segunda parte final tomo 9

Karl Marx
[Die Westmächte und die Türkei Symptome einer Wirtschaftskrise]
[„New-York Daily Tribüne" Nr.3892 vom 7.0ktober 1853] London, Freitag, 23. September 1853 Der „Globe"11251 bestreitet in seiner Ausgabe vom 20. September die Echtheit des Berichtes aus dem „Journal des Debats"11051 über die Mission des Herrn Reeve, und die „Times"1261 vom Mittwoch druckt den Artikel aus dem „Globe" unter der Überschrift „Gobemoucherie"1 ab, womit sie die französische Presse beschuldigt, mit Zeitungsenten ein Geschäft zu machen. Aber hat nicht der Leitartikel der „Times", den ich in meinem letzten Artikel2 beleuchtete, voll und ganz den Bericht des „Journal des Debats" bestätigt? Ist im Pariser „Moniteur"[5] irgendein Dementi erschienen? Hat nicht am gleichen Tage, an dem der „Globe" die „Debats" der Lüge überführte, die „Assemblee nationale"11341 erneut zum Ausdruck gebracht, daß
„Lord Redcliffe den Sultan davon in Kenntnis setzen sollte, daß die englische Flotte in die Dardanellen einlaufen und die französische Flotte nicht lange auf sich warten lassen würde, falls er sich weigerte, seine Modifikationen zurückzuziehen"?
Hat nicht die „Times" am gleichen Tage, an dem sie das Dementi aus dem „Globe" wiedergab, ausdrücklich erklärt, daß
„England und Frankreich nicht das Recht hätten, sich zwischen Rußland und der Türkei ins Mittel zu legen, es sei denn unter den von den vier verbündeten Mächten vorgeschlagenen und von Rußland angenommenen Bedingungen, ob nun diese Bedingungen der hochmütigen Gesinnung der Türkei zusagten oder nicht"?
Hieß es nicht in der „Morning Post"[27J, noch bevor das „Journal des Debats" in London angekommen war, daß
* „Zeitungsenten* - 8 siehe vorl. Band, S. 322-324
„sich beim Erhalt der Antwort des Kaisers von Rußland auf den Vorschlag über die Modifikationen der Wiener Note, die Konferenz der Vertreter der Großmächte sofort versammelt hätte und am 4. d.M. einen Kurier nach Konstantinopel mit gewissen Mitteilungen der Konferenz an den Diwan entsandte, von denen man hoffte, daß sie die Pforte zur Annahme der Wiener Note bewegen würden"?
Schließlich lesen wir in einer heutigen Morgenzeitung, daß
„Herr Reeve nach Konstantinopel geht, daß er der Überbringer von Botschaften Lord Ciarendons an Lord Stratford de Redcliffe ist und daß zwischen ihm und dem Außenministerium engste Beziehungen bestehen, da er der Verbindungsmann zwischen Downing Streetf102! und Printing House Square!82! gewesen ist".
Tatsache ist, daß die orientalische Frage seit den letzten Enthüllungen durch die französische Presse wieder einen völlig neuen Aspekt angenommen hat und daß die schmählichen Beschlüsse des englischen Ministeriums wahrscheinlich von Ereignissen vereitelt werden, die im Gegensatz zu all seinen Berechnungen und Erwartungen stehen. Österreich hat sich von dem gemeinsamen Vorgehen mit seinen angeblichen Verbündeten losgesagt. Die Wiener Konferenz ist - wenigstens im Augenblick - abgebrochen worden. Rußland hat die Maske fallenlassen, die ihm hinfort nutzlos erscheint, und das englische Ministerium ist aus seinen letzten Verschanzungen getrieben worden.
„Lord Aberdeen empfahl", wie der „Liverpool Courier" richtig bemerkt, „daß der Sultan Zuflucht zu einem durchsichtigen und gemeinen Betrug nehmen sollte; daß die Teilnehmer der Wiener Konferenz hinsichtlich der Note sich geistige Zurückhaltung auferlegen sollten und daß der Sultan sie im übertragenen Sinne auslegen sollte, d.h., da die Bedingungen der Note klar und präzise sind und der Kaiser von Rußland es rundweg abgelehnt hat, die Modifikationen des Sultans anzunehmen, sollten sich die Mächte darauf einstellen, von nun an so zu handeln, als ob jene Modifikationen angenommen worden wären."
Herr Drouyn de Lhuys schlug der Wiener Konferenz eine erläuternde Note vor, die in demselben heuchlerischen Ton abgefaßt war und die der Pforte übermittelt werden sollte; aber Graf Buol lehnte diesen Vorschlag ab und erklärte, daß er „der Pforte gegenüber zu freundlich sei, daß die Zeit für ein gemeinsames Vorgehen vorüber sei und daß es jeder Macht freistehe zu handeln, wie es ihr beliebe". Auf diese Weise hat das englische Ministerium nicht mehr die Möglichkeit, sich hinter den gemeinsamen Beschlüssen des europäischen Areopags1 zu verstecken, dieser Aktiengesellschaft, die auf ein
1 höchsten Forums
Wort des österreichischen Ministers hin genauso verschwindet, wie sie von ihm hervorgezaubert wurde. Anfangs - solange die russischen Truppen nicht den Pruth überquert hatten - wollte Österreich überhaupt keine Konferenz. Jetzt, da die Russen zur Donau vorgedrungen sind, will Österreich die Konferenz auch nicht mehr, wenigstens nicht mehr unter den ursprünglichen Bedingungen. Andererseits hat Graf Nesselrode zwei Zirkularnoten veröffentlicht, die nicht länger zulassen, daß die ursprüngliche Wiener Note durch verborgene „gute Absichten" gestützt oder daß sie in einem anderen als dem wörtlichen Sinne ausgelegt wird. Die von der Pforte vorgeschlagenen Modifikationen haben die ganze Frage zu „einem bloßen Streit um Worte" gemacht, trompetete die gesamte ministerielle Presse. Keineswegs, sagt Nesselrode. Der Zar legt den ursprünglichen Text ebenso aus wie der Sultan. Die ursprüngliche Note ist nichts anderes und sollte auch nie etwas anderes sein als eine zweite Auflage der Menschikowschen Note, und wir halten uns an den Text, an den ganzen Text, und an nichts anderes als an den Text. Der ministerielle „Globe"11251 ist natürlich über die Entdeckung erstaunt, daß sowohl der Zar als auch der Sultan die ursprüngliche Note so betrachten, „daß sie die Anerkennung jener Forderungen beinhaltet, die Rußland vorgebracht, die die Türkei abgelehnt hatte und die die vier Mächte nicht (?) zu unterstützen beabsichtigten", und daß „Rußland auf der absoluten Anerkennung der Forderungen besteht, die es zuerst erhoben hatte". Und weshalb sollte es auch nicht? Wenn es kühn genug war, jene Ansprüche vor vier Monaten zu stellen, warum sollte es jetzt davon Abstand nehmen, nachdem es den ersten Feldzug gewonnen hatte? Der gleiche „Globe", der vor einigen Tagen behauptete, daß die türkischen Abänderungsvorschläge scholastische Spitzfindigkeiten, überflüssige Haarspaltereien seien, ist jetzt gezwungen zuzugeben, daß „die russische Auslegung zeigt, daß sie notwendig waren". Die erste Depesche von Nesselrode ist noch nicht veröffentlicht, aber die „Morning Post" versichert uns, daß darin gesagt wird, „die Wiener Note sei nicht mehr und nicht weniger als das Äquivalent der Note des Fürsten Menschikow", und der „Evening Globe" fügt hinzu, daß demzufolge
„der Kaiser die Wiener Note so auffaßt, daß sie ihm die Anerkennung seiner Forderungen gegenüber der Türkei und den Einfluß auf die türkische Regierung sichert, den die Pforte ihm, gestützt auf die vier Mächte, verweigert hatte und den zu verhindern das Ziel der Verhandlung war, und daß der Kaiser niemals aufgehört hat, sich das Recht vorzubehalten, unmittelbar mit der Türkei allein zu verhandeln und die Vermittler beiseite zu schieben, die anzuerkennen er vorgibt".
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Notizen von Jenny und Karl Marx über das Absenden einiger Artikel von Marx und Engels an die „New-York Daily Tribüne"

Niemals - auch nicht zum Schein - hat der russische Kaiser sie als Vermittler anerkannt. Er gestattete dreien von ihnen, im Nachtrab Österreichs zu marschieren, während er Österreich selbst erlaubte, als demütiger Bittsteller zu ihm zu kommen. Was die zweite Depesche aus St.Petersburg vom 7.September betrifft, die die Berliner „Zeit"[50] am 18. September veröffentlichte und die an Freiherrn von Meyendorf in Wien gerichtet war, so hatte Nesselrode völlig recht, wenn er darin ausführte, daß ihm die ursprüngliche Note vom Österreichischen Gesandten als ein „ Ultimatum" geschildert wurde, welchem zuzustimmen sich Rußland unter der ausdrücklichen Bedingung verpflichtete, daß es von der Pforte ohne die geringste Änderung angenommen würde. „Dieses Zeugnis wird niemand sich weigern, der Loyalität des Kaisers zu geben"? Gewiß hat er ein kleines „Piratenstück" an den Donaufürstentümern begangen: hat sie überwältigt, besetzt, besteuert, regiert, ausgeplündert, sich angeeignet, sie verschlungen trotz Erklärungen Gortschakows. Aber wenn schon! Gab er nicht andrerseits
„beim Empfang des ersten Notenentwurfes seine Zustimmung durch den Telegraphen, ehe wir noch wußten, ob derselbe in London und in Paris genehmigt werden würde"P
Konnte man von ihm mehr erwarten, als telegraphisch zu bestätigen, daß eine von einem russischen Minister in Wien diktierte Note nicht von einem russischen Minister in St.Petersburg abgelehnt werden würde? Konnte er mehr für Paris und London tun, als nicht einmal ihre Zustimmung abzuwarten? Aber er tat doch mehr. Der Entwurf, dessen Annahme telegraphisch zu bestätigen er sich herabließ, wurde in Paris und London „abgeändertund „nahm er seine Zustimmung zurück oder machte er die geringsten Schwierigkeiten"? Die Note ist zwar seiner eigenen Erklärung nach in ihrer „endgültigen Form nicht mehr und nicht weniger als ein Äquivalent der Note Fürst Menschikows", aber eine äquivalente Note ist auf alle Fälle „anders" als die ursprüngliche; und hatte er „sich nicht die Annahme der Menschikowschen Note ohne jede Veränderungen ausbedungen"? Hatte er nicht „schon allein aus diesem Grunde verweigern können, die neue Note zu erörtern" ? Auch das tat er nicht. „Konnte man eine versöhnlichere Gesinnung zeigen?" Das Ultimatum der Wiener Konferenz geht ihn nichts an; das ist ihre eigene Angelegenheit. „Es ist ihre Sache, die Verzögerungen zu erwägen, die davon die Folge sein werden", daß der Sultan nicht nachgibt. Ihm, seinerseits, macht es nichts aus, noch einige Monate länger in den Donaufürstentümern zu bleiben, wo seine Truppen umsonst gekleidet und verpflegt werden.
Odessa nimmt keinen Schaden daran, daß die Donaumündung gesperrt ist; und wenn die Besetzung der Donaufürstentümer dazu beiträgt, den Weizenpreis in Mark Lane12601 in die Höhe zu treiben, so werden die profanen Imperiale1 um so schneller ihren Weg in das heilige Rußland zurückfinden. Österreich und die Mächte müssen daher
„der Pforte offen und fest erklären, daß sie fortan die Aufgabe ihr allein überlassen, nachdem sie ihr umsonst den einzigen Weg eröffnet haben, der zur unmittelbaren Herstellung ihrer Beziehungen mit uns führen konnte".
Österreich und die Mächte haben genug für den Sultan getan, indem sie dem Zaren den Weg zur Donau geebnet und dem vereinigten Geschwader den Weg ins Schwarze Meer versperrt haben. Nesselrodes „erlauchter Gebieter" brandmarkt jetzt „die kriegerischen Inspirationen, welche zu dieser Stunde den Sultan und die Mehrzahl seiner Minister zu beherrschen scheinen Er, seinerseits, würde es gewiß lieber sehen, wenn der Sultan es gelassen hinnähme, wenn er Kanonenbooten mit Friedenstraktaten und Kosaken mit Komplimenten begegnete. „Er hat das Maß der Zugeständnisse erschöpft, ohne daß die Pforte bis jetzt ein einziges gemacht hätte. Weiter kann Seine Majestät nicht gehen." Gewiß nicht, weiter fornn er nicht gehen, ohne die Donau zu überschreiten. Nesselrode drängt seine ganze Argumentation auf ein geradezu meisterhaftes Dilemma zusammen, aus dem es kein Entrinnen gibt. Entweder die von der Pforte verlangten Abänderungen sind unerheblich, oder sie sind wichtig. Wenn sie unerheblich sind, warum sollte dann die Pforte darauf bestehen? Sind sie wichtig, „dann ist es sehr einfach, daß wir uns weigern, denselben zuzustimmen". „Die Räumung der Donaufürstentümer", sagt Lord Clarendon, „ist eine sine qua non, eine Vorbedingung jeglicher Beilegung." Ganz im Gegenteil, erwidert Nesselrode. „Die Beilegung", d.h. die Ankunft des türkischen Gesandten, der die österreichische Note ohne Abänderungen überbringt, „ist eine sine qua non, die der Räumung der Donaufürstentümer vorausgehen muß." Mit einem Wort, der großmütige Zar ist bereit, sich von dem Humbug der Wiener Konferenz zu trennen, da er ihn nicht länger benötigt, um seinen ersten Feldzug zu beenden; aber um so fester wird er die Donaufürstentümer halten, da sie die unerläßliche Bedingung für den Beginn des zweiten Feldzugs sind.
1 Imperial - russische Goldmünze im Werte von 10 Silberrubeln (erstmals geprägt im 18. Jahrhundert)
Wenn es stimmt, daß - wie wir heute durch telegraphische Depesche erfahren - die Konferenz ihre Arbeit wieder aufgenommen hat, werden die Mächte Nikolaus das Lied wieder vorsingen, mit dem Alexander von der Pariser Menge empfangen wurde: Vive Alexandre, Vive le roi des rois, Sans rien pretendre II nous donne des lots}
Der Zar hat jedoch nicht mehr wie früher die Kontrolle über die Orientwirren. Der Sultan ist gezwungen worden, den alten fanatischen Geist heraufzubeschwören, eine neue Invasion Europas durch die wilden Kriegerstämme Asiens zu veranlassen, sich nicht durch diplomatische Noten und konventionelle Lügen besänftigen zu lassen, und es scheint - selbst durch die anmaßende Note des Moskowiters - so etwas wie Furcht vor den „kriegerischen Inspirationen" durchzuschimmern, die Stambul beherrschen. Das vom Sultan an die Muselmanen gerichtete Manifest verweigert Rußland jedes weitere Zugeständnis, und es heißt, eine Abordnung der Ulemas[261] habe den Sultan ersucht, abzudanken oder unverzüglich den Krieg zu erklären. Die Uneinigkeitim Diwanist sehrgroß, und der friedfertigeEinfluß ReschidPaschas und Mustafa Paschas weicht dem Einfluß des Seraskiers2 Mechmed Ali. Die Verblendung der sogenannten radikalen Londoner Presse ist nicht zu glauben. Nachdem es vor einigen Tagen hieß, daß „die volle Strenge der Gesetze Englands gegen die vier verräterischen Personen angewandt werden (gegen Aberdeen, Clarendon, Palmerston und Russell)"3, schließt der „Morning Advertiser"1301 von gestern einen seiner Leitartikel wie folgt:
„Lord Aberdeen muß daher einem Nachfolger Platz machen. Ist es noch nötig, zu sagen, wer der Nachfolger sein muß? Es kommt nur einer in Frage, den das Land in dieser entscheidenden Situation für fähig hält, das Staatsruder in die Hand zu nehmen. Das ist Lord Palmerston."
Wenn der „Morning Advertiser" schon nicht in der Lage ist, in Tatsachen und Ereignissen zu lesen, so sollte er wenigstens in der Lage sein, die Artikel von Herrn Urquhart zu lesen, die Tag für Tag in seinen eigenen Spalten veröffentlicht werden! Am Dienstag abend wurde in Sheffield auf Grund einer Eingabe an den Bürgermeister eine Versammlung der Einwohner einberufen, „um den gegen
1 Es lebe Alexander, es lebe der König der Könige, ohne etwas zu oerlangen, gibt er uns Gesetze. - 2 Kriegsministers der Pforte - 3 siehe vorl. Band, S. 325
22 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
wärtig ungeklärten und nicht zufriedenstellenden Stand der orientalischen Frage zu erörtern und zu erwägen, ob es tunlich sei, der Regierung eine entsprechende Denkschrift zu überreichen". Eine ähnliche Versammlung soll in Stafford abgehalten werden, und viele andere Versuche sind im Gange, um öffentliche Kundgebungen gegen Rußland und das Ministerium „aller Talente" auf die Beine zu bringen. Aber im allgemeinen ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch die Diskontorate, die Getreidepreise, Streiks und kommerzielle Unsicherheit in Anspruch genommen, und noch mehr durch die Cholera, die in Newcastle wütet und der vom Department der öffentlichen Gesundheitspflege in London nur mit Erklärungen begegnet wird. Eine Kabinettsorder ist erlassen worden, die für die nächsten sechs Monate die im Epidemiegesetz vorgesehenen Maßnahmen im gesamten Inselreich in Kraft setzt; in London und anderen Großstädten werden in aller Eile Vorbereitungen getroffen, um dieser Geißel entgegenzuwirken. Wenn ich die Ansichten des Herrn Urquhart teilte, so würde ich sagen, der Zar habe die Cholera in „geheimer Mission" nach England geschickt, um den letzten Rest des sogenannten angelsächsischen Geistes zu zerstören. Eine erstaunliche Veränderung ist während der vergangenen vier Wochen in den Industriegebieten vor sich gegangen. Im Juli und Anfang August sah man nichts weiter als strahlenden Wohlstand, der von der fernen Wolke der „orientalischen Frage" nur leicht und vielleicht noch etwas mehr von der Befürchtung überschattet wurde, daß ein Mangel an Arbeitskräften unsere Baumwoll-Lords daran hindern könnte, jene immense Goldgrube profitbringenden Geschäfts, die vor ihnen lag, bis aufs letzte auszubeuten. Der Streit im Orient schien beigelegt zu sein, die Ernte könnte sich sicherlich als etwas kärglich erweisen, aber es gab ja den Freihandel, um die Preise mit den niemals versagenden Lieferungen aus Amerika, vom Schwarzen Meer und von der Ostsee niedrig zu halten. Tagtäglich stieg die Nachfrage nach Industrieerzeugnissen. Kalifornien und Australien schütteten ihre goldenen Schätze in den Schoß der britischen Industrie. Die „Times", Malthus und all ihre eigenen früheren Rhapsodien über die Übervölkerung vergessend, erörterte ernstlich die Frage, ob nicht der Mangel an Arbeitskräften und die sich daraus ergebenden höheren Löhne diesem blühenden Handel durch eine dementsprechende Steigerung der Produktionskosten der britischen Industrieerzeugnisse ein Ende setzen würde, falls nicht der Kontinent Scharen von Arbeitern lieferte. Die Fabrikanten meinten, den arbeitenden Klassen ginge es nur zu guiy so gut, daß ihre Forderungen keine Grenzen kannten und ihre „Unverschämtheit" Tag für Tag unerträglicher werde. Aber das allein war ja ein Beweis für den ungeheuren, beispiellosen Wohlstand, dessen sich das Land
erfreute; und was sonst konnte die Ursache für diesen Wohlstand sein als der Freihandel! Viel wichtiger jedoch war die Gewißheit, daß der ungemein schwunghafte Handel durch und durch gesund war, daß es keine Lagerbestände, keine wilde Spekulation gab. In diesem Sinne pflegten sich die Fabrikanten unisono zu äußern, und sie handelten nach diesen Ansichten: sie bauten Fabriken zu Hunderten, sie gaben Dampfmaschinen mit Tausenden von Pferdestärken in Auftrag, mechanische Webstühle zu, Tausenden, Spindeln zu Hunderttausenden. Noch nie war die Ingenieurkunst und der Maschinenbau ein einträglicheres Geschäft als 1853. Firmen, die 1851 durch den großen Streik[2621 in ihrem gesamten inneren Aufbau zusammengebrochen waren, erlangten jetzt wieder ihre alte Stellung und verbesserten sie sogar; und ich könnte mehr als eine erstklassige und berühmte Maschinenbaufirma nennen, die ohne dieses noch nicht dagewesene Geschäft unter dem Schlag zusammengebrochen wäre, den ihr die Maschinenbauer während des letzten großen Streiks versetzten. Es ist eine Tatsache, daß augenblicklich der strahlende Sonnenschein des Wohlstands durch dunkle Wolken verdeckt wird. Zweifellos hat die veränderte Lage in der Auseinandersetzung über die orientalische Frage eine ganze Menge dazu beigetragen; aber das berührt den Binnenhandel sowie den Handel mit Amerika und den Kolonien nur sehr wenig. Das Steigen der Diskontorate ist weniger eine Ursache als vielmehr ein Symptom dafür, daß „etwas faul im Staate Dänemark" ist. Der geringe Ertrag der Ernte und das Steigen der Lebensmittelpreise sind zweifellos Ursachen, die der Nachfrage nach Industrieerzeugnissen auf jenen Märkten, die der Auswirkung dieser Ursachen preisgegeben sind, entgegengewirkt haben und entgegenwirken werden, und von ihnen steht der Binnenmarkt, diese Hauptstütze der britischen Industrie, an erster Stelle. Allerdings wird gegenwärtig das Steigen der Lebensmittelpreise in den meisten Gebieten Englands und Schottlands beinahe ganz oder schon völlig durch die Erhöhung der Löhne ausgeglichen, so daß schwerlich gesagt werden kann, die Kaufkraft des Verbrauchers habe bereits merklich nachgelassen. Außerdem hat die Erhöhung der Löhne die Produktionskosten in jenen Industriezweigen erhöht, in denen die Handarbeit überwiegt; aber der Preis fast aller Industrieerzeugnisse war bis zum August auf Grund der großen Nachfrage ein gut Teil höher geschraubt worden, als es der Steigerung der Produktionskosten entsprochen hätte. Alle diese Gründe haben zusammengewirkt, um den Geschäftsgang zu verlangsamen; aber in letzter Instanz reichen sie nicht dazu aus, die allgemeine Besorgnis zu begründen, von der die Fabrikanten und Geschäftsleute der Industriegebiete erfüllt sind.
Fest steht, daß der trügerische Zauber des Freihandels dahinschwindet, und den kühnen industriellen Abenteurern dämmert es allmählich, daß ökonomische Erschütterungen, Geschäftskrisen und erneutes Auftreten von Überproduktion in einem Land des Freihandels doch nicht ganz so unmöglich sind, wie sie es sich erträumt hatten. Und Überproduktion hat es gegeben, gibt es und muß es geben, denn es gibt sogar jene Schreckgespenste des „Manchester Guardian"11961, die »Lagerbestände \ und sie nehmen auch noch zu. Die Nachfrage nach Waren hat entschieden nachgelassen, während der Vorrat täglich anwächst. Die größten neuerrichteten Fabriken, in denen die meisten Arbeiter beschäftigt sind, kommen erst jetzt allmählich in Betrieb. Der Mangel an Arbeitskräften, die Streiks im Baugewerbe, die Unmöglichkeit, die riesigen Mengen in Auftrag gegebener Maschinen zu liefern -, das alles hat manch eine unvorhergesehene Verzögerung bewirkt und zeitweilig den Ausbruch jener Symptome industriellen Überangebots hinausgeschoben, die sich sonst schon früher gezeigt hätten. So konnte die größte Fabrik der Welt, die von Herrn T. Salt, in der Nähe von Bradford, erst in dieser Woche mit der Arbeit beginnen, und es wird noch eine Weile dauern, ehe sich ihre ganze Produktionskapazität voll und ganz auf dem Markt auswirkt. Auf diese Weise werden viele der größeren neuen Unternehmen in Lancashire nicht in der Lage sein, noch vor dem Winter die Arbeit aufzunehmen, während es Frühling oder vielleicht auch noch später werden wird, ehe auf dem Markt die volle Auswirkung dieser neuen und riesigen Zunahme der Produktivkräfte zu spüren sein wird. Den letzten Nachrichten aus Melbourne und Sydney zufolge sind die Importmärkte sehr viel träger geworden, und viele Warensendungen wird man jetzt auf unbestimmte Zeit aufschieben müssen. Von der hemmungslosen Speku~ lation werden wir nach und nach hören, wenn die Bilanz gezogen wird. Die Spekulation erstreckt sich auf derartig viele Waren, daß sie diesmal weniger zutage tritt als früher, obgleich sie in großem Maße betrieben wird.
Karl Marx
Aus dem Englischen.
Karl Marx
[Panik an der Londoner Börse - Streiks]t2561
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3900 vom 17. Oktober 1853] London, Dienstag, 27. September 1853 Die Nachricht, daß die vereinigten Flotten in die Dardanellen eingelaufen sind, rief, gemeinsam mit Gerüchten über einen Wechsel in der Regierung und über kommerzielle Schwierigkeiten, am Sonnabend an der Börse eine wahre Panik hervor:
„Es würde keine leichte Aufgabe sein, wenn man den Stand der englischen Staatspapiere und die Szenen, die sich an der Börse abgespielt haben, zu beschreiben hätte. Selten hat man eine solche Aufregung beobachtet, und es ist gut, daß es nicht häufig vorkommt... Es ist wohl keine Übertreibung, wenn man behauptet, daß die augenblickliche Baissespekulation fast der zur Zeit der Französischen Revolution gleichkommt... Staatspapiere wurden diese Woche mit 911/2% gehandelt und waren seit 1849 nicht mehr so niedrig ... Die Eisenbahnaktien fallen unablässig."
Das berichtet der ministerielle „Observer"[1011. Alle erstrangigen Eisenbahnaktien lagen mit 68 sh. bis zu 80 sh. unter den Preisen der vergangenen Woche. Die plötzliche Überschwemmung des Marktes mit Aktien hat noch nicht viel zu bedeuten, weil allein die Spekulanten in der Lage sind, an einem festgesetzten Zeitpunkt an der Börse Tumult hervorzurufen und die bona/J Je1-Aktieninhaber einzuschüchtern. Doch da die starke Fluktuation der Wertpapiere mit den allgemeinen Merkmalen einer Handelskrise zusammenfällt, wird sie, selbst wenn sie einen rein spekulativen Charakter tragen sollte, in ihren Auswirkungen verhängnisvoll seih. Auf alle Fälle wird sich diese Klemme auf dem Geldmarkt auf alle in Zukunft zu erwartenden Staatsanleihen und ganz besonders auf die österreichischen fatal auswirken. Darüber hinaus werden die Kapitalisten daran erinnert, daß Österreich 1811 auf
1 in gutem Glauben handelnden
seine Schuldverschreibungen eine Dividende von 1 sh. V1^ d. für jedes Pfund zahlte; daß, obwohl seine Einkünfte von 12 Millionen Pfd.St. auf 18 Millionen Pfd.St. durch einen äußerst starken Steuerdruck auf Ungarn und die Lombardei seit 1849 künstlich hochgeschraubt wurden, das jährliche Defizit durchschnittlich mehr als ein Viertel der gesamten Einkünfte beträgt; daß etwa 50Millionen Pfd.St. zu seiner Staatsschuld seit 1846 dazugekommen sind und daß es vor einem neuen Bankrott nur durch die eigennützige Langmut der Kinder Israels bewahrt wurde, die immer noch hoffen, die Haufen österreichischer Staatspapiere, die sich in ihren Kassen angesammelt haben, loszuwerden.
„DerHandel wurde etwas überseineregulärenGrenzen hinausgetrieben, und unsere kommerziellen Verbindlichkeiten haben teilweise unsere Mittel überschritten", sagt der „Observer". „Es ist nutzlos", ruft die „Morning Post"ta73, „der Frage ausweichen zu wollen, denn obwohl es in der schwebenden Krise einige günstige Merkmale gibt, die es 1847 nicht gab, muß es doch für jeden aufmerksamen Beobachter der gegenwärtigen Ereignisse wahrnehmbar sein, daß in den Verhältnissen, glimpflich gesagt, eine sehr mißliche Lage eingetreten ist."
Die Metallreserven der Bank von England haben erneut um 338 954Pfd. St. abgenommen, und ihre Reserven an Banknoten - d. h. der für Wechseldiskontierungen zur Verfügung stehende Fonds belaufen sich auf nur sieben Millionen, einer für den Schatzkanzler gerade ausreichenden Summe, um die unzufriedenen Besitzer von Südseeaktien auszuzahlen. Über die Lage auf dem Kornmarkt erfahren wir aus dem gestrigen „Mark Lane Express"[25G]:
„Bei durchschnittlichen Ernten haben wir seit Jahren mehrere Millionen Quarters importierten Weizen jährlich verbraucht. Was mag danach unter den bestehenden Umständen unser voraussichtlicher Bedarf sein? Die Weizenernte in diesem Jahre kann auf höchstens drei Viertel des Durchschnittsertrags geschätzt werden, und bei keiner anderen Frucht wird der Ertrag übermäßig sein. Die Kartoffeln sind von der Krankheit schwer betroffen, und sie mußten wegen der Unmöglichkeit, sie einzulagern, schnell dem Verbrauch zugeführt werden, so daß dieses Nahrungsmittel in Kürze knapp werden wird. Unser Verbrauch war so gewaltig, daß trotz einer Einfuhr von 3304025 Quarters Weizen und 3337206 Zentnern Mehl innerhalb der acht Monate, die mit dem 5. September endeten, die Vorräte in den Speichern keineswegs übermäßig sind... Wir bemühen uns natürlich, die Schwierigkeiten, in die das Land geraten kann, nicht zu übertreiben, doch es wäre töricht zu leugnen, daß es Schwierigkeiten gibt... Die Berichte über die Weizenernte lauten sehr unbefriedigend; in vielen Fällen, wo das Ernteergebnis beim Drusch geprüft wurde, ergab der Ertrag kaum mehr als die Hälfte der erwarteten Menge."
Während so der klare Himmel kommerzieller und industrieller Prosperität von düsteren Aussichten verdunkelt wird, sind Streiks immer noch eine wichtige Erscheinung in unserer industriellen Lage und werden es auch noch für einige Zeit sein; sie fangen allerdings an, ihren Charakter zu verändern, gleichzeitig mit den Veränderungen, die gegenwärtig in der allgemeinen Lage des Landes vor sich gehen. Die Spinner verlangten in Bury erneut eine Aufbesserung von zwei Pence je tausend Docken. Da die Fabrikanten ablehnten, stellten sie die Arbeit ein, und die Weber werden desgleichen tun, sobald sie den Garnvorrat aufgearbeitet haben. Wahrend in Preston die Weber noch eine Lohnerhöhung von 10% verlangen und von den Arbeitern der Umgebung unterstützt werden, haben sechs Fabrikanten ihre Fabriken bereits geschlossen, und die anderen werden ihnen wohl folgen. Dadurch sind zweitausend Arbeiter ihrer Arbeit beraubt worden. In Blackburn streiken die Maschinenschlosser der Eisengießerei des Herrn Dickinson immer noch. In Wigan haben die Haspler einer Spinnerei für eine Lohnerhöhung um 1 Penny je 20 Stück gestreikt, und die Spinner an den Wasserspinnmaschinen einer anderen Spinnerei weigerten sich, wieder mit der Arbeit anzufangen, ehe nicht ihr Lohn erhöht würde. Beide Spinnereien wurden geschlossen. Am selben Ort wird der Streik der Kohlenhäuer fortgesetzt, welcher etwa 5000 Arbeiter erfaßt hat. Der Earl of Crawford und andere große Bergwerksbesitzer der Nachbarschaft haben ihre Arbeiter am Mittwochabend entlassen. Daraufhin wurde eine stark besuchte Versammlung der Bergarbeiter in Scales Orchard abgehalten. In Manchester stehen 5000 Webstühle still, außerdem dauern kleinere Streiks an, wie der Streik der Barchentfärber, der Garnfärber, der Filzhütemacher usw. In Bolton werden Versammlungen der Arbeiter der Baumwollspinnereien für eine Erhöhung der Löhne abgehalten. Die Schuhmacher streiken in Trentham, Bridgewater usw.; die Droschkenkutscher von Glasgow streiken; die Steinmetzen von Kilmarnock; ein Ausstand der Polizei droht in Oldham etc. Die Nagelschmiede von Birmingham verlangen eine Erhöhung von 10%; die Zimmerleute von Wolverhampton eine von sechs Pence pro Tag; gleichfalls die Londoner Zimmerleute, und so geht es weiter. Während die Arbeiter in den wichtigsten Industriestädten von Lancashire, Cheshire, Derbyshire usw. öffentliche Versammlungen abhalten, um Maßnahmen für die Unterstützung ihrer leidenden Brüder zu beraten, sind die Fabrikanten andererseits entschlossen, ihre Betriebe für unbestimmte Zeit zu schließen, um ihre Arbeiter durch Hunger zur Unterwerfung zu zwingen. „Wir sehen", sagt die „Sunday Times" t262], „daß im Grunde genommen bei der Forderung auf Lohnerhöhung nicht über sechs Pence pro Tag hinausgegangen wird;
und wenn wir auf die augenblicklichen Preise für Lebensmittel blicken, kann schwerlich gesagt werden, daß diese Forderung übermäßig ist. Wir wissen, daß man annimmt» eines der Ziele der jetzt Streikenden sei, eine Art kommunistischen Anteil am wirklichen oder vermeintlichen Profit des Fabrikanten zu erhalten; doch der Vergleich der im stei-* genden Maße geforderten Lohnerhöhungen mit den verteuerten Preisen für die wichtigsfen Lebensmittel widerlegt diese Beschuldigung vollkommen."
Wenn die Arbeiter mehr als nur „die wichtigsten Lebensmittel" verlangen, wenn sie beanspruchen, an den Profiten, die ihre eigene Arbeit geschaffen hat, „teilhaben zu wollen", dann werden sie kommunistischer Tendenzen angeklagt. Was hat der Lebensmittelpreis mit dem „ewigen und höchsten Gesetz der Nachfrage und Zufuhr" zu tun? Als in den Jahren 1839, 1840, 1841 und 1842 ein ständiger Anstieg der Preise für Lebensmittel vor sich ging, sanken die Löhne, bis sie das Hungerniveau erreicht hatten. Damals sagten die gleichen Industriellen, „Löhne hangen nicht vom Lebensmittelpreis ab, sondern von dem ewigen Gesetz der Nachfrage und Zufuhr". Die „Sunday Times" sagt,
„den Forderungen der Arbeiter könne entsprochen werden, wenn sie ,in respektvollem Ton gestellt4 werden" .
Doch was hat Respekt mit dem „ewigen Gesetz der Nachfrage und Zufuhr" zu tun? Hat man je davon gehört, daß der Kaffeepreis in Mincing Lane[264) deswegen gestiegen ist, weil er „in respektvoller Form gefordert wurde"? Der Handel mit menschlichem Fleisch und Blut wird mit denselben Methoden betrieben wie der Handel mit anderen Waren und sollte zumindest die gleichen Chancen haben. Die Lohnbewegung ist nun seit sechs Monaten im Gange. Wollen wir sie an Hand der Methode prüfen, die auch von den Fabrikanten anerkannt wird, an Hand des „ewigen Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr", oder will man uns glauben machen, daß die ewigen Gesetze der Politischen Ökonomie in der gleichen Weise interpretiert werden müssen wie die ewigen Friedensverträge, die Rußland mit der Türkei abgeschlossen hat? Selbst wenn die Arbeiter ihre Positionen vor sechs Monaten noch nicht durch die große Nachfrage nach ihrer Arbeitskraft, durch die ständige und gewaltige Auswanderung nach den Goldfeldern und nach Amerika gestärkt gefunden hätten, so hätten sie aus dem allgemeinen Prosperitätsgeschrei, das von der sich in Lobpreisungen über den Freihandel ergehenden Bourgeoispresse erhoben wurde, auf das Ansteigen der Profite der Industriellen schließen müssen. Selbstverständlich forderten die Arbeiter ihren Anteil an der so laut verkündeten Prosperität, doch die Fabrikanten kämpften hart dagegen.
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Daraufhin schließen sich die Arbeiter zusammen, drohen mit Streik und bestehen in mehr oder weniger friedlicher Weise auf ihren Forderungen. Wo immer ein Streik ausbricht, ergehen sich die Gesamtheit der Unternehmer sowie ihre Sprachrohre von der Kanzel, der Rednertribüne und in ihren Presseorganen in maßlosen Schmähungen über die „Frechheit und Dummheit solcher Versuche, ihnen zu diktieren". Was haben die Streiks jedoch anderes bewiesen, als daß die Arbeiter ihre eigene Methode vorgezogen haben, um das Verhältnis zwischen Nachfrage und Zufuhr zu untersuchen, anstatt den eigennützigen Versicherungen ihrer Unternehmer Glauben zu schenken? Unter gewissen Umständen gibt es für den Arbeiter keine andere Möglichkeit festzustellen, ob er nach dem wahren Marktwert seiner Arbeitt265] bezahlt wird oder nicht, als in den Streik zu treten oder damit zu drohen. 1852 war im Durchschnitt die Spanne zwischen den Kosten des Rohmaterials und dem Preis der fertigen Ware - z. B. die Spanne zwischen den Kosten für Rohbaumwolle und des fertigen Garns, zwischen dem Preis für Garn und dem für Baumwollwaren — größer, und folglich waren die Profite der Spinnereibesitzer und Fabrikanten zweifellos höher als im Jahre 1853. Weder Garne noch Fertigwaren sind bis vor kurzem im gleichen Verhältnis wie die Baumwolle im Preis gestiegen. Weshalb haben also die Fabrikanten 1852 nicht sofort die Löhne erhöht? Das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr, sagen sie, hätte 1852 ein solches Ansteigen der Löhne nicht gerechtfertigt. War dem wirklich so? Unbeschäftigte Arbeiter gab es vor einem Jahre mehr als heute, doch die Proportion steht in keinem Verhältnis zu den plötzlichen und wiederholten Lohnerhöhungen, die den Fabrikanten seitdem, wie es die Streiks bewiesen haben, kraft des Gesetzes von Nachfrage und Zufuhr abgetrotzt wurden. Sicher sind mehr Fabriken in Betrieb als im vergangenen Jahr, und mehr kräftige Arbeiter sind seitdem ausgewandert; doch gleichzeitig gab es noch nie ein solch starkes Angebot an Fabrikarbeitern, die aus den landwirtschaftlichen und anderen Erwerbszweigen in unsere ^Bienenstöcke der Industrie" hineinströmten, wie wahrend der letzten zwölf Monate. Tatsache ist, daß die Arbeiter, wie gewöhnlich, zu spät merkten, daß der Wert ihrer Arbeit bereits vor vielen Monaten um 30% gestiegen war, und dann, im Sommer dieses Jahres - erst dann - fingen sie zu streiken an, zunächst um 10% Lohnerhöhung, dann um weitere 10% und so fort, um soviel natürlich, wie sie erhalten konnten. Die ständigen Erfolge dieser Streiks trugen zu ihrer Verbreitung über das ganze Land bei und waren das beste Zeugnis für ihre Rechtmäßigkeit; und ihr schnelles Aufeinanderfolgen in demselben Berufszweig, durchgeführt von den gleichen Arbeitern, die neue Erhöhungen forderten, hatte vollauf bewiesen, daß die Arbeiter, Angebot
und Nachfrage entsprechend, längst Anspruch auf Lohnerhöhungen gehabt \ hatten, welche ihnen lediglich infolge ihrer Unkenntnis der Lage am Arbeitsmarkt vorenthalten worden war. Als sie schließlich mit ihr vertraut wurden, kehrten die Fabrikanten, die die ganze Zeit das „ewige Gesetz von Nachfrage und Zufuhr" gepredigt hatten, zur Doktrin des „aufgeklärten Despotismus" zurück und erhoben den Anspruch, mit ihrem Eigentum nach Gutdünken zu verfahren; sie erklärten erzürnt in Form eines Ultimatums, daß die Arbeiter nicht verstünden, was gut für sie sei. Die Veränderung der allgemeinen wirtschaftlichen Perspektiven mußte auch zu einer Veränderung des Verhältnisses zwischen Arbeitern und ihren Unternehmern führen. Die plötzlich eingetretene Veränderung fiel zusammen mit vielen Streiks, die bereits begonnen hatten und mit noch mehr, die vorbereitet wurden. Zweifellos werden sie trotz der Depression noch weitergehen und auch um höhere Löhne geführt werden, denn auf das Argument der Fabrikanten, sie wären nicht in der Lage, Lohnerhöhungen zu zahlen, werden die Arbeiter antworten, die Lebensmittel seien teurer geworden, wobei beide Argumente gleich gewichtig sind.Falls jedoch, wie ich annehme, die Depression andauern sollte, werden die Arbeiter bald ihre ganze Schwere zu verspüren bekommen, und sie werden - sehr aussichtslos - gegen Lohnherabsetzungen zu kämpfen haben. Doch dann wird ihre Aktivität bald auf die politische Ebene übergreifen, wobei die im Streik geschaffenen neuen Gewerkschaftsorganisationen für sie von unschätzbarem Wert sein werden. Karl Marx
Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Die Russen in der Türkei
[„New-York Daily Tribüne" Nr.3900 vom 17.0ktober 1853, Leitartikel] Die Gewißheit des Krieges und die Wahrscheinlichkeit, daß jeder Dampfer, der jetzt aus Europa eintrifft, über die taktischen Bewegungen von Armeen und über den Ausgang von Schlachten Nachricht bringen wird, macht es mehr denn je erforderlich, die jeweiligen Positionen und die Kräfte der kriegführenden Mächte sowie die verschiedenen Tatumstände genau zu kennen, welche den Verlauf des Feldzugs bestimmen werden. Dieser Notwendigkeit denken wir an Hand einer knappen Analyse der offensiven und defensiven Elemente auf beiden Seiten sowie der wichtigsten strategischen Erwägungen nachzukommen, die wahrscheinlich bei den Absichten der sich gegenüberstehenden Befehlshaber eine Rolle spielen. Die russischen Truppen, die die Donaufürstentümer besetzt halten, bestanden anfangs aus 2 Infanteriekorps und der üblichen Reserve an Kavallerie und Artillerie. Ein Infanteriekorps in Rußland umfaßt 3 Divisionen oder 6 Infanteriebrigaden, mehrere Regimenter leichte Kavallerie und eine Artilleriebrigade; insgesamt dürfte es ungefähr 55000 Mann stark sein mit ungefähr 100 Geschützen. Zu je 2 Infanteriekorps gehört ein „Reservekavalleriekorps" und auch Reserveartillerie einschließlich schwerer Festungsartillerie. Demnach belief sich die Besatzungsarmee auf demPapier ursprünglich auf ungefähr 125 000 Mann. Ein drittes Infanteriekorps rückt inzwischen über den Pruth vor, und wir können daher nach Abzug aller zu erwartenden Ausfälle die russischen Truppen, die an der Donau konzentriert sind, auf 140 000 bis 150 000 Mann schätzen. Wie viele zum gegebenen Zeitpunkt in der Lage sein werden, sich um die Fahnen zu scharen, hängt von den gesundheitlichen Verhältnissen in jenem Gebiet ab, von der größeren oder geringeren Tüchtigkeit des russischen Verpflegungswesens und von anderen Um
ständen ähnlicher Natur, die man unmöglich aus der Ferne richtig einzuschätzen vermag. Auf Grund aller uns zur Verfügung stehenden Informationen kann die türkische Armee, die den Russen an der Donau gegenübersteht, auf allerhöchstens 110000 bis 120 000 Mann geschätzt werden. Vor dem Eintreffen der ägyptischen Truppen hieß es allgemein, daß sie nicht stärker als 90000 Mann war. Folglich sind, soweit wir das beurteilen können, die Türken rein zahlenmäßig offensichtlich unterlegen. Und hinsichtlich des eigentlichen Wertes und der Qualität beider Armeen sind ihnen die Russen ebenfalls überlegen. Es stimmt zwar, daß die türkische Artillerie, die von hervorragenden französischen und preußischen Offizieren ausgebildet wurde, hohes Ansehen genießt, während die russischen Kanoniere bekanntlich schlecht treffen; aber die türkische Infanterie kann man trotz aller in letzter Zeit vorgenommenen Verbesserungen nicht mit den russischen Grenadieren vergleichen, und den türkischen Reitern fehlt noch jene Disziplin und Standhaftigkeit in der Schlacht, die einen zweiten und dritten Angriff möglich machen, wenn der erste zurückgeschlagen worden ist. Auf beiden Seiten sind die Generale verhältnismäßig neu. Wir hatten bereits Gelegenheit, die militärischen Verdienste des Fürsten Gortschakow, des russischen Befehlshabers, und die Gründe, weshalb der Kaiser ihn auf jenen Posten berief, unseren Lesern darzulegent2661. Obwohl Gortschakow ein ehrenhafter Mann ist und mit Eifer für Rußlands „historische Sendung" eintritt, muß sich erst noch zeigen, ob er einen Feldzug von solch einem Ausmaß, wie den jetzt eröffneten, führen kann. OmerPascha, der türkische Oberbefehlshaber, ist besser bekannt, und was wir über ihn wissen, lautet im allgemeinen günstig. Von seinen Feldzügen gegen Kurdistan und Montenegro war der erste unter schwierigen Bedingungen erfolgreich; der zweite, außerordentlich gut überlegt, hätte fast ohne Blutvergießen zum Erfolg geführt, hätte sich nicht die Diplomatie eingemischt^2671. Also liegt die Überlegenheit auf seiten der Türkei vielleicht vor allem in der Führung; in beinahe allen anderen Beziehungen sind die Russen im Vorteil. Obwohl die Türken den Krieg erklärt haben und wahrscheinlich leidenschaftlicher als die Russen darauf brennen, mit dem Feind handgemein zu werden, scheint es dennoch offensichtlich, daß sie als die Schwächeren den größeren Vorteil in der Defensive und die Russen in der Offensive haben werden. Das schließt natürlich die Chancen aus, die sich aus offenkundigen Fehlern der beiden Generale in ihren Maßnahmen ergeben können. Wären die Türken für die Offensive stark genug, so stünde ihre Taktik fest. Sie müßten die Russen dann durch Scheinmanöver an der oberen Donau täuschen, ihre
Truppen schnell zwischen Silistria und Hirsowa konzentrieren, die untere Donau überqueren, den Feind an seiner schwächsten Stelle angreifen, d.h. also auf dem engen Landstreifen, der die Grenze zwischen der Walachei und der Moldau bildet, dann die russischen Truppen in den beiden Donaufürstentümern voneinander trennen, mit konzentrierten Kräften das Korps in der Moldau zurückdrängen und das in der Walachei isolierte und abgeschnittene Korps zerschlagen. Aber da die Türken bei einer offensiven Bewegung keinerlei Aussichten auf Erfolg haben, könnten sie eine solche Operation billigerweise nur dann wagen, wenn der russische Befehlshaber unerhörte Fehler macht. Wenn die Russen die Gelegenheit zur Offensive ergreifen, so müssen sie zwei natürliche Hindernisse überwinden, ehe sie zum Herzen des Türkischen Reiches vordringen; zuerst die Donau und dann den Balkan. Das Überqueren eines breiten Stromes, selbst angesichts einer feindlichen Armee, ist ein militärisches Unternehmen, das im Laufe der Revolutionskriege und der napoleonischen Kriege so oft vollbracht worden ist, daß heutzutage jeder Leutnant weiß, wie man so etwas macht. Ein paar Scheinmanöver, ein gut ausgerüsteter Pontontrain, einige Batterien zur Sicherung der Brücken, wohlüberlegte Maßnahmen zur Sicherung des Rückzugs und eine tapfere Avantgarde, das sind ungefähr alle erforderlichen Bedingungen. Aber das Überschreiten eines großen Gebirgszuges und besonders eines mit so wenigen Pässen und gangbaren Straßen wie der Balkan, ist ein ernsteres Unternehmen. Wenn dieser Gebirgszug in einer Entfernung von nicht mehr als 40 bis 60 Meilen parallel zu einem Fluß verläuft wie der Balkan zur Donau, dann wird die Angelegenheit noch ernster, denn ein in den Bergen geschlagenes Korps kann bei aktiver Verfolgung von seinen Brücken abgeschnitten und in den Strom getrieben werden, ehe Unterstützung eintreffen kann; eine auf diese Weise in einer großen Schlacht geschlagene Armee wäre unvermeidlich verloren. Gerade diese geringe Entfernung zwischen Donau und Balkan und ihr paralleler Verlauf machen die natürliche militärische Starke der Türkei aus. Der Balkan, von der mazedonisch-serbischen Grenze bis zum Schwarzen Meer, d.h. der eigentliche Balkan, „Weliki Balkan", hat fünf Pässe, von denen zwei solche Gebirgsstraßen sind wie eben in der Türkei üblich. Diese beiden sind der Paß von Ichtiman, auf der Straße von Belgrad über Sofia, Philippopel, Adrianopel nach Konstantinopel, und der Paß von Dobrol, an der Straße von Silistria und Schumla. Von den anderen drei liegen zwei zwischen den eben genannten und der dritte zwischen Dobrol und dem Schwarzen Meer; diese können für eine große Armee mit dem Train als unpassierbar gelten. Kleinere Truppenteile mögen passieren können, eventuell sogar leichte Feldartillerie, aber sie
können für die Eindringlinge nicht als Operations- und Verbindungslinien ihres Hauptkorps dienen. 1828 und 1829 operierten die russischen Truppen auf der Linie SilistriaPaß-Dobrol-Adrianopel-Ainadschik; da dies tatsächlich die kürzeste und unmittelbarste Verbindung von der russischen Grenze zur türkischen Hauptstadt ist, bietet sie sich von selbst als die natürlichste für jede russische Armee an, die von Norden kommt, von einer uneingeschränkt das Schwarze Meer beherrschenden Flotte unterstützt wird und deren Aufgabe es ist, durch einen siegreichen Vormarsch auf Konstantinopel eine schnelle Entscheidung zu erzwingen. Um diese Straße zu passieren, muß eine russische Armee, nachdem sie die Donau überschritten hat, eine starke, von den beiden Festungen Schumla und Varna flankierte Position forcieren, beide Festungen einschließen oder einnehmen und dann den Balkan überschreiten. 1828 setzten die Türken in dieser Stellung ihre Hauptmacht aufs Spiel. Sie wurden bei Kulewtscha geschlagen; Varna und Schumla wurden genommen, die Verteidigung des Balkans war nur schwach, und die Russen erreichten, wenn auch sehr geschwächt, Adrianopel, aber ohne auf Widerstand gestoßen zu sein, da sich die türkische Armee völlig aufgelöst hatte und nicht eine Brigade zur Verteidigung Konstantinopels zur Verfügung stand. Die Türken begingen damals einen großen Fehler. Jeder Offizier weiß, daß man eine Gebirgskette nicht durch eine davorliegende Defensivstellung -verteidigt und auch nicht durch Teilen der Defensivkräfte, um alle Pässe zu sperren, sondern indem man eine zentrale Position dahinter einnimmt, alle Pässe ständig beobachtet und - wenn die Absichten des Feindes klar zutage getreten sind - sich mit massierter Wucht auf die Spitzen seiner Kolonnen wirft, sobald sie aus den verschiedenen Schluchten der Gebirgskette herauskommen. Die starke Stellung quer zur russischen Operationslinie zwischen Varna und Schumla verleitete die Türken dazu, dort den entschiedenen Widerstand zu leisten, den sie in der Ebene von Adrianopel mit konzentrierteren Kräften gegen einen notwendigerweise durch Krankheit und Detachierungen geschwächten Feind hätte bieten müssen. Wir sehen also, daß bei der Verteidigung der Linie Silistria-Adrianopel der Übergang über die Donau hatte verteidigt werden sollen, ohne einen entscheidenden Kampf zu riskieren. Der zweite Widerstand hätte hinter, nicht zwischen Schumla und Varna geleistet werden müssen; einen entscheidenden Kampf hätte man nur bei sehr großen Siegeschancen annehmen dürfen. Der Rückzug über den Balkan ist der nächste Schritt, wobei die Pässe von Detachements verteidigt bleiben, die so viel Widerstand leisten können als ratsam erscheint, ohne es zu einem entscheidenden Treffen kommen zu lassen. In der Zwischenzeit werden sich die Russen durch Einschließen der Festungen
schwächen, sie werden, wenn sieihrer früheren Praxis folgen, diese Festungen wieder im Sturm nehmen und bei diesem Vorgehen viele Leute verlieren; denn es ist eine merkwürdige Tatsache und typisch für die russische Armee, daß sie bis heute ohne fremde Hilfe zu einer regulären Belagerung niemals in der Lage gewesen ist. Der Mangel an erfahrenen Ingenieuren und Artilleristen, die Unmöglichkeit, in einem barbarischen Land große Kriegsmaterial" und Belagerungsdepots anzulegen oder gar Material, ganz gleich welcher Art, über ausgedehnte Landstrecken zu transportieren, haben die Russen immer gezwungen, jeden befestigten Platz nach einer kurzen, heftigen, aber seitensehr wirkungsvollen Kanonade im Sturm zu nehmen. Auf diese Art eroberte Suworow Ismail undOtschakow[268]; so wurden 1828 und 1829 die türkischen Festungen in Europa und Asien gestürmt, und so eroberten die Russen 1831 auch Warschau. Auf jeden Fall werden die Russen geschwächt die Balkanpässe erreichen, während die Türken Zeit gehabt haben, ihre Detachements von allen Seiten zu konzentrieren. Wenn der Eindringling bei seinem Versuch, den Balkan zu überschreiten, nicht durch einen Schlag der gesamten türkischen Armee zurückgetrieben wird, so könnte die entscheidende Schlacht unter den Mauern Adrianopels ausgetragen werden, und wenn die Türken dann eine Niederlage erleiden, haben sie wenigstens alle ihnen verbliebenen Chancen genutzt. Aber ein russischer Sieg bei Adrianopel kann unter den gegenwärtigen Umständen nur sehr wenig entscheiden. Die britischen und französischen Flotten liegen vor Konstantinopel, und direkt vor ihren Augen kann kein russischer General auf diese Hauptstadt marschieren. Die Russen, die bei Adrianopel aufgehalten werden, und die nicht mit der Unterstützung ihrer Flotte rechnen könnten, da sie selbst gefährdet wäre, würden bald zu Tausenden das Opfer von Krankheiten werden und müßten sich wieder über den Balkan zurückziehen. So würden sie selbst bei einem Siege ihr eigentliches Kriegsziel nicht erreichen. Es gibt allerdings noch eine andere Operationslinie, die vielleicht vorteilhafter wäre. Sie ergibt sich aus der Route, die von Widdin und Nikopolis über Sofia nach Adrianopel führt. Abgesehen von politischen Erwägungen würde es keinem vernünftigen russischen General in den Sinn kommen, dieser Route zu folgen. Aber solange sich Rußland auf Österreich verlassen kann - solange die Annäherung einer russischen Armee an die serbische Grenze, verbunden mit russischen Intrigen in Serbien, aufständische Bewegungen in diesem Land, in Montenegro sowie unter der überwiegend griechisch-slawischen Bevölkerung von Bosnien, Mazedonien und Bulgarien auslösen könnte - solange die einen rein militärischen Feldzug krönende Operation, die Einnahme von Konstantinopel, wegen der Anwesenheit einer
europäischen Flotte nicht in Frage kommt - so lange wird dieser erwähnte Feldzugsplan der einzige sein, den die Russen mit guten Erfolgsaussichten annehmen können und noch dazu, ohne England und Frankreich durch einen unmittelbaren Vormarsch auf Konstantinopel zu entschlossenen, kriegerischen Aktionen zu treiben. Auf Grund der gegenwärtigen Position der russischen Armee sieht es tatsächlich so aus, als ob etwas in dieser Art geplant sei. Ihr rechter Flügel ist bis nach Krajowa, nahe der westlichen Grenze der Walachei, ausgedehnt worden, und eine allgemeine Verschiebung der Truppen in Richtung auf die obere Donau hat stattgefunden. Da dieses Manöver völlig außerhalb der Operationslinie Silistria-Schumla liegt, kann es nur zum Ziel haben, die Verbindung mit Serbien aufzunehmen, dem Zentrum slawischen Nationalstrebens und des griechisch-orthodoxen Glaubens in der Türkei. Eine Defensivstellung an der unteren Donau, verbunden mit einem Vorgehen über die obere Donau in Richtung Sofia, würde bei einer Unterstützung Österreichs und in Verbindung mit einer Bewegung der türkischen Slawen für ihre nationale Unabhängigkeit völlig sicher sein; und eine derartige Bewegung könnte nicht wirksamer ausgelöst werden als durch einen Vormarsch der russischen Armee auf das Zentrum der slawischen Bevölkerung der Türkei. Auf diese Weise wird der Zar weit leichter und auf eine weit weniger offensive Art das erreichen, was er während der ganzen Auseinandersetzungen verlangt hat: die Zusammenfassung aller in der Türkei lebenden Slawen in gesonderten Fürstentümern, wie es heute die Moldau, die Walachei und Serbien sind. Wenn Bulgarien, Montenegro und Mazedonien unter der nominellen Herrschaft des Sultans und dem wirklichen Protektorat des Zaren stehen, würde die europäische Türkei auf die Umgebung von Konstantinopel begrenzt und ihres Soldatennachschubs aus Albanien beraubt sein. Das wäre für Rußland ein weit besseres Ergebnis als ein entscheidender Sieg bei Adrianopel, nach dem seine Truppen auf einen toten Punkt geraten würden. Allem Anschein nach strebt Rußland dieses Ergebnis an. Es bleibt abzuwarten, ob es sich nicht irrt, wenn es sich auf die Slawen in der Türkei verläßt, jedenfalls wäre kein Grund zur Verwunderung, wenn sie sich alle gegen Rußland wendeten.
Geschrieben 29. September 1853 Aus dem Englischen.
KARL MARX
Lord Palmerston12891
Geschrieben zwischen Oktober und Anfang Dezember 1853 in englischer Sprache als Artikelserie
Die Artikel erschienen in »The People's Paper";
I n Nr. 77 am 22. Oktober 1853 II n Nr. 78 am 29. Oktober 1853 III n Nr. 79 am 5.November 1853 IV n Nr. 80 am 12. November 1853 V n Nr. 81 am 19. November 1853 VI n Nr. 84 am 10. Dezember 1853 VII n Nr. 85 am 17. Dezember 1853 VIII n Nr. 86 am 24. Dezember 1853
Aus dieser Serie wurden in der „New-York Daily Tribüne" als Leitartikel und gekürzt veröffentlicht: I und II in Nr.3902 am 19.0ktober 1853 III in Nr.3916 am 4.November 1853 IV und V in Nr.3930 am 21 .November 1853 VII in Nr.3973 am 1 I.Januar 1854.
Ais Broschüren 1853 und 1854 in London herausgegeben.
Artikel I1
[„The People's Paper" Nr. 77 vom 22. Oktober 1853] Ruggiero wird immer und immer wieder durch die falschen Reize Alcinens gefesselt, hinter denen sich doch, wie er weiß, eine alte Hexe verbirgt
„Ohn' Aug , ohn* Zahn, ohne Geschmack ohn' alles,"*270' Und der fahrende Ritter verliebt sich immer wieder aufs neue In sie, obwohl er weiß, daß sie alle ihre früheren Anbeter in Esel und andere Tiere verwandelt hat. Das englische Publikum ist ein neuer Ruggiero und Palmerston eine neue Alcine. Er bringt es fertig, obgleich er ein Siebziger ist und seit 1807 fast ununterbrochen auf der politischen Bühne agiert, immer als Neuheit zu wirken und immer wieder Hoffnungen zu erwecken, die man sonst nur an einen unerprobten, vielversprechenden Jüngling knüpft. Steht er auch schon mit einem Fuß im Grabe, so erwartet man noch immer, er werde seine eigentliche Karriere erst beginnen. Stürbe er morgen, so würde ganz England darüber staunen, daß er schon ein halbes Jahrhundert lang Minister war. Ist er auch als Staatsmann nicht jeder Aufgabe gewachsen, so doch als Schauspieler jeder Rolle. Das komische wie das heroische Fach, das Pathos
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 19. Oktober 1853 beginnt der Artikel mit folgenden Worten, die in „The People's Paper" nicht abgedruckt wurden: „Die Orientwirren haben in England eine große Veränderung hervorgerufen, die, wenn nicht die Parteien, so zumindest die Männer an der Spitze der Parteien berührt. Lord Palmerston ist wieder zum Liebling des Publikums geworden. Er ist in jedermanns Munde, er ist der einzige Mensch, der England retten kann, er wird zuversichtlich zum unumgänglichen Premierminister jedes veränderten Kabinetts erklärt und gleichermaßen von den Tories, den Whigs, von den angeblichen Patrioten, der Presse und der allgemeinen Öffentlichen Meinung gepriesen. Das Phänomen der Palmerston-Manie ist so außergewöhnlich, daß man versucht ist, es nur für ein künstliches Phänomen zu halten, das nicht für den Hausgebrauch, sondern als Exportartikel für auswärtigen Gebrauch gedacht ist. Dies wäre jedoch ein Irrtum."
und der familiäre Ton, die Tragödie wie die Farce liegen ihm gleich gut; die letztere mag seinem Gefühl allerdings besser entsprechen. Er ist kein erstklassiger Redner, aber ein vollendeter Debattierer. Er besitzt ein wundervolles Gedächtnis, große Erfahrung, feinsten Takt, nie versagende presence d'esprit1, vornehme Schmiegsamkeit und ist der genaueste Kenner aller parlamentarischen Tricks, Intrigen, Parteien und Männer, so daß er die schwierigsten Fälle auf höchst elegante Art mit angenehmer Nonchalance zu behandeln versteht, indem er dabei auf die Vorurteile und die Empfänglichkeit seines Publikums spekuliert. Seine zynische Frechheit schützt ihn vor jeder Überrumplung, seine selbstsüchtige Geschicklichkeit vor jedem Selbstverrat, seine große Frivolität, seine vollkommene Gleichgültigkeit, seine aristokratische Geringschätzung vor der Gefahr, jemals heftig zu werden. Durch seinen feinen Witz weiß er sich bei jedermann beliebt zu machen. Und da er unter allen Umständen seine Ruhe bewahrt, so ziehen seine leidenschaftlicheren Gegner den kürzeren. Wenn er einen Gegenstand nicht beherrscht, so versteht er doch, mit ihm zu spielen. Und wenn ihm allgemeine Gesichtspunkte fehlen, so besitzt er dafür die nie versagende Fertigkeit, ein ganzes Gewebe aus eleganten Gemeinplätzen herzustellen. Sein rastloser, unermüdlicher Geist verabscheut die Untätigkeit und sehnt sich, wenn schon nicht nach Tätigkeit, so doch nach Aufregung. Ein Land wie England bietet ihm natürlich Gelegenheit, sich in jedem Winkel der Welt zu betätigen. Er strebt weniger den Erfolg selbst als den Schein des Erfolgs an. Kann er nichts tun, so will er wenigstens etwas ersinnen. Wo er nicht einzugreifen wagt, da spielt er wenigstens den Vermittler. Ist er unfähig, sich mit einem starken Feind zu messen, so schafft er sich einen schwachen. Er ist nicht der Mann für großangelegte Pläne, weitschauende Entwürfe, er verfolgt keine großen Ziele, sondern verwickelt sich nur in Schwierigkeiten, um sich effektvoll wieder aus ihnen herauswinden zu können. Er braucht Komplikationen, um nicht untätig zu sein, und findet er sie nicht vor, so schafft er sie sich künstlich. Er schwelgt in Scheinkonflikten, in Scheinkämpfen mit Scheingegnern, in diplomatischen Notenwechseln, in Befehlen zur Ausfahrt von Schiffen, bis sich endlich das ganze Getriebe in heftige Parlamentsdebatten auflöst, die ihm einen Eintagsruhm einbringen, der für ihn das ständige und einzige Ziel seiner Bestrebungen bildet. Internationale Konflikte dirigiert er wie ein Künstler, er treibt die Dinge bis zu einem gewissen Höhepunkt, und drohen sie dann allzu ernsthaft zu werden, so zieht er sich zurück, da er doch auf alle Fälle die dramatische Erregung ausgekostet hat,
1 Geistesgegenwart
die ihm unentbehrlich ist. In seinen Augen ist die historische Entwicklung selbst nichts anderes als ein Zeitvertreib, der ausschließlich zum Privatvergnügen des edlen Viscount Palmerston von Palmerston erfunden wurde.1 Er, der in der Tat sich fremdem Einfluß beugt, widersetzt sich ihm in Worten. Als Erbschaft von Canning übernahm er die Doktrin von Englands Mission, den Konstitutionalismus auf dem Kontinent zu propagieren; daher fehlt es ihm nie an einem Anlaß, die nationalen Vorurteile anzustacheln, der Revolution in andern Ländern entgegenzuwirken und gleichzeitig die argwöhnische Eifersucht der fremden Mächte wachzuhalten. Nachdem es ihm auf diese bequeme Weise gelungen, zum bete noire2 aller Höfe des Kontinents zu werden, wurde es ihm ein leichtes, gleichzeitig zu Hause als das Muster des echten englischen Ministers zu gelten. Obgleich ursprünglich ein Tory, hat er es doch fertiggebracht, in die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten all den widerspruchsvollen Lug und Trug einzuführen, der die Quintessenz des Whiggismus bildet. Er weiß eine demokratische Phraseologie mit oligarchischen Ansichten wohl zu vereinen, weiß die Politik des Friedensschachers der Bourgeoisie gut hinter der stolzen Sprache des aristokratischen Engländers aus alter Zeit zu verbergen; er versteht es, als Angreifer zu erscheinen, wo er kneift, und als Verteidiger, wo er verrät; er weiß einen scheinbaren Feind schlau zu schonen und einen angeblichen Bundesgenossen zur Verzweiflung zu bringen; er versteht es, im entscheidenden Moment des Streites auf der Seite des Stärkeren gegen den Schwachen zu sein und im Davonlaufen noch mit großen, tapferen Redensarten um sich zu werfen. Eine Partei klagt ihn an, im Solde Rußlands zu stehen; die andere verdächtigt ihn des Karbonarismus. Hatte er sich 1848 gegen die drohende gerichtliche Anklage zu verteidigen, als ein Minister des Zaren Nikolaus gehandelt zu haben, so hatte er dafür 1850 die Genugtuung, sich von einer ganzen Verschwörung ausländischer Botschafter verfolgt zu sehen, die im Oberhaus den Sieg gegen ihn davontrugen, jedoch im Unterhaus zurückgewiesen wurden1-2711. Wenn er fremde Völker verriet, tat er es mit der größten Höflichkeit, wie denn Höflichkeit überhaupt die kleine Münze des Teufels ist, mit der er die Dummen bezahlt, die ihm ihr Herzblut dahingehen. Stets konnten die Unterdrücker auf seine Hilfe zählen; an die Unterdrückten jedoch verschwendete er seinen großen Aufwand an rednerischer Großmut. Ob es nun Polen, Italiener, Ungarn, Deutsche zu überwältigen galt, er war stets
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom !9.0ktober 1853 folgt hier der Satz: „Er ist ein großartiges Muster jener Sorte, die Thomas Carlyle als die vorgeblichen Führer der Welt bezeichnet." - 2 schwarzen Mann
dienstbereit zur Stelle; und dennoch verdächtigten ihn deren Unterdrücker der geheimen Konspiration mit den Opfern, die sie mit seiner Erlaubnis gemeuchelt hatten. Bisher erwies es sich in allen Fällen als ein Vorzeichen des Erfolges, ihn zum Gegner und als ein Vorzeichen des Verderbens, ihn zum Freunde zu haben. Tritt aber auch seine diplomatische Kunst in den wirklichen Erfolgen seiner Außenpolitik nicht eben glänzend zutage, so erglänzt sie um so leuchtender in der Auslegung, die er dem englischen Volk von ihr beibringt, so daß es Phrasen für Tatsachen, Phantastereien für Realitäten hält und hochtrabende Vorwände niedriger Motive akzeptiert. Henry John Temple, Viscount von Palmerston, dessen Titel aus einer irischen Peerage stammt, wurde 1807 bei der Bildung des Ministeriums des Herzogs von Portland zum Lord der Admiralität ernannt. 1809 wurde er Kriegsminister und blieb auf diesem Posten bis Mai 1828. 1830 ging er in äußerst geschickter Weise zu den Whigs über, die ihn zu ihrem permanenten Minister für Auswärtige Angelegenheiten machten. Ohne die Unterbrechungen zu rechnen, in denen die Tories regierten, d. h. von November 1834 bis April 1835 und von 1841 bis 1846, ist er verantwortlich für die ganze auswärtige Politik Englands seit der Revolution von 1830 bis zum Dezember 1851. Muß es uns nicht auf den ersten Blick sehr merkwürdig berühren, diesen Don Quijote der „freiheitlichen Einrichtungen", diesenPindar „der Herrlichkeiten des konstitutionellen Systems" in den Zeiten eines Perceval, eines Earl of Liverpool, eines Canning, eines Lord Goderich, eines Herzogs von Wellington als ständiges und vornehmes Mitglied dieser Tory-Kabinette zu sehen? In den Zeiten, in denen der Antijakobinerkrieg geführt, die Riesenschuld kontrahiert, die Korngesetze12721 erlassen wurden, in denen sich fremde Söldlinge auf englischem Boden einnisteten12731, wo das Volk, um einen Ausdruck von Palmerstons Kollegen Lord Sidmouth zu gebrauchen, von Zeit zu Zeit zur Ader gelassen, wo die Presse geknebelt, Versammlungen verboten, die Masse des Volkes entrechtet, die persönliche Freiheit zugleich mit der ordentlichen Rechtsprechung aufgehoben, das ganze Land in eine Art Belagerungszustand versetzt wurde, mit einem Wort, während der infamsten und reaktionärsten Epoche der englischen Geschichte! Sein Debüt im parlamentarischen Leben war ganz charakteristisch. Am 3.Februar 1808 nahm er das Wort, um - was? - zu verteidigen: Die Geheimhaltung diplomatischer Verhandlungen und die schmachvollste Handlung, die je eine Nation gegen eine andere beging, nämlich das Bombardement Kopenhagens12741 und die Wegnahme der dänischen Flotte zu einer Zeit, wo England beteuerte, sich im tiefsten Frieden mit Dänemark zu befinden. Zu dem ersten Punkt äußerte er sich:
„In diesem besonderen Falle sind die königlichen Minister" (durch wen?) „zur Geheimhaltung verpflichtet." Er ging jedoch weiter und erklärte: „Ich bin auch im allgemeinen dagegen, daß das Wirken der Diplomatie an die Öffentlichkeit gebracht wird, denn solche Enthüllungen bringen die Gefahr mit sich, die Quellen späterer Informationen zu verstopfen." Vidocq hätte dieselbe Sache mit denselben Worten verteidigt. Und was den Piratenstreich anlangt, so gab er wohl zu, daß Dänemark keinerlei Feindseligkeit gegen Großbritannien gezeigt habe, behauptete aber dennoch, England sei im Recht gewesen, die Hauptstadt Dänemarks zu bombardieren und dessen Flotte zu stehlen, denn man mußte verhindern, daß sich die dänische Neutralität vielleicht unter französischem Zwang in offene Feindseligkeit verwandle. Dies war das neue Völkerrecht, verkündet durch Mylord Palmerston. Die nächste rednerische Leistung dieses englischen Ministers par excellence gilt des langen und breiten der Verteidigung der ausländischen Truppen, die vom Kontinent nach England ausdrücklich zu demZweck herbeigerufen waren, mit Gewalt das oligarchische Regime aufrechtzuerhalten, zu dessen Errichtung Wilhelm 1688 mit seinen Truppen aus Holland herübergekommen war. Als wohlbegründete „Befürchtungen für die Freiheiten des Landes" geäußert wurden, die aus der Anwesenheit der deutschen Legion des Königs entsprängen, reagierte Palmerston in höchst leichtfertiger Weise darauf. Warum sollten wir nicht 16000 Fremde im Lande haben, wo es doch bekannt ist, daß „wir eine weit größere Anzahl solcher Fremder im Ausland" verwenden? (Unterhaus, lO.März 1812.) Als ähnliche Befürchtungen für die Konstitution wegen des seit 1815 aufrechterhaltenen großen stehenden Heeres laut wurden, sah Palmerston „einen genügenden Schutz für die Konstitution gerade in der Zusammensetzung unserer Armee", deren Offiziere größtenteils „Leute von Stand und Vermögen" seien. (Unterhaus, 8.März 1816.) Als ein großes stehendes Heer vom finanziellen Standpunkt aus bekämpft wurde, machte er plötzlich die merkwürdige Entdeckung, daß „viele unserer finanziellen Verlegenheiten durch unseren früheren niedrigen Friedensbestand verursacht worden sind". (Unterhaus, 25. April 1816.) Wenn ihm „die Steuerlast des Landes" und „das Elend des Volkes" und im Gegensatz dazu die verschwenderischen Militärausgaben entgegengehalten wurden, so erinnerte er das Parlament daran, daß diese Steuerlast und dieses Elend „der Preis seien, den wir" (das heißt die englische Oligarchie) „bereit waren, für unsere Freiheit und Unabhängigkeit zu zahlen". (Unterhaus, 16. Mai 1820.) .
In seinen Augen war militärischer Despotismus nur zu befürchten als Folge des Eifers „jener irregeführten Leute, die sich selbst Reformer nennen und eine Art Reform für das Land fordern, deren Durchführung, wenn man ihr beipflichten würde, nach den elementarsten Regeln des Staatslebens in einem militärischen Despotismus enden müßte". (Unterhaus, 14. Juni 1820.) Sah er also in großen stehenden Heeren das Allheilmittel zur Aufrechterhaltuilg der Ordnung im Lande, so sah er in der Prügelstrafe das Allheilmittel zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Heere. Er verteidigte die Prügelstrafe in den Debatten über die Meutereiakte[2761 am 5. März 1824; er erklärte sie für „absolut unentbehrlich" am 11. März 1825; er empfahl sie aufs neue am 10. März 1828; er setzte sich in den Debatten im April 1833 für sie ein und hat sich auch bei jeder späteren Gelegenheit als eifriger Anhänger der Prügelstrafe erwiesen. Es gab keine Mißstände in der Armee, die er nicht mit guten Gründen zu beschönigen wußte, solange nur durch sie die Interessen aristokratischer Parasiten gefördert wurden. Siehe die Debatten über den Verkauf der Offizierstellen. (Unterhaus, 12. März 1828.) Lord Palmerston liebt es, mit seinen steten Bemühungen um die Einführung der Religionsfreiheit zu paradieren. Aber er stimmte gegen Lord Russells Resolution für die Aufhebung der Test and Corporation Acts12761. Und warum? Weil er „als eifriger und warmer Freund der Religionsfreiheit" nicht zugeben konnte, daß die Dissenters12773 von „eingebildeten Leiden befreit würden, während die Katholiken unter wirklichen Heimsuchungen zu leiden hätten". (Unterhaus, 26. Februar 1828.) Als Beweis seines Eifers für die Religionsfreiheit teilt er uns mit, daß „er betrübt über die Zunahme der Dissenters sei". „Es ist mein Wunsch, daß die Staatskirche die herrschende Kirche in diesem Lande sei", und aus purer Liebe und Sorge um die Religionsfreiheit möchte er „die Staatskirche auf Kosten der Andersgläubigen wachsen sehen". Der spaßhafte Lord klagt die reichen Nonkonformisten an, daß sie die kirchlichen Bedürfnisse der Ärmeren befriedigen, während „in der anglikanischen Kirche nur die Armen allein den Mangel an Raum in den Kirchen zu fühlen bekommen... Es wäre widersinnig, zu verlangen, daß die Armen aus ihren dürftigen Einkommen die Mittel für die Kirchen aufbringen sollten." (Unterhaus, 9. April 1824.) Natürlich wäre es noch widersinniger* zu verlangen, daß die reichen Mitglieder der anglikanischen Staatskirche aus ihren großen Einkommen für die Kirche sorgen sollten.
THE PEOPLE'S PAPER.
LORD PALMERSTON. Writtcn for tbe " New York THUum," by Dr, Maaa, «od eoanaunkitod bj bin fco «». riwt AITICkO. Koaateao U agtla «od again fucinated by tb« Mmeh*r»s ol Aids», «hieb be Knows 10 dugut« ta oW witeh— tot iwtfc «UM «TM» MM lata, KU (nnitiu »odthe knight-amot eumot wttbatand foltiftg in Ist» with bw eor* wbom he knowa (o bava tTänaamted «II tur foraer adoiars Inlo aisea aad «tbar bcAbts. Hi* Englüh public ia ««oüur Ruggfar». «Ad Palamtw »a anether Aids«. AUaBwjb * •epiaagenwiaa, ud tlae« 1947 o*« eapyiög {hf public ilag«, alnwtt «ilbwt Ute** ruplion, be oaolrim to rcouia e ooveJty, aad »o ewk« Alt (W bopM lb«t aeed to wiln oa an untricd «od promising yoath. Wtth one foot ta tb« |Ttt<i be U iuppo&od not fit to have began bii tro« oarner. ff Jbe v«re to <H« lo-macrer, «U Eagland woald bt earprieed «t tareiag tbai he Um b«n« Seeretary oI State balf Ebk o«aturr. • .-' If mot agood at&t«<Ma of all «erk, bs & lt teart « gori artor of all worin.. Hs eaeeeod« In Ute eomfo u in tb» baroic~~(npatbo« u in faruiUarity—in tb« tragadf »«in tb«feree t altboagh the Utter »av be H»*re CMtftaWl ta hla Mraga. He la no ftmc Um or&tor» bat be U ac«o«plUbad deb4l*r. PasMsead fif a wo© darful aaemory» of gr««l expariefte«, of a «msamauW Uct, of » ncyar-fauiag pmtntt i'Hprii, «f a «nÜemioliXe eertailJlty, ol tbe mocL nlmit« Knowledge of poilismenury tricks, Intnguw, pari!««, and meo, bo handle« difficult Qfttee in »n adcul/abte asaaaef aad wllb a pleaomt volubüiiy, slitkiflg tojihe prejudicw ud ettseepüMUtiM of bis p«blk, saenrod from Mf «orpntiby • bis ejale lmpudsn^, hom ti«)f-Conf«£ionby hU«iftit> dasiwiiy, tewm ruouog ioto & pMabn by bi«profonad friVoliiy, Imperteci iodlffmow, •»d ku wulocratit «ontempt. fielngm  «eodtaglf kappy jokor, ho ingrtlUtc« birwtf «rllh «?*rybady. locing kia temper, to taipOMa w an im^^lMtd tasagoolii. Wb» aeobt« to mMter « «vbjvcL, be ho« ta pl«y «Ith i(. U vintlng oi goorrnt vlew«, bo f* »J«raf6 VMdy to tbno «l^gast gBooralkioo. Vndoved «Ith o r«U«M »nd tpint, bo nbbore plnoa fof ngteh vlo«, W not fat Miion. A eoaotry llk« EngUaii *Jlo»8 bla^ ol eosrMita bsiey bimMtl ia netf tWMi ef th« t^rth. WKorho tfltMAi^ sttleUns«« bat tbo au« oppenraneo o* ia«oo«. If Im mn da nothiag. be will d«viw«nFtklßg. Wbera k* A&nt Ret interfue, bo totMnwddt«. Kot tblo ta «io vitb & »tratg oaony, be iaipf»* Tiw « Wik oae* B»»a «9 nia of dioop d«ignst pondering on no eo«Wftntteo« of long standin|. pon«tag oe gnet elii«^, bo embonu m dlnsvldot wfth a vi#«r to mwitnagte UbkU ta a ihmasfi«r. Ito vaaü «MiplicolioQt to f««d bii *h«iba ftsdj not rwJjr, ho «roat« th«3, H& ?xulu ia sko^-coaflidU, skov*b£,tÜ^j •bow mtvim, d(pto»nUeal n»ic»uWo«rbnn|»lr t« b» orderod to ftU, th* »feole »ovti^ßt (he eM *t p'«bii« i^daitUng Ifaat Poomark hod ovU«M>d na bastility wb«te*cr toward« Qnat Britoin, h« ooo(«ndM tbot tb<y w<ro righl lü boatbudtng it* eapiul «Ad lu fl«t, bm«M tbcy b«d to pte«8Bt Du»h nouu&lliy 6vffl bobg.perbopo, eonvorled intoopu bosUlHy du «anpttlsfeM of frsiMo, Tbl ««* ib« ne«r Uv of natioa», proctalmoii by oy !ord P«l« »BttU«. Whoo agäo tpeoebifying. w« Aid tbot Roglüh retotsier jw imgagod ft tke defeae« of forvlgs troop«, ctlled w«r frott tbo contineot to R&glsnd, witb tbe «apmt nUsios cf mtin* UWng for^Wy the ol^üthU mlo( to riubtiüi whidi William had, in IM^oowve ov«r (Vom HoiUad, wltb bis Dsuti tfetp». 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(Houm of Common«» MartbS, 161«) Wbanlba "borderf of tb« eunqlTy," and tba "olaary of tbe paopfc" vote coatrasicd «Ub the totob military otpanditaura, he reottadcd pariiainaee (hat tb<oa bardaac and tbat miwry . "•wera th« prle« «hieb «rr (si*., the Eng lieb s oümrck«) agread to pay for ou# fraodoa and indapeadaoe«/' Uoum of Comaoone, Mey tO« «!•.>' In bis ryf», mthuiy deapotian «u not to be ap^obandod from tbo exertioos of " tboae »elf« aaüed, but nia)*d PcfMour», arho desaad thet «an of refarm in tb« countiy «hieb, according to wtf y flm priotiyU af govarameati ataet codi if it vara acraded to, ia a miiitary daepot»in." (Houaeof Common«, 14,1320,) Whife lirg« itandiag arsiae «ata tba« hie panaeen for nalntaiaing tha «Qaatitatiaa of tb« «oaotry, Baggiog «ae hb puacea fot «aalntatnlng tbe e«n>tituiion af tbe arm7. Ha dafandad H to tb« debatas oa (ha Uaüny HUI, an tKadlitof Marahi 1924, he dodamd it to b« " ebaolately IftdiMaatobl»" od Match 11, l«Jfi, ba rtcominandad it agato m fctarab tO, lHtg; bi «toad by Uia thedvb^rsofAprü, 18S3tandbapra*ed an anaiaar of AagfUg m wäy eobiequent oooaalon> Th«a axiited no aH» ia tbe amy, he d(d not And piauaibta rexsoa* for, U U bappaned to foeter tba blimti of «riatoeratie paraeites. Tbat* for iaUacoa, in Ib« defeaiea ou tb« Sale of Cotasfeilon. (Hoaee of Conaioo«, Mercb 1828.)
Teil einer Seite von „The People's Paper" mit dem ersten Artikel der Serie „Lord Palmerston" von Karl Marx

Sehen wir uns jetzt an, worin seine Leistungen für die Emanzipation der Katholiken12781 bestehen. Es ist dies einer der Punkte, in denen er besonderen „Anspruch" auf die Dankbarkeit des irischen Volkes erhebt. Ich will nicht bei dem Umstand verweilen, daß er, der sich als Mitglied des Ministeriums Canning für die Emanzipation der Katholiken erklärt hatte, dennoch in das Ministerium Wellington eintrat, das dieser Emanzipation offen feindlich gegenüberstand. Betrachtete Lord Palmerston etwa die Religionsfreiheit als eines jener Menschenrechte, in die die Gesetzgebung sich nicht einzumischen habe? Lassen wir ihn selbst sprechen:
„Obgleich ich wünsche, daß die Ansprüche der Katholiken berücksichtigt werden, so werde ich doch niemals zugeben, daß diese Ansprüche eine rechtliche Grundlage haben... Nähme ich an, daß die Katholiken ihr Recht forderten, so würde ich mich ein für allemal weigern, in den Ausschuß einzutreten." (Unterhaus, I.März 1813.) Und warum widersetzt er sich ihnen, wenn sie ihr Recht fordern? „Weil die Gesetzgebung eines Landes das Recht hat, einen Teil der Gemeinschaft zu derartiger politischer Rechtlosigkeit zu verurteilen, wenn sie es zur Sicherheit und Wohlfahrt des Ganzen für notwendig hält... Das gehört zu den fundamentalen Grundsätzen, auf denen eine zivilisierte Regierung beruht." (Unterhaus, I.März 1813.) Hier gesteht er also in höchst zynischer Weise ein, daß die Masse des Volkes eigentlich überhaupt keine Rechte hat, sondern nur jenes Maß von Freiheiten genießen soll, das ihr die Gesetzgebung - oder mit anderen Worten: die herrschende Klasse - zuzugestehen für gut befindet. Demgemäß erklärt auch Lord Palmerston unumwunden, „die Emanzipation der Katholiken sei nur eine Sache der Gnade und des Wohlwollens". (Unterhaus, 10. Februar 1829.) Nur aus Zweckmäßigkeitsgründen ließ er sich also herab, der Rechtlosigkeit der Katholiken Einhalt zu tun. Was aber verbarg sich hinter dieser Zweckmäßigkeit? Da er selbst einer der großen Grundbesitzer Irlands ist, so wollte er die Täuschung aufrechterhalten, daß andere Heilmittel für die irischen Leiden als die der Katholiken-Emanzipation unmöglich seien, daß sie Absentismus heilen und sich als Ersatz für Armengesetze erweisen werde. (Unterhaus, 18. März 1829.) Der große Philanthrop, der später die einheimischen Iren von seinen irischen Gütern vertrieb, konnte es nicht ertragen, daß das Elend derlren auch nur für einen Augenblick den klaren Himmel der Gutsbesitzer und Geldherren mit seinen unglückverheißenden Wolken verdüsterte1.
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 19.Oktober 1853 heißt es an dieser Stelle: „den klaren Himmel über dem Parlament der Gutsbesitzer und Geldherren verdüsterte".
„Es ist wahr", sagte er, „die Bauernschaft Irlands erfreut sich nicht aller Genüsse, deren die ganze Bauernschaft Englands teilhaftig ist" (man bedenke, die Genüsse, die einer Familie mit 7 Schilling die Woche zuteil werden!). „Dennoch erfreut sich auch der irische Bauer mancher Segnungen... Er ist mit Brennholz gut versorgt und ist nur selten" (nur an vier Tagen von sechs!) „ohne Nahrung."
Welcher Segen! Das sind jedoch noch nicht alle seine Annehmlichkeiten. „Er besitzt eine weit fröhlichere Gemütsart als sein englischer Leidensbruder." (Unterhaus, 7. Mai 1829.) Die Erpressungen der irischen Grundherren behandelt er ebenso scherzhaft wie die Freuden der irischen Bauernschaft.
„Man sagt den irischen Grundbesitzern nach, daß sie so hohe Pachtsummen als nur immer möglich herauspressen. Aber, meine Herren, ich glaube, das ist nichts Besonderes; ganz bestimmt verfahren in England die Grundbesitzer ebenso." (Unterhaus, 7. März 1829.)
Sollen wir also nach alledem noch überrascht sein, daß dieser Mann, der so tief in die Mysterien „der glorreichen englischen Konstitution" und „der Segnungen ihrer freiheitlichen Einrichtungen" eingedrungen ist, das Bestreben hat, diese über den ganzen Kontinent zu verbreiten?
Artikel II
[„The People's Paper" Nr.78 vom 29. Oktober 1853] Als die Reformbewegung12793 unwiderstehlich geworden war, verließ Lord Palmerston die Tories und schlich sich in das Lager der Whigs ein. Obzwar er das Entstehen einer Gefahr des militärischen Despotismus weder von der Anwesenheit der deutschen Legion des Königs auf englischem Boden noch von der Erhaltung großer stehender Heere befürchtete, sondern bloß von den „wohlmeinenden Reformern", so begünstigte er dennoch bereits 1828 die Ausdehnung des Wahlrechts auf so große Industrieorte wie Birmingham, Leeds und Manchester. Und warum?
„Nicht weil ich prinzipiell ein Freund von Reformen, sondern weil ich ihr entschiedener Feind bin." Er hatte sich davon überzeugt, daß einige zeitgemäße Konzessionen, die man dem üppig emporgeschossenen Industriekapital mache, das beste Mittel
seien, „der Einführung einer allgemeinen Wahlreform" zu entgehen. (Unterhaus, 27. Juni 1828.) Einmal Bundesgenosse der Whigs, gab er sich erst gar nicht mehr den Anschein, so zu tun, als ob die Reformbill beabsichtige, die engen Maschen der venezianischen Konstitution zu durchbrechen, sondern daß sie im Gegenteil nur an deren Befestigung und Stärkung arbeite, indem sie die Bourgeoisie von der Opposition des Volkes trennte.
„Die Stimmung der Bourgeoisie wird sich ändern, und ihre Unzufriedenheit mit der Konstitution wird sich in Anhänglichkeit an sie verwandeln, wodurch diese eine mächtige Stärkung und Kräftigung erfahren wird." Die Peers tröstete er, indem er ihnen versicherte, daß die Reformbill weder den „Einfluß des Oberhauses" schwächen noch „dessen Einmischung in die Wahlen" aufheben würde. Der Aristokratie sagte er, die Konstitution werde ihren feudalen Charakter nicht einbüßen, denn der „Grundbesitz ist das große Fundament, auf dem das Gebäude der Gesellschaft und die Einrichtungen des Landes beruhen". Ihre Befürchtungen zerstreute er, indem er ironische Anspielungen darauf machte, „daß man uns angeklagt habe, es sei uns mit dem Wunsch, dem Volk eine wirkliche Vertretung zu geben, nicht ernst gewesen", oder „daß man behauptet habe, wir wollten bloß der Aristokratie und dem Grundbesitz auf andere Art Einfluß verschaffen". Er ging sogar so weit, einzugestehen, daß neben den unvermeidlichen Konzessionen an die Bourgeoisie „die Beschränkung der Wahlprivilegien" (d. h. die Beschränkung der Wahlprivilegien der alten faulen Tory- zugunsten der neuen Whig-Kreise) „der leitende und Hauptgrundsatz der Reformbill" sei. (Unterhaus, 24. März 1831 und 14. März 1832.) Nun aber müssen wir zu den Leistungen des edlen Lords in der auswärtigen Politik zurückkehren. Als 1823 auf Grund der Beschlüsse des Kongresses von Verona eine französische Armee in Spanien einmarschiert war, um die Verfassung dieses Landes zu beseitigen und es der erbarmungslosen Rache des bourbonischen Idioten1 und seines Gefolges von bigotten Mönchen auszuliefern, da sagte sich Lord Palmerston von „allen Donquichotterien zur Erkämpfung abstrakter Prinzipien" los, da verweigerte er jedes „Eintreten für das Volk", dessen heldenmütiger Widerstand England vor der Übermacht Napoleons gerettet hatte. Die Worte, die er bei diesem Anlaß an seine damaligen Gegner von der Whig-Seite richtete, geben ein treues und lebendiges Bild seiner eigenen Außenpolitik, wie er sie verfolgte, seit er zum permanenten Minister des Auswärtigen geworden.
1 Ferdinand VII.
Er sagte:
„Manche hätten gerne gesehen, wenn wir schon bei den Verhandlungen mit Krieg gedroht hätten, ohne auf den Krieg vorbereitet gewesen zu sein, wenn die Verhandlungen gescheitert wären. Hätten wir Krieg gesagt und Neutralität gemeint, hätten wir mit einer Armee gedroht und uns dann hinter irgendwelche offiziellen Dokumente zurückgezogen, hätten wir in der Stunde ruhiger Überlegung herausfordernd dasSchwert geschwungen, um uns dann am Schlachttag mit einer Handvoll schriftlicherProteste zu begnügen, so hätten wir uns wie feige Großsprecher benommen und hätten uns zum Gespött und zum Gelächter von ganz Europa gemacht." (Unterhaus, 30.April 1823.)
Endlich sind noch die Debatten zur griechisch-türkischen Frage zu erwähnen, die Lord Palmerston die erste Gelegenheit verschafften, vor der Öffentlichkeit seine unvergleichlichen Talente als unermüdlicher, unerschütterlicher Anwalt russischer Interessen sowohl im Kabinett als auch im Unterhaus zu entfalten. Sämtliche Stichworte über türkische Grausamkeiten, griechische Zivilisation, Religionsfreiheit, Christentum usw., die Rußland verbreitete, betete er eines nach dem anderen getreulich nach. Als Minister weist er entschieden jeden Versuch eines Tadels zurück, der das „verdienstvolle Verhalten des Admirals Codrington" treffen könnte, durch dessen Schuld die türkische Flotte bei Navarino zerstört wurde, obgleich er zugeben muß, daß „diese Schlacht sich gegen eine Macht richtete, mit der wir uns nicht im Kriegszustand befinden", und daß „es ein unliebsames Ereignis war". (Unterhaus, 3I.Januar 1828.) Nachdem er dann aus dem Amt geschieden war, eröffnete er jenen langen Angriffsfeldzug gegen Lord Aberdeen und warf ihm vor, die Befehle Rußlands nicht schnell genug ausgeführt zu haben.
„Und wo blieb unsere Schnelligkeit und Energie, als es galt, unsere Verpflichtungen gegen Griechenland zu erfüllen? Juli 1829 rückt schon heran, und noch ist der Vertrag vom Juli 1827 nicht erfüllt... Aus Morea allerdings sind die Türken verdrängt... Warum aber wurden die französischen Waffentaten im Isthmus von Korinth gehemmt? ... Englands engherzige Politik trat dazwischen und hielt sie in ihrem erfolgreichen Vorwärtsschreiten auf... Und warum gehen die Verbündeten mit dem Land nördlich vom Isthmus nicht ebenso um, wie sie es mit dem südlichen Teil taten, und warum besetzen sie nicht gleich alles, was für Griechenland bestimmt sein soll? Ich hätte gedacht, die Verbündeten hätten genug der Verhandlungen mit der Türkei wegen Griechenland gepflogen," (Unterhaus, I.Juni 1829.) Wie allgemein bekannt, widersetzte sich Fürst Metternich zu dieser Zeit den Übergriffen Rußlands, und infolgedessen hatten Rußlands diplomatische Agenten den Auftrag - wie aus den Depeschen Pozzo di Borgos und des Fürsten Lieven erinnerlich sein dürfte Österreich als den großen Feind
der Emanzipation der Griechen und der europäischen Zivilisation hinzustellen, deren Förderung der ausschließliche Zweck der russischen Diplomatie sei. Der edle Lord folgt natürlich auf dem ihm hier gewiesenen Weg.
