ihn noch einmal aufzufordern. Dann schickt er ihnen die Scheiße, die „durch einen Anachronismus" schon fix und fertig, nicht nur gedichtet, sondern auch komponiert sei, und vergleicht sich selbst am Schlüsse seiner Epistel mit einem „Knecht", der seinen „Herrn" bedient hat, eh' er Befehl erhalten (Herrn Kinkel, Beta, Juch et Cons.)! (Und dies erzählt mir der Philister selbst.) Damit endet seine „Spannung" mit Gottfried noch nicht. F[reiligrath] besucht das Komitee, wo ihn Gottfried sehr kühl behandelt. Nun hatte F[reihgrath] - wie er sagt, „ganz zufällig" - in seiner Kantate eine Stelle angebracht, wobei. „notwendig" Schillers Büste enthüllt werden mußte. Gottfried, ebenso zufällig, hatte den Glanzpunkt seiner Predigt auf den „Moment der Enthüllung" eingerichtet. Nach längrem Kampf, worin Philister F[reiligrath] stets schweigend dasitzt, aber seine Freunde sprechen läßt (allerlei Gesindel), endlich entschieden, daß Ffreiligrath] die „Enthüllung" haben solle, wobei Gottfried schweren Seufzer ausstößt, daß er nun fortwährend seine Predigt an „das verschleierte Bild" zu richten habe. Nun erhebt sich einer von F[reiligrath]s Kumpanen und sagt, dem könne geholfen werden, wenn Kinkel seine Rede nach der Kantate halte. Dagegen
2 durchkreuzt - 3 man könne nicht zweimal dasselbe tun
aber erklärt sich Gottfried definitiv und äußert höchst entrüstet, „er habe schon so viel Entsagungen in dieser Sache gebracht, das könne man aber nicht von ihm verlangen". Da hört allen's up. So wird die Predigt zuerst kommen. Und diesen ganzen Dreck erzählt mir Ffreiligrath] sehr ernst und wichtig; findet es dagegen ganz natürlich, daß er kein Wort in dem Komitee darüber geäußert, daß die Kinkelbande sich herausgenommen, seine (F[reiligrath]s) angebliche „Parteifreunde" selbstverständlich nicht zum Komitee einzuladen, und es so in eine Kinkeldemonstration zu verwandeln. Er wußte, daß ich sicher nicht hingekommen, aber er dürfte nicht diesen „Ostrazismus" erlauben in einem Komitee, worin er selbst sitzt. Blind ist natürlich dabei. Freiligrath, seit seinem Gedicht auf die Mockel13231, behandelt uns „ganz im Geheimen", als seine Freunde, während er öffentlich Arm in Arm mit unsren Feinden geht. Qui vivra verra.4 Ad vocem Blind: Der Scheißkerl war jetzt bei Hollinger. Die A[ugsburger] „Allgemeine] Z[eitung]" hatte ihm nämlich geschrieben, wenn er bei seiner Retizenz5 verharre, werde er eklig in die Öffentlichkeit gebracht werden. Sie habe ein Dokument gegen ihn im Besitz.14401 Er beschwert sich bei Hollinger, der habe uns die Sache verraten. Hfollinger], mit Recht, sagt quod non6, aber warum Blind denn nicht einstehn wolle? Dieser sagt ihm, er habe allerdings das Manuskript geschrieben, ein Freund von ihm habe es aber verfaßt. Die Sache ist die; Bflind] hat es geschrieben und verfaßt, die inkulpierendsten7 Punkte aber von Goegg erhalten. Biedermann Goegg nun ist „scheinbarer" Freund Vogts und muß es sein, da Fazy, durch die Schweizerbank, für 25 000 fcs. Aktien in seiner Spiegelfabrik hat, ihm überhaupt als banker8 dient. Darum muß Goegg seine Entrüstung über den „Landesverrat" nur im stillen lautmachen. Das sind die „ernschten Republikaner". Könntest Du mir nicht einen article über die neuen Armeeveränderungen in Preußen machen?14441 Gruß an lupum. Salut. Dein K.M.