„Durch seine engherzigen Ansichten und die unglückseligen Vorurteile seiner Politik hat sich Österreich fast auf das Niveau einer Macht zweiten Ranges begeben.'* Und infolge der schwankenden Politik Aberdeens ist England „zum Schlußstein jenes Bogens geworden, dessen Bestandteile Miguel und Spanien, Österreich und Machmud bilden... In der Verzögerung der Ausführung des JuliVertrags sieht die Welt weniger die Furcht'vor dem türkischen Widerstand als den unüberwindlichen Widerwillen gegen die Freiheit Griechenlands." (Unterhaus, I.Juni 1829.) Immer wieder greift er Aberdeen wegen seiner antirussischen Diplomatie an1: „ Ich für meine Person bin nicht mit einer Anzahl Depeschen der englischen Regierung einverstanden, die zwar ohne Zweifel angenehm und verbindlich lauten und sich bemühen, in allgemeinen Ausdrücken Rußland zu versöhnen, die aber nebenbei starke Ausdrücke der Sympathie Englands für die Türkei enthalten, die, wenn eine daran interessierte Seite sie liest, leicht den Anschein erwecken könnten, als sei viel mehr damit gemeint, als tatsächlich beabsichtigt war... Ich sähe es am liebsten, wenn England den festen Entschluß faßte-was auch eigentlich fastder einzig einzuschlagende Weg wäre unter keinen Umständen und auf keinen Fall in diesem Krieg diePartei der Türkei zu ergreifen, und diesen Entschluß der Türkei frank und frei mitteilte... Drei Dinge gibt es, die kein Mitleid kennen: die Zeit, das Feuer und der Sultan." (Unterhaus, 16. Februar 1830.)
An dieser Stelle muß ich den Lesern einige historische Tatsachen ins Gedächtnis zurückrufen, um keinen Zweifel darüber walten zu lassen, welcher Art die philhellenischen Gefühle des edlen Lords sind. Rußland hatte sich Göktschas bemächtigt, eines Streifen Landes am Ufer des Sewansees (unbestrittener persischer Besitz), und als Preis für dessen Räumung die Abtretung der persischen Ansprüche auf ein anderes Stück persischen Gebiets, der Landschaft Kapan, verlangt. Als Persien sich nicht
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 19. Oktober 1853 steht anstatt der Worte „Immer wieder greift er Aberdeen wegen seiner antirussischen Diplomatie an" folgender Satz: „Ein halbes Jahrhundert lang stand ein und dieselbe Phrase dem Vormarsch Rußlands nach Konstantinopel im Wege: Die Phrase von der Integrität des Türkischen Reichs, die zur Erhaltung des europäischen Gleichgewichts notwendig sei." Am 5.Februar 1830 erklärte Palmerston: „Ich widersetze mich einer Politik, die die Integrität des Türkischen Reichs in Europa als ein Objekt hinstellt, das unbedingt notwendig ist für die Interessen des christlichen und zivilisierten Europas."
fügte, wurde es mit Krieg überzogen, besiegt und gezwungen, im Februar 1828 den Vertrag von Turkmanschai zu unterzeichnen. Dieser setzte fest, daß Persien eine Entschädigung von 2 Millionen Pfd. St. an Rußland zu zahlen und die Provinzen Eriwan und Nachitschewan, einschließlich der Festungen Eriwan und Abassabad abzutreten habe. Diese Vereinbarung sollte, wie Nikolaus ausdrücklich konstatierte, nur dazu dienen, die gemeinsame Grenze durch den Araxes zu bestimmen, was, wie er vorgab, angeblich das einzige Mittel sei, allen künftigen Streitigkeiten zwischen den beiden Reichen vorzubeugen. Gleichzeitig aber weigerte er sich, Talisch und Mogan zurückzugeben, die auf dem persischen Ufer des Araxes liegen. Persien mußte sich auch schließlich dazu verpflichten, auf dem Kaspischen Meer keine Flotte zu unterhalten. Das war also die Ursache und das Resultat des Russisch-Persischen Kriegs. Um Religion und Freiheit der Griechen scherte sich Rußland zu jener Zeit ebensowenig, wie sich heute der Gott der Russen um die Schlüssel der Kirche zum „Heiligen Grabe" oder zu der berühmten heiligen „Kuppel"[280] bekümmert. Von jeher war es die traditionelle Politik der Russen, die Griechen zum Aufstand zu reizen und sie dann der Rache des Sultans zu überlassen. Rußlands Sympathie für die Wiedergeburt von Hellas war eine so tiefe, daß es die Griechen auf dem Kongreß zu Verona als Rebellen behandelte und dem Sultan das Recht zugestand, jede fremde Intervention zwischen ihm und seinen christlichen Untertanen auszuschließen. Noch mehr, der Zar bot der Pforte an, „er wolle ihr bei der Unterdrückung der Rebellion Hilfe leisten", ein Anerbieten, das selbstverständlich zurückgewiesen wurde. Nach diesem mißlungenen Versuch trat er an die Großmächte mit dem entgegengesetzten Vorschlag heran: „Man möge eine Armee in die Türkei senden, damit sie unter den Wällen des Serails Frieden gebiete." Um dem Zaren durch eine gemeinsame Aktion gewissermaßen die Hände zu binden, schlössen die anderen Großmächte am 6. Juli 1827 in London einen Vertragt47] mit ihm, durch den sie sich gegenseitig verpflichteten, die Streitigkeiten zwischen dem Sultan und Griechenland, wenn nötig, mit Waffengewalt beizulegen. Wenige Monate vor der Unterzeichnung diesesVertrags hatte Rußland mit der Türkei einen Vertrag abgeschlossen, den Vertrag von Akkerman[281], durch den es sich verpflichtete, jede Einmischung in griechische Angelegenheiten aufzugeben. Dieser Vertrag kam zustande, nachdem Rußland den Kronprinzen von Persien zum Einfall in das Ottomanische Reich bewogen hatte und nachdem es die Pforte mit Beleidigungen überhäuft hatte, um sie zu einem Bruch zu treiben. Nach allen diesen Vorkommnissen präsentierte der englische Gesandte der Pforte die Bedingungen des Londoner Vertrags vom 6. Juli 1827 im Namen Rußlands und der anderen Mächte. Und mit Hilfe der
Komplikationen, die aus allen diesen Betrügereien und Lügen entstanden, fand Rußland endlich den Vorwand zu dem Krieg von 1828/29. Dieser Krieg endete mit dem Vertrag von Adrianopel, dessen Inhalt kurz in folgenden Zitaten aus McNeills berühmter Schrift über das „Vordringen Rußlands im Osten" wiedergegeben sei:
„Durch den Vertrag von Adrianopel gelangte der Zar in den Besitz von Anapa und Poti und eines bedeutenden Teils der Küste des Schwarzen Meeres, dann eines Teils des Paschaliks von Achalzych mit den Festungen Achalkalaki und Achalzych, ferner der durch die Mündung der Donau gebildeten Inseln. Die Zerstörung der türkischen Festung Giurgewo und seitens der Türkei das Aufgeben des rechten Donauufers auf einige Meilen Entfernung vom Fluß wurde festgesetzt... Viele tausend armenische Familien wurden teils mit Gewalt, teils durch priesterlichen Einfluß aus den türkischen Provinzen in Asien auf das Gebiet des Zaren getrieben... Seine eigenen Untertanen in der Türkei befreite der Zar von jeder Verantwortlichkeit gegen die Landesbehörden und legte der Pforte unter dem Titel einer Entschädigung für Kriegsausgaben und Handelsverluste eine ungeheure Schuldenlast auf; endlich behielt er die Moldau, Walachei und Silistria als Pfand für die Bezahlung zurück... Nachdem Rußland dutch diesen Vertrag die Türkei zur Annahme des Protokolls vom 22. März gezwungen hatte, wonach der Sultan die Suzeränität über Griechenland und einen jährlichen Tribut von diesem Lande erhalten sollte, gebrauchte Rußland seinen ganzen Einfluß, um Griechenland die Unabhängigkeit zu verschaffen. Wirklich wurde Griechenland als unabhängiger Staat erklärt und der Graf Kapodistrias, ein ehemaliger russischer Minister, zum Präsidenten ernannt."
Dies sind die Tatsachen. Sehen wir uns an, was Lord Palmerstons Meisterhand für ein Gemälde daraus fabriziert:
„Es ist vollkommen richtig, daß der Russisch-Türkische Krieg aus Vertragsbrüchen und Übergriffen entstand, die sich die Türkei gegen Rußlands Handel und Rußlands Rechte zuschulden kommen ließ." (Unterhaus, 16. Februar 1830.)
Als Palmerston zur Inkarnation eines Whig-Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten wurde, kam es noch besser:
„Das ehrenwerte und tapfere Mitglied des Hauses" (Oberst Evans) „hat Rußlands Vorgehen so hingestellt, als ob es seit 1815 bis zum heutigen Tage in unveränderlicher Angriffsstellung gegen die übrigen Staaten beharre. Er wies besonders auf die Kriege Rußlands mit Persien und der Türkei hin. Rußland war in keinem der beiden Fälle der Angreifer, und wenn auch eine Vergrößerung seiner Macht die Folge des persischen Krieges war, so war das doch nicht von Rußland beabsichtigt gewesen... Auch im türkischen Feldzug war Rußland nicht der Angreifer. Ich will das Haus nicht durch die Aufzählung aller Provokationen ermüden, die sich die Türkei gegen Rußland zuschulden kommen ließ; aber es läßt sich nicht leugnen, daß sie russische Untertanen
von ihrem Gebiet verbannte, russische Schiffe festhielt, alle Artikel des Vertrags von Akkerman nicht einhielt und, nach gemachten Vorhaltungen, die Sühne dafür verweigerte. Wenn es also je gerechte Gründe für einen Krieg gab, so hatte sie Rußland für den Krieg mit der Türkei. Trotzdem eignete es sich, wenigstens in Europa, keine neuen Gebiete an. Ich weiß wohl, daß gewisse Punkte andauernd besetzt waren" (die Moldau und Walachei sind nur Punkte, und die Mündungen der Donau sind nur Lappalien!) - „und daß einige Nebenerwerbungen am Schwarzen Meer in Asien gemacht wurden. Aber Rußland war mit den anderen europäischen Mächten dahin übereingekommen, daß ein Erfolg in diesem Krieg zu keinerlei Gebietsvergrößerung Rußlands in Europa führen sollte." (Unterhaus, 7.August 1832.)
Ihre Leser werden es jetzt begreifen, wenn Sir Robert Peel dem edlen Lord in öffentlicher Sitzung des Hauses erklärte, „er wisse nicht, wessen Vertreter er eigentlich sei"f282J.
Artikel III1
[„The People-'s Paper" Nr. 79 vom 5. November 1853] Der edle Viscount ist allgemein als der ritterliche Beschützer Polens bekannt und wird nie verfehlen, seinen schmerzlichen Gefühlen für Polen vor der Deputation Ausdruck zu geben, die ihm alljährlich einmal der „dear, dully, deadly" Dudley Stuart2 vorführt, •
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 4. November 1853 und in der in London 1853 herausgegebenen Broschüre „Palmerston und Rußland" beginnt der Artikel folgendermaßen: „Vor kurzem fand in London ein Protestmeeting gegen die Handlungen des englischen Ministeriums in dem jetzigen Konflikt zwischen Rußland und der Türkei statt; ein Redner, der sich besonders scharf gegen Lord Palmerston wandte, wurde bei dieser Gelegenheit mit einem Entrüstungssturm empfangen und niedergeschrien. Die Versammlung dachte offenbar, daß, wenn Rußland einen Freund im Ministerium habe, es gewiß nicht der edle Lord sei, und hätte zweifellos des Jubels kein Ende gefunden, wenn jemand imstande gewesen wäre, ihr die Ernennung seiner Lordschaft zum Premierminister zu melden. Dieses erstaunliche Zutrauen zu einem so hohlen, falschen Menschen beweist aufs neue, wie leicht sich das Volk durch glänzende Eigenschaften täuschen läßt, und wie notwendig es ist, diesem arglistigen Feind der menschlichen Freiheit die Maske vom Gesicht zu reißen. Auf der Grundlage der Geschichte der letzten fünfundzwanzig Jahre und gestützt auf die Parlamentsdebatten wollen wir daher fortfahren, die wahre Rolle aufzudecken, die dieser vollendete Schauspieler in dem Drama des modernen Europas spielte." -a Wortspiel: „der gute, zum Sterben langweilige" Dudley Stuart
„jener treffliche Mann, der Reden hält, Resolutionen fabriziert, über Adressen abstimmt, Deputationen anführt, zu jeder Zeit das notwendige Maß von Vertrauen in das notwendige Individuum hat und der, wenn erforderlich, auch seine drei Hurras auf die Königin ausbringt". Als Lord Palmerston im November 1830 sein Amt antrat, waren die Polen bereits seit etwa einem Monat unter Waffen. Am 8. August 1831 legte Herr Hunt dem Hause eine Petition der Westminster Union zugunsten der Polen vor, die zugleich „die Entlassung Lord Palmerstons aus dem Kabinett Seiner Majestät" forderte. Herr Hume stellte an demselben Tage fest, er entnehme aus dem Schweigen des edlen Lords, daß die Regierung „für die Polen nichts zu tun gedenke und sie auf Gnade und Ungnade den Russen überlassen wolle". Darauf erwiderte Lord Palmerston,
„alle wie immer gearteten Verpflichtungen, die durch bestehende Verträge auferlegt wären, würden jederzeit der Aufmerksamkeit der Regierung sicher sein". Worin bestanden seiner Meinung nach die Verpflichtungen, die England durch bestehende Verträge auferlegt wurden? Er sagt es uns selbst:
„Die Ansprüche Rußlands auf den Besitz von Polen tragen das Datum des Wiener Vertrags." (Unterhaus, 9. Juli 1833.)
Aber dieser Vertrag macht den Besitz von Polen abhängig von der Einhaltung der polnischen Konstitution durch den Zaren. Jedoch,
„die bloße Tatsache, daß England Partner des Wiener Vertrags sei, ist noch nicht gleichbedeutend mit Englands Bürgschaft dafür, daß Rußland diesen Vertrag nicht brechen werde". (Unterhaus, 25.März 1834.)
D.h., man kann für einen Vertrag bürgen,ohne für dessen Einhaltung zu bürgen. Das ist derselbe Grundsatz, den die Mailänder dem Kaiser Barbarossa gegenüber vertraten: „Wir schworen zwar den Eid, doch schworen wir nicht, ihn zu halten."12831 In einer Hinsicht war der Wiener Vertrag immerhin zu etwas gut. Er gab der britischen Regierung als einer der vertragschließenden Mächte
„das Recht, eine Ansicht über jede Handlung, die einen Bruch jenes Vertrags in sich schloß, zu haben und zu äußern... Die vertragschließenden Mächte des Wiener Vertrags hatten ein Recht, von Rußland zu fordern, daß die Konstitution Polens nicht angetastet werde, und dies war eine Ansicht, die ich der russischen Regierung gegenüber durchaus nicht verhehlt habe. Ich teilte sie dieser Regierung schon anticipando noch vor der Einnahme Warschaus mit und noch ehe das Resultat der Feindseligkeiten bekannt wurde. Ich teilte sie ihr nochmals mit, als Warschau fiel. Die russische Regierung war darüber allerdings anderer Meinung." (Unterhaus, 9. Juli 1833.)
2 4 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
Er hatte also mit Ruhe den Fall Polens vorweggenommen und diese günstige Gelegenheit dazu ausgenützt, eine Ansicht über gewisse Artikel des Wiener Vertrags zu haben und zu äußern, überzeugt davon, daß der großmütige Zar bloß warte, bis das polnische Volk durch seine bewaffnete Macht gänzlich zerschmettert sei, um dann einer Konstitution zu huldigen, die er mit Füßen getreten hatte, als das Volk noch volle Widerstandskraft besaß. Gleichzeitig klagte der edle Lord die Polen an, „den unerwünschten und seiner Meinung nach nicht zu rechtfertigenden Schritt der Entthronung des Kaisers getan zu haben". (Unterhaus, 9.Juli 1833.) „Er könne auch versichern, daß die Polen die Angreifer gewesen seien, denn sie hätten den Streit begonnen." (Unterhaus, 7. August 1832.) Als die Befürchtungen, Polen könne vernichtet werden, immer allgemeiner und beunruhigender wurden, erklärte er,
„die Vernichtung Polens sei sowohl moralisch als politisch so vollkommen undurchführbar, daß er glaube, jede Befürchtung eines derartigen Versuchs sei überflüssig". (Unterhaus, 28. Juni 1832.) Als man ihn später daran erinnerte, daß solche unbestimmten Erwartungen geäußert worden seien, versicherte er, man habe ihn mißverstanden. Er hätte sich nicht im politischen, sondern im allgemeinen Sinne des Wortes so ausgedrückt und gemeint, daß der russische Kaiser nicht imstande sei,
»nominell oder tatsächlich so viele Millionen Menschen auszutilgen, als das polnische Königreich in seinem geteilten Zustande enthalte". (Unterhaus, 20. April 1836.) Als das Unterhaus versuchte, sich in den Kampf der Polen einzumischen, berief er sich auf seine Verantwortlichkeit als Minister. Und als man vor vollzogenen Tatsachen stand, erklärte er kühl,
„kein Votum dieses Hauses könnte auch nur im entferntesten die Wirkung haben, Rußlands Entschluß umzustoßen". (Unterhaus, 9. Juli 1833.) Als die Greueltaten der Russen nach dem Fall von Warschau öffentlich gerügt wurden, erbat er von dem Hause eine zartere Behandlung des russischen Kaisers und erklärte, „niemand könne mehr als er die in der Debatte gefallenen Ausdrücke bedauern" (Unterhaus, 28. Juni 1832) - und „der jetzige Kaiser von Rußland sei ein Mann von erhabener, großmütiger Denkungsart" - und „wenn Fälle vorgekommen sind, in denen sich die russische Regierung unziemliche Grausamkeit gegen diePolen habe zuschulden kommen lassen, müsse man das als Beweis dafür ansehen, daß die Macht des russischen Kaisers eine begrenzte sei und daß der Kaiser in diesen Fällen dem Einfluß anderer gehorchte und nicht den Regungen seiner eigenen natürlichen Gefühle". (Unterhaus, 9. Juli 1833.)
Als einerseits Polens Geschick besiegelt war, andrerseits die Auflösung des Türkischen Reichs infolge der Rebellion Mechmed Alis unmittelbar drohte, gab er dem Hause die Versicherung, „daß die Dinge im allgemeinen sich recht befriedigend entwickelten". (Unterhaus, 26. Januar 1832.) Als ein Antrag auf finanzielle Unterstützung der polnischen Flüchtlinge einging,
„war es ihm äußerst peinlich, sich dem Vorschlag der Gewährung von Geldmitteln an diese Individuen zu widersetzen, denn das natürliche, spontane Empfinden müsse doch jeden großmütigen Menschen zu deren Bewilligung drängen; aber es sei mit seiner Pflicht unvereinbar, eine Unterstützung dieser unglücklichen Leute durch Geldmittel zu beantragen". (Unterhaus, 25.März 1834.)
Dieser selbe weichherzige Mann hatte, wie wir bald noch sehen werden, insgeheim die Kosten für Polens Fall zu einem großen Teil aus der Tasche des britischen Volkes bestritten. Der edle Lord gab sich alle erdenkliche Mühe, keine offizielle aktenmäßige Mitteilung über die polnische Katastrophe vor das Parlament kommen zu lassen. Dennoch gelangten Darstellungen des Sachverhalts ins Unterhaus, die er nicht einmal zu widerlegen für notwendig fand und die über seine Rolle in jener verhängnisvollen Zeit keinen Zweifel lassen. Nachdem die polnische Revolution ausgebrochen war, verließ der Österreichische Konsul Warschau nicht, und die österreichische Regierung ging so weit, einen polnischen Agenten, Herrn Walewski, nach Paris zu schicken, der die Mission hatte, mit den Regierungen von England und Frankreich über die Wiederherstellung eines polnischen Königtums zu verhandeln. Der Hof der Tuilerien erklärte, „er sei bereit, sich England anzuschließen, wenn es dem Plan zustimmte". Lord Palmerston wies das Anerbieten zurück. 1831 schlug Herr von Talleyrand, der französische Gesandte am Hofe von Saint James, einen Plan des gemeinsamen Vorgehens für Frankreich und England vor, erhielt aber von dem edlen Lord eine deutliche Absage und eine schriftliche Note des Inhalts,
„daß eine gütliche Vermittlung in der polnischen Frage von Rußland abgelehnt werden würde; daß die Mächte soeben ein ähnliches Angebot Frankreichs abgelehnt hätten; daß die beiden Höfe von Frankreich und England im Falle einer Weigerung Rußlands nur mit Gewalt intervenieren könnten und daß die herzlichen und zufriedenstellenden Beziehungen zwischen den Kabinetten von Saint James und St.Petersburg Seiner Majestät dem König eine derartige Einmischung nicht gestatteten. Die Zeit sei noch nicht gekommen, wo ein derartiger Schritt mitErfolg gegen den Willen einesHerrschers unternommen werden dürfe, dessen Rechte unanfechtbare seien"
Damit nicht genug. Am 23. Februar 1848 gab Herr Anstey im Unterhaus folgende Erklärung ab:
„Schweden rüstet seine Flotte, um zugunsten Polens einen Scheinangriff zu unternehmen und um seine Provinzen in der Ostsee wiederzugewinnen, die ihm im letzten Krieg so ungerechterweise entrissen worden sind. Unser Botschafter am schwedischen Hofe erhielt von dem edlen Lord Instruktionen im entgegengesetzten Sinn, und Schweden unterbrach seine Rüstungen. Der persische Hof hatte in der gleichen Absicht eine Armee unter dem Befehl des persischen Kronprinzen abgeschickt, die sich seit drei Tagen auf dem Marsch an die russische Grenze befindet. Der Legationssekretär am Hof von Teheran, Sir John McNeill, folgte dem Prinzen und holte ihn trotz einer Distanz von drei Tagereisen vom Hauptquartier aus ein, um gemäß den Instruktionen des edlen Lords und im Namen Englands Persien mit Krieg zu drohen, wenn der Prinz noch einen Schritt weiter gegen die russische Grenze vorrücke. Die gleichen Mittel wendete der edle Lord an, um die Türkei daran zu hindern, ihrerseits den Krieg wieder zu beginnen."
Als Oberst Evans die Vorweisung von Akten verlangte, aus denen hervorginge, daß Preußen seine vorgebliche Neutralität im Russisch-Polnischen Krieg gebrochen habe, erwiderte Lord Palmerston,
„die Minister unseres Landes haben diesen Kampf nicht ohne das tiefste Bedauern mitangesehen, und sie sind voller Befriedigung, ihn beendet zu sehen". (Unterhaus, 16. August 1831.)
Natürlich wünschte er ihn so schnell als möglich beendet zu sehen, und Preußen teilte seine Gefühle. Bei einer späteren Gelegenheit resümierte Herr H. Gally Knight das ganze Vorgehen des edlen Lords, soweit es sich um den polnischen Aufstand handelt, in folgenden Sätzen:
„Sobald Rußland in Frage kommt, tritt in dem Vorgehen des edlen Lords eine eigentümliche Inkonsequenz zutage... In der polnischen Frage hat uns der edle Lord immer und immer wieder enttäuscht; erinnern wir uns, wie der edle Lord, als man in ihn drang, sich für die Sache der Polen einzusetzen, wohl die Gerechtigkeit der Sache, die Berechtigung unserer Klagen zugab. Aber, sagte er: Haltet euch nur jetzt zurück, soeben ist ein Gesandter von bekannter liberaler Gesinnung auf dem Weg zu unterhandeln; ihr könnt euch darauf verlassen, daß wir schon das Richtige tun werden, Ihr würdet seine Verhandlungen nur stören, wenn ihr die Macht erzürntet, mit der er zu tun haben wird. Seid daher vernünftig, folgt meinem Rat und seid versichert, damit wird viel erreicht werden. Wir ließen uns mit diesen Zusicherungen abspeisen, der liberale Gesandte reiste ab; ob er aber je in der Sache etwas getan, haben wir nie erfahren. Alles, was wir erreichten, sind die schönen Worte des edlen Lords und keine Resultate." (Unterhaus, 13. Juli 1840.)
Als das sogenannte Königreich Polen von der europäischen Landkarte verschwunden war, blieb noch in der freien Stadt Krakau ein wunderliches Überbleibsel polnischer nationaler Unabhängigkeit zurück. Zar Alexander hatte während der allgemeinen Anarchie, die dem Sturze des französischen Kaiserreichs gefolgt war, das Herzogtum Warschau nicht erobert, sondern sich seiner einfach bemächtigt und wünschte es natürlich zu behalten, zusammen mit Krakau, das durch Bonaparte dem Herzogtum einverleibt worden war. Österreich, zu dessen Besitz einst Krakau gehörte, wollte es zurück haben. Als der Zar sah, er könne es nicht behalten, schlug er vor, es zur freien Stadt zu machen, da er natürlich nicht wollte, daß es an Österreich käme. Im Artikel VI des Wiener Vertrags wurde daher festgesetzt, daß „die Stadt Krakau mit ihrem Gebiet für immer eine freie, unabhängige und streng neutrale Stadt unter dem Protektorat Rußlands, Österreichs und Preußens sein solle", und im Artikel IX „verpflichten sich die Regierungen Rußlands, Österreichs und Preußens, die Neutralität Krakaus und seines Gebiets als freie Stadt zu respektieren und immer respektieren zu lassen. Keine bewaffnete Macht darf dort unter was immer für einem Vorwand einrücken." Unmittelbar nach der Beendigung des polnischen Aufstands von 1830/31 zogen plötzlich russische Truppen in Krakau ein, und diese Okkupation dauerte zwei Monate. Doch wurde dies als eine vorübergehende, durch den Krieg notwendig gemachte Maßnahme betrachtet und war im Sturm und Drang jener Zeiten bald vergessen. 1836 wurde Krakau wieder von österreichischen, russischen und preußischen Truppen okkupiert, um, wie es hieß, die Behörden Krakaus zu zwingen, diejenigen Personen auszuliefern, die an der polnischen Revolution vor fünf Jahren teilgenommen hatten. Die Konstitution Krakaus wurde abgeschafft, und die drei dort residierenden Konsuln maßten sich die höchste Autorität an; die Polizei wurde österreichischen Spionen anvertraut, der Senat gestürzt, die Gerichte suspendiert, die Universität durch das Verbot der Immatrikulation von Studenten aus den benachbarten Provinzen lahmgelegt und der Handel der freien Stadt mit den umgebenden Ländern zerstört.1
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 4.November 1853 und in der 1853 in London herausgegebenen Broschüre „Palmerston und Rußland" steht anstatt „Die Konstitution Krakaus wurde abgeschafft..." folgendes: „Bei dieser Gelegenheit enthielt sich der edle Lord jedes Einspruchs, weil, wie er 1836 und 1840 äußerte, ,es schwierig sei, unsere Proteste wirksamer zu gestalten'. Als jedoch Krakau endgültig durch Osterreich konfisziert war, erschien ihm ein einfacher Protest ,als das einzige wirksame Mittel'."
Als der edle Viscount am 18. März 1836 wegen der Okkupation Krakaus interpelliert wurde, erklärte er sie für eine nur vorübergehende Erscheinung. Die Art, wie er das Vorgehen seiner drei nördlichen Alliierten darlegte, erschien ihm selbst so beschönigend und lobrednerisch, daß er plötzlich den glatten Fluß seiner Rede unterbrach, um feierlich zu erklären:
„ Ich stehe nicht hier, um Maßnahmen zu verteidigen, die ich im Gegenteil verurteilen und verdammen muß. Ich habe diese Tatsachen nur erwähnt, weil sie, wenn sie auch die gewaltsame Okkupation von Krakau nicht entschuldigen, doch vielleicht eine Rechtfertigung dafür geben usw..."
Er gab zu, daß der Wiener Vertrag die drei Mächte verpflichtete, ohne vorherige Einwilligung Englands keinen wie immer gearteten Schritt zu unternehmen.
„Jedoch könne man mit Recht von ihnen sagen, daß sie der Gerechtigkeitsliebe und dem geraden Sinn dieses Landes unwillkürlich ihren Tribut zollten, als sie voraussetzten, daß wir einem solchen Vorgehen niemals zustimmen würden."
Herr Patrick Stewart jedoch war darauf gekommen, daß es bessere Mittel zur Erhaltung Krakaus gäbe als die bloße „Enthaltung von Protesten", und brachte am 20. April 1836 einen Antrag ein, wonach die Regierung angewiesen werden sollte, einen Konsul als Vertreter in die freie Stadt Krakau zu senden, da von den drei nördlichen Mächten sich ebenfalls drei Konsuln dort befänden. Die gleichzeitige Ankunft eines französischen und eines englischen Konsuls in Krakau hätte die Bedeutung eines politischen Ereignisses1 gehabt. Als der edle Viscount sah, daß die Majorität des Hauses dem Antrag günstig gestimmt war, veranlaßte er Herrn Stewart, ihn zurückzuziehen, indem er die feierliche Zusage gab, daß „die Regierung beabsichtige, einen Konsularagenten nach Krakau zu schicken". Als Lord Dudley Stuart ihn am 22. März 1837 wegen dieses Versprechens interpellierte, antwortete der edle Lord, „er habe seine Absicht geändert; er habe keinen Konsularagenten nach Krakau geschickt und beabsichtige auch im gegenwärtigen Augenblick nicht, es zu tun." Als Lord Dudley Stuart ankündigte, er werde interpellieren, um aktenmäßige Aufklärung über diese sonderbare Transaktion zu bekommen, ver
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 4. November 1853 und in der 1853 in London herausgegebenen Broschüre „Palmerston und Rußland" steht nach den Worten „eines politischen Ereignisses" folgender Satz: „... und mußte auf jeden Fall den edlen Lord daran hindern, später einmal zu erklären, er hätte von den Intrigen gar nichts bemerkt, die von Österreichern, Russen und Preußen in Krakau angezettelt wurden."
eitelte der edle Viscount diese Interpellation einfach dadurch, daß er kurzerhand wegblieb und eine Auszählung des Hauses notwendig wurde.1 Die „zeitweilige" Okkupation Krakaus dauerte auch noch 1840 fort, und die Bevölkerung richtete daher an die Regierungen Frankreichs und Englands ein Memorandum, das unter anderem folgenden Passus enthält:
„Das Unglück, das die freie Stadt Krakau und ihre Bewohner heimgesucht hat, hat einen derartigen Umfang angenommen, daß die Unterzeichneten für sich und ihre Mitbürger keine andere Zuflucht mehr sehen als bei den erlauchten Regierungen von Frankreich und England. DieSituation, in der sie sich gegenwärtig befinden, berechtigt sie, sich an alle jene Mächte zu wenden, die den Wiener Vertrag mitunterschrieben haben." Als der edle Viscount am 13. Juli 1840 wegen dieser Krakauer Petition befragt wurde, erklärte er:
„Zwischen Österreich und der britischen Regierung ist die Räumung Krakaus nur mehr eine Frage der Zeit."
Was den Bruch des Wiener Vertrags anbelangt,
„so gäbe es keine Möglichkeit, Englands Ansichten gewaltsam durchzusetzen, selbst wenn dieses Land bereit wäre, zu den Waffen zu greifen, denn Krakau sei augenscheinlich ein Ort, wo eine englische Aktion unmöglich stattfinden könne".
Man beachte, daß zwei Tage nach dieser Erklärung der edle Lord mit Rußland, Österreich und Preußen einen Vertrag schloß, der der englischen Flotte das Schwarze Meer12581 versperrte, vielleicht damit auch dort keine englische Aktion sich entfalten könne. Genau zu derselben Zeit erneuerte der edle Lord die Heilige Allianz Englands mit diesen Mächten gegen Frankreich. Über die Handelsverluste, die England infolge der Okkupation von Krakau erlitt, ließ sich der edle Lord folgendermaßen aus: „der allgemeine Export nach Deutschland ist nicht gesunken", worauf Sir Robert Peel richtig bemerkte, das habe mit Krakau gar nichts zu tun. Zu seinen wirklichen Absichten in dieser Angelegenheit und auch betreffs der Entsendung eines Konsularagenten nach Krakau erwiderte Palmerston:
„Die Art, wie seine unglückselige Erklärung, einen britischen Konsul nach Krakau zu berufen, von den Mitgliedern der Opposition benutzt worden sei" (eine Erklärung,
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 4.November 1853 und in der 1853 in London herausgegebenen Broschüre „Palmerston und Rußland" steht nach diesen Worten folgender Satz: „Niemals hat er sich darüber ausgesprochen, warum oder weshalb er seine gegebene Zusage nicht einhielt, und allen Versuchen, ihm irgendwelche schriftliche Belege über diese Angelegenheit zu entreißen, hat er erfolgreich widerstanden."
zu der sich der edle Lord 1836 gedrängt gesehen hatte, um einem Tadel durch ein ihm feindliches Parlament zu entgehen), „berechtige ihn dazu, auf eine derartige Frage jede Antwort zu verweigern, die ihn wieder ähnlichen ungerechtfertigten Angriffen aussetzen könnte."
Am 17. August 1846 erklärte er,
„es hänge nicht von der Anwesenheit eines Konsularagenten in Krakau ab, ob der Wiener Vertrag durch die Großmächte Europas eingehalten und durchgeführt werde oder nicht".
Am 28Januar 1847, als man von Palmerston neuerdings aktenmäßige Belege dafür verlangte, warum die Berufung eines britischen Konsuls nach Krakau nicht erfolgt sei, erklärte er,
„die Angelegenheit habe fernen unbedingten Zusammenhang mit der Diskussion über die Einverleibung Krakaus, und er sähe keinen Nutzen in der Wiederaufnahme einer erregten Debatte über einen Gegenstand, der nur vorübergehendes Interesse besäße
Er blieb also der Ansicht treu, die er schon am 17. März 1837 über die Vorlegung von Staatsdokumenten geäußert hatte:
„ Wenn dieDokumente mitFragen zusammenhängen, die noch zurDiskussion stehen, so ist ihre Vorlegung gefährlich; beziehen sie sich auf Fragen, die schon erledigt sind, so sind sie entschieden nicht mehr von Nutzen."
Und doch war die britische Regierung durch ihren Konsul in Warschau, Oberst Duplat, sehr genau über die Bedeutung informiert, die Krakau nicht nur in politischer, sondern auch in kommerzieller Hinsicht hat. Dieser berichtete:
„Krakau ist seit seiner Erhebung zu einem unabhängigen Staat immer das Depot sehr bedeutender Quantitäten von englischen Waren gewesen, die vom Schwarzen Meer, von der Moldau und Galizien und sogar über Triest hingesandt wurden und die später ihren Weg in die umliegenden Länder fanden. Im Laufe derZeit fand es Anschluß an die großen Eisenbahnlinien Böhmens, Preußens, Österreichs... Auch ist es das Zentrum der wichtigen Eisenbahnverbindung zwischen der Adria und der Ostsee. Es wird gleicherweise in direkte Verbindung mit Warschau kommen... Da man beinahe mit Bestimmtheit voraussehen kann, daß jeder wichtige Punkt der Levante und sogar Indiens und Chinas mit der Adria in Verbindung gesetzt werden wird, so kann man nicht leugnen, daß es auch für England von höchster kommerzieller Bedeutung wäre, im Mittelpunkt des großen Eisenbahnnetzes, das den westlichen Kontinent mit dem östlichen verbindet, eine solche Station wie Krakau zu besitzen."
Selbst Lord Palmerston mußte zugeben, daß der Krakauer Aufstand im Jahre 1846[2841 bewußt von den drei Mächten provoziert war.
„Ich glaube, daß der ursprüngliche Einmarsch der österreichischen Truppen in Krakauer Gebiet auf ein Gesuch der Krakauer Regierung hin erfolgte. Dann aber zogen sich diese österreichischen Truppen zurück. Warum sie sich zurückzogen, ist bis heute nicht geklärt. Mit ihnen zogen sich die Regierung und die Behörden Krakaus zurück, und die unmittelbare oder vielmehr die erste Konsequenz dieses Rückzugs war die Einsetzung einer provisorischen Regierung in Krakau." (Unterhaus, 17.August 1846.)
Am 22. Februar 1846 besetzten die Österreichischen Truppen, und nach ihnen die russischen und preußischen, Krakau. Am 26. desselben Monats erließ der Kreishauptmann von Tarnow eine Proklamation, in der er die Bauern aufforderte, ihre Gutsherren umzubringen und ihnen dafür „eine angemessene Belohnung in Geld" versprach. Dieser Proklamation folgten die galizischen Exzesse und das Massaker von etwa zweitausend Gutsbesitzern. Am 12. März erschien die österreichische Proklamation an die „getreuen Galizier, die sich zur Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung erhoben und die Feinde der Ordnung vernichtet hatten". In der offiziellen Gazette[285J vom 28. April erklärte Fürst Friedrich von Schwarzenberg, daß „die Handlungen, die geschehen waren, von der österreichischen Regierung autorisiert worden seien", die natürlich nach einem gemeinsamen Plan mit Rußland und mit Preußen, dem Lakaien des Zaren, vorging. Nach allen diesen Schändlichkeiten hielt es Lord Palmerston für geraten, im Unterhaus folgende Erklärung abzugeben:
„ Ich habe eine viel zu hohe Meinung von dem Gerechtigkeitssinn der Regierungen Österreichs, Rußlands und Preußens, um nicht anzunehmen, daß sie Krakau so behandeln werden, wie es behandelt zu werden vertragspflichtig berechtigt ist." (Unterhaus, 17. August 1846.)
Dem edlen Lord war es damals lediglich darum zu tun, das Parlament, dessen Session eben zu Ende ging, loszuwerden. Er versicherte dem Unterhaus, „daß von Seiten der britischen Regierung alles geschehen werde, um den Forderungen des Wiener Vertrags den gebührenden Respekt zu verschaffen". Als aber Herr Hume seine Zweifel darüber äußerte, „daß es Lord Palmerstons Absicht sei, die Zurückziehung der russischen und österreichischen Truppen aus Krakau zu veranlassen", ersuchte der edle Lord das Haus, diesen Behauptungen Herrn Humes keine Bedeutung beizumessen. Er sei viel besser informiert und überzeugt, daß die Okkupation von Krakau bloß eine „zeitweilige" sei. Als das Parlament von 1846 in derselben Manier abgefertigt war, wie er es später mit dem Parlament von 1853 machte, erfolgte prompt am 11. November 1846 die österreichische Proklamation, durch die Krakau dem österreichischen Staatsgebiet einverleibt wurde. Als sich am 19. Januar \ 847
das Parlament wieder versammelte, erfuhr es durch die Thronrede, daß Krakau dahin sei, daß jedoch dafür ein Protest des tapferen Palmerston zurückgeblieben sei. Um aber diesem Protest von vornherein jeden Schein einer Bedeutung zu nehmen, trachtete der edle Lord zu eben derselben Zeit wegen der spanischen Heiraten1286^ England in einen Streit mit Frankreich zu verwickeln, der beinahe zwischen den beiden Ländern zu einem Zusammenstoß geführt hätte, ein Vorgehen, das von Herrn Smith O'Brien einer außerordentlich scharfen Kritik unterzogen wurde. Die französische Regierung hatte sich an Palmerston gewandt, um sich seiner Mitwirkung bei einem gemeinsamen Protest gegen die Einverleibung Krakaus zu versichern. Darauf erwiderte Lord Normanby gemäß den Instruktionen des edlen Viscount, die Gewalttat, die sich Osterreich durch die Annektierung Krakaus habe zuschulden kommen lassen, sei nicht größer als die Frankreichs, das eine Heirat des Herzogs von Montpensier mit der spanischen Infantin arrangiert habe das eine sei ein Bruch des Wiener Vertrags, das andere ein Bruch des Utrechter Vertrags[287]. Nun war der Vertrag von Utrecht, obwohl 1782 erneuert, durch den Antijakobinerkrieg endgültig abgeschafft und daher seit 1792 ganz außer Wirksamkeit getreten. Niemand im Hause wußte das besser als der edle Lord, der anläßlich der Debatten über die Blockaden von Mexiko und Buenos Aires[2ö8J dem Hause selbst mitgeteilt hatte, daß
„die Bestimmungen des Utrechter Vertrags längst durch die Wechselfälle des Krieges erloschen seien, mit Ausnahme einer einzigen Klausel bezüglich der Grenzen Brasiliens und Französisch-Guayanas, einer Klausel, die ausdrücklich dem Wiener Vertrag einverleibt worden sei". Wir müssen uns noch mit den Bemühungen beschäftigen, die der edle Lord zur Abwehr der Übergriffe Rußlands auf Polen unternommen hatte. Zwischen England, Holland und Rußland existierte einst ein sonderbares Übereinkommen, die sogenannte russisch-holländische Anleihe. Während des Antijakobinerkrieges kontrahierte der Zar Alexander bei den Herren Hope & Co. in Amsterdam eine Anleihe. Nach dem Fall Napoleons erbot sich der König der Niederlande1, „der sich den verbündeten Mächten für die Befreiung seines Landes erkenntlich zeigen wollte" wie auch für die Annexion Belgiens, auf das er nicht den geringsten Anspruch hatte, einen Vertrag mit Rußland zu schließen, durch den er sich verpflichtete, die 25 Millionen Gulden, die Rußland den Herren Hope & Co. schuldete, ratenweise zu be~ zahlen; die anderen Mächte hatten zugunsten Rußlands, das eben in größter
1 Wilhelm I.
Geldklemme stak, auf ihre Ansprüche verzichtet. Wohl um seinen Raub der holländischen Kolonien am Kap der Guten Hoffnung sowie Demararas, Essequibos und Berbices zu bemänteln, schloß sich England diesem Vertrag an und verpflichtete sich, einen bestimmten Teil der Rußland zugestandenen Subsidien zu bezahlen. Diese Bestimmung wurde in den Wiener Vertrag aufgenommen, aber unter der ausdrücklichen Bedingung, „daß die Zahlung aufhöre, wenn die Union zwischen Holland und Belgien früher auseinanderginge, als die ganze Schuld liquidiert sei". Als sich nun Belgien durch eine Revolution von Holland12891 löste, weigerte sich Holland selbstverständlich, seinen Teil an Rußland weiter zu zahlen1. Und andrerseits hatte Rußland, wie Herr Herries im Parlament konstatierte, „auch nicht das kleinste Jota eines Anspruchs auf eine weitere Zahlung der Schuld seitens Englands". (Unterhaus, 26. Januar 1832.) Lord Palmerston jedoch fand es ganz natürlich, daß
„Rußland einmal dafür bezahlt wird, weil es die Union zwischen Belgien und Holland unterstützt, und daß es das andere Mal bezahlt wird, weil es für die Trennung dieser beiden Länder eintritt". (Unterhaus, 16. Juli 1832.)
In tragischen Tönen flehte er um getreue Einhaltung der Verträge - vor allem des Wiener Vertrags; und er bemühte sich, einen neuen Vertrag mit Rußland durchzusetzen, datiert vom 16. November 1831, in dessen Einleitung ausdrücklich bemerkt war, daß er geschlossen sei „in Anbetracht der allgemeinen Bestimmungen des Wiener Vertrags, die ihre volle Wirkung behalten sollen". Als die Bestimmung über die russisch-holländische Anleihe in den Wiener Vertrag aufgenommen worden war, rief der Herzog von Wellington aus:
„Das ist ein diplomatisches Meisterstück von Lord Castlereagh; denn nun ist Rußland zur Einhaltung des Wiener Vertrags durch eine pekuniäre Verbindlichkeit verpflichtet."
Als daher Rußland durch die Okkupation Krakaus den Wiener Vertrag brach, beantragte Herr Hume, jegliche weitere Zahlung des britischen Schatzamts an Rußland einzustellen. Der edle Viscount jedoch dachte, daß, wenn Rußland auch das Recht habe, den Wiener Vertrag in bezug auf Polen zu
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 4. November 1853 und in der 1853 in London herausgegebenen Broschüre „Palmerston und Rußland" heißt es an dieser Stelle weiter: „mit der Begründung, daß die Anleihe abgeschlossen wurde, um Holland den ungeteilten Besitz der belgischen Provinzen zu erhalten, und daß es jetzt die Souveränität über diese Länder nicht mehr besitze."
brechen, England doch durch denselben Vertrag Rußland gegenüber gebunden bleiben müsse. Doch ist damit noch nicht das außerordentliche Vorgehen des edlen Lords erschöpft. Nachdem die belgische Revolution ausgebrochen war und ehe noch das Parlament die neue russische Anleihe genehmigt hatte, nahm Palmerston schon die Kosten des russischen Krieges gegen Polen auf sich unter dem falschen Vorwand, die alte Schuld abzuzahlen, die England 1815 kontrahiert hatte; und das, obgleich wir, gestützt auf die Autorität des größten englischen Juristen Sir E. Sugden, jetzt Lord St. Leonards, feststellen können, daß „es in dieser Frage keinen einzigen strittigen Punkt gab und daß die Regierung in keiner Weise Vollmacht hatte, nur einen Schilling zu bezahlen". (Unterhaus, 26. Januar 1832.) Ebenso können wir, gestützt auf die Autorität Sir Robert Peels, feststellen, „daß der edle Lord gesetzlich nicht das Recht besaß, das Geld vorzustrecken". (Unterhaus, 12. Juli 1832.) Jetzt begreifen wir also, warum der edle Lord bei jeder Gelegenheit wiederholt, daß „für einen feinfühligen Menschen nichts peinlicher sein könne als diese Erörterungen über Polen".1
Artikel IV8
[„The People's Paper" Nr. 80 vom 12. November 1853] Ein ewiges und unerschöpfliches Thema zur Selbstverherrlichung sind für den edlen Viscount die Dienste, die er der Sache der konstitutionellen Freiheit auf dem ganzen Kontinent geleistet hat. In der Tat verdankt ihm
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 4. November 1853 und in der 1853 in London herausgegebenen Broschüre „Palmerston und Rußland" lautet der Schluß des vorliegenden Artikels: „Und nun können wir auch ermessen, welchen Grad von Entschlossenheit er entwickeln wird, wenn es gilt, den Übergriffen jener Macht Widerstand zu leisten, der er so unentwegt gedient hat." -2 In der „New-York Daily Tribüne" vom 21 .November 1853 beginnt der Artikel folgendermaßen: „Es gibtLeute, die erwarten, daß die britische Regierung in dem Kriege, der jetztzwischen derTürkei und Rußland begonnen hat, endlich ihr System der halben Maßnahmen und fruchtlosen Verhandlungen aufgeben und energische und wirksame Maßnahmen ergreifen wird, damit der Moskowiter Eindringling seiner Beute und seinen Weltherr* schaftsträumen entsagt. Eine solche Erwartung mag der Grundlage einer abstrakten Wahrscheinlichkeit und einer sie rechtfertigenden Politik nicht entbehren. Wie wenig realer Grund dafür vorhanden ist, wird für jeden ersichtlich, der die nachstehend vorgebrachten Tatsachen
die Welt die Erfindung der konstitutionellen Königreiche Portugal, Spanien und Griechenland - dreier politischer Phantome, die sich nur mit Wagners Homunkulus im „Faust" vergleichen lassen. Portugal, seufzend unter dem Joche eines ungeheuren Fleischklumpens, genannt Donna Maria da Gloria, hinter der ein Coburger1 steht, „muß als eine der achtunggebietenden Machte Europas betrachtet werden". (Unterhaus, 10. März 1837.)
Und während der edle Viscount also sprach, gingen in Lissabon sechs englische Linienschiffe vor Anker, die die „achtunggebietende" Tochter Don Pedros vor ihrem portugiesischen Volke schützen und ihr helfen sollten, dieselbe Konstitution zu vernichten, die zu beschirmen sie geschworen hatte. Spanien, das einer anderen Maria2 preisgegeben ist, die, obwohl als notorische Sünderin bekannt, doch nie zu einer Magdalena werden wird,
„erscheint uns als eine reiche, blühende, ja sogar furchterregende Macht unter den europäischen Königreichen". (Lord Palmerston im Unterhaus, lO.März 1837.)
Allerdings, furchterregend für alle Besitzer von spanischen Wertpapieren. Aber sogar für die Auslieferung des Geburtslandes eines Perikles und Sophokles an die nominelle Herrschaft eines bayrischen Idiotenknaben3 hat der edle Lord gute Gründe zur Hand.
„König Otto gehört einem Lande an, in dem eine freie Verfassung besteht." (Unterhaus, 8. August 1832.) I Eine freie Verfassung in Bayern, dem deutschen Böotien[290]! Das übersteigt die licentia poetica4 einer rhetorischen Floskel, die „begründeten Hoffnungen" Spaniens und die „achtunggebietende" Macht Portugals. Was nun Belgien betrifft, so tat Lord Palmerston nichts anderes, als daß er es mit einem Teil der holländischen Schuld belastete, ihm die Provinz Luxemburg abknöpfte und die Dynastie Coburg aufhalste. Was die Entente cordiale mit Frankreich anbelangt, so begann sie von dem Augenblick an zu kränkeln, da
bezüglich des Verhaltens des englischen Ministers in der Vergangenheit bedenkt, von demman annimmt, er werde dem Vormarsch des russischen Despotismus in Europa äußerst feindlich gesinnt sein. Tatsächlich sind die meisten Leute in England, die mit der Politik der Regierung hinsichtlich der Auseinandersetzung zwischen der Türkei und Rußland unzufrieden sind, überzeugt davon, daß die Dinge ganz anders aussehen würden, wenn Lord Palmerston dafür verantwortlich wäre. Diese Leute müssen - wenn sie sich die Geschichte des edlen Viscount in Erinnerung rufen - die ganze ereignisreiche Periode von 1832 bis 1847 auslassen, eine Lücke, die wir zu ihrer Information ausfüllen werden." 1 Ferdinand August von Sachsen-Coburg - 2 Maria Christina - 3 Otto I., siehe Band 5 unserer Ausgabe, Anm. 152 — 4 dichterische Freiheit
Palmerston 1834 vorgab, sie durch die Quadrupelallianz12911 auszubauen; an dem Beispiel mit Polen sahen wir überdies, wie er damit verfuhr, und weiterhin werden wir noch erfahren, was in seinen Händen aus ihr wurde. Eine jener Tatsachen, die von den Zeitgenossen kaum beachtet, dennoch einen weithin sichtbaren Markstein in der Geschichte bedeuten, ist die militärische Besetzung Konstantinopels durch die Russen 1833. Endlich war der ewige Traum Rußlands in Erfüllung gegangen. Endlich hielt der Barbar von den eisigen Ufern der Newa das üppige Byzanz und die sonnigen Küsten des Bosporus in seinem eisernen Griff. Der sich aus eigener Machtvollkommenheit zum Erben der griechischen Kaiser aufgeschwungen, besetzte nun, und wenn auch nur vorübergehend, das Rom des Orients.
„Die Okkupation Konstantinopels durch russische Truppen besiegelte das Schicksal der Türkei als einer unabhängigen Macht. Die Tatsache, daß Rußland Konstantinopel besetzt hielt, wenn auch nur zum Zwecke, es zu schützen, war ein ebenso entscheidender Schlag gegen die türkische Unabhängigkeit, als wenn die russische Flagge schon vom Serail herabwehte." (Sir Robert Peel im Unterhaus, 17. März 1834.)
Infolge des unglücklichen Kriegs von 1828/29 hatte die Pforte ihr Prestige in den Augen der eigenen Untertanen verloren. Und so brachen - wie es in orientalischen Staaten stets zu sein pflegt, wenn die oberste Macht geschwächt ist - auch hier erfolgreiche Revolten der Paschas aus. Schon im Oktober 1831 begann der Konflikt zwischen dem Sultan1 und Mechmed Ali, dem Pascha von Ägypten, der die Pforte während des griechischen Aufstands unterstützt hatte. Im Frühling 1832 marschierte dessen Sohn Ibrahim Pascha mit seiner Armee in Syrien ein, eroberte diese Provinz durch die Schlacht von Horns, überstieg den Taurus, vernichtete die türkische Armee in der Schlacht von Konia und marschierte auf Stambul. Der Sultan mußte sich am 2. Februar 1833 nach St.Petersburg um Hilfe wenden. Am 17. Februar kam der französische Admiral Roussin in Konstantinopel an, wurde zwei Tage später bei der Pforte vorstellig und bemühte sich um den Rückzug des Paschas unter gewissen Bedingungen, einschließlich der Abweisung der Hilfe Rußlands. Da Roussin aber ganz allein stand, so konnte er mit Rußland selbstverständlich nicht fertig werden. „Du hast gebeten und ich bin erschienen.u[2921 Am 20. Februar brach ein großes russisches Geschwader von Sewastopol auf, schiffte eine große Zahl russischer Truppen an der Küste des Bosporus aus und belagerte die Hauptstadt. So erpicht war Rußland auf die Beschützung der Türkei, daß es gleichzeitig an den
Pascha von Trapezunt wie an den von Erzerum russische Offiziere sandte, die ihnen melden sollten, daß diese beiden Orte ab sofort unter dem Schutz einer russischen Armee stehen würden, falls Ibrahims Truppen gegen Erzerum vorrücken sollten. Ende Mai 1833 kam Graf Orlow aus Petersburg und gab dem Sultan zu verstehen, daß er ein kleines Blatt Papier mitgebracht habe, welches der Sultan, ohne sich mit seinen Ministern zu beraten und ohne Wissen irgendeines bei der Pforte akkreditierten diplomatischen Vertreters, unterschreiben solle. So kam der famose Vertrag von Hunkiar-Iskelessi zustande, der auf acht Jahre abgeschlossen ward. Darin ging die Pforte ein Defensiv- und Offensivbündnis mit Rußland ein, verzichtete auf das Recht, mit anderen Machten irgendwelche neuen Verträge zu schließen, außer wenn Rußland daran beteiligt sei, und bestätigte die früheren russisch-türkischen Verträge, besonders den von Adrianopel. Durch eine dem Vertrag beigefügte Geheimklausel verpflichtete sich die Pforte,
„zugunsten des kaiserlichen Hofes von Rußland die Meerenge der Dardanellen zu schließen, d. h„ nicht zu gestatten, daß ein fremdes Kriegsschiff unter einem wie immer gearteten Vorwand dort einfahre".
Wem verdankte es der Zar, daß er Konstantinopel mit seinen Truppen besetzen und kraft des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi den obersten Sitz des Ottomanischen Reichs von Konstantinopel nach St. Petersburg verlegen durfte? Wem anders als dem sehr ehrenwerten Henry John Viscount Palmerston, Baron Temple, Peer von Irland, Mitglied des höchst ehrenwerten Staatsrats Seiner Majestät, Ritter des Großkreuzes des höchst ehrenwerten Bathordens, Mitglied des Parlaments und Seiner Majestät oberster Minister für Auswärtige Angelegenheiten. Der Vertrag von Hunkiar-Iskelessi wurde am 8. Juli 1833 abgeschlossen. Am 1 I.Juli 1833 beantragte Herr H.L.Bulwer die Vorlegung von Akten über die türkisch-syrischen Angelegenheiten. Der edle Lord widersetzte sich dem Antrag, denn die
„Transaktionen, auf die sich die geforderten Akten bezögen, seien noch nicht abgeschlossen, und gerade von dem Abschluß hinge der Charakter der ganzen Transaktion ab. Da die Resultate noch nicht bekannt seien, so sei der Antrag verfrüht". (Unterhaus, 1 I.Juli 1833.)
Von Herrn Bulwer beschuldigt, nicht zur Verteidigung des Sultans gegen Mechmed Ali eingeschritten zu sein und dadurch den Vormarsch der russischen Armee nicht verhindert zu haben, wandte er jenes eigenartige System an, das zugleich Abwehr und Eingeständnis war, das er bei späteren
Anlässen nöch weiter entwickelte, und dessen membra disjectaMch nun zusammensuchen will.
„Er möchte es nicht auf sich nehmen, zu leugnen, daß sich der Sultan in der zweiten Hälfte des vorigen Jahres an England um Hilfe gewandt habe." (Unterhaus, 1 I.Juli 1833.) „Die Pforte suchte im Laufe des Monats August offiziell um Hilfe an." (Unterhaus, 24. August 1833.)
Aber nein, nicht im August.
„Das Ansuchen der Pforte um Hilfe durch die Flotte war im Oktober 1832 erfolgt." (Unterhaus, 28. August 1833.)
Aber nein, nicht im Oktober.
„Es war im November 1832, als die Pforte um Hilfe bat." (Unterhaus, 17. März 1834.)
Der edle Lord ist über das Datum, an dem die Pforte seine Hilfe anflehte, genauso unsicher, wie Falstaff unsicher war über die Zahl der Schelme in Steifleinen, in hellgrünen Röcken, die ihn überfallen hatten12931. Doch ist er nicht geneigt, zu leugnen, daß die von Rußland angebotene bewaffnete Hilfe von der Pforte abgelehnt wurde und daß diese sich an ihn, Lord Palmerston, wandte. Er schlug die Bitten der Pforte ab. Die Pforte wandte sich von neuem an den edlen Lord, sandte zuerst Herrn Maurogeni, dann Namyk Pascha nach London, die inständig um Unterstützung durch ein Geschwader baten, unter der Bedingung, daß der Sultan die ganzen Kosten für dieses Geschwader tragen werde, und sich überdies den britischen Untertanen in der Türkei für diesen Sukkurs durch Gewährung neuer HanJe/sprivilegien und Vorteile erkenntlich zu zeigen versprachen. So sicher war Rußland, daß der edle Lord sich weigern würde, daß es sich sogar dem türkischen Abgesandten in seiner Bitte an Seine Lordschaft um Sukkurs anschloß. Er sagt uns selbst:
„Die Gerechtigkeit gebiete ihm, festzustellen, daß Rußland, weit entfernt, in der Gewährung dieser Hilfe durch England einen Grund zur Eifersucht zu sehen, ihm, als die Sache noch schwebte, durch seinen Botschafter offiziell mitteilen ließ, daß es von diesem Ansuchen der Türkei erfahren habe und daß bei dem Interesse, das Rußland an dem Bestehen und der Erhaltung des Türkischen Reichs nähme, es sehr befriedigt davon wäre, wenn sich die Minister dazu verstehen könnten, diesem Ansuchen zu entsprechen." (Unterhaus, 28. August 1833.)
Der edle Lord blieb jedoch unerbittlich und taub allen Vorstellungen der Pforte gegenüber, obgleich diese doch an dem uneigennützigen Rußland
1 eigentl. zerstreute Gliedmaßen, hier: Einzelteile
selbst einen Fürsprecher fand. Da begann die Pforte zu begreifen, was man von ihr erwartete. Sie verstand, daß sie dazu verurteilt war, den Bock zum Gärtner zu machen. Noch immer schwankte sie, und erst drei Monate später entschloß sie sich, Rußlands Hilfe anzunehmen.
„Großbritannien", sagte der edle Lord, „hat sich nie darüber beschwert, daß Rußland diese Hilfe gewährte, sondern wir waren im Gegenteil froh, daß die Türkei von irgendwoher wirksame Unterstützung bekam." (Unterhaus, 17. März 1834.)
Zu welchem Zeitpunkt immer die Pforte Lord Palmerstons Hilfe erfleht haben mag, er muß zugeben,
„es besteht kein Zweifel, wenn England es für zweckmäßig gehalten hätte, einzugreifen, sicher der Vormarsch der eindringenden Armee dadurch aufgehalten und die russischen Truppen nicht ins Land gerufen worden wären \ (Unterhaus, 11 .Juli 1833.)
Warum also hatte er es denn nicht für „zweckmäßig" gehalten, einzuschreiten und die Russen fernzuhalten? Erstens beruft er sich auf Mangel an Zeit. Nach seinen eigenen Angaben jedoch entstand der Konflikt zwischen der Pforte und Mechmed Ali schon im Oktober 1831, während die entscheidende Schlacht bei Konia erst am 21. Dezember 1832 stattfand. Konnte er während dieser ganzen langen Periode nicht die nötige Zeit finden? Eine große Schlacht wurde im Juli 183212941 von Ibrahim Pascha gewonnen, und von Juli bis Dezember konnte er wieder nicht Zeit finden. Mußte er doch die ganze lange Zeit auf ein formelles Gesuch der Pforte warten, das, wie er uns jüngst erzählte, erst am 3. November erfolgte.
„Wußte er denn", fragt Sir Robert Peel, „so gar nichts von den Vorgängen in der Levante,daßerersteinformellesGesuch abwarten mußte?" (Unterhaus, 17.März 1834.)
Und von November, wo das formelle Gesuch erfolgte, vergingen bis Ende Februar wieder vier lange Monate, denn Rußland erschien erst am 20. Februar 1833. Warum also tat er nichts in dieser Zeit? Aber er hat noch bessere Gründe in Bereitschaft. Der Pascha von Ägypten war ja nichts als ein rebellierender Untertan, und der Sultan war der Suzerän.
„Da es der Krieg eines Untertanen gegen den Souverän war, und da dieser Souverän ein Bundesgenosse des Königs von England ist, so hätte es sich nicht mit Treu und Glauben vertragen, mit dem Pascha irgendwelche Verbindungen zu haben." (Unterhaus, 28. August 1833.)
Die Etikette also verbot dem edlen Lord, Ibrahims Armeen aufzuhalten. Die Etikette verbot ihm, seinem Konsul in Alexandria Instruktionen zu er
25 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
teilen, damit er seinen Einfluß bei Mechmed Ali geltend mache. Dem spanischen Granden gleich würde auch der edle Lord eher die Königin zu Asche verbrennen lassen, ehe er die Etikette verletzte und ihre Unterröcke berührte. Der Zufall aber will es, daß der edle Lord schon 1832 ohne Einwilligung des Sultans bei diesem „Untertanen" des Sultans Konsuln und diplomatische Agenten akkreditiert hatte, mit Mechmed Verträge eingegangen war und bereits bestehende Handelsbestimmungen und Zollverordnungen geändert und andere an deren Stelle gesetzt hatte. Und alles das, ohne sich um die vorherige Einwilligung der Pforte oder deren nachträgliche Zustimmung zu bekümmern. (Unterhaus, 23. Februar 1848.) Dementsprechend teilte uns Lord Grey, der damalige Chef des edlen Viscount mit, daß England
„im Augenblick ausgedehnte Handelsverbindungen mit Mechmed Ali hätte, die zu stören nicht in seinem Interesse gelegen hätte". (Oberhaus, 4. Februar 1834.)
So so, Handelsverbindungen mit dem „rebellierenden Untertan"! Aber die Schiffe des edlen Lords waren eben am Duero und am Tajo beschäftigt, mußten die Scheide blockieren und bei den Geburtswehen der konstitutionellen Königreiche Portugal, Spanien und Belgien Hebammendienste leisten; da konnte er freilich kein einziges Schiff entbehren. (Unterhaus, 11. Juli 1833 und 17. März 1834.) Und gerade das, worauf der Sultan immer wieder bestand, war die Hilfe zur See.- Doch nehmen wir an, daß der Lord wirklich außerstande war, auch nur über ein einziges Schiff zu verfügen. Es gibt aber große Autoritäten, die uns versichern, es hätte weniger eines einzigen Schiffes, als eines einzigen Wortes von seiten des edlen Lords bedurft1. Und zu ihnen gehört Admiral Codrington, der Zerstörer der türkischen Flotte bei Navarino. Dieser äußerte im Unterhaus am 20. April 1836:
„Mechmed Ali hatte seinerzeit gefühlt, welches Gewicht unsere Vorstellungen hatten, als es sich um die Räumung Moreas handelte. Er hatte damals von der Pforte die Weisung bekommen, bei Gefahr seines Kopfes allen Aufforderungen zur Räumung Moreas zu widerstehen; und er leistete dementsprechend Widerstand, gab aber zuletzt vernünftigerweise nach und räumte Morea." Ferner äußerte der Herzog von Wellington:
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 21. November 1853 heißt es an dieser Stelle weiter: um den Ehrgeiz Mechmed Alis zu zähmen und den Vormarsch der Heere Ibrahim Paschas aufzuhalten. Das berichtet uns Lord Mahon, der im Ministerium des Auswärtigen unter Robert Peel eben zu der Zeit diente, als diese Behauptung aufgestellt wurde."
„Hätte man während der Sessionen von 1832 oder 1833 Mechmed Ali klar und deutlich gesagt, er solle seine Kämpfe in Kleinasien und Syrien einstellen, so wäre dadurch dem Krieg ein Ende gesetzt worden, ohne daß man riskiert hätte, daß der Kaiser von Rußland eine Flotte und eine Armee nach Konstantinopel schicken durfte." (Oberhaus, 4. Februar 1834.)
Es gibt aber noch gewichtigere Autoritäten dafür, vor allem der edle Lord selbst, der uns im Unterhaus am 17. März 1834 mitteilt:
„Obgleich die Regierung Seiner Majestät der Bitte des Sultans um Hilfe zur See nicht nachkam, so wurde ihm doch die moralische Hilfe Englands gewährt. Und die Mitteilungen, die die britische Regierung dem Pascha von Ägypten und dem in Kleinasien kommandierenden Ibrahim Pascha machte, trugen wesentlich dazu bei, das Übereinkommen" (von Kutahia) „zwischen dem Sultan und dem Pascha zustande zu bringen, durch das der Krieg beendet wurde."
Da ist ferner Lord Derby, damals noch Lord Stanley und Mitglied des Kabinetts Palmerston, der
„kühnlich behauptet, daß Mechmed Alis Vormarsch nur durch die entschiedene Erklärung Englands und Frankreichs gehindert worden sei, sie würden die Okkupation Konstantinopels durch seine Truppen nicht zulassen". (Unterhaus, 17. März 1834.)
Es waren also nach Lord Derbys und Lord Palmerstons eigenem Ausspruch nicht Rußlands Flotte und Armee in Konstantinopel, sondern die entschiedene Erklärung des britischen Konsularagenten in Alexandria, die Ibrahims Siegesmarsch nach Konstantinopel zum Stillstand und das Abkommen von Kutahia zuwege brachte, durch das Mechmed Ali neben Ägypten noch das Paschalik von Syrien und das von Adana sowie andere Orte als Zugabe erhielt. Der edle Lord hielt es jedoch für angezeigt, daß sein Konsul in Alexandria diese ausdrückliche Erklärung nicht früher abgeben durfte, als bis die türkische Armee zerstört, Konstantinopel von den Kosaken gestürmt, der Vertrag von Hunkiar-Iskelessi vom Sultan unterzeichnet und vom Zaren in die Schublade gelegt wurde. Wenn der Mangel an Zeit und der Mangel an Schiffen den edlen Lord schon verhindert hatten, dem Sultan zu helfen, und ein Übermaß von Etikette ihn hinderte, den Pascha zurückzuhalten, hielt er doch dann wenigstens seinen Botschafter in Konstantinopel dazu an, sich gegen eine allzu starke Einflußnahme Rußlands zu verwahren und seinen Einfluß in bestimmte Grenzen zu bannen? 0 nein, im Gegenteil. Um nicht etwa Rußland in seiner Bewegungsfreiheit zu hindern, achtete der edle Lord sehr genau darauf, während der allerkritischsten Periode der Krise überhaupt keinen Botschafter in Konstantinopel zu haben.
„Wenn je in einem Lande die Stellung und das Ansehen eines Botschafters von großem Nutzen gewesen wären und es je eine Zeit gegeben hat, in der diese Stellung und dieses Ansehen aufs vorteilhafteste hätten gebraucht werden können, dann war es die Türkei in den sechs Monaten vor dem 8.Juli," (Lord Mahon im Unterhaus, 20. April 1836.) Lord Palmerston teilt uns mit, daß der britische Botschafter, Sir Stratford Canning, Konstantinopel im September 1832 verließ; daß Lord Ponsonby, damals in Neapel, an seiner Statt im November ernannt wurde, daß „sich seiner Hinreise Schwierigkeiten in den Weg stellten", obgleich ein Kriegsschiff auf ihn wartete, und „daß sich seine Ankunft in Konstantinopel der ungünstigen Witterung halber bis Ende Mai 1833 verzögerte". (Unterhaus, 17. März 1834.) Rußland war noch nicht einmarschiert, folglich erhielt Lord Ponsonby Befehl, zur Überfahrt von Neapel nach Konstantinopel sieben Monate zu brauchen.1 Warum auch sollte der edle Lord die Russen an der Okkupation Konstantinöpels hindern ?
„Er seinerseits hegte große Zweifel, ob es je die politische Absicht der russischen Regierung gewesen, das Ottomanische Reich zu teilen." (Unterhaus, 11.Juli 1833.) 0 sicherlich nicht! Rußland wollte durchaus keine Teilung, es wollte lieber das ganze Reich für sich behalten. Außer der Sicherheit, die dieser Zweifel Lord Palmerston verlieh, gab ihm noch eine zweite Sicherheit der „Zweifel, ob im£ege&eneni4u£en&/ic£ Rußlands Politik darauf abziele, diesen Plan jetzt zu verwirklichen", und eine dritte „Sicherheit", der dritte „Zweifel", ob
„die russische Nation" (man denke: eine russische Nation/) „zu einer solchen Verlegung der Staatsgewalt, der Residenz und der Regierung nach den südlichen Provinzen gerüstet wäre, wie sie die notwendige Konsequenz einer Eroberung Konstantinopels durch Rußland sein müßte". (Unterhaus, 11 .Juli 1833.) Außer diesen negativen Argumenten besaß der edle Lord noch ein positives: „Wenn England der zeitweiligen Okkupation der türkischen Hauptstadt durch die russischen Streitmächte ruhig zusah, so geschah das deshalb, weil es vollstes Vertrauen
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 21. November 1853 folgt an dieser Stelle noch folgender Absatz: „Sir Stratford Canning wurde im September abberufen und Lord Ponsonby im November ernannt. Ibrahim Pascha hatte jedoch noch nicht den Taurus überschritten, noch nicht die Schlacht bei Konia geschlagen, und die Russen hatten noch nicht Zarigrad erobert. Dementsprechend hatte Lord Ponsonby Befehl erhalten, sieben Monate zur Uberfahrt von Neapel nach Konstantinopel zu brauchen."
in die Ehrenhaftigkeit und Redlichkeit Rußlands setzte... Die russische Regierung hatte, als sie dem Sultan ihre Hilfe zusagte, zugleich ihre Ehre verpfändet, und auf dieses Unterpfand setzte er sein vollstes Vertrauen."1 (Unterhaus, l I.Juli 1833.) So unerreicht, so unzerstörbar, so vollständig, so unvergänglich, so unbezwinglich, so unberechenbar, so unwiderruflich, so unheilbar, unermeßlich, unerschrocken und unvergleichlich war das Vertrauen des edlen Lords, daß er noch am 17. März 1834, als der Vertrag von Hunkiar-Iskelessi schon zur vollendeten Tatsache geworden war, noch immer versicherte, „die Minister seien in ihrem Vertrauen nicht getäuscht worden". Sein Fehler ist es nicht, wenn die Natur sein Organ der Vertrauensseligkeit zu fast übernatürlichen Dimensionen ausgebildet hat.
Artikel V
[„The People's Paper" Nr. 81 vom 19. November 1853] Der Inhalt des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi wurde im „Morning Herald"1241 vom 21. August 1833 veröffentlicht. Am 24. August interpellierte Sir Robert Inglis im Unterhaus Lord Palmerston,
„ob wirklich zwischen Rußland und der Türkei ein Defensiv- und Offensiwertrag abgeschlossen worden sei? Er hoffe, daß der edle Lord imstande sein werde, ehe das Parlament sich vertage, dem Hause nicht nur die abgeschlossenen Verträge, sondern alle Mitteilungen vorzulegen, die sich auf das Zustandekommen dieser Verträge zwischen Türkei und Rußland bezögen."
Lord Palmerston erwiderte,
„daß erst, wenn man die Gewißheit hätte, daß ein solcher Vertrag wirklich existierte, und wenn man in seinen Besitz gelangt sei, die Zeit gekommen wäre, sich zu entscheiden, welche politischen Schritte man unternehmen werde... Sein Fehler sei es nicht, wenn hie und da die Presse der Regierung voraus sei." (Unterhaus, 24.August 1833.)
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 21. November 1853 heißt es an dieser Stelle weiter: „Das gleiche Vertrauen hatte er Rußland in der Frage geschenkt, daß es die polnische Verfassung und die nationale Existenz Polens nicht beseitigen würde. Unterdessen hatte der Zar beides durch das Organisations-Statut von 1832 aufgehoben - doch das grenzenlose Vertrauen des edlen Lords blieb unerschüttert."
Sieben Monate später versicherte er dem Haus,
„es sei absolut unmöglich gewesen, daß ihm der Vertrag von Hunkiar-Iskelessi, der in Konstantinopel erst im September ratifiziert worden sei, schon im August offiziell bekannt gewesen". (Unterhaus, 17.März 1834.)
Wohl kannte er den Vertrag schon im August, aber nicht offiziell.
„Die britische Regierung war erstaunt, als sie erfuhr, daß die russischen Truppen beim Verlassen des Bosporus diesen Vertrag mit sich fortnahmen." (Lord Palmerston im Unterhaus, I.März 1848.) Ja, der edle Lord war im Besitz des Vertrags, ehe er noch abgeschlossen war.
„Kaum hatte die Pforte den Entwurf des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi erhalten, als sie ihn auch schon der englischen Botschaft in Konstantinopel übermittelte und zugleich um Schutz gegen Ibrahim Pascha und Nikolaus bat. Die Bitte wurde abgeschlagen, aber nicht genug damit. Mit geradezu teuflischer Perfidie teilte man dem russischen Minister die Tatsache mit. Und am nächsten Tage überreichte der russische Botschafter der Pforte dasselbe Exemplar des Vertrags, das sie der englischen Botschaft übergeben hatte, wobei er der Pforte ironisch den Rat gab, sie ,möge ein andermal ihre Vertrauten besser wählen." (Unterhaus, 8. Februar 1848.)E2fl5l
Der edle Lord aber hatte alles erreicht, woran ihm gelegen war. Am 24. August 1833 war er wegen des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi, von dessen Existenz er noch nicht überzeugt war, interpelliert worden. Am 29. August vertagte sich das Parlament, dem in einer Thronrede die trostreiche Versicherung gegeben worden war,
„daß die Feindseligkeiten, die den Frieden der Türkei gestört hatten, beendigt seien und das Haus versichert sein könne, daß der König nach wie vor mit größter Aufmerksamkeit die Ereignisse im Auge behalten würde, die den jetzigen Stand der Dinge in der Türkei oder die künftige Unabhängigkeit dieses Staates beeinträchtigen könnten".
Hier also haben wir den Schlüssel zu den famosen Juli-Verträgen Rußlands. Im Juli werden sie abgeschlossen, im August dringt durch die Presse etwas davon in die Öffentlichkeit. Lord Palmerston wird im Unterhaus darüber interpelliert. Er weiß natürlich von nichts. Das Parlament wird vertagt, und wenn es wieder zusammentritt, ist der Vertrag schon eine alte Sache oder ist, wie Anno 1841, bereits durchgeführt, der öffentlichen Meinung zum Trotz. Am 29. August 1833 vertagte sich das Parlament, und am 5. Februar 1834 trat es wieder zusammen. In den Zeitraum zwischen Vertagung und Wiederzusammentritt fallen zwei Ereignisse, die aufs engste miteinander verknüpft
sind. Zum ersten rückten die vereinigten französischen und englischen Flotten gegen die Dardanellen vor, entfalteten dort die Trikolore und den Union Jack, segelten weiter nach Smyrna und kehrten von dort nach Malta zurück. Zum zweiten wurde am 29. Januar 1834 zwischen Rußland und der Türkei ein neuer Vertrag geschlossen - der Vertrag von St.Petersburg12961, Dieser Vertrag war kaum unterzeichnet, als die vereinigten Flotten zurückgezogen wurden. Diese kombinierten Manöver bezweckten nichts anderes, als das englische Volk und Europa glauben zu machen, die feindliche Demonstration in den türkischen Gewässern sei gegen die Pforte gerichtet gewesen als Protest gegen den Abschluß des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi und habe Rußland den neuen Vertrag von St.Petersburg aufgezwungen. Dieser Vertrag, der die Räumung der Fürstentümer versprach und die türkischen Zahlungen auf ein Drittel der ursprünglich angesetzten Summe reduzierte, brachte der Pforte scheinbar einige Erleichterungen der Verbindlichkeiten, die ihr der Vertrag von Adrianopel auferlegt hatte. In allen anderen Punkten war er nur eine Ratifikation des Vertrags von Adrianopel; auf den Vertrag von HunkiarIskelessi wurde überhaupt nicht zurückgegriffen, noch wurde ein einziges Wort wegen der Durchfahrt durch die Dardanellen erwähnt. Im Gegenteil, die kleinen Erleichterungen, die er der Türkei gewährte, waren der Kaufpreis dafür, daß durch den Vertrag von Hunkiar-Iskelessi die Dardanellen für Europa geschlossen wurden.
„Zu derselben Zeit, als die Demonstration" (der britischen Flotte) „stattfand, gab der edle Lord beim englischen Hof dem russischen Botschafter die Versicherung, daß dieses gemeinsame Vorgehen der Flotten weder als feindselige Absicht noch als feindselige Demonstration gegen Rußland aufgefaßt werden dürfe, sondern daß sie tatsächlich gar nichts zu bedeuten habe. Ich stütze mich bei dieser Mitteilung auf die Autorität des Lords Ponsonby, des Kollegen des edlen Lords und Botschafters in Konstantinopel." (Herr Anstey im Unterhaus, 23. Februar 1848.)
Nachdem der Vertrag von St.Petersburg ratifiziert war, sprach der edle Lord seine Befriedigung über die Mäßigung aus, die sich Rußland in seinen Forderungen auferlegt habe. Nach dem Wiederzusammentritt des Parlaments erschien im „Globe"11251, dem Organ des Ministeriums des Auswärtigen, eine Notiz, die besagte,
„der Vertrag von St.Petersburg sei entweder ein Beweis für die Mäßigung und die vernünftige Denkungsart Rußlands oder für den Einfluß, den das Bündnis Englands und Frankreichs und das feste, einmütige Auftreten dieser beiden Mächte im hohen Rat von St.Petersburg ausübten". („Globe", 24.Februar 1834.)
So sollten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von dem Vertrag von Hunkiar-Iskelessi abgelenkt und die Feindseligkeit, die er in Europa gegen Rußland ausgelöst hatte, besänftigt werden1 Doch so genial das Manöver auch war, es sollte doch mißlingen. Am 17. März 1834 brachte Herr Sheil einen Antrag ein, der verlangte,
„die Kopien aller Verträge zwischen Rußland und der Türkei und der ganzen Korre-' spondenz zwischen der englischen, türkischen und russischen Regierung, die sich auf diese Verträge bezögen, sollen dem Hause vorgelegt werden".
Der edle Lord widersetzte sich diesem Antrag aufs äußerste, und es gelang ihm, ihn dadurch zu vereiteln, daß er dem Haus versicherte, „der Friede könne nur gewahrt werden, wenn das Haus volles Zutrauen in die Regierung setze" und diesen Antrag zurückweise. Die Gründe, auf die er sich bei seiner Weigerung, die Akten vorzulegen, stützte, waren so ungeschickt, daß Sir Robert Peel ihn in seiner parlamentarischen Ausdrucksweise „einen durchaus nicht überzeugenden Debattierer" nannte, und sein eigener Anhänger, Oberst Evans, zugeben mußte:
„Die Rede des edlen Lords erscheine ihm als die unbefriedigendste, die er je von ihm gehört habe." Lord Palmerston bemühte sich, das Haus davon zu überzeugen, daß nach den Versicherangen Rußlands der Vertrag von Hunkiar-Iskelessi als ein „auf Gegenseitigkeit beruhender" anzusehen sei. Diese Gegenseitigkeit bestehe darin, daß die Dardanellen im Kriegsfalle nicht nur für England, sondern auch für Rußland gesperrt sein sollten. Die Behauptung ist an sich schon falsch, aber gesetzt, sie wäre richtig, so wäre das nichts anderes als englischirische Gegenseitigkeit, d. h. eine, die nur der einen Seite alle Vorteile einräumt. Denn wenn Rußland die Dardanellen passiert, so geschieht es nicht, um in das Schwarze Meer zu gelangen, sondern um es im Gegenteil zu verlassen. Weit entfernt, Herrn Sheils Behauptung zu entkräften, daß „der Vertrag von Hunkiar-Iskelessi auf dasselbe hinausliefe, als wenn die Pforte den
1 In der 1854 erschienenen Broschüre „Palmerston und der Vertrag von HunkiarIskelessi" lautet dieser Absatz folgendermaßen: „Einerseits sollte also der Vertrag von Adrianopel, gegen den Lord Aberdeen und der Herzog von Wellington protestiert hatten, durch England hinterrücks anerkannt werden, indem Lord Palmerston sich mit dem Vertrag von St. Petersburg völlig einverstanden erklärte, der doch nur eine Ratiiikation des ersteren war; und andererseits sollte dadurch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von dem Vertrag von Hunkiar-Iskelessi abgelenkt und die Feindseligkeit, die er in Europa gegen Rußland ausgelöst hatte, besänftigt werden,"
Besitz der Dardanellen an Rußland abträte", gab Lord Palmerston zu, daß der Vertrag die Dardanellen britischen Kriegsschiffen verschließe und daß „nach den Artikeln dieses Vertrags tatsächlich sogar Handelsschiffe vom Schwarzen Meer erfolgreich ausgeschlossen werden könnten", sollte es zwischen England und Rußland zum Krieg kommen. Wenn aber die Regierung mit „Mäßigung" vorginge, „kein unnötiges Mißtrauen zeigte", d. h„ wenn sie sich allen weiteren Übergriffen Rußlands schweigend fügte, so wäre er
„geneigt, anzunehmen, daß der Fall möglicherweise gar nicht einträte, daß dieser Vertrag in Kraft zu treten brauchte; und daß er daher tatsächlich toter Buchstabe bleiben würde". (Unterhaus, 17. März 1834.)
Außerdem hätte die britische Regierung von den vertragschließenden Parteien solche „Zusicherungen und Erklärungen" bekommen, daß man alle Einwendungen gegen den Vertrag füglich fallenlassen könne. Also nicht die Artikel des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi, sondern die Versicherungen, die Rußland darüber abgab, nicht Rußlands Taten, sondern seine Worte müsse man nach Lord Palmerstons Ansicht in Betracht ziehen. Als aber an demselben Tage seine Aufmerksamkeit auf den Protest des französischen Geschäftsträgers, Herrn Lagren£, gegen den Vertrag von Hunkiar-Iskelessi gelenkt wurde und die beleidigende* und unverschämte Sprache des Grafen Nesselrode bekannt wurde, mit der dieser in dem „Journal de Saint-Petersbourg"t29?1 erklärte, „der Kaiser von Rußland werde so handeln, als ob die in der Note Lagrenes enthaltene Erklärung überhaupt nicht vorhanden wäre", da leugnete der edle Lord seine eigenen Worte und verkündete eine entgegengesetzte Doktrin, nämlich
„daß es zu jeder Zeit die Pflicht der englischen Regierung sei, mehr auf die Taten einer fremden Macht zu sehen als auf die Sprache, die sie bei dem oder jenem Anlaß im Munde führe".
Einmal also berief er sich auf Rußlands Taten im Gegensatz zu dessen Worten und ein andermal wieder auf Rußlands Worte gegenüber dessen Taten. Noch im Jahre 1837 versicherte er dem Haus, daß
„der Vertrag von Hunkiar-Iskelessi ein Vertrag zwischen zwei unabhängigen Mächten sei". (Unterhaus, 14. Dezember 1837.)
Zehn Jahre später, nachdem der Vertrag längst abgelaufen war, und der edle Lord sich eben anschickte, die Rolle des echt englischen Ministers zu spielen und des „civis Romanus sum"[lö7], erklärte er dem Hause rundheraus,
„derVertrag von Hunkiar- Iskelessi war derTürkei zweifellos bis zu einem gewissen Grad durch den russischen Gesandten, Grafen Orlow, unter Verhältnissen aufgezwungen worden" (durch den edlen Lord selbst geschaffen), „die es der Türkei schwer machten, seine Annahme zurückzuweisen... Der Vertrag verlieh der russischen Regierung faktisch eine solche Möglichkeit, sich in die Angelegenheiten der Türkei einzumischen und ihr Bedingungen zu diktieren, wie sie sich mit der Unabhängigkeit dieses Staates eigentlich nicht vertrugen." (Unterhaus, I.März 1848.)
Während des ganzen Verlaufs der Debatten über den Vertrag von Hunkiar-Iskelessi hatte der edle Lord, wie der Narr in der Komödie, eine Antwort von ungeheuerlichem Kaliber bereit, die auf alles eine Auskunft weiß, auf alle Fragen paßt und alle Frager abspeist: das englisch-französische Bündnis. Als man ihm höhnisch seine Nachsicht gegenüber Rußland vorwarf, erwiderte er ganz ernsthaft:
„Wenn mit diesem Hohn die jetzigen Beziehungen zwischen England und Frankreich gemeint sein sollten, so wolle er bloß bemerken, daß der Anteil, den er an der Herstellung dieses guten Einvernehmens habe, ihn mit Gefühlen des Stolzes und der Befriedigung erfülle." (Unterhaus, II. Juli 1833.)
Als aktenmäßige Belege für den Vertrag von Hunkiar-Iskelessi gefordert wurden, antwortete er:
„England und Frankreich hätten nun ein Freundschaftsbündnis geschlossen, das sich immer mehr und mehr festige." (Unterhaus, 17. März 1834.) „Ich kann nur bemerken", rief Sir Robert Peel, „daß, sooft der edle Lord sich wegen unserer europäischen Politik in die Enge getrieben sieht, er das beste Mittel zu entwischen darin findet, das Haus zu dem engen Bündnis zwischen unserem Lande und Frankreich zu beglückwünschen."
Zugleich verstärkte der edle Lord jedoch den Argwohn seiner Gegner aus den Reihen der Tories, daß „England gezwungen war, einen Angriff auf die Türkei zu dulden, den Frankreich direkt ermutigt hatte". Das damals zur Schau getragene Freundschaftsbündnis mit Frankreich sollte also jetzt die geheime Abhängigkeit von Rußland verdecken, so wie 1840 der von soviel Lärm begleitete Bruch mit Frankreich das offizielle Bündnis mit Rußland vertuschen sollte. Während der edle Lord die Welt mit umfangreichen Belegen und gedruckten Folianten über die Angelegenheiten des konstitutionellen Königreichs Belgien und mit zahlreichen mündlichen und dokumentarischen Erklärungen über die „achtunggebietende Macht" Portugals ermüdete, ist es bis jetzt absolut unmöglich gewesen, ein wie immer geartetes Dokument aus ihm herauszupressen, das über den ersten Syrisch-Türkischen Krieg und über
den Vertrag von Hunkiar-Iskelessi Aufschluß gab. Als am 11 .Juli 1833 zum erstenmal die Vorlegung der Akten gefordert wurde, „war der Antrag verfrüht ..., die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen..., die Resultate noch nicht bekannt". Am 24.August 1833 „war der Vertrag noch nicht offiziell unterzeichnet, und er war noch nicht in seinen Besitz gelangt". Am 17. März 1834 „wurden noch Verhandlungen gepflogen..., die Diskussionen, wenn er so sagen dürfe, waren noch nicht abgeschlossen". Sogar 1848, als Herr Anstey ihm sagte, wenn er die Akten anfordere, so sei er überzeugt, daß sie den Beweis für das geheime Einverständnis zwischen dem edlen Lord und dem Zaren enthalten, zog der ritterliche Minister vor, lieber in einer fünfstündigen Rede die Zeit totzuschlagen, als durch Dokumente, die für sich selbst sprechen würden, den Verdacht totzuschlagen. Und trotz alledem besaß er noch die zynische Frechheit, Herrn T. Attwood am 14. Dezember 1837 die Versicherung zu geben1, daß „die mit dem Vertrag von HunkiarIskelessi zusammenhängenden Dokumente dem Haus schon vor drei Jahren vorgelegt worden seien", d. h. also 1834, wo „der Friede nur dadurch erhalten werden konnte", daß man sie dem Haus vorenthielt. An demselben Tage versicherte er Herrn Attwood,
„dieser Vertrag sei heute eine erledigte Sache, er war nur auf eine beschränkte Zeit abgeschlossen, und da diese Zeit abgelaufen sei, so sei die Erwähnung durch das ehrenwerte Mitglied des Hauses völlig überflüssig und unerwünscht". Seiner ursprünglichen Bestimmung nach sollte der Vertrag von HunkiarIskelessi am 8. Juli 1841 erlöschen. Lord Palmerston erklärt Herrn Attwood am 14. Dezember 1837, daß er bereits erloschen sei.
„Welchen Kniff, welchen Vorwand, welchen Schlupfwinkel kannst du nun aussinnen, um dich vor dieser offenbaren Schande zu verbergen? Komm, laß uns hören, Hans, was hast du nun für einen Kniff?"2 *2931
1 Inder „New-York Daily Tribüne" vom 2 I.November 1853 beginnt der Satz folgendermaßen: „Sein System der falschen Vorspiegelungen, Vorwände, Widersprüche, Fallen und unglaubhaften Erklärungen erreichte seinen Höhepunkt, als er sich am 14. Dezember 1837 gegen eine Resolution des Herrn T. Attwood, die mit dem Vertrag von Hunkiar-Iskelessi zusammenhängenden Papiere vorzulegen, mit der Begründung wandte, daß..." - 2 In der „New-York Daily Tribüne" vom 21. November 1853 endet der Artikel nicht mit dem Zitat von Shakespeare, sondern folgendermaßen: „Solch ein plumpes Betrugssystem bildete die letzte Zuflucht eines englischen Ministers, der der russischen Armee Konstantinopel geöffnet, der englischen Armee die Dardanellen verschlossen und dem Zaren dazu verholfen hatte, monatelang von Konstantinopel Besitz zu ergreifen und jahrelang eine Kontrolle über die Türkei auszuüben. Wie absurd ist es dann, anzunehmen, er könne sich jetzt eines anderen besinnen und sich gegen einen Freund wenden, dem er so lange und so treu gedient."
Artikel VI
[„The People's Paper" Nr. 84 vom 10. Dezember 1853] In dem russischen Vokabularium existiert das Wort „Ehre" nicht. Der Begriff selbst wird als eine französische Illusion hingestellt. „Tschto takoje honneur? Eto franzusskaja chim&re"1 lautet ein russisches Sprichwort. Die Entdeckung der russischen Ehre verdankt die Welt ausschließlich Mylord Palmerston, der sich ein volles Vierteljahrhundert lang in jedem kritischen Augenblick höchst emphatisch für die „Ehre" des Zaren zu verbürgen pflegte. Er tat es 1853 am Schluß der Session, wie er es schon 1833 am Schluß der Session getan hatte. Der Zufall aber will es, daß der edle Lord eben, während er „sein vollstes Vertrauen in die Ehrenhaftigkeit und in die Redlichkeit" des Zaren versicherte, in den Besitz von Dokumenten gelangt war, die vor der übrigen Welt geheimgehalten wurden und die keinen Zweifel darüber ließen, wenn ein solcher bestand, wie es um die Ehrenhaftigkeit und Redlichkeit Rußlands bestellt sei. Er brauchte den Moskowiter nicht einmal zu kratzen, um den Tataren zu finden. Er fand den Tataren2 gleich in seiner ganzen nackten Scheußlichkeit. Er gelangte nämlich in den Besitz der Selbstbekenntnisse der führenden russischen Minister und Diplomaten, die ihre Hüllen abwarfen, ihre geheimsten Gedanken bloßlegten, ihre Eroberungs- und Unterjochungspläne hemmungslos entwickelten und die törichte Leichtgläubigkeit der europäischen Hofe und Minister verhöhnten, indem sie sich über die Villeies, Metternichs, Aberdeens, Cannings und Wellingtons weidlich lustig machten und mit dem rohen, durch die grausame Ironie des Höflings kaum verhüllten Zynismus des Barbaren gemeinsam darüber berieten, wie sie in Paris gegen England, in London gegen Österreich, in Wien gegen London Mißtrauen säen, alle untereinander verhetzen und aus allen bloße Werkzeuge Rußlands machen könnten. Zur Zeit des Warschauer Aufstands fielen die Archive des Vizekönigs, die im Palast des Großfürsten Konstantin verwahrt wurden und die die geheime Korrespondenz der russischen Minister und Botschafter vom Beginn dieses
1 „Was ist das Ehre? Es ist französische Chimäre." [Im englischen Text: Schto takoi honneur? Ett Fransusski chimerej -2 Wortspiel: „to catch aTartar". Im übertragenen Sinne: an den Unrechten kommen, übel ankommen.
Jahrhunderts bis 1830 enthielten, in die Hände der siegreichen Polen. Polnische Flüchtlinge brachten dann diese Dokumente zuerst nach Frankreich, und später übergab sie Graf Zamojski, der Neffe des Fürsten Czartoryski, dem Lord Palmerston, der den Mantel christlicher Liebe über sie deckte. Mit diesen Dokumenten in der Tasche war der edle Viscount nun erst recht darauf erpicht, dem britischen Senat und der ganzen Welt zu verkünden, „wie festgegründet sein Vertrauen in die Ehrenhaftigkeit und Redlichkeit des Kaisers von Rußland sei". Die Schuld des edlen Lords war es nicht, wenn diese aufsehenerregenden Dokumente Ende 1835 durch das wohlbekannte „Portfolio"11451 veröffentlicht wurden; Was auch König Wilhelm IV. in anderer Hinsicht gewesen sein mag, er war ein entschiedener Feind Rußlands. Sein Privatsekretär, Sir Herbert Taylor, war mit David Urquhart intim befreundet und führte diesen Herrn beim König ein. Von diesem Augenblick an konspirierte das Königtum mit diesen beiden Freunden gegen die Politik des „echten englischen" Ministers.
„Wilhelm IV. befahl dem edlen Lord, die obenerwähnten Dokumente auszuliefern. Nach ihrer Ablieferung wurden sie in Windsor Castle geprüft, und es wurde für wünschenswert befunden, sie zu drucken und zu veröffentlichen. Trotz der starken Opposition Palmerstons zwang der König den edlen Lord, dieser Veröffentlichung die Autorität des Ministeriums des Auswärtigen zu leihen, so daß der Herausgeber, der sie für die Presse zu bearbeiten hatte, nicht eine Zeile publizierte, die nicht amtliche Stempel oder Initialen trug. Ich sah selbst die Initialen des edlen Lords unter einem dieser Dokumente, obzwar der edle Lord diese Tatsachen geleugnet hatte. Lord Palmerston sah sich genötigt, die Dokumente zur Veröffentlichung in die Hände des Herrn Urquhart zu legen. Dieser war der wirkliche Herausgeber des ,Portfolio*." (Herr Anstey im Unterhaus, 23. Februar 1848.)
Nach dem Tode des Königs weigerte sich Lord Palmerston, den Drucker des „Portfolio" zu bezahlen, leugnete öffentlich und feierlich jede Verbindung des Ministeriums des Auswärtigen damit und bewog, wodurch ist unbekannt, seinen Stellvertreter, Herrn Backhouse, seinen Namen unter das Dementi zu setzen. In der „Times"[261 vom 26. Januar 1839 lesen wir:
„Wir wissen nicht, was Lord Palmerston empfinden mag, doch besteht für uns darüber kein Zweifel, was jeder andere Mensch in der Stellung eines Ministers und als Gentleman empfinden u)ürde> nachdem durch die gestrige »Times4 die Korrespondenz zwischen Herrn Urquhart, den Lord Palmerston aus dem Amt entließ, und Herrn Backhouse, den der edle Viscount auf seinem Posten beließ, zu solcher Offenkundigkeit gelangte. Aus dieser Korrespondenz läßt sich vollkommen einwandfrei feststellen, daß die ganze Serie offizieller Dokumente, die in dem wohlbekannten ,Portfolio* ver
öffentlicht waren, auf die Autorität des Lord Palmerston hin gedruckt und verbreitet wurden und daß Seine Lordschaft sowohl als Staatsmann der politischen Welt hier und im Ausland wie auch als Auftraggeber dem Drucker und Verleger für die entstandenen Kosten verantwortlich ist."
Die türkischen Finanzen waren durch den unglückseligen Krieg von 1828/29 und durch die im Vertrag von Adrianopel festgelegten Schuldenzahlungen an Rußland in derartige Verwirrung geraten und so erschöpft, daß die Türkei sich gezwungen sah, das widerwärtige Monopolsystem noch weiter auszudehnen, das den Verkauf fast aller Artikel nur denjenigen gestattete, die von der Regierung Lizenzen erworben hatten. Dadurch gelang es einigen wenigen Wucherern, den ganzen Handel des Landes an sich zu reißen. Herr Urquhart schlug König Wilhelm IV. vor, mit der Türkei einen Handelsvertrag abzuschließen, der gleichzeitig dem britischen Handel große Vorteile und die Produktivkräfte der Türkei zur Entfaltung bringen, ihre Staatskasse sanieren und sie so vom russischen Joch befreien sollte. Wir können die merkwürdige Geschichte dieses Vertrags nicht besser wiedergeben als mit Herrn Ansteys eigenen Worten:
„Der stete Kampf zwischen Lord Palmerston und Herrn Urquhart drehte sich um diesen Handelsvertrag. Am 3. Oktober 1835 erhielt Urquhart seine Ernennung zum Botschaftssekretär in Konstantinopel, die ihm zu dem einzigen Zwecke verliehen war, dort die Annahme des türkischen Handelsvertrags zu sichern. Er verzögerte aber seine Abreise bis Juni oder Juli 1836. Lord Palmerston drängte ihn, zu reisen. Den wiederholten Mahnungen zur Abreise setzte er jedoch unweigerlich die Antwort entgegen: ,Ich reise erst dann, wenn ich diesen Handelsvertrag mit der Handelskammer und dem Ministerium des Auswärtigen in Ordnung gebracht habe; dann will ich ihn selbst hinbringen und seine Annahme durch die Pforte erwirken.. .* Schließlich gab Lord Palmerston dem Vertrag seine Zustimmung, und er wurde an Lord Ponsonby, den Botschafter in Konstantinopel, befördert."
(In der Zwischenzeit war dieser durch Lord Palmerston dahingehend informiert worden, die Unterhandlungen ganz aus den Händen Urquharts und in seine eigene Hand zu nehmen, entgegen der Abmachung* die mit Herrn Urquhart getroffen war.)
„Sobald Urquhart durch die Intrigen des edlen Lords aus Konstantinopel entfernt war, wurde der Vertrag augenblicklich über Bord geworfen. Zwei Jahre später kam der edle Lord wieder auf ihn zurück, als er Urquhart vor versammeltem Hause das Kompliment der Autorschaft machte und für seine Person jedes Verdienst daran in Abrede stellte. Der edle Lord aber hatte den Vertrag entstellt, in allen seinen Teilen verfälscht und ihn in ein Instrument zur Ruinierung des Handels verwandelt. Der ursprüngliche Vertrag Urquharts stellte die englischen Untertanen in der Türkei der
meistbegünstigten Nation gleich" (d. h. den Russen). „Die Fälschungen Lord Palmerstons stellten die Untertanen Großbritanniens den schwer besteuerten und überlasteten Untertanen der Pforte gleich. Urquharts Vertrag forderte die Aufhebung aller wie immer gearteten Transitzölle, Monopole, Steuern und Lasten, außer solchen, die durch den Vertrag selbst festgesetzt waren. Der von Lord Palmerston verfälschte Vertrag enthielt eine Klausel, die es als das Recht der Hohen Pforte bezeichnete, dem Handel jede beliebige Verordnung und Beschränkung aufzuerlegen. Im Urquhartschen Vertrag sollte der Einfuhrzoll wie bisher nur drei Prozent betragen; der edle Lord erhöhte diese Gebühr von drei auf fünf Prozent. Urquharts Vertrag setzte einen Zoll ad valorum in folgender Weise fest: für Handelsartikel, die ausschließlich in der Türkei erzeugt werden, so daß ihr Verkauf in fremden Häfen Monopolpreise erzielt, sollte eine Exportgebühr durch einen türkischen und einen englischen Kommissionär so hoch festgesetzt werden, daß eine rentable Einnahme zu erwarten war; wohingegen Waren, die auch in anderen als türkischen Ländern erzeugt wurden und in fremden Häfen nicht so viel Wert besaßen, um einen hohen Zoll zu rechtfertigen, niedriger angesetzt werden sollten. Lord Palmerstons Vertrag setzte einen fixen Zoll ad valorum von zwölf Prozent für jeden Artikel fest, einerlei, ob er den Zoll vertrug oder nicht. Der Originalvertrag dehnte das Vorrecht des Freihandels auf türkische Schiffe und Produkte aus; der Ersatzvertrag enthielt überhaupt keine Bestimmung darüber... Ich klage den edlen Lord dieser Fälschungen an, ich klage ihn an, sie verheimlicht zu haben, und ich klage ihn endlich an, dem Hause fälschlich berichtet zu haben, daß dieses der Vertrag sei, den Herr Urquhart entworfen hat." (Herr Anstey im Unterhaus, 23. Februar 1848.)
Der durch den edlen Lord abgeänderte Vertrag erwies sich als so günstig für Rußland und so verderblich für England, daß einige englische Kaufleute in der Levante sich seitdem unter den Schutz russischer Firmen stellen wollten und andre sich, wie Herr Urquhart berichtet, nur durch eine Art nationalen Ehrgefühls davon abhalten ließen. Über die geheimen Beziehungen zwischen dem edlen Lord und König Wilhelm IV. erzählt Herr Anstey dem Hause folgendes:
„Der König zwang den edlen Lord, seine Aufmerksamkeit der Frage der immer mehr zunehmenden russischen Übergriffe in der Türkei zuzuwenden... Ich kann beweisen, daß der edle Lord sich in dieser Sache den Anweisungen fügen mußte, die ihm der Privatsekretär des verstorbenen Königs gab, und daß sein Verbleiben im Amte davon abhing, ob er sich den Wünschen des Monarchen fügen wolle oder nicht... Der edle Lord leistete bei der einen oder anderen Gelegenheit, sofern er es wagte, Widerstand, aber jedem solchen Widersetzungsversuch folgten dann die veTächtlichsten Ausbrüche von Zerknirschung und Unterwürfigkeit Ich will nicht gerade behaupten, daß der edle Lord bei einem derartigen Anlaß buchstäblich seines Amtes für ein oder zwei Tage enthoben war, aber das kann ich versichern, daß der edle Lord eben bei dieser Gelegenheit in Gefahr war, höchst unzeremoniell aus dem Amte gejagt
zu werden. Ich beziehe mich hier auf das, was sich abspielte, als der verstorbene König die Entdeckung machte, daß der edle Lord die Gefühle der russischen Regierung bei der Wahl des englischen Botschafters für den Hof in St.Petersburg berücksichtigte und daß Sir Stratford Canning, der ursprünglich für diesen Posten bestimmt war, beiseite geschoben wurde, um dem verstorbenen Earl of Durham Platz zu machen, der ein dem Zaren angenehmer Botschafter war." (Unterhaus, 23.Februar 1848.)
Es ist eine der erstaunlichsten Tatsachen, daß, während der König vergeblich gegen die russische Politik des edlen Lords ankämpfte, dieser und seine whiggistischen Parteigänger es verstanden, den öffentlichen Argwohn erfolgreich wachzuhalten, als lähme der König, der als Tory bekannt war, die antirussischen Bestrebungen des „echten englischen" Ministers. Die angebliche toryistische Vorliebe des Monarchen für die despotischen Grundsätze des russischen Hofes sollte natürlich die sonst unerklärliche Politik Palmerstons erklärlich machen. Die Whig-Oligarchen lächelten geheimnisvoll, als Herr H.L.Bulwer dem Hause erzählte, daß
„noch diese Weihnachten Graf Apponyi, der österreichische Botschafter inParis, als er von den orientalischen Angelegenheiten sprach, gesagt hätte, unser Hof fürchte mehr die französischen Grundsätze als die Ambitionen der Russen". (Unterhaus, 11.Juli 1833.) Und wieder lächelten sie, als Herr T.Attwood den edlen Lord befragte,
„welchen Empfang Graf Orlow am Hof Seiner Majestät gefunden, als er nach dem Abschluß des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi nach England geschickt worden sei". (Unterhaus, 28. August 1833.)
Die Dokumente, die der verstorbene König und sein Sekretär, der verstorbene Sir Herbert Taylor, Herrn Urquhart anvertraut hatten, „damit er bei passender Gelegenheit das Andenken Wilhelms IV. reinwasche", werden' bei ihrer Veröffentlichung ein neues Licht auf die frühere Laufbahn des edlen Lords und der Whig-Oligarchie werfen, von der das Publikum im allgemeinen nicht viel mehr kennt als die Geschichte ihrer Ansprüche, ihrer Phrasen und ihrer sogenannten Grundsätze - mit einem Wort die theatralische und trügerische Seite - die Maske. Es ist hier die beste Gelegenheit, Herrn David Urquhart Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, der zwanzig Jahre lang der schärfste Widersacher Lord Palmerstons war, dem er stets als offener Feind entgegentrat, den keine Furcht zum Schweigen brachte, keine Bestechung zur Nachgiebigkeit bewog und keine Schmeichelei zur Anhängerschaft verführte, während Alcine-Palmerston es sonst doch fertig brachte, alle anderen Feinde, sei es mit Schmeichelreden, sei es durch Verführungskünste, kirre zu machen. Wir haben soeben
aus Herrn Ansteys Munde die stürmische Anklage gegen Seine Lordschaft gehört, hören wir jetzt, was Herr Urquhart sagt: „Ein höchst bedeutsamer Umstand ist es, daß der angeklagte Minister das Mitglied des Hauses" - d. h. Herrn Anstey - „aufsuchte und sich mit dem Anerbieten seiner Mitarbeit und privaten Freundschaft zufriedengab, ohne auf der Förmlichkeit eines Widerrufs oder einer Entschuldigung zu bestehen... Herrn Ansteys kürzlich in aller Form erfolgte Anstellung bei der jetzigen Regierung spricht für sich selbst. (D. Urquharts „Rußlands Vordringen"[2B8l.) Am 8. Februar 1848 hatte derselbe Herr Anstey den edlen Lord mit „dem infamen Marquis von Carmarthen, dem Staatssekretär Wilhelms III., verglichen, den Zar Peter I. während seines Besuchs am englischen Hof mit dem Gold britischer Kaufleute für seine Interessen zu erkaufen vermocht hatte". (Unterhaus, 8.Februar 1848.) Wer verteidigte Lord Palmerston bei dieser Gelegenheit gegen Herrn Ansteys Anklagen? Herr Sheil, derselbe Herr Sheil, der 1833 beim Abschluß des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi dieselbe Rolle des Anklägers gegen Seine Lordschaft gespielt hatte wie Herr Anstey 1848. Herr Roebuck, einst sein schärfster Gegner, verschaffte ihm 1850 das Vertrauensvotum. Sir Stratford Canning, der durch ein volles Dezennium die Nachgiebigkeit des edlen Lords gegen den Zaren gegeißelt hatte, war es zufrieden, daß man sich ihn durch seine Berufung auf den Botschafterposten in Konstantinopel vom Halse geschafft hatte. Selbst der dem edlen Lord so teure Dudley Stuart wurde für einige Jahre aus dem Parlament hinausintrigiert, weil er gewagt hatte, gegen den edlen Lord zu opponieren. Als er wieder zurückkehrte, wurde er zur dme damnee1 des „echten englischen" Ministers. Kossuth, der aus den Blaubüchern hätte wissen können, daß Ungarn vom edlen Viscount verraten worden war, nannte ihn bei seiner Landung in Southampton „seinen teuren Busenfreund".
Artikel VIF"1
[„The People's Paper" Nr. 85 vom 17. Dezember 1853] Ein Blick auf die Karte zeigt uns an der Westseite des Schwarzen Meeres die Mündungen der Donau, des einzigen Flusses, der, mitten im Herzen Europas entspringend, eine natürliche Straße nach Asien bildet. Gerade
1 auf Gedeih und Verderb [mit Palmerston] Verbundenen Kreatur
26 Marx. Engels, Werke, Bd. 9
gegenüber, auf der Ostseite des Schwarzen Meeres, südlich vom Flusse Kuban, beginnt die Bergkette des Kaukasus, die sich in südöstlicher Richtung etwa 700 Meilen lang vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meer erstreckt und Europa von Asien trennt. Die Macht, die die Mündungen der Donau beherrscht, beherrscht natürlich auch die Donau selbst, die Straße nach Asien und mit ihr einen großen Teil des Handels der Schweiz, Deutschlands, Ungarns, der Türkei und vor allem der Moldau und der Walachei. Besitzt dieselbe Macht dann noch obendrein den Kaukasus, dann gehört ihr auch das Schwarze Meer, und es fehlen nur noch die Dardanellen und Konstantinopel, um seinen Zugang zu verschließen. Der Besitz der kaukasischen Berge macht sie zum Herrn über Trapezunt und dank dessen Lage am Kaspischen Meer auch gleichzeitig zum Herrn über das nördliche Meeresufer von Persien. Rußland hat seine gierigen Augen sowohl auf die Donaumündungen wie auf die Gebirgskette des Kaukasus geworfen. Dort hieß es die Herrschaft erobern, hier sie befestigen. Die kaukasischen Gebirgszüge trennen Südrußland von den üppigen Provinzen Georgien, Mingrelien, Imeretien und Gurien, die der Moskowiter den Muselmanen entrissen hat. Dadurch ist der Fuß des ungeheuren Reichs von dem Hauptkörper abgeschnitten. Die einzige militärische Straße windet sich von Mosdok nach Tiflis durch den Engpaß von Dariel; sie ist durch eine fortlaufende Kette befestigter Plätze geschützt und zu beiden Seiten den unaufhörlichen Angriffen der feindlichen kaukasischen Stamme ausgesetzt. Würden sich all diese kaukasischen Stämme unter ein militärisches Haupt vereinigen, so könnten sie sogar den benachbarten Grenzgebieten der Kosaken gefährlich werden. „Schrecken ergreift uns beim Gedanken an die Gefahren, welche den Süden Rußlands bedrohen würden, wenn die feindlichen Tscherkessen unter einem einzigen Oberhaupt vereinigt wären." So äußert sich Herr Kupffer, ein Deutscher, der der wissenschaftlichen Kommission vorstand, die 1829 die Expedition des Generals Emmanuel nach dem Elbrus begleitete^3001 Gerade heute ist unsere Aufmerksamkeit auf die Ufer der Donau gerichtet, wo Rußland sich der beiden Kornkammern Europas bemächtigt hat, und auf den Kaukasus, wo ihm der Verlust Georgiens droht. Es war der Vertrag von Adrianopel, der die Usurpation der Moldau und Walachei durch Rußland vorbereitete und der auch seine Ansprüche auf den Kaukasus anerkennt. Artikel IV dieses Vertrags legt fest: „Alle Länder, die nördlich und östlich von der Grenzlinie zwischen den beiden Reichen" (Rußland und Türkei) „gegen Georgien, Imeretien und Gurien zu gelegen
sind, ferner die ganze Küste des Schwarzen Meeres, von der Mündung des Kuban bis zum Hafen von St.Nikolaja inklusive, sollen unter russischer Herrschaft bleiben."
Hinsichtlich der Donau bestimmt derselbe Vertrag:
„Die Grenzlinie wird dem Lauf der Donau bis zur Mündung von St. Georg folgen und alle durch die verschiedenen Arme gebildeten Inseln im Besitz Rußlands belassen. Das rechte Ufer wird wie bisher im Besitz der Pforte bleiben. Man ist jedoch übereingekommen, daß dieses rechte Ufer von dem Punkt an, wo der Arm von St. Georg sich von dem von Sulina trennt, auf einer Distanz von zwei Stunden" (sechs Meilen) „unbewohnt bleiben und kein wie immer geartetes Gebäude dort errichtet werden soll. Das gleiche gilt von den Inseln, die noch im Besitz des russischen Hofes verbleiben. Abgesehen von Quarantänestationen, die dort errichtet werden, wird es nicht gestattet sein, daselbst irgendwelche Gebäude oder Befestigungen zu erbauen."
Insofern diese beiden Paragraphen den Russen „neue Besitztümer und ausschließliche Handels vor teile" zusichern, greifen sie in das am 4. April 1826 vom Herzog von Wellington in Petersburg unterzeichnete Protokoll und in den Vertrag vom 6. Juli 1827 ein, der zwischen Rußland und den anderen Mächten13011 in London abgeschlossen wurde. Die englische Regierung weigerte sich daher, den Vertrag von Adrianopel anzuerkennen. Der Herzog von Wellington protestierte gegen ihn. (Lord Dudley Stuart im Unterhaus am 17. März 1837.) Wie Lord Mahon berichtet, protestierte Lord Aberdeen ebenfalls dagegen:
„ In einer Depesche an Lord Heytesbury vom 31. Oktober 1829 äußerte er sich mit nicht geringer Unzufriedenheit über viele Teile des Vertrags von Adrianopel und hob besonders die Bestimmungen über die Donauinseln hervor. Er leugnet, daß dieser Friede" (der Vertrag von Adrianopel) „die territorialen Hoheitsrechte der Pforte, sowie auch die Beziehungen und die Interessen aller Seemächte des Mittelmeeres respektiert habe." (Unterhaus, 20.April 1836.)
Earl Grey erklärte:
„Die Unabhängigkeit der Pforte wäre geopfert und der Friede Europas gefährdet, wenn man diesem Vertrag zustimme." (Oberhaus, 4. Februar 1834.)
In seiner Rede im Unterhaus vom 17. März 1837 versichert uns Lord Palmerston selbst:
„Was die Ausdehnung der russischen Grenze bis an die Donaumündung, im Süden des Kaukasus und an den Ufern des Schwarzen Meeres betrifft, so ist sie sicherlich nicht vereinbar mit der feierlichen Erklärung, die Rußland vor ganz Europa abgab, ehe der Türkische Krieg begann."
Rußland konnte nur dann hoffen, seine Ansprüche auf die nordwestlichen Teile des Kaukasus zu realisieren, wenn es die Ostküste des Schwarzen Meeres blockierte und die Zufuhr von Waffen und Munition nach diesen Gebieten abschnitt. Die Küste des Schwarzen Meeres gehört sicher ebenso wie die Donaumündungen nicht zu den Gebieten, in denen sich „eine englische Aktion entwickeln könne", wie Lord Palmerston im Falle Krakaus lamentiert hatte. Durch welchen mysteriösen Kniff hat es der Moskowiter nun doch fertiggebracht, die Donau und die Küste des Schwarzen Meeres zu blockieren und England zu zwingen, sich nicht nur dem Vertrag von Adrianopel, sondern auch gleichzeitig den Vergewaltigungen zu unterwerfen, die Rußland sich gegen diesen Vertrag herausnahm? Diese Fragen wurden am 20. April 1836 im Unterhaus an den edlen Viscount gerichtet. Gleichzeitig wurden zahlreiche Petitionen der Kaufleute von London, Glasgow und anderen Handelsstädten eingereicht, die sich gegen die fiskalischen Bestimmungen Rußlands im Schwarzen Meer und seine Verfügungen und Beschränkungen richteten, die den englischen Handel auf der Donau zu gefährden drohten. Am 7.Februar 1836 war ein russischer Ukas erschienen, der, gestützt auf den Vertrag von Adrianopel, eine Quarantänestation auf einer der Inseln in der Donaumündung errichtete. Um die Quarantänebestimmungen durchführen zu können, verlangte Rußland das Recht, an Bord der Schiffe zu gehen und sie zu durchsuchen, Abgaben zu erheben und widerspenstige Schiffe, die die Donau aufwärts fahren wollten, nach Odessa zu schleppen. Bevor die Quarantänestation errichtet worden war, oder eigentlich bevor unter dem falschen Vorwand einer Quarantäne ein Zollamt und ein Fort erbaut worden waren, hatten die russischen Autoritäten ihre Fühler ausgestreckt, um sich zu vergewissern, wieviel sie bei der englischen Regierung riskieren dürften. Lord Durham, der nach den von England erhaltenen Instruktionen handelte, protestierte bei der russischen Regierung gegen diese Behinderung des englischen Handels.
„Man wies ihn an den Grafen Nesselrode. Graf Nesselrode verwies ihn an den Gouverneur von Südrußland, und der Gouverneur von Südrußland wiederum verwies ihn an den Konsul von Galatz, der sich mit dem britischen Konsul von Braila in Verbindung setzte, welcher die Weisung bekam, die Kapitäne, denen man Zoll abgefordert hatte, an die Donaumündung, den Schauplatz ihrer Unbill zu senden, so daß man die Angelegenheit genau untersuchen könne; es war natürlich wohlbekannt, daß die betreffenden Kapitäne sich damals schon in England befanden." (Unterhaus, 20. April 1836.)£3021 Der offizielle Ukas vom 7. Februar 1836 erregte jedoch die allgemeine Aufmerksamkeit der britischen Kaufmannschaft.
„Schon viele Schiffe wären ausgelaufen und andere ständen im Begriff auszulaufen, deren Kapitäne die direkte Order hatten, das Recht des An-Bord-Gehens und der Durchsuchung, das Rußland verlangte, nicht anzuerkennen. Es sei wohl vorauszusehen, welches das Schicksal dieser Schiffe sein müsse, wenn sich das Haus nicht zu einer bestimmten Meinungsäußerung entschlöße. Solange das nicht geschähe, würden die britischen Schiffe, die zusammen mindestens 5000 Tonnen umfaßten, beschlagnahmt und nach Odessa geschleppt werden, wenn sie nicht den unverschämten Forderungen Rußlands nachgäben." (HerrPatrick M.Stewart im Unterhaus, 20,April 1836.)
Rußland hatte die sumpfigen Inseln an den Donaumündungen kraft einer Klausel des Vertrags von Adrianopel erworben, die eine Verletzung des Vertrags war, den Rußland mit England und den anderen Mächten 1827 geschlossen hatte. Die Errichtung von Fortifikationen an den Mündungen der Donau und deren Bestückung mit Geschützen war an sich schon eine Verletzung des Vertrags von Adrianopel, der ausdrücklich verbot, daß innerhalb sechs Meilen vom Flusse irgendwelche Befestigungen errichtet würden. Die Erhebung von Zoll und die Behinderung der Schiffahrt war eine Verletzung des Wiener Vertrags, der erklärte, daß die Beschiffung der Flüsse in ihrem ganzen Lauf, von dem Punkt, wo jeder von ihnen schiffbar würde, bis zur Mündung, ganz frei sein solle, daß „die Höhe der Gebühren in keinem Fall die damals" (1815) „gezahlten übersteigen solle" und daß „keine Erhöhung stattfinde, wenn nicht die an diesem Flusse gelegenen Staaten gemeinsam zustimmten". Rußland konnte sich also zu seiner Rechtfertigung auf nichts berufen, als auf den Vertrag von 1827, der verletzt worden war durch den Vertrag von Adrianopel; diesen wiederum hatte es selbst verletzt, und das Ganze sollte bekräftigt werden durch einen Bruch des Wiener Vertrags. Es erwies sich als ganz unmöglich, Lord Palmerston eine Erklärung abzuringen, ob er den Vertrag von Adrianopel anerkenne oder nicht. Was die Verletzung des Wiener Vertrags betrifft, so
„war ihm keine offizielle Information zuteil geworden, daß sich etwas ereignet habe, was durch den Vertrag nicht gerechtfertigt sei. Sollten die daran beteiligten Parteien etwas Derartiges behaupten, so müßte so vorgegangen werden, wie es die Kronjuristen den Rechten der englischen Untertanen für angemessen hielten." (Lord Palmerston im Unterhaus, 20. April 1836.)
Durch den Artikel V des Vertrags von Adrianopel garantiert Rußland den Donaufürstentümern „Gedeihen" und volle „Handelsfreiheit". Herr Stewart hat nun dargelegt, daß die Fürstentümer Moldau und Walachei Rußlands tödlichste Eifersucht hervorriefen, weil ihr Handel seit 1834 einen so schnellen
Aufschwung genommen hatte, weil sie in den hervorragendsten Produktionszweigen mit Rußland selbst konkurrierten, weil Galatz zum großen Lagerplatz des ganzen Getreidehandels an der Donau geworden und Odessa vom Markt verdrängte. Darauf antwortete Lord Palmerston mit folgenden Worten:
„Hätte mein ehrenwerter Freund darlegen können, daß unser Handel mit der Türkei, der doch noch vor einigen Jahren groß und bedeutend war, durch die Angriffe anderer Länder oder durch die Nachlässigkeit der Regierung zu einem unbedeutenden Geschäft herabgesunken wäre, dann wäre das ein Grund gewesen, ans Parlament zu appellieren." Statt dessen hat „mein ehrenwerter Freund auseinandergesetzt, daß sich in den letzten Jahren unser Handel mit der Türkei aus einem Nichts zu ganz bedeutendem Umfang entwickelt hat".
Rußland sperrt die Donauschiffahrt, weil der Handel der Fürstentümer immer bedeutender wird, sagt Herr Stewart. Aber, erwidert Lord Palmerston, Rußland tat das nicht, als dieser Handel noch ganz unbedeutend war. Sie unterlassen es, Rußlands letzte Übergriffe an der Donau zurückzuweisen, sagt Herr Stewart. Wir unterließen es zu einem Zeitpunkt, als man diese Übergriffe noch nicht gewagt hatte, erwiderte der edle Lord. Welche „Lage" ist also „eingetreten, gegen die sich die Regierung nicht zu sichern gedenkt, es sei denn, daß sie dazu durch die direkte Einmischung des Hauses getrieben wird?" Es gelang Seiner Lordschaft, das Haus davon abzuhalten, einen Beschluß zu fassen, indem er ihm die Versicherung gab, daß
„bei der Regierung Seiner Majestät durchaus keine Neigung dazu vorhanden sei, den aggressiven Handlungen irgendeiner anderen Macht nachzugeben, welche es auch immer sei und möge sie noch so stark und mächtig sein", und indem er das Haus ermahnte, „vorsichtshalber alles zu unterlassen, was von den anderen Mächten falsch ausgelegt und mit Recht als Provokation unsererseits betrachtet werden könnte".
Eine Woche nach dieser Debatte im Unterhaus richtete ein britischer Kaufmann einen Brief an das Außenministerium, der sich auf den russischen Ukas bezog. Der Unterstaatssekretär des Außenministeriums antwortete darauf folgendes:
„Im Auftrag Lord Palmerstons teile ich Ihnen mit, daß Seine Lordschaft sich an den Kronjuristen um ein Gutachten über die in dem russischen Ukas vom 7. Februar 1836 veröffentlichten Bestimmungen gewendet hat; einstweilen beauftragt mich Lord Palmerston, Ihnen auf den letzten Teil Ihres Briefes zu erwidern, daß nach Ansicht der Regierung die russischen Autoritäten nicht das Recht haben, an der Donaumündung Zoll zu erheben, und daß Sie recht daran taten, Ihre Agenten anzuweisen, jede Zahlung zu verweigern."
Der Kaufmann handelte diesem Briefe gemäß. Er wurde von dem edlen Lord an Rußland preisgegeben. Wie Herr Urquhart berichtet, wird jetzt ein russischer Zoll in London und Liverpool durch russische Konsuln von jedem englischen Schiff erhoben, das nach den türkischen Donauhäfen fahrt, „auf der Insel Leti aber befindet sich noch immer die Quarantäne". Rußland beschränkte jedoch seine Eingriffe an der Donau nicht auf die bereits errichtete Quarantänestation, die bereits erbauten Fortifikationen und die erhobenen Zölle. Durch den Vertrag von Adrianopel kam die einzige noch schiffbare Mündung der Donau, die Sulinamündung, in den Besitz Rußlands. Solange die Türken sie besaßen, wurde das Wasser im Kanal stets in einer Tiefe von 14 bis 16 Fuß gehalten. Seit der Besitzergreifung durch Rußland ist das Wasser auf 8 Fuß reduziert worden, eine Tiefe, die zur Beförderung von Getreideschiffen völlig unzulänglich ist. Nun ist Rußland am Wiener Vertrag beteiligt, und dieser bestimmt im Artikel 113, daß
„jeder Staat auf seine Kosten für die Instandhaltung des Treidelwegs sorgen und die notwendigen Wasserbauten beaufsichtigen müsse, so daß keine Stockung der Schiffahrt eintritt". Rußland fand kein besseres Mittel, den Kanal schiffbar zu erhalten, als seine Wassertiefe immer mehr zu verringern, ihn mit Schiffstrümmern zu übersäen und seine Mündung mit Sand und Schlamm zu verstopfen. Dieser systematischen und wiederholten Verletzung des Wiener Vertrags hat Rußland noch eine andere Verletzung, nämlich die des Vertrags von Adrianopel, hinzugefügt, der die Errichtung irgendwelcher Baulichkeiten an der Sulinamündung, ausgenommen zu Quarantäne- und Leuchtfeuerzwecken, untersagt. Auf Rußlands Geheiß ist dort nämlich ein kleines russisches Fort entstanden, das seine Einkünfte den erpreßten Geldern verdankt, die ihm die Schiffe gezwungen sind zu zahlen für Verzögerungen und Umladungen auf Leichter, hervorgerufen durch Verstopfungen in der Fahrrinne.
„Cum principia negante non est disputandum.1 Was nützt das Beharren auf abstrakten Prinzipien", sagte Lord Palmerston am 30.April 1823, „despotischen Regierungen gegenüber, die erwiesenermaßen das Recht nach der Macht bemessen und deren Verhalten durch Eigennutz und nicht durch Gerechtigkeit bestimmt wird?"
Seiner eignen Doktrin gemäß war aber der edle Viscount so genügsam, der despotischen Regierung Rußlands gegenüber auf abstrakten Prinzipien zu beharren. Er ging jedoch noch weiter. Während er am 6. Juli 1840 dem Hause versicherte, die Freiheit der Donauschiffahrt sei „durch den Wiener
1 Wer Prinzipien leugnet, mit dem kann man nicht diskutieren»
Vertrag verbürgt", während er am 13. Juli 1840 jammerte, die Okkupation von Krakau sei ein Bruch des Wiener Vertrags, „England jedoch kein Mittel besäße, seinen Willen durchzusetzen, weil Krakau offenbar ein Ort sei, wo jede englische Aktion schlechterdings unmöglich sei", unterzeichnete er zwei Tage später einen Vertrag mit Rußland, durch den die Dardanellen „in Zeiten des Friedens mit der Türkei" für England1 gesperrt wurden; auf diese Weise war England des einzigen Mittels beraubt, den Wiener Vertrag „durchzusetzen", und der Pontus Euxinus2 wirklich zu einem Schauplatz geworden, wo eine englische Aktion schlechterdings unmöglich war. Als diese Position durchgesetzt war, machte er der öffentlichen Meinung eine Scheinkonzession, indem er eine ganze Batterie von papiernen Erklärungen losfeuerte, in denen er „die despotische Regierung, die das Recht nach der Macht bemißt und sich durch Eigennutz und nicht durch Gerechtigkeit bestimmen läßt", in höchst sentimentaler und phrasenhafter Manier daran erinnert, daß
„Rußland, als es die Türkei zur Überlassung der Mündung eines großen europäischen Flusses zwang, der den Haupthandelsweg für den wechselseitigen Verkehr so vieler Nationen bildet, Pflichten und Verantwortlichkeiten gegen andere Staaten übernahm, in deren volle Erfüllung es seinen Stolz setzen sollte".
Dieser Lobgesang auf abstrakte Grundsätze entlockte dem Grafen Nesselrode nur die sattsam bekannte Antwort, „die Sache werde gründlich untersucht werden", und von Zeit zu Zeit versäumte er nicht, „das Gefühl des Bedauerns der Kaiserlichen Regierung auszudrücken, daß man ihren Absichten ein solches Mißtrauen entgegenbringe". Den Bemühungen des edlen Lords ist es also zu danken, wenn es im Jahre 1853 so weit gekommen ist, daß die Schiffahrt auf der Donau für unmöglich erklärt werden mußte und daß das Getreide an der Sulinamündung verfault, während Frankreich, England und der Süden Europas von Hungersnöten bedroht sind. Und Rußland hat nun, wie die „Times"1261 sagt, „seinen sonstigen wichtigen Besitztümern noch den Besitz eines eisernen Gitters zwischen der Donau und dem Pontus Euxinus hinzugefügt". Es hat den Schlüssel zur Donau erobert und besitzt dadurch eine Hungerschraube, die es immer dann anziehen kann* wenn die Politik Westeuropas ihm strafbar erscheint.3
1 In der „New-York Daily Tribüne" vom 11.Januar 1854 stehen anstatt „für England" die Worte „für englische Kriegsschiffe" - 2 alter Name des Schwarzen Meeres — 3 In der „New-York Daily Tribüne" vom 1 I.Januar 1854 endet der Artikel folgendermaßen: „Das Geheimnis von Lord Palmerstons Transaktionen mit Rußland über dessen Pläne an der
Artikel VIII
[„The People's Paper" Nr. 86 vom 24. Dezember 1853] Die dem Unterhaus am 20. April 1836 eingereichten Anträge und die damit in Verbindung stehende Resolution Herrn Patrick M. Stewarts bezogen sich nicht nur auf die Donau, sondern auch auf Tscherkessien, denn in der Handelswelt hatte sich das Gerücht verbreitet, daß die russische Regierung unter dem Vorwand, die tscherkessische Küste zu blockieren, englische Schiffe daran hindern wolle, Waren und Güter in bestimmten Häfen der östlichen Küste des Schwarzen Meeres auszuladen. Lord Palmerston erklärte bei dieser Gelegenheit feierlich:
„Wenn das Parlament sein Vertrauen in uns setzen will, wenn es uns die Leitung der auswärtigen Beziehungen des Landes überlassen will, werden wir die Interessen des Landes zu schützen und die Ehre des Landes hochzuhalten wissen, ohne genötigt zu sein, zum Kriege unsere Zuflucht zu nehmen." (Unterhaus, 20. April 1836.)
Einige Monate später, am 29.Oktober 1836, segelte die- „Vixen", ein Handelsschiff, das Herrn George Bell gehörte und das mit Salz beladen war, von London direkt nach Tscherkessien. Am 25. November wurde das Schiff in der tscherkessischen Bucht von Sudschuk Kaie von einem russischen Kriegsschiff gekapert, weil „es sich an einer blockierten Küste aufgehalten habe". (Brief des russischen Admirals Lasarew an den englischen Kapitän Childs vom 25. Dezember 1836.) Das Fahrzeug, seine Ladung und Mannschaft wurden nach dem Hafen von Sewastopol geschickt, wo die Entscheidung der Russen über die Beschlagnahme am 27. Januar 1837 entgegengenommen wurde. Jetzt war schon nicht mehr von „Blockierung" die Rede, sondern die „Vixen" wurde einfach als gesetzmäßige Prise erklärt, „sie habe sich des Schmuggels schuldig gemacht", da die Einfuhr von Salz verboten sei und es
Donau wurde jedoch erst im Verlauf der Debatten über Tscherkessien enthüllt. Damals, am 23. Februar 1848, wurde von Herrn Anstey nachgewiesen, daß ,der erste Akt des noblen Viscounts bei Amtsübernahme' (als Außenminister) ,darin bestand, denVertrag von Adrianopel anzunehmen4 - der gleiche Vertrag, gegen den der Herzog von Wellington und Lord Aberdeen protestiert hatten. Wie dies durchgeführt und wie Tscherkessien von Lord Palmerston an Rußland ausgeliefert wurde - soweit er die Macht hatte, es auszuliefern das könnte vielleicht den Gegenstand eines weiteren Artikels bilden^303 V*
in der Bucht von Sudschuk Kaie, einem russischen Hafen, kein Zollamt gebe. Der Urteilsspruch wurde in außergewöhnlich herabsetzender und beschimpfender Weise vollzogen. Die Russen, die das Schiff gekapert hatten, wurden mit öffentlichen Auszeichnungen belohnt. Die britische Flagge wurde aufgezogen, dann heruntergerissen und dafür die russische gehißt. Kapitän und Mannschaft wurden als Gefangene an Bord des „Ajax", der sie gekapert hatte, gebracht, dann nach Sewastopol, von dort nach Odessa und von Odessa nach Konstantinopel transportiert, von wo aus sie dann nach England zurückkehren durften. Über das Schiff selbst schrieb ein deutscher Reisender, der einige Jahre nach diesem Ereignis Sewastopol besuchte, an die „Augsburger Zeitung" 11161 folgendes: » „Von all den russischen Linienschiffen, die ich besuchte, erregte keines meine Neugier mehr als die »Sudschuk Kaie', die frühere ,Vixen', die jetzt unter russischer Flagge segelt. Das Schiff sieht heute ganz anders aus. Dieses kleine Schiff ist heute der beste Segler der russischen Flotte und wird gewöhnlich zu Transporten zwischen Sewastopol und der tscherkessischen Küste verwendet."
Die Wegnahme der „Vixen" hätte Lord Palmerston sicherlich die beste Gelegenheit zur Erfüllung seines Versprechens gegeben, „die Interessen des Landes zu schützen und seine Ehre hochzuhalten". Außer der Ehre der britischen Flagge und den Interessen des britischen Handels stand jedoch noch etwas auf dem Spiel - die Unabhängigkeit Tscherkessiens. Zuerst rechtfertigte Rußland die Beschlagnahme der „Vixen" damit, daß sie sich eine Verletzung der von Rußland proklamierten Blockade habe zuschulden kommen lassen; das Schiff aber wurde auf eine ganz anders lautende Anklage hin, und zwar wegen Übertretung der russischen Zollvorschriften, mit Beschlag belegt. Durch die Proklamierung der Blockade erklärte Rußland Tscherkessien für ein feindliches fremdes Land; und es fragte sich, ob die britische Regierung diese Blockade je anerkannt hatte. Durch die Übertragung russischer Zollvorschriften auf Tscherkessien wurde dieses im Gegenteil wieder als russischer Vasallenstaat behandelt, und es entstand die Frage, ob die britische Regierung die russischen Ansprüche auf Tscherkessien je anerkannt hatte. Ehe wir fortfahren, wollen wir daran erinnern, daß Rußland zu jener Zeit weit davon entfernt war, seine Befestigung Sewastopols vollendet zu haben. Irgendein Anspruch Rußlands auf den Besitz von Tscherkessien konnte bloß aus dem Vertrag von Adrianopel hergeleitet werden, wie wir schon in einem früheren Artikel auseinandersetzten. Der Vertrag vom 6. Juli 1827 verpflichtete Rußland jedoch, keine Territorialvergrößerungen vorzunehmen noch auch irgendwelche einseitige Handelsvorteile aus seinem Krieg mit der
Türkei zu ziehen. Jede Ausdehnung der russischen Grenze auf Grund des Vertrags von Adrianopel war daher ein offener Bruch des Vertrags von 1827 und brauchte, wie die Proteste Wellingtons und Aberdeens darlegten, von seiten Großbritanniens nicht anerkannt zu werden. Rußland hatte also kein Recht, Tscherkessien aus den Händen der Türkei anzunehmen. Andererseits konnte die Türkei an Rußland nicht etwas abtreten, was sie selber nicht besaß. Tscherkessien war stets so unabhängig von der Pforte geblieben, daß zu der Zeit, als in Anapa noch ein türkischer Pascha residierte, Rußland einige Vereinbarungen wegen des Küstenhandels mit tscherkessischen Anführern abschloß, da der türkische Handel ausschließlich und gesetzmäßig auf den Hafen von Anapa beschränkt war. Da also Tscherkessien ein unabhängiges Land war, so waren die Munizipalgesetze, die Gesundheitsbestimmungen und Zollverordnungen, mit denen der Moskowiter es beglücken wollte, ebenso bindend für Tscherkessien wie die russischen Gesetze für den Hafen von Tampico. • Andrerseits: War Tscherkessien ein fremdes, Rußland feindliches Land, so hatte Rußland nur dann ein Recht, es zu blockieren, wenn diese Blockade tatsächlich durchgeführt wurde und nicht nur auf dem Papier bestand, wenn Rußland die Seemacht bereit hatte, um sie zu erzwingen, und wirklich die Küste beherrschte. Nun aber besaß Rußland an dieser zweihundert Meilen langen Küste nur drei isolierte Forts, und das ganze übrige Tscherkessien war in den Händen tscherkessischer Stämme. In der Bucht von Sudschuk Kaie gab es überhaupt kein russisches Fort. Eine Blockade fand tatsächlich nicht statt, denn es war keine Macht zur See aufgeboten. Die Mannschaften zweier englischer Schiffe, die der „Vixen" und eines anderen, das im September 1834 die Bucht besucht hatte, boten sich ausdrücklich als Zeugen dafür an, daß keine wie immer geartete rusissche Okkupation der Küste erfolgt war, ein Zeugnis, das zwei britische Reisende, die den Hafen 1837 und 1838 besuchten, öffentlich bestätigten. („Portfolio"1[146], VIII, I.März 1844.) Als die „Vixen" in den Hafen von Sudschuk Kaie einfuhr, „waren russische Kriegsschiffe weder in Sicht noch auf offener See... Sechsunddreißig Stunden, nachdem die ,Vixen* Anker geworfen hatte und der Besitzer und einige Offiziere an Land gegangen waren und mit den tscherkessischen Autoritäten wegen des Zolls und den für die Waren fälligen Gebühren verhandelten, ... kam gerade ein russisches Kriegsschiff in den Hafen. Und zwar kam es nicht längs der Küste, sondern von der offenen See." (Herr Anstey im Unterhaus, 23. Februar 1848.) Bedarf es noch weiterer Beweise dafür, daß das St.Petersburger Kabinett selbst die „Vixen" unter dem Vorwand der Blockade kapern und sie dann unter dem Vorwand von Zollvorschriften konfiszieren ließ?
Um so begünstigter erschienen die Tscherkessen vom Zufall, als die Frage ihrer Unabhängigkeit zusammenfiel mit der des freien Schiffsverkehrs auf dem Schwarzen Meer, dem Schutz des britischen Handels und einem unverschämten Akt von Piratentum, den Rußland an einem britischen Handelsschiff begangen hatte. Die Chance, daß Tscherkessien bei der Beherrscherin der Meere Schutz finden würde, erschien um so weniger zweifelhaft, weil
„die tscherkessische Unabhängigkeitserklärung kurz vorher nach reiflicher Überlegung und nach mehrwöchiger Korrespondenz mit verschiedenen Regierungsdepartments im .Portfolio' veröffentlicht worden war, einer periodischen Veröffentlichung, die mit dem Ministerium des Auswärtigen in Verbindung steht, und weil Tscherkessien auf einer von Lord Palmerston selbst durchgesehenen Landkarte als unabhängiges Land bezeichnet war". (Lord Stanley im Unterhaus, 2I.Juni 1838.)
Wer hätte danach angenommen, daß der edle und ritterliche Viscount den Fall so meisterlich zji deichseln verstand, daß gerade dieser Akt von Seeräuberei, den Rußland gegen englisches Eigentum beging, ihm die längst gesuchte Gelegenheit bot, den Vertrag von Adrianopel formell anzuerkennen und die Unabhängigkeit Tscherkessiens zu vernichten? Am 17. März 1837 beantragte Herr Roebuck, als er sich auf die Konfiskation der „Vixen" berief, es sollen
„Kopien der ganzen Korrespondenz zwischen der Regierung Englands und den Regierungen Rußlands und der Türkei vorgelegt werden, die sich auf den Vertrag von Adrianopel bezöge; sowie Berichte über alle Verhandlungen und Transaktionen, die seit dem Vertrag von Adrianopel seitens Rußlands wegen der Okkupation der Häfen und Territorien an den Ufern des Schwarzen Meeres gepflogen worden seien".
Aus Furcht, in den Verdacht zu geraten, daß er menschlich fühle oder etwa gar Tscherkessien aus abstrakten Gründen verteidige, erklärte Herr Roebuck rundheraus:
„Rußland mag versuchen, die ganze Welt an sich zu reißen, und ich werde seinen Versuchen mit Gleichmut zusehen; in dem Augenblick jedoch, wo es versucht, unserem Handel in die Quere zu kommen, werde ich die Regierung dieses Landes anrufen" (dieses Land liegt offenbar irgendwo außerhalb der ganzen Welt!) „damit sie den Übergriff bestraft."
Er verlange daher zu wissen, „ob die britische Regierung den Vertrag von Adrianopel anerkannt habe". Der edle Lord, obgleich so hart bedrängt, hatte doch Geistesgegenwart genug, eine lange Rede zu halten und
„wieder Platz zu nehmen, ohne dem Haus gesagt zu haben, in wessen Besitz die tscherkessische Küste sich augenblicklich tatsächlich befindet, ob sie wirklich Rußland gehöre und ob die ,Vixen* kraft einer bestehenden Blockade oder infolge der Ubertretung fiskalischer Bestimmungen gekapert worden sei, und ob er den Vertrag von Adrianopel anerkenne oder nicht". (Herr Hume im Unterhaus, 17.März 1837.) Herr Roebuck konstatierte, daß sich Herr Bell, ehe er die „Vixen" nach Tscherkessien abfahren ließ, an den edlen Lord gewendet hatte, um sich zu vergewissern, ob irgendeine Unzuträglichkeit oder Gefahr zu befürchten wäre, wenn ein Schiff an irgendeinen Teil Tscherkessiens Waren brächte, und daß das Außenministerium mit Nein geantwortet hatte. Nun sah sich Lord Palmerston genötigt, dem Hause seine Korrespondenz mit Herrn Bell vorzulesen. Wenn man ihm dabei zuhörte, so hatte man die Empfindung, als läse er ein spanisches Mantel- und Degenstück, nicht aber eine offizielle Korrespondenz zwischen einem Minister und einem Kaufmann vor. Als Daniel O'Connell hörte, daß der edle Lord die Briefe über die Kaperung der „Vixen" vorgelesen, rief er aus: „Wie recht hat doch Talleyrand, wenn er sagt, die Sprache sei dazu erfunden, die Gedanken zu verbergen!" So fragte Herr Bell zum Beispiel an, ob „irgendwelche Beschränkungen des Handels existierten, die von Seiner Majestät Regierung anerkannt sind? Wäre das nicht der Fall, dann wolle er ein mit Salz beladenes Schiff dorthin schicken." Lord Palmerston erwidert: „Sie fragen mich, ob es vorteilhaft für Sie wäre, sich in eine Spekulation mit Salz einzulassen?" und fügt hinzu: „Handelshäuser müssen selbst wissen, ob sie sich in eine Spekulation einlassen dürfen oder nicht." „Danach habe ich nicht gefragt", antwortet Bell, „ich will nur wissen, ob die Regierung Seiner Majestät die russische Blockade auf dem Schwarzen Meer bis südlich gegen den Fluß Kuban anerkennt?" „Sie müssen in der »London Gazette*t3041 nachsehen", erwidert der edle Lord, „dort sind alle derartigen Bekanntmachungen, wie Sie sie meinen, verzeichnet." Die „London Gazette" war nun allerdings für einen britischen Kaufmann eine geeignetere Quelle, um sich solche Informationen zu holen, als die Ukase des Kaisers von Rußland. Und da Herr Bell keine wie immer geartete Notiz über die Anerkennung der Blockade oder über sonstige Einschränkungen in der „Gazette" fand, so sandte er sein Schiff ab. Das Ergebnis war, daß er sich nach kurzer Zeit selbst in der „Gazette" erwähnt fand. „Ich verwies Herrn Bell", sagte Lord Palmerston, „auf die ,Gazette4, wo er fand, daß die russische Regierung unserem Lande eine Blockade weder mitgeteilt noch erklärt hatte, folglich gab es auch keine anzuerkennen." Wenn Lord Palmerston Herrn Bell an die „Gazette" verwies, so leugnete er damit nicht nur die Anerkennung einer russischen Blockade durch Groß
britannien, sondern er bestätigte gleichzeitig auch, daß seiner Meinung nach die tscherkessische Küste kein Teil des russischen Gebiets ist, denn die »Gazette" veröffentlicht nichts darüber, wenn ein fremder Staat ein Stück des eigenen Gebiets blockiert - z. B. gegen aufständische Untertanen. Da Tscherkessien nicht einen Teil Rußlands bildet, konnte es also auch nicht in die russischen Zollvorschriften miteingeschlossen sein. Nach seinem eigenen Eingeständnis sprach also Lord Palmerston in seinen Briefen an Herrn Bell Rußland das Recht ab, die tscherkessische Küste zu blockieren oder sie kommerziellen Einschränkungen zu unterwerfen. Wahr ist allerdings, daß er während seiner ganzen Rede bestrebt war, das Haus dahin zu bringen, es als gegeben hinzunehmen, daß Rußland von Tscherkessien Besitz ergriffen hat. Andrerseits aber konstatierte er unumwunden,
„die Ausdehnung der russischen Grenze bis an die Donaumündung, im Süden des Kaukasus und an den Ufern des Schwarzen Meeres ist sicherlich nicht vereinbar mit der feierlichen Erklärung, die Rußland vor ganz Europa abgab, ehe der Türkische Krieg begann". Als er mit der feierlichen Versicherung, „stets die Interessen des Landes zu schützen und die Ehre des Landes hochzuhalten", seinen Sitz wieder einnahm, schien er schwer unter der Sorgenlast zu seufzen, die ihm seine vergangene Politik auferlegte, und durchaus nicht daran zu denken, verräterische Zukunftspläne auszuhecken. An diesem Tag mußte er folgenden schweren Vorwurf einstecken:
„Es sei in höchstem Maße zu tadeln, wie sehr es der edle Lord an tatkräftigem Eifer habe fehlen lassen, die Ehre des Landes zu schützen; kein früherer Minister hätte sich so wankelmütig, so unsicher, so zaudernd, so feige gezeigt, wenn britische Untertanen beschimpft worden seien. Wie lange noch beabsichtige der edle Lord, Rußland zu gestatten, Großbritannien zu beschimpfen und so den britischen Handel zu schädigen? Der edle Lord degradiere England zu einem rechten Prahlhans, der dem Schwachen hochmütig und tyrannisch, dem Starken demütig und winselnd entgegentrete."
Wer war es, der den „echten englischen" Minister so erbarmungslos brandmarkte? Kein anderer als Lord Dudley Stuart. Am 25. November 1836 war die „Vixen" beschlagnahmt worden. Die stürmischen Debatten im Unterhaus, die wir eben zitierten, spielten sich am 17. März 1837 ab. Aber erst am 19. April 1837 forderte der edle Lord die russische Regierung auf,
„den Grund anzugeben, durch den sie sich für berechtigt hielt, in Friedenszeiten ein Handelsschiff zu kapern, das britischen Untertanen gehört".
Am 17. Mai 1837 erhielt der edle Lord folgende Depesche vom Earl of Durham, dem britischen Botschafter in St.Petersburg:
„Mylordl Hinsichtlich der militärischen de-facto-Okkupation von Sudschuk Kaie muß ich Eurer Lordschaft mitteilen, daß sich in der Bucht ein Fort befindet, das den Namen der Kaiserin trägt (Alexandrowski) und das stets von einer russischen Garnison besetzt war. Ich bin usw. usw. Durham."
Es braucht wohl kaum betont zu werden, daß das Alexandrowskifort nicht einmal so viel Realität besaß wie die Pappdörfer, die Potemkin der Kaiserin Katharina II. bei ihrem Besuch auf der Krim zeigte. Fünf Tage nach dem Empfang dieser Depesche sendet Lord Palmerston folgende Antwort nach St.Petersburg:
„In Erwägung, daß Sudschuk Kaie, das im Vertrag von 1783 von Rußland als türkischer Besitz anerkannt wurde, jetzt durch den Vertrag von Adrianopel zu Rußland gehört, wie Graf Nesselrode bezeugt, hat die Regierung Seiner Majestät keinen ausreichenden Grund, in Frage zu stellen, ob Rußland berechtigt war, die ,Vixen* zu ergreifen und zu konfiszieren."
Einige sehr merkwürdige Begleitumstände knüpfen sich an diese Verhandlungen. Zu ihrer Eröffnung brauchte Lord Palmerston volle sechs Monate der Vorbereitung, zu ihrem Abschluß kaum einen Monat. Mit seiner letzten Depesche vom 23. Mai 1837 brechen die Verhandlungen jäh und plötzlich ab. Das Datum des Vertrags von Kütschük-Kainardschi wird darin nicht nach dem gregorianischen, sondern nach dem griechischen Kalender erwähnt. Auch
„hat sich", wie Sir Robert Peel sagt, „vom 19. April bis zum 23.Mai eine auffallende Wandlung von offizieller Deklaration zur Befriedigung vollzogen; man ließ sich offenbar durch die Versicherung des Grafen Nesselrode dahin beschwichtigen, daß die Türkei im Vertrag von Adrianopel den Küstenstrich, um den es sich handelt, an Rußland abgetreten habe. Warum protestierte er nicht gegen diesen Ukas?" (Unterhaus, 2 I.Juni 1838.)
Warum das alles? Der Grund ist sehr einfach. König Wilhelm IV. hatte Herrn Bell insgeheim angestiftet, die „Vixen*1 an die tscherkessische Küste zu senden. Als der edle Lord die Unterhandlungen hinauszog, erfreute sich der König noch seiner vollen Gesundheit. Als Lord Palmerston dieselben so jählings abschloß, lag der König in den letzten Zügen, und der edle Lord
verfügte so absolut über das Ministerium des Auswärtigen, als wäre er der absolute Monarch von Großbritannien. War es nicht ein Meisterstück des spaßhaften Lords, mit einem Federstrich den Vertrag von Adrianopel, Rußlands Besitzrecht auf Tscherkessien und die Konfiskation der „Vixen" formell anzuerkennen, und zwar im Namen des sterbenden Königs, der selbst die trotzige „Vixen" ausgesandt hatte, in der bestimmten Absicht, den Zaren zu ärgern, den Vertrag von Adrianopel zu mißachten und die Unabhängigkeit von Tscherkessien zu bestätigen? Herr Bell kam also, wie schon gesagt, in die „Gazette", und Herr Urquhart, damals erster Botschaftssekretär in Konstantinopel, wurde zurückberufen, weil er „Herrn Bell zur Ausführung der Expedition der,Vixen* überredet habe". Solange König Wilhelm IV. am Leben war, wagte Lord Palmerston nicht, sich offen der Expedition der „Vixen" entgegenzustellen, wie dies klar bewiesen wird erstens durch die Unabhängigkeitserklärung Tscherkessiens, die im „Portfolio"[1451 veröffentlicht wurde; ferner durch die tscherkessische Landkarte, die Seine Lordschaft durchgesehen hatte; durch seine jeder Bestimmtheit ermangelnde Korrespondenz mit Herrn Bell; durch seine vagen Erklärungen vor dem Unterhaus; schließlich bekam Herrn Beils Bruder, der Superkargo der „Vixen", bei der Ausreise Depeschen vom Ministerium des Auswärtigen an die Botschaft in Konstantinopel mit, und von Lord Ponsonby, dem britischen Botschafter bei der Hohen Pforte, wurde ihm direkte Ermutigung zuteil. Zu Beginn der Regierung der Königin Victoria schien der Einfluß der Whigs gesicherter denn je zu sein, und demgemäß änderte sich auch plötzlich die Sprache des ritterlichen Viscounts. Aus Verteidigung und Schmeichelei wurden mit einem Male Hochmut und Verachtung. Als ihn Herr T. H. Attwood am 14. Dezember 1837 über die „Vixen" und Tscherkessien befragte, meinte er: „ In betreff der ,Vixen* habe Rußland derartige Erklärungen über sein Vorgehen abgegeben, daß sich die Regierung unseres Landes damit zufriedengeben könne. Das Schiff sei nicht während einer Blockade genommen worden. Man habe es nur deshalb ergriffen, weil die mit seiner Leitung betrauten Personen den Munizipal- und Zollverordnungen Rußlands zuwidergehandelt hätten." Den Befürchtungen Herrn Attwoods wegen der russischen Ubergriffe trat er entgegen, „denn Rußland biete seines Erachtens der Welt genau dieselben Garantien zur Erhaltung des Friedens wie England". (Lord Palmerston im Unterhaus, 14.Dezember 1837.)
Am Schluß der Session legte der edle Lord dem-Hause die Korrespondenz mit der russischen Regierung vor, deren beide wichtigsten Teile wir schon zitierten. 1838 hatte sich die Konstellation der Parteien erneut geändert, und die Tories waren wieder zu Einfluß gelangt. Sie richteten gegen Lord Palmerston am 21. Juni eine scharfe Anklage. Der nunmehrige Botschafter in Konstantinopel, Sir Stratford Canning, beantragte eine besonders gewählte Kommission, die die Beschuldigungen Herrn George Beils gegen den edlen Lord und seine Entschädigungsansprüche prüfen sollte. Zuerst zeigte sich Seine Lordschaft höchlichst erstaunt, daß Sir Stratfords Antrag „solch kleinlichen Charakter trage".
„Sie sind", rief ihm darauf Sir Robert Peel zu, „der erste englische Minister, der es wagt, den Schutz des britischen Eigentums und Handels eine kleinliche Angelegenheit zu nennen." „Kein einzelner Kaufmann", sagte darauf Lord Palmerston, „hat das Recht, von der Regierung zu verlangen, daß sie sich über so wichtige Dinge äußert, wie das Souveränitätsrecht Rußlands in Tscherkessien oder die von Rußland mit Waffengewalt eingeführten Zollverordnungen und Gesundheitsbestimmungen." „Wozu brauchen wir dann überhaupt ein Ministerium des Auswärtigen, wenn das nicht zu seinen Pflichten gehört?" fragte Herr Hume.
Der edle Lord schloß:
„Es wird verbreitet, daß Herr Bell, der unschuldige Herr Bell, durch die Antworten, die ich ihm gab, in eine von mir gestellte Falle gelockt worden sei. Wenn man schon von einer Falle spricht, dann hat sie mir Herr Bell gelegt und nicht ich sie ihm."
Offenbar mit den Fragen, die er an den „unschuldigen" Lord Palmerston richtete. Im Verlauf dieser Debatten (am 21 .Juni 1838) kam endlich das große Geheimnis ans Licht. Wenn der edle Lord sogar willens gewesen wäre, im Jahre 1836 den Ansprüchen Rußlands zu widerstreben, so hätte er es nicht mehr gekonnt, aus dem einfachen Grunde, weil schon 1831, kaum daß er ins Amt gekommen, seine erste Tat darin bestand, die russische Usurpation des Kaukasus anzuerkennen und damit zugleich auch von hinten herum den Vertrag von Adrianopel. Am 8. August 1831, so berichtet Lord Stanley Qetzt Lord Derby), teilte das russische Kabinett seinem Vertreter in Konstantinopel seine Absicht mit,
„den bisherigen starken Verkehr zwischen den Bewohnern des Kaukasus und den benachbarten türkischen Provinzen Gesundheitsbestimmungen zu unterwerfen", und
27 Marx/Engels, Werke, Bei 9
„diese Bestimmungen sollten den auswärtigen Missionen in Konstantinopel und der ottomanischen Regierung bekanntgegeben werden".
Indem man Rußland gestattete, an der tscherkessischen Küste sogenannte Gesundheitsbestimmungen und Zollverordnungen einzuführen, die sonst nirgends existierten als in dem obenerwähnten Schreiben, wurden die russischen Ansprüche auf den Kaukasus anerkannt und damit auch der Vertrag von Adrianopel, auf den sie begründet waren.
„Diese Instruktionen", sagt Lord Stanley, „waren dem Botschaftssekretär, Herrn Mandeville, in Konstantinopel ganz offiziell mitgeteilt worden, ausdrücklich zum Zwecke der Information für die britischen Kaufleute, und wurden auch dem edlen Lord Palmerston übermittelt."
„Die Tatsache, eine solche Benachrichtigung erhalten zu haben, teilte er, entgegen dem Brauch früherer Regierungen, Lloyd's CommitteeE3051 nicht mit", wagte er nicht, mitzuteilen. Der edle Lord hat sich „sechs Jahre lang der Verheimlichung" schuldig gemacht, rief ihm Sir Robert Peel zu. An diesem Tage entging der spaßhafte Lord nur mit 16 Stimmen einer Verurteilung: 184 stimmten gegen, 200 für ihn. Diese 16 Stimmen werden weder die Geschichte übertönen noch die Bergbewohner zum Schweigen bringen, deren Waffengeklirr der Welt beweist, daß der Kaukasus nicht „jetzt zu Rußland gehört, wie Graf Nesselrode behauptet" und wie Lord Palmerston es nachbetet! Karl Marx
Aus dem Englischen.
Karl Marx
Die Kriegsfrage - Finanzangelegenheiten - Streiks13001
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3904 vom 21. Oktober 1853] London, Freitag, 7. Oktober 1853 Vergangenen Freitag übermittelte der „Morning Chronicle"t291 in seiner vierten Ausgabe eine telegraphische Depesche, wonach der Sultan1 Rußland den Krieg erklärt haben soll. Die Pariser „Patrie"tmi von gestern abend gibt in einer halbamtlichen Erklärung bekannt, daß die aus dem Osten erhaltenen Nachrichten die Behauptung des „Morning Chronicle" nicht bestätigen. Nach einem anderen Regierungsblatt, dem „ Constitution nel"t32], war es auf die wiederholten Vorstellungen des österreichischen Internuntius, Herrn von Bruck, zurückzuführen, daß der Diwan am 25. September zusammenkam, um über die Wiener Note zu beraten, und bei dieser Gelegenheit erklärte, er würde auf der letzten Note von Reschid Pascha13071 beharren. Am folgenden Tage wurde der Große Rat einberufen. Dieser Rat, aus 120 der wichtigsten Minister, Wesire, Paschas und religiösen Würdenträgern bestehend, kam zu dem Beschluß,
„es sei der Würde und der hohen Autorität des Sultans abträglich, wenn er die Wiener Note ohne die vom Diwan gemachten Modifikationen unterzeichne. Insbesondere, weil der Zar diese Modifikationen für völlig unannehmbar erklärt und es abgelehnt habe, seine Forderung nach einer für das Ottomanische Reich verderblichen Verpflichtung fallenzulassen, bleibe dem Rat nur noch übrig, dem Sultan den Vorschlag zu unterbreiten, sofort die Maßnahmen zu ergreifen, welche für die Erhaltung seines Reiches notwendig sind, und seine Gebiete von dem Eindringling zu befreien."
Was die offizielle Kriegserklärung angeht, so ist sie bisher von keiner authentischen Depesche bestätigt worden. Diesmal hat jedenfalls die Pforte
die westlichen Diplomaten überrumpelt. Die englische und die französische Regierung, welche nicht wagten, ihre Flotten abzuziehen, die ihre lächerliche Stellung in der Besikabai nicht länger zu halten vermochten und nicht bereit waren, die Meerengen zu passieren und damit den Zaren offen herauszufordern, verlangten von der Pforte, daß sie ihre Schiffe aus der Besikabai unter dem Vorwand herbeirufen solle, den Christen Konstantinopels drohe während des Bairamfestes1 Gefahr. Die Pforte lehnte ab und erklärte, es drohe keine Gefahr; wenn jedoch Gefahr bestehen sollte, würde sie die Christen auch ohne ausländische Hilfe zu schützen wissen; sie wünsche nicht, die Schiffe vor Ende der Feiertage herbeizurufen. Aber kaum hatte die Vorhut der vereinigten Flotten die Meerengen passiert, als die Pforte, nachdem sie nun ihre schwankenden und verräterischen Verbündeten in eine Klemme gebracht hatte, den Krieg erklärte. Was den Krieg anbetrifft, so hatte er in Wirklichkeit schon drei Monate früher begonnen, als die russischen Truppen den Pruth überschritten hatten. Die erste Kampagne war im wesentlichen mit der Ankunft der russischen Legionen an den Ufern der Donau abgeschlossen. Die einzige Änderung, die jetzt erfolgen kann, wird die sein, daß der Krieg nun nicht mehr nur von einer Seite geführt werden wird. Außer dem Bei von Tunis2 stellte auch der Schah von Persien3, trotz der Intrigen Rußlands, dem Sultan ein Korps von 60000 Mann seiner besten Truppen zur Verfügung. Man kann wohl mit Recht sagen, daß die türkische Armee ein Aufgebot aller verfügbaren Kräfte des Islams in Europa, Afrika und Vorderasien darstellt. Die Heere der beiden Religionen - der griechischorthodoxen und der islamischen die lange um die Vorherrschaft im Osten gekämpft haben, stehen sich jetzt gegenüber; die Heere der einen aufgeboten durch den despotischen Willen eines einzelnen Mannes - die Heere der andern durch die verhängnisvolle Macht von Umständen, entsprechend ihrem jeweiligen Glauben: während die griechisch-orthodoxe Kirche das Dogma der Prädestination4 ablehnt, steht im Mittelpunkt des Islam der Fatalismus. Zwei Versammlungen werden heute in London abgehalten: die eine in der Downing-Street^1021, die andere in der London Tavern; die eine wird von den Ministern veranstaltet - die andere richtet sich gegen sie; die eine ist für den Zaren - die andere für den Sultan. Falls über die Absichten der Koalition irgendein Zweifel bestünde,so könnten wiraus den Leitartikeln der „Times"[26] und des „Morning Chronicle" folgern, daß sie ihr möglichstes tun wird, einen Krieg zu verhindern, erneut Verhandlungen aufzunehmen, Zeit zu gewinnen,
1 Opferfest des Islams - 2 Sidi Achmed - 3 Nasr^ed-din - 4 kirchliche Lehre, nach der alles Geschehen in der Welt durch den Willen eines Gottes vorherbestimmt ist.
die Armee des Sultans zu lähmen und den Zaren in den Donaufürstentümern zu unterstützen. „Der Zar hat sich für den Frieden erklärt", gibt die „Times" befriedigt aus unbezweifelter Autorität bekannt. Der Zar habe „in Olmützt308] mit eigenem Mund friedliche Gesinnungen" geäußert. Er will die Abänderungsvorschläge der Pforte nicht annehmen; er will sich an die ursprüngliche Wiener Note halten, doch will er der Wiener Konferenz zugestehen, die Note in einem übertragenen Sinne auszulegen, der im Widerspruch zu der von seinem eigenen Minister Nesselrode gegebenen Deutung steht. Er will den westlichen Mächten gestatten, Konferenzen abzuhalten, vorausgesetzt, sie gestatten ihm, inzwischen die Donaufürstentümer zu besetzen. Die „Times" vergleicht in ihrem Anfall von Friedensliebe die beiden Kaiser, den von Rußland und den von Osterreich, mit einem Paar wilder Häuptlinge im Innern Afrikas, um zu der Schlußfolgerung zu gelangen:
„Was kümmert es die Welt schließlich, daß der Kaiser von Rußland auf Grund seiner politischen Fehler einen Krieg beginnen soll?"
Die Banken von Turin, Paris, Berlin und Warschau haben ihre Diskontorate erhöht. In den Bankausweisen der vergangenen Woche wurde festgestellt, daß die Metallreserve der Bank von England um weitere 181 615 Pfd. St. abgenommen hat und ihr Gesamtbetrag jetzt nur 15 680 783 Pfd. St. beträgt. Der aktive Notenumlauf hat um fast 500 000 Pfd. St. abgenommen, während das Diskontieren von Wechseln um 400 000 Pfd. St. zugenommen hat, ein Zusammentreffen, welches meine Behauptung in dem Artikel über Peels Bank Act bestätigt, und zwar, daß die Menge der zirkulierenden Banknoten nicht im Verhältnis zum Umfang der laufenden Bankgeschäfte zuoder abnimmt.1 Herr Dornbush beschließt sein monatliches Handelszirkular folgendermaßen:
„Die politischen Ereignisse während der vergangenen Woche haben sehr zu den Kursschwankungen im Getreidehandel beigetragen, die von in zunehmendem Maße eingehenden Berichten über eine unzureichende Weizenernte, über eine weitere Verbreitung der Kartoffelkrankheit und über die Knappheit an Schiffsladeraum hervorgerufen worden war. Londoner Mehl stieg auf 70 sh. für 280 Pfund, neuer Weizen auf 80 sh., bei einem Diskontsatz, der sich 5% nähert. Große Erregung herrscht jetzt im Getreidehandel. Die Wahrscheinlichkeit eines Krieges im Osten, das Verbot der Getreideausfuhr aus Ägypten, die bestätigte Unzulänglichkeit der englischen Weizenernte, die Ausbreitung der Kartoffelkrankheit, das Nachlassen ausländischer Importe
(besonders aus Südeuropa) und die fortgesetzte Nachfrage aus Frankreich, Belgien und Holland-das waren die Hauptursachen der Kursschwankungen im Getreidehandel, welche wiederum die Preise für Weizen auf den führenden Provinzmärkten in der vergangenen Woche unterschiedlich um einen sh. bis auf sechs sh. je Quarter in die Höhe trieben... Im allgemeinen haben die Preise kurz nach der Ernte und bis Weihnachten eine fallende Tendenz. Dieses Jahr war die Bewegung umgekehrt... Die Preise sind seit einigen Monaten gestiegen. Gegenwärtig besteht nirgends in diesem Teil der Erde ausgesprochener Mangel an Getreide; viele Kornspeicher, Scheunen und Schoberplätze sind überfüllt, und in einigen Seehäfen fehlt es an Speicherraum. Die Ursache für den kürzlichen Anstieg der Preise ist daher nicht ein gegenwärtiger, sondern ein künftiger Getreidemangel auf Grund der vermutlich unzulänglichen Ernten, deren Folgen man zu spüren erwartet, wenn die Jahreszeit weiter vorgeschritten ist. Im kommenden Winter wird es wahrscheinlich viel Elend und Not geben... Es herrscht immer noch die Meinung vor, daß die Preise weiter steigen werden; und solange die Masse der Spekulanten fortfährt zu kaufen und einzulagern, bleibt die Tendenz voraussichtlich bis zum nächsten Frühjahr steigend... Die wahrscheinlich hohe Preislage während des kommenden Winters wird voraussichtlich im Frühjahr einen großen Anreiz für den Import von Getreide aus fernen Gegenden bieten, welche in normalen Zeiten infolge der Entfernung und der hohen Transportkosten nicht in Frage kommen; im kommenden Frühjahr ist eine Masse von Eingängen aus allen erreichbaren Gegenden der Welt zu erwarten; und die gleiche Ursache, die jetzt durch das Zurückhalten von Vorräten zum Preisanstieg beiträgt, wird mit Beginn des Preisrückgangs bewirken, daß der Wert des Getreides gedrückt wird, im gleichen Maße wie der Eifer der Kaufleute zunimmt, ihre Vorräte zu veräußern. Jetzt gilt der Wahlspruch: kaufen! - doch dann wird die Losung sein: verkaufen! Das kommende Jahr kann sich als ebenso gefahrvoll und Verheerend wie das Jahr 1847 erweisen"
Die allgemeine Depression auf dem Markt von Manchester hält an. Je nachdem wie die Nachrichten aus Australien und China sowie die über die Komplikationen im Osten einen schwärzeren Charakter annehmen, werden die Baumwollspinnereibesitzer, die Fabrikanten und Kaufleute unruhiger werden. Der Preisrückgang beträgt seit dem Höchststand vor zwei Monaten für einfache Qualität und Garnstärken 7/s bis 1 d. pro Pfund, das ist fast doppelt soviel wie der Rückgang bei der entsprechenden Baumwollqualität, welcher nur 1/2 bis 6/8 d. beträgt. Aber sogar bei der höchsten Herabsetzung um einen Penny fällt es den Leuten schwer, etwas zu verkaufen, und die Vorräte, der Alpdruck unserer empfindsamen Schule der Ökonomen, wachsen weiter an. Selbstverständlich darf nicht erwartet werden, daß diese Anhäufung von Vorräten sehr rapide zunehmen wird; augenblicklich haben sowohl die Kaufleute als auch die Fabrikanten noch den Ausweg, ihre Waren konsigniert auf andere Markte zu senden, wenn sie verschiedene überfüllt vorfinden, und sie machen von dieser Möglichkeit gerade jetzt besonders großen Gebrauch.
Doch wenn die gesamten exportierbaren Güter der britischen Industrie, die ausreichen, die ganze Welt in regelmäßigen Abständen zu überschwemmen, auf einige mehr oder weniger beschränkte Märkte geworfen werden, schaffen sie notgedrungen denselben Zustand der Überfüllung und den daraus folgenden plötzlichen Umschwung auf solchen Märkten, die bis jetzt für gesund gehalten wurden. So kommt es, daß die Nachrichten über eine gewisse Verbesserung der Lage in Indien - die jedoch noch immer keine Aussicht auf profitablen Export nach diesem Land zulassen, sondern lediglich die Möglichkeit, die Verluste bei neuen Exporten zu verringern - eine ziemlich bedeutende Geschäftszunahme mit diesem Lande veranlaßt haben, teils von seiten der Firmen, die ständig mit Indien Handel treiben, teils auf Rechnung der Spinnereibesitzer und Fabrikanten aus Manchester selbst. Letztere ziehen es vor, jede geringfügige Möglichkeit eines günstigeren Verkaufs, die sich durch spekulativen Export nach Indien bieten kann, auszunützen, anstatt sich mit Verlusten abzufinden, die sich bei Verkäufen während abnehmender Nachfrage ergeben. An dieser Stelle möchte ich hinzufügen, daß es seit 1847 ständig Brauch bei den Spinnereibesitzern und Fabrikanten Manchesters geworden ist, auf eigene Rechnung große Lieferungen nach Indien usw. zu senden und für den Erlös koloniale Produkte zu kaufen, um diese ebenfalls auf eigene Rechnung entweder in Britisch-Nordamerika oder in europäischen Häfen zu verkaufen. Diese Spekulationen gehören gewiß nicht in die legitime Sphäre der Unternehmertätigkeit des Fabrikanten, der erklärlicherweise über die Marktlage nicht halb so gut informiert sein kann wie der Überseekaufmann; doch finden sie bei dem britischen Spinnereibesitzer Gefallen, der, während er solche Operationen in fernen Ländern durchführt, seine Lieblingsillusionen verwirklicht glaubt, wonach er sich der oberste Lenker, sozusagen der herrschende Geist des Welthandels und der kommerziellen Geschicke zu sein dünkt. Und gäbe es nicht diese Spekulationen, die für die Dauer eines Jahres oder für 18 Monate einen beträchtlichen Teil des überschüssigen industriellen Kapitals binden, so würde zweifellos das Anwachsen der Zahl der Fabriken in England während der letzten fünf Jahre noch bedeutend schneller vor sich gegangen sein. Auf dem Textilienmarkt leiden die einheimischen Artikel unter schwerster Depression; die Vorräte häufen sich weiter an, obwohl eine große Anzahl der Webstühle stillgelegt wurde. Auch kann nicht behauptet werden, daß es bei anderen Waren besser ist. Eine ähnliche Stagnation herrscht in Leeds und Bradford, in Leicester und Nottingham vor. In Nottingham sind die Arbeitsstunden in der Spitzenmanufaktur auf zehn und sogar auf acht Stunden täglich herabgesetzt worden; die
Strumpffabrikation lag seit Juni darnieder, als die Produktion in Nottingham gleich um ein Drittel ihres Umfangs gedrosselt wurde. Das einzige Gewerbe, welches heute noch eine ununterbrochene Prosperität zu genießen scheint, ist das Eisenwarengewerbe von Birmingham und Umgebung. In London beginnen die Bankrotte unter den Kleingewerbetreibenden um sich zu greifen. In meinem Artikel vom 12. August berichtete ich, daß die Spinnereibesitzer und Fabrikanten darangegangen sind, eine „Assoziation zum Zwecke der Unterstützung der Industrie bei der Regulierung der Bewegung unter den Arbeitern im Distrikt von Manchester" zu gründen, und daß die Assoziation aus lokalen Organisationen mit einem zentralen Komitee bestehen soll und beabsichtige, „sich allen von vereinigten Gruppen der Fabrikarbeiter gestellten Forderungen zu widersetzen", und dasMonopol des Kapitals durch das Monopol auf Zusammenschluß zu stärken und ihre Bedingungen als eine vereinigte Gruppe zu diktieren.1 Ist es aber nicht sehr merkwürdig, daß dieser Plan, von dem ich Ihnen bereits vor zwei Monaten berichtete, bis heute noch nicht ein einziges Mal von der Londoner Presse erwähnt wurde, obwohl er inzwischen in aller Stille verwirklicht wurde und in Preston, Bolton und Manchester bereits wirksam ist? Es hat den Anschein, als ob die Londoner Presse ängstlich bemüht war, den Augen der Welt die Tatsache vorzuenthalten, daß die Fabriklords systematisch ihre Klasse zum Krieg gegen die Arbeiterklasse aufgeboten haben und daß die sukzessiv von ihnen ergriffenen Maßnahmen keineswegs das spontane Ergebnis zufälliger Umstände sind, sondern die vorbedachten Auswirkungen einer von der Anti-Arbeiter-Liga organisierten umfassenden Verschwörung! Diese englische Kapitalistenliga des 19. Jahrhunderts muß noch ihren Historiker finden, wie ihn die französische Katholische Liga in den Autoren der „Satyre Menippee" am Ende des sechzehnten Jahrhunderts1309^ gefunden hatte. Um ihre Forderungen erfolgreich durchzusetzen, müssen die Arbeiter selbstverständlich versuchen, einen Teil von ihnen in Arbeit zu halten, bis der andere seinen Streik erfolgreich durchgeführt hat. Doch wo die Arbeiter zu dieser Methode greifen, schließen die Fabrikanten nach gegenseitiger Vereinbarung alle ihre Fabriken, um die Arbeiter dadurch in größtes Elend zu treiben. Wie Sie wissen, sollten die Prestoner Fabrikanten das Spiel beginnen.2 13 Fabriken wurden bereits geschlossen, und Ende nächster Woche sollen alle Fabriken zugemacht und mehr als 24000 Arbeiter auf die Straße
1 Siehe vorl. B<md, S. 257/258 -2 siehe vorl. Band, S. 323
geworfen werden. Die Weber haben eine Denkschrift an die Fabrikanten gerichtet, in welcher sie um eine Unterredung baten oder anboten, die strittigen Fragen einem Schiedsgericht vorzulegen, doch wurde ihr Gesuch abgelehnt. Da die Weber von Preston durch Penny-Sammlungen unter den Arbeitern der umliegenden Distrikte, von Stalybridge, Oldham, Stockport, Bury, Withnell, Blackburn, Church-Parish, Acton, Irwell-Vale, Enfield, Burnley, Colne, Bacup usw., unterstützt werden, haben sie entdeckt, daß der Zusammenschluß der einzige Weg für sie ist, um dem übermäßigen Druck des Kapitals Widerstand zu leisten. Die Fabrikbarone aus Preston haben ihrerseits geheime Emissäre ausgeschickt, um die Unterstützungsmöglichkeiten für die Streikenden zu untergraben und die Spinnereibesitzer von Burnley, Colne, Bacup usw. zu veranlassen, ihre Betriebe zu schließen und eine allgemeine Arbeitseinstellung hervorzurufen. In bestimmten Orten, wie in Enfield, wurden die Aufseher veranlaßt, ihren Herren zu melden, wer an der Förderung der Bewegung teilgenommen hat, und eine Anzahl Geldsammler wurde daraufhin entlassen. Während die Arbeiter von Preston von den Arbeitern der umliegenden Distrikte aufgefordert wurden, standhaft und einig zu bleiben, finden die Fabrikherren von Preston ungeheuren Beifall bei den anderen Fabrikanten und werden als die wahren Helden unserer Zeit gepriesen. In Bury nehmen die Dinge einen ähnlichen Verlauf wie in Preston. In Bolton, wo die Steppdeckenmacher auslosten, wer in Streik treten solle, haben alle Unternehmer in diesem Industriezweig sofort ihre Fabriken geschlossen. Neben der gleichzeitigen Schließung der Fabriken haben die Fabrikanten noch andere gemeinsame Maßnahmen ergriffen. So streikten zum Beispiel die Weber des Herrn Lund in Keighley für eine Aufbesserung ihres Lohnes. Der Hauptgrund ihrer Arbeitsniederlegung war, daß sie weniger Lohn bekamen als die Weber des Herrn Anderton in Bingley. Einer Abordnung der Weber, die um eine Unterredung mit Herrn Lund ansuchte und sich zu seiner Wohnung begab, wurde die Tür höflich vor der Nase zugeschlagen. Doch eine Woche später wurden die Arbeiter des Herrn Anderton durch Anschlag informiert, daß die Löhne seiner Weber um drei Pence je Stück und die seiner Wollkämmer um einen Farthing je Pfund gekürzt werden. Herr Lund und Herr Anderton hatten inzwischen ein gegenseitiges Offensiv- und Defensivbündnis geschlossen, mit dem Ziel, die Weber des einen durch Lohndruck auf die Weber des andern zu bekämpfen. Man nimmt wohl an, daß auf diese Weise die Weber des Herrn Lund zum Nachgeben gezwungen oder die Weber des Herrn Anderton zum Streik veranlaßt werden, und wenn, dann die zusätzliche Belastung einer weiteren Arbeitsniederlegung jede Möglichkeit einer
Unterstützung ausschließt, sich beide Gruppen einer allgemeinen Lohnkürzung beugen werden. In anderen Fällen versuchen die Unternehmer, die Ladenbesitzer gegen die Arbeiter aufzubieten. So ging Herr Horsfall, der Kohlenkönig, Besitzer des größten Schachtes in Derby, als seine Arbeiter wegen Kürzung der Löhne streikten, zu allen Fleischern, Bäckern und Krämern der Nachbarschaft, bei denen die Bergarbeiter kaufen, um sie zu veranlassen, seinen Arbeitern nichts auf Kredit zu verkaufen. In allen Ortschaften, wo es die Assoziation zur „Regulierung der Bewegung unter den Arbeitern" gibt, haben sich die Unternehmer, die der Vereinigung beigetreten sind, verpflichtet, hohe Strafen zu zahlen, wenn eines ihrer Mitglieder das Statut der Vereinigung verletzt oder den Forderungen seiner Arbeiter nachgibt. Diese Strafen betragen in Manchester bis 5000 Pfd. St., in Preston bis 3000 Pfd. St., in Bolton 2000 Pfd. St. usw. Es gibt ein Merkmal, durch das sich der gegenwärtige Konflikt von vergangenen Konflikten besonders unterscheidet. Früher, wie z. B. 1832, 1839, 1840 und 1842 - war ein sogenannter general holiday1, d.h. eine allgemeine und gleichzeitige Arbeitseinstellung im ganzen Königreich, eine Lieblingsidee der Fabrikarbeiter und das große Ziel, welches sie anstrebten. Heute ist es das Kapital, welches mit einer allgemeinen Aussperrung droht. Diesmal sind es die Fabrikanten, die eine allgemeine Schließung ihrer Betriebe beabsichtigen. Glauben Sie nicht, daß dieses Experiment, falls es erfolgreich sein sollte, sich als sehr gefährlich erweisen kann? Wollen sie das englische Volk in eine Juni-Insurrektion13101 treiben, um seinen wachsenden Mut zu brechen und es für eine Reihe von Jahren ohnmächtig zu machen? Auf alle Fälle können wir die Symptome eines in England heranreifenden Bürgerkrieges nicht scharf genug beobachten, insbesondere, da die Londoner Presse absichtlich ihre Augen vor bedeutsamen Tatsachen verschließt, während sie ihre Leser mit Beschreibungen solcher Nebensächlichkeiten ablenkt, wie das Bankett, welches Herr Titus Salt, einer der Fabrikfürsten von Yorkshire, bei der Eröffnung seines Fabrikpalastes gab, bei der nicht nur die örtliche Aristokratie, sondern auch seine Arbeiter bewirtet wurden. „Wohlstand, Gesundheit und Glück für die Arbeiterklasse" soll der Trinkspruch gelautet haben, den er, wie dem Publikum von der Presse der Hauptstadt berichtet wird, ausgebracht hatte. Doch es wird ihm verschwiegen, daß wenige Tage später den Moir&vebern eine weitere Herabsetzung ihrer Löhne von 2 sh. 3 d. auf 2 sh. 1 d. angekündigt wurde. „Wenn das etwa Gesundheit oder Wohlstand
für die Moireweber bedeutet", schreibt eines der Opfer an „The People's Paper"[59], „so verzichte ich für meinen Teil darauf." Sie werden vielleicht aus der „Times"[26J ersehen haben, daß eine Frau Macdonneil aus Knoydart in Glen Garry, in Nachahmung der Herzogin von Sutherland, dabei ist, ihre Besitzungen zu säubern, um die Menschen durch Schafe zu ersetzen. Von einem Korrespondenten an Ort und Stelle informiert, gibt „The People's Paper" folgende anschauliche Beschreibung über diese Malthussche Operation:
„Diese Lady hatte eine Reihe Häusler auf ihren Domänen, von denen viele nicht in der Lage waren, ihre Pacht zu bezahlen - einige hatten beträchtliche Rückstände, wie man uns erzählt Sie jagte sie deshalb fort und zwang sie, in den Wäldern und in Höhlen Unterschlupf zu suchen, wo sie seitdem hausen oder richtiger gesagt, umkommen, während Frau Macdonnells Pferde in festen und bequemen Unterkünften warm untergebracht sind. Gleichzeitig bot sie ihnen freie Überfahrt nach Kanada an, da die Reisekosten billiger sind als die Armenunterstützung, und sie gestattet ihnen, »ihren kleinen Besitz' zu veräußern, obwohl ihr Besitz aus den Kleidern besteht, die sie anhaben, aus einem zerbrochenen Tisch oder einer rheumatischen Katze. Schließlich erließ sie ihnen ihre Rückstände - die sie sowieso nicht eintreiben konnte. Dies nennt man tedle Großmut*."
Solche Vertreibungen scheinen wieder überall auf dem Hochland an der Tagesordnung zu sein. Wenigstens werden wir in diesem Sinne von Sir Charles Forbes, einem Hochland-Laird1 informiert, der in der „Times" schreibt,
„daß Schafzucht jetzt so einträglich geworden, daß es sich für unsere englischen Schafzüchter jederzeit lohne, mehr Schafe zu halten und für die Ausweisung all derer, welche ihnen im Wege sind, zu bezahlen". Karl Marx
Aus dem Englischen.
Karl Marx
[Das türkische Manifest Die wirtschaftliche Lage Frankreichs]
[„New-York Daily Tribüne" Nr.3912 vom 31.Oktober 1853] London, Dienstag, 18. Oktober 1853 Das türkische Manifest, das am I.Oktober den vier Großmächten zur Rechtfertigung der Kriegserklärung des Sultans an den Zaren zugestellt wurde, ist in jeder Hinsicht dem ungeheuren Haufen von amtlichen Noten weit überlegen, mit denen Europa seit dem Mai 1853 überschwemmt wurde. In ihm heißt es, daß der Sultan keinen Anlaß zu Streitigkeiten gegeben habe. Nicht einmal ein Vorwand dazu sei geblieben, nachdem die Frage der Heiligen Stätten beigelegt worden sei. Rußland war es, das seinerseits alle Verträge verletzte, die Türkei ihrerseits hatte alle Mittel zur Versöhnung erschöpft. Die Mächte selbst waren darin einig, daß der Sultan der Note des Fürsten Menschikow nicht zustimmen sollte. Wie konnte man dann annehmen, daß er die Wiener Note akzeptiert, die sich im ganzen kaum von der Menschikows unterschied? Die erklärende Epistel der Wiener Konferenz konnte an dem Stand der Dinge nichts ändern. Wenn Rußland schon die £/aren und deutlichen Paragraphen des Vertrags von Kainardschi falsch ausgelegt hatte, kann man es da riskieren, ihm „vage und unklare Paragraphen in die Hand zu geben, die ihm einen geeigneten Vorwand für seine Ansprüche auf ein religiöses Protektorat bieten" ? Überdies wurden die vom Sultan vorgeschlagenen Abänderungen durch die später von Nesselrode veröffentlichten Erklärungen völlig gerechtfertigt. Die Besetzung der Donaufürstentümer schuf von vornherein einen Casus belli, und die Pforte hat sich nun entschlossen, sie als Casus belli zu proklamieren. Fürst Gortschakow wurde daher aufgefordert, die Donauprovinzen zu räumen. Sollte er fünfzehn Tage nach dieser Mitteilung ablehnend antworten, so wird Omer Pascha die Feindseligkeiten eröffnen, haben die russischen Geschäftsträger die ottomanischen Staaten zu verlassen und werden die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern abge
brochen. Über die russischen Handelsschiffe jedoch soll kein Embargo verhängt werden; sie werden aber Order bekommen, die türkischen Häfen zu verlassen. Die Meerengen werden für die Handelsschiffe der befreundeten Mächte offen bleiben. Das ist der wesentliche Inhalt des Manifestes des Sultans. Das türkische Ultimatum wurde dem Fürsten Gortschakow am 9. Oktober mitgeteilt. Die Frist zur Räumung der Fürstentümer läuft also am 25. Oktober ab. Die Drohung mit der Eröffnung der Feindseligkeiten ist jedoch nicht so wörtlich zu nehmen, da Omer Pascha natürlich seine starken Stellungen nicht verlassen wird, um die Russen anzugreifen. Im „Morning Herald"[24] von gestern wird man meine Bemerkungen über die Bewegung der russischen Armee nach Westen und über das geheime Einverständnis mit Österreich bestätigt finden, auf das diese Bewegung hindeutet.1 Getreu dem alten asiatischen System der Täuschung und kleinlichen Ränke, nutzt Rußland auch jetzt wieder die Leichtgläubigkeit der westlichen Welt aus und verbreitet das Gerücht, daß der Zar „eben in aller Eile einen Kurier mit der Erklärung nach Wien gesandt hätte, daß er gern und vollständig sämtliche von den vermittelnden Mächten vorgeschlagenen Bedingungen akzeptiere", als er unglücklicherweise „von der Kriegserklärung seitens der Pforte erfuhr". Da natürlich zog der russische Herrgott sämtliche Konzessionen, die er je gemacht hatte, zurück und rief aus, „jetzt bleibe nichts übrig als Krieg, Krieg bis aufs Messer" (guerre ä Toutrance). Es kommt also heraus, daß der Zar durch den Sultan zum Krieg gezwungen wurde. Der österreichische Internuntius Herr von Bruck soll die Pforte gefragt haben, ob sie an die politischen Flüchtlinge zu appellieren gedenke, damit sie eine Fremdenlegion bilden. Reschid Pascha erwiderte, daß er trotz aller Vorschläge, die der Pforte unaufhörlich gemacht würden, noch zu keiner Entscheidung gelangt sei, daß aber die Türkei, wenn sie von ihren Bundesgenossen im Stiche gelassen würde, sich für vollständig berechtigt hielte, alle Mittel zu ihrer eigenen Verteidigung anzuwenden und die Dienste der in den verschiedenen Ländern Europas verstreuten politischen Flüchtlinge in Anspruch zu nehmen. Im „Constitutionnel"t8ai lesen wir:
„Wir haben Ursache, anzunehmen, daß man heute in Paris und London bereits das offizielle Ansuchen der Hohen Pforte um Beistandleistung durch Frankreich und England erhalten hat."
In den Zeitungen steht, der Österreichische Kaiser1 habe seine Armee um etwa 100 OOOMann eingeschränkt. DieWahrheit ist jedoch, daß eine solcheAnzahl Leute auf Urlaub geschickt wurde, die jeden Moment wieder einberufen werden können. Einerseits war es die Finanzklemme und andererseits die Hoffnung, die Geldverleiher dadurch zu gewinnen, die das Wiener Kabinett zu diesem Schritt veranlaßt haben. Der folgende Auszug aus einem Londoner Handelszirkular, das sich mit dem Getreidehandel Frankreichs beschäftigt, wird, wie ich annehme, für den Leser von Interesse sein:
„Einer sehr umfangreichen Korrespondenz, die mit jeder nur erdenklichen Mühe geführt wurde, um den wirklichen Sachverhalt festzustellen, entnehmen wir, daß die Weizenernte in Frankreich um ein volles Drittel zurückgeblieben ist, dabei variierend entsprechend den Bezirken und mit dem größten Ausfall im Süden. Allerdings haben sich unter dem Einfluß der Regierung stehende Journale bemüht, die Öffentlichkeit zu beschwichtigen, daß das nicht der Fall sei, aber gerade die von der Regierung durchgeführten Maßnahmen sind eine ausreichende Widerlegung solcher Versicherungen. Als erstes lockerte sie die Schiffahrtsgesetze im Interesse Englands, um sie dann ganz und gar aufzuheben. Als nächstes zog sie die Herabsetzung der Zölle in Erwägung, was die gleitende Skala von selbst reguliert hätte, legte Minimalzollsätze fest (ohne die Aufteilung in Distrikte mit verschiedenen Zollsätzen zu berücksichtigen, wie es in Frankreich der Fall ist) und öffnete die Häfen den ausländischen Schiffen für den freien Handel ohne Tonnagegebühren. Sie hat seitdem alle Flüsse und Kanäle zur freien Benutzung für Getreideschiffe geöffnet und die Eisenbahnen dazu aufgefordert, die Lebensmittel zu gesenkten Frachtsätzen zu befördern. Sie hat Algerien geöffnet und den algerischen Schiffen zugestanden, Frankreich mit jeder Tonnage gebührenfrei anzulaufen; sie hat die Ausfuhr von Kartoffeln und Gemüse verboten und hat nicht gezögert, auf vielen Märkten willkürlich auf das Verhältnis zwischen Käufern und Verkäufern einzuwirken. Sicherlich bestätigt all das eine schwache Ernte, oder es handelt sich um sehr überflüssige Vorsichtsmaßnahmen. Der Handel in Frankreich ist jedoch seit einiger Zeit in einem Zustand der Spannung; nicht daß die Kaufleute im ganzen Kaiserreich irgendwelche Zweifel hinsichtlich des Ergebnisses der Ernte haben, aber der falsche Schritt, den die Regierung bezüglich der Festsetzung des Brotpreises eingeschlagen hat, hat sie so verwirrt, daß sie fürchten, Geschäfte abzuschließen. Es ist allgemein bekannt, daß sofort nach Erlaß des entsprechenden Dekrets Telegramme nach allen Richtungen gesandt wurden, um die für Getreide gegebenen Aufträge zu annulieren, und es ist unmöglich abzuschätzen, welcheAuswirkungen diese Regierungsmaßnahme auf die Preise im Endergebnis haben wird. Die durchschnittliche Weizenproduktion in Frankreich wird auf 80 Millionen Hektoliter (ungefähr 28 Millionen Quarter) geschätzt, dabei war die Höchstproduktion während der lezten
25 Jahre 97 Millionen Hektoliter im Jahre 1847 und die niedrigste 52 Millionen im Jahre 1830. Der Anbau von Weizen hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, verhältnismäßig sogar viel schneller als die Bevölkerung. Die Tatsache, daß die Vorräte gegenwärtig völlig erschöpft sind, zeigt, daß die Bevölkerung viel besser ernährt worden ist und in besseren Verhältnissen lebt, als es früher der Fall war. Die folgende Tabelle soll die Zunahme der Bevölkerung und der Produktion während der letzten 25 Jahre zeigen:
Jahr Bevölkerung gliche Dmchschnittsproduktlon von Weizen in runr Jahren (in Hektoliter;
1831 32 569 223 VOn 1827 bis 1831 57 821 336 1836 33 540910 „ 1832 „ 1836 68684919 1841 34 240 078 „ 1837 „ 1841 71512258 1846 35 400486 „ 1842 „ 1846 72015 564 1851 35 781821 „ 1847 ,, 1851 86 124 123
Das Anwachsen der Konsumtion im Verhältnis zum Anwachsen der Bevölkerung wird dazu führen, daß die Auswirkungen einer schlechten Ernte stärker gefühlt werden, da alte Vorräte fehlen, auf die zurückgegriffen werden könnte, und natürlich keine Vorräte ausländischen Getreides in den Speichern vorhanden sind."