4 Wer's erlebt, wird's sehen, lastendsten - 8 Geldmann
5 seinem Schweigen - 6 daß das nicht der Fall sei - 7 be
245
Engels an Marx in London
Manchester, 4.Novbr. 1859
Lieber Mohr, Der Freiligrath verdient wirklich einmal eine ernste Züchtigung, und ich hoffe, daß ehe die Schillerschmiere vorbei ist (oder ihre Nachwehen), sich eine Gelegenheit dazu findet. Diese Poeteneitelkeit und Literatenzudringlichkeit, verbunden mit Pantoffelkriecherei, ist wirklich zu arg, und dabei schreibt ihm die „Augsburger" politische Tugend zu! Du hast doch den Prozeß Vogt in der A[ugsburger] ,,A[llgemeinen] Z[eitung]" Nr. 297 und folgende gelesen?14451 Die Sache ist ganz gut abgelaufen, aber der Brief von Biskamp ist schmählich blamabel. Der Kerl konnte seine Privatgeschichten doch ganz gut auf einem Separatzettel beilegen, so aber ist es höchst ekelig, daß der Redakteur des „Volks" der A[ugsburger] „Allgemeinen] Z[eitung]" ein testimonium ausstellt und um eine Korrespondenz bettelt und dies gedruckt wird.14461 Vogt wird darüber schön Lärm schlagen. Daß wir doch immer solche taktlose Esel um uns herumbummeln haben! Sehr schön ist aber die Blamage von Blind. Durch die Erklärung in Deinem Brief1 und durch das Dokument ist der biedre Diplomatiker jetzt genötigt hervorzukriechen, wenn er die Blamage nicht noch größer machen will. Er hat mit Beweisen renommiert und erscheint als einfacher Lügner, wenn er das Maul hält. Ebenso schön sitzt Vogt drin. Abgewiesen wegen Inkompetenz, in alle Kosten verdonnert und vor die Jury verwiesen, was kann er machen? Er muß entweder die A[ugsburger] „Allgemeine] Z[eitung]" vor einer bayerischen Jury verklagen - und dann ist er von vornherein fertig - oder das „Volk" - und dann wird Blind subpoenaed2 - oder Blind selbst. In allen Fällen geht es ihm schlecht, und ich sehe nicht, wie er anders als seine Blamage vergrößern kann. Alles dies ist sehr tröstlich.
1 Karl Marx: „Brief an den Redakteur der .Allgemeinen Zeitung'" - 2 bestraft
Garibaldi scheint eine etwas zweideutige Rolle zu spielen. So ein General ist übel dran. Er war genötigt, dem Teufel den kleinen Finger zu geben, und jetzt scheint er schon die ganze Hand zu haben. Für Viktor Em[anuel] natürlich das Wahre, erst Garibaldi] auszubeuten und ihn nachher zu ruinieren. Altro esempio3, wie weit man's mit „praktischem Auftreten" in Revolutionen bringt. Es ist übrigens schade um den Kerl. Andrerseits vortrefflich, daß Piemont den angelogenen Charakter des Repräsentanten der italienischen Einheit verliert.14471 Über die Armeereformen in Deutschland werde ich Dir einen Artikel machen, wenn die Sache etwas weiter ist. Nicht allein in Preußen, auch anderswo, in Ostreich etc. spukt's im Militärwesen fürchterlich. Überall wird französische Uniformierung etc. adoptiert und in vieler Beziehung sogar entschiedene Rückschritte dadurch gemacht. Bis jetzt ist aber noch alles im unklaren; sobald ich etwas klarer sehn kann, mach' ich Dir den Artikel.'4441 Ebenfalls hoffe ich, daß bald wieder in China und Ostasien generally4 etwas für mich zu rapportieren sein wird. Desgleichen Marokko.14481 Noch aber ist nichts reif. Über Marokko vielleicht nächste Woche. Hast Du schon darüber geschrieben, oder hast Du einige Politica