Die unheilvollen Absichten der herrschenden Klassen Englands im Hinblick auf die Türkei können den Predigten der Herren Bright und Cobden in Edinburgh, den Reden Gladstones in Manchester und den von verschiedenen Blättern ausgestreuten Andeutungen entnommen werden, daß im Falle eines russisch-türkischen Krieges Lord Aberdeen durch Lord Palmerston, den ritterlichen Gegner Rußlands, ersetzt werden wird. Untersuchungen über den Zustand in den Gefängnissen sind jetzt ein ständiger Bestandteil der Presseberichte. Aus dem, was bereits enthüllt worden ist, ist ersichtlich, daß das Gefängnisregime in Birmingham aus Halseisen und An-die-Wand-ketten, in Leicestershire aus Schließeisen und in Hampshire aus der weniger raffinierten Methode des Hungerns besteht. Und „Ihr nennt dies ein freies Land!" Ich konstatierte in einem früheren Artikel, daß der mit Birma abgeschlossene sogenannte Friede nichts weiter als ein Waffenstillstand war und daß die Neuerwerbungen sich für die britischen Eroberer1 als eine endlose Quelle neuer Schwierigkeiten erweisen würden. Die letzte Überlandpost informiert uns nun tatsächlich, daß die Kriegspartei in Birma an Stärke zunimmt; daß die neuen Provinzen buchstäblich von großen, von der Regierung von Ava
angestachelten Räuberbanden überschwemmt sind und eine erhebliche Verstärkung der Streitkräfte in Prome erfordern und daß „die britischen Truppen krank und verärgert sind, weil man gesunde Plätze für Kasernen noch nicht gefunden hat". Die schändliche Vernachlässigung aller Irrigationsanlagen seitens der britischen Beherrscher Indiens verursacht wieder einmal im Distrikt von Patna, als Folge der lang anhaltenden Dürre, ihren regelmäßigen Beitrag an Cholera und Hungersnot. Einem neuerdings veröffentlichten amtlichen Bericht entnehme ich folgende statistische Angaben über Schiffbrüche von britischen und ausländischen Schiffen an den Küsten des Vereinigten Königreichs:
o i 'tti .. i r* i i 7 t i Verluste an Gesamtzahl Jahr ScKlffbmche Ge3U;ke"^rch Lecks Gestrandet Menschen- der insgesamt oder Kollisionen ]eben Schiffbrüche
1850 277 84 304 784 681 1851 358 - 343 750 701 1852 - - - ca. 900 1100
Gesamtzahl der Schiffbrüche in 3 Jahren 2482 und der Verluste an Menschenleben 2434
Karl Marx
Aus dem Englischen.
Karl Marx
[Verhaftung Delescluzes - Dänemark - Österreich Die „Times" über die Perspektiven des Krieges gegen Rußland]
[„New-York Daily Tribüne" Nr.3917 vom 5.November 1853] London, Freitag, 2I.Oktober 1853 Unter den Verhaftungen, die kürzlich in Paris vorgenommen wurden, ist die von Herrn Delescluze, der Privatsekretärs Herrn Ledru-Rollins, die bedeutendste. Er war in einer geheimen Mission nach Paris gesandt worden, und man hatte - wie es heißt - kompromittierende Papiere bei ihm gefunden. Herrn Ledru-Rollins Vertrauen zu einem Manne, der sich nie von dem Verdacht reinigen konnte, 1848 die belgische Legion in der bekannten Affäre von Risquons-Tout[3nl verraten zu haben, ist nicht zu verstehen. In Kopenhagen scheint das Ende des Staatsstreiches bevorzustehen, da das Ministerium nicht nachgeben will, und sich das Folkfiting1 gegen die Abschaffung der bestehenden Verfassung ausgesprochen hat, falls die Regierung ihm nicht ihren eigenen Entwurf einer Verfassung für das ganze dänische Königreich vorlegt. Die beiden Separatentwürfe für die Herzogtümer Schleswig und Holstein sind erschienen. Sie sind armselige Nachahmungen der Verfassungen der alten preußischen Provinziallandtage, die die Vertretung unter die verschiedenen „Stände" aufteilen, das Wahlrecht vom Grundbesitz abhängig machen und seine Ausübung durch die „Wohnsitzklausel" auf die entsprechenden Wahldistrikte beschränken. Zwei Artikel in diesen Verfassungen sind besonders bemerkenswert: der eine beraubt die Gerichtshöfe ihres uralten Rechts, obrigkeitliche Verfügungen für ungültig zu erklären, und der andere schließt alle Personen vom Stimmrecht aus, die sich durch Teilnahme an dem revolutionären Kampf 1848-1850 kompromittiert hatten, unabhängig davon, ob sie seitdem amnestiert worden sind oder nicht.
1 die zweite Kammer des dänischen Reichstags
28 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
Ich legte bereits in meinem letzten Artikel dar, daß das österreichische Dekret über die Einschränkung der Armee lediglich den Zweck verfolgte, die Geldverleiher in eine Falle zu locken1; jetzt, da alle Chancen, eine Anleihe zu erhalten, geschwunden sind-jetzt, da die Regierung erklärt, sie habe niemals beabsichtigt, eine Anleihe aufzunehmen - jetzt, da sie mit einer neuen Emission von Papiergeld begonnen hat, teilt man uns mit, daß „keinerleiAnstalten getroffen werden, das kaiserliche Dekret bezüglich der Einschränkung der Armee durchzuführen, und daß im Gegenteil die Generale, die in der Lombardei, in Ungarn und in Kroatien die Befehlsgewalt innehaben, auf Grund der allgemeinen Stimmung in diesen Ländern allesamt Verstärkung angefordert haben". Ein Pariser Korrespondent berichtet der „Morning Post"l27] wie folgt über das Verhalten des Kaisers von Rußland bei seinen unlängst Berlin und Olmütz abgestatteten Besuchen: „Das Hauptziel des Zaren bestand dafin, ein neues Bündnis zwischen den Nordmächten zu schließen... Um den Widerstand Preußens zu überwinden, bediente er sich aller Argumente - ich möchte sagen, jeder Bestechung -, denn er bot an, falls man ihm gestatten würde, in türkisches Gebiet einzurücken und es zu besetzen, die Okkupation Warschaus und die militärische Herrschaft über Polen an Preußen abzutreten." Was die Berichte von den Siegen der Russen über Schamyl betrifft, so sind in Paris Briefe eingetroffen, die diese als bloße Erfindungen hinstellen, denn es habe seit Mai, als Schamyl bei Mendoh den Sieg errang und die Angriffe der Russen auf den Fluß Malka zurückgeschlagen wurden, im Kaukasus keine militärische Aktion von Bedeutung gegeben. „Wir verstehen völlig, wie populär ein Krieg gegen Rußland zugunsten der Polen oder der Ungarn wäre, selbst wenn es für unser Eingreifen keinen andern Grund gäbe als politische Sympathien... Wir haben jedoch kein Verständnis für einen Krieg zugunsten der Türkei." So schrieb die „Times"[26] am 12.Oktober. Eine Woche später lasen wir in derselben Zeitung: „Der erste Zusammenstoß zwischen britischen und russischen Armeen würde das Signal für eine Revolution auf dem ganzen Kontinent sein, und wir halten es durchaus nicht für unwahrscheinlich und auch keineswegs für gänzlich verwerflich, daß eine solche Überlegung unseren aristokratischen, plutokratischen, despotischen und alles andere als demokratischen Herrschern gelegentlich durch den Kopf gegangen sein mag... Wir sollten genau überlegen, bevor wir zur Verteidigung der türkischen nominellen Souveränität über gewisse faktisch unabhängige Provinzen gegen Rußland in den Krieg ziehen, denn - wenn wir das tun, werden wir im kaiserlichen Österreich eine Rebellion auslösen."
Also an einem Tag soll England nicht gegen Rußland in den Krieg ziehen, weil es dadurch die Türken anstatt der Polen und Ungarn verteidigen würde, und am nächsten Tag deshalb nicht, weil jeder Krieg zugunsten der Türken gleichzeitig ein Krieg zugunßten der Polen und Ungarn sein würde! Die Wiener „Presse"1611 meldet, daß Abd el Kader vom Sultan ersucht worden ist, im Falle eines Krieges mit Rußland ein militärisches Kommando zu übernehmen. Die Verhandlungen wurden vom Scheich ul Islam geführt, und der Emir erklärte seine Bereitschaft, in türkische Dienste zu treten, unter der Bedingung, daß man vorher die Sanktion Bonapartes einhole. Es ist ihm das Kommando über die türkische Armee in Asien zugedacht.
Karl Marx
Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Bewegungen der Armeen in der Türkei
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3919 vom 8. November 1853, Leitartikel] Auf dem Kriegsschauplatz in der Türkei fanden kürzlich mehrere bedeutende militärische Bewegungen statt, die noch klarer die Positionen und Pläne der betreffenden Parteien offenbaren. Die Russen-denen wir uns zuerst zuwenden, weil sie die angreifende Partei und deswegen als diejenigen anzusehen sind, die die Initiative ergreifen - dehnten ihre Operationslinie weiter nach Westen aus. Eine Brigade nach der andern wurde in Richtung auf Widdin an der oberen Donau in Marsch gesetzt; und jetzt kann man sagen, daß sich die Front der russischen Armee von Kalafat gegenüber Widdin bis nach Orasch gegenüber von Hirsowa in einer Richtung erstreckt, welche gleichermaßen die Straße nach Konstantinopel und die nach Serbien und Mazedonien bedroht. Die erste Bewegung auf Kalafat genügte, um mit Sicherheit einen russischen Ablenkungsangriff in Richtung auf die Zentren der slawischen und griechischen Bevölkerung in der Türkei erkennen zu lassen. Gleichzeitig ist es dadurch wahrscheinlich geworden, daß der Feldzugsplan auf der direkten Straße nach Konstantinopel Defensivaktionen und bloße Demonstrationen, aber auf der Straße nach Sofia, in Serbien und Mazedonien, energische Offensivaktionen vorsieht. Als jedoch diese Bewegungen vorgenommen wurden, hatten die Türken noch nicht den Krieg erklärt. Das ist inzwischen eingetreten und scheint den Zaren derartig in Zorn versetzt zu haben, daß er wahrscheinlich seinen Truppen einen weitaus energischeren Impuls verleihen wird, als vorher zu erwarten war. Es wurde nicht nur Fürst Paskewitsch zum Befehlshaber der russischen Truppen ernannt, sondern es heißt auch, daß er 40 000 Mann von der Armee aus Polen mitbringe, welche neben der Garde und den Grenadieren als die beste Truppe in russischem Sold gilt. Solche Verstärkungen würden eine Überlegenheit der russischen Waffen her
stellen, die offensive Operationen sowohl an der oberen wie auch an der unteren Donau rechtfertigen würde, während sie gleichzeitig als ein Gegengewicht gegen französische und britische Truppen anzusehen wären, die, Gerüchten zufolge, möglicherweise zur Unterstützung der Türkei entsandt werden sollen. Auf jeden Fall können diese russischen Verstärkungen nicht mehr rechtzeitig an der Donau ankommen, um noch in diesem Jahre Operationen durchzuführen. Von Warschau bis Bukarest über Dubno, Chotin und Jassy beträgt die Entfernung etwa 800 Meilen und führt durch eine Gegend, in der eine Armee nicht mehr als acht bis zehn Meilen pro Tag vorwärtskommen kann. Es würde also drei Monate oder bis Anfang Januar dauern, ehe diese frischen Truppen ihre Positionen einnehmen könnten; und wenn wir die Jahreszeit berücksichtigen, dann ist es sogar wahrscheinlich, daß sie noch länger brauchen werden. Diese Truppen müssen daher bis zum Beginn der Frühjahrskampagne völlig im Hintergrund bleiben. Die russischen Truppen, die sich bis jetzt in den Fürstentümern befinden, wurden auf 130000 bis 150 000 Mann geschätzt. Angenommen, sie haben durch Krankheit und Desertion 20 000 bis 30 000 Mann verloren, so haben sie immer noch eine zahlenmäßige Überlegenheit gegenüber den Türken. Denn wenn wir über die wirkliche Stärke der russischen Truppen auch nicht viel mehr wissen als das, was aus der Anzahl der Divisionen und Brigaden, die in die Türkei einmarschiert sind, und der effektiven Stärke, welche sie haben sollen, entnommen werden kann, so ist uns die Anzahl der türkischen Truppen an der Donau aus den Berichten der britischen, französischen und piemontesischen Offiziere, die von ihren betreffenden Regierungen nach dort entsandt wurden, sehr gut bekannt. Alle diese Berichte stimmen darin überein, daß selbst nach Ankunft des ägyptischen Kontingents die aktive türkische Armee unter Omer Pascha nicht mehr als 110 000 Kombattanten und davon nur 80 000 reguläre Soldaten zählte. In ihrem Rücken wurde eine Reservearmee bei Adrianopel aufgestellt, welche aus 80 000 Redifs (gedienten, wiedereinberufenen Soldaten) bestehen soll, doch über den Zustand dieser Reserve besitzen wir keine genauen Informationen. Es ist daher Tatsache, daß an dem Tage, an dem der erste Schuß fallen wird, die von Omer Pascha befehligte Armee zahlenmäßig schwächer als die seines Gegners sein wird und daß nur grobe Fehler seitens seines Gegners oder ausgezeichnete Feldherrnkunst seinerseits ihn vor einer Niederlage bewahren werden. Wir sind ebenso gut über die Position und die Verteidigungsvorbereitungen der Türken informiert. Drei Linien sind befestigt worden: als erste die Donau, um zu verhindern, daß sie der Feind überquert; zweitens die Linie von Varna bis Schumla; drittens jene, wenige Meilen hinter der zweiten am
Fluß Kamtschyk, wo sich das Fort befindet, welches die Balkanpässe sichert. Diese Befestigungen bezeichnen die ausländischen Offiziere als unüberwindlich und ausreichend, um jede feindliche Erstürmung zu vereiteln. Doch bei allem Respekt vor der bedeutsamen Kunst der Feldbefestigung und vor dem Urteil der Offiziere, die diesen Bericht geben, erlauben wir uns zu bemerken, daß derartige Meinungen mit der größten Vorsicht aufzunehmen sind. Wie viele Feldwerke gab es, die man für uneinnehmbar hielt und die nach wenigen Kartätschenschüssen beim ersten Ansturm genommen wurden, und wer weiß nicht, daß die berühmteste befestigte Stellung, die je errichtet wurde, die Linie von Torres Vedras13121, nicht durch ihre passive Widerstandskraft stark war, sondern weil Wellington zu ihrer Verteidigung 100 000 Mann hatte, während Massena nur 30 000 Mann für den Angriff aufbringen konnte! Einzelne, detachierte Feldschanzen, z. B. in Bergpässen, haben oft gute Dienste geleistet, doch in der Neuzeit ist noch nie eine überlegene Armee, welche von einem fähigen General kommandiert wird, infolge der passiven Widerstandskraft, die Feldschanzen boten, in einer gewöhnlichen Aktion geschlagen worden. Ferner ist die Art und Weise, wie Feldbefestigungen verteidigt werden, von ausschlaggebender Bedeutung; doch wenig disziplinierte Truppen oder disziplinlose Soldaten sind hinter einer Brustwehr von geringem Nutzen, wenn ein Hagel von Kartätschen sie überschüttet. Doch laßt uns auf die drei von den Türken befestigten Verteidigungslinien einen Blick werfen. Die erste ist die Donau. Allerdings kann die Befestigung der Donaulinie nur bedeuten, daß solche Werke errichtet werden, die einen Flußübergang durch die Russen verhindern. Die Donau ist von Orsova bis zur Mündung etwa 600 Meilen lang; um eine solche Linie wirksam zu befestigen und die Befestigungen mit Truppen zu besetzen, braucht man sechsmal soviel Soldaten, wie unter dem Kommando des türkischen Generals stehen; und falls er sie hätte, würde er den größten Fehler begehen, wenn er sie dafür verwendete. Wir schließen daraus, daß sich diese erste Befestigungslinie auf Werke zwischen Rustschuk und Hirsowa beschränken muß, durch welche der Flußübergang zwar behindert, aber nicht wirksam verhindert werden kann. Die zweite Stellung - von Schumla bis Varna - ist genau die gleiche, in der die Türken 1829 aufs Haupt geschlagen wurden und in der sie bestimmt erneut vernichtend geschlagen werden können, falls sie dort eine entscheidende Schlacht annehmen sollten. Die Stellung scheint hervorragende Verteidigungseigenschaften zu besitzen und könnte künstlich noch verstärkt werden. Die Stellung am Kamtschyk, im Rücken von Varna und Schumla,
scheint noch stärker zu sein und hat außerdem den Vorteil, daß sie den Feind dazu zwingt, Truppen für die Einschließung dieser Festungen zurückzulassen. Doch haben beide den Nachteil, daß sie hinter sich als einzigen Rückzugsweg einen engen Paß haben, wodurch für eine schwächere Armee alle anderen Vorteile aufgehoben werden und es einen unerhörten Fehler darstellen würde, eine Schlacht anzunehmen, es sei denn, die schwächere Armee wäre dessen so gewiß, wie die Briten bei Waterloo, daß im entscheidenden Augenblick eine verbündete Armee dem angreifenden Feind in die Flanke fallen würde[313j. Wir haben keine Möglichkeit, zu beurteilen, welchen Gebrauch Omer Pascha von diesen Befestigungen machen wird. Zweifellos weiß er sehr genau, daß seine Rolle im Krieg im wesentlichen eine defensive sein wird; und er ist daher völlig im Recht, wenn er seine Verteidigungsposition mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln der Befestigungskunst verstärkt. Wir wissen nicht, ob er beabsichtigt, mit diesen Befestigungen die Russen davon abzuschrecken, die Donau an jenen Punkten zu überschreiten, von wo aus Konstantinopel am unmittelbarsten bedroht ist, oder ob er bereit ist, hier eine Entscheidungsschlacht anzunehmen. Man sagt, er habe seine Armee dergestalt aufgestellt, daß er vorbereitet ist, über die Spitze der Hauptmacht der Russen, wo immer sie auch die Donau in Richtung auf Schumla überschreiten sollten, herzufallen und sie zu schlagen, ehe für sie Unterstützung herangeholt werden kann. In diesem Falle würde die zweite befestigte Linie einen gesicherten Rückzug ermöglichen, falls die Operation vereitelt werden sollte. Doch in Wahrheit würde eine große Verteidigungsschlacht an jeder der drei Verteidigungslinien ein Fehler sein; denn entweder werden die Russen ihre gesamte Streitmacht für den Angriff konzentrieren, und dann wird Omer Pascha kaum eine Chance verbleiben; oder sie werden ihre Kräfte teilen, und dann müßte er die befestigten Linien verlassen, um über eine der russischen Kolonnen herzufallen. Die beste Verwendung dieser Befestigungen und die einzige, die den modernen Anforderungen des Krieges entspricht, wäre es, wenn er sie als zeitweilige Stützpunkte für Angriffsoperationen gegen einzelne russische Kolonnen in dem Augenblick benutzte, da diese die Donau überqueren; wenn er den russischen Vormarsch durch eine mehr oder weniger hartnäckige Verteidigung jeder einzelnen Linie aufhielte und wenn er mittels der dritten Linie die wichtigsten Balkanpässe so lange hielte, wie das ohne ein gewöhnliches Treffen geschehen könnte. Gleichzeitig darf nicht verschwiegen werden, daß jede Armee und besonders die türkische Armee, durch kampflose Übergabe dieser Festungen äußerst demoralisiert werden würde; denn wenn sie sich nicht hinter Verschanzungen und in Gräben
halten kann, wie soll sie da die Russen auf offenem Felde schlagen? Das ist die Art, in der der einfache Soldat immer urteilt, insbesondere wenn er nur wenig diszipliniert ist. Wenn also diese Festungen wirklich die Bedeutung haben, die ihnen zugeschrieben wird, so müssen wir sie für weniger gefährlich für die Russen als für die Türken selbst halten. Aber haben sich die Russen nicht in der Walachei auch verschanzt? Gewiß, doch ihre Lage ist eine andere. Sie sind die angreifende Partei; ihre Befestigungen dienen nur dazu, im Falle eines Mißerfolges den Rückzug zu decken und die Verfolger aufzuhalten. Sie haben außerdem vier Flüsse, einen hinter dem anderen, die ihre Rückzugslinie berühren und die dementsprechend vier Verteidigungslinien bilden. Diese Linien sind: die Donau, der Ardschisch, der Buseo und der Sereth. Das ist eine ideale Möglichkeit, vorbeugende Befestigungen zu errichten; das sind natürliche Verteidigungslinien, die für eine europäische Armee kein Hindernis beim Rückzug bilden, aber bei einigen künstlichen Geländeverstärkungen zu ernstlichen Hindernissen für Verfolgungen werden; und darüber hinaus besteht hier nicht die Absicht, mit nur einer Rückzugslinie eine allgemeine Schlacht anzunehmen. Soweit wir beurteilen können, gehören die russischen Befestigungen entschieden zum europäischen System der Kriegführung, während bei denen der Türken der asiatische Charakter vorherrscht. Der gleiche gedankenlose Charakter ist der bestimmende Faktor für die allgemeine Position der Türken. Sie verteidigen Konstantinopel, indem sie sich über die nächste Zufahrtstraße nach dort legen, wahrend die Russen ihren ersten Angriff nicht auf diese Stadt zu richten scheinen, sondern auf den zentralen Teil der Halbinsel, wo die türkische Herrschaft besonders verwundbar ist, und von wo aus für eine russische Armee trotzdem der kürzeste Weg zur Hauptstadt führt. Aber es gibt einen Umstand, den wir nicht vergessen dürfen. Die russische Armee ist und war schon immer langsam und vorsichtig in ihren Bewegungen. Sie wird höchstwahrscheinlich während des Winters nichts unternehmen. Es mag ein paar Gefechte geben, um diese oder jene Donauinsel für die eine oder andere Partei zu gewinnen. Doch falls der Zar nicht eine ganz außerordentliche Aktivität befehlen sollte - wobei jedoch die Ausführung eines solchen Befehls sehr wahrscheinlich durch die passive Pedanterie seiner Generale vereitelt werden würde -, gibt es sehr wenig Aussicht auf entscheidende Manöver vor Anbruch des Frühlings. Die Donau könnte überquert, doch der Balkan kann nicht überschritten werden, und zwischen den beiden wäre die Lage der Russen äußerst gefährlich. Inzwischen haben die Türken ihre Flotte nach Varna entsandt. Der Engländer, Admiral Slade, der sie befehligt, scheint guten Mutes zu sein. Doch
auch diese Bewegung ist sehr riskant. In der Tat scheint die russische Flotte in allem, außer in ihrer Anzahl, gegenüber der türkischen unterlegen zu sein; aber solange bei den Russen zwei Linienschiffe auf jedes türkische und zwei russische Kanonen auf jede türkische Kanone kommen, können die Türken außerhalb der Reichweite ihrer Küstenbatterien keine Operation wagen. Und in einem solchen Fall würde die Flotte sicherer und besser im Bosporus liegen, wo die Russen kaum versuchen werden, sie zu blockieren. Wenn die türkische Flotte erst einmal in Varna ist, wird ihr jede Bewegungsmöglichkeit genommen, während sie sich am Bosporus ihre Aktionsfreiheit vorbehält und für Expeditionen nach Trapezunt, an die kaukasische Küste oder gegen einzelne Detachements der russischen Flotte eingesetzt werden kann. So sind wir wohl oder übel genötigt anzunehmen, daß die Russen den Türken in jeder Hinsicht überlegen sind. Ob Omer Pascha, der in der Tat ein fähiger Soldat ist, Erfolg haben wird, indem er seine persönlichen Qualitäten in die Waagschale wirft, bleibt abzuwarten. Der alte Paskewitsch, obwohl ein langsamer Geselle, ist ein erfahrener General und wird nicht leicht zu überlisten sein.
Geschrieben etwa 21. Oktober 1853. Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Der heilige Krieg
[„New-York Daily Tribüne" Nr.3925 vom 15.November 1853, Leitartikel] Nun hat endlich der Krieg an der Donau begonnen - ein Krieg des religiösen Fanatismus auf beiden Seiten, ein Krieg traditioneller Bestrebungen bei den Russen, ein Krieg auf Leben und Tod bei den Türken. Wie erwartet, war es Omer Pascha, der die Kampfhandlungen eröffnete; pflichtgemäß mußte er wenigstens so tun, als ob er die Eindringlinge mit Waffengewalt von ottomanischem Gebiet vertriebe. Keineswegs aber ist es sicher, daß er 30 000 bis 50 000 Mann über die Donau geworfen hat, wie von Wien das Gerücht ausgeht; und wenn er es doch getan hat, so muß man mit Recht befürchten, daß er einen verhängnisvollen Fehler begangen hat. Das Ufer, das er verläßt, bietet ihm genügend Verteidigungsmöglichkeiten und eine gute Position; das Ufer, dem er zustrebt, gewährt nur geringe Angriffsmöglichkeit, und im Falle des Mißlingens kann er sich nicht zurückziehen. Man muß daher die Nachricht von seinem Übergang in solchen Massen so lange bezweifeln, bis wir Genaueres erfahren. Während der Krieg in Europa für die Türkei unter ungünstigen Umständen begonnen hat, liegt der Fall in Asien anders. Dort teilen sich, vom militärischen Standpunkt aus betrachtet, die Grenzbezirke zwischen Rußland und der Türkei in zwei voneinander scharf getrennte Operationsgebiete. Es ist der hohe Gebirgskamm oder eigentlich der Gebirgszug, der den Kaukasus mit der Hochebene von Zentralarmenien verbindet und die Wasserscheide bildet zwischen den Zuflüssen des Schwarzen Meeres und den Gewässern, die der Araxes nach dem Kaspischen Meer oder der Euphrat nach dem Persischen Golf führt. Dieser Kamm, der früher Armenien vom Pontus trennte, bildet jetzt die Scheidelinie zwischen den beiden verschiedenen Gebieten, in denen sich der Krieg abspielen wird. Uber diese Kette von steil abfallenden
und fast kahlen Felsen führen nur sehr wenige Straßen, von denen die beiden wichtigsten die von Trapezunt und Batum nach Erzerum sind. Für alle militärischen Zwecke können also diese Berge als nahezu unpassierbar gelten, und sie zwingen beide Parteien, auf jeder Seite getrennte Truppenkörper zu haben, die mehr oder weniger selbständig operieren. Das Land am Ufer des Schwarzen Meeres ist von einer Anzahl von Flüssen und Bergströmen durchschnitten, die ebenso viele militärische Verteidigungspositionen bilden. Sowohl die Russen als auch die Türken haben an wichtigen Punkten befestigte Stellungen. In diesem ziemlich durchschnittenen Gebiet (nur das Flußtal des Rion bildet eine Art Ebene) könnte ein Defensivkrieg gegen eine überlegene Armee mit großem Erfolg geführt werden (da der Berge wegen sehr wenige Positionen von der Landseite her bezwungen werden können), wenn nicht die betreffenden Flotten eingreifen. Durch Heranführung und, wenn nötig, Landung von Truppen in der Flanke des Feindes, während ihn die Landarmee an die Front bindet, könnte eine Flotte alle diese starken Positionen eine nach der anderen bezwingen und jene Befestigungen militärisch ausschalten, wenn nicht gar zerstören, die weder auf der einen noch auf der anderen Seite der Grenze sehr bedeutend sind. Deshalb fällt der Besitz der Schwarzmeerküste demjenigen zu, der das Meer beherrscht; oder mit anderen Worten, wenn die verbündeten Flotten nicht aktiv zugunsten der Türken eingreifen, so wird sie aller Wahrscheinlichkeit nach den Russen gehören. Das Land im Innern, auf der landeinwärts gerichteten Seite der Gebirge, umfaßt das Gebiet, in dem der Euphrat, der Araxes und die Kura (Cyrus) entspringen; auf der einen Seite der Grenze liegt die türkische Provinz Armenien, auf der anderen die russische Provinz Georgien. Auch dieses Land ist außerordentlich gebirgig und für Armeen im allgemeinen unpassierbar. Erzerum auf türkischer Seite, Tiflis auf russischer, können als die beiden unmittelbaren Operationsbasfen angesehen werden, mit deren Verlust unweigerlich das gesamte benachbarte Gebiet verlorenginge. So hat die Erstürmung von Erzerum durch die Russen den asiatischen Feldzug von 1829 entschieden. Was jedoch für eine Partei direkte Operationsbasis, ist für die andere direktes Operationsobjekt. Die Straßen, die Tiflis und Erzerum verbinden, werden daher die Operationslinien für beide sein. Drei Wege gibt es: Der eine führt längs der oberen Kura über Achalzych, der andere längs des oberen Araxes über Eriwan, der dritte führt in der Mitte zwischen beiden über Kars quer durch die Berge. Alle diese Straßen sind auf jeder Seite durch befestigte Städte und Punkte gesichert, und es ließe sich schwer entscheiden,
welche Straße für die Türken oder für die Russen die günstigste wäre. Es genügt zu erwähnen, daß eine türkische Armee auf dem Weg über Achalzych am schnellsten in die aufrührerischen Gebiete des Kaukasus einmarschieren könnte, daß aber ein russisches Korps, das von Batum her durch das Tal des Tschorok über Olty auf Erzerum vorrückt, eben diesen Vormarsch der Türken bedrohen könnte. Der Weg von Batum vereinigt sich mit dem von Tiflis nur etwa 15 Meilen vor Erzerum, so daß ein russisches Korps, das in der angegebenen Richtung vorrückt, in der Lage wäre, die Verbindungen der Türken abzuschneiden. Es könnte, wenn es stark genug wäre, sich sogar Erzerums bemächtigen, dessen Befestigungen nur nach asiatischer Manier angelegt und keines ernstlichen Widerstandes fähig sind. Der Schlüssel zum Kriegsschauplatz in Asien und zu beiden Seiten der Berge ist also Batum, und wenn man dies und seine Bedeutung für den Handel bedenkt, so braucht man sich nicht zu wundern, wie sehr sich der Zar stets bemühte, es zu erobern. Und Batum ist deshalb der Schlüssel zum Kriegsschauplatz oder vielmehr zur gesamten asiatischen Türkei, weil es die einzige passierbare Straße von der Küste ins Innere beherrscht, eine Straße, welche alle türkischen Positionen vor Erzerum umgeht. Und diejenige der beiden Flotten im Schwarzen Meer, die die andere in ihre Häfen zurücktreibt, wird Batum beherrschen. Die Russen sind sich der Bedeutung dieses Punktes völlig bewußt. Zu Wasser und zu Lande haben sie Verstärkungen nach der transkaukasischen Küste geschickt. Noch vor kurzem konnte man annehmen, daß sich die Türken, wenn sie schon in Europa die Schwächeren waren, in Asien doch einer entschiedenen Überlegenheit erfreuten. Abdi Pascha, der Befehlshaber der asiatischen Armee, sollte 60 000 oder 80 000, wenn nicht gar 120 000 Mann gesammelt haben, und täglich würden Schwärme von Beduinen, Kurden und anderen irregulären Truppen zu seiner Fahne strömen. Für die kaukasischen Insurgenten gäbe es Waffen und Munition in Hülle und Fülle, und sobald der Krieg erklärt wäre, sollte mitten in jene Zentren des Widerstandes gegen Rußland vorgestoßen werden. Man tut gut daran zu bedenken, daß Abdi Pascha kaum mehr als30 000 Mann reguläre Truppen haben kann und daß er, ehe er den Kaukasus erreicht, mit diesen ganz allein dem hartnäckigen Widerstand der russischen Bataillone zu begegnen haben wird. Seine berittenen Beduinen und Kurden mögen sich vorzüglich zum Kriegführen in den Bergen eignen, indem sie die Russen zwingen, große Detachements abzusondern und dadurch ihre Hauptmacht zu schwächen; sie mögen auch den Dörfern der Georgier und der Kolonisten auf russischem Gebiet viel Schaden zufügen und sogar eine Art geheimer Verbindung mit den kaukasischen Bergbewoh
nern herstellen. Aber wenn Abdi Paschas Truppen nicht in der Lage sind, die Straße von Batum nach Erzerum zu sperren und jeden Kern einer aktiven Armee zu schlagen, den die Russen aufzubringen vermögen, dann wird der Erfolg der Irregulären nur sehr kurzlebig sein. Die Unterstützung durch eine reguläre Armee ist heutzutage unbedingt notwendig für den Fortgang jedes irregulären Krieges oder Insurrektionskriegs gegen eine mächtige reguläre Armee. Die türkische Position an dieser Grenze würde der Wellingtons in Spanien gleichen, und wir werden sehen, ob Abdi Pascha mit seinen Hilfskräften so hauszuhalten versteht, wie es der britische General gegen einen Feind verstand, der ihm in der regulären Kriegführung und den dazu nötigen Mitteln entschieden überlegen war. 1829 betrug die Zahl der russischen Streitkräfte in Asien vor Erzerum nur 18 000 Mann; zieht man nun die Verbesserungen in Betracht, die seitdem injer türkischen Armee Platz gegriffen haben (wenn auch der asiatische Teil am wenigsten davon profitierte), so müßte man sagen, daß die Russen gute Aussicht auf Erfolg hätten, wenn sie heute 30 000 Mann an dieser Stelle vereinigen könnten. Wer kann im Augenblick entscheiden, ob ihnen das gelingen wird oder nicht, weiß man doch über die russische Armee in Asien sogar noch weniger Bestimmtes und werden über sie noch mehr müßige Gerüchte verbreitet als über ihre europäischen Streitkräfte. Die kaukasische Armee wird bei voller Stärke offiziell auf 200 000 Mann geschätzt; 21 000 Kosaken vom Schwarzen Meer sind gegen die türkische Grenze in Marsch gesetzt worden; mehrere Divisionen sollen von Odessa nach Redut Kaie an der südkaukasischen Küste eingeschifft worden sein. Aber jedermann weiß, daß die kaukasische Armee nicht halb so stark ist, wie offiziell angegeben wird, und daß die Verstärkungen, die von jenseits des Kaukasus geschickt wurden, aus naheliegenden Gründen nicht die von den russischen Zeitungen angegebene Zahl haben können. Man ist überhaupt nicht in der Lage, nach den sich widersprechenden Nachrichten, die uns zugehen, die russischen Streitkräfte an der asiatischen Grenze auch nur annähernd zu schätzen. Wir können nur soviel sagen, daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Kräfte beider Parteien (wenn man von einem allgemeinen Aufstand der Kaukasier absieht) einander ziemlich die Waage halten; daß vielleicht die Türken ein wenig stärker als die Russen sind und daher auf diesem Kriegsschauplatz die volle Berechtigung haben werden, die Offensive zu ergreifen. Für die Türken sind die Aussichten in Asien tatsächlich viel ermutigender als in Europa. Sie haben in Asien nur eine wichtige Position zu wahren, Batum. Und ein Vormarsch gegen den Kaukasus, sei es von Batum oder von Erzerum aus, eröffnet ihnen im Falle des Erfolgs eine direkte Verbindung mit ihren
Verbündeten, den Bergbewohnern, und kann mit einem Schlag die russische Armee südlich des Kaukasus von Rußland abschneiden, wenigstens zu Lande. Und das kann zur völligen Vernichtung dieser Armee führen. Werden andererseits die Türken geschlagen, so laufen sie Gefahr, Batum, Trapezunt und Erzerum zu verlieren; doch selbst wenn dies der Fall wäre, würden die Russen dann nicht stark genug sein, weiter vorzudringen. Daher wiegen die Vorteile bei weitem den Verlust auf, den die Türken bei einer Niederlage erleiden würden; und in Erwägung dieser guten und hinlänglichen Gründe scheinen sie sich wohl entschlossen zu haben, in diesen Gebieten einen Offensivkrieg zu führen.
Geschrieben etwa 27. Oktober 1853. Aus dem Englischen.
Karl Marx
Krieg - Streiks - Teuerung
[„New-York Daily Tribüne" Nr.3925 vom 15.November 1853] London, Dienstag, I.November 1853 Die Nachricht von der Kanonade Isaktschas[314] hatte London kaum erreicht, als auch schon aus Wien nach London und Paris telegraphiert wurde, die Pforte habe auf die Vorstellungen der Vertreter der vier Mächte hin angeordnet, die Feindseligkeiten bis zum I.November aufzuschieben, wenn solche nicht schon begonnen hätten. Soll man den Wechsel von Kanonenschüssen vor Isaktscha als Beginn der Feindseligkeiten ansehen oder nicht? Das ist die Frage, die jetzt die Börse und die Presse bewegt. Meiner Meinung nach ist es eine sehr nebensächliche Frage, denn in jedem Fall wäre der Waffenstillstand heute abgelaufen. Es sind Gerüchte im Umlauf, daß die türkische Armee die Donau bei Widdin und Matschin, also an der Südost- und Nordwestgrenze Bulgariens, überschritten hätte. Doch erscheinen diese Nachrichten zweifelhaft. Der heutigen Pariser „ Presse "[112] zufolge war von einem am 15. oder 16. Oktober im Seraskierat[315J abgehaltenen Kriegsrat beschlossen worden, sobald Fürst Gortschakow sich offiziell weigere, die Fürstentümer zu räumen, würde man an zwei verschiedenen Punkten in Asien die Feindseligkeiten eröffnen: gegen die Festung Poti am Schwarzen Meer und an der Grenze von Georgien. Dasselbe Blatt berichtet, General Baraguay d'Hilliers, der neuernannte französische Botschafter in Konstantinopel, habe sich mit einem Stab von Genieund Artillerieoffizieren auf den Weg gemacht. Herr Baraguey ist als ein schlechter General und ein guter Intrigant bekannt. Ich erinnere nur an seine Heldenstückchen in dem berüchtigten Klub in der tue de PoitiersP1^ Während in dem Kriege Rußlands gegen Europa die ersten Kanonenkugeln gewechselt wurden, ist in dem Krieg, der jetzt zwischen Kapital und Arbeit in den Fabrikdistrikten wütet, das erste Blut geflossen. Am Freitag
abend ereigneten sich in Wigan Unruhen, die durch den Konflikt zwischen den Grubenarbeitern und den Kohlenkönigen hervorgerufen wurden. Am Sonnabend soll die Stadt völlig ruhig gewesen sein, aber heute erfahren wir durch den elektrischen Telegraphen, daß in der Kohlengrube des Lord Crawford oder Earl of Balcarres ein Angriff seitens der Grubenarbeiter stattgefunden hat, daß die Armee aufgeboten wurde, daß die Soldaten feuerten und einer der Arbeiter getötet wurde. Da ich private Information von Ort und Stelle erwarte, verschiebe ich meinen Bericht über diesen Vorfall, warne aber die Leser vor den Berichten der „Daily News 281 und der „Times"1261; denn die erstere dieser Zeitungen steht im direkten Solde der Manchesterschule[691, und die letztere ist, wie der „Morning Herald"[24] richtig bemerkt, „der bittere, unversöhnliche und unnachgiebige Feind der Arbeiterklasse". Im Jahre 1842, als die Manchesterschule unter dem Banner des Freihandels das Industrieproletariat zu aufständischen Bewegungen verleitete und es im Augenblick der Gefahr verräterisch preisgab[3171, wie Sir Robert Peel den Cobden-Anhängern im Unterhaus glattweg erklärte - zu jener Zeit war die Parole der Manchesterleute: Billiges Brot und hoher Lohn. Als die Korngesetze abgeschafft wurden und der Freihandel, so wie sie ihn verstehen, verwirklicht wurde, verwandelten sie ihren Schlachtruf in: Niedrigen Lohn und teures Brot Mit der Anwendung des Manchester Handelssystems durch die Regierung hatte sich die Millokratie ein Problem aufgeladen, das unter ihrem Regime unmöglich gelöst werden konnte: die Sicherung einer ununterbrochenen Beständigkeit einer industriellen Belebung und eines aufblühenden Handels. Dadurch hatten sie sich selbst jede Rückzugsposition für die Stunde der Not abgeschnitten. Ein Irreführen der Massen durch parlamentarische Reformen wie 1831 war nicht mehr möglich; der legislative Einfluß, den die Kapitalistenklasse durch jene Reformbewegung gewonnen hatte, war ausschließlich gegen die Arbeiterklasse verwendet worden; und letztere hatte inzwischen eine eigene politische Bewegung hervorgebracht - den Chartismus. Den aristokratischen Protektionisten1 können die Unregelmäßigkeiten des industriellen Systems und die tödlichen Konflikte, die sich aus dessen innerstem Wesen ergeben, nicht mehr länger zur Last gelegt werden, nachdem der Freihandel ungefähr acht Jahre lang unter erstaunlich glücklichen Umständen funktioniert hatte, dank einem Kalifornien und einem Australien diesen zwei Welten des Goldes, die von den erfinderischen Mächten des modernen Demiurg hervorgebracht worden waren. Somit hat die industrielle
Bourgeoisie mit ihren eigenen Händen all die sorgsam gehegten Vorspiegelungen, eine nach der anderen, Schritt für Schritt, zunichte gemacht, die in der Stunde der Gefahr hätten heraufbeschworen werden können, um den Unwillen der Arbeiterklasse von ihrem wirklichen Feind abzulenken und ihn gegen die Feinde der Millokratie, nämlich gegen die Grundaristokratie, zu richten. Im Jahre 1853 sind die falschen Vorspiegelungen seitens der Kapitalisten und die törichten Illusionen seitens der Arbeiter verschwunden. Der Krieg zwischen jenen beiden Klassen wurde unerbittlich, unverhüllt, offen erklärt und klar verstanden. „Die Frage", so erklären die Arbeitgeber selbst in einem ihrer jüngsten Manifeste, „ist nicht mehr eine Frage der Löhne, sondern eine Frage der Macht" Die Manchester-Liberalen haben damit schließlich ihr Löwenfell abgeworfen. Was sie anstreben - das ist Herrschaft für das Kapital und Sklaverei für den Arbeiter. Aussperrung gegen Arbeitseinstellung, das ist der große Rechtsfall, der jetzt in den Industriedistrikten schwebt, und wahrscheinlich werden in dieser Sache Bajonette das Urteil fällen. Eine ganze industrielle Armee, mehr als 70000 Arbeiter, ist entlassen und auf die Straße geworfen worden. Zu den geschlossenen Fabriken in Preston und Wigan sind die aus dem Distrikt von Bacup gekommen, zu dem die Stadtgemeinden Bacup, Newchurch, Rawtenstall, Sharnford und Stanford gehören. In Burnley stellten die Fabriken am vergangenen Freitag die Arbeit ein, in Padiham am Sonnabend; in Accrington ziehen die Fabrikanten eine Aussperrung in Erwägung; in Bury, wo bereits ungefähr 1000 Arbeiter arbeitslos sind, haben die Fabrikanten ihren Arbeitern mit „Aussperrung" gedroht, „falls sie nicht aufhörten, die Arbeitslosen dieser Stadt und in Preston zu unterstützen"; und in Hindley wurden am Sonnabendnachmittag drei große Fabriken geschlossen und dadurch über 1000 Personen ebenfalls arbeitslos. Während die heuchlerische, phrasendreschende, augenverdrehende Bande der Manchester-Schwindler gegenüber dem Zaren in Edinburgh von Frieden sprach*3181, führte sie gegen ihre eigenen Landsleute in Manchester Krieg. Während sie ein Schiedsgericht zwischen Rußland und Europa predigten, lehnten sie höhnisch jede Forderung ihrer eigenen Mitbürger nach einem Schiedsgericht ab. Die Arbeiter von Preston hatten in einem Meeting unter freiem Himmel eine Resolution angenommen, „daß die Delegierten der Fabrikarbeiter dem Bürgermeister empfehlen sollten, ein Öffentliches Meeting von Fabrikanten und Arbeitern einzuberufen, das sich über eine friedliche Schlichtung des jetzt schwebenden Streitfalls einigen sollte". Die Herren aber wollen keine Schiedsgerichte. Was sie wollen - ist diktieren. Während diese Wortführer Rußlands gerade in dem Augenblick, wo ein europäischer
29 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
Krieg entbrennt, nach einer Verminderung der Armee schreien, vergrößern sie gleichzeitig die Armee für den Bürgerkrieg, nämlich die. Polizei in Lancashire und Yorkshire. Den Arbeitern können wir nur mit den Worten des „People's Paper"[691 sagen:
„Schließt man die Fabriken in Lancashire, so sendet Abgesandte nach Yorkshire, um die Tapferen von West Riding zu unterstützen. Werden die Fabriken von West Riding geschlossen, so wendet euch an Nottingham und Derby, an Birmingham und Leicester, an Bristol und Norwich, an Glasgow und Kidderminster, an Edinburgh und Ipswich! Weiter, weiter, immer weiter laßt euren Ruf ertönen und sammelt eure Klasse in jeder Stadt, in jedem Gewerbel Wenn die Herren ihre ganze Macht gegen euch aufbieten, dann bietet ihr eure ganze Klasse gegen sie auf. Wenn sie den großen Klassenkampf haben wollen, so sollen sie ihn haben, und wir werden sehen, wie der Ausgang dieser ungeheuren Auseinandersetzung sein wird."!319] Während wir auf der einen Seite den Kampf zwischen Fabrikherren und Arbeitern haben, haben wir auf der anderen Seite den Kampf des Handels gegen die überfüllten Märkte und den Kampf des menschlichen Fleißes gegen die Unzulänglichkeiten der Natur. Zu einem sehr frühen Zeitpunkt der chinesischen Revolution lenkte ich die Aufmerksamkeit der Leser auf den unheilvollen Einfluß, den sie wahrscheinlich auf die soziale Lage in Großbritannien ausüben würde.1
„Der chinesische Aufstand", so wird uns jetzt im „Examiner"!217! erzählt, „greift auf die Teegebiete über, mit dem Ergebnis, daß die Preise für Tee auf dem Londoner Markt steigen und für Kattun auf dem Markt von Schanghai sinken" „In Schanghai", so lesen wir in dem Handelszirkular der Firma Bushby&Co., einem Unternehmen in Liverpool, „wurde der Teemarkt mit Preisen eröffnet, die um 40 bis 50% über denen der letzten Saison liegen. Lagerbestände waren gering, und Nachschub kommt langsam." Die letzten Meldungen aus Kanton bestätigen, daß
„sich die Aufständischen über das ganze Land verbreiten, was zum völligen Ruin des Handels führt, daß Waren fast ausnahmslos im Preis gesunken sind; in einigen Fällen ist der Preissturz sehr beträchtlich. Die Lagerbestände sind groß und nehmen schnell zu, und wir fürchten, daß kaum Aussicht auf baldige Besserung besteht. In Amoy scheint der Handel mit Importwaren, abgesehen von einigen Kisten Opium, gegenwärtig zum Stillstand gekommen zu sein." Folgendes wird über die Marktsituation in Schanghai berichtet:
„Sowohl schwarzer Tee als auch Rohseide sind in großen Mengen angeboten worden, aber die Bedingungen, die die Händler stellten, waren derart, daß die Geschäfts
tätigkeit in hohem Maße eingeschränkt wurde; es gab keine Nachfrage nach Waren, und Geschäfte wurden lediglich mit Opium - das sehr billig gehandelt wurde - und mit Silberbarren aus Kanton getätigt. Riesige Mengen an Schätzen sind von dort weggeschleppt worden, doch der Vorrat erschöpft sich schnell, und wir müssen uns nach anderen Gebieten wegen Silberbarren und Münzen umsehen, ohne die wir bald nicht mehr in der Lage sein werden, Produkte aufzukaufen, falls nicht auf dem Importmarkt eine große Verbesserung eintritt. Auf letzterem ist das Geschäft sehr begrenzt und bestand hauptsächlich aus Auktionsverkäufen beschädigter Waren."
In dem Handelszirkular der Firma Gibson&Co. in Manchester vom 2I.Oktober werden als eine höchst hervorstechende Ursache für die gegenwärtige Depression
„nicht nur die augenblicklichen schlechten Nachrichten von unserem großen chinesischen Markt" angegeben, „sondern auch die Erwartung, daß diese andauern werden, da der dortige Mangel an Vertrauen in Geldgeschäfte unvermeidlich für eine längere Zeit die Folge der völligen und radikalen Veränderungen sein muß, welche wahrscheinlich in der Regierung und den Institutionen jenes ungeheuren Reiches vorgenommen werden".
Was nun die australischen Märkte betrifft, so stellt das „Melbourne Commercial Circular" fest, daß
„Waren, die vor etwa nur einem Monat gekauft und nach der dann erfolgten Lieferung mit einem Profit von nicht weniger als 100 bis 150% verkauft wurden, jetzt nicht genug einbringen würden, um die Unkosten zu decken".
Private Briefe, die in der vergangenen Woche aus Port Philip eintrafen, enthalten ebenfalls äußerst ungünstige Mitteilungen über die Lage auf den Märkten. Waren strömen weiterhin aus allen Teilen der Welt berein, und die Preise, die man erzielen konnte, waren so niedrig, daß - um unmittelbare Verluste zu vermeiden - lieber eine große Anzahl Schiffe gekauft wurde, um sie als Lagerräume zu verwenden. Wir brauchen also nicht darüber verwundert zu sein, daß die Handelszirkulare weiterbin von Lustlosigkeit und fallenden Preisen auf den Märkten der industriellen Distrikte berichten. So lesen wir in den Zirkularen der Firma Fräser, Soh & Co. vom 21 .Oktober aus Manchester:
„Das Ausmaß der Geschäftstätigkeit sowohl im Innen- als auch im Außenhandel ist außerordentlich begrenzt gewesen, und die Preise sind durchweg im größeren oder geringeren Maße beeinträchtigt worden. Der weitere Rückgang bei 7/s Druckkattun und Madapolams1 kann mit 1x/a d. bis 3 d. pro Stück angegeben werden; bei 50- bis
1 eine Art feiner Druckkattun für orientalischen Bedarf
66fädigem, 34 bis 36 Zoll breitem Schilling mit 4V2 d. bis 6 d. pro Stück; bei 36- bis 72fädigem Schirting mit 3 d. pro Stück; bei 39 Zoll breitem Schirting geringer Qualität, 5j/4 his 6 Pfund schwer, mit ungefähr 41/2 d. pro Stück; bei 60- bis 64fädigem, 39 Zoll breitem Schirting mit 3 d. pro Stück; bei 45 bis 54 Zoll breitem Schirting mit 4l/2 bis 7V, d. pro Stück; bei 5er bis 8er Jakonetts geringer Qualität mit F/2 d. und bei Her bis 16er quadratischen Jakonetts mit 3 d. pro Stück; bei T-Tuchen mit IVad., bei langen Tuchen mit 3 d. pro Stück und bei gewöhnlichem Baumwollzeug bestimmter Güteklassen mit ungefähr 1 bis 16 d. pro Yard. Bei Garnen ist der Moire-Twist von geringer und mittlerer Qualität am meisten gesunken, was von V4 d. bis zu V2 d. pro Pfund unter der Notierung vom vergangenen Monat angenommen werden kann. Mulegarne sind am meisten in den 40er Nummern in Mitleidenschaft gezogen worden, die mit einer Herabsetzung von einem ganzen Penny pro Pfund vom Höchststand des Jahres verkauft worden sind. Bei anderen Garnen, die auch unter Nummer 60 liegen, sieht es ähnlich aus." Was den Lebensmittelmarkt angeht, so stellt der Londoner „Weekly Dispatch"[320J fest:
„Soweit es den Weizen betrifft, kommen die Farmer beim Drusch ihres Getreides und des Überschlagens ihrer Vorräte zu der Meinung, daß die Ernte noch geringer sein wird, als sie angenommen hatten. Sie nennen sie tatsächlich eine halbe Ernte."
Das seit über vierzehn Tagen andauernde feuchte Wetter ist äußerst ungünstig für die Weizenaussaat und die Saat im Boden und ruft ebenfalls ernsthafte Befürchtungen für die Ernte 1854 hervor. Aus Oxfordshire wird wie folgt berichtet:
„Was die Weizenernte angeht, so ist sie insgesamt kläglich mißraten; Farmen, die gewöhnlich 40 bis 44 Bushel pro Acre erzielten, bringen in diesem Jahr 15 bis 20 Bushel ein; und einige gut kultivierte Weizen- und Bohnenböden ergeben nur 8 bis 10 Bushel pro Acre. Kartoffeln, von der Fäule schwer befallen, bringen einen unbedeutenden Ertrag." Aus einem Bericht von Yorkshire erfahren wir:
„Die Nässe hat ein völliges Aufhören aller Feldarbeiten bewirkt; und wir bedauern, sagen zu müssen, daß die Reste der noch einzubringenden Ernte - alle Bohnen, der größte Teil des Sommerweizens, ein Teil des Hafers -, da sie den Witterungseinflüssen ausgesetzt waren, so aufgeweicht sind, daß jede Hoffnung eitel ist, sie selbst nach den trocknenden Frühlingswinden jemals ausdreschen zu können. Sie sind vielmehr völlig ausgewachsen, und ein beklagenswerter Verlust dieser letzten Reserve wird zweifellos unvermeidlich eintreten. Wir können nur eine schwache Vorstellung vom Ausmaß des Verlustes vermitteln, den wir jetzt schildern. Angefangen beim Fluß Tees, weiter nach Catterick und Stokesley einschließlich der Niederungen von Cleveland und östlich von Thirsk bis zur See, westlich von Harrowgate und vom Humber bis zur See sind riesige Mengen Getreide noch auf den Feldern und von der Nässe ver
dorben, und ein Regenhimmel hängt darüber; volle fünfzig Prozent der Kartoffeln sind unwiederbringlich durch Krankheit verdorben, und eine neue Nachfrage nach Saat ist entstanden bei geringen Vorräten an altem Getreide. Es steht fest, daß die gesamten weizenanhauenden Gebiete des Landes eine unzureichende Ernte und größeren Schaden erlitten haben als jemals zuvor, solange wir zurückdenken können"
Ein Bericht aus Hertfordshire besagt:
„Es ist sehr ungewöhnlich, daß zu dieser Jahreszeit die Ernte in unserem Lande noch nicht abgeschlossen ist. Das ist jedoch eine Tatsache; von vielen Feldern ist der Hafer noch nicht eingefahren, ebenso ein beträchtlicher Teil der im Frühjahr gesteckten Bohnen und von vereinzelten Feldern die Gerste; es gibt sogar noch einige Felder mit Sommergetreide, die noch nicht abgemäht sind." Der „Economist*^221 vom vergangenen Sonnabend veröffentlicht folgende Tabelle, die die Mengen an Weizen und allen Getreidearten, an Grütze und Mehl aller Sorten zeigt, die in der Zeit vom 5. Januar bis 10, Oktober 1853 in das Vereinigte Königreich eingeführt worden sind:
Gesamtmenge an Grütze und Mehl aller Sorten Zentner Weizen Weizengrütze Getreide Ausfuhrländer oder -mehl aller Art Quarter Zentner Quarter
Rußland, via nördl. Häfen 69101 64 307 976 65 Häfen am Schwarzen Meer ... 704 406 — 1029 168 — Schweden 3 386 13 3 809 13 Norwegen — 1 561 1 Dänemark 220 728 5 291 733 801 5291 Preußen 872 170 3 521 899900 3 521 Mecklenburg-Schwerin 114 200 — 123 022 — Hannover 19187 — 146 601 — Oldenburg 2 056 — 19 461 — Hansestädte 176614 53 037 231 287 53 066 Holland 58034 306 132255 308 Belgien 15155 353 20829 353 Kanalinseln (ausländ. Erzeugnisse) 526 4034 629 4 034 Frankreich 96652 857916 470281 858053 Portugal 4217 4 21657 4 Azoren 630 — 14053 1 Spanien 13 939 177 963 48 763 177985
Gesamtmenge an Grütze und Mehl aller Sorten Zentner
Gibraltar — 9 4368 9 Italien: d.h. sardinische Besitzungen 7155 2263 8355 2 263 Toscana 43 174 67598 45597 67598 Kirchenstaat 39988 — 41 488 — Neapel u. Sizilien ... 8618 2 11977 2 österreichische Besitzungen 44164 370 106796 370 Malta 28569 — 56 281 — Ionische Inseln 82 — 16220 — Griechenland 1417 — 10221 — Walachei und Moldau . 209048 — 601 481 — Syrien 21043 — 24686. — Ägypten 297980 — 543934 — andere türkische Gebiete 218407 7370 689703 7370 Algerien — — 21661 Marokko 3 3 13451 — Britisch-Ost-Indien ... — 205 — 205 Britisch-Nordamerika . 45 587 232216 62626 232 493 Vereinigte Staaten von Amerika 434 684 2 388056 630324 2 389283 Brasilien — 3 237 320 andere Länder 1 148 8 148
Gesamtsumme 3 770921 3 800 746 7093467 3802 756 3800746 Ztr. Grütze u. Mehl entsprechen .. 1 085 927
Gesamtmenge an Weizen (Körner u. Mehl) beträgt 4 856 848 3802756 Ztr. Mehlu. Grütze entsprechen . I 086 522
Weizen Weizengrütze Getreide Ausfuhrländer oder -mehl aller Art
Quarter Zentner Quarter
Die Gesamtmenge an Getreide, Mehl u. Grütze beträgt ... 8179989
Der „Economist" zieht - um die Befürchtungen der Kaufleute der City zu beschwichtigen - aus der oben aufgeführten Tabelle nachstehende Schlußfolgerungen:
„1847 führten wir, trotz des außergewöhnlichen Anreizes hoher Preise, im ganzen Jahr an Weizen und Mehl nur 4 464 000 Quarter ein. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres haben wir ohne derartigen Preisanreiz, außer in den letzten zwei Monaten, 4 856 848 Quarter eingeführt. Im Hinblick auf diese großen Importe muß, da sie unseren eigenen Bedarf betreffen, eines von beiden der Fall sein: entweder sie sind zu einem großen Teil verbraucht worden, wodurch im entsprechenden Maße unsere eigene inländische Produktion aufgespart wurde, oder sie sind eingelagert worden und werden nunmehr verfügbar sein."
Dieses Dilemma besteht jedoch gar nicht. Infolge des Verbots oder der Drohung eines Verbots der kontinentalen Getreideausfuhr hielten die Getreidehändler den Zeitpunkt für geeignet, ihre Vorräte inzwischen in England aufzuspeichern, wo sie dann von Nutzen sein werden, wenn die Getreidepreise in England höher sind als auf dem Kontinent. Außerdem beläuft sich im Gegensatz zu 1847 die Zufuhr aus den Landern, die durch einen russisch-türkischen Krieg in Mitleidenschaft gezogen werden können, auf 2438139 Quarter Getreide und 43727 Zentner Mehl. Auch die Ausfuhr aus Ägypten dürfte nach dem 30. November verboten werden. Endlich hat England dieses Jahr nur auf den üblichen jährlichen Überschuß von anderen Nationen zu rechnen, während es vor der Abschaffung der Korngesetze in Zeiten der Not über die fremden Vorräte disponieren konnte, die in guten Jahren aufgespeichert worden waren. Die „Weekly Times"12341 faßt von ihrem Standpunkt aus die Situation mit folgenden Sätzen zusammen:
„Das Vierpfundbrot kostet einen Schilling, das Wetter ist so schlecht, wie es seit einem halben Jahrhundert um diese Jahreszeit nicht gewesen, der Arbeiterklasse hat sich ein förmliches Streikdelirium bemächtigt, die asiatische Cholera wütet erneut unter uns, und wir sind dem Kriegs wahn verfallen. Wir brauchen nur noch Kriegssteuern und eine Hungersnot, dann hat die Zahl der Plagen für England ihre übliche Höhe erreicht." Karl Marx
Aus dem Englischen.
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Karl Marx
[Die persische Kampagne in Afghanistan und die russische Kampagne in Mittelasien - Dänemark Kriegshandlungen an der Donau und in Asien Die Kohlengrubenarbeiter von Wigan[321]]
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3928 vom 18. November 1853] London, Freitag, 4. November 1853 Schafi Khan, der persische Botschafter am Hof von St. James1, ist plötzlich vom Schah aus England abberufen worden. Diese Abberufung fällt seltsamerweise mit den Operationen Persiens in Afghanistan^3221 zusammen, wo es Herat eingenommen haben soll, und mit der russischen Kampagne gegen Chiwa1-3231, der Hauptstadt des Khanats von Chiwa. Die persische und die russische Kampagne können als zwei Unternehmen angesehen werden, die - das eine vom Westen, das andere vom Norden her - auf das Pandschab, den nördlichen Vorposten der britischen Besitzungen im Osten, gerichtet sind. Die russische Kampagne wird von General Perowski befehligt, dem gleichen also, dessen Chiwa~Kampagne 1839/ \ 840 gescheitert war. Die Russen, die in den letzten Jahren eine Flottille im Aralsee aufgebaut haben, sind jetzt in der Lage, den Fluß Amu-Darja hinaufzufahren. Eine große russische Flotte kreuzt in der Ostsee, wo sie vor kurzem Gelegenheit hatte, die Befestigungen von Slite und den Hafen der schwedischen Insel Gotland in Augenschein zu nehmen, auf die Rußland genauso begierig ist wie seinerzeit auf die Alandsinseln, dicht an der Küste Schwedens, die es in seinen Besitz gebracht hat und 1836 stark befestigte. Von Gotland begab sich die russische Flotte zum Kattegat und zum Sund, um den vom König von Dänemark beabsichtigten Staatsstreich in dem sehr wahrscheinlichen Falle zu unterstützen, daß der Reichstag in Kopenhagen die sogenannte Gesamtstaatsverfassung nicht widerspruchslos annimmt, die der großmütige Zar ihm aufzwingt. Die Lage der Dinge in Kopenhagen ist folgende: Der dänischen Regierung ist es dank der Hilfe, die ihr die „Gesellschaft der
Bauernfreunde"12061 gewährte, gelungen, die Aufhebung der Lex Regia11971 durchzusetzen und das neue Gesetz der königlichen Erbfolge einzuführen. Diese Partei strebt unter der Führung von Oberst Tscherning hauptsächlich nach der Umwandlung des Festen Guts, einer Art feudalem bäuerlichen Lehen, in freies Eigentum und nach der Einführung eines Gemeinderechts, das für die Interessen und die Entwicklung der Bauernschaft vorteilhaft ist. Die mit Fug und Recht national und liberal genannte Partei - die Partei der Eiderdänen die 1848 das Kasino-Ministerium[3241 bildete, dem König die Verfassung von 1849 aufzwang und den Krieg gegen Schleswig-Holstein führte und die hauptsächlich aus Vertretern der geistigen Berufe bestand, hatte es, wie die übrigen liberalen Parteien des ganzen Kontinents, unterlassen, die Interessen der Masse der Bevölkerung, die in Dänemark die Bauernschaft darstellte, zu berücksichtigen. Auf diese Weise ging ihr Einfluß auf das Volk verloren, und der Regierung ist es fast völlig gelungen, sie aus dem gegenwärtigen Folketing auszuschließen, in dem sie heute über kaum mehr als zehn Vertreter verfügen. Nachdem die Regierung sich der verhaßten Opposition der Eiderdänen mit Hilfe der „Gesellschaft der Bauemfreunde" entledigt hatte, warf sie jedoch die Maske ab und berief den beiden Parteien verhaßten Herrn Orstedt ins Kabinett; und hörte so nicht nur auf, der Bauernpartei länger zu schmeicheln, sondern verbot durch ein königliches Veto die Veröffentlichung des neuen Gemeinderechts, das seinerzeit von derselben Regierung eingebracht worden war, um die Bauern zu fangen. Die „Gesellschaft der Bauern freunde", von der Regierung getäuscht und mißbraucht, ist ein Bündnis mit den Eiderdänen eingegangen, und hat Monrad, einen Geistlichen und einen der Führer der Eiderdänen, zum Vizepräsidenten des Ausschusses ernannt, der über die Verfassungsfrage berät. Diese Koalition hat jede Hoffnung vereitelt, die Verfassung auf gesetzlichem Wege zu beseitigen, und da der ganze Plan von den Moskowitern und für die Moskowiter gemacht worden war, taucht folgerichtig ausgerechnet im Augenblick der Krise eine russische Flotte in den dänischen Gewässern auf. Alle Zeitungen aus Wien und Berlin bestätigen die Nachricht, daß starke Divisionen der türkischen Armee die Donau überquert haben. Der „Oesterreichischen Correspondenz"141 zufolge sind die Türken von den Russen in der Kleinen Walachei zurückgeschlagen worden. Eine telegraphische Depesche bestätigt, daß es zwischen den beiden Armeen in Asien am 21. Oktober zu einem ernsthaften Gefecht gekommen ist. Wir müssen auf ausführlichere und authentischere Nachricht warten, um die Umstände erklären zu können, die den türkischen Oberbefehlshaber veranlaßt haben mögen, bei Widdin die Donau zu überschreiten, ein Manöver, das auf den ersten Blick hin als ein
grober Fehler betrachtet werden muß. Die „Kölnische Zeitung"11831 gibt bekannt, daß Fürst Gortschakow von allen Schatztruhen der Walachei (es wird nicht gesagt, ob die der Regierung oder andere) Besitz ergriffen hat; und einer anderen deutschen Zeitung zufolge hat derselbe General alles Getreide, das an der Donau eingelagert war und in andere Länder exportiert werden sollte, ins Landesinnere bringen lassen. Die Nachrichten von dem militärischen Übergewicht, das Schamyl über Fürst Woronzow errungen hat, werden in den französischen Zeitungen von heute bestätigt. Wir lesen in der „Agramer Zeitung", daß Fürst Danilo ein wichtiges Schreiben aus Rußland erhalten habe und daß der Fürst nach dessen Erhalt den Befehl erteilt habe, sämtliches Getreide, das aus dem Gebiet von Montenegro eingebracht worden war, nach Zabljak zu verlagern. Patronen werden angefertigt und Kugeln gegossen. Es heißt, Rußland habe den Wladika1 darüber informiert, daß ein Zusammenstoß zwischen den Türken und den Russen bevorstehe, daß der Krieg einen patriotischen und heiligen Charakter habe und daß die Montenegriner ihre Grenzen sorgsam bewachen sollten, damit der Pforte von den benachbarten Provinzen keinerlei Hilfe geleistet werden könne. „Der Wanderer"[247] aus Wien vom 28. Oktober behauptet, daß gemäß einem Brief aus St. Petersburg Kaiser Nikolaus die Bildung einer Reservearmee angeordnet habe; ihr Hauptquartier werde in Wolhynien sein. Am vergangenen Dienstag ereigneten sich in Blackburn anläßlich der Wahl der Ratsmitglieder für den St.-Peter-Bezirk Unruhen, wobei Militär eingreifen mußte. Hinsichtlich der Unruhen in Wigan erklärte Herr Cowell, der Führer der Arbeiter in Preston, in einer öffentlichen Versammlung, daß
„er das, was in Wigan vorgefallen sei, sehr bedauere. Es täte ihm leid, daß die Leute von Wigan nicht mehr Verstand hätten, als zu einem System der Gleichmacherei ihre Zuflucht zu nehmen. Es wäre sinnlos, wenn sich Arbeiter zusammentäten und das Eigentum zerstörten, das sie selbst geschaffen haben. Das Eigentum selbst füge ihnen nie Unrecht zu - die Menschen, die das Eigentum besitzen, seien die Tyrannen. Die Arbeiter sollten Eigentum und Leben respektieren, und bei friedlichem, ordentlichem und ruhigem Vorgehen könnten sie sich darauf verlassen, daß der Kampf zu ihren Gunsten ausgehen werde."
Ich bin zwar weit davon entfernt, die ziellosen Gewaltakte zu verteidigen, welche von den Kohlengrubenarbeitern von Wigan begangen wurden und die dafür mit dem Blut von sieben Menschen gezahlt haben. Aber andrerseits
verstehe ich, daß es besonders für die untersten Schichten der Arbeiterklasse, zu denen die Grubenarbeiter zweifellos gehören, sehr schwierig ist, „friedlich, ordentlich und ruhig" vorzugehen, wenn sie durch äußerste Not und kaltschnäuzige Unverschämtheit ihrer Fabrikherren zu blindwütigen Handlungen getrieben werden. Die Unruhen sind von letzteren provoziert worden, um Militär zu Hilfe rufen zu können und um - wie sie es in Wigan getan haben alle Versammlungen der Arbeiter auf den Befehl der Polizeibehörden hin zu verbieten. Der Aufruhr, der sich am Freitag vormittag in Wigan ereignete, war durch die Grubenbesitzer des Distrikts verursacht worden, die sich in großer Zahl in Whitesides Royal Hotel versammelt hatten, um über die Forderungen der Grubenarbeiter zu beraten und durch ihren Beschluß alle Kompromisse mit den Arbeitern zurückzuweisen. Der Sturm auf das Sägewerk in Haigh, in der Nähe von Wigan, der am Montag geschah, war gegen die fremden Grubenarbeiter gerichtet, die von Herrn Peace, dem Agenten des Earl of Balcarres, aus Wales herbeigeholt worden waren, um die Streikenden aus den Kohlengruben zu ersetzen. Gewiß taten die Grubenarbeiter nicht recht daran, ihre Arbeitsgefährten mit Gewalt daran zu hindern, die Arbeit zu verrichten, die sie selbst aufgegeben hatten. Aber wenn man sieht, wie die Fabrikanten sich gegenseitig bei hohen Geldstrafen verpflichten, ihre Aussperrung durchzusetzen, kann einen dann die heftigere, aber weniger heuchlerische Art verwundern, in der die Arbeiter versuchen, ihren Ausstand zu erzwingen? Herr Joseph Hume selbst sagt in einem an die Arbeiter von Preston gerichteten Brief: „Ich sehe auf der Liste derjenigen, die für die Schlichtung der Streitigkeiten unter den Nationen durch Verhandlungen an Stelle kriegerischer Auseinandersetzungen eintreten, viele Fabrikanten, die augenblicklich gegen ihre Arbeiter Krieg führen." Die Assoziation der Fabrikanten von Preston hat ein Manifest veröffentlicht, um die allgemeine Aussperrung zu rechtfertigen. Ihre Aufrichtigkeit kann aus der Tatsache ersehen werden, daß der Geheimbund der Fabrikanten, von dessen Programm ich den Lesern vor ungefähr zwei Monaten berichtete1, mit keinem Wort erwähnt ist; auf diese Weise bekommt das wohlbedachte Ergebnis der Verschwörung den Anstrich, als sei es eine Notwendigkeit, die die Arbeitgeber nicht umgehen konnten. Sie werfen den Arbeitern vor, 10% Lohnerhöhung gefordert zu haben, nicht mehr und nicht weniger. Sie sagen der Öffentlichkeit jedoch nichts davon, daß die Fabrikanten, als sie 1847 die Löhne um 10% kürzten, versprochen haben, diese wieder heraufzusetzen, sobald sich der Handel wieder belebe; sie verschweigen ebenso, daß
die Arbeiter immer wieder von dem Wiederaufblühen des Handels durch die begeisterten Schilderungen der Herren Bright, Cobden & Co., durch die Deklamationen der gesamten Bourgeoispresse und durch die Thronrede bei der Eröffnung des Parlaments unterrichtet wurden. Sie sagen uns nichts darüber, daß das Brot um mehr als 40% teurer geworden ist, Kohlen um 15 bis 20%, daß Fleisch, Kerzen, Kartoffeln und alle anderen Artikel, die in großem Maße den Bedarf der Arbeiterklasse betreffen, um ungefähr 20% teurer als früher sind und daß die Fabrikanten ihre Gegner mit Hilfe der Losung: Billiges Brot und hoher Lohn l besiegten. Sie werfen den Arbeitern vor, weiterhin Gleichheit der Löhne in der gleichen Stadt für Fabriken gleicher Art erzwingen zu wollen. Aber geht nicht die ganze Doktrin ihrer Lehrmeister Ricardo und Malthus von der Annahme aus, daß eine solche Gleichheit im ganzen Land besteht ? Sie sagen, die Arbeiter handelten nach den Anweisungen eines Komitees. Sie wären durch „Fremde", „Eindringlinge", „Aufwiegler" angestiftet worden. Genau dasselbe behaupteten die Protektionisten, die denselben Fabrikanten zur Zeit der Anti-Korngesetz-Liga13251 vorwarfen, von den Herren.Bright und Cobden, „zwei professionellen Aufwieglern", gelenkt zu werden und blindlings nach den Anordnungen des Revolutionskomitees von Manchester zu handeln, Steuern zu erheben, eine Armee von Rednern und Missionaren zu befehligen, das Land mit kleinen und großen Druckschriften zu überfluten und einen Staat im Staate zu bilden. Das Merkwürdigste ist, daß die Fabrikanten, die die Arbeiter beschuldigen, „nach den Anweisungen eines Komitees zu handeln", sich selbst „vereinigte Fabrikantenassoziation" nennen, ihr eigenes Manifest durch ein Komitee veröffentlichen und sich mit den „Fremden" aus Manchester, Bolton, Bury etc. verschwören. Die „Fremden", von denen das Manifest der Fabrikanten spricht, sind lediglich die Arbeiter der benachbarten Industrieorte. Ich bin jedoch weit davon entfernt, anzunehmen, daß die Arbeiter das unmittelbare Ziel ihres Streiks erreichen werden. Im Gegenteil, in einem früheren Artikel habe ich ausgeführt, daß sie in nicht ferner Zeit gegen eine Kürzung statt für eine Erhöhung der Löhne streiken werden. Lohnkürzungen werden bereits zahlreicher und bewirken dementsprechend mehr Streiks. Das wirkliche Ergebnis dieser ganzen Bewegung wird, wie ich schon bei früherer Gelegenheit sagte, darin bestehen, daß „die Aktivität der Arbeiterklasse bald auf die politische Ebene übergreifen wird, wobei die im Streik geschaffenen neuen Gewerkschaftsorganisationen für sie von unschätzbarem Wert sein werden".1 Ernest Jones und die anderen Chartistenführer haben
erneut das Kampf feld betreten, und auf dem großen Meeting in Manchester am vergangenen Sonntag wurde folgende Resolution angenommen:
„Nachdem wir Zeuge der gemeinsamen Anstrengungen der Fabrikantenklasse gegen die Schaffenden dieses Landes gewesen sind, welche darin bestehen, sich der Forderung nach einem ehrlichen Tagelohn für ehrliche Tagesarbeit zu widersetzen, ist diese Versammlung der Ansicht, daß der gegenwärtige Kampf der Arbeiter zu keinem erfolgreichen Ergebnis führen kann, wenn nicht das Monopol der Fabrikantenklasse dadurch gebrochen wird, daß die Volks-Charte zum Gesetz erhoben wird und folglich Vertreter der Arbeiterklasse in das Unterhaus des Parlaments einziehen. Nur dann wird die Arbeiterklasse imstande sein, Gesetze in ihrem eigenen Interesse zu erlassen und Gesetze, die sich gegen sie richten, aufzuheben sowie die Verfügungsgewalt über Arbeitsmittel, hohe Löhne, billige Nahrungsmittel, ständige Beschäftigung und Freizügigkeit bei der Wahl des Arbeitsplatzes zu erreichen." Karl Marx
Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Der Verlauf des türkischen Krieges
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3934 vom 25. November 1853, Leitartikel] Es kann nicht länger daran gezweifelt werden, daß an der Donau militärische Operationen begonnen haben. Omer Pascha hat diesen Fluß bei Widdin überquert, besetzte Kalafat, ein Dorf am anderen Ufer, und schickte seine Vorhut gegen Krajowa vor, während ein anderer Angriff der Türken von Rustschuk aus auf die gegenüberliegende Stadt Giurgewo unternommen wurde. Fernerhin wird von einem dritten und vierten Angriff in Richtung auf Braila und Turna gesprochen. Zur gleichen Zeit kam es zu einem weiteren Treffen bei Oltenitza, in welchem die Russen die Angreifer waren. Wie in einer der uns zugegangenen Depeschen berichtet wird, soll das eben erwähnte Gefecht drei Stunden gedauert und damit geendet haben, daß die Russen zurückgeschlagen wurden; eine andere, am Abend des 8. November aus Wien eingetroffene Depesche meldet jedoch, daß die Schlacht achtundzwanzig Stunden dauerte und daß der Ausgang noch immer ungewiß ist. Die erstgenannte Darstellung dürfte wahrscheinlicher sein. Uber die Ergebnisse der anderen Gefechte gibt es ebenfalls unterschiedliche Darstellungen. Das bei Giurgewo scheint nach allen Berichten erfolglos gewesen zu sein, während uns von dem Ausgang der bei Braila und Turna stattgefundenen Gefechte nichts bekannt ist. Bezüglich des bei Kalafat begonnenen Vormarsches berichten einige Telegraphen, daß die Türken Vorteile gewonnen und die Russen eine Schlappe erlitten haben - andere, daß den Türken sofort Einhalt geboten worden -sei und daß sie nach Kalafat zurückgetrieben wurden. Die Umstände sprechen für die Wahrscheinlichkeit des ersten Berichts. Insgesamt gesehen steht folgendes fest: Omer Pascha hat aus Gründen, die nachfolgend noch genauer erörtert werden, das aufgegeben, was wir
bereits früher als die natürliche Position der Türken an dieser Grenze bezeichnet haben, nämlich die Defensive1. Er ist zu Offensivmaßnahmen übergegangen, und indem er sich den Abzug der Russen aus der Kleinen Walachei zunutze machte, überquerte er am 28. Oktober die Donau bei Widdin an der äußersten Linken seiner eigenen Stellung; mit welchen Kräften das geschah, sind wir völlig außerstande festzustellen. Da wir jedoch seitdem nur von Schein- oder Teilangriffen der Türken an anderen Punkten gehört haben und da es ein ausgemachter Wahnsinn sein würde, angesichts eines machtvollen Feindes einen Fluß wie die Donau mit einer unbedeutenden Streitmacht zu überqueren, können wir als sicher annehmen, daß Omer Pascha den Hauptteil seiner verfügbaren aktiven Armee mit sich führt. Denn solange uns nicht über jeden Zweifel erhabene Nachrichten davon überzeugen, werden wir nicht glauben, daß er, wie einige Depeschen behaupten, ein so großes Risiko eingegangen ist, die Donau mit 7000 Mann zu überqueren und keine nähergelegenen Verstärkungen oder Reserven zur Verfügung zu haben als 8000 Mann in Sofia, 150 Meilen entfernt. Da jedoch die Hauptkräfte der türkischen Armee vor sehr kurzer Zeit in Varna, Schumla und Rustschuk konzentriert waren, fällt es uns ebenso schwer, zu erklären, wie Omer Pascha es fertigbringen sollte, ganz plötzlich in Widdin, das durchschnittlich 250 Meilen von den obengenannten Orten entfernt ist, das Gros seiner Armee zu konzentrieren. Die wahrscheinlichste Erklärung ist, daß Omer Pascha, nachdem er das Vorrücken der Russen auf Widdin bemerkte, die Position seiner Armee in einem erheblichen Maße nach links verschoben hatte und die Verteidigung der direkten Straße nach Konstantinopel den Besatzungen von Rustschuk, Silistria, Varna und Schumla überließ; für die Unterstützung seines rechten Flügels hat er Rustschuk bestimmt, für die seines linken Widdin und als Konzentrationspunkt seines Zentrums Nikopolis. In dieser Position, die sich etwa 200 Meilen von Rustschuk nach Widdin erstreckt, hat er an seinem linken Flügel alle Truppen, die er um sich scharen konnte, konzentriert und die Donau überquert, auf diese Weise offenbar den rechten Flügel der Russen umgehend. Er hoffte, deren Avantkorps überfallen und zum Rückzug über den Fluß Schyl zwingen zu können. Er selbst könnte ans andere Ufer dieses Flusses gelangen, indem er entweder den Übergang frontal forciert oder in der Nähe von Rassova ein weiteres Korps über die Donau schickt, welches so das andere Schyl-Ufer erreichen würde. Der Fluß Aluta, der zweite Nebenfluß der Donau, über den die Straße von Widdin nach Bukarest
führt, könnte auf die gleiche Weise forciert werden, indem ein weiterer Teil des türkischen Zentrums bei Nikopolis und Turna über die Donau geworfen würde, unterhalb der Mündung der Aluta. Schließlich könnten weiter donauabwärts bei Giurgewo und Braila geführte Scheinangriffe dazu beitragen, die Russen bezüglich der Punkte irrezuführen, an welchen die Türken tatsächlich erscheinen. Es kann schwerlich einen Zweifel darüber geben, daß das die Pläne Omer Paschas gewesen sein müssen, wenn man politische Motive einen Augenblick aus dem Spiel läßt. Die Londoner „Times"1261 spricht von einem tatsächlichen Übergang der Türken bei Giurgewo; aber dies ist eine offensichtliche Falschmeldung. Es gibt keinen Fähnrich in irgendeiner disziplinierten Armee, der einen solchen groben Fehler begehen würde, den größten Fluß Europas, dazu noch an seiner breitesten und auch schwierigsten Stelle, an zwei verschiedenen - 250 Meilen voneinander entfernten - Punkten und angesichts eines nicht zu unterschätzenden und konzentrierten Gegners, mit zwei Korps zu überqueren. Worauf läuft also Omer Paschas Manöver hinaus? Es ist ein Versuch, die Flanke des Feindes zu umgehen und durch gleichzeitige Flanken- und Frontalangriffe seine ganze Schlachtlinie aufzurollen. Ein solches Manöver ist durchaus berechtigt, wenn man überraschend seine eigenen Hauptkräfte auf die feindliche Flanke werfen kann; wenn die eigene Front vor einem Angriff geschützt ist; wenn man, im Falle einer Schlappe seinen Rückzug gesichert weiß, und wenn man durch Aufrollen der Stellung des Feindes von einer Flanke zur andern, dessen Verbindungen mit seiner Operationsbasis abschneidet. Nun, im vorliegenden Falle ist die letztgenannte Voraussetzung nicht erfüllt. Im Gegenteil, während Omer Paschas Rückzug dadurch bedroht sein könnte, daß der rechte Flügel seines Korps in der Walachei umgangen und dadurch die Straße nach Kalafat abgeschnitten würde (in diesem Falle läge seine einzige Rückzugsmöglichkeit nur in Österreich), kann der Angriff von Kalafat in Richtung auf Bukarest die russische Rückzugslinie überhaupt nicht stören. Man wird sich an die Feststellung erinnern, die wir vor einiger Zeit in dieser Hinsicht trafen, daß nämlich die einzige brauchbare Verteidigungslinie für die Türken die von der Donau aus in Richtung auf den Fluß Sereth ist, oder der enge Landstreifen, der Bessarabien von der Österreichischen Grenze trennt.1 Anstatt die Bewegung durchzuführen, die sofort die russische Kommunikationslinie bedroht, wenn nicht sogar unterbrochen hätte, greifen die Türken am entgegengesetzten Ende an, wo, selbst im Falle eines Sieges,
mit keinem entscheidenden Erfolg zu rechnen ist. Es mag sein, daß die türkische Front insofern vor Angriffen sicher ist, als die Hauptoperationen zwischen Widdin und Krajowa oder Slatina stattfinden und die Russen dann kaum die Donau weiter unten überqueren werden - es sei denn, daß sie kühner in ihrer Strategie wären, als wir es von ihnen kennen. Aber gleichzeitig ist die türkische Front von Widdin bis Rustschuk durch den breiten Fluß, welcher sie vom Feinde trennt, ebenso behindert, und es muß in jenem Abschnitt eine verhältnismäßige Inaktivität herrschen. Die Hauptbedingung ist jedoch in diesem Falle nicht erfüllt worden. Wir haben ein ausgezeichnetes historisches Beispiel dieser Art von Manöver an der Schlacht bei Jena[326]. Napoleon gelang es, das Gros seiner Streitkräfte unbemerkt an die linke Flanke der Preußen heranzubringen und rollte sie in acht Stunden so vollständig auf, daß die preußische Armee von ihren Rückzugslinien abgeschnitten und vernichtet wurde und sie dann aufhörte, als Armee zu existieren. Aber das ging auf einem Gelände von zwanzig Quadratmeilen und innerhalb von zwanzig Stunden vor sich. Hier aber haben wir ein Territorium zweihundert mal fünfzig Meilen, ohne Straßen, und es wird für jede Bewegung dementsprechend mehr Zeit erforderlich sein. Die Überraschung, die Stärke und das Ungestüm des Angriffs, denen Napoleon bei Jena seinen vollständigen Erfolg verdankte, müssen hier nach einigen wenigen Bemühungen buchstäblich im Schlamm steckenbleiben. Dies wird noch deutlicher werden, wenn wir einen Blick auf die Karte werfen. Die Türken müssen von Kalafat nach Krajowa marschieren. Hier stoßen sie auf den ersten jener Flüsse, welche von den Transsylvanischen Alpen zur Donau fließen, die Walachei von Norden nach Süden durchschneiden und jeder eine Verteidigungslinie bildet, die von einer angreifenden Armee bezwungen werden muß. Das Land gleicht in dieser Hinsicht genau der Lombardei, und die hier in Frage stehenden Flüsse, der Schyl und die Aluta, können mit dem Mincio und der Etsch verglichen werden, deren militärische Bedeutung schon so oft sichtbar geworden ist. Angenommen, die Türken überqueren den Fluß Schyl, was ihnen vielleicht gelingt, so werden sie an der Aluta, in der Nähe von Slatina, auf den ersten ernsthaften Widerstand stoßen. Die Aluta ist ihrer Breite und Tiefe wegen eine weitaus mehr zu befürchtende Barriere; außerdem können die Russen mit ein wenig Nachdruck dort eine Armee konzentrieren, die nicht nur imstande ist, alle türkischen Angriffe zurückzuschlagen, sondern den Sieg sofort zu sichern. Ein russischer Sieg bei Krajowa würde, wenn er nicht sehr erheblich ist, tatsächlich keine große Bedeutung haben, da die Türken in drei forcierten Märschen Kalafat und die Donau erreichen und auf diese
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Weise einer Verfolgung entgehen könnten. Aber eine türkische Niederlage bei Slatina, abgesehen davon, daß sie infolge der größeren Masse dort zusammengefaßter russischer Truppen ausschlaggebender wäre, würde den Russen fünf oder sechs Tage Möglichkeit zur Verfolgung geben; jedermann weiß doch, daß die Früchte eines Sieges nicht auf dem Schlachtfeld gesammelt werden, sondern während der Verfolgung, die eine totale Desorganisation der geschlagenen Armee mit sich bringen kann. Es ist also nicht wahrscheinlich, daß Omer Pascha jemals in der Lage sein wird, die Aluta zu überqueren, wenn Gortschakow dort mit ihm ins Gefecht zu kommen wünscht; denn selbst, wenn man jede Chance zugunsten der Türken in Rechnung stellt, so kann Omer Pascha nicht mehr als 25 000 Mann an die Ufer jenes Flusses bringen, während Gortschakow dort bequem 35000 Mann beizeiten versammeln kann. Was die Flankenangriffe der Türken vom Südufer der Donau betrifft, so werden sie ziemlich harmlos sein, wenn die angreifenden Kräfte nicht über eine gewaltige Anzahl von Pontons und anderem Material verfügen, das man nur selten bei den Türken findet. Aber selbst wenn wir annehmen, daß sogar der Ubergang über die Aluta und den Ardschisch, einen anderen wichtigen Fluß weiter im Osten, gelingen würde, kann man sich schwerlich vorstellen, daß Omer Pascha die russischen Verschanzungen bei Bukarest überwinden und in einer regelrechten Schlacht eine Armee in die Flucht schlagen konnte, die den Truppen, die er ihr entgegenstellen könnte, sicherlich zahlenmäßig um ein Drittel überlegen sein muß. Wenn also auf seiten der Russen der Krieg überhaupt nach irgendwelchen militärischen Prinzipien geführt wird, so scheint Omer Paschas Niederlage gewiß zu sein; sollte er jedoch nicht nach militärischen, sondern nach diplomatischen Grundsätzen weitergeführt werden, so könnte das Ergebnis anders ausfallen. Der freiwillige Rückzug der Russen von der militärisch wichtigen Stellung bei Kalafat, nachdem so viele Truppen dorthin geschickt worden waren, um Serbien zu bedrohen; Omer Paschas Ubergang über die Donau, der auf keinen Widerstand stieß, seine verhältnismäßig unbelästigten und sehr langsamen Bewegungen in der Kleinen Walachei (dem Gebiet westlich der Aluta); die, soweit wir es beurteilen können, Bedeutungslosigkeit der türkischen Angriffe an allen anderen Punkten und schließlich die im Vormarsch von Widdin aus enthaltenen strategischen Fehler, von denen niemand auch nur für einen Augenblick annehmen kann, daß Omer Pascha sie nicht bemerkt hat alle diese Tatsachen scheinen einigen Grund für eine Schlußfolgerung zu bieten, zu der einige kompetente Sachverständige gelangten, die aber ziemlich phantastisch erscheint. Diese Auffassung geht davon aus, daß es zwischen
den feindlichen Befehlshabern eine Art von stillschweigendem Übereinkommen gibt, wonach die Russen die Kleine Walachei den Türken überlassen. Jene, die diese Auffassung vertreten, sagen: die Aluta bildet eine sehr bequeme natürliche Barriere, über die hinweg sich die beiden Armeen den ganzen düsteren Winter lang ansehen könnten, während sich die Diplomaten wieder bemühen, eine Lösung zu finden. Die Russen würden, wenn sie sich so weit zurückziehen, nicht nur ihre Großzügigkeit und ihre friedliche Gesinnung zeigen, sondern sie würden gleichzeitig eine Art Recht auf die usurpierten Gebiete erhalten, da eine gemeinsame Okkupation der Donaufürstentümer durch die Russen und Türken weitgehend mit den bestehenden Verträgen übereinstimmt. Durch diese offenbare Großzügigkeit in Europa würden die Russen drohenden Gefahren in Asien entgehen, wo sie dem Anschein nach übler dran sind denn je, und vor allen Dingen würden sie jederzeit stark genug sein, die Türken aus dem am linken Ufer der Donau zugestandenen Landstreifen zu verjagen. Ein seltsamer, aber keineswegs ausreichender Beweis zu Gunsten dieser Theorie kann in der Tatsache erblickt werden, daß sie offen von Wiener Blättern, die das Vertrauen des Hofes genießen, vorgebracht wird. Die nächsten Tage werden zeigen, ob diese Auffassung zutreffend ist oder ob ein regulärer Krieg allen Ernstes geführt werden soll. Wir müßten uns täuschen, wenn nicht letzteres der Fall sein würde. Es wird nun klar, daß beide Parteien in Asien erheblich schwächer sind, als angenommen wurde. Dem „Journal de Constantinople"[2291 zufolge hatten die Türken am 9.Oktober in Erzerum 10 000 Mann als Reserve; in Batum 4000 Reguläre und 20 000 Irreguläre, offensichtlich für eine aktive Armee bestimmt; in Bajased, an der persischen Grenze, 3000 Mann; in Kars und Ardahan, den beiden wichtigsten Punkten an der russischen Grenze (außer Batum), eine Vorhut von insgesamt 16000 Mann. Diese sollten in wenigen Tagen um 10000 oder 12000 Mann frischer Truppen aus Syrien verstärkt werden. Dies ist allerdings gegenüber dem, was uns andere Berichte anzunehmen veranlaßten, eine recht erhebliche Verminderung; statt 100000 sind es nur 65 000! Aber wenn andrerseits den über Konstantinopel eingegangenen Nachrichten Glauben geschenkt werden kann, ist der Hauptpaß des Kaukasus, der Tiflis und Georgien mit Rußland verbindet, in den Händen der Bergbewohner, hat Schamyl die Russen bis auf neun Meilen von Tiflis zurückgetrieben; und General Woronzow, der Befehlshaber in Georgien, erklärt, daß er im Falle eines türkischen Krieges diese Gebiete nicht halten könne, es sei denn, er bekäme 50 000 Mann Verstärkung. Inwieweit diese Berichte stimmen, können wir nicht beurteilen; aber die in großer Eile auf dem Seewege nach Jerkkum Kaie, Redut Kaie und anderen Punkten an der trans
kaukasischen Küste gesandten Verstärkungen beweisen, daß der Stern Rußlands in jener Gegend nicht so hell scheint. Die Berichte über den Umfang dieser Verstärkungen gehen auseinander; zuerst wurde gesagt, daß 24000Mann gesandt worden waren; aber woher sollten die Russen die Schiffe für eine derartige Armee nehmen? Es zeigt sich nun, daß die 13. Division, die erste des 5. Korps (General Lüders), dorthin gesandt worden ist; das würden etwa 14 000 Mann sein, was mehr als wahrscheinlich ist. Die Geschichte, wonach die Kosaken des Schwarzen Meeres in einer Stärke von 24 000 Mann (das scheint eine beliebte Anzahl bei den Russen zu sein) die Westspitze des Kaukasus auf dem Landweg umgangen haben und es ihnen gelungen sein soll, ungehindert entlang der felsigen und schmalen Küste in Richtung auf Redut Kaie zu passieren, scheint uns um so unwahrscheinlicher, je länger wir uns damit beschäftigen. Die Schwarzmeer-Kosaken haben genug zu tun, um die Linie des Kuban und des Terek zu bewachen; und daß Kavallerie in derartiger Stärke, allein und ohne angegriffen zu werden, durch ein Defilee von einhundertfünfzig Meilen Länge, durch ein Gebiet mit feindlicher Bevölkerung ziehen könnte, wo wenige Mann sie aufhalten oder ihre Kolonne in zwei Hälften spalten könnten - solche Dinge kann man nur in Rußland hören, wo bis zum heutigen Tage versichert wird, daß Suworow Massena bei Zürich geschlagen hatt327]. Hier ist also das beste Feld für die Türken zum Handeln. Plötzliche konzentrische Angriffe der Regulären an der Hauptstraße nach Tiflis - entlang der Küste, wenn sich die Türken zur See halten können; über Kars oder Ardahan, wenn sie dies nicht können - begleitet von einer unermüdlichen, energischen, blitzartigen Kriegführung der den Irregulären eigenen Art, all das würde Woronzow sehr bald in eine ausweglose Lage bringen, eine Verbindung mit Schamyl öffnen und einen allgemeinen Aufstand im ganzen Kaukasus auslösen. Aber hier sind, noch mehr als an der Donau, Kühnheit, Schnelligkeit und Übereinstimmung der Aktionen erforderlich. Es bleibt abzuwarten, ob die türkischen Befehlshaber in jener Region diese Qualitäten besitzen.