ad vocem5 Pam darüber mir mitzuteilen, damit ich au fait6 bin? Ich sitze jetzt tief im Ulfilas14491, ich mußte doch endlich einmal mit dem verdammten Gotischen fertig werden, das ich immer bloß so desultorisch trieb. Zu meiner Verwunderung finde ich, daß ich viel mehr weiß, als ich dachte; wenn ich noch ein Hülfsmittel bekomme, so denk' ich in 14 Tagen komplett fertig damit zu sein. Dann geht's an Altnordisch und Angelsächsisch, mit denen ich auch immer so auf halbem Fuß gestanden. Bis jetzt arbeite ich ohne Lexikon oder andre Hülfsmittel, bloß gotischen Text und den Grimm14501, der alte Kerl ist aber wirklich famos. Hierzu wäre mir Gr[imms] „Geschichte der deutschen Sprache" sehr nötig, kannst Du sie mir wieder herüberschicken? Lupus denk' ich heut abend zu sehn. Hier ist auch Schillerfeier (inliegend Programm). Ich hab' natürlich mit der ganzen Sache nichts zu tun. Herr Alfr. Meißner wird einen Prolog herschicken, Siebel macht den Epilog, natürlich ordinäre Deklamation, aber in anständiger Form. Außerdem dirigiert dieser Bummler die Aufführung von „Wallensteins Lager"; ich war 2mal in der Probe, wenn die Kerle frech sind, kann es passabel werden. Das Komitee besteht aus lauter
3 Noch ein Beispiel - 4 im allgemeinen - 5 politische Dinge betreffs - 0 unterrichtet
Eseln ohne Ausnahme; Borchardt spielt die Opposition im Publikum; er macht sich negativ ebenso mausig wie die andern positiv, nur daß seine Negation auf demselben Standpunkt steht wie die Position der andern, und er also eingesteht, wesentlich zu ihnen zu gehören. Salut. Dein F.E. Nil novi ab Ephraimo Gescheit?7
7 Nichts Neues von Ferdinand Lassalle'?
246
Marx an Engels in Manchester
London, 7. Nov. 1859
Lieber Engels, Den Grimm1 werde ich Dir schicken. Über MarokfcoliiS] habe ick noch nichts geschrieben, auch nicht über den Kaukasus14511, auch nichts Militärisches über Asien. Über Marokko habe ich keine diplomatischen Details. Es ist daher nötig, daß Du wieder schreibst. Meine Verhältnisse erlauben mir zu wenig, an dem 2ten Heft14301 zu arbeiten, das ich für entscheidend wichtig halte. Es ist in der Tat der Kern der ganzen Bürgerscheiße, Biskamps Brief14461 ist unendlich blamabel; aus seiner Situation zu erklären, nicht zu entschuldigen. Die ganze Vulgärdemokratie sucht in der deutschen Presse die Sache mit Blind zu vertuschen und stürzt über mich her. So Herr Meyen, der jetzt den „Freischütz" redigiert. Ich habe nun eine geharnischte Erklärung in der Afugsburger] „Allgemeinen] Zfeitung]" und der „Reform" zu Hamburg erlassen.14521 Ich werde Vogt und Blind aneinanderbringen, wenn ich Kanonen vor die Kerls spannen sollte. Der elende Pulszky in der „Tribüne" macht kurz ab in ein paar Zeilen mit meinem Brief, der aus dem Lager des „cracked" 2 Urquhart käme.14531 Die Kerls wagen nicht, das Maul aufzutun. Sie wissen nämlich nicht, welche Evidenzmittel uns zu Gebot stehn. Kossuth nämlich, wie mir Szemere schreibt, lief heimlich mit nach dem Vertrag von Villafranca, ohne Klapka und den andern Offizieren ein Wort zu sagen. Er fürchtete nämlich, den Östreichern ausgeliefert zu werden.14541 Hence the greatest animosities against him in the Hungarian camp.3 Ich werde dem Pfulszky] gehörig den Kopf waschen. Dein K.M.