Geschrieben etwa 8.November 1853. Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Die russischen Niederlagen13283
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3936 vom 28. November 1853, Leitartikel] Wir haben die durch die „Canada" herübergebrachten europäischen Zeitungen sorgfältig durchgesehen, um soweit wie irgend möglich Aufschluß über die Kämpfe zu bekommen, die in der Walachei zwischen den Türken und den Russen stattgefunden haben, und sind in der Lage, den durch die „Washington" mitgeteilten Tatsachen, die wir vergangenen Freitag1 kommentierten, einige wichtige Fakten hinzuzufügen. Zu der Zeit wußten wir, daß einige Engagements stattgefunden hatten, doch über ihre Einzelheiten wissen wir auch heute nicht viel mehr. Die Berichte, die uns zugingen, sind immer noch zusammenhanglos, widerspruchsvoll und spärlich und werden es wahrscheinlich auch so lange bleiben, bis wir die offiziellen Depeschen der türkischen Generale erhalten. Soviel ist jedenfalls klar, daß die Türken mit einem solchen Maß an Geschicklichkeit geführt worden sind und mit einer derartig anhaltenden Begeisterung gekämpft haben, die die Lobpreisungen ihrer wärmsten Bewunderer rechtfertigt - Lobpreisungen, die von der Masse der kühlen und unparteiischen Beobachter als übertrieben betrachtet wurden. Das Resultat ist eine allgemeine Überraschung. Jedermann war darauf vorbereitet, von Omer Paschas Talenten als Feldherr die glänzendsten Beweise zu erhalten ; aber der Wert seiner Armee wurde weder von den westlichen Journalisten noch von den Staatsmännern richtig eingeschätzt. Es trifft zu: ihre Reihen setzen sich aus Türken zusammen, aber diese sind ganz andere Soldaten als jene, die Diebitsch 1829 zu Paaren trieb. Sie schlugen die Russen trotz deren großer Überlegenheit und unter ungünstigen Umständen. Wir erwarten, daß
sich dies nur als der Auftakt und der Beginn weit entscheidenderer Niederlagen erweisen wird. Wir erfahren jetzt zum ersten Male, daß der Kriegsrat von Konstantinopel eine Armee von ungefähr 25 000 Mann bei Sofia konzentriert hat, um in Serbien zu operieren, falls dies notwendig sein sollte. So seltsam es klingen mag, aber über diese Streitmacht und ihre Bestimmung scheinen bisher keine Informationen nach Westeuropa gelangt zu sein, aber es ist klar, daß Omer Pascha von ihr den besten Gebrauch gemacht hat. Ihre Aufstellung bei Sofia war ein Fehler, denn wenn die Serben nicht revoltieren und keine gemeinsame Sache mit den Russen machen - was sie unter dem regierenden Fürsten1 kaum tun werden besteht keine Veranlassung, eine Armee in jener Gegend zu halten; im Falle einer Revolte aber wären die Türken entweder gezwungen, in das Land einzumarschieren und sie zu unterdrücken, wofür 25000 Mann nicht ausreichen würden, da die Russen in der Walachei stehen, oder sie müßten die Grenzpässe besetzen und die Serben zwingen, im Lande zu bleiben, wofür ein Viertel jener Kräfte ausreichend wäre. Offensichtlich hatte Omer Pascha die Angelegenheit in diesem Lichte betrachtet, denn er ließ das Korps direkt nach Widdin marschieren und vereinigte es mit den Kräften, die er bereits dort hatte. Ohne Zweifel hat diese Verstärkung wesentlich zu dem Sieg beigetragen, den er jetzt über den rechten Flügel der unter Führung von General Dannenberg stehenden Russen erzielt hat, einen Sieg, über den wir keine weiteren Einzelheiten erfahren haben, außer der Anzahl russischer Offiziere, die getötet oder gefangengenommen wurden, der jedoch ein vollständiger Sieg gewesen sein muß und dessen moralische Seite sich für die Türken als weit stärker erweisen wird als die materielle. Gleichfalls erfahren wir jetzt, daß die türkischen Streitkräfte, die von Turtukai (einem Punkt zwischen Rustschuk und Silistria) nach Oltenitza übersetzten, von Ismail Pascha, d.h. General Guyon, geführt wurden (er hat das Christentum nicht aufgegeben, obwohl er einen hohen Rang in der Armee des Sultans einnimmt). Seine Tapferkeit im ungarischen Kriege hat ihm einen hervorragenden Ruf als kühner, energischer und äußerst schnell handelnder Offizier verschafft. Es gibt nur wenige Männer, die, ohne ein bemerkenswertes strategisches Talent zu besitzen, Befehle mit solchem Erfolg durchführen, wie er es bei der jüngsten Gelegenheit bewiesen hat, als er seinen Gegner mit dem Bajonett zurücktrieb. Die Niederlage von General Pawlow bei Oltenitza muß in einem entscheidenden Maße das Land hinter der Aluta öffnen und den Weg nach Bukarest frei machen, da es sich erwiesen hat, daß Fürst Gort
1 Alexander Karageorgewitsch, Fürst von Serbien
schakow nicht, wie berichtet wurde, auf Slatina vorgerückt ist, sondern in der Hauptstadt der Fürstentümer verbleibt, wobei er es klüglich vorzieht, seine Kräfte nicht zu teilen, was wiederum andeutet, daß er sich selbst nicht völlig sicher fühlt. Zweifellos ist in der Nähe jenes Ortes bald darauf eine entscheidende Schlacht geschlagen worden. Wenn Gortschakow nicht ein Aufschneider ist, und wenn er dort zwischen siebzig- und achtzigtausend Mann konzentrieren kann - eine Anzahl, die alle gerechtfertigten Abzüge von der offiziell gemeldeten Stärke der Streitmacht der Russen ihm noch übriglassen so ist der Vorteil entschieden auf seiner Seite. Aber wenn man berücksichtigt, wie falsch und übertrieben die Zahlenangaben aus dem russischen Lager sind, wenn man berücksichtigt, daß Omer Paschas Armee stärker und kampffähiger ist, dann ergibt sich, daß das Kräfteverhältnis in dieser Kampagne ausgeglichener ist, als man es sich vorgestellt hatte, und eine Niederlage Gortschakows rückt in den Bereich der Möglichkeit. Sicherlich, wenn der türkische Generalissimus fünfzig- bis sechzigtausend bereits siegestrunkener Truppen für den entscheidenden Kampf konzentrieren kann - und wir sehen jetzt nichts, was das verhindern könnte hat er große Aussichten auf Erfolg. Wenn wir dies sagen, so möchten wir mit Zurückhaltung sprechen, denn wenn unsere Sympathien auch auf Seiten der Türken sind, so hat es doch keinen Zweck, ihre Lage günstiger einzuschätzen, als sie ist. . Es ist unmöglich, die geographische Struktur der Walachei zu studieren, besonders vom militärischen Standpunkt aus, ohne an die Lombardei erinnert zu werden. In dem einen Falle bilden die Donau und in dem andern der Po und seine Zuflüsse die Süd- und Westgrenzen. Auch haben die Türken sich einen ähnlichen Feldzugsplan zu eigen gemacht, wie ihn die Piemontesen in der Kampagne von 1849 durchführten und der mit der unheilvollen Schlacht von Novara[329] endete. Wenn sich die Türken als siegreich erweisen sollten, so können sie uns um so mehr Bewunderung abfordern, und um so offenkundiger wird die prahlerische Unfähigkeit der Moskowiter. In jedem Falle ist Gortschakow kein Radetzky und Omer Pascha kein Ramorino.
Geschrieben etwa 11. November 1853. Aus dem Englischen.
Karl Marx
Die Arbeiterfrage
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3936 vom 28. November 1853] London, Freitag, 11.November 1853 „Glänzende Gelegenheiten und welchen Gebrauch man von ihnen machte", so lautet der Titel einer der äußerst tragikomischen Ergüsse des gewichtigen und tiefgründigen „Economist" I330\ Die „glänzenden Gelegenheiten" wurden selbstverständlich vom Freihandel geboten, und der „Gebrauch" oder vielmehr „Mißbrauch", der von ihnen gemacht wurde, bezieht sich auf die Arbeiterklasse.
„Zum ersten Male hielt die Arbeiterklasse ihre Zukunft in eigenen Händenl Die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs begann tatsächlich abzunehmen, die Auswanderung überwog den natürlichen Zuwachs. Wie haben die Arbeiter ihre Gelegenheit genutzt? Was haben sie gemacht? Genau das, was sie vorher zu tun pflegten, wenn wieder einmal vorübergehend die Sonne schien: geheiratet und sich so schnell wie möglich vermehrt. Bei dieser Zuwachsrate wird es nicht lange dauern, bis die Wirkung der Auswanderung wieder aufgewogen ist und die glänzende Gelegenheit vertan."
Die glänzende Gelegenheit, nicht zu heiraten und sich nicht zu vermehren, es sei denn, in dem von Malthus und seinen Jüngern gestatteten begrenzten Umfang! Welch glänzende Moralität! Aber wie der „Economist" selbst feststellt, hat die Bevölkerung bisher abgenommen und die Auswanderung noch nicht wettgemacht. Übervölkerung ist also nicht für die katastrophalen Zeiten verantwortlich zu machen.
„Weiter hätten die arbeitenden Klassen die seltene Gelegenheit nutzen sollen, zu sparen und Kapitalisten zu werden. In kaum einem Falle scheinen sie in die Reihen der Kapitalisten emporgestiegen zu sein oder auch nur damit begonnen zu haben. Sie haben ihre Gelegenheit vertan!"
Die Gelegenheit, Kapitalisten zu werden! Gleichzeitig erzählt der „Economist" den Arbeitern, sie könnten anstatt 15 Schilling jetzt 16 Schilling 6Pence die Woche einstecken, nachdem sie endlich 10% über ihren früheren Verdienst erhalten. Nun ist aber der Durchschnittslohn zu hoch berechnet mit 15 Schilling pro Woche. Aber das tut nichts. Wie soll man von 15 Schilling in der Woche ein Kapitalist werden! Dieses Problem ist wert, daß man es studiert. Die Arbeiter hatten die falsche Vorstellung, daß sie versuchen müßten, ihr Einkommen zu verbessern, um ihre Lage zu verbessern. „Sie haben für mehr gestreikt, als ihnen dienlich gewesen wäre", sagt der „Economist". Mit 15 Schilling die Woche hatten sie die beste Gelegenheit, Kapitalisten zu werden, aber mit 16 Schilling 6 Pence wäre diese Gelegenheit vorbei. Einerseits müssen die Arbeiter dafür sorgen, daß Arbeitskräfte knapp und Kapital im Überfluß vorhanden ist, um die Kapitalisten zu einer Lohnerhöhung zwingen zu können. Aber wenn es so kommt, daß Kapital im Überfluß vorhanden und Arbeiter knapp sind, dann dürfen sie sich auf keinen Fall dieser Macht bedienen, um derentwillen sie aufhören sollten zu heiraten und sich zu vermehren. „Sie haben verschwenderischer gelebt." Während der Korngesetze, sagt uns der gleiche „Economist", waren sie nur halbwegs ernährt, halbwegs gekleidet und mehr oder weniger am Verhungern. Wenn sie denn überhaupt leben sollen, wie könnten sie es dann zuwege bringen, weniger verschwenderisch als vorher zu leben? Die Einfuhrtabellen wurden immer und immer wieder vom „Economist" hervorgeholt, um den wachsenden Wohlstand der Bevölkerung und die Solidität der getätigten Geschäfte zu beweisen. Das, was also als ein Prüfstein für die unaussprechlichen Segnungen des Freihandels proklamiert wurde, wird jetzt als ein Beweis für die törichte Verschwendung der Arbeiterklasse angeprangert. Es bleibt uns jedoch weiter unverständlich, wieso die Einfuhr bei abnehmender Bevölkerung und einer rückläufigen Konsumtion weiter zunehmen kann; wieso die Ausfuhr bei abnehmender Einfuhr weiter ansteigen kann und wieso Industrie und Handel sich bei schrumpfender Ein- und Ausfuhr ausdehnen können?
„Als drittes hätten sie von der glänzenden Gelegenheit Gebrauch machen sollen, indem sie sich und ihren Kindern die bestmögliche Bildung verschaffen, um sich ihren verbesserten Lebensumständen anzupassen und zu lernen, das beste daraus zu machen. Unglücklicherweise müssen wir feststellen, daß selten Schulen so schlecht besucht und Schulgelder derart schlecht bezahlt wurden."
Ist diese Tatsache so erstaunlich? Lebhafter Handel ging Hand in Hand mit vergrößerten Fabriken, mit verstärkter Anwendung von Maschinen,
damit, daß mehr erwachsene Arbeiter durch Frauen und Kinder ersetzt wurden, mit verlängerter Arbeitszeit. Je mehr Mütter und Kinder in die Fabrik gingen, um so weniger konnten die Schulen besucht werden. Und für welche Art Bildung hättet ihr schließlich den Eltern und ihren Kindern Gelegenheit geboten? Gelegenheit zu lernen, wie man den Bevölkerungszuwachs in dem von Malthus vorgeschriebenen Umfang hält, sagt der „Economist". Bildung, sagt Herr Cobden, würde die Arbeiter erkennen lassen, daß schmutzige, schlecht gelüftete, überfüllte Behausungen nicht das beste Mittel sind, Gesundheit und Kraft zu erhalten. Das ist, als wolle man einen Menschen vom Hungertod erretten, indem man ihm sagt, die Naturgesetze verlangen, daß dem menschlichen Körper regelmäßig Nahrung zugeführt wird. Bildung, schreibt die „Daily News"[28], hätte unseren Arbeitern vermittelt, wie man trockenen Knochen nahrhafte Substanzen entzieht, wie man Teegebäck aus Stärke herstellt und wie man Suppe aus Fabrikstaub kocht. Wenn wir also die glänzenden Gelegenheiten, die von der Arbeiterklasse vertan worden sind, noch einmal zusammenfassen, so bestehen sie aus der glänzenden Gelegenheit, nicht zu heiraten, aus der Gelegenheit, weniger verschwenderisch zu leben, keine höheren Löhne zu verlangen, mit 15 Schilling in der Woche Kapitalisten zu werden und zu lernen, wie man mit schlechterer Nahrung den Körper zusammenhält und mit den verderblichen Lehren von Malthus die Seele erniedrigt. Vergangenen Freitag besuchte Ernest Jones die Stadt Preston, um zu den ausgesperrten Fabrikarbeitern über die Arbeiterfrage zu sprechen. Zur festgesetzten Zeit hatten sich mindestens 15 000 Menschen (der „Preston Pilot"13311 schätzt die Zahl auf 12 000) auf dem Platz versammelt, und Herr Jones erhielt bei seiner Ankunft einen begeisterten Empfang. Ich bringe einige Auszüge aus seiner Rede:
„Warum haben diese Kämpfe stattgefunden? Warum finden sie jetzt statt? Warum werden sie wiederkehren? Weil der Springquell eures Lebens von der ^ Hand des Kapitals versiegelt ist, das seinen goldenen Becher bis auf den Grund leert und euch den Bodensatz überläßt. Warum seid ihr auch vom Leben ausgesperrt, wenn ihr von der Fabrik ausgesperrt seid? Weil ihr keine andere Fabrik habt, in der ihr arbeiten könnt - keine andere Möglichkeit habt, euch euer Brot zu verdienen. Wieso hat der Kapitalist diese ungeheure Macht? Weil er über alle Arbeitsmittel verfügt... Daher sind die Arbeitsmittel der Angelpunkt, um den sich die Zukunft des Volkes dreht... Nur eine Massenbewegung der Arbeiter aller Berufe, nur eine nationale Bewegung der ganzen Arbeiterklasse kann allein zum triumphalen Erfolg führen... Zersplittert und lokalisiert ihr euren Kampf, so könnt ihr ihn verlieren - nationalisiert ihn, und der Sieg ist euch gewiß."E333l
Mit sehr herzlichen Worten beantragte Herr George Co well, unterstützt von Herrn John Matthews, Ernest Jones für seinen Besuch in Preston und für den Dienst, den er der Sache der Arbeiterklasse leistet, den Dank auszusprechen. Die Fabrikanten hatten große Anstrengungen gemacht, um Ernest Jones daran zu hindern, die Stadt zu besuchen; so konnte man für das Meeting keine Halle bekommen, und es mußten daher in Manchester Plakate gedruckt werden, die ankündigten, daß das Meeting unter freiem Himmel stattfinden würde. Von interessierter Seite war eifrig das Gerücht verbreitet worden, daß Herr Jones gegen den Streik auftreten und Zwietracht unter den Arbeitern säen werde; außerdem hatte man Briefe versandt, daß er persönlich gefährdet sei, wenn er Preston besuche. Karl Marx
Aus dem Englischen.
Karl Marx
Prosperität - Die Arbeiterfrage
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3938 vom 30. November 1853] London, Dienstag, 15. November 1853 „Die Handelsstatistik und der Geldmarkt", so lautet der Titel, unter dem der „Economist"[22] einen Artikel veröffentlicht, der die allgemeine Prosperität und die günstigen Handelsaussichten[333] beweisen soll, obwohl uns in der gleichen Ausgabe mitgeteilt wird, daß „Lebensmittel teuer sind und die Preise noch weiter ansteigen", daß „ein Quarter Weizen zu 80 sh. verkauft wird" und daß „die Lage im Baumwollhandel keineswegs so ist, daß die Spinnereibesitzer ganz und gar nicht darauf versessen sind, die Produktion wieder aufzunehmen".
„Diese langen Zahlenreihen enthalten viel Aufschlußreiches", meint der „Economist" zu den Importtabellen, „so vieles, das die großen Prinzipien bestätigt, die Gegenstand starker politischer Auseinandersetzungen gewesen sind, so vieles, das die jüngsten Ereignisse in bezug auf den Geldmarkt erklärt und die Zukunft beleuchtet - so vieles, das für den Staatsmann, den Finanzmann, den Bankier und den Kaufmann höchst aufschlußreich ist, weil es ihnen ermöglicht, eine genaue Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Dinge zu erhalten und eine richtige Einschätzung ihrer eigenen Lage danach vorzunehmen. Darum glauben wir keinen besseren Dienst erweisen zu können, als die Aufmerksamkeit auf einige der wichtigsten Fakten, wie sie in diesen Tabellen dargestellt werden, zu lenken und ihren Zusammenhang mit anderen höchst wichtigen Merkmalen der Zeit aufzuzeigen."
So lasset uns denn zu Füßen dieses Propheten niedersitzen und seinen sehr umschweifigen Weissagungen lauschen. Diesmal bezieht man sich auf die I mporttabellen - nicht, um den verschwenderischen Aufwand der Arbeiterklasse, sondern vielmehr die unaussprechlichen Segnungen zu beweisen, die
gerade dieser Klasse vom Freihandel zuteil werden. Diese Tabellen lauten wie folgt:
Tabelle I
Verbrauch vom 5. Januar bis 10. Oktober
1852 1853 Kakao Pfund 2 668822 3 162 233 Kaffee 25 123 946 28607 613 Tee 42 746 198 45496 957 Zucker 5 358967 5683 228 Tabak Pfund 21 312459 22296398 Wein 4986242 5569560
Schon ein flüchtiger Blick auf diese Tabelle zeigt uns den Trugschluß des „Economist". Von den erwähnten Waren wissen wir keineswegs, ob sie üerbraucht worden sind, wie angegeben wird, sondern lediglich, daß sie für den Verbrauch bestimmt worden sind, was etwas ganz anderes ist. Es gibt keinen Ladenbesitzer, der so ignorant ist, daß er nicht zu unterscheiden vermag zwischen den Waren, die sich in seinem Geschäft auf Lager befinden, und den Waren, die tatsächlich verkauft und vom Publikum verbraucht worden sind.
„Es kann angenommen werden, daß diese Liste die Hauptluxusartikel der arbeitenden Klasse einbezieht",
und flugs setzt sie der „Economist" auf Konto dieser Klassen. Aber der englische Arbeiter verbraucht einen dieser Artikel, nämlich Kaffee, nur ganz wenig, und Wein überhaupt nicht. Oder glaubt der „Economist" vielleicht, den arbeitenden Klassen müsse es besser gehen, weil ihre Fabrikherren 1853 mehr Wein und Kaffee verbrauchen als 1852? Was Tee anbelangt, so ist allgemein bekannt, daß infolge der chinesischen Revolution und der damit verbundenen Störungen im Handel eine spekulative Nachfrage emporschoß, die auf den Befürchtungen für die Zukunft basiert, nicht jedoch auf dem gegenwärtigen Bedarf. Was Zucker anbetrifft, so beläuft sich der ganze Unterschied zwischen Oktober 1852 und 1853 lediglich auf 324261 Zentner; und ich nehme nicht für mich in Anspruch, so allwissend wie der „Economist" zu sein, der natürlich weiß, daß nicht ein Zentner von den 324261 in die Vorratslager der kleinen Kaufleute oder in das Konfekt der oberen Klassen gelangt ist, sondern daß sie vielmehr unweigerlich, samt und sonders, ihren Weg in den Tee des Arbeiters gefunden haben. Da Brot teuer ist, wird der Arbeiter
seine Kinder mit Zucker gefüttert haben, so wie Mari e-An toi nette dem französischen Volk während der Hungersnot von 1788 riet, sich von Kuchen zu ernähren. Was den höheren Import von Tabak anbelangt, so steigt die Nachfrage nach diesem Artikel bei den Arbeitern stets im gleichen Verhältnis, wie sie ihre Arbeit verlieren und ihre gewohnte Lebensweise unterbrochen wird. Vor allem dürfen wir nicht vergessen, daß die Höhe der Warenimporte im Oktober 1853 nicht von der tatsächlichen Nachfrage in diesem Monat bestimmt wurde, sondern von einer mutmaßlichen Nachfrage, die auf Grund einer gänzlich anderen Lage des Binnenmarktes errechnet wurde. Dies zur ersten Tabelle und ihrem „Zusammenhang mit anderen höchst wichtigen Merkmalen der Zeit",
Tabelle II
Importe vom 5. Januar bis 10. Oktober
1852 1853 Speck Zentner 62506 173 729 Gepökeltes Rindfleisch . M 101 531 160371 Gepökeltes Schweinefleisch 1» 77 788 130 142 Gepökelter Schinken... » 6 766 14123 Schweineschmalz 1» 14511 102 612 i Insgesamt Zentner 263 102 580977
Reis Zentner 633 814 1 027910 Kartoffeln »» 238 739 820524 Getreide und Mehl ... Quarter 5583 082 8179956 Käse Zentner 218846 294053 Butter «> 205 229 296342 Stück 89433 728 103 074 129
Dem „Economist" war allerdings die glorreiche Entdeckung vorbehalten, daß in Jahren der Dürre und der drohenden Hungersnot die relative Zunahme des Imports von Lebensmitteln gegenüber dem gewöhnlicher Jahre eher den plötzlichen Anstieg des Verbrauchs beweist als den ungewöhnlichen Rückgang der Lebensmittelproduktion. Die plötzliche Erhöhung des Preises für einen Artikel ist zweifellos ein Anreiz für seine Einfuhr. Aber hat man schon jemals gehört, daß ein Artikel einen um so reißenderen Absatz findet, je teurer er wird? Wir kommen jetzt zu einer dritten Kategorie von Importen, die aus Rohstoffen besteht.
Tabelle III
Importe vom 5. Januar bis 10, Oktober
1852 1853 Flachs 971738 1245384 Hanf 798057 788911 Seide, roh ... Pfund 3797757 4355865 Seide, gezwirnt .... 267884 577884 Baumwolle 6486873 7091999 Wolle ... Pfund 63390956 83863475
Da die Produktion von 1853 die von 1852 bei weitem übersteigt, wurden mehr Rohstoffe gebraucht, importiert und verarbeitet. Der „Economist" behauptet jedoch nicht, daß der 1853 produzierte Überschuß an Manufakturwaren in den Inlandsverbrauch geflossen ist. Er setzt ihn auf Konto der Exporte: „Die wichtigste Tatsache ist die enorme Zunahme unserer Exporte. Die Zunahme allein in dem Monat, der mit dem 10. Oktober endet, beträgt nicht weniger als 1446 708 Pfd. St., wodurch die Zunahme für neun Monate insgesamt die Höhe von 12596291 Pfd. St. erreicht; der Export beträgt in diesem Jahr insgesamt 66987729Pfd. St. im Vergleich zu 54391 438Pfd. St. für die entsprechende Zeit im Jahre 1852... Wenn man allein unsere Exporte britischer Produkte nimmt, so beläuft sich die Zunahme in diesem Jahr auf nicht weniger als 23%.M Aber worum handelt es sich bei diesen zusätzlichen Exporten in Höhe von 12596291 Pfd.St.? „Ein großer Teil dieser Exporte ist erst auf dem Wege zu seinen endgültigen Märkten", wo er gerade im rechten Augenblick eintreffen wird, um sie völlig rückgängig zu machen. „Ein bedeutender Teil des Zuwachses geht nach Australien", das übersättigt ist; „in die Vereinigten Staaten", die zu viel haben; „nach Indien", wo eine Flaute herrscht; „nach Südamerika", das ganz und gar außerstande ist, die Überimporte, die von anderen Mächten abgestoßen werden, aufzunehmen.
„Der enorme Zuwachs an importierten und verbrauchten Artikeln ist bereits von diesem Land bezahlt, oder die gezogenen Wechsel laufen und werden in ganz kurzer Zeit bezahlt sein... Wann wird man uns endlich die Exporte bezahlen ? In sechs Monaten, neun Monaten, zwölf Monaten und einige in achtzehn Monaten oder zwei Jahren." Es „ist nun eine Frage der Zeit", sagt der „Economist". Welch ein Irrtum! Wenn ihr diesen enormen Manufakturwarenüberschuß auf Märkte werft, die schon von euren Exporten überschwemmt sind, dann mag die Zeit, auf die ihr wartet, vielleicht nie kommen. Was in euren Tabellen als ein enormes Ver~
zeichnis imaginären Reichtums aufgeführt wird, kann sich als ein enormes Verzeichnis wirklicher Verluste entpuppen, als ein Verzeichnis von Bankrotten in weltweitem Ausmaß. Was also beweisen die Tabelle Nr. III und die gepriesenen Exportzahlen? Das, was uns allen schon lange bekannt war, daß Großbritanniens industrielle Produktion 1853 enorm zugenommen hat, daß sie über das Ziel hinausgeschossen ist und daß ihre Expansionsbewegung sich just in dem Augenblick beschleunigt, in dem die Märkte schrumpfen. Der „Economist" kommt natürlich zu einem entgegengesetzten Resultat.
„Der Druck auf den Geldmarkt und das Ansteigen der Zinsrate", teilt er uns mit, „sind nur die vorübergehenden Folgeerscheinungen dessen, daß für die großen Importe sofort gezahlt wird, während der enorme Exportüberschuß auf Kredit geliefert wurde."
In den Augen des „Economist" ist also die Knappheit auf dem Geldmarkt nur das Ergebnis der zusätzlich exportierten Waren. Wir dürfen aber mit derselben Berechtigung sagen, daß in diesen letzten Monaten die Zunahme der Exporte nur das zwangsläufige Resultat des Druckes auf den Geldmarkt gewesen ist. Dieser Druck war von einem Goldzufluß und einem ungünstigen Wechselkurs begleitet - aber ist ein ungünstiger Wechselkurs nicht ein Anreiz für Auslandswechsel, oder mit anderen Worten, ein Anreiz für den Export? Und gerade kraft dieses Gesetzes zerrüttet England in Zeiten des Druckes auf seinen eigenen Geldmarkt alle anderen Märkte in der Welt und zerstört periodisch die Industrie fremder Länder, indem es sie mit britischen Waren zu herabgesetzten Preisen bombardiert. Der „Economist" hat jetzt die „beiden Punkte" ausfindig gemacht, in denen die Arbeiter entschieden unrecht haben, entschieden tadelnswert und töricht sind.
„Erstens führen sie in den meisten Fällen einen Kampf bloß um Pfennige."
Wie kommt das? Laßt den „Economist" selbst darauf antworten:
„Der Streit hat sich aus einer Frage des Kontrakts in einen Kampf um die Macht verwandelt... Zweitens, die Arbeiter haben ihre eigenen Angelegenheiten nicht selbst verfochten, sondern haben sich dem Diktat unverantwortlicher, wenn nicht gar anmaßlicher Führer unterworfen... Sie sind vereint vorgegangen und vermittels einer Organisation unverschämter Klubs... Wir fürchten nicht die politischen Anschauungen der Arbeiterklasse selbst; aber was wir fürchten und ablehnen, das sind die Anschauungen der Männer, denen sie gestatten, ihnen im Nacken zu sitzen und für sie zu sprechen."
Auf die Klassenorganisation ihrer Fabrikherren haben die Arbeiter mit einer eigenen Klassenorganisation geantwortet; und der „Economist" macht
ihnen weis, daß er aufhören werde, sie „zu fürchten", wenn sie ihre Generale und Offiziere entlassen und sich entscheiden, allein zu kämpfen. Genauso versicherten die Sprachrohre der verbündeten Despoten des Nordens während der Zeit der ersten Kämpfe in der Französischen Revolution ein ums andre Mal der Welt, daß sie das französische Volk selbst „nicht fürchten", sondern nur die politischen Anschauungen und die politischen Aktionen des grausamen Comite du salut public[Z^\ die unverschämten Klubs und die lästigen Generale. Im vorhergehenden Artikel sagte ich dem „Economist", daß es nicht verwunderlich sei, wenn die Arbeiterklasse die Zeit der Prosperität nicht dazu benutzt habe, ihre Kinder und sich selbst zu bilden. Es ist mir nunmehr möglich, Ihnen folgende Aufstellung zu übermitteln, deren Namen und Einzelheiten mir zugänglich gemacht wurden und die gerade an das Parlament geschickt werden soll: In der letzten Septemberwoche 1852 arbeiteten in der Ortschaift ... vier Meilen von ... in einer Bleich- und Appretieranstalt namens..., Eigentum des..., Esq.1, die unten aufgeführtenPersonen sechzig Stunden hintereinander, abgesehen von nur drei Ruhestunden!
Mädchen Alter M. S. 22 Jahre A. B. 20 „ M.B. 20 „ A. H. 18 „ C. N. 18 „ B. S. 16 „ T. T. 16 „ A. T. 15 „ M. G. 15 „ H. 0. 15 „ M. L. 13 „ B. B. 13 „ M. 0. 13 „ A. T. 12 „ C. 0. 12 „ S. B. 10! „ Ann B. 9! „
Knaben Alter
W.G. 9 Jahre J.K. 10 „
1 Esquire - soviel wie Wohlgeboren
31 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
Kinder im Alter von neun und zehn Jahren arbeiten 60 Stunden hintereinander und haben nur 3 Stunden Pause! Mögen doch die Fabrikherren jetzt über die Vernachlässigung der Bildung bei den Arbeitern den Mund halten. Eine der oben Genannten, Ann B., ein kleines Mädchen, nur neun Jahre alt, sank während der 60 Arbeitsstunden zu Boden und schlief vor Erschöpfung ein; sie wurde wachgerüttelt, und obwohl sie weinte, zwang man siet weiterzuarbeitenII Die Fabrikarbeiter scheinen entschlossen zu sein, die Bildungsbewegung den Manchester-Scharlatanen aus der Hand zu nehmen. Auf einer Arbeitslosenversammlung, die im Orchard in Preston stattfand, hat, wie wir erfahren, „Frau Margaret Fletcher vor den Anwesenden über die Ungehörigkeit gesprochen, daß verheiratete Frauen in Fabriken arbeiten und ihre Kinder und hausfraulichen Pflichten vernachlässigen. Jeder Mann habe das Recht auf einen ehrlichen Tagelohn für ehrliche Tagesarbeit, womit sie meinte, daß er für seine Arbeit eine solche Entlohnung erhalten müsse, die es ihm gestattet, sich selbst und seine Familie ausreichend zu ernähren und seine Frau zu Hause zu lassen, damit sie sich den häuslichen Pflichten widmen und seine Kinder erziehen kann (Beifall). Abschließend brachte die Sprecherin die beigefügte Entschließung ein: Es wird beschlossen, daß der verheiratete Teil der weiblichen Bevölkerung dieser Stadt die Absicht hat, nicht eher wieder zur Arbeit zu gehen, bis die Ehemänner gerecht und voll für ihre Arbeit entlohnt werden. Frau Ann Fletcher (Schwester der Vorrednerin) unterstützte die Entschließung, und sie wurde einstimmig angenommen. Der Versammlungsleiter gab bekannt, daß nach Regelung der Zehnprozentfrage eine derartige Kampagne hinsichtlich der Beschäftigung verheirateter Frauen in Fabriken einsetzen werde, wie sie von den Fabrikbesitzern kaum erwartet würde." Ernest Jones agitiert auf seiner Fahrt durch die Manufakturgebiete für ein „Arbeiterparlament"[335]. Er schlägt vor, daß „eine Delegation aller Berufe im Aktionszentrum in Lancashire, in Manchester, zusammentritt und nicht eher auseinandergeht, bis der Sieg errungen ist. Dies wäre ein so autoritativer und umfassender Ausdruck der Meinung, daß die Welt davon widerhallen und St.Stephent336! sich mit ihm die Zeitungsspalten teilen müßte... In einer Krise wie dieser würde die Welt mehr auf die Worte der bescheidensten dieser Delegierten lauschen als auf die der adligen Senatoren des erhabensten Hauses." Lord Palmerstons Organ hat eine ganz andere Meinung: „Unter uns gesagt", ereifert sich die „Morning Postwt27l, „der gerühmte Fortschritt ist wirksam gezügelt worden, und seit derti erbärmlichen Fehlschlag vom 10. April ist kein weiterer Versuch unternommen worden, Arbeiter in Gesetzgeber zu verwandeln oder Schneider in Volkstribune." Karl Marx Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Der weitere Verlauf des türkischen Krieges
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3944 vom 7. Dezember 1853, Leitartikel] Die mit dem Dampfer „Humboldt" eingetroffenen Nachrichten vom Kriegsschauplatz bestätigen den kürzlich durch die „Europa" erhaltenen Bericht, daß die Türken, nachdem sie immer wieder gegen eine große Übermacht und nach schweren Kämpfen ihre Stellung bei Oltenitza behauptet hatten, sich schließlich ungefähr am 14. vorigen Monats hinter den Fluß zurückzogen und ihre Stellung in ihren früheren Verschanzungen bei Turtukai bezogen haben. Wie wir annehmen, werden die von uns erwarteten Briefe und Zeitungen eine Erklärung dafür enthalten, aber im Augenblick können wir keineswegs den Grund für die Bewegung verstehen. In der Depesche wird gesagt, daß sie ohne Behinderung durchgeführt wurde, was die Annahme ausschließt, daß sie das Resultat einer von Fürst Gortschakow erreichten entschiedenen Überlegenheit war; es sei denn, wir müssen tatsächlich annehmen, daß es dem russischen Befehlshaber gelungen ist, für seinen zweiten Angriff auf Oltenitza eine doppelt so starke Streitmacht zusammenzubringen wie die, die er beim ersten Angriff auf diesen Ort aufstellen konnte. Aber in Wahrheit sieht es so aus, daß er kein derartiges Korps von 45 000 Mann für einen solchen Zweck zur Verfügung hatte, wie aus einer sorgfältigen Betrachtung aller Tatsachen, die uns bekannt sind, hervorgehen wird. Es wird auch berichtet, daß sich die Türken nach Turtukai zurückziehen, um sich nicht der Gefahr eines Überfalls bei Oltenitza im Winter auszusetzen, wenn der Rückzug über den Fluß schwierig sein würde; aber diese Meldung steht im Widerspruch zu der Tatsache, daß sie sich, ohne bisher aufgehalten worden zu sein und mit einem unbestreitbaren Übergewicht an Kräften in der Offensive befinden. Außerdem konnte ihr linker Flügel bei Widdin, an der walachischen Seite der Donau, nicht nur gehalten, sondern sogar verstärkt werden. Eine Tatsache, die auf
alles andere als auf eine allgemeine rückläufige Bewegung seitens der Türken hindeutet. Und wenn wir annehmen, daß sie die Absicht haben, die Donau bei Braila oder Galatz zu überqueren - eine Annahme, die wahrscheinlich den Tatsachen entspricht -, so können wir nicht verstehen, warum Omer Pascha seine Truppen von der starken Stellung bei Oltenitza zurückziehen sollte, bloß weil er im Begriffe war, mit andern Truppen einen entscheidenden Vorstoß gegen die russische linke Flanke durchzuführen. Aber die Kompliziertheit der Situation wird besser verstanden werden, wenn man die Ereignisse seit Beginn des Feldzuges betrachtet. Vor allen Dingen steht außer Zweifel, daß den Türken gestattet wurde, den Fluß sowohl bei Widdin als auch bei Turtukai zu überqueren, ohne ihnen ernsthaften Widerstand zu leisten. Darin lag nichts Uberraschendes, da die militärischen Erfahrungen bestätigt haben, daß es unmöglich ist, eine aktive feindliche Armee am Überqueren eines Flusses zu hindern, wie breit er auch sein mag. Ebenso lehren die Erfahrungen, daß es immer höchst vorteilhaft ist, den Feind erst dann anzugreifen, wenn er schon einen Teil seiner Truppen hinübergebracht hat - um so mit überlegenen Kräften über diese herzufallen und zwar zu einem Zeitpunkt, da sie nur eine und dazu behinderte Rückzugslinie haben. Aber daß die Türken sich am linken Ufer der Donau festsetzen würden, daß sie aus jeder Schlacht siegreich hervorgehen, daß sie zehn Tage lang Oltenitza, nicht mehr als vierzig Meilen von Bukarest entfernt, in Besitz behalten, ohne daß die Russen in der Lage sein würden, sie von jener wichtigen Position zu vertreiben und daß sie sich schließlich unbehindert und aus freien Stücken von ihr zurückziehen würden - all dies zeigt, daß das Kräfteverhältnis der sich an jener Stelle gegenüberstehenden türkischen und russischen Truppen völlig falsch eingeschätzt worden ist. Wir wissen ziemlich genau, welche Kräfte die Türken zur Verfügung hatten; aber bezüglich der Kräfte der Russen waren wir immer gezwungen, im Dunkeln zu tappen. Es wurde erklärt, daß zwei Armeekorps den Pruth überquert hätten und daß ein Teil eines dritten ihnen bald darauf gefolgt sei. Wenn wir dies als korrekt annehmen, dann würden die Russen nicht weniger als 150000 Mann in den Donaufürstentümern haben. Nachdem nun jedoch die Ereignisse gezeigt haben, daß keine solche russische Streitmacht in der Walachei steht, erhalten wir jetzt endlich auf dem Wege über Wien einen authentischen Bericht darüber, was sie wirklich dort haben. Ihre Kräfte setzen sich folgendermaßen zusammen:
1. Das 4. Armeekorps unter General Dannenberg, bestehend aus den folgenden 3 Infanteriedivisionen:
a) Die 10. Division (General Soimonow) b) Die 11. Division (General Pawlow) .. c) Die 12. Division (General Liprandi) d) Ein Schützenbataillon
16 000 Mann 16 000 Mann 16 000 Mann 1 000 Mann
2. Eine Brigade der 14. Division, dem 5. Armeekorps angehörend und unter dem Kommando von General Engelhardt 8 000 Mann Infanterie insgesamt 57 000 Mann 3. Zwei Divisionen leichte Kavallerie, unter dem Kommando von General Nirod und General Fischbach, zusammen 8 000 Mann und 10 Kosakenregimenter von 6 000 Mann ergeben zusammen 14 000 Mann 4. Eine Division Artillerie mit ungefähr einer Batterie (12 Geschütze) auf jedes Infanterieregiment oder insgesamt mit 170 bis 180 Geschützen.
Es zeigt sich auch, daß das 5. Armeekorps, unter Führung von General Lüders, noch nicht einmal bei Odessa konzentriert ist, sondern ein Teil seiner Truppen bei Sewastopol und ein anderer Teil im Kaukasus steht; daß das 3. Armeekorps unter General Osten-Sacken sich noch in Wolhynien befindet oder höchstens gerade erst den Pruth überquert hat und nicht früher als in drei oder vier Wochen zum Kriegsschauplatz herangebracht werden kann und daß die russische Reservekavallerie -hauptsächlichschwere Kavallerie-hinter dem Dnepr steht und fünf oder sechs Wochen benötigen wird, um zu der Stelle zu gelangen, wo sie gebraucht wird. Ohne Zweifel ist diese Information einwandfrei, und wenn sie uns vor sechs Wochen vorgelegen hätte, so würden wir gesagt haben, daß Omer Pascha die Donau überqueren sollte, gleichviel wo oder wie, aber je eher, desto besser. Es gibt in der Tat nichts, was vernunftgemäß die Tollkühnheit der Russen erklären kann. Mit etwa 80 000 Mann in eine Sackgasse wie die Walachei zu marschieren, sich dort einige Monate aufzuhalten, ungefähr 15 000 Mann, wie die Russen selbst zugeben, krank im Lazarett zu haben und sich auf den Glückszufall zu verlassen, ohne weitere Verstärkungen zu erhalten - das ist eine Sache, die es nie zuvor gegeben hat und die niemand Anlaß hatte, von einem Volk, wie den Russen, zu erwarten, die im allgemeinen so überaus vorsichtig sind und sich immer bemühen, sicher zu gehen. In der Tat, diese ganze verfügbare Armee in der Walachei würde nach Abzügen für Detachements nur auf etwa 46 000 Mann kommen, die außerdem an verschiedenen Punkten benötigt werden könnten!
Aber das ist nun einmal eine Tatsache, und wir können sie nur mit einem absoluten Vertrauen seitens der Russen in die diplomatischen Intrigen ihrer Freunde in der britischen Regierung erklären, durch eine ungerechtfertigte Verachtung für ihre Gegner und mit den Schwierigkeiten, die es den Russen bereiten muß, große Truppenkörper und große Mengen Vorräte zu konzentrieren. Andererseits sind die Türken bei Kalafat in der Kleinen Walachei 25 000 Mann stark und verstärken jene Kräfte noch. Über die sonstigen Bewegungen dieses Korps ist uns wenig bekannt. Sie scheinen nicht einmal bis nach Krajowa vorgerückt zu sein und wirklich nichts weiter getan zu haben, als die benachbarten Dörfer zu besetzen. Der Grund dafür ist ebenso unklar, und wir können nur vermuten, daß Omer Pascha in mancher Hinsicht durch den Rat in Konstantinopel in seinen Bewegungen kontrolliert wird, der ursprünglich jene 25000 Mann bei Sofia stationierte. Auf jeden Fall ist dieses Korps, soweit es von dieser Entfernung aus beurteilt werden kann, an seinem jetzigen Standort völlig nutzlos, und seine Anwesenheit an jener Stelle ist ein Fehler, da es selbst für einen mutmaßlichen und unwahrscheinlichen Einsatz gegen die Serben, wie wir bei früherer Gelegenheit gezeigt haben, entweder zu groß oder zu klein ist.1 Es wäre offensichtlich weit besser gewesen, es weiter donauabwärts zu verlegen; denn es überquerte den Fluß am 28. Oktober und war bis zum 15.November nicht weit vorgerückt, noch hatte es auf irgendeine Weise aktiv eingegriffen. Diese fünfzehn Tage hätten besser darauf verwendet werden können, es 150 Meilen weit die Donau abwärts zu senden bis nach Sistowa, wo es in unmittelbarem Kontakt mit dem linken Flügel der türkischen Hauptarmee gewesen wäre, und ein paar weitere Märsche hätten es an Rustschuk, das Zentrum der türkischen Linken, herangebracht. Niemand kann daran zweifeln, daß diese 24 000 Mann, vereinigt mit der Hauptmacht, das Doppelte wie bei Kalafat wert gewesen wären, und die Ereignisse bestätigen diese Ansicht, denn wie bereits erwähnt, haben wir noch nicht gehört, daß sie während der neunzehn Tage, die seit ihrem Übergang über die Donau vergangen sind, Omer Pascha irgendeine aktive Unterstützung gegeben haben. Die Angriffe der Türken bei Nikopolis und Rustschuk waren reine Finten. Sie scheinen gut durchgeführt worden zu sein, mit nicht mehr Truppen als notwendig und doch mit dem Nachdruck, der dazu angetan ist, einen Feind hinsichtlich der weiteren Absichten der angreifenden Partei irrezuführen. Der Hauptangriff war bei Oltenitza. Welche Kräfte sie dort ins Feld führten, ist
sogar jetzt noch unbestimmt. Einige Berichte sagen, daß bereits am 11. die Türken 24 000 Mann bei Oltenitza stehen hatten, während die Russen ihnen 35 000 Mann entgegenstellen konnten. Aber dies ist offensichtlich falsch. Wenn die Russen im Verhältnis von drei zu zwei stärker als die Türken waren, würden sie diese sehr bald auf die andere Seite der Donau zurückgeschickt haben, während die Tatsache die ist, daß der 11. eine russische Niederlage sah. Mehr denn je hat es den Anschein, daß nichts als ungewöhnlich schlechte militärische Führung die Türken daran hindern kann, Gortschakow aus der Walachei zu verjagen. Sicher ist jedoch, daß es einige merkwürdige Probestücke von Feldherrnkunst auf beiden Seiten gegeben hat. Am 2. November überquerten die Türken die Donau bei Oltenitza-wo sich offenbar ihr Hauptübergangspunkt befindet. Am 3., 4. und 5. schlugen sie erfolgreich die Angriffe der Russen zurück und errangen dadurch ihre Überlegenheit auf dem linken Ufer der Donau. Während dieser drei Tage hätten ihre Verstärkungen eintreffen müssen, und sie hätten sofort in der Lage sein müssen, auf Bukarest zu marschieren. Napoleon handelte auf diese Weise, und seitdem weiß jeder General, daß schon allein Schnelligkeit der Bewegung mangelnde Stärke wettmachen kann, weil dadurch der Gegner überfallen wird, bevor er Zeit hat, seine Kräfte zu konzentrieren. So wie die Leute im Handel sagen: Zeit ist Geld! können wir im Kriege sagen: Zeit ist Truppen! Aber hier in der Walachei wird diese Maxime vernachlässigt. Die Türken halten in aller Ruhe neun Tage lang, vom 6. bis zum 15., Oltenitza besetzt, und mit Ausnahme von kleinen Scharmützeln geschieht nichts, so daß die Russen Zeit haben, ihre Kräfte zu konzentrieren, sie so sorgfältig wie möglich aufzustellen und, falls ihre Rückzugslinie bedroht ist, diese wiederherzustellen und zu sichern. Oder sollen wir annehmen, daß Omer Pascha lediglich beabsichtigte, die Russen in der Nähe von Oltenitza zu halten, bis seine Hauptarmee weiter unten übergesetzt und die Rückzugsmöglichkeiten der Russen völlig abgeschnitten hatte? Das ist möglich, obgleich es sich hier um eine Operation handelt, die, mit 24 000 Mann bei Kalafat und 24 000 bei Oltenitza, auf zusätzliche 50 000 weiter unten in Richtung auf Hirsowa schließen läßt. Nun, wenn er eine solche Streitmacht dort stehen hätte, wie es sehr wahrscheinlich der Fall ist, so hätte sie ihre Zeit besser anwenden können, als sich in diesen ganzen künstlichen und spitzfindigen Manövern zu verlieren. Warum nicht in jenem Falle 70 000 oder 80 000 Mann als eine Masse bei Braila über die Donau werfen und die Russen in der Walachei auf einen Schlag von ihren Verbindungslinien abschneiden? Wie wir bereits sagten, ist es wahrscheinlich, daß diese Bewegung jetzt beabsichtigt ist; aber warum es diese lange Verzögerung und diese komplizierten Vorbereitungen gab, ist nicht ersichtlich. Mit einem so
großen Übergewicht an Kräften an der Operationslinie bereitstehend, konnte kein besonderer Vorteil dadurch gewonnen werden, daß Fürst Gortschakow getäuscht wurde. Er hatte vielmehr abgeschnitten und auf einen Schlag vernichtet werden sollen. Was die türkischen Soldaten betrifft, so kann gesagt werden, daß sie bisher aus den wenigen Treffen, in denen sie in Erscheinung traten, in ausgezeichneter Form hervorgingen. Die Artillerie hat überall bewiesen, daß Zar Nikolaus nicht übertrieben hatte, als er sie zu einer der besten in Europa erklärte. Ein nur zehn Wochen vor Beginn der Feindseligkeiten aufgestelltes Schützenbataillon, mit Minie-Gewehren bewaffnet, die gerade aus Frankreich eingetroffen waren, hat wahrend dieser kurzen Zeit eine große Meisterschaft im aufgelösten Kampf erreicht und erstklassige Scharfschützen hervorgebracht, die jene furchtbare Waffe sehr gut zu handhaben wissen. Bei Oltenitza hatten sie Gelegenheit, dies unter Beweis zu stellen, indem sie nahezu alle höheren Offiziere der Russen abschössen. Im allgemeinen muß die Infanterie durchaus in der Lage sein, die herkömmlichen Linien- und Kolonnenbewegungen durchzuführen, und muß außerdem bei Oltenitza mit großem Mut und großer Standhaftigkeit angegriffen haben, da zumindest an zwei von drei Tagen der Angriff der türkischen Infanterie die Schlacht entschied, und das im Nahkampf, und wie allgemein bekannt, ist die russische Infanterie mit dem Bajonett ein nicht zu verachtender Gegner. Die Nachrichten aus Asien sind sogar noch entschiedener zugunsten der Türken als die aus Europa. Es scheint zuzutreffen, daß es einen allgemeinen und allseitigen Aufstand der Tscherkessenstämme gegen die Russen gegeben hat, daß sie die Zugänge zum Kaukasus halten und daß Fürst Woronzow von seinen Kommunikationen abgeschnitten worden ist, während die türkischen Kräfte ihn in der Front bedrängen. So beginnt der Krieg überall mit Mißgeschick für den Zaren. Wollen wir hoffen, daß er so bis zum Ende verlaufen möge und daß die russische Regierung und das russische Volk durch ihn belehrt werden, ihren Ehrgeiz und ihre Arroganz zu zügeln und sich künftig um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
Geschrieben etwa 18. November 1853. Aus dem Englischen.
KARL MARX
Der Ritter edelmütigen Bewußtsein1
Erschien als Broschüre Januar 1854 in New York. Geschrieben etwa zwischen dem 21.-28. November 1853.
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Titelblatt der New-Yorker Erstausgabe 1854
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Der Mann des kleinen Kriegs (siehe Deckers Theorie des kleinen Kriegs)^^ braucht kein edler Mann zu sein, aber er muß doch ein edelmütiges Bewußtsein haben. Das edelmütige Bewußtsein schlägt nach Hegel notwendig in das niederträchtige[3391 um. Diesen Umschlag werde ich erläutern an den Ergüssen des Herrn Willich - Peter der Einsiedler und Walther von Habenichts in einer Person. Ich beschränke mich auf den Cavaliere della Ventura1; seine hinter ihm stehenden Cavalieri del dente2 überlasse ich ihrer Mission. Um von vorne herein einzuprägen, daß das edelmütige Bewußtsein die Wahrheit im „höheren" Sinn durch die Lüge im „gewöhnlichen" Sinn auszudrücken pflegt, beginnt Herr Willich seine Antwort auf meine „Enthüllungen" 13401 mit den Worten:
„Dr. Karl Marx gab in der ,Neu-England-[Zeitung]4 und ,Criminal-Zeitung* einen Bericht über den Kölner Kommunistenprozeß."
Nie habe ich der „Criminal-Zeitung" einen Bericht über den Kölner Kommunistenprozeß gegeben. Es ist bekannt, daß ich der „Neu-EnglandZeitung"[3411 die „Enthüllungen" und Herr Willich der „Criminal-Zeitung"1531 Hirschs Selbstbekenntnisse3 gab. Pag. 11 der „Enthüllungen" heißt es: „Aus der Aufzählung der der Partei Willich-Schapper entwandten Dokumente und aus den Daten dieser Dokumente folgt, daß diese Partei, obgleich durch den Einbruch des Reuter gewarnt, noch fortwährend Mittel fand, sich Dokumente stehlen und sie an die preußische Polizei gelangen zu lassen." Pag. 64 wird diese Stelle rekapituliert4.
„Herr Marx", antwortete Herr Willich, „weiß sehr wohl, daß diese Dokumente selbst meistens gefälscht, teilweise erfunden waren."
1 Abenteurer, Glücksritter - 2 Schmarotzer - 8 siehe vorl. Band, S. 39-42 - 4 siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 416 und 463
Meistens gefälscht; also nicht ganz gefälscht. Teilweise erfunden; also nicht ganz erfunden. Herr Willich gesteht also: Nach wie vor dem Reuterschen Diebstahl fanden seiner Fraktion angehörige Dokumente ihren Weg zur Polizei. Wie ich behaupte. Der Edelmut des Herrn Willich besteht nun darin, hinter der richtigen Tatsache ein falsches Bewußtsein auszuwittern. „Herr Marx weiß." Woher weiß Herr Willich, was Herr Marx weiß? Von einigen der fraglichen Dokumente weiß ich, daß sie echt sind. Von keinem derselben weiß ich, daß es sich während der Prozeßverhandlungen als verfälscht oder erfunden auswies. Aber ich hätte „mehr" wissen sollen, da „ein gewisser Blum der in Willichs nächster Umgebung befindliche Berichterstatter von Marx" war. Blum blühte also in der nächsten Umgebung von Willich. Desto weiter ab hielt er sich mir vom Leibe. Was ich von Blum weiß, den ich nie gesprochen, selbst nicht durch die Blume, beschrankt sich darauf, daß Blum ein Russe von Geburt und ein Schuster von Handwerk sein soll, daß er auch als Morrison1 figuriert, auf Willichsche Morrison-Pillen schwört und sich jetzt wahrscheinlich in Australien befindet*3421. Über die Wirksamkeit der Willich-Kinkelschen Missionäre wurde ich von Magdeburg aus benachrichtigt, nicht in London. Das edelmütige Bewußtsein konnte sich daher die jedenfalls schmerzliche Operation ersparen, einen seiner Söhne im Glauben auf bloßen Verdacht hin Öffentlich zu verunglimpfen. Erst lügt mir das edelmütige Bewußtsein einen eingebildeten Berichterstatter an; dann lügt es mir einen wirklichen Brief ab. Es zitiert: „Seite 69 der Enthüllungen, Bemerkung A2, aus dem vorgeschützten Briefe Beckers." Herr Willich ist zu edelmütig, vorauszusetzen, daß „ein Mann von Geist und Charakter", wie Becker, den Geist und Charakter in einem Manne wie Willich verkennen darf. Er verwandelt daher Beckers Brief in einen vorgeschützten und mich in einen Falschmünzer. Aus Edelmut, versteht sich. Der vorgeschützte Brief existiert noch immer im Besitze des Advokaten Schneider II. Ich schickte ihn der Verteidigung zur Zeit des Prozesses nach Köln, weil er jede Teilnahme Beckers an den Willichschen Narrheiten widerlegt. Nicht nur ist der Brief von Becker geschrieben, Kölner und Londoner Poststempel konstatieren sein Datum der Absendung und des Empfangs.
„Vorher aber schrieb Frau Kinkel einen längeren berichtigenden Brief an mich" (Willich); „Becker in Köln übernahm die Besorgung, Er teilte ihr mit, der Brief sei besorgt-, ich habe ihn nie gesehen. Hat ihn Herr Marx, Becker oder die Post bewahrtP"
1 Erfinder der „Morrisonpillen", einem damals bekannten Abführmittel-2 siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 464
Nicht die Post, demonstrierte Willich. Vielleicht Becker? Solange er in Freiheit, fragte kein Willich bei ihm an. Also „Herr Marx". Herr Willich läßt mich, in seiner stillen Weise, die Briefe, die Becker mir nicht schreibt, veröffentlichen und die Briefe, die er mir zur Besorgung anvertraut, unterschlagen. Leider war Becker so freundlich, mich niemals mit Kommission von Episteln, sei es der Frau Johann1, sei es des Herrn Johann Gottfried, zu behelligen; Anfragen an Becker von so gleichgültigem Inhalt steht weder das Gefängnis im Wege noch das schwarze Kabinett[3431. Herr Willich verlügt sich in die schmutzige Insinuation, aus der reinen Absicht zur Tugend anzufeuern und die Wahlverwandtschaft zwischen den Guten, zwischen den Kinkels und den Willichs, als siegreich über jede Scheidungskunst der Bösen darzustellen.
„Die Parteistellung innerhalb des Proletariats zwischen der Partei Marx und Willich-Schapper, nach der Bezeichnung des Herrn Marx, nicht der meinigen."
Das edelmütige Bewußtsein muß die eigene Bescheidenheit durch die fremde Überhebung beweisen. Es verwandelt daher die „Bezeichnung des Kölner Anklageakts" (siehe pag. 6 der „Enthüllungen"2) in „Bezeichnungen des Herrn Marx". Aus Bescheidenheit verwandelt es gleichfalls die Parteistellung innerhalb einer bestimmten geheimen deutschen Gesellschaft13441, von der ich spreche (siehe 1. c.3), in die „Parteistellung innerhalb des Proletariats".
„Als Techow im Herbst 1850 nach London kam, - ließ Marx sich von Dronke schreiben, Techow habe über mich die wegwerfendsten Äußerungen gemacht; der Brief wurde verlesen. Techow kam an, wir sprachen uns als Männer gegeneinander aus, die im Briefe gemachten Mitteilungen waren erfunden!!"
Als Techow nach London kam, ließ ich mir von Dronke schreiben, empfing den Brief, verlas ihn, und dann kam Techow. Die falsche consecutio temporum4 spiegelt die Verlegenheit des edelmütigen Bewußtseins ab, das einen falschen Kausalnexus zwischen mir, Dronkes Brief und Techows Kommen hervorzubringen sucht. In Dronkes Brief5, der übrigens an Engels und nicht an mich adressiert ist, lautet die verbrecherische Stelle wörtlich:
„Heute habe ich Techow etwas umgestimmt, obwohl ich dabei mit ihm und Schily" - Schily befindet sich in diesem Augenblicke in London - „in einen heftigen Disput geriet und er wiederholt die Angriffe auf Sigel als persönlichen Ulk von Willich, dem er beiläufig auch das allergeringste militärische Talent abspricht, erklärte."
1 Anspielung auf Gottfried Kinkel und seine Frau, Johanna Kinkel - 2 siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 412 - 3 Ioco citato (siehe Zitat) - 4 Zeitenfolge - 5 bis heute nicht gefunden
Dronke spricht also nicht von den wegwerfendsten Äußerungen Techows im allgemeinen, sondern seinen wegwerfenden Äußerungen über Herrn Willichs militärisches Talent. Hat Techow daher etwas für erfunden erklärt, so waren es nicht die in Dronkes Briefe gemachten Mitteilungen, sondern die Mitteilungen des edlen Bewußtseins über Dronkes Mitteilungen. Techow hat in London seine Schweizer Auffassung von Herrn Willichs militärischem Talent nicht modifiziert, wenn auch vielleicht andere Anschauungen, die er vom falschen Asketen besaß. Mein Zusammenhang mit Dronkes Brief und Techows Kommen beschränkt sich also darauf, daß ich Dronkes Brief verlas, wie ich als Präsident der Zentralbehörde alle Briefe zu verlesen hatte. So unter andern einen Brief von Karl Bruhn1, worin auch der sich über Willichs militärisches Talent erlustigte. Herr Willich war damals überzeugt, daß ich Bruhn den Brief schreiben ließ. Da Bruhn aber noch nicht wie Techow nach Australien abgereist ist, unterdrückt Herr Willich vorsichtig „diese Probe meiner Taktik*• So hatte ich einen Brief zu verlesen, worin Rothacker1 schreibt:
„Jeder andern Gemeinde aber dieser" (nämlich Willichs) »niemals - will ich angehören." Er erzählt, wie er durch einfache Opposition gegen Willichs Ansichten über „die auffallenden Rüstungen Preußens" das Schicksal sich zuzog, daß einer der Trabanten Willichs seine
„sofortige Ausstoßung aus dem Bunde verlangte und ein anderer eine Kommission ernannt wissen wollte, zu prüfen, wie denn dieser Rothacker in den Bund gekommen wäre, das sei verdächtig". Herr Willich war überzeugt, daß ich Rothacker den Brief schreiben ließ. Da aber Rothacker statt Gold bei Melbourne zu graben, eine Zeitung in Cincinnati herausgibt, fand Herr Willich es wieder passend, die Welt um diese andere „Probe meiner Taktik" zu prellen. Das edelmütige Bewußtsein muß seiner Natur nach überall Freude an sich erleben und sich überall anerkannt finden. Findet es daher seine glückliche Ansicht von sich verneint, spricht Techow ihm das militärische Talent ab oder Rothacker die politische Befähigung oder erklärt Becker es geradezu für „dumm", so sind diese unnatürlichen Erfahrungen aus dem taktischen Gegensatz von Ahriman - Marx und Engels - gegen Ormuzd[345) - Willich pragmatisch zu erklären, und der Edelmut bestätigt sich demgemäß in der niederträchtigsten Beschäftigung, die Geheimnisse dieser eingebildeten Taktik auszuhecken, auszubrüten, auszulügen. Wir sehen, sagt Hegel, wie
* bis heute nicht gefunden
dieses Bewußtsein, statt mit dem Höchsten, mit dem Niedrigsten, nämlich mit sich selbst, beschäftigt ist. „Dies", ruft Herr Willich triumphierend aus, „sind einige Proben der Taktik des Herrn Marx."
„Der erste Widerspruch zwischen Marx, Engels und mir stellte sich heraus, als von den in London anwesenden Männern der Revolution, die einen größern oder geringeren Wirkungskreis gehabt haben, die Einladung zu einer Versammlung an uns gerichtet wurde. Ich wollte darauf eingehen; ich verlangte, daß unsere Parteistellung und Organisation gesichert, aber der Eklat innerer Zerwürfnisse in der Emigration nach außen hin nicht verbreitet werden sollte. Ich wurde niedergestimmt, die Einladung abgelehnt, und Von dem Tage an datieren die ekelhaften Zerwürfnisse in der Londoner Emigration, deren Folgen noch heute da sind, indes jetzt wohl für die öffentliche Meinung alle Bedeutung verloren haben."
Herr Willich als „Parteigänger" im Kriege, findet es auch im Frieden seiner Mission gemäß, von einer Partei zur anderen zu gehen, und es ist völlig der Wahrheit gemäß, daß seine edelmütigen Koalitionsgelüste niedergestimmt wurden. Das Bekenntnis ist um so naiver, als Herr Willich später zu verbreiten suchte, die Emigration habe uns von ihrer Zunftorganisation ausgeschlossen. Hier gesteht er, daß wir die Emigrationszunft von uns ausschlössen. So weit die Tatsache. Nun ihre Verklärung. Das edelmütige Bewußtsein muß nachzuweisen suchen, daß es nur durch Ahriman an dem edlen Werk verhindert wurde, allem Bösen, das über die Emigration gekommen ist, vorzubeugen. Zu diesem Behufe muß es sich wieder dem Lügen ergeben mit evangelistengemäßer Verdrehung der profanen Chronologie (siehe Bruno Bauer „Synoptiker"1346]). Ahriman - Marx, Engels erklärten ihren Austritt aus dem Arbeitervereine der Great Windmill Street und ihre Scheidung von Willich in der Sitzung der Zentralbehörde vom 15. September 1850[347J. Seit diesem Tage zogen sie sich zurück von allen öffentlichen Organisationen, Demonstrationen und Manifestationen. Also seit dem 15. September 1850. Am 14. Juli 1851 wurden „die namhaften Männer aller Fraktionen" zu Bürger Fickler geladen, am 20. Juli 1851 wurde der „Agitationsverein" gestiftet und am 27.Juli 1851 der deutsche „Emigrations-Klub". „Von diesem Tage an", wo die geheimen Wünsche des edelmütigen Bewußtseins sich erfüllten, „datieren die ekelhaften Zerwürfnisse" der „Londoner Emigration", der auf beiden Seiten des Ozeans geführte Kampf zwischen „Emigration" und „Agitation", der große Froschmäuslerkrieg[348] begann.
Wer gibt die Worte mir und wer die Stimme, Das Größte groß und würdig zu berichten? Denn stolzerer Kampf, geführt mit wilderem Grimme,
32 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
Ward seit der Welt Beginn gesehen mitnichten; Die andern Schlachten, wenn auch noch so schlimme, Sind Veilchen nur und Rosen, und mein Dichten Versagt mir, wo Bravour und Ehrenglorie Gleich herrlich strahlt in dieses Kampfs Historie. (Nach Bojardo, „Orlando inam[orato]." Canto27)
Die „Bedeutung dieser ekelhaften Zerwürfnisse" hat in der „öffentlichen Meinung" nie existiert, sondern stets nur in der eigenen Meinung der Froschmäusler. Aber „die Folgen sind noch da". Selbst Herrn Willichs Dasein in Amerika ist eine Folge. Das in der Form der Anleihe*3491 von Amerika nach Europa gewanderte Geld reiste in der Form Willich von Europa nach Amerika zurück. Eins seiner ersten Geschäfte dort war die Bildung eines geheimen Komitees in ..., um den heiligen Gral*3501, das demokratische Gold, dem Gottfried von Bouillon zu sichern und Peter dem Einsiedler1 gegen Arnold Winkelried-Ruge*3511 und Melanchthon-Ronge*3521. Obgleich die „Edlen" sich selbst überlassen und nach dem Ausdrucke von Eduard Meyen alle vereinigt waren „bis hinauf zu Bucher", ging der Scheidungsprozeß nicht nur der Hauptheere untereinander, sondern im Innern jedes Lagers selbst so flott voran, daß der Agitationsverein bald auf ein halbvollzähliges Siebengestirn reduziert war, der Emigrationsklub aber, trotz der Bindekraft des edelmütigen Bewußtseins, auf die Dreieinigkeit Willich, Kinkel und den Gastwirt Schärttner zusammenschmolz. Selbst die dreieinige Anleihe-Regentschaft - so attraktiv war das edelmütige Bewußtsein - verfiel in etwas, was nicht einmal ein Dualismus genannt werden kann, nämlich in Kinkel-Willich. Herr Reichenbach war zu respektabel, um lange der Dritte in solchem Bunde bleiben zu können. Er hat den „persönlichen Charakter" des edelmütigen Bewußtseins praktisch kennengelernt. Unter den Proben, die das edelmütige Bewußtsein von der „Taktik von Marx" gibt, befinden sich auch seine Erlebnisse mit Engels. Ich lege an dieser Stelle einen Brief von Engels selbst ein. „Manchester, den 23. November 1853. In dem Roman, den Herr August Willich in der ,New-Yorker Criminal-Zeitung* (d.d. 28.Oktober und 4. November) zu seiner Rechtfertigung veröffentlicht hat, habe auch ich die Ehre zu figurieren. Ich bin genötigt, ein paar Worte über diese Angelegenheit, soweit sie mich betrifft, zu Protokoll zu geben. Daß Freund Willich, der den reinen Müßiggang mit der reinen Tätigkeit verwechselt, und sich daher ausschließlich mit Freund Willich beschäftigt,
1 Anspielung auf Gottfried Kinkel und August Willich
für alles, was seine Person betrifft, ein vortreffliches Gedächtnis hatte, daß er eine Art Register führte über jede Bemerkung, die selbst im Schoppenstechen der Gesellschaft in Beziehung auf ihn fiel, das war denen längst kein Geheimnis mehr, die sich seines Umgangs erfreuten. Freund Willich wußte aber von jeher sein Gedächtnis und sein Register sehr gut zu benutzen. Eine kleine Verdrehung, einige scheinbar unbeabsichtigte Auslassungen machten ihn, wenn dergleichen Bagatellen wieder zur Sprache kamen, jedesmal zum Helden des dramatischen Ereignisses, zum Mittelpunkt einer Gruppe, eines lebenden Bildes. Im Detail wie im Ganzen des Willichschen Romans dreht sich der Kampf überall und immer um den unbeleckten und deshalb angefeindeten Willich. In jeder einzelnen Episode finden wir am Schluß den braven Willich eine Rede haltend, und die verruchten Gegner geknickt, gebrochen, zertreten, zurücksinkend in das Bewußtsein ihrer Nichtigkeit. Et cependant on vous connait, o chevaliers sans peur et sans reproche!1 In dem Willichschen Roman ist also die Leidensepoche, während deren der Edele so viel Unbill zu erdulden hatte von Marx, Engels und den übrigen Gottlosen, zu gleicher Zeit eine Epoche des Triumphs, worin er jedesmal seine Gegner siegreich niedertritt und jeder neue Triumph alle früheren übergipfelt. Freund Willich schildert sich einerseits als leidenden Christus, der die Sünden von Marx, Engels'& Comp, auf sich nahm, andererseits aber als den Christus, der da kam, zu richten die Lebendigen und die Toten. Es war Freund Willich vorbehalten, zwei so widersprechende Rollen gleichzeitig in einer Person zu vereinigen. Wer diese beiden Phasen gleichzeitig repräsentiert, dem muß man doch wahrlich glauben. Für uns, die wir diese selbstgefälligen Phantasien, womit ein ältlicher Hagestolz seine schlaflosen Nächte ausfüllt, längst auswendig konnten, für uns ist nur das erstaunlich, daß alle die Idiosynkrasien heute noch in derselben unveränderten Form auftauchen wie Anno 1850. Nun zu den Details. Freund Willich, der die Herren Stieber und Konsorten in Agenten einer deutschen ,Bundespolizei* verwandelt, die seit den uralten Demagogengeschichten[353] nicht mehr existiert hat, der eine Menge anderer ebenso wundersamer ,Fakta' erzählt, behauptet auch mit üblicher Genauigkeit, ich habe eine ,Broschüre* über die badische Kampagne von 1849 geschrieben. Freund Willich, der den Teil meiner Arbeit, worin er vorkommt, mit seltener Gründlichkeit studiert hat, weiß sehr wohl, daß ich nie eine derartige »Broschüre vom Stapel ließ. Was ich schrieb, war eine Reihe von Artikeln über die Reichsverfassungskampagne in der Revue ,Neue Rheinische Zeitung', Hamburg
1 Und trotzdem kennt man euch, ihr Ritter ohne Furcht und Tadel!
und New York 1850, in deren einem ich meine Erfahrungen während der pfälzisch-badischen Kampagne13541 veröffentlichte. In diesem Artikel figuriert natürlich auch Freund Willich, und wie er sagt, war dieser Artikel für ihn ,sehr anerkennend', brachte ihn aber sogleich in Konflikte mit seiner habituellen Bescheidenheit, indem er ihn gleichsam zum »Konkurrenten der andern so vielen großen Staatsmänner, Diktatoren und Feldherrn1 machte. Und worin bestand die große »Anerkennung* meinerseits, die jetzt dem edlen Herzen Willichs so wohltut? Darin, daß ich den Herrn Willich als einen unter Umständen recht brauchbaren Bataillonschef .anerkannte*, der in den zwanziger Jahren, wo er preußischer Lieutenant war, sich die dazu nötigen Kenntnisse erworben; der für den kleinen und speziell für den Parteigängerkrieg nicht ohne Anlagen war, und der endlich den Vorteil hatte, daß er als Führer eines Freikorps von 600-700 Mann sich ganz an seinem Platze befand, während die Mehrzahl der höheren Offiziere in jener Kampagne aus Subjekten bestand, die entweder gar keine oder doch eine ihrer Stellung durchaus unangemessene militärische Bildung besaßen. Zu sagen, daß Herr Willich 700 Mann besser führen konnte als der erste beste Student, Unteroffizier, Schulmeister und Schuster, ist allerdings ,sehr anerkennend* für einen preußischen Lieutenant, der 20 Jahre Zeit zur Vorbereitung hatte! Dans leroyaume des aveugles le borgne est roi.1 Und daß er in seiner untergeordneten Position weniger Verantwortlichkeit trug, also weniger Fehler machen konnte als ,seine Konkurrenten1, die Divisionäre oder Obergenerale waren, versteht sich doch von selbst. Wer weiß, ob Sigel, der als ,Obergeneral* nicht am Platze war, als einfacher Bataillonschef nicht auch etwas geleistet hätte? Und nun die wehmütige Klage des bescheidenen Willich, der inzwischen kraft einiger amerikanischer Zeitungen auf dem Anciennitätswege zum »General* avanciert ist, wahrscheinlich durch meine Schuld - als hätte meine »Anerkennung* ihn in Gefahr gebracht, auch General in partibus[581 zu werden, und nicht nur General, sondern Feldherr, Staatsmann, ja - Diktator/ Freund Willich muß sich sonderbare Vorstellungen von den brillanten Belohnungen gemacht haben, die die Kommunistische Partei in petto habe für einen passablen Bataillons- und Freischarenchef, der sich ihr anschließt. In dem angeführten Artikel sprach ich von Willich nur als Militär, weil er nur als solcher das Publikum interessieren konnte, denn ,Staatsmann ist er ja erst seitdem geworden. Hätte ich die Malice gegen ihn besessen, von der er glaubt, sie besitze mich und meine Freunde, hätte ich ein Interesse daran gehabt, ein persönliches Charakterbild von ihm zu geben, was für Geschichten
1 Im Reiche der Blinden ist der Einäugige König.
wären zu erzählen! Hätte ich mich selbst auf die nur heitere Seite beschränkt, wie würde ich die Geschichte mit dem Apfelbaum weggelassen haben, unter dem lieber zu sterben während Absingung eines Liedes, als den deutschen Boden nochmals zu verlassen, er und seine Besan^ons13551 einen leiblichen Eid geschworen hatten. Wie hätte ich nicht die Komödie an der Grenze erzählt, wo Freund Willich tat, als sollte dies nun in Erfüllung gehen; wo einige Biedermänner zu mir kamen, um mich ganz ernsthaft zu bewegen, den braven Willich von seinem Entschluß abzubringen; wo endlich Willich dem vereinigten Korps die Frage stellt, ob sie nicht lieber auf deutschem Boden sterben als ins Exil zurückgehen wollten, wo nach langem allgemeinen Schweigen ein einziger todesverachtender Besan^on ausrief: »Hierbleiben!* und wo zum Schluß die ganze Gesellschaft mit großem Vergnügen und mit Waffen und Bagage nach der Schweiz übertrat. Welche Episode hätte nicht die spätere Geschichte der Bagage selbst gebildet, heute nicht ohne Wert, wo Willich selbst die halbe Welt auffordert, über seinen »Charakter4 sich zu erklären. Wer übrigens weitere Details über diese und andere Abenteuer wünscht, braucht sich nur an einen seiner 300 Spartaner zu wenden, die damals kein Thermopyläl35ß] finden konnten. Sie waren stets bereit, hinter dem Rücken des persönlichen Charakters die größten Skandale zu erzählen. Ich habe Zeugen in Menge. Über die Geschichte wegen meiner »Courage* werde ich kein Wort verlieren. Ich habe zu meiner damaligen Verwunderung in Baden gefunden, daß die Courage eine der allerordinärsten Eigenschaften ist, nicht der Mühe wert, davon zu reden; daß aber die bloße rohe Courage nicht mehr wert ist als der bloße gute Wille, und es deshalb sehr häufig vorkommt, daß jeder Einzelne ein Held an Courage ist und das ganze Bataillon doch ausreißt wie Ein Mann. Ein Exempel bietet die Expedition des Willichschen Korps nach Karlsdorf, die in meiner Erzählung der Reichsverfassungskampagne1 des breiteren mitgeteilt ist. Bei dieser Gelegenheit, nämlich in der Neujahrsnacht 1850, behauptet Willich, mir eine siegreiche moralische Predigt gehalten zu haben. Da ich nicht gewohnt bin, Buch darüber zu führen, wie ich aus einem Jahr in das andere komme, kann ich für das Datum nicht einstehen. Die Predigt, die Willich abdrucken läßt, hat er so nie gehalten. Im Flüchtlingskomitee13571, heißt es, habe ich mit mehreren anderen mich »unwürdig* gegen den großen Mann benommen. Shocking!2 Aber wo waren die siegreichen sittlichen Argumente denn damals, wenn Willich, der
1 Siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 175/176 - 2 Schrecklich!
Zertreter der Gottlosen, sich plötzlich machtlos gegen bloßes ,unwürdiges Benehmen* fand. Man wird nicht verlangen, daß ich ernsthaft auf dergleichen Albernheiten eingehen soll. In der Sitzung der Zentralbehörde, wo es zwischen Schramm und Willich zur Forderung13581 kam, soll ich das Verbrechen begangen haben, mit Schramm kurz vor der Szene das ,Zimmer verlassen', also die ganze Szene vorbereitet zu haben. Früher war es Marx, der Schramm »gehetzt* haben sollte, jetzt, zur Abwechslung bin ich es. Ein Duell zwischen einem alten auf Pistolen eingeschossenen preußischen Lieutenant und einem Commer^ant1, der vielleicht nie eine Pistole in der Hand gehabt, war wahrlich eine famose Maßregel, um den Lieutenant ,aus dem Wege zu räumen*. Trotzdem erzählte Freund Willich überall, mündlich und schriftlich, wir hätten ihn erschießen lassen wollen. Es ist wohl möglich - ich führe kein Buch darüber, wenn gewisse Bedürfnisse mich nötigen, das Zimmer zu verlassen daß ich mit Schramm zugleich das Zimmer verließ; aber es ist nicht wahrscheinlich, da ich aus den bei mir deponierten Sitzungsprotokollen der damaligen Zentralbehörde ersehe, daß Schramm und ich an jenem Abend abwechselnd das Protokoll führten. Schramm war einfach wütend über Willichs schamloses Auftreten, und uns allen zur größten Überraschung zwang er ihn zum Duell. Schramm selbst hatte einige Minuten vorher keine Ahnung, daß es dazu kommen werde. Nie war eine Handlung spontaner. Willich erzählt hier wieder, er habe eine Rede gehalten: ,Du, Schramm, verläßt das Zimmer!* In der Wirklichkeit appellierte Willich an die Zentralbehörde, Schramm auszuweisen. Die Zentralbehörde ignorierte sein Begehren, und Schramm entfernte sich nur auf persönliches Zureden von Marx, der weiteren Skandal vermeiden wollte. Auf meiner Seite steht das Protokollbuch, auf der des Herrn Willich sein persönlicher Charakter. Friedrich Engels"
Herr Willich erzählt weiter, wie er das „unwürdige Benehmen" des Flüchtlingskomitees im Arbeiterverein erzählt und einen Antrag darauf begründet hat.
„Als", berichtet das edle Bewußtsein, „als die Entrüstung gegen Marx und Clique auf das höchste stieg, stimmte ich für die Behandlung der Sache in der Zentralbehörde, Dies fand statt."
1 Kaufmann
Was fand statt? Willichs Stimmen oder die Behandlung in der Zentralbehörde? Welche Großmut! Seine Gebieterstimme entreißt seine Feinde der aufs höchste gestiegenen Entrüstung des Volks. Herr Willich vergißt den Umstand, daß die Zentralbehörde die geheime Behörde einer geheimen Gesellschaft, der Arbeiterverein aber eine öffentliche exoterische Gesellschaft war. Er vergißt, daß die Behandlung der Sache in der Zentralbehörde im Arbeiterverein daher nicht zum Stimmen gebracht werden und so die Samariterszene, als deren Held er figuriert, nicht vorfallen konnte. Freund Schapper wird ihm sein Gedächtnis erfrischen helfen. Von dem öffentlichen Arbeiterverein führt uns Herr Willich in die geheime Zentralbehörde und aus der Zentralbehörde nach Antwerpen zum Duell, seinem Duelle mit Schramm:
„Schramm kam nach Ostende in Begleitung eines ehemaligen russischen Offiziers, der in der ungarischen Revolution nach seiner Aussage zu den Ungarn übergegangen war und nach dem Duell spurlos verschwand
Dieser „ehemalige russische Offizier" ist niemand anders als Heinrich Lud" u)ig Miskoiosky.
„This is", heißt es in einem der Zeugnisse des ehemaligen russischen Offiziers, „this is to testify, that the bearer Henri Lewis Miskowsky, a Polish gentleman, has served during the lateHungarian war 1848-1849 as officer in the 46th.bataillon of the Hungarian Honveds, and that he behaved as such praiseworthy and gallantly. London, November 12. 1853. L.Kossuth, late governor of Hungary."1 Verlogenes edelmütiges Bewußtsein! Aber der Zweck ist edeL Der Gegensatz des Guten und Bösen muß im stechenden Kontrast als lebendes Bild vorgeführt werden. Welch* künstlerische Gruppe! Auf der einen Seite der Edle, umgeben
„von Techow, jetzt in Australien, Vidil, französischem Husarenrittmeister, der damals im Exil, jetzt Gefangener in Algier, und Barthelemy, durch die französischen Blätter als einer der entschiedensten Revolutionäre bekannt".
Kurz, Willich in eigener Person, umgeben von den Blüten zweier Revolutionen, auf der einen Seite. Auf der andern Schramm, das Laster, verwaist [bis] auf einen „ehemaligen russischen Offizier", dessen Teilnahme an der
1 „Hierdurch wird bestätigt, daß der Inhaber dieses, der Pole Herr Heinrich Ludwig Miskowsky, während des letzten ungarischen Krieges von 1848/49 als Offizier im 46.HonoedBataillon gedient und sich ausgezeichnet und tapfer verhalten hat. L.Kossuth London, 12. November 1853 ehemaliger Regent von Ungarn*4
ungarischen Revolution nicht wirklich, sondern nur „nach seiner Aussage" stattfindet und der gar „nach dem Duell spurlos verschwindet", also am Ende der Teufel selber war. In malerischer Ausführung steigt die Tugend in dem „ersten Hotel" Ostendes ab, wo ein „preußischer Prinz" logiert, während das Laster mit dem russischen Offizier „in einem Privathause wohnte". Ganz scheint der russische Offizier nicht „nach dem Duelle verschwunden" zu sein, da nach Herrn Willichs fernerer Erzählung „Schramm mit dem russischen Offizier an dem Bach zurückblieb". Der russische Offizier ist auch nicht, wie der Edelmut hofft, aus der Welt verschwunden, wie nachstehende Erklärung beweist:
„London, den 24. Nov. 1853. Unter dem 28. Okt. befindet sich ein Artikel in der »Criminal-Zeitung* von Herrn Willich, in welchem er unter andern das mit Schramm in Antwerpen gehabte Duell 1850 beschreibt. Ich bedaure, daß die Beschreibung desselben nicht in allen Punkten wahrhaft der Öffentlichkeit übergeben worden ist. Es heißt: ,Es wurde das Duell arrangiert etc.; Schramm kam in Begleitung eines ehemaligen russischen Offiziers etc., der etc. verschwand/ Dieses ist eine Unwahrheit. Ich diente niemals Rußland, und so wie ich konnten alle anderen polnischen Offiziere in Ungarns Freiheitskampf russische genannt werden. Ich diente in Ungarn von Anfang des Kriegs von 1848, bis 1849 das Ende bei Villagos erfolgte. Ich bin auch nicht spurlos verschwunden. Nachdem Schramms Schuß fehlte, den er aus dem Lager mit Va Schritt Position auf Willich abschoß, Willich auf Schramm von seinem Standpunkte aus feuerte und seine Kugel Schramms Kopf unbedeutend verletzte, blieb ich bei Schramm zurück, Weil wir keinen Doktor hatten (Herr Willich hatte das Duell arrangiert), wusch ihm seine Wunde und verband dieselbe ohne Rücksicht auf sieben Menschen, die in unserer Nähe Heu machten, das Duell mit ansahen und für mich gefährlich werden konnten. Willich und seine genannten Begleiter entfernten sich eiligst vom Platze, und Schramm sowie ich blieben ruhig stehen, denselben nachsehend. Bald waren sie aus den Augen. Noch muß ich bemerken, daß Willich mit seinen Begleitern bereits auf dem Kampfplatz war, als wir daselbst ankamen, daß sie die Mensur abgesteckt hatten, in welcher Willich seine Stellung so eingenommen hatte, daß er im Dunkeln stand. Ich machte Schramm darauf aufmerksam, er sagte: Laß es gehen. Schramm war mutig, unerschrocken und ganz gleichgültig. Daß ich gezwungen in Belgien zurückblieb, ist den betreffenden Personen nicht unbekannt geblieben. Auf die weitern Umstände dieses in seiner Form so eigentümlichen Duells will ich nicht weiter eingehen.
Heinrich Ludwig Miskowsky"
Das Räderwerk des edelmütigen Bewußtseins ist aufgezogen. Elen hat es den russischen Offizier gehirnspinstet, um ihn dann spurlos verschwinden zu lassen. An seiner Stelle muß ich nun notwendig als Samiel[359J auf dem Kampfplatze erscheinen, wenn auch in unleiblicher Gestalt.
„Andern Morgens früh" (nach Herrn Willichs Eintreffen in Ostende) „zeigte er" (ein befreundeter französischer Bürger) „uns den »Pr^curseur de Bruxelles4, in welchem Blatte sich eine Privatkorrespondenz mit folgender Stelle fand: Mehrere deutsche Flüchtlinge sind in Brighton angekommen. Man schreibt uns aus dieser Stadt: LedruRollin und die französischen Flüchtlinge aus London werden in diesen Tagen einen Kongreß in Ostende mit den belgischen Demokraten abhalten/ Wer kann auf die Ehre Anspruch machen, diese Idee seine eigene zu nennen? Von einem Franzosen war sie nicht*380!, dafür war sie zu ä propos1. Diese Ehre bleibt ungeschmälert Herrn Marx; denn wenn es auch einer seiner Freunde besorgt haben mag - der Kopf ist der Ideenfinder, nicht die Hand." „Ein befreundeter französischer Bürger" zeigt Herrn Willich und Comp, den „Pr6curseur de Bruxelles". Er zeigt ihnen, was nicht existiert. Ein „Precurseur d'Anvers"[3611 existiert allerdings. Das systematische Verfälschen und Umlügen der Topographie und Chronologie bildet eine wesentliche Funktion des edelmütigen Bewußtseins. Ideale Zeit und idealer Raum sind der entsprechende Rahmen seiner idealen Erzeugnisse. Um zu beweisen, daß diese Idee, nämlich der Artikel in dem.„Precurseur de Bruxelles", „von" Marx „war", versichert Herr Willich: „von einem Franzosen war sie nicht". Diese Idee war nicht von! „Dafür war sie zu ä propos." Mon dieu2, eine Idee, die Herr Willich selbst nur französisch ausdrücken kann, sollte nicht von einem Franzosen sein? Aber wie kommt der Franzose überhaupt hereingeschneit, edelmütiges Bewußtsein? Was hat der Franzose zu tun mit Willich und Schramm und dem ehemaligen russischen Offizier und dem „Pr^curseur de Bruxelles"? Der Gedankensprecher des edelmütigen Bewußtseins wird unzeitig laut und verrät, daß es a propos findet, ein notwendiges Zwischenglied wegzueskamotieren. Flicken wir das Glied wieder an. Bevor Schramm Herrn Willich zum Duell provoziert hatte, hatte der Franzose Barthelemy ein Duell mit dem Franzosen Songeon verabredet, das in Belgien stattfinden sollte. Barthelemy erkor sich Willich und Vidil zu Sekundanten. Songeon war nach Belgien abgereist. Der Inzident mit Schramm kam dazwischen. Beide Duelle sollten nun an einem Tage stattfinden. Songeon stellte sich nicht. Barthelemy, bei seiner Rückkehr nach London, behauptete öffentlich: Songeon habe den Artikel im „Pr^curseur d'Anvers" veranlaßt. Lange schwankte das edelmütige Bewußtsein, bis es die Idee von Barthelemy auf sich und von Songeon auf mich übertrug. Ursprünglich, wie Techow selbst [nach] seiner Rückkunft nach London mir und Engels erzählte, war es fest überzeugt, daß ich durch Schramms Vermittlung das Edle aus der Welt
1 hier: passend - 2 Mein Gott
zu schaffen beabsichtigte, und es schrieb diese Idee in alle Welt. Bei näherem Nachdenken fand es indes, daß ein diabolischer Taktiker unmöglich auf den Einfall kommen konnte, Herrn Willich durch ein Duell mit Schramm zu beseitigen. Also griff es nach der Idee, „die von einem Franzosen war". These: „Diese Ehre bleibt ungeschmälert Herrn Marx." Beweis: „Denn wenn es" (die Idee ist natürlich dem Sittenreinen nicht weiblich, sondern geschlechtslos) „auch einer seiner Freunde besorgt haben mag" (eine Idee besorgenI) - „der Kopf ist der Ideenfinder, nicht die Hand." „Denn wenn!" Großes „denn wenn 7 Um zu beweisen, daß Marx „es" erfunden hat, unterstellt Herr Willich, daß ein Freund von Marx „es" besorgt hat oder vielmehr „besorgt haben mag". Quod erat demonstrandum.1
»Wenn \ sagt das edelmütige Bewußtsein, „wenn es feststeht, daß Szemere, der Freund von Marx, die Krone Ungarns an die östreichische Regierung verraten, so würde das ein treffender Beleg etc. sein." Es steht nun zwar das Gegenteil fest. Doch das gehört nicht zur Sache. Wenn Szemere einen Verrat begangen hätte, so würde das für Herrn Willich ein „treffender" Beleg sein, daß Marx den Artikel im „Precurseur de Bruxelles" besorgt hat. Wenn aber auch der Vordersatz nicht feststeht, so steht doch der Nachsatz fest, und es steht fest, daß, wenn Szemere die Krone des heiligen Stephan2, Marx den heiligen Stephan selbst verraten hat. Nachdem der russische Offizier spurlos verschwunden ist, taucht Herr Willich wieder auf; und zwar im „Arbeiterverein in London", wo
„die Arbeiter Herrn Marx einstimmig verurteilten" und „am Tage nach dem Austritt aus dem Verein in einer Generalversammlung des Londoner Kreises einstimmig aus dem Bund ausschlössen". Vorher aber „faßte Marx mit der Majorität der Zentralbehörde den Entschluß, dieselbe von London zu verlegen" und trotz Schappers wohlgemeinten Remonstrationen einen Kreis für sich zu bilden. Nach den Statuten der geheimen Gesellschaft hatte die Majorität das Recht, die Zentralbehörde nach Köln zu verlegen und provisorisch den ganzen Willichschen Kreis auszuschließen, der ihr gegenüber beschlußunfähig war. Auffallend bleibt, daß das edelmütige Bewußtsein mit seiner Vorliebe für kleine dramatische Szenen, worin Herr Willich eine große rhetorische Rolle spielt, diesmal die Katastrophe selbst, die Scheidungsszene,
1 Was zu beweisen war. - 2 die ungarischen Reichsinsignien, benannt nach Stephan I., König von Ungarn
unbenutzt vorübergehen läßt. Die Versuchung war groß, aber leider existiert das trockene Protokoll und weist nach, daß der triumphierende Christus stundenlang den Anklagen der Bösen stumm und verlegen gegenüber saß, dann plötzlich ausriß, Freund Schapper im Stiche ließ und die Sprache erst wieder fand im „Kreise" der Gläubigen. En passant: Während Herr W. in Amerika die Herrlichkeiten des „durch Achtung und Vertrauen mit ihm verbundenen Arbeitervereins" verkündet, hat selbst Herr Schapper es für nötig erachtet, vorläufig aus dem Verein des Herrn Willich zurückzutreten. Das edelmütige Bewußtsein erhebt sich für einen Moment aus der Sphäre des ihm eigentümlichen „taktischen" Prozesses zur Theorie. Indes nur zum Schein. In der Tat fährt es fort, „Proben von der Taktik des Herrn Marx" zu geben. Pag.8 der „Enthüllungen" heißt es: „Die Partei Schapper-Willich" (Herr Willich zitiert Willich-Schapper) „hat nie auf die Ehre Anspruch gemacht, eigne Ideen zu besitzen. Was ihr gehört, ist das eigentümliche Mißverständnis fremder Ideen."1 Um dem Publikum seinen Vorrat an eignen Ideen zu beweisen, teilt Herr W. als seine neueste Entdeckung mit, und zwar als eine Widerlegung der Ansichten von Engels und mir, „welche Institutionen" 2 das Kleinbürgertum, käme es zur Herrschaft, „treffen" würde. In einem von Engels und mir verfaßten Rundschreiben13621, das die sächsische Polizei bei Bürgers abfaßte, das in den gelesensten deutschen Zeitungen erschien und die Grundlage des Kölner Anklageakts bildet, befindet sich eine längere Ausführung über die frommen Wünsche des deutschen Kleinbürgertums. Dies der Text der Willichschen Predigt. Der Leser vergleiche Original und Kopie. Wie human von der Tugend, das Laster abzuschreiben, wenn auch mit dem „eigentümlichen Mißverständnis". Für den verschlechterten Stil entschädigt die verbesserte Gesinnung. Pag. 64 der „Enthüllungen" heißt es, daß der Bund der Kommunisten in meiner Ansicht „die Bildung nicht der Regierungs-, sondern der Oppositionspartei der Zukunft bezweckt".3 Herr Willich ist edel, den vorderen Teil „nicht der Regierungs-" wegzuschwindeln, um sich an dasHinterteil „der Oppositionspartei der Zukunft" festzuklammern. Aus dieser sinnigen Halbierung des Satzes beweist er, daß die Partei der Stellenjäger die wahre Partei der Revolution ist. Die sonstige „eigene" Idee, die Herr Willich produziert, besteht darin, daß der praktische Gegensatz zwischen dem edelmütigen Bewußtsein und seinen Gegnern auch theoretisch ausgedrückt werden kann als „eine Scheidung der Menschheit in zwei Gattungen", die Willichs und die Anti-Willichs, die
1 Siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 413 - 2 hier im Sinne von Anordnungen, Maßnahmen - 3 siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 461
Gattung der Edlen und die Gattung der Unedlen. Von der Gattung der Edlen erfahren wir, daß ihr Hauptkennzeichen darin besteht, „daß sie sich aner~ kennen". Langweiligsein ist das Privilegium des edelmütigen Bewußtseins, wo es aufhört, durch Proben von der Taktik zu kurzweilen. Wir haben gesehen, wie das edelmütige Bewußtsein Tatsachen umlügt oder zurechtlügt oder lächerlichen Hypothesen den Rang von ernsten Thesen anweist - alles um den Gegensatz gegen es selbst tatsächlich als das Unedle, das Niederträchtige zu konstatieren. Wir haben gesehen, wie daher seine ganze Tätigkeit ausschließlich in der Erfindung des Niederträchtigen besteht. Die umgekehrte Seite dieser Tätigkeit ist, daß es die tatsächlichen Verwickelungen, worin es selbst mit der Welt gerät, mögen sie noch so kompromittierend erscheinen, in tatsächliche Beweise des eignen Edelmuts verwandelt. Dem Reinen ist alles rein, und der Gegner, der den Edelmut an seinen Taten mißt, beweist eben dadurch, daß er der Unreine ist. Das edelmütige Bewußtsein hat sich daher nicht zu rechtfertigen, sondern nur seine sittliche Entrüstung und sein Erstaunen über den Gegner kundzugeben, der es zur Rechtfertigung zwingt. Die Episode daher, worin Herr Willich sich zu rechtfertigen vorgibt, hätte ebensogut ganz wegfallen können, wie jeder sich überzeugen wird, der meine „Enthüllungen", Hirschs Selbstbekenntnisse und Herrn Willichs Antwort vergleicht. Ich hebe daher nur an einigen Beispielen die Männer des edelmütigen Bewußtseins hervor. Herr Willich war weniger kompromittiert durch meine „Enthüllungen" als durch Hirschs Selbstbekenntnisse, obgleich sie ursprünglich bestimmt waren, ihn als den Erlöser der eignen Feinde zu verherrlichen. Er vermeidet es daher sorgfältig, auf Hirschs Selbstbekenntnisse einzugehen. Er vermeidet, sie auch nur zu erwähnen. Hirsch ist das notorische Werkzeug der preußischen Polizei gegen die Partei, der ich angehöre. Der Tatsache stellt Herr Willich die Vermutung gegenüber, daß Hirsch eigentlich von mir bestimmt war, die Partei Willich zu „sprengen".
„Sehr bald intrigierten er" (Hirsch) „mit einigen Anhängern von Marx, namentlich einem gewissen Lochner, um den Verein zu sprengen. Infolgedessen wurde er beobachtet. Er wurde ertappt etc. Er wurde auf meinen Antrag ausgestoßen; Lochner trat für ihn auf und wurde ebenfalls ausgestoßen... Hirsch intrigierte nun namentlich gegen O. Dietz... Die Intrige wurde augenblicklich wieder aufgedeckt." Daß Hirsch auf Antrag des Herrn Willich als Spion aus dem Arbeiterverein der Great Windmill Street ausgestoßen wurde, berichte ich selbst in den „Enthüllungen" pag.671. Diese Ausstoßung war ohne alles Gewicht für
1 Siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 463/464
mich, da ich erfuhr, was Herr Willich jetzt selbst bestätigt, daß sie nicht auf den Grund erwiesener Tatsachen erfolgte, sondern auf den Verdacht eingebildeter Intrigen Hirschs mit mir. Von diesem Verbrechen wußte ich Hirsch frei. Was Lochner betrifft, so verlangte er Beweise für Hirschs Schuld. Herr Willich antwortete, daß Hirschs Subsistenzquellen unbekannt seien. Und die Subsistenzquellen des Herrn Willich? fragte Lochner. Wegen dieser „unwürdigen" Äußerung ward Lochner vor ein Ehrengericht zitiert, und da er die Sünde trotz allen geistlichen Zuspruchs nicht bereuen wollte, „ausgestoßen". Nachdem Hirsch ausgestoßen, nachdem Lochner ihm nachgesandt war, intrigiert Hirsch
„nun namentlich gegen O.Dietz mit einem sehr verdächtigen ehemaligen Polizeidiener, der Dietz bei uns denunzierte".
Stechan, einem hannoverschen Gefängnisse entsprungen, kam nach London, trat in den Willichschen Arbeiterverein und denunzierte den O.Dietz. Stechan war weder „verdächtig", noch „ehemaliger sächsischer Polizeidiener". Was ihn zur Denunziation des O.Dietz bestimmte, war der Umstand, daß der Instruktionsrichter ihm mehrere seiner an Dietz, den Sekretär des Willichschen Komitees*3633, nach London gerichteten Briefe in Hannover vorzeigte. Ungefähr gleichzeitig mit Stechan hatte Lochner sich eingefunden, Eccarius 11, eben aus der Gefängnishaft in Hannover entlassen, und ausgewiesen, Gimpel, wegen seiner Beteiligung an den schleswig-holsteinschen Angelegenheiten steckbrieflich verfolgt, und Hirsch, der 1848 wegen eines revolutionären Gedichts in Hamburg gesessen hatte und sich für abermals verfolgt ausgab. Sie bildeten mit Stechan zusammen eine Art Opposition und begingen die Sünde gegen den heiligen Geist, die Glaubenslehre des Herrn Willich in den öffentlichen Diskussionen des Vereins zu bekämpfen. Ihnen allen fiel auf, daß Stechans Denunziation gegen Dietz mit der Ausstoßung Hirschs durch Willich beantwortet wurde. Bald waren sie sämtlich aus dem Arbeiterverein ausgetreten und bildeten eine Zeitlang mit Stechan einen Verein für sich. Mit mir traten sie erst in Berührung nach ihrem Austritt aus dem Vereine des Herrn Willich. Das edelmütige Bewußtsein verrät seine Lüge durch die Verkehrung der Zeitverhältnisse und das Weglassen Stechans, des notwendigen, aber lästigen Mittelgliedes. Ich sage pag. 66 der „Enthüllungen'; „Nicht lange vor den Kölner Assisenverhandlungen schickten Kinkel und Willich einen Schneidergesellen1 als Emissär nach Deutschland2 etc.".
1 August Gebert - 2 siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 462
„Warum", ruft das edelmütige Bewußtsein entrüstet aus, „warum hebt Herr Marx den Schneidergesellen hervor?"
Ich hebe den Schneidergesellen nicht „hervor", wie z.B. der Edle bei Pieper „den Privatlehrer bei Rothschild" hervorhebt, obgleich Pieper seine Stelle bei Rothschild infolge des Kölner Kommunistenprozesses verlor und statt dessen die Mitredaktion am Organ der englischen Chartisten1 gewann. Ich nenne den Schneidergesellen einen Schneidergesellen. Warum? Weil ich seinen Namen verschweigen und doch Herrn Kinkel-Willich beweisen mußte, daß ich genau mit den Personalien ihres Emissärs bekannt war. Der Edelmut bezichtigt mich daher eines Hochverrats an sämtlichen Schneidergesellen und sucht ihre Stimmen durch eine pindarische Ode auf die Schneidergesellen zu sichern. Aus Schonung für den guten Ruf der Schneidergesellen verschweigt er großmütig, daß Eccarius, den er als einen der ausgestoßenen Böcke bezeichnet, ein Schneidergeselle ist, was den Eccarius bisher nicht daran verhindert hat, einer der größten Denker des deutschen Proletariats zu sein und durch seine englischen Artikel im „Red Republican"t364], in den „Notes to the People"[365] und in den „People's Paper" sich eine Autorität unter den Chartisten selbst zu erobern. In dieser Weise widerlegt Herr Willich meine Enthüllungen über die Tätigkeit des von ihm und Kinkel nach Deutschland gesandten Schneidergesellen. Nun zum Kasus Hentze. Das edelmütige Bewußtsein sucht durch einen Ausfall auf mich seine eigene Position zu decken.
„Unter andern hat er" (Hentze) »Marx 300 Taler geborgt." Im Mai 1849 setzte ich Herrn Rempel die finanziellen Schwierigkeiten der „Neuen Rheinischen Zeitung"[100] auseinander, die mit der Zunahme der Abonnentenzahl zunahmen, da die Auslagen bar, die Einnahmen aber nur nachträglich zu erheben waren, und zudem bedeutende Ausfälle veranlaßt wurden durch die Desertion fast sämtlicher Aktionäre infolge der Artikel für die Pariser Juniinsurgenten und gegen die Frankfurter Parlamentler, die Berliner Vereinbarer und die Märzvereinler[366]. Herr Rempel wies mich an Hentze, und Hentze schoß der „Neuen Rheinischen Zeitung", gegen meine schriftliche Obligation, 300 Taler vor. Hentze, damals selbst von der Polizei verfolgt, fand es nötig, Hamm zu,verlassen und reiste mit mir nach Köln, wo mich die Nachricht von meiner Expulsion aus Preußen empfing. Die 300 mir von Hentze geborgten Taler, 1500 Taler Abonnentengelder, die ich von der preußischen Post erhielt, die mir gehörige Schnellpresse etc. wurden samt
1 „The People's Paper"
lieh zur Liquidation der Schulden der „Neuen Rheinischen Zeitung" an Setzer, Drucker, Papierhändler, Kontoristen, Korrespondenten, Redaktionspersonal etc. verwandt. Niemand weiß dies besser als Herr Hentze, da er selbst meiner Frau eine Reisetasche borgte, um ihr Silber zu verpacken, nach Frankfurt ins Pfandhaus zu bringen und so die Mittel für unsere Privatbedürfnisse zu beschaffen. Die Rechnungsbücher der „Neuen Rheinischen Zeitung" liegen zu Köln bei dem Kaufmann Stephan Naut, und ich ermächtige das edelmütige Bewußtsein, sich dort einen amtlich beglaubigten Auszug ausfertigen zu lassen. Nach dieser Abschweifung zur Sache. Die „Enthüllungen" finden es keineswegs unklar, daß Herr Willich Hentzes Freund war und Unterstützung von ihm empfing. Sie finden es unklar (pag. 651), daß Hentze, bei dem selbst eine Haussuchung stattfand und Papiere saisiert wurden, der überwiesen war, den Schimmelpfennig in Berlin auf einer geheimen Mission beherbergt zu haben, und der Mitwisserschaft am Bunde „geständig" war, daß dieser Hentze während der Epoche, wo der Kölner Prozeß zur Entscheidung drängte, wo die Aufmerksamkeit der preußischen Polizei aufs höchste gespannt und jeder halbverdächtige Deutsche in Deutschland und in England aufs strengste überwacht war, die obrigkeitliche Erlaubnis erhielt, nach London zu reisen und dort ungeniert mit Willich zu verkehren, dann aber in Köln eintraf, um gegen Becker „falsche Aussagen" zu machen. Die bestimmte Zeitepoche gibt dem Verhältnis des Herrn Hentze und Willich den bestimmten Charakter, und die erwähnten Umstände mußten Herrn Willich selbst befremden, obwohl er nicht wußte, daß Hentze von London aus mit der preußischen Polizei telegraphierte. Es handelte sich um die Zeitepoche. Herr Willich fühlt dies richtig heraus und erklärt daher in seiner edlen Art:
„Er" (Hentze) „kam vor dem Prozeß nach London" (dies behaupte ich auch); „nicht zu mir, sondern zur Industrieausstellung."
Das edelmütige Bewußtsein hat seine eigene Industrieausstellung wie seinen eigenen „Precurseur de Bruxelles". Die wirkliche Londoner Industrieausstellung wurde Oktober 1851 geschlossen; Herr Willich läßt den Hentze im August 1852 „zu ihr" reisen. Diesen Umstand können Schily, Heise und die übrigen Garanten der Kinkel-Willichschen Anleihe bezeugen, denen Herr Hentze einzeln seine Aufwartung machte, um ihre Stimmen für die Übersiedlung der amerikanischen Gelder von London nach Berlin zu gewinnen.
1 Siehe Band 8 unserer Ausgabe, S, 462
Als Herr Hentze bei Herrn Willich verweilte, war er längst als Zeuge, nicht von der Verteidigung, sondern von der Anklage, zu den Kölner Gerichtsverhandlungen vorgeladen. Sobald wir erfuhren, Herr Willich habe Hentze instruiert, vor den Kölner Assisen gegen Becker, „den Mann von Geist und Charakter" auszusagen (pag.68 der „Enthüllungen"1), wurde sofort an Advokaten Schneider II, Beckers Verteidiger, die nötige Mitteilung gemacht; der Brief traf ein am Tage des Zeugenverhörs von Hentze, die Art seiner Aussage stimmte mit unsrer Vorhersage, Becker und Schneider interpellierten ihn daher öffentlich über sein Verhältnis zu Herrn Willich. Der Brief befindet sich in den Verteidigungsakten zu Köln, der Bericht über Hentzes Verhör in der „Kölnischen Zeitung"[183]. Ich räsoniere nicht: Wenn es feststeht, daß Herr Hentze das und das getan hat, so würde das ein schlagender Beweis für die Tätigkeit des Herrn Willich sein; „denn wenn es auch" Freund Hentze „besorgt haben mag-der Kopf ist der Ideenfinder, nicht die Hand". Diese Dialektik überlasse ich dem edelmütigen Bewußtsein. Kehren wir zum eigentlichen Gebiet des Herrn Willich zurück:
„Zur vollen Würdigung der" (von Marx befolgten) „Taktik noch einige Proben."
Zur Zeit des passiven Widerstandes in Hessen, des Landwehraufgebots in Preußen und des simulierten Konflikts zwischen Preußen und Österreich13671 stand das edelmütige Bewußtsein grade auf dem Sprung, eine Militärinsurrektion in Deutschland zu vollbringen, und zwar durch Sendung eines „kurzen Entwurfs zur Bildung von Landwehrausschüssen an einige Personen in Preußen" und durch den Willen des Herrn Willich „s elbst nach Preußen zu gehen".
„Herr Marx, benachrichtigt von einem der Seinen, war es, der meine beabsichtigte Abreise weiter wissen ließ und später sich rühmte, mich mit falschen Briefen aus Deutschland mystifiziert zu haben." Indeed!2 Becker schickte mir mit drolligen Randglossen die tollen Briefe Willichs, die er in Köln öffentlich zum Besten gab. Ich war nicht so grausam, meinen Freunden den Genuß dieser Lektüre vorzuenthalten. Schramm und Pieper ergötzten sich daran, Herrn Willich mit Antworten, nicht „aus Deutschland", sondern vermittelst der Londoner Stadtpost zu mystifizieren. Der Edle wird sich hüten, die Poststempel der Briefe zu produzieren. Er behauptet, „einen Brief mit nachgemachter Handschrift erhalten und als falsch erkannt
1 Siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 464 - 2 In der TatI
zu haben". Unmöglich. Diese Briefe waren alle von derselben Hand geschrieben. Während Herr Willich sich daher „rühmt", eine nicht existierende nachgemachte Handschrift entdeckt und unter einer Anzahl von Briefen, von denen der eine in seiner Weise so echt war wie der andere, einen als falsch erkannt zu haben, war er viel zu edelmütig, die Mystifikation zu erkennen aus der in asiatischen Hyperbolen gehaltnen Verherrlichung seiner eignen Person, aus dem grobkomischen Eingehen in seine fixen Ideen und aus der romantischen Übertreibung seiner eignen Anmaßungen. Wäre Herrn Willichs Abreise auch ernst gemeint gewesen, so wurde sie vereitelt, nicht durch mein „Weiterwissenlassen an dritte Personen", sondern durch das Wissenlassen an Herrn Willich selbst. Der letzte Brief, den er erhielt, warf nämlich den ohnehin durchsichtigen Schleier weg. Seine Eitelkeit zwingt ihn bis auf diesen Augenblick, den Brief, der ihn enttäuschte, für falsch und die Briefe, die ihn narrten, für echt zu erklären. Glaubt das edelmütige Bewußtsein, weil es tugendhaft sei, solle es wohl sect and cakes1, aber keinen Humor mehr in der Welt geben? Es war unedel von dem Edlen, das Publikum von dem Genuß dieser Briefe auszuschließen. „Was die von Marx angegebene Korrespondenz mit Becker anbetrifft, so ist das darüber gesagte falsch." Was diese falsche Korrespondenz anbetrifft und Herrn Willichs Absicht, in eigner Person nach Preußen zu reisen, und mein Weiterwissenlassen an dritte Personen, so fand ich es angemessen, eine Kopie der „Criminal-Zeitung" an den ehemaligen Lieutenant Steffen zu schicken. Steffen war Schutzzeuge Beckers, der ihm seine sämtlichen Papiere zur Aufbewahrung anvertraut hat. Durch die Polizei gezwungen, Köln zu verlassen, hält er sich jetzt in Chester als Lehrer auf, da er zur unedlen Gattung von Menschen gehört, die ihr Leben verdienen müssen, selbst im Exil. Das edelmütige Bewußtsein, seinem ätherischen Wesen gemäß, lebt nicht von dem Kapital, das es nicht besitzt; auch nicht von der Arbeit, die es nicht tut; es lebt - von dem Manna der öffentlichen Meinung, vpn der Achtung der anderen. Es streitet daher um sie als sein einziges Kapital.
Steffen schreibt mir:
„Chester, den 22. Nov. 1853 Willich ist sehr böse, daß Sie Bruchstücke aus einem Briefe Beckers mitteilen. Er bezeichnet den Brief und also auch die daraus zitierten Stellen als vorgeschätzt. Dieser plumpen Behauptung stelle ich Tatsachen entgegen, um Beckers Ansicht über
1 Liebe und Völlerei (im übertragenen Sinne)
33 MaXll/Enge s, Werke» Bd. 9
Willich zu dokumentieren. Eines Abends gab mir Becker mit herzlichem Lachen zwei Briefe und bat mich, dieselben durchzulesen, wenn ich übler Laune sei; der Inhalt würde mich um so mehr erheitern, als ich durch meine früheren Verhältnisse imstande sei, denselben vom militärischen Standpunkt zu beurteilen. In der Tat, beim Durchlesen dieser Briefe, von August Willich an Becker gerichtet, fand ich höchst komische und merkwürdige Parolebefehle (um mich eines passenden königlich preußischen Ausdrucks zu bedienen), in welchen der große Feldmarschall und soziale Messias von England aus den Befehl gibt, Köln zu nehmen, das Privatvermögen zu konfiszieren, eine künstlich konstruierte militärische Diktatur zu etablieren, einen militärischsozialen Kodex einzuführen, alle Zeitungen bis auf eine zu verbieten, welche die Befehle über die vorschriftsmäßige Denk- und Handlungsweise täglich zu bringen habe, und eine Menge Details mehr. Willich war gütig genug zu versprechen, daß wenn in Köln und der preußischen Rheinprovinz das Stück Arbeit getan sei, er selbst kommen werde, zu sondern die Böcke von den Schafen und zu richten* die Lebendigen und die Toten. Willich gibt an, daß sein,kurzer Entwurf leicht ausführbar gewesen wäre, wenn einige Personen die Initiative ergriffen hätten' und ,daß er die bedeutendsten Folgen* (für wen?) .gehabt haben würde'. Ich möchte zu meiner Belehrung wohl wissen, welche tiefsinnigen , Landwehroffiziere' Herrn Willich das ,später erklärten* und ob diese Herren, die an ,die bedeutendsten Folgen des kurzen Entwurfs* zu glauben vorschützten, sich während der Zusammenziehung der preußischen Landwehr in England aufhielten oder in Preußen, wo das Kind der Welt produziert werden sollte? Es ist sehr hübsch von Willich gewesen, daß er die Geburtsanzeige und die Beschreibung des Kindes .einigen' Personen zugeschickt hat. Keine dieser Personen scheint jedoch mehr Neigung gehabt zu haben, Gevatter bei der Taufe zu stehen, als Becker, ,der Mann von Verstand und Charakter'. Willich hat einmal einen Adjutanten hinübergeschickt, namens..} Dieser erzeigte mir die Ehre, mich rufen zu lassen, und war sehr fest überzeugt, daß er alle Verhältnisse von vornherein besser beurteilen könne als irgend jemand, der Tag für Tag den Tatsachen ins Auge sah. Er bekam daher eine sehr geringe Meinung von mir, als ich ihm mitteilte, die Offiziere der preußischen Armee würden sich nicht glücklich schätzen, unter seinem und Willichs Banner zu fechten, wären gar nicht geneigt, die Willichsche Republik citissime zu erklären. Noch mehr erzürnte er, als kein Mensch unsinnig genug war, seine fertig mitgebrachte Aufforderung an die Offiziere, sofort offen zu ,das* sich zu erklären, was er die Demokratie nannte, vervielfältigen zu wollen. Wütend verließ er ,das von Marx geknechtete Köln' (wie er mir schrieb) und bewirkte die Vervielfältigung dieses Blödsinns in einem andern Orte, sandte ihn an eine Menge Offiziere, und so kam es, daß das keusche Geheimnis dieser schlauen Methode, die preußischen Offiziere zu Republikanern zu machen, von dem .Zuschauer' der .Kreuzzeitung* [207J prostituiert wurde. Willich erklärt seinen absoluten Unglauben, daß Personen von dem .Charakter und Geist Beckers' über sein Projekt lachen konnten. Er erklärt das Aussprechen dieser Tatsache für eine plumpe Unwahrheit. Wenn er den Kölner Prozeß gelesen hätte, und
- In Marx' Pamphlet „Herr Vogt" wird an dieser Stelle Schimmelpfennig angeführt
er hätte doch wahrlich Ursache dazu, so hätte er gefunden, daß Becker sowohl als ich das in dem von Ihnen veröffentlichten Brief enthaltene Urteil über seine Projekte öffentlich ausgesprochen haben. Wünschte Willich eine richtige militärische Schilderung der damaligen Verhältnisse, die er nach seiner Phantasie modelte, so kann ich damit dienen. Ich bedaure, daß Willich nicht allein in Weydemeyer und Techow ehemalige Kameraden findet, die seiner militärischen Genialität und praktischen Auffassung der Verhältnisse die gewünschte Bewunderung versagen. TT, _ ,, „ IV. Steffen
Nun zur Schluß-„Probe von der Taktik von Marx". Herr Willich gibt eine phantastische Beschreibung eines im Jahre 1851 abgehaltenen Februarbanketts, das von Louis Blanc als eine Gegendemonstration gegen das Bankett von Ledru-Rollin und gegen den Einfluß von Blanqui veranstaltet war. „Herr Marx war natürlich nicht zugezogen." Natürlich nicht. Es konnte sich Jeder für 2 Schilling zuziehen, und Louis Blanc fragte Marx einige Tage später mit großem Nachdruck, warum er nicht erschienen sei. „Es wurde darauf" (worauf? auf dem Bankett?) „ein nicht gehaltner Toast Blanquis mit einer das Fest schmähenden Einleitung, in welcher Schapper und Willich als Volksverführer bezeichnet wurden, als Flugschrift in Deutschland unter den Arbeitern verbreitet." Der „nicht gehaltene Toast Blanquis "13681 gehört wesentlich zur Geschichte des edelmütigen Be\pißtseins, das im Glauben an den höhern Sinn seiner Worte mit Entschiedenheit zu äußern pflegt: „Ich lüge nie!" Einige Tage nach demBankett brachte diePariser„ Patrie"I111] einen Toast, den Blanqui auf Verlangen den Festordnern von Belle-Ile [aus] eingesandt hatte, worin er in seiner gewohnten prägnanten Form die gesamte provisorische Regierung von 1848 und speziell den Vater des Banketts, Herrn Louis Blanc, geißelte.1 Die „Patrie" stellte sich verwundert, daß dieser Toast während des Banketts unterschlagen worden sei. Sofort erklärt Louis Blanc in der Londoner „Times"[26], Blanqui sei ein abominabler Intrigant und habe dem Festkomitee einen solchen Toast nie zugeschickt. Die Herren Louis Blanc, Landolphe, Barthelemy, Vidil, Schapper und Willich selbst erklärten im Namen des Festkomitees in der „Patrie", den fraglichen Toast nie erhalten zu haben. Die „Patrie" jedoch, bevor sie die Erklärung abdrucken ließ, erkundigte sich bei
1 Siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 568-570
Herrn Antoine, Blanquis Schwager, der ihr den Toast zur Veröffentlichung mitgeteilt hatte. Unter die Erklärung der obengenannten Herren druckte sie Antoines Antwort ab: Er habe den Toast allerdings Barthelemy zugeschickt und von ihm auch Empfangsanzeige erhalten. Herr Barthelemy erklärte „darauf", er habe den Toast zwar erhalten, ihn aber als unpassend zurückgelegt, ohne dem Komitee davon Anzeige zu machen. Aber leider hatte schon vorher der ebenfalls mitunterzeichnete Exkapitän Vidil der „Patrie" geschrieben, sein militärisches Ehrgefühl und sein Wahrheitsinstinkt drängen ihm das Geständnis ab, daß er selbst, Louis Blanc, Willich und alle die anderen in der ersten Erklärung gelogen hätten. Das Komitee habe nicht aus den genannten sechs, es habe aus 13 Mitgliedern bestanden. Ihnen allen sei der Toast Blanquis vorgelegt, von ihnen allen sei er diskutiert und nach längerer Debatte durch eine Majorität von 7 gegen 6 unterdrückt worden. Er habe sich unter den 6 befunden, die für seine Verlesung gestimmt. Man begreift den Jubel der „Patrie", als sie, nach dem Vidilschen Brief, die Erklärung des Herrn Barthelemy erhielt. Sie ließ ihn mit folgendem „Vorwort" abdrucken: „Wir haben uns oft gefragt, und die Frage ist schwer zu beantworten, was bei den Demagogen größer sei, ihre Ruhmredigkeit oder ihre Dummheit. Ein vierter Brief von London vermehrt noch unsre Verlegenheit. Da sind ihrer, wir wissen nicht wie viele arme Teufel, in einem solchen Grade gemartert von der Wut zu schreiben und ihren Namen in den reaktionären Blättern genannt zu sehen, daß sie selbst vor einer grenzenlosen Beschämung und Selbstherabsetzung nicht zurückschrecken. Was liegt ihnen am Gelächter und der Indignation des Publikums - das Journal des Debats' [105J, die ,Assemblee nationale' f134^ die,Patrie' werden ihre Stilübungen abdrucken; um dies Glück zu erreichen, ist kein Preis der kosmopolitischen Demokratie zu hoch... Im Namen der literarischen Commiseration nehmen wir daher den folgenden Brief des Bürgers Barthelemy auf; er ist ein neuer, und wir hoffen der letzte Beweis für die Echtheit des nur zu berühmten Toastes Blanquis, den sie erst Alle geleugnet und für dessen Beteuerung sie sich jetzt untereinander in die Haare geraten." Soweit die Geschichte des Blanqui-Toastes. Die Societe des proscrits de~ mocratesfet] socialistes1 brach in Folge des „nicht gehaltnen Toastes Blanquis" ihr Kartell mit dem Vereine des Herrn Willich ab. In der Societe des proscrits democrates [et] socialistes ging gleichzeitig mit der Spaltung im deutschen Arbeiterverein und der deutschen KommunistenGesellschaft eine Scheidung vor sich. Eine Anzahl Mitglied er, der Hinneigung zur bürgerlichen Demokratie, zum Ledru-Rollinismm verd ächtig, reichte ihre
1 Gesellschaft der geächteten (französischen) Demokraten [und] Sozialisten (in London)
Entlassung ein und wurde dann nachträglich ausgeschlossen. Sollte das edelmütige Bewußtsein nun dieser Gesellschaft erklären, was es jetzt den bürgerlichen Demokraten erklärt, Engels und Marx hätten es verhindert, der bürgerlichen Demokratie in die Arme zu sinken, „mit allen Revolutionsgefährten durch die Bande der Sympathie vereinigt" zu bleiben, oder sollte es ihnen sagen, daß „bei der Trennung die verschiedenen Ansichten über die revolutionäre Entwicklung keine Rolle spielten"? Das edle Bewußtsein erklärte vielmehr umgekehrt, die Scheidung sei in beiden Gesellschaften aus demselben prinzipiellen Gegensatze hervorgegangen, Engels, Marx etc., hätten das Bour~ geoiselement repräsentiert in dem deutschen Verein wie Madier und Konsorten in dem französischen. Der Edle befürchtet sogar, die bloße Berührung mit diesem Bourgeoiselement möchte den „wahren Glauben" gefährden, und stellte daher in stiller Größe den Antrag, daß das Bourgeoiselement „selbst nicht als Besucher" in die Gesellschaft des proscrits zugelassen werden solle. Erfunden! Falsch! ruft das edelmütige Bewußtsein in seinen gesinnungstüchtigen Monosyllaben. Meine „Proben der Taktik"! Voyons!1 „Presidence du citoyen Adam. Seance du 30 Sept. 1850. Trois delegues de la societe democratique allemande de Windmill-Street sont fntroduits. Iis donnent connaissance de leur mission qui consiste dans la communication dune lettre dont il est fait lecture." (In diesem Briefe werden dieGründe der Scheidung angeblich auseinandergesetzt.) „Le citoyen Adam fait remarquer Vanalogie qui existe entre les evenenients qui viennent de s'accomplir dans les deux societes de chaque cote l'element bourgeois et le parti proletaireont fait scissiondans les circonstances identiques etc. etc. Le citoyen Willich demande que les membres demissionaires" (er verbessert sich dann, wie das Protokoll sagt, und sagt: „expulses") „de la societe allemande, ne puissent etre regus meme comme visiteurs dans la societe fran^aise." (Extraits conformes au texte original des proces verbaux.) „Uarchiviste de la societe des proscrits democrates [et] socialistes J. Cledat" 2
1 Schauen wir mal nach! 2 „Sitzung vom 30.Sept. 1850 Unter dem Vorsitz des Bürgers Adam. Drei Delegierte der demokratischen deutschen Gesellschaft von Windmill Street werden vorgestellt. Sie geben ihre Mission bekannt, die darin besteht, einen Brief zu übermitteln, der verlesen wird." (In diesem Brief werden die Gründe der Scheidung angeblich auseinandergesetzt.) „Der Bürger Adam macht auf die Analogie aufmerksam, die zwischen den Ereignissen besteht, welche sich in beiden Gesellschaften abgespielt haben, bei beiden habe das Bourgeoiselement und die proletarische Partei sich unter den gleichen Umständen voneinander geschieden etc. etc. Der Bürger Willich beantragt, daß die demissionierten Mitglieder" (er verbessert sich dann, wie das Protokoll sagt, und sagt: „ausgeschlossenen") „der deutschen Gesellschaft selbst nicht als Besucher in der französischen Gesellschaft zugelassen werden sollen." (Auszüge aus dem Originaltext der Protokolle.) „Der Archivar der Gesellschaft der geächteten Demokraten [und] Sozialisten J. Cledat
Hiermit schließt die süßklingende, wunderliche, hochtrabende, unerhörte, wahrhafte und abenteuerliche Geschichte des weltbekannten Ritters vom edelmutigen Bewußtsein. An honest mind and piain; he must speak truth, And they will take it, so; if not, he 's plain These kind of knaves I know.1[369] Karl Marx London, den 28. November 1853.
1 Ein ehrlich grad Gemüt - spricht nur die Wahrheit! Geht's durch, nun gut, wenn nicht, - so ist er grade. Ich kenne Schurken...
Karl Marx
[Rede Manteuffels - Der Kirchenkonflikt in Preußen Aufruf Mazzinis - Der Londoner Magistrat - Reform Russells - Arbeiterparlament]
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3948 vom 12. Dezember 1853] London, Dienstag, 29. November 1853 Gestern morgen eröffnete der Ministerpräsident Herr von Manteuffel die preußische Kammer mit einer Rede. Der Passus über die orientalischen Wirren, wie ihn uns der Telegraph übermittelt, ist absichtlich in Ausdrücken gehalten, die den allgemein herrschenden Argwohn zerstreuen sollen, daß eine Verschwörung zwischen den Höfen von St.Petersburg, Berlin und Wien bestände. Dies ist um so bemerkenswerter, als, wie allgemein bekannt, Friedrich Wilhelm IV. sich bei verschiedenen früheren Anlässen herabließ, durch den Mund desselben Manteuffels seinem getreuen Volk feierlich kundzutun, daß es nicht Sache der Kammern wäre, sich in Fragen der Außenpolitik einzumischen, da die auswärtigen Beziehungen des Staates ebenso in den ausschließlichen Machtbereich der Krone fielen wie des Königs eigene Domänenländereien. Der obenerwähnte Passus, der etwas wie einen Appell an das Volk in sich birgt, verrät, in welch äußerst schwieriger Lage sich die preußische Regierung befindet, die sich einerseits von Rußland und Frankreich, andrerseits von ihren eigenen Untertanen bedroht sieht und gleichzeitig angespornt wird durch die hohen Nahrungsmittelpreise, den tief daniederliegenden Handel und durch die Erinnerung an einen abscheulichen Vertrauensbruch, der noch der Sühne harrt.[370] Die preußische Regierung hat das Hilfsmittel verworfen, auf die öffentliche Meinung durch die Kammern zu wirken, die vom König mit Bedacht als reines Blendwerk eingerichtet, von den Ministern absichtlich als reines Blendwerk behandelt und vom Volk in nicht mißzuverstehender Weise als reines Blendwerk hingenommen werden. Es hat kaum Zweck, ihm jetzt zu erzählen, diese Scheininstitutionen müßten plötzlich als Bollwerke des „Vaterlands" angesehen werden.
„DiePreußen", sagt die heutige „Times"!26], „verdienen ihren einstigen Ruf der Weisheit und Vernunft kaum noch, da sie es zuließen, daß den unter der bestehenden Verfassung gewählten Kammern solch unverdiente Verachtung entgegengebracht wurde." Im Gegenteil, die Preußen haben gerade Vernunft bewiesen, als sie es den Männern, die die Revolution verrieten, in der Erwartung, ihre Früchte zu ernten, verwehrten, auch nur den Anschein eines Einflusses zu genießen, und der Regierung bewiesen, daß sie sich durch ihr Gaukelspiel nicht betrügen ließen, und daß die Kammern, soweit man sie überhaupt beachte, für sie nichts anderes seien als eine neue bürokratische Einrichtung, die den schon früher im Lande bestehenden bürokratischen Einrichtungen hinzugefügt worden sei. Jeder, der die Geschichte Deutschlands nicht gründlich kennt, wird die religiösen Streitigkeiten nicht verstehen, die immer und immer wieder die sonst stille Oberfläche des öffentlichen Lebens in Deutschland trüben. Da sind die Überbleibsel der sogenannten Deutschen Kirche[371], die jetzt von den bestehenden Regierungen ebenso eifrig verfolgt werden wie Anno 1847. Da ist die Frage der Heiraten zwischen Katholiken und Protestanten, derentwegen sich der katholische Klerus noch genau so mit der preußischen Regierung herumzankt wie Anno 1847. Vor allem tobt ein erbitterter Kampf zwischen dem Erzbischof von Freiburg, der die badische Regierung exkommuniziert und seinen Hirtenbrief öffentlich von den Kanzeln verlesen läßt, und dem Großherzog von Baden, der die abtrünnigen Kirchen zu schließen und die Ortspfarrer festzunehmen befiehlt; und da sammeln und bewaffnen sich die Bauern, um ihre Priester zu beschützen und die Gendarmen zu vertreiben so geschehen in Bischofsheim, Königshofen, Grünsfeld, Gerlachsheim, wo der Dorfgewaltige fliehen mußte, und in vielen anderen Dörfern. Es wäre falsch, den religiösen Konflikt in Baden als eine nur lokale Sache anzusehen. Baden ist bloß der Kampfplatz, den sich die katholische Kirche mit Vorbedacht wählte, um die protestantischen Fürsten anzugreifen. In diesem Streit vertritt der Erzbischof von Freiburg den ganzen katholischen Klerus in Deutschland, so wie der Großherzog von Baden alle die großen und kleinen Potentaten protestantischen Glaubens vertritt. Was soll man nun von einem Lande denken, das einerseits durch seine gründliche, unerschrockene und beispiellose Kritik an allen religiösen Traditionen berühmt ist und andererseits ganz Europa in periodisch wiederkehrenden Zeitabschnitten durch das Wiederaufleben der Religionsstreitigkeiten des 17. Jahrhunderts in Erstaunen versetzt? Das Geheimnis besteht einfach darin, daß alle unter der Oberfläche gärenden Volksbewegungen von den Regierungen gezwungen werden, zuerst die mystische und fast unkontrollierbare Form religiöser Bewegungen anzu
nehmen. Der Klerus seinerseits läßt sich durch den Schein täuschen, und während er die Volksleidenschaften ausschließlich zum eigenen Besten gegen die Regierung zu lenken glaubt, ist er in Wahrheit selbst das unbewußte und ungewollte Werkzeug der Revolution. Die Londoner Tagespresse trägt großes Entsetzen und große moralische Entrüstung über einen Aufruf zur Schau, den Mazzini verfaßt hat und der im Besitz Feiice Orsinis gefunden wurde, des Führers des nationalen Korps Nr. 2, das für die Erhebung in der Landschaft Lunigiana bestimmt ist, die Teile Modenas, Parmas und des Königreichs Piemont umfaßt. In diesem Aufruf wird das Volk ermuntert, „den Feind zu überrumpeln, wie das Volk von Mailand es versuchte und wieder versuchen wird". Dann sagt der Aufruf weiter: „Der Dolch, der unerwartet zustößt, tut gute Dienste und ersetzt die Muskete." Das bezeichnet die Londoner Presse als offenen Aufruf „zu heimlichem, feigem Meuchelmord". Nun möchte ich gerne wissen, wie in Italien, einem Lande, in dem es Möglichkeiten des offenen Widerstands nirgends, Polizeispione aber überall gibt, eine Aufstandsbewegung auch nur auf den geringsten Erfolg rechnen könnte, wenn sie nicht zur Überrumplung griffe? Ich möchte gerne wissen, mit welchen andern Waffen das italienische Volk gegen die österreichischen Truppen kämpfen soll, wenn es überhaupt zu einem Kampf kommt, als mit dem Dolch, da ihm von allen Waffen doch nur der Dolch geblieben, den Österreich ihm nicht wegnehmen konnte. Mazzini ist weit entfernt davon, den Italienern zu sagen, daß sie den Dolch zum feigen Meuchelmord gegen den unbewaffneten Feind benutzen sollen -, wohl fordert er sie auf, den Feind damit zu „überrumpeln", aber doch bei hellem Tageslicht, wie in Mailand, wo einige Patrioten, nur mit Messern bewaffnet, in die Wachhäuser der bewaffneten österreichischen Garnison eindrangen.
„Aber", sagt die „Times", „das konstitutionelle Piemont soll dasselbe Schicksal wie Rom, Neapel und die Lombardei erleiden!"
Warum nicht? War es nicht der König von Sardinien1, der die italienische Revolution 1848 und 1849 verriet, und kann Italien mit einem König von Piemont eher zu einer Republik werden als Deutschland mit einem König von Preußen? Soviel über die moralische Seite von Mazzinis Aufruf. Was seinen politischen Wert anbetrifft, so ist das eine ganz andere Frage. Ich meinerseits glaube, Mazzini ist im Irrtum, sowohl mit seinen Ansichten über das Volk von Piemont, als auch mit seinen Träumen von einer italienischen Revolution, von der er annimmt, daß sie nicht durch die günstige Gelegenheit
1 Karl Albert, Prinz von Savoyen
europäischer Wirren bewirkt wird, sondern durch die Einzelaktion italienischer Verschwörer, die den Feind überrumpeln. Aus den Londoner Zeitungen werden Sie ersehen haben, daß die Regierung eine Kommission ernannt hat zur Untersuchung der korrupten Praktiken und der gesamten Organisation jener höchst ehrwürdigen Körperschaft, bekannt als Corporation of the City1. Nachfolgend einige Tatsachen aus dem Bericht der Kommission, deren Arbeit noch weit davon entfernt ist, abgeschlossen zu sein: Die Einkünfte der Corporation of London werden, ohne alle Posten in Rechnung zu stellen, mit 400000 Pfd. St. veranschlagt, und der Gesamtbetrag dessen, was in Gehältern ausgezahlt wurde, erreicht die sehr erhebliche Summe von 107 000 Pfd. St. oder mehr als 25% des Gesamteinkommens. Die Gehälter für die Justizbeamten sind mit 14700 Pfd. St. festgelegt, davon entfallen auf den Obersten Stadtrichter 3000Pfd. St., seinen Stellvertreter 1500Pfd.St. und den Richter am Gerichtshof des Sheriff 1200 Pfd. St. Der Stadtschreiber erhält 1892 Pfd. St., der Sekretär 1249 Pfd. St. und der Sekretär der Schatzkammer 1765 Pfd. St. Die höheren Beamten von Mansion House2 undGuildhall3 erhalten gemeinsam 1250 Pfd. St. im Jahr. Der Szepterträger erhält 550 Pfd.St. und der Schwertträger 550 Pfd.St.; der Oberzeremonienmeister 450 Pfd. St. oder 500 Pfd. St., der Unterzeremonienmeister 200 Pfd. St. oder 300Pfd.St. Diese Wichtigtuer beziehen außerdem 70 Pfd.St. für Uniformen, 14 Pfd. St. für Stiefel und 20 Pfd. St. für Dreispitze. Herr Bennoch erklärte in seiner Beweisführung, daß „die gesamten Ausgaben der zur Corporation of London gehörenden Einrichtungen viel größer sind als die gesamten Ausgaben der Bundesregierung der Vereinigten Staaten oder, was vielleicht eine noch erstaunlichere Feststellung ist, daß ihre für sich selbst verwandten Ausgaben beim Verwalten der Fonds der Corporation größer sind als die Gesamtsumme der Einnahmen, die sie aus Mieten, Zöllen und Gebühren von Pfandleihern erhält". Das große Geheimnis der Reformpillen, die Lord John Russell beabsichtigt, der britischen Öffentlichkeit zu verabfolgen, ist endlich bekannt geworden. Er schlägt vor: 1. eine Aufhebung des Vermögenszensus für Mitglieder des Parlaments, ein Zensus, welcher seit langem zu einem nominellen geworden ist; 2. eine Berichtigung der Wahlkreise durch Auflösung einiger kleiner Wahlflecken und Bildung einiger größerer; 3. in den ländlichen Wahlkreisen eine Herabsetzung des Zwanzigpfundzensus auf den Zehnpfundzensus der
1 Magistrat der Londoner City - 2 Londoner Stadthaus, Amtssitz des Oberbürgermeisters - 8 früher Gildehalle der Kaufleute, jetzt Londoner Rathaus
städtischen Wahlkreise. Ein vierter Vorschlag, den Wahlzensus auf 5 Pfd.St. herabzusetzen, wurde fallengelassen, da auf diese Weise, wie die „Times" sagt,
„den gegenwärtigen Wählern faktisch das Wahlrecht entzogen würde, weil die neuzugelassene Klasse alle andern zusammengenommen zahlenmäßig bei weitem überflügeln würde und nur einmütig zu handeln brauchte, um die Übermacht zu haben".
Mit andern Worten: die Verleihung des Wahlrechts an die Mehrheit und sei es auch nur an die Klasse der Kleinbürger, würde der Minderheit das Wahlrecht nehmen. Wirklich ein fein erdachtes Argument! Das wichtigste Merkmal der Reformbill, das von großer Bedeutung für die Zukunft ist, ist jedoch nicht dieser Punkt, sind auch nicht all ihre Punkte zusammengenommen. Dieses wichtige Merkmal ist die allgemeine und absolute Gleichgültigkeit, mit der der Ankündigung der Reformbill begegnet wird. Jeder Polizeibericht findet erheblich mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit als die „große Maßnahmedie neue Reformbill, das gemeinsame Werk des „Ministeriums aller Talente". Ernest Jones hatte vollkommen recht, als er voraussagte, daß die erste von der Massenbewegung des Volkes und einer nationalen Organisation unter Führung eines Arbeiterparlaments angeschlagene Note die geldbesitzenden Klassen in Furcht und Schrecken versetzen und die Londoner bürgerliche Presse zwingen würde, davon Notiz zu nehmen. Die „Times" hat sofort die Bedeutung dieser neuen Bewegung erkannt und zum ersten Male einen Bericht über das im People's Institute in Manchester abgehaltene Chartistenmeeting gegeben. Alle ihr nahestehenden Blätter sind mit Leitartikeln über die Arbeiterbewegung und das Arbeiterparlament angefüllt, das von den Chartisten vorgeschlagen wurde, von denen man längst angenommen hatte, daß sie an Entkräftung gestorben seien. Der „Economist"1221 bringt nicht weniger als vier Artikel zu der Frage. Was die Berichte über das äußerst wichtige Meeting in Manchester anbetrifft, so kann jedoch nicht gesagt werden, daß sie einen Begriff vom Charakter des Meetings oder den dort behandelten Fragen gegeben haben. Ich halte es daher für richtig, einen eigenen Bericht zu geben. Die folgenden Resolutionen wurden vorgeschlagen und angenommen:
„ 1. Dieses Meeting ist in Anbetracht der Zwecklosigkeit von Einzelkämpfen isolierter Gruppen von Arbeitern für einen gerechten Lohn und für die Emanzipation der Arbeit der Meinung, daß dieZeit gekommen ist, wo eine gemeinsame Massenbewegung der Arbeiterklasse, gestützt auf eine nationale Organisation und geführt von einer leitenden Körperschaft, allein imstande ist, den jeder Beschäftigung, beraubten, strei
kenden Arbeitern ausreichende Unterstützung zu gehen und die Arbeiter zu befähigen, sich in der Zukunft von der Knechtschaft des Kapitals zu befreien. Sie ist fernerhin der Meinung, daß die Massenbewegung des Volkes und die nationale Organisation nicht dazu bestimmt sind und es ihnen auch nicht gestattet sein soll, in die Arbeit der gegenwärtigen Trade-Unions und Vereinigungen der Arbeiter einzugreifen, sondern daß ihr Handeln darin bestehen soll, die Stärke aller und der ganzen Masse' der Arbeiter zu zentralisieren, zu konzentrieren und zu vereinigen. 2. Um die oben angeführte Resolution zu verwirklichen, ist es unumgänglich notwendig, daß so schnell wie möglich ein Arbeiterparlament zusammentritt. Dieses Parlament soll aus Delegierten bestehen, die von den in öffentlichen Meetings versammelten Arbeitern einer jeden Stadt gewählt werden. Die Aufgabe dieses Parlaments soll darin bestehen, Maßnahmen einzuleiten, um den Menschen, die jetzt im Streik stehen oder von den Fabrikanten ausgesperrt sind, Unterstützung geben zu können, und zwar dadurch, daß eine nationale Geldsammlung der umfassendsten Art durchgeführt wird. Ferner ist ein genauer Plan zu entwerfen, wie die arbeitenden Klassen in ihrem Kampf gegen die Unternehmer zu Werke gehen sollen, und sind die Mittel vorzuschlagen, wie die Arbeit von der ungebührlichen Abhängigkeit vom Kapital frei werde, unabhängig, selbständig und lohnend, ohne daß Streiks nötig sind. 3. Das heutige Meeting wählt zu dem obigen Zweck ein Komitee, um mit den verschiedenen Städten und Distrikten in Korrespondenz zu treten für alle notwendigen Vorbereitungen zur Einberufung des Arbeiterparlaments und um die notwendigen Einzelheiten für die Sitzungen der Delegierten, wie auch ein Geschäftsprogramm, festzusetzen und zu veröffentlichen." Die bei weitem bemerkenswerteste Rede war die von Herrn Jones, von der ich einige Auszüge gebe: „Der Unternehmer sagt in der Londoner .Times', daß euch seine Profite nichts angehen. Ihr habt nur eure eigenen Köpfe zu zählen, nicht aber seine Profite. Wenn da viele Köpfe sind, so werdet ihr, obgleich ihr mehr haben wollt, weniger erhalten. Und das nennt er das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Das allein sollte eure Löhne regulieren, sagt er. Aber ist dem so? Nein! Wenn ihr keine Lohnerhöhung fordern sollt, während seine Profite hoch sind, so soll er nicht eure Löhne drücken, wenn seine Profite niedriger werden. Dann aber wird er euch sagen, auch wenn nicht ein Mann weniger beschäftigt sein mag -, das Geschäft ist schlecht, die Zeiten sind schwer, meine Profite sind kleiner geworden - ich kann es mir nicht mehr leisten, euch die gleichen Löhne zu zahlen*. Es ist also nicht das Gesetz von Angebot und Nachfrage, das eure Arbeit reguliert, sondern das Gesetz des teuren Kattuns und der kleinen Profite. Das Gesetz vom Angebot mag wahr sein, aber das Gesetz des Lebens ist wahrer. Das Gesetz der Nachfrage mag stark sein, aber das Gesetz des Hungers ist noch stärker! Wir sagen, wenn die eine Form des Kapitals, nämlich das Geld, das Recht auf Profite hat, dann hat die andere Form des Kapitals, nämlich die Arbeit, ebenso ein Recht darauf. Die Arbeit hat sogar ein größeres Recht darauf, weil Arbeit Geld schafft und nicht Geld Arbeit. Was ist Profit? Das Kapital, das übrigbleibt nach Abzug aller Produktions
kosten. Der Arbeitslohn, den ihr bisher erhalten habt, ist nur ein Teil der Produktionskosten. Das, was gerade noch Körper und Seele zusammenhält, ist überhaupt keine Entlohnung für die Plackerei. Es sind gerade die notwendigen Kosten, um die menschliche Maschine arbeitsfähig zu erhalten. Ihr müßt einen Überschuß über die Produktionskosten - nämlich Nahrung und Behausung der Maschine aus Fleisch und Blut hinaus haben. Ihr braucht genau so Nahrung für Herz und Hirn wie für Mund und Magen. Der Unternehmer fürchtet, ihr könntet mehr Lohn erhalten; nicht etwa, weil er es sich nicht leisten kann, ihn zu zahlen, denn sein Kapital ist in den letzten sieben Jahren um mehr als 100% angewachsen, und ihr fordert nur 10% von seinen 100% für eure Arbeit. Er fürchtet, wenn ihr höhere Löhne bekommt, so würdet ihr euch unabhängig machen; er fürchtet, höhere Löhne würden bessere Schulbildung ermöglichen; er fürchtet, ein aufgeklärtes Volk wird nicht länger Sklave sein; erfürchtet, daß ihr höhere Löhne bekommt, weil er weiß, ihr würdet euch dann nicht länger darein fügen, so viele Stunden zu arbeiten; er fürchtet, ihr würdet dann nicht länger dulden, daß sich eure Frauen in der Fabrikhölle abschinden; er fürchtet, daß ihr dann eure Kinder anstatt in die Fabrik - in die Schule schicken würdet; er fürchtet, daß ihr höhere Löhne bekommt, weil er weiß, wenn die Frau zu Hause, das Kind in der Schule und der Arbeitstag in der Fabrik kürzer wären, daß dann die überschüssigen Arbeitskräfte, die jetzt die Löhne drücken, sich seiner Kontrolle entziehen würden, und daß die Arbeit zu einer unbezahlbaren Perle werden würde, die das Diadem menschlicher Freiheit schmückt. Aber die Frage hat wieder einmal ihren Aspekt geändert; es geht nicht mehr darum, einen Anteil aus dem Profit des Unternehmers zu erhalten oder eine Lohnerhöhung von 10%; es geht darum, zu verhindern, daß der Lohn um 20% gesenkt wird. Ob gutes Geschäft oder schlechtes Geschäft, ist für die Kapitalisten nur von geringer Bedeutung; in dem einen Falle plündern sie das Volk im Ausland - in dem andern plündern sie es im eigenen Lande. Die Frage ändert sich rapide für euch: es geht nicht mehr um niedrigere oder höhere Löhne, es geht um Leben oder Hungers sterben, um ein Leben in der Fabrikhölle oder den Tod vor den Fabriktoren. Die Kapitalisten, die Kosaken des Westens, überquerten zuerst die Donau der Arbeiterrechte; sie haben das vom Gold diktierte Kriegsrecht verkündet und schleudern aus den Batterien des Monopols den Hungertod in unsere Reihen. Eine Stadt nach der andern wird in den Belagerungszustand versetzt. Die Arbeitslosigkeit wirft die Gräben auf, der Hunger erstürmt die Zitadelle der Arbeit, die Artillerie der Not schießt in die Reihen der Arbeiter. Mit jedem Tag breitet sich die große Vereinigung der Kapitalisten mehr aus; mit jedem Tag mehr ergreift ihre Bewegung das ganze Land. Seid ihr soweit, daß ihr euch ihnen entgegenstellen könnt? In eurer Bewegung herrschen Chaos und Verwirrung. Da die Aussperrung sich ausbreitet und euer isoliertes Handeln anhält, werdet ihr gegenseitig in des andern Gehege wildern; die Geldsammler des einen Orts werden mit denen eines andern Orts an ein und derselben Stelle zusammentreffen. - Ihr werdet euch als Feinde gegenüberstehen, wo ihr euch als Verbündete die Hände reichen solltet. - Ihr werdet eure gegenseitige Hilfe schwächen, während ihr doch einander helfen solltet, eure Schwäche zu überwinden. Die Kohlengräber von Wigan waren gar nicht weit entfernt von Preston, von Stockport, von
Manchester, von Oldham, und doch erlitten sie eine Niederlage, weil man sie ohne Hilfe ließ. Die Fabrikarbeiter von Wigan stehen ebenfalls im Streik. Was mögen sie sagen zu der Niederlage ihrer Brüder, der Bergleute? Sie meinen, daß jene noch gut davongekommen sind. Sie können nicht anders - weil sie sich gegenseitig im Wege sind. Aber warum ist dem so? Weil ihr eure Bewegung in den engen Rahmen eines Berufs, eines Distrikts und eines Interesses zwängt. Die Bewegung eurer Unternehmer nimmt nationalen Umfang an; auch euer Widerstand muß nationalen Umfang annehmen. Wenn ihr so weiter macht, erwarten euch Anarchie und Untergang. Glaubt nicht, daß ich die Klugheit, die Führung und die Integrität der Trade-Union antaste. Aber das Gängelband, das das Kind stützt, wird zum Klotz am Bein des Mannes. Die Isolierung, die sich in der Kindheit der Arbeiterbewegung bewährte, bringt ihr Untergang in ihrem Mannesalter. Laßt alle Berufe vertreten sein, deren Unterstützung ihr braucht. Legt die Sache der Arbeit nicht in die Hände einer Fabrik oder einer Stadt oder sogar eines Distrikts, sondern in die Hände eines Arbeiterparlaments, "t372!
Karl Marx
Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Der Krieg an der Donau
[„New-York Daily Tribüne" Nr.3952 vom lö.Dezember 1853, Leitartikel] Wie wir schon bemerkt haben, scheint der Rückzug der Türken von Oltenitza den Abschluß der ersten Periode des Türkisch-Russischen Krieges anzudeuten; damit scheint zumindest die erste und eindeutig bestimmbare Reihe der Operationen, die mit dem Ubergang bei Kalafat begann, beendet zu sein, um entweder der Stille der Winterquartiere oder der Ausführung neuer, noch nicht entwickelter Pläne Platz zu machen. Dies ist ein günstiger Zeitpunkt für einen Rückblick auf den bisherigen Feldzug, um so mehr, als uns eben die offiziellen und nichtoffiziellen Berichte über die einzige nachhaltige Aktion erreichen, die sich an der Donau abspielte, nämlich den russischen Angriff auf den türkischen Brückenkopf bei Oltenitza. Am 28. Oktober setzten die Türken von Widdin nach Kalafat über. Außer durch rekognoszierende Plänkler wurden sie bei der Besetzung dieses Punktes kaum gestört; denn als sich die Russen gerade anschickten, bei Krajowa wirksame Kräfte zum Angriff auf Kalafat zu konzentrieren, wurden sie dabei durch die Nachricht von einem zweiten, noch gefährlicheren Vormarsch der Türken gestört, die am 2.November bei Oltenitza die Donau überquert hatten, von wo aus sie die russischen Verbindungslinien ernstlich bedrohten. Gleichzeitig machten die Türken unbedeutende und Scheinangriffe die ganze Donau entlang von Widdin bis Oltenitza; aber diese Angriffe fanden entweder die Russen wohlvorbereitet oder waren mit unzureichenden Kräften unternommen worden, um den Feind zu täuschen und ihn zu irgendeinem ernstlichen Fehler zu verleiten. Das Korps bei Kalafat blieb daher unbehelligt und bekam allmählich Verstärkungen, die es, wie berichtet wird, auf etwa 24000 Mann anwachsen ließen.
Da dieses Korps jedoch weder vorrückte noch zurückgeschlagen wurde, so können wir es vorläufig außerhalb der Betrachtung lassen. Der Übergang bei Oltenitza spielte sich nach Omer Paschas Bericht folgendermaßen ab: Oltenitza ist ein Dorf nahe der Mündung des Ardschisch in die Donau. Gegenüber der Mündung des Ardschisch liegt eine Insel in der Donau; Dorf und Festung Turtukai liegen am Südufer dieses Flusses, einem steilen Ufer, das sich etwa 600 bis 700 Fuß hoch erhebt; die Festung ist auf dem Kamm dieser Anhöhe errichtet. Die Geschütze von Turtukai können daher jedes Korps erfolgreich unterstützen, das an diesem Punkt den Fluß passiert. Die Türken setzten am 1 .November zur Insel über und errichteten dort während der Nacht starke Verschanzungen. Am 2. November erreichten sie von dieser Insel aus das walachische Ufer östlich des Ardschisch. Es wurden 2 Bataillone, 100 Berittene und 2 Geschütze in Booten nach der walachischen Seite übergesetzt; einige Kanonenschüsse von Turtukai vertrieben die russischen Vorposten aus einem Lazarettgebäude, das nahe am Flußufer gelegen war, und dieses Gebäude, dessen sich die Türken sofort bemächtigten, erwies sich für sie als sehr vorteilhaft. Massiv gebaut, die Zimmer mit gewölbter Decke, bot es ohne weitere zusätzliche Arbeiten alle Vorteile eines reduit1, dieser den Erfordernissen entsprechenden Feldbefestigung. Folgerichtig begannen die Türken sogleich, vom Ardschisch bis zur Donau Schanzen aufzuwerfen; 400 Mann waren unausgesetzt damit beschäftigt; Schanzkörbe und Faschinen waren schon vorher vorbereitet worden. Aus allen eingegangenen Berichten können wir nur schließen, daß diese Verschanzungen fortlaufende Linien bildeten, die jede Verbindung von den russischen Stellungen zu den türkischen Landungsplätzen vollständig abschnitten. Die Befestigung durch fortlaufende verschanzte Linie ist längst allgemein verworfen und als unbrauchbar befunden worden. Allein die besondere Bestimmung dieser Verschanzung als Brückenkopf, die Tatsache, daß sich ein tadelloses reduit fix und fertig vorgefunden hatte, der Mangel an Ingenieuren bei den Türken und andere Eigentümlichkeiten der türkischen Armee mögen es schließlich haben ratsamer werden lassen, dieses veraltete System anzuwenden. Am Ardschisch fanden die Türken eine Anzahl Boote, die sie sogleich mit den bereits vorhandenen verwendeten, um eine Brücke über die Donau zu schlagen. Alle diese Arbeiten waren bis zum Morgen des 4. November nahezu beendet. In Oltenitza hatten die Türken somit nur einen Brückenkopf auf dem linken Donauufer. Die türkische Armee hatte den Fluß nicht überschritten und hat es auch bis jetzt nicht getan. Doch hatte sie ein sicheres debouche2 am
1 kleinen beschnßsicheren Festungswerkes - " eine sichere Ausgangsstellung
linken Ufer, das sofort benutzt werden konnte, wenn genügend Kräfte bei Turtukai konzentriert waren. Außerdem hatten sie die Möglichkeit, die rechte oder die linke Seite des Ardschisch zu erobern; und schließlich waren alle ihre Operationen in der Nähe des Flusses durch 10 schwere Geschütze in der Festung auf den Höhen von Turtukai geschützt, deren Schußweite infolge der erhöhten Position und der Enge des Flusses an dieser Stelle wenigstens eine halbe Meile über den Brückenkopf hinausreichte. Der Brückenkopf war von 3 Linienbataillonen (2400 Mann), 2 Gardekompanien (160 Mann), 2 Kompanien Scharfschützen (200 Mann), 100 Kavalleristen und etwas Artillerie besetzt, die die im Lazarett postierten 12 schweren Geschütze bediente. Der rechte Flügel der Verschanzung wurde von den Geschützen von Turtukai flankiert und bestrichen, die außerdem die ganze Ebene vor dem Zentrum des Brückenkopfes unter Feuer nehmen konnten. Der linke Flügel, der sich an den Ardschisch anlehnte, wurde von der Batterie auf der Insel flankiert; doch ein Teil dieses Gebiets war mit dichtem Strauchwerk bewachsen, das den sich nähernden Russen beträchtlichen Schutz zu bieten vermochte. Als die Russen am 4. November die Türken angriffen, hatten sie nach Omer Paschas Angaben 20 Bataillone, 4 Kavallerieregimenter, 32 Geschütze, insgesamt etwa 24000 Mann. Sie waren wahrscheinlich folgendermaßen formiert: 12 Bataillone und 14 Geschütze gegenüber dem Zentrum des Brückenkopfes; 2 Bataillone und 2 Geschütze im Gehölz zur Linken (für die Russen zur Rechten) des Ardschisch; 6 Bataillone en echelon1 mit 4 Geschützen gegen den türkischen rechten Flügel; zur Donau hin war ihre Front verlängert und durch Kavallerie flankiert. Nachdem das Feuer der russischen Geschütze eine Zeitlang angehalten hatte, bildete zuerst das Zentrum eine Angriffskolonne; die beiden Flügel folgten; dann rückte die Artillerie, die zuerst aus einer Distanz von etwa 1200 Yard von den Parapetts gefeuert hatte, in die richtige Schußweite für Kartätschen (600 bis 700 Yard) auf, und die Angriffskolonnen wurden vorwärtsgetrieben. Wie vorauszusehen war, wurde die linke russische Kolonne (die nächste zur Donau) durch das Feuer der Geschütze von Turtukai auseinandergesprengt; das Zentrum teilte bald dasselbe Schicksal; die rechte Kolonne (am Ardschisch) wurde durch das Feuer von der Insel zerschlagen und war offenbar viel zu schwach, um wirksam zu sein. Der Angriff wurde ein- oder zweimal wiederholt, doch ohne das Ensemble der ersten Attacke, und dann hatten die Russen genug davon. Sie waren entschlossen
1 Gefechtsformation, in der die einzelnen Angriffskolonnen seitwärts hintereinander (gestaffelt) aufgestellt werden
34 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
bis zum Rande des Grabens vorgedrungen (was mein nicht zu wörtlich nehmen darf), aber das türkische Feuer hatte sich als überwältigend erwiesen, noch bevor es zu einem Handgemenge gekommen war. Während des Kampfes schickte Omer Pascha ein Bataillon regulärer Truppen als Reserve über den Fluß. Man kann also die dabei beteiligten Türken auf 3600 Infanteristen mit 44 schweren Geschützen veranschlagen. Schwerer läßt sich die Zahl der Russen bestimmen. Während Omer Pascha von 20 Bataillonen spricht, stimmen zwei britische Offiziere in seinem Lager darin überein, daß die tatsächlich eingesetzten Kräfte etwa 8000 Mann betrugen. Diese beiden Behauptungen widersprechen sich jedoch nicht völlig. Die Russen mögen etwa 20 Bataillone für den Kampf bereit gehabt haben, und doch kann die wirkliche Stärke der Kolonnen bei jedem Angriff nicht mehr als 8 Bataillone betragen haben, sei es wegen der Bodenbeschaffenheit oder weil sie ihren Gegner unterschätzten; ein Umstand, den die britischen Offiziere nicht erwähnen, über den aber Omer Pascha berichtet, beweist, daß die Russen große Reserven hatten. An der Spitze jedes neuen Angriffs war nämlich ein frisches Bataillon, das zu diesem Zweck aus der Reserve herausgezogen wurde. Auch tragen die Berichte der beiden „Offiziere von der Garde Ihrer Majestät" in jeder Zeile den Stempel jener ignoranten und unerfahrenen Selbstgefälligkeit, die den Subalternen der privilegierten Korps aller Armeen eigen ist. Wir halten daher Omer Paschas Bericht im ganzen für glaubwürdig. Es mögen 18 oder 20 russische Bataillone während der Aktion anwesend gewesen sein, von denen 10 oder 12 wahrscheinlich nacheinander eingesetzt worden sind; 6000 bis 8000 mag die Zahl derjenigen betragen haben, die im gegebenen Moment gleichzeitig und erfolglos auf die türkischen Verschanzungen vorrückten. Die Verluste der Russen, die sich auf wenigstens 1500 bis 2000 Mann beliefen, beweisen auch, was für Massen sie ins Feld geführt haben müssen. Sie wurden schließlich abgewiesen, ließen 500 Gewehre, eine Menge Bagage und Munition sowie 800 Tote und Verwundete in den Händen der Türken zurück und zogen sich teilweise in Unordnung zurück. Wenn wir die Taktik dieses Kampfes auf beiden Seiten betrachten, so finden wir zu unserem Erstaunen, daß die Russen einen groben Fehler begingen und daß ihre offenbare Niederlage die verdiente Buße dafür ist. Sie unterschätzten ihren Gegner in einer Weise, die kaum ihresgleichen hat. Sie hatten sehr starke Linien anzugreifen mit einem vorzüglichen reduit, das von 10 schweren Geschützen auf der Insel flankiert und von 22 Geschützen in Turtukai beherrscht wurde, die auch das Gelände vor den Linien beherrschten; alles in allem 44 oder wenigstens 38 Geschütze, die alle oder zum größten
Teil von schwerem Kaliber waren. Nun weiß jeder Offizier, daß man beim Angriff auf eine Feldbefestigung zuerst deren Geschütze und die sie unterstützenden Batterien durch eigene Artillerie zum Schweigen bringen muß; dann muß man die Parapetts, Palisaden und anderen Verteidigungsmittel soweit wie möglich zerstören und darauf, indem man mit seinen Batterien den angegriffenen Befestigungen immer näher rückt, die Parapetts mit einem anhaltenden Feuerhagel von Kartätschen bestreichen, bis mein es endlich wagen kann, sich mit seinen Angriffskolonnen auf die halbzerstörten Verschanzungen und ihre entmutigten Verteidiger zu stürzen. Um all dies tun zu können, muß mein eine an Zahl und Kaliber entschieden überlegene Artillerie besitzen. Aber was versuchen die Russen? Nach einer kurzen Kanonade aus 12 Zwölfpfündern und 20 Sechspfündern stürmen sie einen Brückenkopf, der von Artillerie verteidigt wird, die der ihren an Zahl, Kaliber und noch mehr an Erfahrung überlegen ist! Diese russische Kanonade kann nur als eine reine Formalität betrachtet werden, als eine Art Höflichkeitsbezeigung gegen die Türken, denn einen ernsthaften Zweck konnte sie nicht haben; und wenn sich die russischen Batterien, wie allgemein berichtet wird, dem Brückenkopf wirklich bis auf 650 Yard näherten, so ist es verwunderlich, daß wir nichts über demontierte Geschütze hören. Zugleich aber müssen wir die Tapferkeit der russischen Truppen einerkennen, die sich, obwohl sie höchstwahrscheinlich zum erstenmal und noch dazu unter so ungünstigen Verhältnissen im Feuer standen, dennoch den türkischen Linien bis auf 50 Yard näherten, ehe sie durch das überlegene Feuer, mit dem man sie überschüttete, vernichtet wurden. Aber auch über die Taktik der Türken können wir nicht viel Günstiges berichten. Es war sehr gut, daß Omer Pascha während der Angriffe nicht mehr Truppen auf dem Brückenkopf zusammendrängte, als zu seiner Verteidigung notwendig waren. Aber wie kommt es, daß er keine Reserve, besonders an Kavallerie, am Ende der Brücke bei Turtukai und auf der Insel konzentrierte? Warum warf er, als die Niederlage der Russen offenkundig wurde, seine Kavallerie nicht gegen den geschlagenen Feind? Warum gab er sich nach alledem mit der moralischen Wirkung des Sieges zufrieden und unterließ es, alle Früchte desselben einzuheimsen, wodurch er den Feldzug entschieden haben könnte? Wir können dafür nur zwei Entschuldigungen finden: erstens, daß das System der ununterbrochenen Linien bei Feldbefestigungen eine kräftige Offensivaktion nach der Zurückschlagung des Feindes erschwert, da die ununterbrochene Linie keine weiten Zwischenräume für plötzliche und energische Vorstöße größerer Truppenmassen bietet; und zweitens, daß Omer Pascha entweder seinen Truppen nicht die Fähigkeit zutraute, im
offenen Felde zu kämpfen, oder nicht genug Truppen bereit hatte, um den Sieg auszunutzen. Das führt uns zu den strategischen Fragen, die mit dieser Aktion verbunden sind. Hätte Omer Pascha bei Oltenitza die Truppen gehabt, die bei Kalafat ohne Beschäftigung herumlungerten, hätte er dann nicht entschiedener vorgehen können? Wie kam es, daß ein Korps von 12000 Mann mit einer Reserve von der gleichen Stärke gegen Kalafat dirigiert wurde, um jenen Punkt der russischen Position zu bedrohen, an dem die Russen am ehesten wünschen mußten, angegriffen zu werden? Wie kam es, daß an dem Punkt, wo die Türken entschiedene Vorteile erringen konnten, diese 24000 Mann nicht vorhanden waren? Doch das ist nur ein Punkt. Wie jetzt zweifellos feststeht, konnten die Russen Ende Oktober nicht mehr als 50000 bis 55000 Soldaten in der Walachei aufbringen. Wenn man den Mangel an Straßen und das durchschnittene Terrain in Betracht zieht, das Detachements unvermeidlich macht, wenn man ferner die üblichen Ausfälle bei jeder aktiven Armee bedenkt, so ist es sicher, daß die Russen an keinem Punkt mehr als 30000 Mann konzentrieren konnten. 40000 Türken, die sich an einem beliebigen Ort in der Walachei versammelten, konnten sie bestimmt schlagen; und hätten die Türken dies gewollt und zur geeigneten Zeit die geeigneten Schritte unternommen, so hätten sie sicherlich verhältnismäßig leicht eine solche Anzahl oder sogar das Doppelte zusammenbringet^ können. Allein die Einmischung der europäischen Diplomatie, die Unentschlossenheit im Diwan, die schwankende türkische Politik gegenüber Serbien und andere ähnliche Beweggründe scheinen eine Reihe von halben Maßnahmen hervorgerufen zu haben, die Omer Pascha beim Ausbruch der Feindseligkeiten in eine sehr eigenartige Lage brachten. Er kannte die Schwäche der Russen; er selbst hatte eine weit überlegene Armee, die darauf brannte loszuschlagen. Doch seine Armee war über ein Gebiet von 350 Meilen Länge und 50 bis 100 Meilen Breite verstreut. Die natürliche Folge davon waren seine lahmen Operationen während der ersten Novemberhälfte. Der Ubergang bei Kalafat, der unter anderen Verhältnissen ein Fehler gewesen wäre, wurde so beinahe zu einer Notwendigkeit; denn Widdin war der natürliche Konzentrationspunkt von etwa 20000 Mann, die ohne diesen Übergang ganz inaktiv geblieben wären, da sie zu weit von der Hauptarmee entfernt waren. Dieser Übergang setzte sie wenigstens in den Stand, einen Teil der russischen Kräfte lahmzulegen und einen für die Türken günstigen moralischen Eindruck hervorzurufen.
Der Übergang bei Oltenitza - der offenbar als der Hauptangriff geplant war, durch den Bukarest genommen werden sollte, und der die Russen, die
durch die Operation bei Kalafat westwärts gelockt worden waren, vom Rückzug abschneiden sollte - hatte nicht die geringste Wirkung, denn die zu einem Marsch nach Bukarest notwendigen Kräfte scheinen nicht vorhanden gewesen zu sein. Der moralische Effekt der Schlacht bei Oltenitza war sicherlich ein großer Gewinn; aber die Untätigkeit nach dem Sieg dauerte neun Tage und endete infolge des einsetzenden Regens mit dem freiwilligen Rückzug der Türken hinter die Donau. Diese Untätigkeit und dieser Rückzug brauchen zwar die Siegesfreude auf dem Antlitz des türkischen Soldaten nicht zu trüben, sie beeinträchtigen aber das Ansehen des türkischen Generals höchstwahrscheinlich mehr, als er es verdient. Indes, mag der ursprüngliche Fehler beim Diwan liegen, irgendwo muß auch Omer Pascha hier einen Fehler gemacht haben. Zwölf Tage am linken Donauufer zu verbringen, eine Brücke und einen Brückenkopf zu beherrschen, stark genug, um die vereinigten Kräfte der Russen zurückzuschlagen, eine starke, angriffslustige Armee hinter sich zu haben und nicht die Mittel zu finden, 30000 bis 40000 Mann hinüberzubringen - wahrlich, das alles kann nicht ohne irgendeine Fahrlässigkeit des Generals geschehen. Die Russen können sich bedanken, daß man sie so entwischen ließ. Nie ist eine russische Armee aus einer nur halb so schwierigen Situation mit so geringen materiellen Verlusten herausgekommen. Sie verdienten es, völlig aufgerieben zu werden, und statt dessen sind sie jetzt in völliger Sicherheit. Ob es noch einmal eine so günstige Gelegenheit geben wird, kann man füglich bezweifeln.
Geschrieben etwa 2.Dezember 1853. Aus dem Englischen.
Karl Marx
Der türkische Krieg - Das industrielle Elend
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3952 vom 16. Dezember 1853] London, Freitag, 2. Dezember 1853 Seit ich das letzte Mal schrieb, hat kein Gefecht von Bedeutung in der Türkei stattgefunden; aber die russische Diplomatie, die gefährlicher ist als die russische Generalität, ist wieder an der Arbeit, und das Wiederaufleben der berüchtigten Londoner Konferenzen von 1840 und 1841, die mit der Sanktionierung des Vertrags von Hunkiar-Iskelessi endeten, wird von den Regierungsblättern zu beiden Seiten des Kanals mehr oder weniger direkt und in leicht veränderter Form angekündigt. Die „Times"[26] macht sogar Andeutungen über „energische Schritte zur Pazifikation", d. h. einer Art bewaffneter Pazifikation, die gegen die Türkei gerichtet ist von denen, die sich ihre Beschützer nennen. Ein großer diplomatischer Fakt ist unmißverständlich: die letzte Note nämlich, die das englische Kabinett nach Konstantinopel sandte, der englische Botschafter der Pforte vorlegte und der Diwan am H.November zurückwies, erweist sich als nichts anderes als eine zweite Auflage der Antwort Reschid Paschas auf das Ultimatum des Fürsten Menschikow vom letzten Mai. Auf diese Weise geben die Palmerstons und Aberdeens dem Sultan zu verstehen, daß, wie auch sonst die Lage der Dinge sich geändert habe, die Beziehungen zwischen der Türkei und Rußland seit letztem Mai ganz unverändert geblieben seien, und weder die Türkei in den Augen der westlichen Diplomatie etwas gewonnen, noch Rußland etwas verloren hat.
Da Fürst Alexander von Serbien den türkischen Truppen verbietet, durch sein Gebiet zu marschieren, die Rückkehr des russischen Generalkonsuls verlangt und in seiner Erklärung ein den Sultan von der Türkei und von Rußland als von zwei gleichberechtigten Schutzmächten in bezug auf die Donaufürstentümer spricht, so kann man wohl auf ernste Konflikte mit Serbien gefaßt sein, die, wenn auch zu jeder anderen Zeit für die Türkei Verhängnis
voll, im gegenwärtigen Moment vielleicht das einzige Mittel sind, sie aus den Klauen der westlichen Diplomatie zu retten. Jeder neue Zwischenfall, der die gegenwärtige Lage noch schwieriger macht, das bankrotte Österreich aus seiner gefährlichen Neutralität treibt, die Möglichkeit eines europäischen Krieges vergrößert und der Türkei das Bündnis mit der revolutionären Partei aufzwingt, kann für die Türkei nur von Vorteil sein, wenigstens in ihrem Konflikt mit Rußland. Die inneren Ursachen ihres Verfalls werden selbstverständlich auch weiter wirken, wenn ihnen nicht entgegengewirkt wird durch eine grundlegende Umgestaltung des türkischen Regimes in Europa. Von dem Krieg, der zwischen den Russen und Türken in den Donaufürstentümern geführt wird, wollen wir für einen Augenblick zurückkehren zu dem Krieg, der in den Fabrikdistrikten Englands zwischen Fabrikanten und Arbeitern tobt. Sie werden sich der Zeit erinnern, als die Fabrikanten die von den Arbeitern geführte Bewegung zur Verkürzung des Arbeitstags heftig bekämpften und beschimpften. Jetzt hat sich das Blatt gewendet, und, wie ich seinerzeit voraussagte, wird das System des verkürzten Arbeitstags den Arbeitern von den Fabrikanten1 aufgezwungen. Die Aussperrung offenbart ihre wahre Bedeutung als eine Finanzmaßnahme seitens der Fabrikanten, als eine Art Gegenmittel zu industrieller Uberproduktion, die beispiellos in der „Geschichte der Preise"[3733 ist. Vergangenen Montag haben die Fabriken die Arbeit wieder aufgenommen, aber nur für vier Tage pro Woche, und zwar im Rochdale-Distrikt (Burnley, Bacup, Newchurch), in Bury und im Ashton-Distrikt (Ashton, Stalybridge, Glossop, Hyde, Newton). Bolton wird bald folgen müssen. Manchester diskutiert die Frage: nicht ob, sondern wann nachzugeben. In zwei oder drei Wochen wird die verkürzte Arbeitszeit edlgemein sein, mit Ausnahme einiger Industriezweige, die sich in günstiger Lage befinden. Dies muß natürlich das Einstellen der Sammlungen von Hilfsgeldern für die Widerstand leistenden Arbeiter in Preston nach sich ziehen. Aber sogar bei vier Tagen Arbeit in der Woche geht die Produktion noch über die Nachfrage hinaus. Man braucht nur daran zu denken, daß vor noch nicht drei Wochen die Fabrikanten von Preston bereits einen Lagerbestand hatten, der zwanzig Wochen Produktion gleichkommt und sich als nahezu unverkäuflich erwies. Die industrielle Krise muß nicht erst beginnen; sie hat bereits in einem ziemlichen Maße eingesetzt.
„Die Reduzierung der Arbeitszeit", sagt die „Times", „ist von einer Reduzierung der Löhne auf den Stand, wie er vor den jüngst von den Arbeitern erzielten Erhöhungen war, begleitet."
„Ein Pauper kann keine Bedingungen diktieren - er muß nehmen, was ihm geboten wird" sagt der „Economist" t22l in einem Anfall von Ehrlichkeit.
• Ich habe wiederholt erklärt, daß die Streiks der Arbeiter, die in einem zu späten Zeitabschnitt begannen, und zwar, als die durch eine beispiellose Prosperität hervorgerufenen günstigen Möglichkeiten schon wieder am Dahinschwinden waren, vom ökonomischen Standpunkt oder soweit es ihr unmittelbares Ziel betrifft, sich als nicht erfolgreich erweisen können. Aber sie haben ihr Werk getan. Sie haben das Industrieproletariat revolutioniert und, herausgefordert durch teure Lebensmittel und billige Arbeit, werden sich die politischen Konsequenzen zu gegebener Zeit zeigen. Schon allein die Idee eines Arbeiterparlaments, das in Wirklichkeit nichts anderes bedeutet als den Ruf an die Arbeiter, sich wieder unter den Bannern des Chartismus zu sammeln, hat bei der Bourgeoispresse Furcht hervorgerufen. Der „Economist" sagt:
„Herr Ernest Jones, der Herausgeber des .People's Paper £591, wird als der Nachfolger von Herrn Feargus O'Connor bezeichnet, wie Herr O'Connor der Nachfolger von Herrn Hunt war... Indem sie Hunt und O'Connor folgten, haben die Arbeiter nichts weiter gewonnen als schwere Schläge und große Verluste; nichtsdestoweniger setzen sie in den Nachfolger dieser großen Könige das gleiche Vertrauen und erwarten nun, von Jones gerettet zu werden."
Aus den folgenden Zitaten werden Sie ersehen, daß die englischen Bourgeoiszeitungen, wenn durch Parteiinteressen angespornt, wie im Falle vom „Morning Herald"1243 oder wenn, wie die „Morning Post"[275, durch einen zynischen aber scharfsinnigen Beobachter wie Palmerston inspiriert, wissen, wie sie den gegenwärtigen Stand der Dinge einzuschätzen und wie sie mit den Vulgarismen des Prosperity-Robinson[374J zu verfahren haben:
„Wenn Sie die Fabrikanten jetzt hören, so könnten Sie annehmen, daß ihre Autorität nicht weniger als göttlich wäre und daß die Sicherheit des Imperiums davon abhinge, daß man ihnen erlaubt, eine Macht auszuüben, die nur wenig geringer als die des französischen Kaisers ist... Etwa 60000 der Arbeiter von Lancashire leben in diesem Augenblick von einer Kost, die kaum ausreicht, Leib und Seele zusammenzuhalten, ohne auch nur einen Gedanken an Plünderung und Gewalttaten, obgleich sie in Städten leben, die infolge der Sparsamkeit der Fabrikanten ohne jeden polizeilichen Schutz sind. Ob sie recht haben oder nicht, diese Männer haben mannhaft zu ihren Ansichten und ihren Führern gestanden, und es würde nicht leicht sein, ein anderes Beispiel einer Bewegung zu finden, die gleichzeitig so friedvoll und so wirksam durchgeführt wurde." („Morning Herald") „ Unsere Ökonomen priesen den überwältigenden Segen, der, herrlicher als all unsere Träume, sich als Ergebnis des Freihandels über uns ergießen würde; doch der Winter steht vor uns, und die Pest wartet nur auf die Rückkehr des Frühlings, und gerade
jetzt, da unsere Armen am dringendsten mehr Nahrung und Kleidung brauchen, um sich in einem solchen Maße physisch zu kräftigen, daß sie den Krankheiten Widerstand leisten können - gerade in solch einer Zeit werden sie durch die beispiellos hohen Preise für alle lebensnotwendigen Waren erdrückt. Nichts zu sehen ist von der Milch und dem Honig, welche das Land reich machen sollten; und es sieht so aus, als ob all das, was über das Andauern der Billigkeit und des Überflusses behauptet wurde, offensichtlich zu den tausend andern im Volke verbreiteten Illusionen gehört, mit denen man die Gesellschaft betrogen hat... Die englische Gesellschaft ist eine schmutzige, verpestete, unmoralische, unwissende, grausame, tölpelhafte,unzufriedene und ungewöhnlich arme Gemeinschaft."
Solcher Art ist die Sprache der „Morning Post", des Salonblatts und offiziellen Organs von Mylord Palmerston. Karl Marx
Aus dem Englischen.
Karl Marx
Der Quadrupelvertrag - England und der Krieg
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3960 vom 16. Dezember 1853]
London, Freitag, 9. Dezember 1853 Ihre Leser sind Schritt für Schritt den diplomatischen Manövern des Koalitionskabinetts gefolgt, und sie werden daher von keinem neuen Versuch der Palmerstons und Aberdeens überrascht sein, die, unter dem Vorwand, die Türkei zu schützen und den Frieden in Europa zu sichern, den Zaren unterstützen. Sogar auf die Auferstehung eines Wiener Kongresses oder einer Londoner Konferenz sind sie vollkommen vorbereitet. Die Börse der Hauptstadt war am vergangenen Freitag zuerst durch den „Morning Chronicle "[29] davon informiert worden, daß es England gelungen ist, Österreich und Preußen zu überreden, die Westmächte bei ihrem Versuch einer neuen Vermittlung zwischen den kriegführenden Parteien zu unterstützen. Dann kam die „Morning Post"[27] mit der Nachricht von „diesem Versuch" und der tröstlichen Bekanntmachung, daß
„um die Mitwirkung Preußens und Österreichs bei diesem Versuch angesucht und diese erhalten wurde, und daß die vier Mächte ein Protokoll unterzeichnet haben, durch welches sie sich stillschweigend verpflichteten, die gegenwärtige territoriale Aufteilung Europas aufrechtzuerhalten und die kriegführenden Mächte aufzufordern, mittels einer europäischen Konferenz zu einer friedlichen Regelung ihrer Differenzen zu kommen. Der erste Schritt, den die vier Mächte unternehmen werden, wird darin bestehen, festzustellen, auf welcher Grundlage die Türkei Verhandlungen für eine Übereinkunft in der orientalischen Streitfrage zulassen wird. Wenn dies eindeutig festgestellt sein wird, werden die vier Mächte Rußland auffordern, seine Ansichten über die Grundlagen der vorgeschlagenen Übereinkunft zu äußern. Danach werden beide Mächte aufgefordert werden, Bevollmächtigte zu einer Konferenz der Großmächte an einem noch zu bestimmenden Ort und zu einer noch zu bestimmenden Zeit zu entsenden... Die Würde des Zaren würde nicht angetastet und
die Interessen der Türkei völlig gewahrt werden, in erster Linie durch ein Abkommen über gutes Einvernehmen, Frieden und Handel zwischen der Türkei und Rußland mit der Klausel, die Untertanen beider Staaten innerhalb der Territorien des anderen zu schützen; in zweiter Linie durch einen Vertrag zwischen dem Sultan und den fünf Mächten, ähnlich dem Vertrag über die Dardanellen vom Jahre 1841, in welchem sich der Sultan verpflichten solle, die bestehenden Verfassungen und Vorrechte der Donaufürstentümer und Serbiens zu respektieren, und es ebenso wie in dem Vertrag von Kainardschi auf sich nehmen solle-diesmal Europa und nicht Rußland gegenüber-, die christliche Religion innerhalb seiner Besitzungen besonders zu beschützen."
Schließlich kam der Donnerer vom Printing House Squaret82] und verkündete in einer ersten Ausgabe, das Bündnis zwischen den vier Mächten sei endgültig abgeschlossen, und sie hätten Bedingungen festgelegt, die Rußland und die Pforte notfalls „zu akzeptieren gezwungen werden könnten". Sofort stiegen die Aktien; doch die Freude der Börsenleute erwies sich als kurzlebig, da die gleiche „Times"1261 in ihrer zweiten Ausgabe bekanntgab, daß die vier Mächte tatsächlich ein Protokoll unterzeichnet und den Entwurf einer Kollektivnote überreicht hatten, ohne sich jedoch verpflichtet zu haben, ihre Annahme zu erzwingen. Daraufhin fielen die Aktien wieder. Schließlich blieb von der „aufsehenerregenden Nachricht" nichts übrig, als die alte Geschichte von der Wiederauferstehung des Leichnams des Wiener Kongresses seligen Angedenkens - von seinem Geist zu sprechen, wäre absurd -, und eine telegraphische Depesche bestätigte die Nachricht, daß „die Viermächtekonferenz in Wien am 6. Dezember erneut einen Vorschlag für die Beilegung der schwebenden Differenzen auf der Grundlage eines neuen Projekts nach Konstantinopel übersandt hatte und daß die Friedensunterhandlungen selbst dann fortgesetzt werden, wenn die begonnenen Feindseligkeiten noch nicht suspendiert sind". Unmittelbar am Vorabend des Krieges hatte die Wiener Konferenz jene in die Vergangenheit schauende Pythia[375] - der Türkei gerade vorgeschlagen, Fürst Menschikows Ultimatum einzunehmen. Nachdem Rußland die erste Niederlage erlitten hatte, unterstützten England und Frankreich die Antwort Reschid Paschas auf Fürst Menschikows Ultimatum. Welche Phase der vergangenen Verhandlungen sie in ihrer Rückbewegung jetzt erreicht haben, kann unmöglich vorausgesagt werden. Die „Augsburger Zeitung"t1161 berichtet, daß die neuen Vorschläge der Konferenz den Wunsch der vier Mächte zum Ausdruck bringen, „den Krieg zu vermeiden". Wirklich eine überraschende Neuigkeit! So fade auch all dieses diplomatische Geschwätz in einem Augenblick erscheinen mag, da der Status quo von einem Status belli verdrängt worden ist, so dürfen wir doch nicht vergessen, daß die geheimen Absichten des britischen
Kabinetts durch die phantastischen Pläne von Kongressen und Konferenzen durchscheinen; daß die ministeriellen Zeitungen ihre Fühler ausstrecken, um festzustellen, wie weit sich das Ministerium vorzugehen erlauben kann, und daß mehr als einmal die durch nichts begründeten Gerüchte von heute die Ereignisse von morgen vorher anzeigten. Soviel ist sicher, daß die Quadrupelallianz von England in der Absicht vorgeschlagen wurde, der Türkei die von den vier Mächten zu fassenden Beschlüsse aufzuzwingen, selbst wenn Österreich sich weigern sollte, der Allianz beizutreten. Auch wenn kein Bündnis abgeschlossen wurde, so ist doch zumindest von den vier Mächten ein „Protokoll" unterzeichnet worden, das die Prinzipien festlegt, nach denen die Verhandlungen geführt werden sollen. Nicht weniger fest steht, daß die Wiener Konferenz, welche die Türkei so lange an einer Aktion hinderte, bis die russische Armee die Donaufürstentümer besetzt und die Grenzen Bulgariens erreicht hatte, ihre Tätigkeit wieder aufgenommen und bereits eine neue Note an den Sultan entsandt hat. Daß es keineswegs eines großen Schrittes bedarf, um von einer Wiener Konferenz zu einer europäischen Konferenz in London zu gelangen, wurde bereits zur Zeit des Aufstandes unter Mechmed Ali 1839 bewiesen. Wenn die Konferenz ihr Werk der „Pazifikation" und Rußland inzwischen den Krieg gegen die Türkei fortsetzen sollte, so wäre das nur eine Wiederholung der Londoner Konferenz 1827-1829, deren Ergebnis die Zerstörung der türkischen Flotte bei Navarino und der Verlust der türkischen Unabhängigkeit durch den Vertrag von Adrianopel war. Die Grundlagen der Verhandlungen, die vom britischen Kabinett vorgeschlagen und von den übrigen Mächten angenommen wurden, werden in den ministeriellen Zeitungen deutlich angezeigt: Erhaltung der „gegenwärtigen territorialen Aufteilung Europas". Es wäre ein großer Fehler, wenn man in diesen Vorschlägen eine einfache Rückkehr zu den Bedingungen des Wiener Friedens erblicken wollte. Das Auslöschen des Königreichs Polen, die Besitzergreifung der Donaumündungen durch Rußland, die Einverleibung Krakaus, die Umwandlung Ungarns in eine österreichische Provinz - alle diese „territorialen Ubereinkommen" sind nie durch irgendeine europäische Konferenz sanktioniert worden. So würde denn eine Sanktion der „jetzigen territorialen Aufteilung Europas" vielmehr eine Sanktion aller Verletzungen des Wiener Vertrags durch Rußland und Österreich seit 1830 bedeuten, anstatt, wie behauptet wird, die Türkei einfach zum Wiener Vertrag zuzulassen. „Ein Vertrag über gutes Einvernehmen, Frieden und Handel zwischen Rußland und der Türkei" - das sind die gleichen Worte, wie sie in der Einleitung der Verträge von Kainardschi, Adrianopel und Hunkiar-Iskelessi zu finden sind. „Ein Vertrag, wie der über die Dardanellen von 1841", schreibt
eine Zeitung Palmerstons1. Ganz richtig! Ein Vertrag wie jener, der Europa von den Dardanellen ausschloß und den Euxinus in ein russisches Meer verwandelte. Aber, schreibt die „Times", warum sollen wir uns nicht den freien Zugang zu den Dardanellen für Kriegsschiffe und freie Schiffahrt auf der Donau ausbedingen? Doch lesen Sie Lord Palmerstons Brief vom September 1839 an Herrn Bulwer, den damaligen Botschafter in Paris, und Sie werden finden, daß man damals ähnliche Hoffnungen gehegt hat. „Der Sultan ist verpflichtet, die bestehenden Verfassungen der Donaufürstentümer und Serbiens zu respektieren." Doch diese bestehenden Verfassungen teilen die Souveränität über die Provinzen zwischen dem Zaren und dem Sultan, und sie sind bis heute von keiner europäischen Konferenz anerkannt worden. Die neue Konferenz würde demnach dem de-factoProtektorat Rußlands über türkische Gebiete die Zustimmung Europas hinzufügen. Der Sultan würde dann nicht dem Zaren, sondern Europa gegenüber verpflichtet sein, „die christliche Religion innerhalb seiner Gebiete zu beschützen". Das bedeutet, daß das Recht jeder ausländischen Macht, sich in die Angelegenheiten des Sultans mit seinen christlichen Untertanen einzumischen, zu einem Paragraphen des internationalen europäischen Rechts werden würde, und Europa im Falle neuauftretender Konflikte vertraglich gebunden wäre, die Prätentionen Rußlands zu unterstützen, das als einer der Vertragspartner berechtigt wäre, den von den Christen in den Gebieten des Sultans geforderten Schutz in seinem Sinne zu interpretieren. Aus diesem Grunde ist der neue Vertrag, wie ihn das Koalitionskabinett vorgeschlagen und dessen eigene Organe interpretiert haben, der umfassendste Plan der Preisgabe Europas an Rußland, der je ausgeheckt worden ist, ein Plan, der alle Veränderungen sanktioniert, die durch die Konterrevolution seit 1830 herbeigeführt wurden. Es ist daher kein Grund vorhanden, über die Änderung in der Politik Österreichs in Jubel oder Staunen auszubrechen, eine Änderung, die, wie die „Morning Post" zu glauben vorgibt, „in den letzten zehn Tagen plötzlich eingetreten ist". Was Bonaparte angeht, so ist für den Augenblick der Parvenü-Kaiser vollauf zufrieden, mit der Türkei als seiner Leiter in den Himmel der alten legitimen Mächte emporzuklettern, was immer auch seine sonstigen Pläne sein mögen. Die Ansichten des Koalitionskabinetts sind unverhüllt von der ministeriellen Wochenzeitung, dem „Guardian"[376] ausgedrückt worden: „Es ist einfach lächerlich, Rußland wie einen geschlagenen Feind zu behandeln und sich einzubilden, wir hätten es bei der Gurgel gepackt, nur weil russische Truppen
1 „The Morning Post", London
von den Gräben vor Oltenitza zurückgeworfen und einige Forts am Schwarzen Meer erobert worden sind. Diese geringfügigen Verluste würden nur seinen Stolz entfachen und es von Verhandlungen fernhalten, bis es sich in einer stärkeren Position befindet. Doch Herrscher werden, ebenso wie andere Menschen, von verschiedenen Motiven gelenkt. Der Zar ist ein stolzer und leidenschaftlicher, doch auch ein vorsichtiger Mann. Er ist in einen Streit verwickelt, in dem er verlieren, aber nichts gewinnen kann. Seine Politik ist die gleiche wie die seiner Vorgänger, welche stets mehr durch Kriegsdrohungen als durch Kriege selbst gewonnen haben und deren stetiges und unwandelbares System von Übergriffen ein gut Teil elastischer Anpassungsfähigkeit enthält, das ihnen ermöglichte, große Katastrophen zu vermeiden und sogar Nutzen aus kleinen Rückschlägen zu ziehen. Der vorläufige Beschluß der vier Mächte, keine Änderungen in den territorialen Verhältnissen Europas durchzuführen oder zu gestatten, scheint von dieser Vernünftigen Ansicht über die Stellung des Zaren und über seine Politik auszugehen. Enttäuscht sein werden diejenigen, die sich einbilden, daß England ihn besiegt hat oder die sich von dem phantastischen Unsinn der protektionistischen Zeitungen irreführen lassen. Auf der Tagesordnung steht jedoch nicht die Demütigung Rußlands, sondern die Pazifikation Europas" (im russischen Sinne natürlich), „soweit wie möglich jenen dauerhaften Frieden zu erringen, für den der französische Soldatengesandte1 dem Sultan das Ehrenwort seines Herrn verpfändete. Der bevorstehende Vertrag, dessen können wir gewiß sein, wird keine bloße Wiederherstellung des Status quo sein, sondern er wird zumindest versuchen, die Beziehungen zwischen der Türkei und Europa sowie zwischen der türkischen Regierung und ihren christlichen Untertanen auf einer dauerhaften Grundlage zu regeln. Ja, versuchen - denn so dauerhaft wir es auch zu regeln vermöchten, im Grunde wird jede Übereinkunft, die in Europa ein Türkisches Reich zuläßt, immer provisorisch bleiben. Solch eine provisorische Ubereinkunft jedoch ist heute möglich und notwendig."