1 Siehe vorl. Band, S. 503 - 2 „verrückten" - 3 Daher die größten Feindseligkeiten gegen ihn im ungarischen Lager.
247
Marx an Engels in Manchester
[London] 16. Nov. 59
Lieber Engels, Ich hoffe, daß Freitag ein Marokko'4481 von Dir erscheint. Abgesehn von allem andern, ist jetzt Präsidentenwahlzeit, und fürchte ich ohnehin Wiedereinschränkung der zu liefernden Artikelmasse. Dies Schicksal wird beschleunigt, wenn ich den Kerls bei dem jetzigen Stoffmangel nicht über solche sie interessierende Themes schreibe. Du mußt mir auch einiges privately, of course1 nicht für die „Tribüne", über den Manchester Schiller-Ulk schreiben. Ich Dir im nächsten Brief über das Kinkelfest hier. Tiefer Groll herrscht jetzt vor von Freiligrath gegen Gottfried2. Einstweilen lies die letzte Nummer vom „Hermann" und sieh mit eignen Augen, wie der „Pfaffe Wunderhold"2 sich selbst anseicht.14551 Die A[ugsburger] „Allgemeine] Zfeitung]" hat meine Erklärung'4521, wie mir scheint, nicht genommen, da sie durch die von Blind ihr zugesandte überflüssig gemacht schien. Ich habe ihr jetzt eine Antwort auf diesen badischen Schlaukopf zugeschickt mit der positiven Forderung - indem ich mich auf die mir von ihr zugesandten Briefe beziehe3 meine Antwort abzudrucken.'4561 Salut. Dein K.M.
1 privat, natürlich - 2 Gottfried Kinkel - 3 siehe vorl. Band, S. 496/497
248
Marx an Engels in Manchester
[London, 17. November 1859]
Lieber Engels, Solltest Du bis morgen nichts über Marokko14481 fertig haben, so ist Zeit bis Samstag (nämlich via Cork). Ich schreibe heute (da ich Dienstag nicht schrieb) über die Suezfrage.14571 Die Marokkogeschichte muß dran. Sie sind sonst gezwungen, die „Times" zu kopieren. Salut. Dein K.M.
249
Engels an Marx in London
Manchester, 17. Nov. 1859
Lieber Mohr, Zu einem Russen, der mir auf dem Pelze hängt, kommt heute noch ein Genfer, und der Ermen fängt an, mir den lästigen Teil der Repräsentation der Firma mehr und mehr zuzuschieben. Ich dachte trotzdem heut morgen noch, Zeit zu einem Artikel zu finden, aber absolut unmöglich. Nächsten Dienstag erhältst Du indes einen über Marokko'4481, das ist sicher. Möglichst bald folgen mehr über Rifle Volunteer Movement1'4681, preußische Armeereform'4441 und diverse andre Geschichten. Die Assaults-Geschichte2 ist abgemacht. Dreißig £ Schadenersatz und fünfundzwanzig Kosten. Bezahlt ist's - teilweise durch Pump. Die Sache war in London anhängig gemacht worden, und es wäre außer dem hiesigen Skandal ein ganz hübsches Fressen für Kinkel & Co. gewesen, diese Geschichte aus der „Times" in die deutschen Blätter zu bringen. Schillerfest. Das Programm inliegend, ebenfalls die Originalpoesieprodukte, bestehend, wie Du sehen wirst, aus Prolog von Meißner, Katalog von Samelson, Epilog von Siebel. Pro- und Epi- allein gerettet durch den Gegensatz des Katalogs. Der erste Teil kam off3 mit eklatantem Durchfall. Herr Dr. Marcus (bankerotter Wollhändler und Erlanger Doktor a Taler 66, 20 Sgr.) las den Bericht des Komitees weinerlich vor, Siebel deklamierte den Prolog passabel, aber undeutlich, Theodores sprach blühenden Blödsinn ganz undeutlich, man hörte nichts als Rrrrrrr - der Chor sang vortrefflich - Morell sprach englische Gemeinplätze, aber hörbar und fließend - die „Kraniche des Ibykus" schläferten das ganze Publikum ein. Darüber war es denn glücklicherweise so spät geworden, daß eine volle Durchführung des Programms bis I Uhr nachts gedauert hätte. Also Samelsons Stanzen flogen in die
1 Bewegung der freiwilligen Jäger - 2 Beleidigungsgescbichte - 3 zustande
Rumpelkammer. Die „Armada" sehr gut deklamiert von einem gewissen Link, dann das Stück. Die Bühne sehr hübsch, aber unakustisch. Gruppierung vortrefflich, fortwährend viel, fast zu viel Leben auf dem Hintergrund. Die Jungen spielten im ganzen gut, waren schlecht zu verstehn wegen der viel zu kolossalen Bärte, die sie vorm Maule hatten, und weil sie nicht genug zum Publikum sprachen. Der Kapuziner gut (ein alter Korpsbursche Dolch, Verfasser einer„Geschichte des Deutschen Studententhums ", Esel und Narr). Epilog von Siebel vorgetragen von Link, mit viel Anstand und Wohllaut, machte Effekt. Kurz,' der 2te Teil rettete die Geschichte, im zweiten und im weggelassenen Stück des ersten herrschten die Jungen (indirekt auch ein gut Stück „underhand influence"4 von mir, so war die Introduktion zu „Wall[ensteins] Lager" nach meinen Angaben komponiert und zwar sehr gut), im ersten hatten die Klugscheißer und sich vordrängenden Philister und Schulmeister geherrscht. Jetzt wollen sie noch aus dem Überschuß eine Schilleranstalt14591 gründen, aber der Überschuß ist ein Defizit von £ 150.-! Samstag Festfressen, wobei ich nicht war. Viel Toaste und alle rejected addresses5 verlesen. Freitag abend noch Kneiperei der Sänger und Schauspieler bis vier Uhr war sehr fidel. Dein F.E. Wie war das mit der Keilerei im Kristallpalast?14601
4 „versteckter Einfluß" - 5 abgelehnten Festansprachen
250
Marx an Engels in Manchester
19terNov. 1859 9, Grafton Terrace, Maitland Park, Haverstock Hill, London
Lieber Engels, Du erhältst heute allerlei Kuriosa von mir: I. einen Brief des Philisters Freiligrath an mich; 2. einen Brief von Orges (von der A[ugsburger] „A[llgemeinen] Z[eitung]") an Biskamp; 3. eine Nummer (43) der in Leipzig erscheinenden „Gartenlaube" 14011 und 4. einen Brief von Imandt an mich, neben Ausschnitt aus dem Trierschen „Volksblatt"I462]. Endlich rate ich Dir, den heutigen „Hermann" zu kaufen, da er von Herrn Beta entworfne Geschichte des hiesigen Schillerfestes enthält und auf das Benehmen unsres Freundes Freiligrath ein sonderbares Licht wirft. Ehe ich auf diese Historien eingehe, erwähne ich, um es nicht zu vergessen, daß die Ungarn in New York, Chicago, New Orleans usw. Meetings gehalten haben, worin sie einen Brief an Kossuth beschlossen, der ihn auffordert, sich mit Bezug auf meinen Artikel1 in der „New-York Tribüne" zu rechtfertigen. Wenn nicht, kündigen sie ihm die allegiance2 auf. Ich weiß nicht, ob ich Dir schon die letzten mir von Szemere mitgeteilten Nachrichten erzählt habe3. D'abord4, daß nach dem Friedensschluß von Villafranca Kossuth aus Italien fortlief, ohne den Offizieren, Klapka eingeschlossen, irgendein Wort zu sagen. K[ossuth] fürchtete, von Bonaparte an Francis Joseph ausgeliefert zu werden. Derselbe Biedermann, wie Sz[emere] jetzt schreibt, war ursprünglich nicht fin] die bonapartistische Geschichte eingeschlossen. Klapka, Kiss und Teleki hatten auf ihre Faust mit Plon-Plon die Erregung einer Revolution in Ungarn verabredet. K[ossuth] bekam Wind davon und drohte ihnen, von London aus, sie in der englischen Presse zu denunzieren, wofern er nicht in den Kontrakt eingeschlossen würde. Such are those worthies.5
1 „Kossuth und Louis-Napoleon" - 2 Gefolgschaft - 3 siehe vorl. Band, S. 505 - 4 Zunächst - 5 So sind diese Ehrenmänner.