Daher besteht das Endziel, welches die Mächte anstreben, darin, dem Zaren zu helfen, „Nutzen aus kleinen Rückschlägen zu ziehen" und in Europa „ein Türkisches Reich nicht zuzulassen". Die provisorische Ubereinkunft wird selbstverständlich zu der Verwirklichung des Endzieles beitragen, soweit es überhaupt „heute möglich ist". Einige Umstände haben jedoch die Berechnungen der Koalitionspolitiker in einer einzigartigen Weise durcheinandergebracht. Das sind einmal die Nachrichten von den erneuten Siegen der Türken an den Ufern des Schwarzen Meeres und an den Grenzen Georgiens. Zum andern ist es die hartnäckige Behauptung, die ganze in Polen stationierte Armee habe Befehl zum Vormarsch auf den Pruth erhalten, während wir demgegenüber von den Grenzen Polens informiert worden sind, daß
1 Baraguey d'Hilliers
„in der Nacht vom 23. auf den 24. vorigen Monats die Branka oder die Rekrutenaushebung für die Armee stattfand, und in Orten, wo man bisher einen oder zwei Mann genommen hatte, jetzt acht bis zehn ausgehoben wurden". Dies zeigt zumindest, daß der Zar nur geringes Vertrauen in den Frieden stiftenden Genius der vier Mächte hegt. Die offizielle Verlautbarung Österreichs, „daß keinerlei Bündnisse zwischen den vier Höfen abgeschlossen wurden", zeigt, daß Österreich, so gern es auch der Türkei Bedingungen aufzwingen möchte, es nicht einmal wagt, sich den Anschein zu geben, als wolle es den Zaren zwingen, Bedingungen anzunehmen, die in dessen eigenem Interesse ausgearbeitet wurden. Schließlich hat die Antwort des Sultans an den französischen Botschafter, daß „gegenwärtig eine freundschaftliche Ubereinkunft völlig unannehmbar sei, ohne daß Rußland seine erhobenen Prätentionen völlig fallen läßt und sich sofort aus den Fürstentümern zurückzieht", die Kongreß-Beflissenen wie vom Donner gerührt, und ein Organ des listigen und erfahrenen Palmerston1 gibt jetzt den anderen Brüdern folgendes Stück Wahrheit offen preis: „Rußland kann nicht in die sofortige Evakuierung der Fürstentümer und in den völligen Verzicht auf alle seine Ansprüche einwilligen, ohne seiner Würde und seinem Einfluß Abbruch zu tun. Es wäre töricht, wollte man annehmen, daß eine so starke Macht dies ohne einen verzweifelten Kampf zulassen würde. Wir bedauern deswegen, daß jetzt Versuche zu Verhandlungen unternommen werden, weil wir nur einen Fehlschlag voraussehen können." Ein geschlagenes Rußland kann sich überhaupt auf keine Verhandlungen einlassen. Es geht vor allem jetzt darum, die Waagschale des Krieges zu verändern. Aber wie sollte das sonst erreicht werden, als dadurch, daß man Rußland Zeit gewinnen läßt? Das einzige was es braucht, ist Aufschub, Zeitgewinn, um neue Truppen auszuheben und sie über das ganze Reich zu verteilen, sie zu konzentrieren und den Krieg gegen die Türkei so lange aufzuhalten, bis es mit den Bergvölkern des Kaukasus fertig geworden ist. Hierdurch kann sich die Lage Rußlands verbessern, und der Versuch zu verhandeln „kann erfolgreich verlaufen, wenn Rußland anstatt besiegt, siegreich ist". Dementsprechend hat England, wie die Wiener „Ost-Deutsche Post"[3771 und der ministerielle „Morning Chronicle"1291 erklären, die Türkei zu überzeugen versucht, daß es angebracht sei, einem dreimonatigen Waffenstillstand zuzustimmen. Lord Redcliffe war zu einer fünfstündigen Audienz beim
1 „The Morning Advertiser", London
Sultan, um von Seiner Hoheit die Zustimmung zu dem vorgeschlagenen Waffenstillstand zu erlangen, die seine Minister verweigert hatten. Das Ergebnis war, daß eine außerordentliche Sitzung des Ministerrats einberufen wurde, um die Angelegenheit zu beraten. Die Pforte weigerte sich entschieden, den vorgeschlagenen Waffenstillstand anzunehmen, und sie konnte ihn nicht annehmen, ohne offenen Verrat am türkischen Volk zu begehen. Die heutige „Times" bemerkt dazu: „Bei der augenblicklichen Stimmung dürfte es nicht leicht sein, die Prätentionen der Pforte in vernünftige Grenzen zu verweisen." Die Pforte ist unvernünftig genug, um zu begreifen, daß es mit der Würde des Zaren völlig unvereinbar ist, eine Niederlage zu erleiden und daß sie ihm deswegen einen dreimonatigen Waffenstillstand gewähren soll, um ihre eigenen Erfolge zunichte zu machen und ihm behilflich zu sein, wieder siegreich und „großmütig" zu werden. Alle Hoffnungen, einen dreimonatigen Waffenstillstand abzuschließen, sind jedoch noch nicht aufgegeben worden. „Möglicherweise", meint die „Times", „stößt ein von den vier Mächten empfohlener Waffenstillstand auf mehr Wohlwollen." Der gutmütige „Morning Advertiser" ist „nicht bereit, diese Darstellung als korrekt zu akzeptieren", weil „ein noch direkterer Versuch, die ottomanische Sache an den Zaren zu verraten oder einer, der besser geeignet ist, diesem Zweck zu entsprechen, auch von dem klügsten Kopf nicht hätte ausgedacht werden können". Das Vertrauen des radikalen „Morning Advertiser" in „die Ehre und Rechtschaffenheit" Palmerstons und seine Unkenntnis der Geschichte der englischen Diplomatie scheinen gleichermaßen unfaßbar. Da diese Zeitung das Eigentum der Licensed Victualler's Association1 ist, habe ich den Verdacht, daß die Leitartikel von Zeit zu Zeit von eben diesen Schankwirten geschrieben werden. Während England dergestalt in Konstantinopel und Wien als Vorposten Rußlands in Anspruch genommen ist, wollen wir uns ansehen, wie andererseits die Russen ihre Angelegenheiten in England erledigen. In einem früheren Artikel habe ich Ihren Lesern schon berichtet, daß zur gleichen Zeit, da die Koalitionsregierung vortäuscht, Rußland im Schwarzen Meer zu bedrohen, russische Kriegsschiffe - die beiden Fregatten „Aurora" und „Navarino" - auf den Werften der Königin in Portsmouth ausgebessert werden. Am vergangenen Sonnabend informierten uns der „Morning
1 Vereinigung der Schankwirte
Herald"t24] und die „Daily News"t28], daß sechs Matrosen von der russischen Fregatte „Aurora" entflohen waren und, als sie beinahe Guildford erreicht hatten, von einem Offizier der russischen Fregatte „Aurora" und einem englischen Polizeiinspektor eingeholt und zurück nach Portsmouth an Bord der „Victorious" gebracht wurden - eines englischen Schiffes, das während der Ausbesserung der „Aurora" von deren Besatzung belegt worden war. Sie wurden einer grausamen körperlichen Züchtigung unterzogen und in Eisen gelegt. Als dies in London bekannt wurde, setzten einige Herren durch Vermittlung eines Rechtsanwalts, Herrn Charles Ronalds, auf Grund der HabeasCorpus-Akte[378] einen Gerichtsbefehl durch, worin Konteradmiral Martin wie auch einige andere englische Marineoffiziere und der russische Kapitän, der Kommandeur der Fregatte „Aurora", aufgefordert wurden, die sechs Seeleute vor den Lord-Oberrichter von England zu stellen. Die englischen Werftbehörden weigerten sich, dem Befehl nachzukommen; der englische Kapitän wandte sich an den Vizeadmiral und dieser an den Admiral, während sich der Admiral seinerseits bemüßigt fühlte, sich mit dem Lord der Admiralität in Verbindung zu setzen, dem berüchtigten Sir James Graham, der vor zehn Jahren im Zusammenhang mit dem Fall Bandiera die britischen Postbehörden Metternich zur Verfügung gestellt hatte[379]. Was den russischen Kapitän einbelangt, so warf er die königliche Order, obwohl sie ihm an Bord des englischen Schiffes „Victorious" überreicht und er von deren Bedeutung durch einen Dolmetscher ausreichend informiert worden war, verächtlich über Bord. Als ihm das Schreiben durch eine Stückpforte zurückgereicht worden war, wurde es erneut hinausgeworfen. „Wenn es wirklich von Ihrer Majestät gekommen wäre", sagte der russische Kapitän, „dann wäre es unserem Botschafter oder dem Konsul übergeben worden." Da der Konsul abwesend war, weigerte sich sein Vertreter, einzugreifen. Am 6. Dezember wurden erneut Gerichtsbefehle an die Marinebehörden in Portsmouth übergeben, worin ihnen im Namen der Königin befohlen wurde, nicht nur die genannten sechs Männer, sondern auch den russischen Kapitän dem Lord-Oberrichter vorzuführen. Anstatt dem Befehl nachzukommen, machte die Admiralität alle Anstrengungen, das Schiff aus dem Hafen schleppen zu lassen und es auf See zu bringen, und am folgenden Tage wurde beobachtet, daß die „Aurora" unter Kapitän Islamatow, dem Gerichtsbefehl zum Trotz, Kurs auf den Stillen Ozean nahm. Wie uns von der gestrigen „Daily News" mitgeteilt wird, befindet sich mittlerweile
„die russische Korvette »Navarino* immer noch im Dock, um einer durchgängigen Kalfaterung und Reparatur unterzogen zu werden. Eine größere Anzahl Werftarbeiter sind damit beschäftigt."
35 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
Man beachte jedoch, wie dieser „aufsehenerregende" Fall in der ministeriellen Presse dargelegt worden ist. Der „Morning Chronicle", das Organ der Peeliten, zog es vor, zu schweigen, weil Graham, also ihr Mann, der am meisten kompromittierte in der ganzen Angelegenheit ist. Als erste brach die Palmerstonsche „Morning Post" das Schweigen, weil ihr Herr und Meister solch eine Gelegenheit nicht verstreichen lassen konnte, seine Meisterschaft unter Beweis zu stellen, offensichtlich schwierige Fälle als leicht hinzustellen. Dem ganzen Fall, so meint die Zeitung, würde zuviel Gewicht beigemessen, und er sei äußerst übertrieben dargestellt worden. Sie behauptete auf das Zeugnis des russischen Kapitäns hin, der die grausame Auspeitschung und die Gefangensetzung der sechs Deserteure befohlen hatte, „diese Seeleute sagen, sie wären nicht auf eigenen Antrieb hin desertiert, sondern von Personen fortgelockt worden, die sich auf der Straße an sie herangemacht hätten". Diese Seeleute wurden, nachdem sie es fertiggebracht hatten, entgegen den Befehlen des russischen Kapitäns und gegen ihren eigenen Willen an Land zu kommen, „betrunken gemacht, mit einem Wagen ins Binnenland gebracht" und dann im Stich gelassen, „nachdem ihnen Anweisungen, wie sie nach London gelangen könnten, sowie Adressen von Leuten, an die sie sich dort wenden sollten, gegeben worden waren". Diese absurde Geschichte wurde von dem Palmerstonschen Organ mit der Absicht erfunden, der Öffentlichkeit einzureden, daß sich die Deserteure „selbst der Polizei gestellt hätten", eine Lüge, die für die „Times" zu frech ist, um sie ebenfalls vorzubringen. Die „[Morning] Post" deutet mit einem großen Aufgebot moralischer Entrüstung an, daß die ganze Affäre von einigen polnischen Flüchtlingen angestiftet worden sei, die wahrscheinlich beabsichtigten, die Gefühle von Lord Palmerstons großmütigem Herrn zu verletzen. Ein anderes ministerielles Organ, der „Globe"[125], stellt fest, daß „der Einwand, ein Ausländer brauche nur die Verfahren anzuerkennen, die von dem Minister seines eigenen Landes ausgingen, einfach unhaltbar sei; sonst könnte jeder Ausländer in einem britischen Seehafen unsere Gesetze verletzen, ohne daß man ihn zur Verantwortung ziehen könne, außer durch das Eingreifen eines Botschafters". Der „Globe" kommt infolgedessen zu der maßvollen Schlußfolgerung, daß die Antwort des russischen Kapitäns an den Beamten, der ihm den Habeas-Corpus-Gerichtsbefehl vorlegte, „nicht vollkommen zufriedenstellend gewesen ist". Doch in menschlichen Angelegenheiten wäre es müßig, so etwas wie Vollkommenheit anzustreben. Die „Times" ruft aus:
„Wenn der russische Kapitän sie alle" (d. h. die sechs wiedereingefangenen Seeleute) „am nächsten Morgen an der Rahe seiner Fregatte hätte aufhängen lassen, wäreervöllig außerhalb der Kontrolle der englischen Gesetzgebung gewesen." Und warum wäre er das? Weil in dem Schiffahrtsvertrag, der zwischen Rußland und Großbritannien 1840 (unter der Leitung von Lord Palmerston) abgeschlossen wurde, ein diesbezüglicher Passus enthalten ist: „Die Konsuln, Vizekonsuln und Handelsagenten der hohen Vertragspartner, welche im Herrschaftsbereich des andern wohnen, sollen von den Lokalbehördenjeden gesetzlichen Beistand erhalten, dessen sie zur Habhaftwerdung flüchtiger Matrosen von Kauffahrtei- oder von Kriegsschiffen ihrer jeweiligen Länder bedürfen." Aber, liebe gute „Times", die Frage ist ja gerade, was für Hilfe die englischen Behörden laut Gesetz dem russischen Kapitän zu geben verpflichtet waren. Was die russischen Behörden selbst angeht, „die in diesen Zeiten politischer Krise ihre Schiffe in englischen Häfen reparieren lassen", so erblickt die „Times" darin „einen großen Mangel an Zartgefühl und gutem Ton", und sie glaubt, „daß die Offiziere auf diesen Schiffen in die Stellung von Spionen versetzt worden sind". Doch die britische Regierung, so schreibt sie, „hätte ihre Verachtung einer solchen Politik nicht stärker ausdrücken können", als durch das, was sie getan hat, nämlich daß sie die russischen Spione zu den eigenen Werften der Königin zuläßt, „sogar wenn es öffentliches Ärgernis erregen sollte", indem sie ihnen britische Kriegsschiffe zur Verfügung gestellt, Werftarbeiter, die aus der Tasche des britischen Steuerzahlers bezahlt werden, für sie arbeiten läßt, und ihnen zum Abschied Salutschüsse nachfeuert, wenn sie Reißaus nehmen, nachdem sie die Gesetze Englands verletzt haben. Karl Marx Aus dem Englischen.
Karl Marx
Der russische Sieg - Die Lage Englands und Frankreichs
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3961 vom 27. Dezember 1853] London, Dienstag, 13. Dezember 1853 „Zur großen Überraschung des Sultans ist trotz der Anwesenheit der französischen und englischen Flotte im Schwarzen Meer eines seiner Schiffe von einem russischen Fahrzeug ungestraft gekapert worden. Das Frühjahr wird ihm noch weitere Überraschungen bringen." So berichtet uns die „Press"[129] vom letzten Sonnabend. Der nächste Montag brachte die „weiteren Überraschungen", die man erst zum nächsten Frühling erwartete. Die russische Flotte hat ein türkisches Schiffsgeschwader im Schwarzen Meer bei Sinope vernichtet[380] - so lautete eine vom S.Dezember datierte russische Depesche aus Odessa, die der französische „Moniteur"[5] nachher bestätigte. Wir kennen zwar die genauen Details dieses Zwischenfalls noch nicht, doch so viel ist klar, daß der russische Bericht die Sache sehr übertreibt. Die ganze Geschichte beschränkt sich auf einen unerwarteten Überfall auf einige türkische Fregatten und eine Anzahl Transportschiffe mit Truppen, Proviant, Munition und Waffen an Bord, die für Batum bestimmt waren: dabei zeigte sich, daß die russischen Kräfte den türkischen an Zahl weit überlegen waren, und doch ergaben sich diese erst nach einer Stunde verzweifelten Kampfes. „Unsere Flotte", schreibt der „Engländer"1, „ist jedenfalls nicht deswegen dort, die Russen an einem Angriff auf die Türkei zu hindern. Die Flotte ist nicht deswegen dort, sich den russischen Truppen- und Waffentransporten nach dem Kaukasus zu widersetzen. Die Flotte ist nicht deswegen dort, darüber zu wachen, daß das Schwarze
1 A. Richards
Meer nicht zu einem russischen Binnensee wird. Die Flotte ist nicht deswegen dort, unserem Verbündeten zu helfen oder ihn vor dem Untergang zu retten. Die Flotte ist nicht deswegen dort, ein zweites Navarino nach berühmtem Muster zu verhindern... Russische Admirale dürfen, wie wir annehmen, in Schußweite von Konstantinopel manövrieren, und die englische Flotte wird ebensowenig eingreifen wie Lord Aberdeen selbst. Wird das Volk solch kostspielige Scherze lange dulden?"
Das Koaiitionsministerium ist erzürnt, daß der Zar die Türken zur See und nicht auf dem terra firma1 geschlagen hat. Ein solcher Sieg wäre ihm erwünschter gewesen. Durch russische Erfolge zur See könnte seine Stellung erschüttert werden, und das gerade in einem Augenblick, da Graf Buol dem Sultan versichert, daß der Zar streng defensive Absichten hat, und da Lord Redcliffe dem Sultan einen Waffenstillstand von drei Monaten aufdrängen möchte. Es ist direkt ein Vergnügen zu beobachten, wie sich die verschiedenen Presseorgane des Koalitionsministeriums in die Aufgabe teilen, die erregte Öffentlichkeit zu beschwichtigen. Die „Times"[26] als Vertreterin des ganzen Kabinetts gibt ihrer all" gemeinen Entrüstung über die Undankbarkeit des Zaren Ausdruck und versteigt sich sogar zu einigen Drohungen. Die „Morning Post"[27] ist natürlich noch kriegerischer und gibt ihren Lesern zu verstehen, daß der „unliebsame" Vorfall bei Sinope sich niemals ereignet hätte, wenn Lord Palmerston Premier- oder wenigstens Außenminister gewesen wäre.
„Es ist zum mindesten klar", sagt die „[Morning] Post", „daß russische Seestreitkräfte, die zu Operationen an der türkischen Küste ausgesandt waren, der Pforte einen unerwarteten, empfindlichen Schlag versetzen konnten, ausgerechnet in der Gegend, wo der Diwan allen Grund zu der Hoffnung hatte, die von den Verbündeten angekündigte Hilfe in Aktion treten zu sehen, wenn wirklich etwas Greifbares, über bloße Demonstrationen Hinausgehendes beabsichtigt war. Man wird schwerlich behaupten können, unsrer Meinung nach, daß das Schwarze Meer ein geeigneter Schauplatz für eine neue Szene der diplomatischen Komödie ist, die in den Donaufürstentümern unter dem Titel .materielle Garantien' l381] gespielt wurde. Die Russen haben also, wie man annehmen kann, die Heuchelei ihrer Defensivhaltung aufgegeben. Es ist außerordentlich zu bedauern, daß unsere" (lies Aberdeens) „haltlose Politik so weit gehen konnte, unserem Verbündeten schweren Schaden zuzufügen und uns den verdienten Vorwurf dafür eintrug. Es wäre eine ewige Schmach und Schande für uns, ließe man ein solches Unglück zum zweiten Male geschehen, nur weil unsere Kriegsschiffe nicht jene Hilfsaktion leisteten, um derentwillen sie eigens ausgesandt worden waren."
1 Festland
Der philosophische „Morning Chronicle" das spezielle Organ der Peeliten, hält es nicht für unwahrscheinlich,
„daß die Macht, die den Weltfrieden störte, vielleicht jetzt in die Beendigung des Kriegs willigen würde".
Unter dem Vorwand, „sich dem freiwilligen Entschluß" der Hospodare Stirbey und Ghika, die Verwaltung der Donaufürstentümer Moldau und Walachei niederzulegen, „nicht widersetzen zu wollen", hat Kaiser Nikolaus durch Reskript vom 8. November ihre Funktionen dem General von Budberg übertragen, der jedoch der Kontrolle des Fürsten Gortschakow untersteht. Die Tatsache, daß England die Türkei in dem Augenblick zu einem Waffenstillstand drängt, der dem Zaren nur zu einem Zeitgewinn verhilft, um seine Truppen zu konzentrieren und an der Auflösung der Scheinallianz zwischen Frankreich und England zu arbeiten; ferner die gleichzeitigen Intrigen Nikolaus' gegen Bonaparte, den er stürzen und durch Heinrich V. ersetzen will, und schließlich die laut gepriesene „Fusion" der beiden Zweige der Bourbonen, die von König Leopold, Prinz Albert und den Prinzen von Orleans gemeinsam betrieben wird - alle diese Umstände lenken die Aufmerksamkeit des Publikums von neuem auf Windsor Castle und wecken den Verdacht einer geheimen Verschwörung mit den Höfen von Brüssel, Wien und St. Petersburg.
„Die heutige englische Generation", sagt der aristokratische „Morning Herald" t24l, „sollte darauf achten, daß die Politik ihres Landes nicht orleanistischen Restaurationsträumen, belgischen Annexionsängsten und kleinlichsten deutschen Interessen untergeordnet würde." „Lloyds Weeldy Newspaper" läßt durchblicken: „Es gibt Verschwörer, die das Ministerium des Innern nicht überwacht, Verschwörer, deren Namen wie Sterne in einer Frostnacht im Hofbericht1 erglänzen. Sie wohnen nicht in St. John's Wood, noch leben sie in Chelsea. Nein, sie erfreuen sich größerer Bequemlichkeiten in den Sälen von Claremontf382]. Einer dieser Verschwörer, häufiger Gast unserer gnädigen Königin, höflicherweise Herzog von Nemours genannt, ging aus seinem englischen Heim geradewegs nach Frohsdorf, um jene Brücke zu schlagen, d. h. den Abgrund für die Bourbonen nach Frankreich zu überbrücken. Zweifellos wird er zurückkehren und sein Wildbret wieder im Buckingham Palace oder Windsor Castle verzehren." „ Ihre Minister", schreibt der Pariser Korrespondent des „Leader" t216], „tun das, was ihnen Victoria zu tun gebietet. Königin Victoria wünscht, was König Leopold wünscht. König Leopold verlangt, was Kaiser Nikolaus verlangt, so daß Nikolaus de facto heute König von England ist."
1 Rubrik in der „Times"
Bonapartes Position ist in diesem Augenblick kritischer als je zuvor, obzwar seine Glückschancen auf den ersten Blick noch nie günstiger schienen. Es ist ihm gelungen, sich in den Kreis der europäischen Majestäten einzuschmuggeln. Was Nikolaus an gutem Ruf verlor, hat Bonaparte gewonnen. Er ist zum erstenmal in seinem Leben „respektabel" geworden. England, dieselbe Macht, die im Verein mit Rußland seinen Oheim von seinem gewaltigen Throne stürzte, hat sich zu einem scheinbaren Bündnis mit ihm gegen Rußland verstehen müssen. Die Umstände haben ihn fast zum Schiedsrichter Europas gemacht. Die Aussicht auf einen europäischen Krieg, der aufrührerische Bewegungen in Italien, Ungarn und Polen nach sich zöge Länder, wo die Völker, die fast ausschließlich die Wiedererlangung ihrer nationalen Unabhängigkeit im Auge haben, sich das Lager, aus dem ihnen Hilfe kommt, nicht zu genau ansehen - alle diese Möglichkeiten scheinen dem Mann vom 2. Dezember zu gestatten, den Tanz der Völker zu dirigieren, wenn es ihm mißlingen sollte, den Friedensstifter bei den Königen zu spielen. Die ungeheuerlichen Mißgriffe, die seine Vorgänger machten, haben seiner Politik sogar den Anschein nationaler Lebenskraft gegeben, denn er erweckt doch zumindest Befürchtungen bei den Mächten, während jene, angefangen bei der Provisorischen Regierung bis zu den „Burggrafen" der Assemblee Legislative[383], nichts weiter fertiggebracht hatten, als vor allem und jedermann zu zittern. Jetzt aber wollen wir die andere Seite der Medaille betrachten. Die Fusion der beiden Zweige der Bourbonen-Dynastie, was auch immer ihr eigentlicher Wert sein mag, hat unter den Auspizien der Höfe von London und Wien und auf Geheiß des Kaisers Nikolaus stattgefunden. Sie ist daher als der erste Akt einer Heiligen Allianz zu betrachten, die sich gegen Bonaparte richtet. Andererseits hat sie für den Augenblick die verschiedenen Parteien der französischen Bourgeoisie versöhnt, deren Zwistigkeiten sie gerade 1848 bis 1851 hinderte, sich der Usurpation des Helden von Straßburg und Boulogne[221] zu widersetzen. Die blauen Republikaner ihrerseits, die im Hause des Herrn Carnot zusammenkommen, haben fast einstimmig entschieden, daß sie den Legitimisten bei jedem Versuch, Bonaparte zu stürzen, helfen wollen. Diese Herren scheinen fest entschlossen zu sein, den traditionellen Zyklus von der Restauration über die Bourgeois-Monarchie zur Republik wieder zu durchlaufen. Für sie bedeutete die Republik nie etwas anderes als „ote-toi de lä que je m'y mette"1, und wenn sie schon nicht selbst den Platz ihres Nebenbuhlers einnehmen können, so wollen sie ihm wenigstens das
1 „Scher dich fort, damit ich deinen Platz einnehmen kann"
zufügen, was ihnen als die härteste Strafe erscheint: den Verlust dieses Platzes. Die zu spielenden Rollen sind bereits verteilt. Generale, Ministerund alle höheren Beamten sind schon ernannt. Die Gefahr, die Bonaparte von dieser Seite droht, ist eine Militärrevolte, die, wenn sie nicht zur Restauration der Bourbonen führt, immerhin der Anlaß zu einer allgemeinen Empörung sein kann. Schließlich ist jedoch diese Maletsche Verschwörung13841, die von der Unterstützung der Kosaken abhängt, nicht gefährlicher als die Verschwörung Ledru-Rollins, die von der Unterstützung der Türken abhängt. En passant möchte ich bemerken, daß, wenn sich die ganze französische Emigration von London und Jersey versammelte, Ledru es kaum wagen würde, sich vor ihr zu zeigen. Die große Mehrheit der französischen Emigranten gehört verschiedenen Fraktionen der sozialistischen Partei an und hat sich in der Societe des proscrits democrates et socialistes1 zusammengetan, die den Ansprüchen Ledrus in offner Feindschaft gegenübersteht. Man sagt, er habe noch einigen Einfluß bei der französischen Bauernschaft, aber die Macht muß in Paris, nicht in den Departements erobert werden, und in Paris wird er einem Widerstand begegnen, den zu überwinden er nicht der Mann ist. Die ernsten Gefahren, die Bonaparte zu gewärtigen hat, kommen von ganz anderer Seite, und zwar von den hohen Lebensmittelpreisen, von dem Stillstand des Handels und von der äußersten Erschöpfung und dem gänzlichen Verfall des kaiserlichen Schatzes. Die Bauernschaft war es, die in ihrem blinden Glauben an die Zauberkraft des Namens „Napoleon" und an die goldenen Verheißungen des Helden von Straßburg ihn zuerst Frankreich aufbürdete. Für sie war die Wiedereinsetzung der Bonapartes gleichbedeutend mit der Wiederherstellung ihrer eigenen Vorherrschaft, nachdem die Restauration sie gröblich mißbraucht, die Julimonarchie sie in ein Spekulationsobjekt verwandelt hatte und die Republik sie die Kosten der Februarrevolution hatte zahlen lassen. Jetzt sind die Bauern eines Besseren belehrt, nicht nur weil sie der Willkür der Soldaten preisgegeben sind, sondern auch durch den Hunger. Brandstiftungen sind in diesem Augenblick in Frankreich so häufig wie noch nie zuvor. Die Bourgeoisie war töricht genug, die Nationeilversammlung zu beschuldigen, sie habe durch die Streitigkeiten und Intrigen ihrer verschiedenen Fraktionen und durch ihre gemeinsame Opposition gegen die Exekutivgewalt die vorübergehende kommerzielle Stagnation von 1851 verursacht. Die Bourgeoisie ließ nicht nur ihre eigenen Vertreter im Stich, sondern provozierte geflissentlich den Staatsstreich in der
1 Gesellschaft der geächteten (französischen) Demokraten und Sozialisten (in London)
Absicht, eine, wie sie es nannte, „starke Regierung" und vor allem „gesunde Geschäftsverhältnisse" wiederherzustellen. Sie hat jetzt herausgefunden, daß industrielle Krisen weder durch einen militärischen Despotismus verhindert noch dadurch gemildert werden können, daß man den öffentlichen Kredit bis aufs äußerste anspannt und durch die verschwenderischsten Ausgaben erschöpft, wodurch die Finanzkrise zur unvermeidlichen Begleiterscheinung der kommerziellen Krise wird. Die Bourgeoisie ersehnt daher wieder einmal eine Änderung der Regierungsgewalt, die ihnen endlich eine „starke Regierung" und „gesunde Geschäftsverhältnisse" gewährt. Was die Proletarier anbetrifft, so akzeptierten sie Bonaparte von allem Anfang an nur als vorübergehende Notwendigkeit, als den Zerstörer der republique cosaque1 und als ihren Rächer an der Partei der Ordnung®16]. Geschwächt durch aufeinanderfolgende Niederlagen vor dem 2. Dezember und 1852 und 1853 vollauf mit sich beschäftigt, hatten sie Zeit, abzuwarten, bis sich die Gelegenheit bot, wo Ursachen allgemeiner Art und eine weit um sich greifende Unzufriedenheit aller anderen Klassen es ihnen ermöglichten, ihr revolutionäres Werk wieder aufzunehmen. Der folgende Handelsbericht aus Paris wird etwas Licht auf die soziale Lage Frankreichs werfen:
„Der Stand der Handelsangelegenheiten in Paris während der vergangenen Woche ist nicht zufriedenstellend... Mit Ausnahme der Fabrikanten, die Neujahrsgeschenke für die Kleinhändler vorbereiten und jenen, die sich mit Damenschneiderei beschäftigen, scheint der Handel vollständig zum Erliegen gekommen zu sein. Eine bedeutende Ursache dafür ist die Verteuerung der Lebensmittel in den Provinzen, die die Masse der Bevölkerung davon abhält, ihre üblichen Einkäufe zu machen. Die Weizenernte, die Kastanien und die Weinlese mißrieten gleichzeitig in den zentralen Departements Frankreichs, und die Bauern, dazu gezwungen, Opfer zu bringen, um Brot zu kaufen, verzichten auf alles, mit Ausnahme von Artikeln dringendster Notwendigkeit. Die Berichte aus den Provinzen besagen, daß der Hauptanteil der auf den letzten Jahrmärkten zum Verkauf angebotenen Baumwollwaren keine Käufer fand, was ohne weiteres die Stagnation im Handel erklärt, wie sie in Rouen sichtbar wurde. Der ganze Export erstreckt sich gegenwärtig nur auf die südamerikanischen Staaten. Die Märkte von New York und New Orleans sind mit französischen Produkten überfüllt, und folgerichtig werden aus jenen Gegenden keine Aufträge erwartet. Die Häuser, die im allgemeinen für Belgien und Deutschland fabrizieren, haben fast völlig ihre Arbeiten eingestellt, da alle Aufträge von ihren ausländischen Geschäftsfreunden aufgehört haben. Das Geschäft muß in Paris flau sein, wenn die Bank von Frankreich gegenwärtig festzustellen hat, daß die zum Diskontieren angebotenen Handelswechsel in ihrer Summe
1 kosakischen Republik
erheblich abgenommen haben. Der Getreidemarkt, der seit zehn Tagen flau war und sinkende Preise notierte, ist belebt worden, und die Weizenhändler bangen weniger um den Absatz ihrer Vorräte. Die Bäcker haben größere Neigung gezeigt, Mehl zu kaufen, und mehrere Käufer aus den östlichen Departements haben endgültig den abwärtsgehenden Tendenzen der Preise Einhalt geboten. Da die Getreideagenten in Paris nicht in der Lage waren, alle am vergangenen Mittwoch eingegangenen Aufträge durchzuführen, wandten sich die Käufer nach Havre, wo kürzlich ein Rückgang von 2 Francs pro Barrel mitgeteilt wurde. Das Mehl stieg unmittelbar nach Eintreffen der Käufer von 44 Francs auf 47 Francs pro Barrel und Weizen von 83 Francs auf 86 Francs für je 200 Kilogramm. Ein ähnliches Ansteigen vollzog sich auf den Märkten im ganzen Departement du Nord. Der Getreidemarkt von Straßburg ist gut beliefert worden, und Weizen ist 1 Franc pro Hektoliter zurückgegangen. Zu Lyon war der Markt ruhig, aber ohnePreisrückgänge. Roggen istwieder in Parisangestiegen.Es wurden 12000 Doppelzentner Hafer zu 22 Francs 9 Sou pro 100 Kilogramm verkauft. Aus einem Bericht aus Marseille vom 2. Dezember ist zu ersehen, daß 341 Schiffe mit 804270 Hektoliter Weizen an Bord in der Zeit vom 1. bis zum 30. November in jenem Hafen eingetroffen sind. Damit belief sich der Import von Weizen innerhalb der letzten 4 Monate auf 2102467 Hektoliter, die von 714 Schiffen nach Marseille eingeführt wurden."
Karl Marx
Aus dem Englischen. *
Karl Marx
Der Rücktritt Palmerstons
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3965 vom 31. Dezember 1853] London, 16. Dezember 1853 Die interessanteste und wichtigste Neuigkeit, die der Dampfer „Afrika" mitbringt, ist Lord Palmerstons Rücktritt als Mitglied des Koalitionsministeriums unter Lord Aberdeen[385]. Das ist ein Meisterstück dieses skrupellosen und vollendeten Taktikers. Jene Londoner Zeitungen, die Sprachrohr des Ministeriums sind, informieren die Öffentlichkeit beharrlich, daß nicht die orientalische Frage an dem Ereignis Schuld trage, sondern daß Seine Lordschaft, als gewissenhafter und getreuer Hüter der britischen Konstitution, sein Amt verläßt, weil er seine Zustimmung zu einer Parlamentsreform nicht geben kann, auch wenn sie nur so zwerghafte Dimensionen hat, wie sie einem Whig vom Typ Lord John Russells entsprechen. Mit dieser offiziellen Begründung hat er auch seinen Kollegen von der Koalition seinen Rücktritt mitzuteilen geruht. Aber er hat Sorge getragen, bei der Öffentlichkeit einen anderen Eindruck zu erwecken, und es ist denn auch, trotz aller Erklärungen der offiziellen Blätter, allgemein die Meinung verbreitet, daß die Reformbill nur den Vorwand liefert und die wahre Ursache die Rußlandpolitik des Kabinetts ist. In diesem Sinne schrieben denn auch seit einiger Zeit, und besonders nach der Beendigung der letzten Parlamentssession, alle Blätter, die seine Interessen vertreten. Sie spielten in verschiedener Tonart und auf verschiedene Weise immer dieselbe Melodie: wie Lord Palmerston vergeblich gegen den Einfluß des Premierministers kämpfe und sich heftig gegen die unwürdige Rolle wehre, die ihm in dem Orientdrama aufgezwungen werde. Unaufhörlich wurden Gerüchte über die Spaltung des Ministeriums in zwei große Lager verbreitet, und nichts wurde verabsäumt, das britische Publikum darauf vorzubereiten, daß der ritterliche Viscount eine Probe der ihn aus
zeichnenden Energie ablegen werde. Als das Schauspiel vorbereitet, die mise en scene1 hergerichtet war, wählte der edle Lord, der schon hinter dem Vorhang stand, mit erstaunlichem Scharfsinn den geeigneten Moment, in dem sein Erscheinen auf der Bühne den überraschendsten und wirksamsten Effekt machen würde. Lord Palmerston trennt sich von seinen Freunden der Koalition gerade in dem Augenblick, da Österreich gierig auf den Vorschlag eingeht, neue Konferenzen zu veranstalten; da der Zar sein Netz von Intrigen und Krieg immer weiter ausbreitet, einen bewaffneten Zusammenstoß zwischen Serben und Bosniaken herbeiführt und dem regierenden Fürsten von Serbien mit Absetzung droht, wenn dieser darauf besteht, in dem Konflikt weiterhin neutral zu bleiben; da die Türken, die sich auf die Anwesenheit der französischen und englischen Flotte verließen, die Zerstörung einer Flottille und die Niedermachung von 5000 Mann durch eine dreimal so mächtige russische Flotte zu beklagen haben; da russische Kapitäne ungestraft britische Gesetze in britischen Häfen und an Bord britischer Fahrzeuge mit Füßen treten dürfen; da die dynastischen Intrigen der „makellosen Königin"2 und ihres „deutschen Prinzgemahls"3 längst offenkundig geworden sind; und schließlich, da das abgestumpfte englische Volk, dessen nationaler Stolz im Ausland beleidigt und das im eigenen Land durch Streiks, Hungersnöte und kommerzielle Stagnation heimgesucht wird, eine drohende Haltung einzunehmen beginnt und niemand hat, an dem es sich rächen kann, als seine eigene erbärmliche Regierung. Dadurch, daß er sich in einem solchen Augenblick zurückzieht, wälzt Lord Palmerston alle Verantwortlichkeit von seinen eigenen auf die Schultern seiner früheren Kollegen. Sein Schritt wird zum großen nationalen Ereignis. Er verwandelt sich auf einmal in den Vertreter des Volkes, der gegen die Regierung auftritt, aus der er ausscheidet. Er rettet dadurch nicht nur seine eigene Popularität, sondern er macht seine Kollegen noch vollends unpopulär. Der unvermeidliche Zusammenbruch des jetzigen Ministeriums erscheint als sein Werk, damit wird er zum notwendigen Mitglied für jedes darauffolgende. Er überläßt nicht nur ein dem Tode geweihtes Kabinett seinem Schicksal, er drängt sich auch gleich dem nachfolgenden auf. Lord Palmerston rettet jedoch nicht nur seine Popularität und sichert sich einen hervorragenden Platz in der neuen Regierung, er nützt auch noch direkt der Sache Rußlands, wenn er sich in diesem ungemein kritischen Augenblick zurückzieht. Die russische Diplomatie hat sich längst über den
1 Inszenierung - 2 Victoria I., Königin von Großbritannien - ° Prinz Albert von SachsenCoburg-Gotha
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zaudernden Geist des Koalitionskabinetts lustig gemacht; Bonaparte erschien es stets wegen seiner Vorliebe für die Orleans und die Coburger verdächtig, sogar in Konstantinopel beginnt man seine verräterische und kleinmütige Schwachheit zu begreifen; - nun wird dieses Ministerium auch noch den Rest an Einfluß verlieren, den es im Rat der Welt noch besessen haben mag. Eine uneinige, unpopuläre Regierung, der die eignen Freunde nicht vertrauen und die die Feinde nicht respektieren, eine Regierung, die nur als eine rein provisorische betrachtet wird, deren Auflösung jeden Moment erfolgen kann, an deren wirklichem Vorhandensein man sogar zweifelt - eine solche Regierung ist am wenigsten dazu geeignet, dem Einfluß Großbritanniens unter den übrigen Mächten Europas Gewicht zu verschaffen. Der Rücktritt Lord Palmerstons verwandelt das Koalitionsministerium und mit ihm England in eine Null, was die Außenpolitik anbelangt; und noch niemals hat das Verschwinden Englands von der politischen Arena, sei es nur für ein oder zwei Wochen, solch eine immense Bedeutung für den russischen Despoten gehabt. Das versöhnliche Element hat in den herrschenden Kreisen Englands über das streitbare gesiegt. So wird an den Höfen von Berlin, Paris und Wien Lord Palmerstons Rücktritt gedeutet werden; und diese Deutung wird man dem Diwan aufzwingen, dessen Selbstvertrauen ohnehin schon durch den letzten russischen Erfolg erschüttert ist und der angesichts der Kanonen der vereinigten Flotten zusammentreten muß. Man darf nicht vergessen, daß Lord Palmerston, seit er Mitglied des Koalitionsministeriums geworden ist, seine öffentliche Tätigkeit in der Außenpolitik auf die berüchtigte Schießpulver-Verschwörung1 und auf die von ihm zugestandene Verwendung der englischen Polizei als Spitzel gegen die politischen Flüchtlinge beschränkt hat, sowie auf eine Rede, in der er in witzelnder Form die durch die Russen erfolgte Verhinderung der Donauschiffahrt als unbedeutend hinstellte; endlich auf die feierliche Rede, mit der er das Parlament verabschiedete und in der er dem Unterhaus versicherte, die Regierung habe in den orientalischen Wirren einwandfrei gehandelt, die Abgeordneten könnten ruhig auseinandergehen, denn die Minister blieben auf ihren Posten; nebstbei verbürgte er sich noch „für die Ehre und den Charakter des Kaisers von Rußland". Außer den von uns aufgezählten allgemeinen Ursachen hatte Lord Palmerston noch einen besonderen Grund, die Welt durch seinen letzten Akt der patriotischen Selbstaufopferung zu überraschen: man ist ihm auf die Schliche gekommen. Sein Prestige beginnt zu schwinden, seine frühere Karriere wird
der Öffentlichkeit bekannt. Dem englischen Volk, dem durch die eingestandene Teilnahme Palmerstons an der Verschwörung des 2. Dezember, die die Französische Republik stürzte, und durch seine SchießpulverVerschwörungs-Komödie die Augen noch nicht geöffnet waren, ist durch die Enthüllungen des Herrn David Urquhart aufgerüttelt worden, der Seine Lordschaft tüchtig gezaust hat. Herr Urquhart hat in seinem kürzlich erschienenen Werk „Rußlands Vordringen", in Artikeln der englischen Presse, besonders aber durch Reden in antirussischen Meetings im ganzen Königreich der politischen Reputation Palmerstons einen Schlag versetzt, den die zukünftige Geschichte nur bestätigen wird. Unser eigenes Wirken für die Sache der historischen Gerechtigkeit trug weit mehr als wir erwarteten dazu bei, diesen geschäftstüchtigen und arglistigen Staatsmann der öffentlichen Meinung Englands in einem neuen Lichte zu zeigen. Völlig unerwartet erfahren wir aus London, daß Herr Tucker dort 50000 Exemplare des umfangreichen Artikels nachgedruckt und gratis verteilt hat, in welchem wir vor etwa zwei Monaten Seiner Lordschaft die Maske vom Gesicht rissen und seine politische Karriere im richtigen Licht zeigten/3861 Der Wandel der Stimmung in der Öffentlichkeit ist nicht gerade erfreulich für den edlen Lord, und er glaubt vielleicht der wachsenden Flut von Tadeln zu entgehen oder sie durch seinen gegenwärtigen Coup unterdrücken zu können. Wir sagen voraus, daß Lord Palmerston dieser Coup nicht gelingen und daß seine ausgedehnte Karriere im öffentlichen Leben sehr bald ihr ruhmloses und unseliges Ende finden wird.
Aus dem Englischen.
Friedrich Engels
Der weitere Verlauf des türkischen Krieges13871
[„New-York Daily Tribüne" Nr. 3971 vom 9. Januar 1854, Leitartikel] Nach einer langen Verzögerung sind wir endlich in Besitz der offiziellen Dokumente über die beiden Siege gelangt, deren sich Rußland so laut rühmt und die es so reichlich belohnt. Wir meinen darunter selbstverständlich die Zerstörung des türkischen Geschwaders bei Sinope und das Gefecht bei Achalzych[388] in Asien. Die Dokumente sind russische Bulletins; aber die Tatsache, daß das türkische offizielle Organ tiefstes Schweigen über die Sache bewahrte, wo doch seine Mitteilungen uns lange vor denen aus St. Petersburg erreicht haben würden, lassen es als gewiß erscheinen, daß die Pforte nichts Angenehmes zu veröffentlichen hat. Wir wollen also an Hand der uns zu Gebote stehenden Informationen die diesbezüglichen Ereignisse analysieren, um unsere Leser mit dem wahren Stand der Dinge vertraut zu machen. Die Schlacht bei Sinope war das Ergebnis einer so einzig dastehenden Reihe von Fehlern der Türken, daß man sich die ganze Geschichte nur erklären kann, wenn man an eine unheilvolle Einmischung der westlichen Diplomatie oder an ein geheimes Einverständnis der Russen mit gewissen Kreisen in Konstantinopel glaubt, die mit der französischen und der englischen Botschaft in Verbindung stehen. Die ganze türkische und ägyptische Flotte begab sich im November nach dem Schwarzen Meer, um die Aufmerksamkeit der russischen Admirale von einer Expedition abzulenken, die mit Waffen und Munition für die aufständischen Bergbewohner an der kaukasischen Küste landen sollte. Die Flotte blieb achtzehn Tage auf See, ohne einem einzigen russischen Kriegsschiff zu begegnen. Nach einer Version soll das russische Geschwader Sewastopol während der ganzen Zeit nicht verlassen haben, wodurch es der Expedition zum Kaukasus ermöglicht war, ihre Aufgabe zu
erfüllen; nach einer anderen Version sollten die von den türkischen Plänen wohlunterrichteten Russen sich nach Osten zurückgezogen haben, von wo aus sie die Transportschiffe lediglich beobachteten, die infolgedessen die kaukasische Küste nie erreichten und nach Sinope zurückkehren mußten, während die Hauptflotte wieder in den Bosporus segelte. Der große Pulvervorrat an Bord des Sinope-Geschwaders, der zu einem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt des Zusammenstoßes zur Explosion einiger Schiffe führte, scheint ein Beweis für die Richtigkeit der letzten Version zu sein. So blieben sieben türkische Fregatten, zwei Dampfer, drei Korvetten und ein oder zwei kleinere Schiffe mit einigen Transportschiffen im Hafen von Sinope sich selbst überlassen. Dieser Hafen ist nicht viel mehr als eine offene Reede, die aus einer nach dem Meere zu offenen Bucht gebildet und von einigen vernachlässigten, schlecht angelegten Batterien geschützt wird; die beste davon war in einem Kastell untergebracht, das zur Zeit der griechischen Kaiser erbaut wurde, also wahrscheinlich, ehe man in Europa etwas von Artillerie wußte. Wie es geschehen konnte, daß ein Geschwader mit etwa dreihundert Geschützen meist kleineren Kalibers auf Gnade und Ungnade einer dreimal größeren und stärkeren Flotte ausgeliefert wurde, noch dazu an einem Punkt der türkischen Küste, der wegen der Nähe Sewastopols russischen Angriffen am meisten ausgesetzt ist, während die Hauptflotte sich beschaulich auf dem Bosporus wiegte, das müssen wir erst noch erfahren. Wir wissen, daß die gefährliche Lage dieses Geschwaders genau bekannt war und in der Führung der Flotte heftig erörtert wurde; wir wissen auch, daß türkische, britische und französische Admirale ihre voneinander abweichenden Meinungen im Kriegsrat laut geltend machten und daß die sich überall einmischenden Botschafter auch anwesend waren, um sich über die Sache zu äußern; aber getan wurde nichts. Inzwischen soll, wie in einer Darstellung behauptet wird, ein österreichischer Dampfer in Sewastopol über die Position des Geschwaders berichtet haben. Der russische offizielle Bericht behauptet im Gegenteil, Nachimow habe, während er an der asiatischen Küste kreuzte, das Geschwader entdeckt und Anstalten gemacht, es anzugreifen. Wenn aber die Russen die Türken bei Sinope entdeckten, so mußten die Türken von den Türmen und Minaretten der Stadt aus die Russen notwendigerweise viel früher entdecken. Wie konnte es geschehen, daß die türkischen Batterien in einem so schlechten Zustand waren, wenn ein paar Tage Arbeit genügt hätten, sie instand zu setzen? Wie kam es, daß die türkischen Schiffe gerade dort vor Anker lagen, wo sie das Feuer der Batterien behinderten, und warum wurden sie nicht nach geeigneteren Ankerplätzen gebracht, wo sie drohender Gefahr besser
gewachsen waren? Es wäre Zeit genug für all das gewesen, denn Admiral Nachimow erklärt, daß er erst nach Sewastopol um drei Dreidecker gesandt hätte, ehe er den Angriff wagte. Sechs Tage, vom 24. bis zum 30. November, hätten die Türken doch nicht verstreichen lassen, ohne irgend etwas zu unternehmen. Der Bericht des türkischen Dampfboots „Taif ", das nach Konstantinopel entkam, beweist jedoch zur Genüge, daß die Türken überrascht worden sind. Der russische Bericht kann also in dieser Beziehung nicht stimmen. Unter Admiral Nachimows Befehl standen drei Linienschiffe, eines davon war ein Dreidecker, sechs Fregatten, einige Dampfer und sechs oder acht kleinere Schiffe, also eine Macht von etwa doppelt so vielen Geschützen als das türkische Geschwader. Und doch schritt er erst zum Angriff, nachdem er noch drei weitere Dreidecker als Verstärkung hatte, die allein genügt hätten, den Streich zu führen. Erst mit dieser unverhältnismäßig großen Übermacht wagte er den Angriff. Der Nebel, oder wie andere behaupten, das Hissen der britischen Flagge, gestattete ihm, sich unbehindert auf 500 Yard zu nähern. Dann begann der Kampf. Die Russen fürchteten, vom Wind an die Küste getrieben zu werden, und warfen daher Anker. Darauf begann ohne jedes Schiffsmanöver der gegenseitige Beschuß dieser beiden verankerten Flotten; sie hatte mehr den Charakter einer Kanonade auf dem Festland und dauerte vier Stunden. Die Möglichkeit, ganz auf seemännische Taktik und auf jegliches Manövrieren verzichten zu können, kam den Russen sehr zustatten, da der Mannschaftsbestand ihrer Flotte im Schwarzen Meer sich fast ausschließlich aus „Landratten", besonders polnischen Juden, zusammensetzte, was ihnen in offener Seeschlacht den wohlbemannten türkischen Schiffen gegenüber wenig Aussicht auf Erfolg gegeben hätte. Brauchten doch die Russen sogar ganze vier Stunden, um die schwachen Schiffe ihrer Gegner zum Schweigen zu bringen. Außerdem hatten sie noch den Vorteil, daß jeder ihrer fehlgegangenen Schüsse entweder den Küstenbatterien oder der Stadt schaden mußte. Und daß im Vergleich zu den Treffern sehr viele Schüsse ihr Ziel verfehlt haben, geht aus der fast völligen Zerstörung des Ortes hervor, die längst vollendet war, ehe die feindliche Flotte zum Schweigen gebracht werden konnte. Der russische Bericht gibt an, daß nur das,; türkische Viertel niedergebrannt sei, während das griechische Viertel wie durch ein Wunder der Zerstörung entgangen sei. Dem widersprechen aber glaubwürdigere Zeugen, die berichten, die ganze Stadt liege in Trümmern. Während des Kampfes wurden drei türkische Fregatten verbrannt, vier wurden zum Stranden gebracht und später mit einem Dampfer und den kleinen Fahrzeugen zusammen verbrannt. Das Dampfboot „Taif" kappte jedoch seine Ankertaue, fuhr kühn zwischen den russischen Schiffen durch und ent
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kam nach Konstantinopel, obgleich es von drei russischen Dampfern unter Admiral Kornilow verfolgt wurde. Angesichts der Schwerfälligkeit der Russen zur See, der ungünstigen Position der türkischen Flotte vor ihren eigenen Batterien und innerhalb deren Feuerbereich, und vor allem angesichts der absoluten Gewißheit der Niederlage wäre es wohl besser gewesen, das ganze türkische Geschwader hätte die Anker gelichtet und wäre auf den Feind losgesegelt, soweit es der Wind gestattete. Wenigstens wäre dann vielleicht durch die nicht zu vermeidende Preisgabe einiger Schiffe ein Teil des Geschwaders gerettet worden. Natürlich wäre für ein derartiges Manöver die herrschende Windrichtung maßgebend gewesen; aber es erscheint zweifelhaft, ob Osman Pascha überhaupt an einen derartigen Schritt gedacht hat. Der Sieg von Sinope ist kein Ruhmestitel für die Russen; die Türken aber kämpften mit unerhörter Tapferkeit. Auch nicht ein Schiff hat während des ganzen Kampfes die Flagge gestrichen. Diesen Verlust eines wichtigen Teils ihrer Seemacht, die zeitweilige Eroberung des Schwarzen Meers durch die Russen und die niederdrückenden moralischen Auswirkungen eines solchen Ereignisses auf das türkische Volk, die Armee und die Marine hat die Türkei ausschließlich den „guten Diensten" der westlichen Diplomatie zu verdanken, die die türkische Flotte an der Ausfahrt und somit auch daran hinderte, das Geschwader von Sinope zu schützen oder es heimzuholen. Und ebenso hat sie es nur deren geheimen Informationen an Rußland zu verdanken, daß Rußland in den Stand gesetzt war, den Streich mit solcher Gefahrlosigkeit und Gewißheit zu führen. Der zweite Sieg, dessen sich die Russen rühmen, wurde bei Achalzych in Armenien erfochten. Die Türken sind schon seit einiger Zeit in ihren Offensivbewegungen an der Grenze von Georgien gehemmt worden. Seit sie Scheftakil oder den Hafen St. Nikolaja genommen hatten, war kein Ort von irgendwelcher Bedeutung erobert, noch ein einziger Sieg von mehr als kurzlebiger Bedeutung errungen worden. Und dies in einem Lande, wo die Russen unter den ungünstigsten Umständen zu kämpfen haben; wo ihre Landverbindungen mit Rußland auf zwei Straßen beschränkt sind, die von aufrührerischen Tscherkessen unsicher gemacht werden; wo ihre Verbindungen zur See leicht abgeschnitten oder gefährdet werden können und wo das ganze von den Russen besetzte transkaukasische Gebiet mit dem Zentrum Tiflis eher als ein unabhängiger Staat denn als Bestandteil eines mächtigen Reiches gelten kann. Wie soll man diese Unterbrechung des türkischen Vormarsches erklären? Die Türken klagen Abdi Pascha des Verrats an und haben ihn zurückberufen; und es ist in der Tat sehr sonderbar, daß Abdi Pascha der einzige türkische General in Asien ist, dem die Russen gestatteten, Teilsiege von
lokaler Bedeutung zu erringen. Aber man kann den Türken zwei Fehler nachweisen, die den ausgebliebenen Erfolg zu Beginn der Kampagne und die spätere tatsächliche Niederlage erklären. Sie haben ihre Armee über die ganze lange Linie von Batum nach Bajazid verstreut und zersplittert. Ihre Truppen waren nirgends stark genug, um einen konzentrischen Angriff auf Tiflis zu unternehmen, wenn auch ein Teil von ihnen sich im Augenblick des unbestrittenen und nutzlosen Besitzes der Stadt Eriwan erfreut. Das Land ist felsig und unfruchtbar, und es mag schwer sein, dort eine große Armee zu versorgen; aber die besten Mittel gegen Hunger in einem Heer sind rasche Bewegungen und schnelle Zusammenfassung aller Hilfsquellen. Zwei Korps hätten genügt: eines um Batum zu decken und an der Küstenlinie anzugreifen und das andere, um durch das Tal der Kura direkt nach Tiflis zu marschieren. Aber man hat die türkischen Kräfte ohne jede zwingende Notwendigkeit zersplittert und immer wieder zersplittert, bis jedes einzelne Korps fast unfähig zum Kampfe war. Andererseits war es die Untätigkeit, zu der die Diplomatie die türkische Flotte verurteilt hatte, die es den Russen gestattete, in Mingrelien zwei Divisionen Infanterie (vom fünften Korps) zu landen und so die Kaukasische Armee des Fürsten Woronzow um fast 20 000 Mann zu verstärken. Durch diese Verstärkung konnte er nicht nur die Türken an der Küste binden, sondern er hatte auch noch die Genugtuung, zu sehen, wie ein Korps unter General Andronikow die belagerte Festung Achalzych entsetzte und den Feind im offenen Felde nahe dieser Stadt schlug. Die Russen geben an, daß sie mit etwa 10000 Mann 18000 Türken in die Flucht schlugen. Wir können uns natürlich auf solche Angaben nicht verlassen, aber wir müssen gestehen, daß die große Zahl der irregulären Truppen in der türkischen Armee in Anatolien und das fast gänzliche Fehlen europäischer Offiziere, besonders in den höheren Rängen und im Stabe, die Türken den Russen gegenüber sehr in Nachteil versetzte, wenn diese zahlenmäßig gleich stark waren. Die Russen behaupten, zehn oder zwölf Geschütze erbeutet zu haben; das mag richtig sein, denn in diesem unwegsamen Gebiet muß die besiegte Partei notwendigerweise die meisten ihrer Kanonen im Stich lassen. Gleichzeitig aber geben die Russen zu, nur 120 Gefangene gemacht zu haben. Das kommt dem Geständnis gleich, daß sie beinahe alle Verwundeten auf dem Schlachtfeld niedergemacht haben, die ihnen die Türken wohl oder übel überlassen mußten. Übrigens geht aus den Meldungen der Russen hervor, daß sie ihre Maßnahmen, um wenigstens einen Teil des sich zurückziehenden Feindes zu verfolgen und seinen Rückzug zu verhindern, sehr schlecht geplant haben müssen. Sie hatten eine Menge Kavallerie; ein kühner Angriff direkt auf die Masse der Fliehenden hätte ganze
Bataillone abschneiden können. So aber ist dieses Gefecht, wenigstens nach den uns vorliegenden Berichten, von nur geringem politischen oder militärischen Interesse. An der Donau haben die Russen nichts anderes getan, als daß sie bei Matschin, einem Fort oder, besser gesagt, vorspringenden Felsen gegenüber von Braila, ebenso vorgingen wie bei Eröffnung des Feldzuges. Sie scheinen damit wenig erreicht zu haben. Wir können heute außerdem eine aus guter Quelle stammende detaillierte Aufzählung der türkischen Truppen bei Widdin machen. Sie bestehen aus 34000 Mann Infanterie, 4000 Mann Kavallerie und 2000 Mann Artillerie mit 66 Feldgeschützen, außer der schweren Artillerie auf den Wällen von Widdin und den Redouten Kalafats. So werden 40000 Türken daran verschwendet, die direkte Route von Bukarest nach Serbien zu besetzen. 40000 Mann, an ausgedehnte Befestigungen gekettet, die sie zu verteidigen haben, sind zu wenig, um einer großen Armee Widerstand zu leisten, und viel zu viel, um Streifzüge kleinerer Detachements abzuwehren. Mit der bereits bei Schumla vereinigten Macht würden dort diese 40000 Mann den doppelten Wert haben als sonstwo. Ihr Fehlen hat neben der diplomatischen Einmischung die Operation von Oltenitza mißlingen lassen. Es ist unmöglich, sich vorzustellen, daß Omer Pascha nicht wissen sollte, daß, wenn er mit 1000C0 Mann zwischen Silistria und Rustschuk steht, die Russen es niemals versuchen werden, sich vor seinen Augen mit einer Truppenzahl, deren Stärke ausreichen würde, ihm zu schaden, in die Berge Serbiens zu werfen. Eine solche Aufstellung seiner Truppen kann unmöglich mit seiner Ansicht übereinstimmen, und sicherlich ist er sehr empört und verärgert über die böswilligen Einflüsse, die sie ihm aufzwingen.
Geschrieben etwa 22. Dezember 1853. Aus dem Englischen.
Anhang und Register

Anmerkungen
1 Mit diesem Artikel beginnen Marx und Engels, in der „New-York Daily Tribüne" systematisch die orientalische Frage im Zusammenhang mit der 1853 erfolgten Verschärfung der Widersprüche zwischen dem zaristischen Rußland und den Westmächten im Nahen Osten und auf dem Balkan und dem darauf beginnenden Krimkrieg zu beleuchten. Wie die meisten in der „New-York Daily Tribüne" erschienenen Artikel und Korrespondenzen von Marx und Engels ist der vorliegende Artikel zu Lebzeiten der Verfasser nicht wieder veröffentlicht worden. Der die Türkei behandelnde Teil wurde neben anderen Arbeiten zur orientalischen Frage in den Sammelband aufgenommen, den Marx Tochter Eleanor Marx-Aveling und der englische Sozialist Edward Aveling zusammengestellt haben: Karl Marx, „The Eastern Question. A Reprint of Letters written 1853— 1856 dealing with the events of the Grimean War" (Karl Marx, „Die orientalische Frage. Nachdruck von Artikeln, die 1853-1856 anläßlich der Ereignisse des Krimkrieges geschrieben wurden", Londrn 1897). In diesem Sammelband wird Marx als Autor aller Artikel genannt, da die Artikel in der „New-York Daily Tribüne" entweder mit seiner Unterschrift oder ohne Unterschrift veröffentlicht wurden. Erst 1913 wurde im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Marx und Engels bekannt, daß eine bedeutende Anzahl der Artikel, die Marx an die „Tribüne" gesandt hat, ganz oder teilweise der Feder Engels' entstammten. Im vorliegenden Artikel sind die Abschnitte „Britische Politik - Disraeli — Die Flüchtlinge - Mazzini in London" von Marx und der Abschnitt „Türkei" von Engels geschrieben worden. „New~York Daily Tribüne" - eine amerikanische Zeitung, die von 1841 bis 1924 erschien. Sie ist von dem bekannten amerikanischen Journalisten und Politiker Horace Greely gegründet worden und war bis Mitte der fünfziger Jahre das Organ des linken Flügels der amerikanischen Whigs, danach das Organ der Republikanischen Partei. In den vierziger und fünfziger Jahren nahm die Zeitung eine fortschrittliche Haltung ein und trat gegen die Sklaverei auf. An der Zeitung arbeiteten mehrere bedeutende amerikanische Schriftsteller und Journalisten; einer ihrer Redakteure war seit Ende der vierziger Jahre der von den Ideen des utopischen Sozialismus beeinflußte Charles Dana. Marx' Mitarbeit an der Zeitung begann im August 1851 und währte bis März 1862; eine große Anzahl Artikel für die „New-York Daily Tribüne" wurde auf Marx' Bitte von Engels geschrieben. Die Artikel von Marx und Engels in der „New-York Daily Tribüne" behandeln wichtige Fragen der Arbeiterbewegung, der Innen- und Außenpolitik und der ökonomischen Entwicklung der europäischen Länder, Fragen der kolonialenExpansion und
der nationalen Befreiungsbewegung in den unterdrückten und abhängigen Ländern, und andere mehr. In der Periode der in Europa wieder aufkommenden Reaktion benutzten Marx und Engels diese weitverbreitete fortschrittliche amerikanische Zeitung, um ein Hand von Tatsachen die Mängel der kapitalistischen Gesellschaft anzuprangern, die dieser Gesellschaft innewohnenden unversöhnlichen Widersprüche aufzudecken sowie auf den beschränkten Charakter der bürgerlichen Demokratie hinzuweisen. Die Redaktion der „New-York Daily Tribüne" nahm in vielen Fällen willkürliche Änderungen am Text der Artikel vor; einige wurden, ohne Unterschrift des Verfassers, als redaktionelle Leitartikel veröffentlicht. Diese Ubergriffe gaben Marx wiederholt Anlaß zu Protesten. Ab Herbst 1857 war Marx infolge der Wirtschaftskrise in den USA, die sich auch auf die Finanzlage der Zeitung auswirkte, gezwungen, die Anzahl seiner Artikel für die „New-York Daily Tribüne" einzuschränken. Endgültig aufgehört hat seine Mitarbeit an der Zeitung zu Beginn des Bürgerkrieges in den USA. Eine entscheidende Rolle beim Abbruch der Beziehungen zwischen der „New-York Daily Tribüne" und Marx haben die verstärkte Besetzung der Redaktion mit Anhängern eines Kompromisses mit den Sklavenhalterstaaten sowie die Aufgabe ihrer fortschrittlichen Positionen gespielt. 3 2 Im März 1853 wurde Disraeli, der seit 1848 Führer der Tory-Partei im Unterhaus war, durch Pakington von diesem Posten verdrängt. Dieser Wechsel war das Ergebnis langwieriger innerer Reibereien in der Partei zwischen Disraeli, der für gewisse Konzessionen gegenüber der freihändlerischen Industriebourgeoisie in der Finanz- und Handelspolitik war, und den protektionistischen Tories. Trotz des zeitweiligen Triumphes der letzteren gewann in der Folgezeit die Linie Disraelis wieder die Oberhand, die die Tendenz widerspiegelte, die alte aristokratische Partei der Tories in eine Partei der konservativen Kreise der englischen Bourgeoisie zu verwandeln. 3 3 In der Sitzung des Unterhauses am 1. März 1853 erklärte Palmerston demagogisch, daß, wenn die Kontinentalmächte die Auslieferung der politischen Flüchtlinge von den Britischen Inseln fordern sollten, England dies abschlägig beantworten werde. In der kurz danach im Oberhaus gehaltenen Rede Aberdeens wurde jedoch den Regierungen der Kontinentalmächte versprochen, in der Flüchtlingsfrage Zugeständnisse zu machen. Marx hat diese Frage in einigen früheren Korrespondenzen für die „New-York Daily Tribüne" berührt (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 546, 551). 4 4 „Oesterreichische Correspondenz" - halboffizielles lithographiertes Organ der österreichischen Regierung; erschien unter diesem Titel von 1850 bis 1863 in Wien. 4 457 5 „Le Moniteur tmiversel" - Tageszeitung, die von 1789 bis 1901 in Paris erschien. Von 1799 bis 1814 und 1816-1868 war sie das offizielle Regierungsorgan. 5 206 213 252 328 330 548 6 Tilsiter Friede - Friedensverträge, die am 7. und 9. Juli 1807 zwischen dem napoleonischen Frankreich und den Teilnehmern der vierten antifranzösischen Koalition, Rußland und Preußen, nachdem sie im Kriege eine Niederlage erlitten hatten, abgeschlossen wurden. Die Friedensbedingungen waren für Preußen, das einen bedeutenden Teil seines Territoriums verlor (darunter alle Besitzungen westlich der Elbe), äußerst schwer. Rußland erlitt keine territorialen Verluste, sondern gewann sogar den Bezirk Belostok, der von Preußen auf Rußland überging. Alexander I. mußte jedoch die französischen Eroberungen in Deutschland und die dort von Napoleon vorgenommenen territorialen Veränderungen sowie die Souveränität Napoleons über die Ionischen Inseln anerkennen. Er mußte sich ferner mit der Bildung des Herzogtums Warschau einverstanden erklären, das zum Auf
marschgebiet der Franzosen an den Grenzen Rußlands geworden war, und sich der Blockade gegen England anschließen (der sogenannten Kontinentalsperre). In Tilsit verpflichtete sich Alexander I., durch französische Vermittlung Friedensverhandlungen mit der Türkei zu beginnen, mit der sich Rußland seit 1806 im Kriegszustand befand. Im August 1807 wurde zwischen Rußland und der Türkei ein Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet. Der Friede zwischen ihnen kam jedoch nicht zustande, und die 1809 wiederaufgenommenen Kampfhandlungen führten 1812 zur Niederlage der Türkei. 5 7 Es handelt sich um die Intervention der konterrevolutionären Kräfte der Heiligen Allianz (eines reaktionären Bündnisses europäischer Herrscher, das 1815 vom zaristischen Rußland, Osterreich und Preußen geschlossen wurde) in Neapel, Piemont und Spanien Anfang der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Auf dem Kongreß der Heiligen Allianz, der im Oktober 1820 in Troppau (Opava) begann und im Mai 1821 in Laibach (Ljubljana) beendet wurde, wurde offen das Prinzip der Einmischung der Mächte der Heiligen Allianz in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten proklamiert, um dort das feudal-monarchistische Regime zu stützen. Dementsprechend faßte der Laibacher Kongreß einen Beschluß über die Entsendung österreichischer Truppen nach Italien und der Kongreß in Verona (1822) über die französische Intervention in Spanien, was zur Unterdrückung der bürgerlichen Revolutionen und der nationalen Befreiungsbewegung in diesen Ländern führte. 6 8 Anfang der vierziger Jahre spitzte sich die orientalische Frage infolge des türkischägyptischen Krieges (1839-1841) und der damit im Zusammenhang stehenden Verschärfung der Widersprüche zwischen den Großmächten immer mehr zu. Die Truppen des Sultans stießen 1839 nach Syrien vor, das 1831-1833 vom ägyptischen Statthalter Mechmed Ali erobert worden war, wurden jedoch geschlagen. Die Westmächte, eine separate Einmischung Rußlands in den türkisch-ägyptischen Konflikt befürchtend, bestanden darauf, sich an den Sultan mit einer gemeinsamen Note zu wenden. In dieser Note vom 27. Juli 1839 wurde der Pforte die Unterstützung aller Großmächte angeboten. Der Kampf zwischen England und Frankreich um die Einflußsphären im Nahen Osten, insbesondere in Ägypten, führte jedoch dazu, daß die Londoner Konvention vom 15. Juli 1840 über Maßnahmen der militärischen Hilfe der Mächte für den Sultan nur von England, Rußland, Österreich und Preußen ohne Frankreich unterzeichnet wurde. Frankreich, das seine Hoffnungen auf Mechmed Ali gesetzt hatte, war bald genötigt, davon Abstand zu nehmen, und überließ Mechmed Ali seinem Schicksal. Durch die militärische Einmischung Englands und Österreichs war Mechmed Ali gezwungen, auf alle seine Besitzungen außerhalb Ägyptens zu verzichten und sich der Oberhoheit des Sultans zu unterwerfen. 6 9 Das sogenannte Prinzip des Legitimismus (vom lateinischen „legitimus" - „gesetzlich") wurde auf dem Wiener Kongreß (1814/15) von der französischen Diplomatie, vertreten durch Talleyrand, aufgestellt. Dieses Prinzip, das in Europa zur Wiederherstellung der „gesetzlichen" Dynastien führte, die im Verlauf der Französischen Revolution und der napoleonischen Kriege gestürzt worden waren, wurde allenWienerVerträgen zugrunde gelegt. Zugleich ließen sich die Regierungen der Staaten, die den Sieg über das napoleonische Frankreich davongetragen und die politische Karte Europas entgegen dem Willen der Völker verändert hatten, nicht so sehr von den Ansprüchen der restaurierten „legitimen" Monarchen, als von ihren eigenen, nicht selten kollidierenden Interessen leiten. 6
10 In dem Chanson „Die M^rmidonen oder das Begräbnis des Achilles" („Les mirmidons ou les fundrailles d'Achille") stellte Beranger allegorisch die nichtigen und unfähigen Herrscher Frankreichs in der Periode der Restauration und andere europäische Verfechter des Legitimismus dar. Im Titel des Chansons ist ein Wortspiel enthalten: les mirmidons Myrmidonen, ein legendärer Volksstamm im südlichen Thessalien, dessen Krieger im Trojanischen Krieg unter der Führung von Achilles kämpften; mirmidon bedeutet auch: Knirps, Zwerg, und im übertragenen Sinne: ein unbedeutender, unfähiger Mensch. 6 11 Wien wurde von den Türken zweimal belagert: 1529 und 1683, beide Male ohne Erfolg. 1683 retteten die polnischen Truppen unter König Johann Sobieski Wien vor den türkischen Eroberern. Die Schlacht bei Kulewtscha (Bulgarien) fand am 30. Mai 1829 während des RussischTürkischen Krieges 1828/29 statt. Die Schlacht endete mit der Zerschlagung der türkischen Truppen. 7 12 Das Wort „Rasse" wird hier von Marx im Sinne der damals allgemein üblichen Auffassung gebraucht, die eine Vermengung von „Rassen zweiter Ordnung" (Gruppen innerhalb der Hauptrassen) mit den sprachlichen und ethnischen Unterteilungen der Menschheit zuläßt. 7 13 Hohe Pforte - Bezeichnung für die türkische Regierung, besonders für das Außenministerium (bis 1918); ursprüngliche Bezeichnung für die Residenz des Sultans. 8 14 Gallegos - Bewohner Galiciens, einer historischen Landschaft im Nordwesten Spaniens. 9 15 1848/49 nutzten die österreichischen Habsburger die Bewegung der transsilvanischen Walachen gegen das revolutionäre Ungarn aus. Transsilvanien hatte sich kurz vor der Revolution den Ländern der ungarischen Krone angeschlossen, die unter der Macht der Habsburger standen. Während der Revolution 1848/49 weigerte sich die revolutionäre Regierung Ungarns, das Recht der transsilvanischen Walachen auf nationale Unabhängigkeit anzuerkennen. Die österreichische Konterrevolution nutzte dies aus und verstand es, die aufständische Armee der transsilvanischen Walachen zum Kampf gegen die Revolutionsarmee der Ungarn zu verleiten. Die Niederlage der bürgerlichen Revolution in Ungarn hatte verhängnisvolle Folgen für die Bevölkerung Transsilvaniens, wo die Macht der ungarischen Magnaten wiedererrichtet wurde. 9 K Ruihenen - von bürgerlichen Ethnographen und Historikern eingeführte und im ^.Jahrhundert verbreitete Bezeichnung für die zu beiden Seiten der Karpaten, in Galizien und der Bukowina wohnhafte ukrainische Bevölkerung, die damals gewaltsam von der Hauptmasse des ukrainischen Volkes losgerissen war. Als im Februar 1846 von polnischen Patrioten der Versuch unternommen wurde, in den polnischen Gebieten einen Aufstand zur nationalen Befreiung Polens zu entfachen, und es den Aufständischen in Krakau gelang, vorübergehend den Sieg zu erringen, entbrannte auch in Galizien ein Bauernaufstand. Die österreichischen Behörden verstanden es, den Haß der unterdrückten ukrainischen Bauern gegen die polnische Schlachta auszunutzen und in einigen Fällen die aufständischen Bauern zum Kampf gegen die aufständischen polnischen Truppen anzustacheln. Nach der Niederwerfung des Aufstands in Krakau wurde auch die Bewegung der galizischen Bauern grausam unterdrückt. 9 17 Hinweis auf die bürgerliche Revolution 1848 in der Moldau und Walachei. Im Verlauf dieser Revolution entwickelte sich in den Donaufürstentümern eine breite Bewegung der Volksmassen für die völlige Beseitigung der Abhängigkeit vom Türkischen Reich, für
die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Beseitigung anderer H.ndernisse, die der Entwicklung des Kapitalismus im Wege standen. Die Revolution wurde von der inneren Reaktion gemeinsam mit den Interventionstruppen des Sultans und des zaristischen Rußlands niedergeschlagen. 10 18 Während der Revolution 1848/49 traten die rechten, gutsherrlich-bürgerlichen Elemente in der kroatischen und tschechischen nationalen Bewegung gegen eine Lösung der nationalen Frage auf revolutionär-demokratischem Wege auf; sie propagierten die Vereinigung der unterdrückten slawischen Völker im Rahmen der reaktionären Habsburger Monarchie. Diese Haltung fand ihren Ausdruck in den Beschlüssen der kroatischen Sobors, die 1848 in Agram (Zagreb) tagten, sowie in der Orientierung des rechten gemäßigt-liberalen Flügels (Palacky, Safarik) des Slawenkongresses in Prag (Juni 1848). Dieser rechte, gemäßigt-liberale Flügel wollte die nationale Frage durch die Erhaltung und Festigung der Habsburger Monarchie lösen. Dagegen war die linke, demokratische Richtung des Kongresses (Sabina, Fric, Libelt u.a.), für ein gemeinsames Handeln mit der revolutionärdemokratischen Bewegung in Deutschland und Ungarn. 11 19 Der Russisch-Türkische Krieg (1806-1812) endete mit der Niederlage der Türkei und der Unterzeichnung des Bukarester Friedensvertrages vom Mai 1812, der Bessarabien Rußland zugestand. Der Vertrag enthielt Artikel, die Serbien die Autonomie in Angelegenheiten der inneren Verwaltung einräumten, womit der Grundstein für seine spätere Unabhängigkeit gelegt war. 12 20 Die antirussische Partei in Serbien mit Garaschanin an der Spitze orientierte sich auf die Unterstützung durch die Westmächte. Anfang 1853 hatte Fürst Alexander von Serbien auf Betreiben des Fürsten Menschikow, der damals Rußlands außerordentlicher Botschafter in Konstantinopel war, Garaschanin als Regierungsoberhaupt und Minister für Auswärtige Angelegenheiten abgesetzt. Der Kampf der verschiedenen politischen Parteien führte 1853 zur Verschärfung der innerpolitischen Lage in Serbien. 12 233 277 21 Im ersten Englisch-Afghanischen Krieg (1838-1842), der von den Engländern provoziert . worden war, um Afghanistan die koloniale Versklavung aufzuzwingen, scheiterten die Eroberungspläne der englischen Kolonialherren. Die Eroberung Sinds, des an Afghanistan grenzenden nordwestlichen Teils Indiens, durch die englischen Kolonialherren geschah 1843. Während des Englisch-Afghanischen Krieges zwang die Ostindische Kompanie die feudalen Regenten Sinds mit Drohungen und Gewalt, sich einverstanden zu erklären, die englischen Truppen durch ihre Besitzungen marschieren zu lassen. Dieses Zugeständnis wurde von den Engländern ausgenutzt, und sie verlangten 1843 von den örtlichen Feudalen, sich der Kompanie als Vasallen zu unterwerfen. Nach blutigem Gemetzel unter den aufständischen Stämmen der Belutschen (Urbevölkerung Sinds) verkündeten die Engländer die Angliederung des ganzen Gebiets an Britisch-Indien. Pandschab (Nordindien) wurde von den Engländern in den Kriegen gegen die Sikhs (1845/46, 1848/49) erobert. Die Sikhs waren eine religiöse Sekte im Pandschab (im 16. Jahrhundert), deren Gleichheitslehre zur Ideologie des sich Ende des 17. Jahrhunderts entwickelnden Kampfes der Bauern gegen die indischen Feudalherren und die afghanischen Eroberer wurde. Später bildete sich unter den Sikhs eine feudale Oberschicht heraus. Vertreter dieser Oberschicht standen an der Spitze des Staates der Sikhs, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts das ganze Pandschab und eine Reihe benachbarter Gebiete umfaßte. 1845 provozierten die englischen Kolonialherren, im Bunde mit Verrätern der adligen
Spitzen der Sikhs, einen Konflikt und erreichten 1846 die Verwandlung dieses Staates in ein Vasallen-Fürstentum. 1848 kam es zu einem Aufstand der Sikhs. der schließlich unterdrückt wurde. Durch die Eroberung des Pandschab wurde ganz Indien zu einer englischen Kolonie. 14 152 22 „The Economist" - Wochenblatt für Wirtschaftsfragen und Politik; Blatt der industriellen Großbourgeoisie, das seit 1843 in London erscheint. 15 27 99 161 213 239 242 316 453 476 523 536 23 Der Mailänder Aufstand war am 6. Februar 1853 von Anhängern des italienischen Revolutionärs Mazzini entfacht und von revolutionären ungarischen Emigranten unterstützt worden. Ziel der Aufständischen - meist patriotische italienische Arbeiter - war der Sturz der österreichischen Herrschaft in Italien. Der Aufstand, der jedoch den Charakter einer Verschwörung hatte und die reale Lage nicht berücksichtigte, wurde bald niedergeschlagen. Marx gab in mehreren Artikeln eine Einschätzung des Mailänder Aufstands. (Siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 521/522, 526-529, 548/549.) 17 313 24 „The Morning Herald" - Tageszeitung konservativer Richtung; erschien von 1780 bis 1869 in London. 18 80 114 143 147 249 389 429 448 545 550 25 Münze mit Darstellung des von den alten Ägyptern verehrten „heiligen" Stiers Apis; im alten Griechenland waren Münzen mit der Darstellung von Tieren hauptsächlich bis zum 5. Jahrhundert v. u. Z. im Umlauf. 19 26 „The Times" - größte englische Tageszeitung konservativer Richtung; sie wurde am 1. Januar 1785 in London als „Daily Universal Register" gegründet; am 1. Januar 1788 wurde der Titel in „The Times" geändert. 19 25 68 71 80 107 115 118 134 142 158 188 193 227 247 316 322 330 397 408 420 427 434 464 515 520 534 539 549 27 „The Morning Post" - konservative Tageszeitung, die von 1772 bis 1937 in London erschien. 20 57 80 111 145 196 213 230 239 253 322 330 342 434 482 536 549 28 „The Daily News" - liberale Tageszeitung,Organ der Industriebourgeoisie, erschien von 1846 bis 1930 in London. 20 25 80 280 306 315 448 474 545 29 „The Morning Chronicle" - bürgerliche Tageszeitung, erschien von 1769 bis 1862 in London. 20 80 141 145 242 302 317 322 419 538 543 550 80 „The Morning Advertiser" - Tageszeitung, die seit 1794 in London erscheint; in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts war sie das Organ der radikalen Bourgeoisie. 20 37 73 195 213 263 288 294 300 325 337 81 „Entente cordiale" (gutes Einvernehmen)-Ausdruck, der die Annäherung zwischen Frankreich und England nach der Juli-Revolution 1830 bezeichnete. Trotz der „Entente cordiale" verschärften sich sowohl in den dreißiger Jahren als auch in der darauffolgenden Zeit noch oft die englisch-französischen Widersprüche in einer Reihe internationaler Fragen, insbesondere in der orientalischen Frage. 20 32 „Le Constitutionner - bürgerliche Tageszeitung, erschien von 1815 bis 1870 in Paris; in den vierziger Jahren war sie das Organ des gemäßigten Flügels der Orleanisten; in der Periode der Revolution von 1848 vertrat sie die Auffassungen der konterrevolutionären royalistischen Bourgeoisie, die sich um Thiers gruppierte; nach dem Staatsstreich des Louis Bonaparte im Dezember 1851 war sie eine bonäpartistische Zeitung. 20 113 287 304 419 429 33 „Le Pays1 - Tageszeitung, 1849 in Paris gegründet; zur Zeit des Zweiten Kaiserreichs (1852-1870) wurde sie halbamtliches Organ der Regierung Napoleons III.; sie trug den Untertitel „Journal de l'Empire". 21 III
34 Im Frühjahr 1821 brach in Griechenland ein von Geheimgesellschaften griechischer Patrioten - den Hetärien - vorbereiteter Aufstand aus. Das unmittelbare Signal dazu war der Ubergang der Abteilung Alexander Ypsilantis im März 1821 über den Pruth und der Einfall in die Donaufürstentümer, um nach Griechenland vorzudringen. Ypsilanti war ein griechischer Offizier in russischen Diensten, der in Odessa an der Spitze einer Hetärie stand. Der Feldzug der Abteilung Ypsilantis erlitt eine Niederlage, gab aber den Anstoß für einen Massenaufstand, der bald das ganze Land erfaßte. Die nach Epidauros einberufene Nationalversammlung verkündete am I.Januar 1822 die Unabhängigkeit Griechenlands und beschloß eine Verfassung. Da der türkische Sultan ohne fremde Hilfe den griechischen Aufstand nicht niederschlagen konnte, bat er seinen ägyptischen Vasallen Mechmed Ali um Beistand. Die Truppen Mechmed Alis fielen unter dem Kommando Ibrahim Paschas in Morea (Peloponnes) ein und gingen überall unerhört grausam gegen die griechische Bevölkerung vor. Die Mächte der Heiligen Allianz, insbesondere das zaristische Rußland, lehnten anfangs den Aufstand entschieden ab. Doch die große Sympathie, die der Kampf der Griechen überall hervorrief, vor allem aber die Möglichkeit, diesen Kampf für die Festigung ihres Einflusses im Süden der Balkanhalbinsel auszunutzen, veranlaßten England, Rußland und Frankreich, Griechenland zu unterstützen und ihm militärische Hilfe zu erweisen. Entscheidende Bedeutung für die Erringung der Unabhängigkeit Griechenlands hatte der Sieg Rußlands im Russisch-Türkischen Krieg (1828/29). Die Türkei wurde dadurch gezwungen, Griechenland als selbständigen Staat anzuerkennen. Die herrschenden Kreise der europäischen Mächte zwangen jedoch dem griechischen Volk ein reaktionäres monarchistisches Regime auf. 22 35 Fanarioten - reiche Griechen, die im Fanar, einem Stadtteil von Konstantinopel, lebten und meist Nachkommen aristokratischer byzantinischer Geschlechter waren. Dank ihres Reichtums und ihrer politischen Verbindungen nahmen sie hohe Staatsämter in der Türkei ein. 22 36 Die serbische Erhebung 1804 war von großer Bedeutung in der Geschichte des jahrhundertelangen nationalen Befreiungskampfes des serbischen Volkes gegen die Herrschaft der türkischen Feudalherren. Unmittelbarer Anlaß zum Aufstand war ein von türkischen Janitscharen unter den Serben angerichtetes Blutbad. Im Februar 1804 erhoben sich breite Massen des serbischen Volkes unter .der Führung eines Vertreters der Dorfbourgeoisie, des ehemaligen Haiduken Georg Petrovic (Czerny-Georg), zum Kampf gegen die türkischen Eroberer. Wesentliche Unterstützung erhielt die Befreiungsbewegung der Serben durch die Erfolge der russischen Armee auf dem Balkan im Russisch-Türkischen Krieg (1806-1812). Nach der Vertreibung der Türken (1811) schufen die Serben ihre eigene innere Verwaltung. Laut Bukarester Friedensvertrag von 1812 war die Türkei gezwungen, Serbien die Autonomie in Angelegenheiten der inneren Verwaltung einzuräumen. Als Napoleons Armee 1813 in Rußland einfiel, brach der Sultan denVertrag und entsandte eine Strafexpedition nach Serbien, die dort vorübergehend die türkische Herrschaft wiedererrichtete. Nach einem erneuten, siegreichen Aufstand der Serben im Jahre 1815 und durch die diplomatische Hilfe Rußlands gelang es den Serben, das türkische Joch abzuschütteln. Als der Russisch-Türkische Krieg (1828/29)zu Ende war, mußte die Türkei durch einen besonderen Ferman des Sultans die Autonomie (die faktische Unabhängigkeit) Serbiens anerkennen. 23 37 In der Schlacht bei Navarino (heute Pylos; Stadt und Hafen in Griechenland) wurde die türkisch-ägyptische Flotte am 20. Oktober 1827 von den vereinigten englischen» fran
zösischen und russischen Geschwadern unter dem Kommando des englischen Admirals E. Codrington geschlagen. Die europäischen Mächte hatten ihre vereinigten Geschwader in die griechischen Gewässer entsandt, um den Krieg zwischen der Türkei und den griechischen Aufständischen mit Waffengewalt zu schlichten. Die Schlacht begann nach der Weigerung des türkischen Kommandos, die Gewalttätigkeiten gegen die griechische Bevölkerung einzustellen, und endete mit der völligen Vernichtung der türkisch-ägyptischen Flotte; sie beschleunigte außerdem den Beginn des für Rußland erfolgreichen RussischTürkischen Krieges 1828/29. 24 198 38 Hagia Sophia - Sophienkirche in Konstantinopel; heute Museum. 24 39 Magna Charta Libertatum - Urkunde, die dem englischen König Johann I. („ohne Land") von den aufständischen großen Feudalherren, den Baronen und Kirchenfürsten, unterstützt von der Ritterschaft und den Städten, aufgezwungen wurde. Die am 15.Juni 1215 unterzeichnete Charta schränkte die Rechte des Königs vor allem zugunsten der großen Feudalherren ein und enthielt gewisse Zugeständnisse an die Ritterschaft und die Städte; der Hauptmasse der Bevölkerung, den leibeigenen Bauern, brachte die Charta keinerlei Rechte. 24 40 Engels spielt auf die Haltung der Westmächte zur Auslieferung der ungarischen Flüchtlinge an. Rußland und Osterreich hatten von der Türkei die Auslieferung der aus Ungarn geflüchteten Revolutionäre verlangt. Die Regierung der Türkei beabsichtigte jedoch, die Flüchtlinge für die Reorganisierung und Stärkung ihrer Armee auszunutzen, und weigerte sich, dieser Forderung nachzukommen. Durch die Einmischung der Westmächte, die ein Anwachsen des russischen Einflusses im Nahen Osten und in Mitteleuropa befürchteten, verschärfte sich der Konflikt. Schließlich schickte die englische Regierung ihr Geschwader in die Dardanellen. Nikolaus I. war zum Nachgeben gezwungen. Er mußte auf die Auslieferung der Flüchtlinge verzichten und sich mit dem Versprechen der türkischen Regierung zufriedengeben, diese aus der Türkei auszuweisen. 24 41 Das Testament Peters des Großen - ein gefälschtes Schriftstück, das von westeuropäischen Politikern und Publizisten in ihrer Propaganda gegen Rußland benutzt wurde. Bereits 1797 wurde in Westeuropa behauptet, daß ein solches „Testament" vorhanden sei; 1812 wurde der Inhalt dieses angeblichen Testaments in einem Buch des Franzosen Lesur, „Des progres de la puissance russe, depuis son origine jusqu'au commengement du XIXe siecle" (Über das Wachstum des russischen Staates von seiner Entstehung bis Anfang des 19. Jahrhunderts), dargelegt. 1836 wurde dieser Fälschung von Gaillardet in seinem Buch „Memoires du Chevalier d'Eon" (Memoiren des Chevalier d'Eon) die Form eines Dokuments gegeben. Zu Lebzeiten von Marx und Engels war man in Westeuropa in breiten Kreisen von der Echtheit dieses Schriftstücks überzeugt. 25 234 42 Es handelt sich um die Aktionen der österreichischen Polizei im Zusammenhang mit dem Mailänder Aufstand und dem Anschlag des Ungarn Janos Libenyi auf den österreichischen Kaiser Franz Joseph im Februar 1853. Diese Ereignisse nahmen die österreichischen Behörden zum Anlaß, eine große Anzahl von Personen, die gegen die Regierung gerichteter Verschwörungen und der Teilnahme an der ungarischen und der italienischen nationalen Befreiungsbewegung verdächtig waren, zu verhaften oder einer wütenden gerichtlichen Verfolgung auszusetzen. 28 43 Der Kommunistenprozeß zu Köln (4. Oktober -12. November 1852) war ein von der preußischen Regierung inszenierter Prozeß. Dem Gericht wurden 11 Mitglieder der ersten
internationalen kommunistischen Organisation, des Bundes der Kommunisten (1847 bis 1852), ausgeliefert, die man des „Landesverrats" angeklagt hatte. Als Anklageschrift diente das von preußischenPolizeiagenten fabrizierte„Originalprotokollbuch"der Sitzungen der Zentralbehörde und andere Fälschungen sowie Dokumente, die die Polizei bei der aus dem Bund der Kommunisten ausgeschlossenen Abenteurer-Fraktion WillichSchapper gestohlen hatte. Sieben Angeklagte wurden auf Grund der gefälschten Dokumente und falscher Aussagen zu Festungshaft von drei bis sechs Jahren verurteilt. Die Provokationen der Initiatoren des Prozesses und die hinterhältigen Methoden, die der preußische Polizeistaat gegen die internationale Arbeiterbewegung anwandte, wurden von Marx und Engels in ihren Artikeln „Der Kommunisten-Prozeß zu Köln" (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 398 ff.) sowie in den „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" (ebenda, S. 405 ff.) u. a. vollständig entlarvt. 29 44 Marx meint die Ansprüche Louis Bonapartes auf das linke Rheinufer, das bereits im 17. Jahrhundert von Vertretern der herrschenden Kreise in Frankreich als Frankreichs „natürliche Grenze" im Osten bezeichnet worden war. 29 45 Der Vertrag von Adrianopel (Friede von Adrianopel) wurde im September 1829 zwischen der Türkei und Rußland nach dem für Rußland erfolgreichen Krieg von 1828/29 abgeschlossen. Laut Vertrag erhielt Rußland das Donaudelta mit den Inseln und einen bedeutenden Teil der Ostküste des Schwarzen Meeres südlich der Mündung des Kuban. Die Türkei mußte die Autonomie der Moldau und der Walachei anerkennen und,ihnen das Recht auf selbständige Wahl der Hospodare einräumen. Die Sicherung dieser Autonomie lag bei Rußland, was der Errichtung eines Protektorats des Zaren über die Fürstentümer gleichkam. Die türkische Regierung war außerdem gezwungen, die Unabhängigkeit Griechenlands anzuerkennen, das mit der Türkei lediglich durch die Zahlung einer Jahresabgabe verbunden war, sowie alle früheren Verträge in bezug auf die Autonomie Serbiens zu beachten und dieser Autonomie durch einen speziellen Ferman Gesetzeskraft zu verleihen. 32 198 46 in zwei Kriegen - Hinweis auf die Russisch-Türkischen Kriege 1806-1812 und 1828/29 und die darauffolgenden Friedensverträge von Bukarest (1812) und Adrianopel (1829) (siehe auch Anm. 19, 37 und 45). 32 47 Ali Pascha von Janina (aus Tepeleni) - der faktisch unabhängige Regent eines ausgedehnten Gebietes im Südwesten der Balkanhalbinsel (zu seinen Besitzungen gehörten der Epirus, Albanien, Südmazedonien und andere, mit der Stadt Janina als Zentrum); Ali Pascha befand sich im offenen Krieg mit dem Sultan. Durch seine Kämpfe gegen die Türken trug er indirekt zum Erfolg des griechischen Aufstands bei, jedoch lagen seinem eigenen Kampf, der 1822 mit einer Niederlage endete, feudal-separatistische Ziele zugrunde. Die Schlacht bei Navarino siehe Anm. 37. Als im Frühjahr 1828 die Kriegshandlungen zwischen Rußland und der Türkei begonnen hatten, trafen im August d. J. im Süden Griechenlands, in Morea (Peloponnes), französische Truppen unter dem Kommando des Generals Maison ein, die - fast ohne auf Widerstand seitens der türkisch-ägyptischen Streitkräfte zu stoßen - die Halbinsel besetzten. Diese Expedition, die unter dem Deckmantel der Hilfe für die Griechen eingeleitet worden war, sollte dem Einfluß Rußlands auf dem Balkan entgegenwirken und die Positionen Frankreichs in diesem Raum festigen. Die Londoner Konferenzen, an denen Vertreter Englands, Rußlands und Frankreichs teilnahmen, wurden 1827 bis 1829 abgehalten. Gegenstand der Verhandlungen war die
griechische Frage. Am 6. Juli 1827 wurde von den drei Mächten in London eine Konvention unterzeichnet, die das von England und Rußland am 4. April 1826 in Petersburg unterschriebene Protokoll bekräftigte, laut dem Griechenland das Recht auf Autonomie zuerkannt worden war. Das Protokoll wie auch die Konvention enthielten u. a. Vereinbarungen über die diplomatische Anerkennung Griechenlands und über die militärische Unterstützung im griechisch-türkischen Konflikt. Gemäß dieser Vereinbarungen wurden die vereinten Geschwader, die an der Schlacht bei Navarino teilgenommen hatten, in die griechischen Gewässer entsandt. Auf den Londoner Konferenzen wurden noch einige andere Dokumente, die Griechenland betrafen, unterzeichnet, u. a. das Protokoll vom 22. März 1829, welches die Grenzen des griechischen Staates festlegte und eine monarchistische Regierungsreform in Griechenland vorsah. Diese Vereinbarungen jedoch sowie die von England und Frankreich unternommenen Schritte zur Lösung des Konflikts auf diplomatischem Wege - wobei sie eine Niederlage der Türkei im Russisch-Türkischen Krieg verhindern wollten -, konnten die unversöhnliche Haltung der Pforte in der griechischen Frage nicht erschüttern. Erst der Sieg der russischen Truppen im Feldzug von 1829 zwang die Pforte zu Zugeständnissen. 32 366 48 Die „New-York Daily Tribüne" brachte am Schluß dieses Artikels folgenden Kommentar der Redaktion: „Wer also heute die Sache des Volkes in Europa unterstützen will, der muß die Entwicklung der Industrie, des Bildungswesens, der Achtung vor dem Gesetz und den Instinkt für Freiheit und Unabhängigkeit in den christlichen Vasallenstaaten der Türkei mit allen Mitteln zu fördern suchen. Davon hängt die Zukunft des Friedens und des Fortschritts in der ganzen Welt ab. Will man wirklich einmal ernten, so kann man auf die Bebauung des Bodens und die Aussaat des Samens nicht genug Sorgfalt verwenden." 35 49 „Preußisches Wochenhlati" -konservative Zeitung, erschien von 1851 bis 1861 in Berlin. 36 50 „Die Zeit" - konservative Zeitung, erschien von 1851 bis 1858 in Berlin. 36 51 „Die Presse", Wien - bürgerliche liberale Tageszeitung; erschien von 1848 bis 1894. In den Jahren 1861/62, als die Zeitung antibonapartistisch eingestellt war, veröffentlichte sie auch Artikel und Korrespondenzen von Marx. 37 249 326 435 52 „L'Emancipation" - belgische Tageszeitung, Organ klerikal-katholischer Kreise; wurde 1830 in Brüssel gegründet. 37 249 53 „Die Opfer der Moucharderie, Rechtfertigungsschrift von Wilhelm Hirsch" erschien in dem „Belletristischen Journal und New-Yorker Criminal-Zeitung" am 1., 8., 15. und 22. April 1853. „Belleiristisches Journal und New- Yorker Criminal-Zeitung" - Wochenzeitung, von kleinbürgerlichen deutschen Emigranten in New York im Jahre 1852 herausgegeben; erschien unter diesem Titel vom 18. März 1853 bis 10. März 1854. 39 493 54 „M6moires" [,,Memoiren"l, von F.E.Vidocq, Bd. I-IV, Paris 1828-1829. - Die Autorschaft Vidocqs ist nicht bestätigt. „Les Conspirateurs", par A.Chenu, ex-capitaine des gardes du citoyen Caussidiere. Les societes secretes, La prefecture de police sous Caussidiere, Les corps-francs. - [„Die Verschwörer", von A.Chenu, Ex-Hauptmann der Garden des Bürgers Caussidiere. Die geheimen Gesellschaften, Die Polizeipräfektur unter Caussidiere, Die Freikorps.] Paris 1850. „La naissance de la r6publique en Fevrier 1848", par Luden de la Hodde, [„Die Geburt der Republik im Februar 1848", von Lucien de la Hodde.] Paris 1850.