Ich beneide Dich gewissermaßen, daß Du so abgeschlossen von dem Froschmäuslerkrieg1761 in Manchester leben kannst. Ich habe den ganzen Dreck durchzuwaten und dies unter Umständen, die mir ohnehin genug für meine theoretischen Studien die Zeit wegnehmen. Andrerseits freue ich mich wieder, daß t)u all den Dreck nur in zweiter Hand mit durchmachst Vorigen Donnerstag erhielt ich von Freiligrath den einliegenden Brief. Damit Du ihn in seiner ganzen verworfenen Kleinlichkeit verstehst, folgendes: Blind war während derselben Zeit, wo der Mensch (Blind) die perfide Rolle gegen uns spielte, im intimsten Umgang mit Freiligrath. Er agierte als sein homme d'affaires6 - in dem großen Konflikt Kinkel-Freiligrath - in dem vorbereitenden Komitee des Schillerfestes. Bei diesem Feste selbst saßen die Familien Freiligrath-Blind während der Vorstellung eng gruppiert zusammen. Nun brachte der „Morning Adverliser" am andern Morgen7 einen Bericht, worin F[reiligrath]s Gedicht „above mediocrity"8 genannt wurde. Derselbe kritische Takt (und es gehört in der Tat nicht viel dazu, dem studiosus Blind die anonyme Maske abzureißen), der mir gesagt hatte, daß Blind und nur Blind den Paragraphen in der „Free Press" gegen Vogt geschrieben'397^, sagte mir, daß er der Verfasser dieses Artikels sei. Ich wunderte mich nur, daß der kriechende Sykophant den Mut gehabt, in this cool manner9 von Freiligrath zu sprechen. Ich schickte letztrem den Ausschnitt. Darauf erhielt ich den einliegenden Brief von ihm, worin mehr oder minder sein Verdacht durchblickt, daß ich dem studiosus Blind eine Fälschung in sein exercise10 - die Pointe gegen F[reiligrath] - eingeschmuggelt. Am Sonnabend begab ich mich zu F[reiligrath]. Ich wußte noch nicht, daß er die Erklärung in der A[ugsburger] ,,A[llgemeinen] Z[eitung]" gemacht (nämlich er sei kein Ankläger von Vogt und habe nie eine Zeile in dem „Volk" geschrieben).1463' Er hütete sich auch, mir eine Silbe davon zu sagen. Ich sagte ihm de prime abord11, ich betrachte es als durchaus kein Verbrechen Blinds, wenn er F[reiligrath]s Gedicht „above mediocrity" finde. Das sei ein ästhetisches Urteil. Aber toll erscheine es mir in der Tat, daß er von Blind sich aufbinden lasse, ich habe dem Blind durch eine mysteriöse Person das Pensum korrigiert und die Pointe gegen ihn, F[reiligrath], untergeschoben. Der Philister, in großer Verlegenheit, gestand nun d'abord12, daß er dem Blind meinen Brief gezeigt, und zeigte mir die 2 Briefe von Blind. In dem ersten beschreibt studiosus B[lind] die Person, die am 9ten Mai häufig neben mir auf dem Urquhartschen Meeting'379' bemerkt worden war und ihn im Kristallpalast (10.November) umschlich[im. In einem
6 Sachwalter - 7 11. November 1859 - 8 „mehr als mittelmäßig" - 9 in dieser kühlen Art 10 Pensum -11 von vornherein -12 zunächst
zweiten Brief (F[reiligrath] war so herablassend, dem B[lind] zu schreiben, er könne nicht glauben, ich habe die Stelle gegen ihn interpoliert) erklärt Bflind], er habe das auch nicht direkt sagen wollen. Ich sagte dann dem Philister, die beiden einzigen Deutschen und überhaupt Personen, die mich verschiedenmal abordierten13 am 9ten Mai auf der Plattform, seien gewesen Blind und Faucher und nobody eise14. Nun kennt aber Blind den Faucher, hat sich ihm vorstellen lassen auf dem Schillerkomitee und ihm im Namen F[reiligrath]s gedankt für seine Parteinahme für F[reiligrath]s „Kantate" gegen die „Rede"15. Der badische Schlaukopf hat wieder den Namen Faucher nicht genannt. (Ich habe letztrem sofort die Sache mitgeteilt.) Nämlich Faucher kennt den Editor Grant des „Morning Advertiser" und könnte zum Herausfliegen des B[lind] aus dem licensed victualler paper16 beitragen14641, wenn er letztern persönlich zu einer Erklärung aufforderte, ob er (Faucher) ihn (Grant) veranlaßt, eine Interpolation in Blinds Artikel vorzunehmen, deswegen besitzt Studiosus Blind das Gedächtnis, sich zu erinnern, welche features17 Faucher am 9ten Mai hatte. Er erinnert sich, daß dieselben features ihn umschlichen am 10. November im Kristallpalast. Aber er vergißt, daß dies ihm so genau bekannte Individuum der identische Faucher ist. Diese ganze Geschichte ist so lausig - verzwickt - und so charakteristisch für die Biedermänner Freiligrath und Blind, daß ich die Scheiße so weitläufig auseinandersetzen mußte. Es ist überhaupt charakteristisch für den Biedermann Freiligrath, daß er nicht glaubte, mir Rechenschaft schuldig zu sein wegen seines Auftretens vor dem Publikum mit Kinkel und Konsorten, wegen seiner Erklärung in der A[ugsburger] „Allgemeinen] Z[eitung]", wegen seiner Koketterie mit dem „Hermann", wegen seines Umgangs mit Blind während der Zeit, wo er das „Ehrenwort" dieses Lumpen kennengelernt18 etc. —, sondern alles drehte sich darum, daß irgend jemand gewagt, sein Gedicht (ich lege es bei) „above mediocrity" zu finden, statt es as the very incarnation of the beautiful and the sublime19 anzupreisen. Ich sagte ihm, mir sei diese Affaire durchaus Wurst. Dagegen handle es sich zwischen mir und Blind um viel wichtigre Dinge etc. Was die „Intrigen" von Kinkel etc. gegen ihn betreffe, so habe er sich allein dafür zu danken. Warum mache er sich gemein mit den Kerlen? Endlich wünschte ich zu wissen, was Nr. 43 der „Gartenlaube" enthalte. Da kam dann heraus, daß Herr Freiligrath mit Herrn Beta auf sehr
13 angingen niemand anders - 16 siehe vorl. Band, S. 500 - 16 Blatt der Bierwirte - 17 Gesichtszüge ~ 18 siehe vorl. Band, S. 492 - 19 „mehr als mittelmäßig" zu finden, statt es als die vollkommene Verkörperung des Schönen und Erhabenen
intimem Fuß stand, ihn in seinem eignen Haus bewirtet hat und von Beta eine lobhudelnde Biographie seiner selbst und Apotheose seiner Familie „geduldet" hat, aber nur zürnte, daß Beta am Schluß (natürlich auf Kinkels Auftrag) F[reiligrathls Poesie vernichtet werden läßt zugleich mit seinem Charakter - durch mich. Ich bin schuld daran, daß Herr Freil[igrath], der in Originalien nie sehr fruchtbar war, seit Jahren Bankiergeschäfte statt Poesiegeschäfte macht. Herr Freil[igrath] schämte sich nicht vor mir, daß er mit dem Lump Beta, dem ehemaligen Subredakteur des Louis Druckerschen „How doyou do?" sich encanailliert20. Noch der plumpen Schmeicheleien des grundgemeinen Kerls. Es chokierte ihn, daß er vor dem Publikum als von mir „beeinflußt" erscheine. Es war ihm nicht klar, ob er nicht etwas darüber erklären solle. Bloß die Furcht einer Gegenerklärung meinerseits hält ihn ab. Der Kerl findet es „naturgemäß", daß, wenn er einen Furz läßt, Hallo geschrieen; daß er einerseits dem Mammon dient, andrerseits „Priester der Muse"; daß seine praktische Charakterlosigkeit theoretisch als „politische Tugend" gepriesen wird. Der Mensch ist empfindlich beim kleinsten Nadelstich. Seine kleinen Komödiantenzänkereien hinter den Kulissen mit Gottfried21 behandelt er als wichtige Intrigen. Andrerseits hält er es für sachgemäß, daß meine Familie nicht nur auf Anerkennung, selbst Notiz durchdachter Arbeiten, wie das Heft über das Geld12031, resignieren soll; daß sie infolge meiner politischen Rücksichtslosigkeit viel Misere durchmachen muß und in der Tat eine freudelose Existenz führt. Der Mensch denkt, meine Frau muß die Gemeinheiten gegen mich vor dem Publikum noch dankbar in den Kauf nehmen, im Bewußtsein, daß Frau Freil[igrath] verherrlicht und gefeiert wird und daß sogar sein Käthchen22, die kein Deutsch versteht, diese silly goose23, dem deutschen Philister anempfohlen wird. Der Mensch hat auch nicht die Spur freundschaftlicher Sympathie. Er sähe sonst, wie meine Frau leidet, und wieviel er und seine Gattin noch dazu beitragen. Wie falsch und zweideutig er sich vom Parteistandpunkt wie vom persönlichen benimmt. Dennoch kann und darf ich es mit dem Burschen zu keinem eclat24 bringen. Er besorgt die Wechsel auf die „Tribüne", und ich muß das immer als Gefälligkeit anerkennen (obgleich er sich, nicht mir dadurch Kredit bei Bischoffsheim verschafft hat). Ich käme sonst wieder in die alte Not, wie das Geld von der „Tribüne" beziehn. Andrerseits wünscht Kinkel und Konsorten - die ganze Vulgärdemokratie (Frau Freiligrath eingeschlossen)
20 gemein gemacht hat - 21 Gottfried Kinkel - 22 Freiligraths Tochter - 23 dumme Gans 24 Skandal
33 Marn/Ensels, Werlte, Ed. 29
nichts mehr, als daß dieser Skandal vorgehe. Schon darum darf es jetzt noch nicht geschehn. Schwer wird es mir allerdings, alle die Gemeinheiten protestlos einzuschlucken. Über die Vorfälle auf dem Kristallpalast und später im Schillerkomitee im nächsten Brief. Salut. Dein K.M.
Sieh auch in dem letzten Lause-,.Hermann", wie Herr Blind sich als „Propheten" empfiehlt.!465! Der „upshot"25 der ganzen Stieber-Enthüllungen von Berlin aus im „Hermann" ist jetzt der, daß der alte Polizist Duncker seinen (seit 1848) Feind und Rivalen Stieber wieder zu remplacieren26 sucht. In der vorletzten Nummer des „Hermann" wurde Polizeirat Dunckers Restauration von dem Berliner Korrespondent auch als das eigentliche Ziel der modernen Weltgeschichte proklamiert.[466]
2S Das „Ergebnis" - 20 ersetzen
251

Comentarios

Entradas populares