Marx und Engels befaßten sich in einer Literaturkritik mit den genannten Schriften (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 266-280). 39 55 „Cooperscher Spion" - Anspielung auf Harvey Birch - Hauptfigur des Romans von F. Cooper „Der Spion" -, der aus patriotischen Idealen zum Spion wurde. 39 56 Pamphlet von Karl Marx und Friedrich Engels „Die großen Männer des Exils" (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 233-335). Zu Lebzeiten von Marx und Engels ist das Pamphlet nicht veröffentlicht worden. Es erschien erstmalig 1930 in der Sowjetunion in russischer Sprache. 40 57 „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue" - Zeitschrift, die von Marx und Engels im Dezember 1849 gegründet und bis November 1850 herausgegeben wurde. Die Zeitschrift war das theoretische und politische Organ des Bundes der Kommunisten, die Fortsetzung der von Marx und Engels während der Revolution von 1848/49 herausgegebenen Kölner „Neuen Rheinischen Zeitung". Insgesamt erschienen von März bis November 1850 sechs Hefte der Zeitschrift, davon als letztes das Doppelheft 5/6. Die Zeitschrift wurde in London redigiert und in Hamburg gedruckt. Auf dem Umschlag war New York angegeben, weil Marx und Engels mit ihrer Verbreitung unter den deutschen Emigranten in Amerika rechneten. Der überwiegende Teil der Materialien (Artikel, Revuen, Literaturkritiken) ist von Marx und Engels geschrieben, die auch ihre Anhänger -W.Wolff, J.Weydemeyer und G. Eccarius zur Mitarbeit heranzogen. Von den Schriften der Begründer des Marxismus wurden u. a. in der Zeitschrift veröffentlicht: „Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850" von Marx, „Die deutsche Reichsverfassungskampagne" und „Der deutsche Bauernkrieg" von Engels sowie mehrere andere Arbeiten. Wegen der polizeilichen Repressalien in Deutschland und des Fehlens finanzieller Mittel war die Zeitschrift gezwungen, ihr Erscheinen einzustellen. 40 58 Eigentlich: in partihus infidelium (in den Gebieten der Ungläubigen) - hier: ein Amt, das nur auf dem Papier besteht, ein wesenloser Titel. 41 500 59 „Die neue Finanzgaukelei, oder Gladstone und die Pennies"' war der erste Artikel von Marx zum Budget des Koalitionsministeriums Aberdeen, den er, parallel mit seinen Artikeln zum gleichen Thema, für die „New-York Daily Tribüne" veröffentlichte. „ ThePeople'sPaper" - Wochenzeitung der Chartisten; von Ernest Jones im Mai 1852 in London gegründet. Jones, ein Führer des revolutionären Chartismus, war mit Marx und Engels befreundet, die von Oktober 1852 bis Dezember 1856 der Zeitung ihre redaktionelle Mitarbeit zur Verfügung stellten. Außer den Artikeln, die Marx und Engels für „The People's Paper" geschrieben haben, veröffentlichte die Zeitung auch wichtige Artikel von Marx und Engels aus der „New-York Daily Tribüne". In dieser Zeit vertrat die Zeitung konsequent die Interessen der Arbeiterklasse und propagierte die Ideen des Sozialismus. Jones' Annäherung an bürgerliche Radikale führte zur Einstellung der Mitarbeit von Marx und Engels am „People's Paper" und zum zeitweiligen Bruch mit Jones. Im Juni 1858 wurde die Zeitung von bürgerlichen Geschäftsleuten übernommen. 43 56 427 450 536 60 Die Angaben vorliegender Tabelle hat Marx hauptsächlich der Arbeit von W. Cobbett „Paper Against Gold", London 1828, pp. 21-25, entnommen. Cobbett datiert den Beginn der Regierungszeit Annas mit dem Jahre 1701 entsprechend dem bis 1752 in England gültigen Kalender, laut dem das neue Jahr ab 25.März gerechnet wurde. (Nach dem neuen Stil bestieg sie 1702 den Thron.) Im zweiten Teil der Tabelle („Staatsausgaben") wurde imTextdesim „People'sPaper"veröffentlichten Artikels die Summe der Staatsausgaben für 1809 (82027288 Pfd. St.) fälschlich auf das Jahr 1801
37 Marx/Engels, Werke, Band 9
bezogen. In der vorliegenden Ausgabe wird die von Cobbett angeführte Ziffer für dieses Jahr wiederhergestellt. 43 61 Aus der Rede Disraelis im Unterhaus am 8. April 1853 bei der Erörterung des Budgets Gladstones. 44 62 Die Südseegesellschaft wurde um 1712 in England unter dem Vorwand des Handels mit Südamerika und mit den Inseln des Stillen Ozeans gegründet; ihr wahrer Zweck war die Spekulation mit Staatspapieren. Die Gesellschaft erhielt von der Regierung eine Reihe von Privilegien und Monopolrechten, insbesondere das Recht auf Ausgabe staatlicher Wertpapiere, und entfaltete eine ungeheure Spekulationstätigkeit, die 1720 mit dem Bankrott der Gesellschaft endete. Die Manipulationen der Gesellschaft trugen zur Vergrößerung der englischen Staatsschuld bei. 45 63 Entsprechend der im englischen Parlament üblichen Verfahrensweise konstituiert sich das Unterhaus bei der Erörterung bestimmter wichtiger Fragen in voller Zusammensetzung als Komitee (Committee of the whole House); die Funktionen des Vorsitzenden (Chairman of the Committees) übernimmt in solchen Sitzungen ein auf der Liste des Vorsitzenden stehendes Parlamentsmitglied, das vom Vorsitzenden des Unterhauses, dem Speaker, für die Durchführung der betreffenden Sitzung bestimmt wird. 49 64 „Hic Rhodtis, hic salta!" - Dieser Satz ist einer äsopischen Fabel entnommen, worin ein Prahler behauptet, er habe einst in Rhodos einen gewaltigen Sprung getan. Ihm wurde erwidert: „Hier ist Rhodos, hier springe!" Mit anderen Worten: Beweise mit der Tat, was du kannst. 53 65 Es handelt sich hier um die Erörterung des Ausbildungssystems im katholischen College von Maynooth (Irland), die im Februar und März 1853 im Unterhaus stattfand. Dieses College (ein Priesterseminar) wurde 1795 gegründet, um die irische katholische Geistlichkeit auf die Seite der englischen herrschenden Klassen zu ziehen und dadurch die nationale Befreiungsbewegung in Irland zu schwächen. 55 66 Marx zitiert Ernest Jones' Artikel „Ein Freund des Volkes", der im „People's Paper" vom 16. April 1853 veröffentlicht wurde. 57 67 Secretary at War - hier: Sidney Herbert. - Friedrich Engels erläutert: „... der ,Secretary at war', der Kriegsminister, aber doch wieder nicht der eigentliche Kriegsminister, sondern vielmehr der Repräsentant des Kriegsministeriums im Hause der Gemeinen, jedoch eine durchaus selbständige Behörde... der Chef der militärischen Finanzen..." („Neue Oder-Zeitung" vom 8. Januar 1855). 57 68 Irische Brigade - Fraktion der irischen Abgeordneten im englischen Parlament. In den dreißiger bis fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts gehörte die Mehrzahl dieser Fraktion dem rechten, versöhnlerischen Flügel der nationalen Bewegung Irlands an. Dieser Flügel vertrat die Interessen der Spitze der irischen Bourgeoisie, der Landlords und der klerikalen Kreise der katholischen Kirche. Außerdem gehörten der Fraktion irische Liberale an, hinter denen die wohlhabenden irischen Pächter standen. Unter den Bedingungen des Gleichgewichts zwischen Tories und Whigs hatte die Irische Brigade ebenso wie die Manchesterleute die Möglichkeit, das Kräfteverhältnis im Parlament ins Wanken zu bringen, Einfluß auf den Verlauf des innerparlamentarischen Kampfes zu nehmen und manchmal das Schicksal der Regierung zu entscheiden. 57 73 80 69 Manchester schule - ökonomische Lehrmeinung, die besonders von den englischen bürgerlichen Ideologen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vertreten wurde. Die Frei
händler, Anhänger dieser Richtung, bildeten die sog. Manchesterpartei, die Partei der englischen Industriebourgeoisie. Sie verteidigten die Freiheit des Handels, die Nichteinmischung des Staates in das wirtschaftliche Leben des Landes, die uneingeschränkte Ausbeutung der Arbeiterklasse. Manchester war das Zentrum der Agitation. An der Spitze der Bewegung standen die beiden Textilfabrikanten Cobden und Bright, die 1838 die Anti-Com-Law League gründeten. In den vierziger und fünfziger Jahren waren die Freihändler eine besondere politische Gruppierung; sie bildeten den linken Flügel der liberalen Partei in England. 57 80 139 206 448 70 Zur „Besteuerung des Wissens" („Taxes of Knowledge") in England gehörten: die Annoncensteuer, die Stempelsteuer für Zeitungsbeilagen und die Papiersteuer. 57 71 Nach dem bonapartistischen Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 in Frankreich hatte Palmerston, damaliger Außenminister Großbritanniens, in einer Unterredung mit dem französischen Botschafter in London den Staatsstreich Louis Bonapartes gebilligt (Marx nennt diesen den „Helden der Ebene von Satory", wobei er auf die Truppenparade auf der Ebene von Satory in der Nähe von Versailles im Herbst 1850 anspielt, die Louis Bonaparte zu einer bonapartistischen Demonstration machen wollte). Diese Billigung hatte Palmerston ohne vorherige Vereinbarung mit anderen Mitgliedern des Whig-Kabinetts gegeben, was dann auch im Dezember 1851 zu seinem Rücktritt führte, obwohl die englische Regierung im Prinzip den Standpunkt Palmerstons teilte und die erste Regierung in Europa war, die das bonapartistische Regime in Frankreich anerkannte. Palmerston hatte im Koalitionsministerium Aberdeen, das im Dezember 1852 gebildet wurde, den Posten des Innenministers inne. Er war der Initiator der polizeilichen und gerichtlichen Verfolgungen sowie der Verleumdungskampagne in der Presse gegen die deutschen, ungarischen, italienischen und die anderen in England lebenden politischen Flüchtlinge. Die Korrespondenz der Flüch tlinge unterlag einer strengen Zensur; über ihre Tätigkeit und Pläne informierte das englische Innenministerium die Polizei Österreichs und anderer reaktionärer Kontinentalmächte (siehe Anm. 84). Ausländischen Polizeiagenten wurde bei der Bespitzelung der Flüchtlinge jegliche Unterstützung zuteil. Um dieses konterrevolutionäre Vorgehen zu verschleiern, befleißigte sich Palmerston heuchlerischer Phrasen über die Treue zu den konstitutionellen und demokratischen Prinzipien. 58 72 Der französische König Franz I. hat nach historischen Darstellu ngen nach seiner Niederlage und Gefangennahme in der Schlacht bei Pavia (1525) einen Brief an seine Mutter gerichtet, in dem es u.a. heißt: „Alles ist verloren, nur die Ehre nicht." 58 73 Marx verweist hier auf die „Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste", mit deren Herausgabe die deutschen Gelehrten J.S.Ersch und J.G.Gruber 1818 in Leipzig begonnen hatten und die 1890 fertiggestellt wurde. Die Enzyklopädie umfaßte insgesamt 167 Bände. 58 74 Ministerbank — im englischen Unter hause die vorderste Bank rechts vom Sprecher, auf der sich die Minister befinden. 65 75 Als dieser Artikel in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht wurde, brachte die Redaktion in derselben Nummer (vom 6.Mai 1853) folgenden Kommentar: „In dem in unserer heutigen Morgenausgabe der .Tribüne' veröffentlichten Artikel unseres Londoner Korrespondenten Dr.Marx finden unsere Leser eine ausgezeichnete Analyse des Gladstoneschen Budgets und der Haltung der heutigen politischen Parteien in England zu diesem Budget. Wir konnten bisher nirgends eine treffendere Kritik dieses Budgets und seines Schöpfers finden und glauben auch nicht, daß dies möglich sein wird." 67
76 Es handelt sich um das Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852 über die Integrität der dänischen Monarchie, das von den fünf Großmächten - Rußland, Osterreich, England, Frankreich und Preußen - sowie von Schweden und Dänemark unterzeichnet worden war. Ihm lag ein am 4. Juli 1850 von denselben Mächten (außer Preußen) ebenfalls in London unterschriebenes Protokoll zugrunde, das sich eindeutig für einen dänischen Gesamtstaat einschließlich der Herzogtümer Schleswig und Holstein aussprach. In dem Protokoll war vom Zaren als einem legitimen Prätendenten auf den dänischen Thron die Rede. Der Zar war nämlich ein Nachkomme des Herzogs von Holstein-Gottorp, Karl Peter Ulrich, der in Rußland unter dem Namen Peter III. regierte. Dieser hatte auf seine Rechte zugunsten des Prinzen Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg verzichtet, den man zum Nachfolger Königs Frederik VII. erklärt hatte. Das schuf den Präzedenzfall für spätere Ansprüche des Zaren auf den dänischen Thron im Falle des Erlöschens der Glücksburger Dynastie. 67 243 248 77 Als 1850 der Papst für England die katholischen Bischöfe ernennen wollte, rief das den Widerstand der anglikanischen Kirche und der englischen Regierung hervor. 1851 wurde ein Gesetz erlassen, das die päpstlichen Ernennungen für ungültig erklärte. 67 78 „Frankfurter Journal" - Tageszeitung, gegründet im 17. Jahrhundert; erschien bis 1903 in Frankfurt a.M. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts vertrat sie eine bürgerlichliberale Richtung. 67 79 Mitte des vorigen Jahrhunderts war, wie in anderen Ländern, auch in Deutschland der Spiritismus beim Bürgertum weit verbreitet. 67 80 Anspielung auf eine damals sehr populäre Sammlung humorvoller Aussprüche und Anekdoten in englischer Sprache, die von Joe Miller herausgegeben worden war. 68 81 Marx zitiert in etwas veränderter Form folgende Stelle aus der Schrift „Que'est-ce que le tiers-etat?" von E.J.Sieyes, die 1789, am Vorabend der Französischen Revolution, erschien: „Qu'est-ce que le tiers-etat? Tout." 70 82 Am Printing House Square, einem Platz in London, befindet sich das Redaktionsgebäude der „Times". 71 194 331 539 83 Mayfair-Leute oder Mayfair-Radikale - Spitzname für die Pseudoradikalen (Molesworth, Bemal Osborne u.a.). Sie gehörten zu dem Teil der englischen Aristokratie, der mit den demokratischen Kreisen liebäugelte. „Mayfair" wurden sie genannt nach dem Stadtteil Mayfair in London, in dem die englische Aristokratie wohnte. 74 84 Anspielung auf die reaktionäre Haltung, die das Koalitionsministerium Aberdeen, insbesondere sein Innenminister Palmerston. gegenüber den m England lebenden politischen Flüchtlingen einnahmen, sowie auf die Zuträgerdienste, die dieses Ministerium der österreichischen Polizei und anderen Mächten in Europa im Kampf gegen die revolutionärdemokratische Bewegung leisteten (siehe auch Anm. 71). 74 85 Entsprechend der im englischen Parlament üblichen Verfahrensweise konstituiert sich das Unterhaus bei der Erörterung bestimmter wichtiger Fragen, die die Deckung der Staatsausgaben betreffen, als Budgetausschuß (Committee of Ways and Means). Das ist dann eine Plenartagung, in der das Parlament als Komitee bzw. Ausschuß tagt (siehe auch Anm. 63). 76 86 Anspielung auf Charles Wood (hier Sancho Timber genannt), der 1846-1852 Schatzkanzler und 1852-1855 im Koalitionsministerium Präsident der Kontrollbehörde für indische Angelegenheiten war. Wood-Timber: Wortspiel, im Deutschen gleichbedeutend
mit Holz (wood) - Nutzholz (timber), wobei timber gleichzeitig einen schwerfälligen Menschen kennzeichnet. Barataria - sagenhafte Insel, auf der Sancho Pansa, eine Hauptfigur in Cervantes' „Don Quijote", als Statthalter eingesetzt wird. 77 105 87 Pecksniff - Gestalt aus Charles Dickens' Werk „Leben und Abenteuer des Herrn Martin Chuzzlewit, seiner Verwandten, Freunde und Feinde" - ein Scheinheiliger und Heuchler. 79 88 anläßlich des Kölner Prozesses - Es handelt sich um den Artikel „Der Kommunisten-Prozeß zu Köln" (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S.398ff). Marx hatte Engels gebeten, diesen Artikel zu schreiben, da er selbst damals mit seinem Pamphlet „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" beschäftigt war. Da Engels jedoch nicht offiziell Korrespondent der „Tribüne" war, brachte diese den Artikel mit der Unterschrift von Marx. 83 89 Marx' Hinweis bezieht sich offensichtlich auf einen Artikel, der in der „New-York Daily Tribüne" nicht veröffentlicht worden und nicht erhalten geblieben ist. 85 90 Sonderbund- Separatbündnis, das 1843 zwischen sieben ökonomisch rückständigen Kantonen der Schweiz geschlossen wurde, um den fortschrittlichen bürgerlichen Umgestaltungen in der Schweiz entgegenzutreten sowie die Privilegien der Kirche und der Jesuiten zu verteidigen. An der Spitze des Sonderbundes standen separatistische katholische Kreise und die obere Patrizierschicht der Städte. Die reaktionären Ansprüche des Sonderbundes stießen auf den Widerstand der bürgerlichen Radikalen und Liberalen, die Mitte der vierziger Jahre in den meisten Kantonen wie auch im Schweizer Bundestag (Tagsatzung) das Übergewicht erlangt hatten. Der Beschluß des Schweizer Bundestages im Juli 1847 über die Auflösung des Sonderbundes diente diesem als Anlaß, Anfang November mit Waffengewalt gegen die übrigen Kantone vorzugehen. Am 23. November 1847 wurden die Truppen des Sonderbundes von den Truppen der Bundesregierung geschlagen. Auch nach der Zerschlagung des Sonderbundes versuchten die reaktionären katholischen Kreise wiederholt, sich den liberalen Reformen zu widersetzen und in einzelnen Kantonen wieder an die Macht zu kommen, wobei sie sich auf den rückständigen, konservativen Teil der Bauernschaft stützten. 85 91 Engels'Artikel „Die politische Lage der schweizerischen Republik" wurde nach seinem Erscheinen in der „New-York Daily Tribüne" mit kleinen Kürzungen in der deutschsprachigen Zeitung „Die Reform" vom 1. und 4. Juni 1853 in New York unter dem Titel „Die Schweiz" veröffentlicht. Damit begannen die Publikationen von Übersetzungen oder kurzen Inhaltswiedergaben der von Marx in der „Tribüne" veröffentlichten Artikel und Korrespondenzen. Die Initiatoren bei der Popularisierung der Marxschen Artikel in der „Reform" waren vor allem J.Weydemeyer und A.Cluß, ehemalige Mitglieder des Bundes der Kommunisten. Die „Reform" - amerikanische Zeitung in deutscher Sprache; Organ des Amerikanischen Arbeiterbundes, dessen Mitglieder meistens deutsche Emigranten aus Arbeiterkreisen waren. Das Blatt erschien vom 5. März 1853 bis 26. April 1854 und zwar zunächst als Wochenblatt, später zweimal wöchentlich und ab 15.Oktober 1853 täglich. Einer der Redakteure war Marx' Freund und Kampfgefährte Joseph Weydemeyer. Seinem Einfluß ist es zu verdanken, daß die Zeitung lange Zeit einen radikalen Standpunkt vertrat. In dem Blatt wurden wiederholt Artikel von Marx und Engels nachgedruckt, die in der „NewYork Daily Tribüne" erschienen waren. Marx zog auch seine Anhänger (Eccarius, Pieper und Dronke) zur Mitarbeit an der „Reform" heran. In ihrer Redaktion gewannen, kurz bevor die Zeitung ihr Erscheinen einstellte, kleinbürgerliche Elemente die Oberhand. 87
92 Während des Wiener Kongresses (September 1814 bis Juni 1815) unterzeichneten die am Kongreß teilnehmenden Großmächte am 20. März 1815 eine Erklärung, in welcher der Schweiz „ewige Neutralität" zugestanden wurde. 87 93 Den Anlaß für den von Dezember 1851 bis Januar 1852 währenden Konflikt zwischen Frankreich und der Schweiz gab Louis Bonaparte, als er darauf bestand, daß die französischen republikanischen Flüchtlinge, die Gegner des Staatsstreichs vom 2. Dezember 1851, aus der Schweiz ausgewiesen werden. Schon im Jahre 1836 war die Schweizer Regierung Bedrohungen seitens der Juli-Monarchie ausgesetzt gewesen, die von militärischen Manövern begleitet waren, als sie Flüchtlinge aus Frankreich, darunter auch Louis Bonaparte, Exil gewährt hatte. Jetzt war die Schweiz neuerdings gezwungen, ernsthafte Zugeständnisse, zu machen. Neuchätel (deutscher Name Neuenburg) - Schweizer Kanton, der gleichzeitig als Vasall von der preußischen Regierung abhängig war. Nach der bürgerlichen Revolution im Februar 1848 wurde in Neuchätel die von Preußen unabhängige Republik proklamiert. Aus diesem Grunde kam es zu einem scharfen Konflikt zwischen Preußen und der schweizerischen Republik, der sich bis 1857 hinzog und nur dadurch beigelegt wurde, daß der preußische König infolge der diplomatischen Einmischung anderer Mächte, besonders Frankreichs, gezwungen war, seine Ansprüche auf Neuchätel aufzugeben. 1853 kam es zu einem Konflikt zwischen Österreich und der Schweiz. Der Schweizer Kanton Tessin hatte Teilnehmern der italienischen Befreiungsbewegung, die nach dem mißglückten Mailänder Aufstand (6. Februar 1853) aus den unter Österreichs Herrschaft stehenden Gebieten (vor allem aus der Lombardei) geflüchtet waren, Asyl gewährt. 88 94 In China entfaltete sich 1851 eine antifeudale Befreiungsbewegung, die bald den Charakter eines großen Bauernkrieges annahm. Die Bewegung, die im Süden, in der Provinz Gwang-ssi, begonnen hatte, breitete sich auf die zentralen Provinzen aus und ergriff fast das ganze Gebiet des unteren und mittleren Jangtse. Im Verlauf der Kämpfe schufen die Aufständischen das „Himmlische Reich der großen Gerechtigkeit" („Taiping tiän-guo"), nach dem die ganze Bewegung auch ihren Namen Taiping-Bewegung erhielt, mit dem Zentrum in Nanking. DieTaiping vernichteten die in China herrschenden mandschurischen Feudalherren, setzten die Abschaffung der Steuern durch und liquidierten das große Feudaleigentum. Dadurch, daß sich der Aufstand auch gegen die buddhistische Geistlichkeit und die Klöster - die Stütze der Mandschu-Dynastie - richtete, erhielt er den für eine Bauernbewegung im Osten charakteristischen religiösen Anstrich. Die Taiping-Revolution, die das Fundament für den Kampf der breiten Massen des chinesischen Volkes gegen die Feudalordnung und gegen die fremdländischen Eroberer legte, war jedoch nicht imstande die feudale Produktionsweise in China zu liquidieren. Im Taiping-Staat bildete sich eine feudale Oberschicht heraus, die mit den herrschenden Klassen einen Kompromiß einging. Das war eine der Ursachen für den Verfall der Bewegung. Der Hauptschlag wurde der Revolution durch die offene Intervention Englands, Amerikas und Frankreichs versetzt (anfangs unterstützten die Großmächte die Mandschu-Dynastie, wobei sie „Neutralität" vorschützten), deren Streitkräfte zusammen mit den Truppen der chinesischen Feudalen 1864 den Taiping-Aufstand niederrangen. 95 95 Marx sah voraus, daß sich aus dem Konflikt zwischen den ökonomischen und politischen Interessen Rußlands und den Interessen der Westmächte, hauptsächlich Englands und Frankreichs, ein gesamteuropäischer Krieg entwickeln würde. Seine Voraussage wurde durch den Krimkrieg (1853-1856) vollauf bestätigt. 95
96 nach dem unglücklichen Kriege Von 1840 - Der erste „Opiumkrieg" (1839-1842) war ein Aggressionskrieg Englands gegen China. Er sollte dem englischen Handel den chinesischen Markt öffnen. Mit ihm begann die Umwandlung Chinas in ein halbkoloniales Land. England versuchte seit Beginn des vorigen Jahrhunderts durch Schmuggel mit dem in Indien hergestellten Opium nach China, seine passive Handelsbilanz mit China auszugleichen, stieß jedoch auf den schärfsten Widerstand der chinesischen Regierung, die 1839 sämtliche Opiumvorräte an Bord der ausländischen Schiffe in Kanton beschlagnahmen und verbrennen ließ. Das war der Anlaß zum Krieg, in dem China unterlag. Die Engländer nutzten diese Niederlage des feudalen rückständigen Chinas aus und diktierten ihm den räuberischen Friedensvertrag von Nanking (August 1842). Der Vertrag von Nanking legte die Öffnung fünf chinesischer Häfen (Kanton, Amoy, Futschou, Ningsien - früher Ningpo - und Schanghai) für den englischen Handel fest, die Übergabe Hongkongs „auf ewige Zeit" an England und die Zahlung von gewaltigen Kontributionen an England. Nach dem Zusatzprotokoll des Nankinger Vertrages mußte China den Ausländern auch das Recht der Exterritorialität zuerkennen. 97 97 1 848 wurden in Kalifornien und 1851 in Australien reiche Goldvorkommen entdeckt, was großen Einfluß auf die ökonomische Entwicklung in Europa und Amerika hatte. 98 93 Anfang des 17. Jahrhunderts begannen die vereinigten mandschurischen Stämme China zu bedrohen (man nannte sie wie die türkisch-mongolischen Völkerschaften Tataren nach einem der mongolischen Stämme, die im Nordosten der Mongolei und der Mandschurei zur Zeit des Dschingis-Khan lebten). Der Einfall der Mandschu führte zur Errichtung der Herrschaft der mandschurischen Tsching-Dynastie in China (1644-1912). Das chinesische Volk setzte der Eroberung Chinas durch die Mandschu offenen bewaffneten Widerstand entgegen. Aber die Krise des Feudalstaates unter den letzten Kaisern der Ming-Dynastie und der Verrat eines Teils der chinesischen Feudalen, die - von den Bauernaufständen erschreckt - auf die Seite der Eroberer übergingen, erleichterten den Mandschus die Unterwerfung Chinas. 100 99 1 720 gründeten chinesische Händler in Kanton eine Kaufmannsgilde namens Ko-Hong, die es ihnen ermöglichte, ein Preismonopol zu errichten. 1760 erhielt sie einen offiziellen Freibrief, wurde aber 1771 wieder aufgelöst. 1782 stattete die Regierung eine zahlenmäßig festgelegte Gruppe von Kaufleuten mit einem Freibrief aus, der sie berechtigte und verpflichtete, die Kontrolle des Import- und Exporthandels zu übernehmen. Unter dem alten Namen Ko-Hong oder kurz Hong waren sie der Regierung gegenüber auch für die Verhinderung des Opiumhandels verantwortlich. Da die ungehemmte Betätigung der ausländischen Kaufleute im chinesischen Hinterland durch die Organisation der Hong unterbunden war, forderten die Engländer im Friedensvertrag von Nanking (1842) die Auflösung der Hong. 101 100 „Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie" - Tageszeitung, die unter der Redaktion von Karl Marx vom I.Juni 1848 bis 19.Mai 1849 in Köln herausgegeben wurde. Zur Redaktion gehörten Friedrich Engels, W.Wolff.G.Weerth, F. Wolff, E. Dronke, F. Freiligrath und H.Bürgers. Als Kampforgan des proletarischen Flügels der Demokratie spielte die „Neue Rheinische Zeitung" die wichtige Rolle eines Erziehers der Volksmassen und rief zum Kampf gegen die Konterrevolution auf. Die Leitartikel, die Wegweiser in den wichtigsten Fragen der deutschen und europäischen Revolution waren, wurden in der Regel von Marx und Engels verfaßt.
Die entschlossene und unversöhnliche Haltung der „Neuen Rheinischen Zeitung", ihr kämpferischer Internationalismus, ihre politischen Enthüllungen - all das rief bereits in den ersten Monaten ihres Erscheinens eine Hetze von Seiten der feudal-monarchistischen und der bürgerlich-liberalen Presse sowie Verfolgungen durch die preußische Regierüng hervor, die nach dem konterrevolutionären Umsturz in Preußen im November/Dezember 1848 noch schlimmer wurden. Ungeachtet aller Verfolgungen und polizeilichen Maßregelungen verteidigte die „Neue Rheinische Zeitung" mutig die Interessen der revolutionären Demokratie und damit die Interessen des Proletariats. Im Mai 1849, als die Konterrevolution allgemein zum Angriff überging, erließ die preußische Regierung, nachdem sie Marx bereits die Staatsbürgerschaft verweigert hatte, den Befehl, ihn aus Preußen auszuweisen. Seine Ausweisung und die Repressalien gegen die anderen Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung" zwangen die Redaktion, das Erscheinen des Blattes einzustellen. Die letzte Nummer der „Neuen Rheinischen Zeitung" (Nr. 301 vom 19. Mai 1849) erschien in rotem Druck. In ihrem Abschiedsaufruf an die Arbeiter Kölns erklärten die Redakteure, „ihr letztes Wort wird überall und immer sein: Emanzipation der arbeitenden Klasse/" Die „Neue Rheinische Zeitung" war „das beste, unübertroffene Organ des revolutionären Proletariats" (Lenin). 103 294 510 101 „The Observer" - Wochenzeitung konservativer Richtung, die seit 1791 in London erscheint. 105 145 317 341 102 Downing Street - Straße im Zentrum Londons, benannt nach dem Finanzminister Georg Downing (1767). Da in dieser Straße viele Regierungsämter sind, gilt dieser Name auch als Sinnbild für die englische Regierungspolitik. Unter den drei Präsidentschaften verstand man nach der verwaltungsmäßigen Einteilung Britisch-Indiens die Territorien Bengalens, Bombays und Madras'. Die Gouverneure dieser Präsidentschaften wurden von der Ostindischen Kompanie ernannt. Nach dem Akt von 1773 über die Verwaltung Indiens war der Gouverneur Bengalens auch gleichzeitig Generalgouverneur aller britischen Besitzungen in Indien. 106 321 331 420 103 Gemeint ist die Gesellschaft zugunsten von Reformen in Ostindien, die vom Freihändler John Dickinson im März 1853 gegründet wurde. 106 200 104 Die alten Streitigkeiten zwischen der griechisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche um den Besitz der sogenannten Heiligen Stätten - die christlichen Heiligtümer in • Jerusalem und Bethlehem - wurden 1850 durch Louis Bonaparte erneut entfacht und wuchsen bald zu einem großen diplomatischen Konflikt zwischen dem zaristischen Rußland, das die Privilegien der orthodoxen Geistlichkeit verteidigte, und Frankreich aus, das auf der Seite der Katholiken stand. Beiden Seiten ging es in Wirklichkeit um die Hegemonie im Nahen Osten. Die Regierung der Türkei, die in dieser Frage zunächst eine schwankende Haltung einnahm, gab den französischen Forderungen nach, war aber am 4. Mai 1853, während des Aufenthalts Menschikows in der Türkei, gezwungen zuzustimmen,.die Rechte und Privilegien der orthodoxen Kirche besonders zu garantieren (einen entsprechenden Ferman hat der Sultan einen Monat später erlassen). Gleichzeitig lehnte der Sultan, unterstützt vom englischen und französischen Botschafter, die Forderung Nikolaus I. ab, ihn als Schutzherrn der griechisch-orthodoxen Bevölkerung im Osmanischen Reich anzuerkennen. 107 233 105 „Journal des Debats" - Abkürzung für die bürgerliche Tageszeitung „Journal des Delats politiques et lit(ergires", gegründet 1789 in Paris. Während der Julimonarchie war sie als
Regierungszeitung das Organ der orleanistischen Bourgeoisie. In der Revolution 1848 vertrat sie die Auffassungen der konterrevolutionären Bourgeoisie. In dem von Marx angeführten Zitat ist der Tag, an dem Menschikow das Ultimatum überreichte, nicht genau angegeben; es wurde nicht am 7., sondern am 5. Mai 1853 überreicht. 107 119 321 330 516 106 Vertrag von Kütschuk-Kainardschi - Friedensvertrag, der am 21. Juli 1774 nach dem für Rußland siegreichen Russisch-Türkischen Krieg 1768-1774 zwischen den beiden Mächten geschlossen wurde. Laut Vertrag erhielt Rußland einen Teil der Nordküste des Schwarzen Meeres zwischen dem südlichen Bug und dem Dnepr mit der Festung Kinburn, sowie Asow, Kertsch und Jenikale; ferner wurde im Vertrag die Unabhängigkeit der Krim anerkannt, was ihren späteren Anschluß an Rußland erleichterte. Die russischen Handelsschiffe erhielten das Recht der freien Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellen. Ferner mußte der Sultan der griechisch-orthodoxen Kirche in der Türkei eine Reihe von Privilegien gewähren; insbesondere war im Artikel 14 der Bau einer orthodoxen Kirche in Konstantinopel vorgesehen. 107 198 233 x07 »La Suisse" - Schweizer Tageszeitung, die von 1847 bis 1860 in Bern herausgegeben wurde. 110 los |853 hatte Österreich die diplomatischen Beziehungen zu Piemont (Sardinien) abgebrochen, weil die Piemonter Behörden den Flüchtlingen aus der Lombardei (damals unter der Herrschaft Österreichs), den Teilnehmern an der nationalen Befreiungsbewegung von 1848/49 und am Mailänder Aufstand vom 6. Februar 1853, Asyl gewährt hatten. 110 109 „Revolutions de Paris" - revolutionär-demokratische Wochenschrift, erschien von Juli 1789 bis Februar 1794 in Paris. 110 110 Nachdem Louis Bonaparte im Dezember 1852 zum Kaiser der Franzosen proklamiert worden war, gebrauchte Nikolaus I. nach Vereinbarung mit dem österreichischen und preußischen Hof Bonaparte gegenüber nicht die zwischen „legitimen" Monarchen übliche Anrede „Monsieur mon frere", sondern die Anrede „Monsieur mon ami" und titulierte ihn nicht „Kaiser Napoleon III.", sondern „Kaiser Louis-Napoleon". Entgegen der Vereinbarung gebrauchten der österreichische und der preußische Hof dann doch die übliche Anrede; sie wiesen jedoch auf die Notwendigkeit hin, die Beschlüsse des Wiener Kongresses einzuhalten, denn die Kongreßakte verbot der Dynastie Bonaparte, den französischen Thron zu besteigen. Dadurch gaben sie zu verstehen, daß die Herrschaft Louis Bonapartes eigentlich ungesetzlich sei. III 111 „La Patrie" - Tageszeitung, 1841 gegründet; vertrat 1850 die Interessen der vereinigten Monarchisten, der sogenannten Partei der Ordnung; nach dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 Zeitu ng der Bonapartisten. III 196 240 246 419 515 112 „La Presse" - bürgerliche Tageszeitung; ab 1836 in Paris herausgegeben. 1848/49 war sie das Organ der bürgerlichen Republikaner, später antibonapartistisch. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts war Emile de Girardin Redakteur der Zeitung. 111 206 233 249 447 113 Buju^dere - Sommerkurort am Ufer des Bosporus in der Nähe von Konstantinopel, wo sich die Sommerresidenz der russischen Botschaft in der Türkei befand. 111 114 „Le Siecle"- - Tageszeitung, erschien von 1836 bis 1939 in Paris; in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts brachte sie die Anschauungen jenes Teils des Kleinbürgertums zum
Ausdruck, der sich auf die Forderung gemäßigter Reformen beschränkte; in den fünfziger Jahren ein Organ der gerpäßigten Republikaner. 112 262 115 Ein Artikel mit der erwähnten Tatsache wurde in der „New-York Daily Tribüne" nicht aufgefunden. 117 116 „AllgemeineZeitung" - bürgerliche Tageszeitung, die 1798 gegründet wurde; erschien von 1810 bis 1882 in Augsburg. 118 410 539 117 1853 erschien der 6. Band von E.F.de Beaumont-Vassy's „Histoire des Etats Europeens depuis le Congres de Vienne", t.1-6, Paris 1843-1853 (Geschichte der europäischen Staaten seit dem Wiener Kongreß, Bd. 1-6, Paris 1843-1853), betitelt „Empire Russe" (Russisches Imperium). Marx zitiert die Seiten 346/347 dieses Bandes. 119 118 Gemeint ist Teil II („The Danish succession") des Abschnitts „The North" in der Broschüre D.Urquharts „Progress of Russia in the West, North, and South". Der von Marx angekündigte Artikel ist in der „New-York Daily Tribüne" nicht erschienen. 120 119 Wesleyaner oder Methodisten - religiöse Sekte, im 18. Jahrhundert in England von John Wesley gegründet; trennte sich Ende des 18. Jahrhunderts von der anglikanischen Kirche und fand als eine der Spielarten des Protestantismus auch in den USA und in Känada weite Verbreitung. Ein charakteristischer Zug dieser Sekte war die Forderung nach strenger, methodischer Durchführung der religiösen Riten und der anderen kirchlichen Gebräuche. 122 120 Als Marx diesen Artikel schrieb, verwertete er einige Gedanken, die Engels in seinem Brief vom 6. Juni 1853 an ihn geäußert hatte. 127 121 Religion des Lingam - Kult des Gottes Schiwa; besonders verbreitet unter der südindischen Sekte der Lingaiten (von „Linga" - das Emblem Schiwas), eine der Sekten des Hinduismus. die keine Kastenunterschiede anerkennt und Fasten, Opferungen sowie Wallfahrten ablehnt. Dschagannat (Juggernaut) - eine der Gestalten des Gottes Wischnu, eines der höchsten hinduistischen Götter. Der Dschagannat-Kult zeichnete sich durch ein besonders prunkvolles Ritual und durch äußersten religiösen Fanatismus aus, der in Selbstkasteiungen und Selbstopfern der Gläubigen seinen Ausdruck fand. An großen Feiertagen warfen sich Gläubige unter den Wagen, auf dem sich ein Bildnis des Wischnu-Dschagannat befand. 128 122 Moguln - Eroberer türkischer Herkunft, die Anfang des 16. Jahrhunderts aus dem östlichen Teil Mittelasiens in Indien eindrangen und 1526 in Nordindien das Reich der Großmoguln (so nannte man die herrschende Dynastie dieses Reichs) gegründet haben. In den Augen der Zeitgenossen waren die Gründer des Reichs der Moguln die direkten Nachkommen der mongolischen Eroberer aus der Zeit des Dschingis-Khan; daher stammt auch der Name „Moguln". Das Reich der Moguln wurde besonders mächtig, nachdem es sich Mitte des 17. Jahrhunderts den größten Teil Indiens und einen Teil Afghanistans unterworfen hatte. Die Bauernaufstände, der wachsende Widerstand der Völker Indiens gegen die muselmanischen Eroberer, die ständige Zwietracht sowie die zunehmenden feudalen separatistischen Tendenzen führten zum Zerfall des Reichs der Moguln, das in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts faktisch zu existieren aufhörte. Heptarchie (Siebenherrschaft) - ein in sieben selbständige Teile zersplittertes Reich (z.B. das alte England der Angelsachsen im 6. bis 8. Jahrhundert). Marx gebraucht den
Ausdruck hier vergleichsweise für die feudale Zersplitterung des Dekhan (Mittel- und Südindien) vor der Eroberung durch die Muselmanen. 128 123 Die Insel Salsette, nördlich von Bombay, ist durch ihre 109 buddhistischen Höhlentempel berühmt. 128 124 „Laissez-faire, laissez-aller" [Laßt jeden machen, was er will und den Dingen ihren Lauf] liberalistischer Wirtschaftsgrundsatz der Manchesterschule oder Freihändlerpartei, die für Freihandel und Nichteinmischung des Staates in Wirtschaftsangelegenheiten eintrat. 130 135 125 „The Globe and Traveller"' — Abendzeitung, die seit 1803 täglich in London erschien; Organ der Whigs; während der Regierung der Whigs Regierungsorgan; seit 1866 Blatt der Konservativen. 134 145 322 330 332 391 546 126 Das Gesetz über den Zehnstundentag, das nur Jugendliche und Arbeiterinnen betraf, wurde am 8. Juni 1847 vom englischen Parlament beschlossen. Truck Act - ein Gesetz, das die Bezahlung der Arbeiter in Waren verbot, wurde 1831 beschlossen. Viele Fabrikanten haben jedoch in der Praxis diese Gesetze ignoriert. 135 127 Combination Act — Vereinsgesetz oder Gesetz über die Arbeiterkoalitionen, das 1825 vom englischen Parlament beschlossen wurde. Das Gesetz bestätigte die 1824 vom Parlament beschlossene Annullierung des Verbots von Arbeitervereinigungen (Trade-Unions), beschränkte aber ihre Tätigkeit außerordentlich. Insbesondere die einfache Agitation für den Eintritt der Arbeiter in den Verband und für die Teilnahme an Streiks wurden als „Nötigung" und „Gewalt" angesehen und als kriminelles Vergehen bestraft. 135 257 291 128 Es handelt sich um die Kundgebung, die von den Chartisten am 2. August 1846 auf dem Blackstone Edge durchgeführt wurde. Die Kundgebung, an der Jones teilnehmen sollte, fand am 19. Juni 1853 statt. 135 129 „The Press" - Wochenblatt, Organ der Tories, erschien von 1853 bis 1866 in London. 138 142 177 261 548 -30 Konvention vom 6. Mai - Entwurf einer Konvention oder eines Seneds (Vertrag) zwischen Rußland und der Türkei, den Menschikow der Pforte in Form eines Ultimatums vorschlug, nachdem die Frage der „Heiligen Stätten" am 4. Mai 1853 geregelt worden war (siehe Anm. 104). Dieser Entwurf, der nicht nur die Sicherung der Religionsfreiheit für die griechisch-orthodoxe Bevölkerung des Türkischen Reiches vorsah, sondern auch faktisch das Protektorat des russischen Zaren über diese anerkannte, wurde vom Sultan abgelehnt. 143 131 Der 1812 zv.'ischen Rußland und der Türkei geschlossene Vertrag von Bukarest bestätigte die früheren Vereinbarungen zwischen diesen Staaten, wonach der Moldau und der Walachei eine Reihe autonomer Rechte zugestanden worden waren. Er bestätigte ferner das Rußland bereits 1774 durch den Vertrag von Kütschük-Kainardschi zugebilligte Recht, die Interessen der griechisch-orthodoxen Bevölkerung in den Donaufürstentümern gegen die Pforte zu verteidigen. Laut Vertrag von Adrianopel (1829) wurde der Moldau und der Walachei Autonomie in allen Fragen der inneren Verwaltung gewährt. Die Donaufürstentümer kamen faktisch unter das Protektorat Rußlands, das berechtigt war, die Fürstentümer zu besetzen sowie auf ihren staatlichen Aufbau und die Wahl der Hospodare Einfluß zu nehmen. 144 132 Konvention von Balta-Liman - Vereinbarung zwischen Rußland und der Türkei vom 1. Mai 1849 im Zusammenhang mit der Anwesenheit ihrer Truppen in der Moldau und
in der Walachei. Die Truppen waren zur Unterdrückung der revolutionären Bewegung dorthin entsandt worden. Entsprechend der Konvention blieb das Okkupationsregime bis zur völligen Beseitigung der revolutionären Gefahr aufrechterhalten (erst 1851 wurden die fremden Truppen aus den Fürstentümern abgezogen). Laut Konvention wurden die Hospodare nach Ubereinkunft mit dem Zaren vom Sultan ernannt; es waren ferner eine Reihe von Maßnahmen seitens Rußlands und der Türkei vorgesehen, darunter eine erneute militärische Besetzung der Fürstentümer, falls neue revolutionäre Ereignisse eintreten sollten. Weiter unten bringt Marx in freier Darlegung den Inhalt des Artikels 4 der Konvention. 144 245 277 133 Die Koncention von 1841 (Dardanellenvertrag) betraf die Einfahrt in die Dardanellen und den Bosporus (Schwarzmeerengen); sie wurde am 13. Juli 1841 zwischen den fünf Großmächten - Rußland, England, Frankreich, Osterreich und Preußen einerseits, und der Türkei andererseits - unterzeichnet. Die Konvention legte fest, daß die Schwarzmeerengen in Friedenszeiten für die Kriegsschiffe aller Mächte gesperrt werden. Sie berührte nicht die Regelung der Dardanellenfrage in Kriegszeiten. Das gab der Türkei die Grundlage, in Kriegszeiten über die Durchfahrt von Kriegsschiffen ausländischer Staaten selbst zu entscheiden. 145 134 „L'Assemblee nationale" - Tageszeitung monarchistisch-legitimistischer Richtung, die von 1848 bis 1857 in Paris erschien. 145 213 302 330 516 135 das letzte Ultimatum Rußlands - Gemeint ist das Schreiben des Kanzlers Nesselrode vom 19. (31.) Mai 1853 an den Außenminister der Türkei, Reschid Pascha. Hierin wurde die Türkei für den Mißerfolg der Menschikowschen Mission verantwortlich gemacht und in ultimativer Form vorgeschlagen, die vor seiner Abreise aus Konstantinopel von Menschikow formulierten Forderungen in bezug auf die Garantie der Privilegien für die griechischorthodoxen Untertanen des Sultans anzunehmen. Das bedeutete faktisch das Protektorat des Zaren über die griechisch-orthodoxen Untertanen des Sultans. Nesselrode drohte mit militärischen Maßnahmen und spielte auf eine Okkupation der Moldau und der Walachei an, falls das Ultimatum abgelehnt werde. In der Antwort Reschid Paschas vom 16. Juni 1853 lehnte die Türkei - von England und Frankreich unterstützt - die Forderungen der zaristischen Regierung ab. 146 136 „Le Semaphore de Marseille" - bürgerliche Tageszeitung, die von 1827 bis 1945 in Marseille erschien. 146 131 Der Siebenjährige Krieg (1756-1763) war vor allem ein Krieg zwischen den beiden Koalitionen europäischer Staaten: der englisch-preußischen Koalition einerseits und der französisch-russisch-österreichischen andrerseits. Eine der Hauptursachen des Krieges war der Kampf zwischen England und Frankreich um die koloniale Vormachtstellung. Die Kämpfe zwischen diesen beiden Machtgruppen spielten sich - außer bei den Seeschlachten - in erster Linie in den Kolonien dieser Staaten, auf amerikanischem und asiatischem Territorium ab. Hauptkriegsschauplatz im Osten war Indien, wo die britische Ostindische Kompanie, die ihre Streitkräfte bedeutend vergrößert und den Krieg zur Eroberung mehrerer indischer Landstriche ausgenutzt hatte, gegen die Franzosen und ihre Marionetten unter den örtlichen Fürsten kämpfte. Durch den Siebenjährigen Krieg büßte Frankreich fast all seine Besitzungen in Indien ein (es behielt nur fünf Küstenstädte, deren Befestigungen geschleift werden mußten). Englands Kolonialmacht verstärkte sich bedeutend. 149
138 ]. Mill, „The History of British India", London. Die erste Ausgabe erschien 1818. In der Ausgabe von 1826 befinden sich die von Marx zitierten Stellen in Bd. IV, Buch V, S. 488 und in Bd.V, Buch VI, S. 68 und 75. 150/151 139 Die Reformbill (Gesetz über die Wahlreform) wurde 1831 vom englischen Unterhaus angenommen und am 7. Juni 1832 von König Wilhelm IV. bestätigt. Die Reform richtete sich gegen die politische Monopolstellung der Grund- und Finanzaristokratie, beseitigte die schlimmsten feudalen Überreste im englischen Wahlrecht und verschaffte den Vertretern der industriellen Bourgeoisie den Zutritt zum Parlament. Proletariat und Kleinbürgertum, die Hauptkraft im Kampf für die Reform, wurden von der liberalen Bourgeoisie betrogen und erhielten kein Wahlrecht. 151 140 Marx führt eine Reihe von Kriegen an, die von der britischen Ostindischen Kompanie in Indien zur Eroberung indischen Territoriums und zur kolonialen Versklavung des indischen Volkes geführt wurden. Außerdem bezweckten diese Kämpfe die Beseitigung des Hauptkonkurrenten in Indien - der französischen Ostindischen Kompanie. Der Krieg in Karnatik (Fürstentum im Südosten Indiens) dauerte mit Unterbrechungen von 1746 bis 1763. Die englischen wie auch die französischen Eroberer führten den Kampf zur Unterwerfung des Karnatik unter dem Vorwand, die verschiedenen örtlichen Prätendenten auf die Macht in diesem Fürstentum zu unterstützen. Den Sieg trugen schließlich die Engländer davon, die bereits im Januar 1761 den französischen Hauptstützpunkt im Süden Indiens — Pondichery - erobert hatten. 1756 hatte der Nabob von Bengalen, der das Eindringen der Engländer in seine Besitzungen verhindern wollte, gegen sie einen Krieg begonnen und Kalkutta, ihren Stützpunkt im Nordosten Indiens, erobert. Die Truppen der britischen Ostindischen Kompanie unter dem Kommando von Clive hatten jedoch Kalkutta bald zurückerobert, die in Bengalen liegenden Festungen der Franzosen, die den Nabob unterstützt hatten, zerstört und seinen Truppen am 23. Juni 1757 bei Plassey eine Niederlage bereitet. Im Jahre 1763 flammte in Bengalen, das zum Vasallenbesitz der Kompanie gemacht worden war, ein Aufstand auf, den die englischen Kolonialherren niederschlugen. Außer Bengalen besetzten die Engländer Bihar, das Gebiet am Mittellauf des Ganges, das auch zum Bereich des Nabobs von Bengalen gehörte. 1803 war die Eroberung des südlich von Bengalen gelegenen Orissa abgeschlossen, auf dessen Territorium sich einige feudale Fürstentümer befanden, die unter die Botmäßigkeit der Kompanie geraten waren. In den Jahren 1790 bis 1792 und 1799 führte die britische Ostindische Kompanie Kriege gegen den unabhängigen Feudalstaat Maisur in Südindien. Tippu Sahib, Regierungsoberhaupt von Maisur, hatte an den früheren Kriegen gegen die Engländer teilgenommen und war ein unversöhnlicher Gegner der englischen Kolonialherren. Durch den ersten Krieg hatte Maisur die Hälfte seines Territoriums verloren, das von der Kompanie und den mit ihr verbündeten feudalen Fürsten erobert wurde. Der zweite Krieg führte zur völligen Niederlage und zum Tod Tippus. Maisur wurde ein Vasallenfürstentum. Subsidierisystem oder System der sogenannten Subsidienverträge - eine der Methoden, mit denen die Regenten indischer Fürstentümer zu Vasallen der englischen Ostindischen Kompanie gemacht wurden. Am weitesten verbreitet waren die Verträge, nach denen die Fürsten die auf ihrem Territorium stationierten Truppen der Ostindischen Kompanie unterhalten (subsidieren) mußten, sowie die Verträge, die den Fürsten zu versklavenden Bedingungen Anleihen aufzwangen, deren Verletzung die Konfiskation ihrer Besitzungen nach sich zog. 151
141 des sinnlosen Krieges gegen Birma - Im ersten Krieg gegen Birma (1824-1826) eroberten die Truppen der Ostindischen Kompanie die an Bengalen grenzende Provinz Assam und die Küstengebiete Arakan und Tenasserim. Der zweite Krieg gegen Birma (1852) führte zur Eroberung der Provinz Pegu durch die Engländer. 1853 erwartete man neue Kriegshandlungen gegen Birma, da nach Abschluß des zweiten birmanischen Krieges kein Friedensvertrag unterzeichnet worden war und der neue König von Birma, der im Februar 1853 den Thron bestiegen hatte, den Raub der Provinz Pegu nicht anerkannte. 156 204 142 Der von Marx kritisierte Leitartikel war in der „Times" vom 25. Juni 1853 veröffentlicht worden. 158 143 Der zweite Titel dieses Artikels („Die Arbeiterbewegung in England") stammt vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU. 164 144 „Pazifikation Griechenlands" - Terminus, den die europäischen Mächte in ihren diplomatischen Aktenstücken verwandten, als sie sich während des Kampfes, den Griechenland um seine Befreiung vom türkischen Joch in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts führte, in den griechisch-türkischen Konflikt einmischten. 164 145 Das angeführte Zitat aus der Depesche von Pozzo di Borgo vom 22. Dezember 1826 ist dem „Portfolio" - einer Sammlung diplomatischer Dokumente und Materialien, die von David Urquhart in London herausgegeben wurde - entnommen. Die Serie „The Portfolio; or, aCollectionof State Papers" („Das Portefeuille; oder eine Sammlung staatlicher Dokumente") erschien von 1835 bis 1837; eine neue Serie erschien von 1843 bis 1845 unter dem Titel „The Portfolio. Diplomatie Review" („Das Portefeuille. Diplomatische Rundschau"). Die von Marx zitierten Schreiben von Pozzo di Borgo sind in „The Portfolio", London 1836, vol. I, No.7,8,9; vol. II.No.13 und in „The Portfolio", London 1843, vol.II, No. 2 veröffentlicht. 165 397 411 412 416 146 Über den Londoner Vertrag (Konvention) vom 6. Juli 1827 siehe Anm. 47.165 147 Die Zirkularnote Nesselrodes vom 1 I.Juni (30. Mai) 1853 war an die diplomatischen Vertreter Rußlands im Ausland gerichtet und erläuterte die Haltung der zaristischen Regierung zu den Ergebnissen der Mission Menschikows. Nesselrode kritisierte scharf das Vorgehen der Türkei und führte Rußlands Motive an, die es veranlaßt hatten, der Türkei ein Ultimatum zu stellen zwecks Anerkennung des Zaren als Schutzherrn über die griechisch-orthodoxen Untertanen des Sultans. In der Note wurde gedroht, man werde „energische Maßnahmen" ergreifen, falls diese Forderung von der Türkei abgelehnt werden sollte. 167 148 Gemeint ist die im Juli 1840 gegründete Exekutive der Nationalen Chartisten-Assoziation. Die Assoziation war die erste Massenpartei der Arbeiter in der Geschichte der Arbeiterbewegung und zählte während der Jahre des Aufschwungs der Chartistenbewegung an die 40000 Mitglieder. In der Tätigkeit der Assoziation machte sich das Fehlen einer ideologischen und taktischen Einheit bei den Mitgliedern und die kleinbürgerliche Ideologie der Mehrheit der Führer des Chartismus bemerkbar. Nach der Niederlage der Chartisten im Jahre 1848 versuchten führende Vertreter des revolutionären Chartismus, die zum wissenschaftlichen Kommunismus tendierten, in erster Linie E. Jones, Anfang der fünfziger Jahre die Chartistenbewegung auf sozialistischer Grundlage zu reorganisieren. Das fand in dem Programm seinen Ausdruck, das vom Chartistenkonvent 1851 beschlossen wurde. In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre stellte die Assoziation im Zusammenhang mit
dem zeitweiligen Sieg des Opportunismus in der englischen Arbeiterbewegung und dem Verfall des Chartismus ihre Tätigkeit faktisch ein. 172 149 Die Auszüge aus der Rede von Gammage auf der Kundgebung auf dem Blackstone Edge am 19. Juni 1853 sind nach „The People's Paper" vom 25. Juni 1853 zitiert. 173 150 Die Auszüge aus der Rede, die Jones auf der Kundgebung auf dem Blackstone Edge am 19. Juni 1853 gehalten hatte, werden nach „The People's Paper" vom 25. Juni 1853 zitiert. 175 151 Zitiert nach „The Portfolio", London 1836, Bd.IV, Nr. 27, S. 10-12. 177 152 „Wiener Lloyd" - konservative Tageszeitung, die von September 1848 bis 1854 in Wien erschien. 177 153 Bright meint die Nummer der „New-York Daily Tribüne" vom 6. Mai 1853, in welcher Marx' Artikel „Unruhen in Konstantinopel - Tischrücken in Deutschland - Das Budget" veröffentlicht wurde (siehe vorl. Band, S. 67-74). 178 154 George Campbell, „Modern India: a Sketch of the System of Civil Government" (Modernes Indien: Eine Skizze des Systems der bürgerlichen Regierung"), London 1853, P. 262-263. 184 155 Satti - früher in Ostindien üblicher Brauch, wonach sich die Witwen zusammen mit der Leiche des Gatten verbrennen ließen. 184 156 India House - eigentlich East India House (Ostindienhaus) - Sitz der Ostindischen Kompanie in London, Leadenhall Street. 185 216 157 G. Campbell, „A Scheme for the Government of India", London 1853. 185 158 Es handelt sich hier um den Präsidenten der Kontrollbehörde für indische Angelegenheiten, der dem englischen Kabinett angehörte. Der Posten des Ministers für indische Angelegenheiten wurde 1858 nach der Auflösung der Ostindischen Kompanie geschaffen. 186 159 Zitiert nach dem Buch von J. Dickinson „The Government of India under a Bureaucracy". India Reform No.VI, London-Manchester 1853, p.15. 187 160 Gemeint sind die Ausgrabungen, die in Ninive - im Altertum Hauptstadt Assyriens 1845 bis 1851 von dem englischen Archäologen Layard vorgenommen wurden. 188 161 Marx meint seinen Artikel „Parlamentsdebatten - Der Klerus und der Kampf um den Zehnstundentag - Hungerstod" (siehe Band 8, S. 535-540 unserer Ausgabe). 191 162 Siehe Marx' Artikel „Wahlen - Trübe Finanzlage - Die Herzogin von Sutherland und die Sklaverei" (siehe Band 8, S. 499-505 unserer Ausgabe). 191 163 „Old Lady of Threadneedle Street" - Spitzname für die Bank von England in der Threadneedle Street in London. „Muckwormds Co." (Mistkäfer& Co.) - hier ironisch für Geizhals, Knauser gebraucht. Gemeint sind die Staatsgläubiger. 192 164 Das Armengesetz, das 1834 vom englischen Parlament beschlossen wurde, ließ nur eine Form der Hilfe für die Armen zu - ihre Unterbringung in Arbeitshäusern mit dem Gefängnis- und Zwangsregime. Im Volk wurden die Arbeitshäuser Armengesetz-Bastillen genannt. (Näheres hierzu in Band 2 unserer Ausgabe, S. 496-502.) 192 165 Am 5. August 1850 wurde vom Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die Dauer des Arbeitstages für Frauen und Jugendliche auf 1OV2 Stunden festsetzte und die Zeit für Beginn und Ende des Arbeitstages bestimmte. Die Annahme des Gesetzes wurde erreicht
durch die Proteste der Arbeiter gegen den Spruch des Schatzkammergerichts - im Prozeß gegen die Verletzung des Gesetzes über den Zehnstundentag von 1847 durch die Fabrikanten - ein Spruch, der diese Verletzung faktisch sanktionierte. Die Akte von 1850 untersagte den Fabrikanten, das System der Schichtarbeit anzuwenden, durch das sie das Gesetz von 1847 umgingen, verlieh aber gleichzeitig offiziell der Verlängerung des Arbeitstages um eine halbe Stunde Gesetzeskraft. 193 166 Friedensgesellschaft - bürgerlich-pazifistische Organisation, die 1816 in London von der religiösen Sekte der Quäker gegründet wurde. Die Gesellschaft wurde aktiv von den Freihändlern unterstützt, die der Meinung waren, England könne unter friedlichen Bedingungen seine industrielle Überlegenheit mit Hilfe des Freihandels vollständiger ausnutzen und die ökonomische und politische Herrschaft erlangen. 195 167 civis Romanus sum - Anspielung auf die Haltung Palmerstons während des englischgriechischen Konflikts 1847 in der Angelegenheit des Kaufmanns Pacifico. Pacifico war ein gebürtiger Portugiese, der die englische Staatsbürgerschaft besaß. Sein Haus in Athen war niedergebrannt worden. Das nahm die englische Regierung zum Vorwand, um ihre Flotte nach Griechenland zu entsenden und der griechischen Regierung ein schroffes Ultimatum zu stellen. In einer aggressiven Parlamentsrede am 25. Juni 1850 rechtfertigte Palmerston das Vorgehen Englands und erklärte, es sei notwendig, das Prestige der englischen Bürger, die er mit Bürgern des alten Roms verglich, zu unterstützen. Die dabei von Palmerston gebrauchte alte römische Formel „civis Romanus sum" („Ich bin ein römischer Bürger") hatte im alten Rom die Privilegien und die hohe Stellung gekennzeichnet, die das römische Bürgerrecht verlieh. Palmerston wandte diese Formel im übertragenen Sinne auf den englischen Staatsbürger Pacifico an. 195 205 393 168 Es handelt sich um den sogenannten Zwischenfall von Smyma im Sommer 1853. Auf Anordnung des österreichischen Generalkonsuls in Smyrna, Weckbecker, wurde der ungarische Emigrant Koszta, der die USA-Staatsbürgerschaft angenommen hatte, verhaftet. Koszta wurde an Bord des österreichischen Kriegsschiffes „Husar" verschleppt. Im Zusammenhang damit kam es in Smyrna zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Emigranten und österreichischen Marineoffizieren. Ingraham, der Kapitän des amerikanischen Kriegsschiffes „St.Louis", mischte sich ein und forderte auf Anraten des interimistischen Geschäftsträgers der USA in Konstantinopel, Brown, vom Kapitän des österreichischen Schiffes in ultimativer Form die Freilassung Kosztas. Ein bewaffneter Zusammenstoß wurde dank des Eingreifens der Konsuln anderer Mächte verhindert. Nach monatelangen Verhandlungen mußte Koszta freigelassen werden und kehrte in die USA zurück. 196 169 Vertrag von Hunkiar-Iskelessi - abgeschlossen zwischen Rußland und der Türkei am 8. Juli (26. Juni) 1833. Der Unterzeichnung des Vertrages gingen russische Truppenlandungen in der Ortschaft Hunkiar-Iskelessi, im Raum des Bosporus, voraus. Diese Truppen waren in die Türkei beordert worden, um dem Sultan gegen die Heere des aufständischen Khediven (Vizekönig) von Ägypten, Mechmed Ali, der die türkische Hauptstadt bedrohte, Beistand zu leisten. Im Mai 1833 kam es durch Vermittlung Englands und Frankreichs zum Friedensschluß zwischen der Pforte und Mechmed Ali, der Syrien und Palästina erhielt. Obwohl die unmittelbare Gefahr für den Sultan beseitigt war, verstand es die zaristische Diplomatie, die gespannte Lage und die Anwesenheit der russischen Truppen in der Türkei auszunutzen, und veranlaßte die Pforte, ein Defensivbündnis mit Rußland einzugehen. So kam es zum Abschluß des Vertrages von Hunkiar-Iskelessi, der
dieses Defensivbündnis durch eine Geheimklausel rechtsgültig machte, in der sich die Türkei verpflichtete, keine ausländischen Kriegsschiffe, außer russischen, die Meerengen passieren zu lassen. Diese Klausel blieb bis zur neuen ägyptischen Krise 1839-1841 (siehe Anm. 8) in Kraft, als sich Nikolaus I. über ein gemeinsames Vorgehen gegen Mechmed Ali mit England und den anderen Mächten geeinigt hatte und auf ihr Drängen das Prinzip der Schließung der Meerengen für Kriegsschiffe aller Staaten in Friedenszeiten anerkennen mußte. 198 170 Furcae Caudinae, eigentl. Furculae Caudinae - die Kaudinischen Pässe in der Nähe der Stadt Caudium (im alten Rom); hier brachten die Samniter im Jahre321 v.u. Z. während des zweiten Samniterkrieges den römischen Legionen eine Niederlage bei und zwangen sie, durch das „Joch" zu gehen, was für ein besiegtes Heer als höchster Schimpf galt. Daher der Ausdruck „durch die Furcae Caudinae gehen", d.h. die schlimmste Erniedrigung erleiden. 199 171 In England wurde bis 1872 über die Kandidatenaufstellung durch Händeheben abgestimmt. An dieser Abstimmung konnten auch Personen teilnehmen, die kein Wahlrecht besaßen. An den Wahlen selbst jedoch, wo die Kandidaten durch Händeheben gewählt oder abgelehnt werden konnten, nahm nur ein enger, durch einen hohen Vermögenszensus, Ansässigkeitszensus usw. begrenzter Kreis „legitimer" Wähler teil. 199 172 Change alley (eigentl. Exchange alley) - Gäßchen in der Nähe der Londoner Börse, in dem das Direktorium der Südseekompanie seinen Sitz hatte; einer der Mittelpunkte für Geldoperationen, Wuchergeschäfte u.ä. 200 173 Nabob und Radscha-Titel der einheimischen indischen Fürsten; Dschagirdare-mohammedanische feudale Oberschicht im Reich der Großmoguln, die zur zeitweiligen Nutzung große Landbesitzungen (Dschagire) erhalten hatten; dafür hatten sie Kriegsdienste zu leisten und bestimmte Truppenkontingente zu stellen. Zur Zeit des Verfalls des Reichs der Großmoguln wurden die Dschagirdare zu feudalen Erbbesitzern. 201 174 Der Gründer des Reichs der Großmoguln (Titel der Herrscher) war Babur (1483-1530), der seine Abstammung auf Tamerlan zurückführte; dieser wiederum hielt sich für einen Nachkommen Dschingis-Khans. Im 18. Jahrhundert - nach dem Zerfall des Reichs — spielten die Moguln-Kaiser die Rolle von Marionetten der einzelnen Gebietsstatthalter, der afghanischen Eroberer und der indischen Feudalherren. Nachdem die Engländer im Jahre 1803 Delhi an sich gerissen hatten, waren die Moguln nur noch Strohmänner, Pensionäre der Ostindischen Kompanie. Als die englischen Kolonialherren 1858 Indien zum Besitz der britischen Krone erklärten, liquidierten sie auch die Uberreste der nominellen Macht der Moguln-Dynastie. 203 175 Hampton Court - Schloß in der Nähe von London; früher Residenz der englischen Könige, heute von Pensionären des königlichen Hofs bewohnt. 204 176 Es handelt sich um die Zirkularnote Nesselrodes vom 11. Juni (30. Mai) 1853 (siehe Anm. 147) und die Zirkularnote vonDrouyn de Lhuys vom 25. Juni 1853. In der letzteren wurden die Gründe dargelegt, warum Frankreich die Haltung der zaristischen Regierung in der orientalischen Frage ablehnt. 206 177 Gemeint ist die Londoner Konvention vom 13. Juli 1841 über die Schließung der Schwarzmeerengen für ausländische Kriegsschiffe in Friedenszeiten, die unter dem Vorwand, die Integrität des Ottomanischen Reiches zu gewährleisten (siehe Anm. 133), abgeschlossen wurde. Die Konvention annullierte den für Rußland vorteilhaften Vertrag von Hunkiar
38 Marx'Engels, Werke, Band 9
Iskelessi (1833), der die Öffnung der Meerengen für russische Kriegsschiffe vorsah. Nichtsdestoweniger mußte die Zarenregierung, die seit 1840 durch ihre Teilnahme an den gemeinsamen Aktionen der vier Mächte (Rußland, England, Österreich und Preußen) gegen den von Frankreich unterstützten Mechmed Ali gebunden war, das von den Westmächten vorgeschlagene Prinzip der „Neutralisierung" der Meerengen anerkennen und die Konvention von 1841 unterzeichnen. Die Drohung, eine antifranzösische Koalition zu bilden, zwang Frankreich, die Unterstützung Mechmed Alis aufzugeben und die Konvention anzuerkennen. 206 178 Im Zusammenhang mit dem türkisch-ägyptischen Konflikt 1839 (siehe Anm. 8) beschloß die Zarenregierung, die Verschärfung der Widersprüche zwischen England und Frankreich auszunutzen, und bot Palmerston im September 1839 durch den russischen Diplomaten Brunnow an, ein Abkommen zu schließen, das unter dem Anschein einer gemeinsamen Hilfe für den Sultan faktisch eine Abgrenzung der Einflußsphären im Nahen Osten zwischen den beiden Mächten vorsah. Die englische Regierung, die die völlige Hegemonie in der Türkei anstrebte, lehnte diesen Vorschlag unter dem Vorwand ab, es müsse eine gesamteuropäische Vereinbarung zur orientalischen Frage getroffen werden. 208 179 Es handelt sich hier um die Antwort des Außenministers von Frankreich, Drouyn de Lhuys, vom 15. Juli 1853 auf das Zirkular von Nesselrode vom 2. Juli (20. Juni) 1853 an die russischen diplomatischen Vertretungen im Ausland. In diesen Dokumenten warfen sich die Regierungen Rußlands und Frankreichs gegenseitig vor, einen Konflikt provoziert zu haben. Nesselrode behauptete in seiner Zirkulainote, England und Frankreich hätten als erste eine feindselige Demonstration durchgeführt, indem sie ihre Geschwader in die Meerengen sandten, noch bevor die russischen Truppen in die Donaufürstentümer eingerückt waren. In der Note von Drouyn de LHuys wurde Rußland für den Konflikt voll verantwortlich gemacht. 212 180 „Journal de VEmpire" - Untertitel der Zeitung „Le Pays" (siehe auch Anm. 33). 212 181 Es handelt sich um eine Verschwörung gegen den Sultan Abdulmedschid, die von Gegnern der Tansimat(Reform)-Politik organisiert worden war. Diese Politik begann mit dem von Abdulmedschid 1839 herausgegebenen Hattischerif von Gülhane (Edikt von Gülhane), in dem der Sultan die Durchführung gewisser Reformen versprach: Neuregelung des Steuersystems, Garantie für Leben und Sicherheit sowie des Vermögens der Bürger usw. Die neue Politik verfolgte das Ziel, die Monarchie durch einen Kompromiß mit der heranwachsenden Bourgeoisie zu festigen. Trotz des äußerst begrenzten Charakters der geplanten Reformen stieß die Durchführung derselben auf den heftigsten Widerstand der Reaktionäre, die hinter Abdulasis, dem Bruder des Sultans, standen. 214 182 Der Befehlshaber der russischen Truppen im Donauraum, Gortschakow, erließ im Sommer 1853 anläßlich der Besetzung der Donaufürstentümer eine Proklamation an die Bewohner der Moldau und der Walachei. In der Proklamation hieß es, das Eindringen der russischen Truppen in die Donaufürstentümer bezwecke nicht, die politischen Einrichtungen und die politische Ordnung der Fürstentümer, die durch frühere Verträge garantiert seien, zu verändern. 214 183 „Kölnische Zeitung" - Tageszeitung, die seit 1802 in Köln erschien; in der Revolutionsperiode 1848/49 und während der darauffolgenden Reaktion verteidigte sie die feige, verräterische Politik der preußischen liberalen Bourgeoisie. 214 242 458 512
184 Collector - von der Ostindischen Kompanie eingesetzter englischer oberster Verwaltungsbeamter eines Bezirks, der außerdem in diesem die richterliche Gewalt ausübte und zugleich Steuereinnehmer war. 217 185 Marx zitiert die Rede des EarlAlbemarle, die dieser am I.Juli 1853 im Oberhaus gehalten hatte und die am 2. Juli 1853 in der „Times" veröffentlicht worden war. 218 186 Marathen - indische Völkerschaft, die den nordwestlichen Teil des Dekhans bewohnt. Mitte des 17. Jahrhunderts begannen die Marathen einen Kampf gegen die Fremdherrschaft der Moguln-Feudalen und fügten dem Moguln-Reich einen schweren Schlag zu, der zum Verfall des Reichs beitrug. Im Verlaufe dieses Kampfes wurde ein unabhängiger Marathenstaat gegründet, dessen feudale Oberschicht bald Eroberungskriege führte. Ende des 17.Jahrhunderts war der Staat der Marathen infolge der Zwistigkeiten unter den Feudalherren stark geschwächt. Anfang des 18. Jahrhunderts bildete sich erneut eine starke Konföderation der marathischen feudalen Fürstentümer heraus, mit dem Oberhaupt - dem Pesch war - an der Spitze. Die Feudalherren der Marathen erlitten 1761 im Kampf gegen die Afghanen um die Hegemonie in Indien eine vernichtende Niederlage. Die durch diesen Kampf und durch die inneren Zwistigkeiten unter den marathischen Feudalen ausgebluteten Fürstentümer der Marathen wurden eine Beute der Ostindischen Kompanie, die sie im Englisch-Marathischen Krieg (1803-1805) unterwarf. 220 187 Marx zitiert das Buch von A. D. Saltykow, „Lettres sur l'Inde", Paris 1848, S.61. 225 188 Dschat - Kaste in Nordindien; hauptsächlich bäuerliche Landwirte; zu ihr gehörten auch Vertreter feudaler Militärkreise. Im 17. Jahrhundert erhoben sich die bäuerlichen Dschat wiederholt gegen die fremdländischen feudalen Moguln. Brahmanen - eine der vier ältesten Kasten Indiens, zu der anfangs in der Hauptsache die privilegierte Schicht der Priester gehörte; später umfaßte sie wie andere indische Kasten außer den Priestern Menschen verschiedener Berufe und verschiedenen sozialen Standes, einschließlich verarmter Bauern und Handwerker. 225 189 Der Tempel des Dschagannat in Orissa (Ostindien), einer der höchsten hinduistischen Gottheiten, Wischnu-Dschagannat (siehe auch Anm. 121) war Mittelpunkt von Massen wallfahrten der Gläubigen. Die Tempelpriester erfreuten sich des Schutzes der Ostindischen Kompanie und zogen aus den Massenwallfahrten und der Prostitution der auf Kosten des Tempels lebenden Frauen, die sie ebenso wie die Veranstaltung rauschender Feste förderten, Riesengewinne. Auf den Festen kam es oft zu Selbstkasteiungen und Selbstmorden religiöser Fanatiker. 225 313 190 Marx vergleicht ironisch die Anhänger einer Herabsetzung des Droschkentarifs von einem Schilling auf sechs Pence pro Meile mit dem aus der englischen bürgerlichen Revolution im 17. Jahrhundert bekannten John Hampden, der sich 1636 - vier Jahre vor Beginn der Revolution - weigerte, dem königlichen Steuereinnehmer das „Schiffsgeld" (eine vom Unterhaus nicht bestätigte Steuer) zu zahlen, und vor Gericht das Recht der Engländer verteidigte, sich ungesetzlichen königlichen Abgaben zu widersetzen. 229 191 Möns sacer (secessio in mortem sacrum) — der Heilige Berg, auf den sich die Plebejer im alten Rom (494 v.u.Z.) zurückgezogen hatten, um ihren Protest gegen die sie unterdrückenden Patrizier auszudrücken. 229 192 „Teich" („Pond") wird hier scherzhaft die Irische See genannt, die Irland von den anderen britischen Inseln trennt. 230
193 Die Berichtsjahre enden mit dem Monat März. 231 194 Jonathan Swift hinterließ sein ganzes Vermögen für den Bau einer Irrenanstalt in Dublin. Die Anstalt wurde 1757 eröffnet. 231 195 Zum 10. April 1848 hatten die Chartisten in London zu einer Massenkundgebung aufgerufen, von der aus einePetition über dieAnnahme derVolks-Charte demParlament überreicht werden sollte. Die Demonstranten, die sich auf dem Kennington Common versammelt hatten, sollten sich von dort zum Parlamentsgebäude begeben. Die Regierung verbot die Demonstration, Truppen und Polizei wurden zusammengezogen, um die Demonstration zu verhindern. Die Chartistenführer, von denen viele eine schwankende Haltung einnahmen, beschlossen, auf die Demonstration zu verzichten, und bewogen die Demonstranten, auseinanderzugehen. Das Mißlingen der Demonstration wurde von der Reaktion zu Aktionen gegen die Arbeiter und Repressalien gegen die Chartisten ausgenutzt. 231 196 „The Manchester Guardian" - englische bürgerliche Zeitung, Organ der Anhänger des Freihandels (free-traders), später Organ der Liberalen Partei; erscheint seit 1821 in Manchester. 231 340 197 Es handelt sich um die 1853 vorbereitete Änderung der dänischen Verfassung vom 5. Juni 1849, welche die Stärkung der Königsmacht bezweckte. Die neue Verfassung trat am 2. Oktober 1855 in Kraft. Die Lex Regia (Königliches Gesetz) — das Gesetz über die dänische Thronfolge wurde am 14. November 1665 von König Friedrich III. erlassen. Durch dieses Gesetz wurde dem König von Dänemark die absolute Macht gegeben und die Ordnung der Thronfolge festgelegt, die eine Erbfolge auch auf weiblicher Linie zuließ. Nach dem Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852 (siehe auch Anm. 76) und dem neuen Gesetz über die Thronfolge vom 31. Juli 1853 war die Erbfolge auf weiblicher Linie ausgeschlossen worden. Da der damals in Dänemark regierende König Friedrich VII. keinen direkten Nachfolger hatte, wurde als solcher der Prinz Christian von Glücksburg ernannt. Das neue Gesetz bestätigte indirekt das Recht der Repräsentanten der Zarendynastie als Sprößlinge der männlichen Linie des Herzogs von Holstein-Gottorp (Peter III.) auf den dänischen Thron. 231 248 457 198 Testament Richelieus - In seinem „Politischen Testament" (1633) legte Richelieu die wichtigsten Prinzipien der Innen- und Außenpolitik des französischen Absolutismus dar und versuchte, die Ansprüche auf Ausdehnung der Grenzen Frankreichs und auf die Hegemonie in Europa zu begründen. Die Kapitularien (Capitularia) - Verordnungen der fränkischen Könige z. Z. der Merowinger und der Karolinger für das gesamte Gebiet des Rechts. 235 199 Ende des 11. Jahrhunderts entstand im östlichen Teil Kleinasiens als Folge seiner Eroberung durch die Türken (Oghusen) der türkische Feudalstaat mit der Stadt Ikonium (alte Bezeichnung der Stadt Konia) als Zentrum. Das Sultanat Ikonium, von der Seldschukken-Dynastie beherrscht, kämpfte gegen Byzanz und die Kreuzritter. Die Schläge, die dem Sultanat durch die mongolischen Eroberungen zugefügt worden waren, sowie die immer größer werdende feudale Zersplitterung führten dazu, daß es in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts faktisch in separate, unabhängige Fürstentümer zerfiel. Eines der an Byzanz grenzenden Fürstentümer im Nordwestgebiet Anatoliens, mit dem Stammesführer Osman als Oberhaupt, wurde zum Ausgangspunkt eines neuen türkischen Staates des Osmanischen (Ottomanischen) Reiches, zu dem im 14. Jahrhundert nicht nur die ehe
maligen Besitzungen des Sultans von Ikonium gehörten, sondern auch die von den Türken eroberten Gebiete der Nachbarländer. 1453 eroberten die Türken (Osmanen) unter Sultan Mechmed II. das letzte Bollwerk der byzantinischen Kaiser - Konstantinopel und machten es zur Hauptstadt des Osmanischen Reiches. 236 200 Marx verweist auf die Artikelserie „Revolution und Konterrevolution in Deutschland", die 1851/1852 in der „New-York Daily Tribüne" erschienen war (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 3-108). Die Artikel wurden damals auf Bitte von Marx, der mit seinen ökonomischen Untersuchungen beschäftigt toar, von Engels geschrieben. In der „Tribüne" wurden sie mit Marx' Unterschrift veröffentlicht. 237 201 Am 24. Juli 1853 wurde in Wien auf Ersuchen der österreichischen Regierung eine Konferenz eröffnet, an der ein Vertreter Österreichs und die Botschafter Englands, Frankreichs und Preußens teilnahmen, um in die Verschärfung der russisch-türkischen Beziehungen vermittelnd einzugreifen. Die Konferenz verfaßte eine an den Zaren und an den Sultan gerichtete Note (die sogenannte Wiener Note), die zwischen beiden vermitteln sollte. Laut dieser Note wurde der Sultan verpflichtet, die Verträge von KütschükKainardschi (siehe Anm. 106) und Adrianopel (siehe Anm. 45) einzuhalten sowie die Unantastbarkeit der Rechte und Privilegien der griechisch-orthodoxen Kirche im Ottomanischen Reich zu garantieren. Entsprechend einem Beschluß dieser Konferenz sollte die Note zunächst dem Zaren überreicht werden, und danach - falls dieser ihr zustimmte - dem Sultan. Nikolaus I. billigte den Inhalt der Note, behielt sich jedoch das Recht vor, sie nach seinem Belieben auszulegen. Abdulmedschid machte hingegen seine Unterschrift von einer Reihe Änderungen und Klauseln abhängig, die von der zaristischen Regierung als unannehmbar bezeichnet wurden. 240 202 „National-Zeitung" - bürgerliche Tageszeitung, die von 1848 bis 1915 in Berlin erschien; in den fünfziger Jahren vertrat sie eine liberale Richtung; ab 1915 „8-Uhr-Abendblatt/ Nationalzeitung". 240 289 203 „Hamburger Nachrichten" - Tageszeitung, 1792 in Hamburg gegründet; in der Revolutionszeit 1848/49 verfocht sie die Interessen der Bourgeoisie, die für die Reichsverfassung eintrat; in den darauffolgenden Jahren der Reaktion stand sie auf seiten der preußischen Monarchie. Während der letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts offiziöses Organ Bismarcks. 241 201 Odnodworzi (Einhöfer) - eine bestimmte Kategorie ehemaliger Staatsbauern im Russischen Reich, Nachkommen kleiner Lehnsmannen, die vom 15. bis 17. Jahrhundert in den Randgebieten des Moskauer Staates, die sie zu schützen hatten, vom Staat in einzelnen Gehöften angesiedelt worden waren. Seit 1719 wurden die vom Staat Angesiedelten Einhöfer genannt. Sie waren meist Krieger und Ackerbauern. 241 205 Eidermenen oder Eiderdänen - liberale Partei im Dänemark der vierziger bis sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Die Eiderdänen traten für die völlige Verschmelzung des Herzogtums Schleswig (bis zur Eider) mit Dänemark ein und erstrebten gleichzeitig die Lostrennung Holsteins von Dänemark. Holsteins Bevölkerung bestand hauptsächlich aus Deutschen. Das Bestreben, Holstein von Dänemark zu lösen, war ein Ausdruck der Furcht der dänischen Bourgeoisie vor der Konkurrenz der holsteinischen Industrie. Daher war die liberale Partei gegen ein einheitliches Thronfolgegesetz für alle Teile des Königreichs Dänemark. 242 206 „Gesellschaft der Bauernfreunde" - 1846 gegründete dänische Partei, die forderte, daß der Boden, den die Bauern nach dem Recht der feudalen Pacht bewirtschafteten, persönliches
Eigentum der Bauern wird. Außerdem erstrebten die „Bauernfreunde" eine Reihe von Munizipalgesetzen, die im Interesse der begüterten Bauernschaft lagen. 242 457 207 „Neue Preußische Zeitung" - Tageszeitung, die Juni 1848 in Berlin gegründet wurde; sie war das Organ der konterrevolutionären Hofkamarilla und des preußischen Junkertums. Diese Zeitung wurde auch unter dem Namen „Kreuz-Zeitung" bekannt, da sie in ihrem Titel ein Landwehrkreuz (Eisernes Kreuz) trug. In der Periode nach 1848 wurde die „Kreuz-Zeitung" ganz allgemein als Organ der preußischen Junker zum Sinnbild des Sieges der Reaktion über die revolutionären Kräfte. 246 514 208 Gemeint ist die in einigen westeuropäischen Monarchien üblich gewesene Thronfolgeordnung ausschließlich für männliche Nachkommen. Diese Ordnung basierte auf der Lex Salica (Salisches Recht)-einer Niederschrift des Gewohnheitsrechts bei den germanischen Stämmen der salischen Franken, das aus dem Beginn des 6. Jahrhunderts stammt, Kapitel LIX der Lex Salica schloß die weibliche Nachkommenschaft vom Erbrecht am Grund und Boden aus und ließ nur eine Vererbung auf männliche Nachkommen zu. 248 209 „II Parlamente" - liberale Zeitung; erschien in Turin. 249 303 210 Der Artikel wurde in der New-Yorker deutschen Zeitung „Reform" vom 27. August 1853 in gekürzter Form nachgedruckt. 252 211 Marx spielt ironisch auf die Methoden an, die Louis Bonaparte und die bonapartislischen Kreise bei der Vorbereitung des Staatsstreiches vom 2.Dezember 1851 anwandten, um Anhänger unter den Offizieren und Soldaten der Armee zu werben. Während der Empfänge für Offiziere in den Räumen des Elysees und bei den Militärparaden auf der Ebene von Satory und an anderen Orten, die Louis Bonaparte als Präsident der Republik veranstaltete, war es üblich, Offiziere und Soldaten mit „Zigarre und Champagner mit kaltem Geflügel und Knoblauchwurst" (Marx) zu traktieren. 252 212 Gemeint ist die „Frankfurter Postzeitung"-sie wurde von 1619 bis 1866 in Frankfurt a.M. herausgegeben. In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts war sie das Organ des Bundestags. Unter dem genannten Titel erschien sie ab 1852. 253 213 Die Mitglieder des Oberhauses sind nach einer aus dem Mittelalter stammenden Tradition verpflichtet, der Krone einen feierlichen Eid (den Treueid) zu schwören. Gleichzeitig gab die mittelalterliche Magna Charta Libertatum vom Jahre 1215 den englischen Feudalherren das Recht, sich gegen die Königsmacht zu erheben, wenn ihre feudalen Privilegien verletzt werden sollten. 259 214 Es handelt sich um die Unterstützung, die England dem in Portugal herrschenden Zweig der Coburger Dynastie während des Volksaufstandes von 1846/47, der sich gegen das reaktionäre Regime in Portugal richtete, gewährte. Der Aufstand wurde rücksichtslos niedergeschlagen. 262 215 „La Nation, organe quotidien democrate socialiste" - Zeitung der kleinbürgerlichen Demokraten Belgiens; erschien von 1848 bis 1856 in Brüssel. 263 303 216 „The Leader" - bürgerliche Wochenzeitung liberaler Richtung, die 1850 in London gegründet wurde. 263 312 317 550 217 „The Examiner" - Wochenzeitung bürgerlich-liberaler Richtung; erschien von 1808 bis 1881 in London. 263 450 218 Marx zitiert aus den Artikeln von D.Urquhart, die im „Morning Advertiser" vom 11., 12., 15. und 16. August 1853 erschienen waren. 265
219 Der von Marx angekündigte Artikel ist in der „New-York Daily Tribüne" nicht erschienen. 265 220 „SanktpeterburgsJiije Wedomosti" (Sankt-Petersburger Nachrichten) - russische Tageszeitung, offizielles Regierungsorgan; erschien unter diesem Titel von 1728 bis 1914; von 1914 bis 1917 hieß sie „Petrogradskije Wedomosti" (Petrograder Nachrichten). 266 221 Boustrapa - Spitzname Louis-Napoleon Bonapartes, der aus den ersten Silben der Städtenamen Boulogne, Straßburg und Paris gebildet wurde. Dieser Spitzname spielte auf seine Versuche an, einen bonapartistischen Putsch in Straßburg (am 30. September 1836) und in Boulogne (am 6. August 1840) durchzuführen, sowie auf den Staatsstreich in Paris vom 2. Dezember 1851, der zur Errichtung der bonapartistischen Diktatur in Frankreich führte. 268 551 222 1852 entstand ein bewaffneter Konflikt zwischen der Türkei und Montenegro, das die völlige Unabhängigkeit vom Sultan erlangt hatte, dessen Vasallenstaat es nominell jedoch weiterhin blieb. Eine russische Vermittlung in diesem Konflikt wurde von der Pforte abgelehnt, und Anfang 1853 drang das türkische Heer unter dem Kommando von Omer Pascha in Montenegro ein. Die österreichische Regierung, die befürchtete, daß die Kriegshandlungen in Montenegro und das Eintreten Rußlands für die Montenegriner in den slawischen Gebieten des Habsburger Reiches Unruhen hervorrufen würden, sandte sofort Graf Leiningen mit einer außerordentlichen Mission nach Konstantinopel, der den Abzug der türkischen Truppen aus Montenegro und die Wiederherstellung der Lage forderte, die vor Beginn des Konflikts bestanden hatte. Die Konzentration österreichischer Truppen an der Grenze von Montenegro zwang die Pforte, nächzugeben und die Kriegshandlungen zu den von Leiningen vorgeschlagenen Bedingungen einzustellen. 268 270 223 Soulouque, Faustin ~ Präsident der Republik Haiti, proklamierte sich am 26. August 1849 zum Kaiser Faustin I., berüchtigt durch Unwissenheit, Grausamkeit und Eitelkeit. Die antibonapartistische Presse legte dem Präsidenten Louis Bonaparte diesen Namen bei. 269 270 224 Diesen separaten Geheimvertrag über ein Verteidigungsbündnis schlug Fürst Menschikow der türkischen Regierung gleichzeitig mit dem Entwurf der russisch-türkischen Konvention vor, die den Zaren zum Schutzherrn der griechisch-orthodoxen Untertanen des Sultans machen sollte. Der Entwurf dieses Vertrages sah vor, daß der Zar dem Sultan militärische Hilfe leiste, falls irgendeine Macht versuchen sollte, die Verwirklichung der erwähnten Konvention über die Privilegien der griechisch-orthodoxen Kirche in der Türkei zu verhindern. Die türkische Regierung, die von dem englischen und dem französischen Botschafter in Konstantinopel unterstützt wurde, lehnte sowohl den Entwurf der Konvention als auch den Entwurf des Geheimvertrages über ein Verteidigungsbündnis ab. 274 225 Es handelt sich um die Antwort des türkischen Außenministers Reschid Pascha vom 16. (4.) Juni 1853 auf das ultimative Schreiben des russischen Kanzlers Nesselrode vom 19. (31.) Mai 1853 (siehe Anm. 135). In seiner Antwort lehnte Reschid Pascha die in Nesselrodes Schreiben enthaltenen ultimativen Forderungen und Beschuldigungen ab. Gleichzeitig teilte er mit, daß der Sultan bereit sei, eine außerordentliche Mission nach Petersburg zu entsenden, um den Konflikt unter Bedingungen beizulegen, die die Bestätigung der Privilegien der griechisch-orthodoxen Kirche in der Türkei in einer Form vorsehen, die die Souveränität des Sultans nicht schmälern würde. 274
226 Shakespeare, „Julius Cäsar", IV. Aufzug, erste Szene. 281 227 Navigationsgesetze - von Cromwell 1651 erlassene und später mehrmals erneuerte bzw. ergänzte Schiffahrtsgesetze, die sich besonders gegen den holländischen Zwischenhandel richteten und das Ziel verfolgten, die englische Kolonialherrschaft zu festigen. Sie bestimmten, daß die wichtigsten Waren aus Europa sowie alle Waren aus Rußland und der Türkei nur auf englischen Schiffen oder auf denen des Ursprungslandes eingeführt werden durften, und daß die englische Küstenschiffahrt gänzlich den englischen Schiffen vorbehalten bliebe. Die Gesetze wurden zwischen 1793 und 1854 aufgehoben. 283 290 298 228 Shakespeare, „Julius Cäsar", V.Aufzug, erste Szene. 285 229 „Journal de Constantinople" - türkische Zeitung, die in französischer Sprache seit 1846 sechsmal monatlich erschien. Das Blatt wurde von der türkischen Regierung subsidiert und spielte die Rolle eines offiziösen Organs, wobei es gleichzeitig den Einfluß Frankreichs in der Türkei förderte. 288 467 230 „St.-Petersburger Zeitung" - Tageszeitung, die in deutscher Sprache von 1727 bis 1914 in St. Petersburg herausgegeben wurde. 288 231 Hier ist der rechte, der monarchistische Flügel der polnischen Emigration gemeint, dessen Zentrum das „Hotel Lambert" - die Villa des Fürsten Adam Czartoryski - in Paris war. Emigranten, die der polnischen Aristokratie angehörten, lebten auch in anderen Ländern, vor allem in England. 289 232 Es handelt sich um die Haltung Palmerstons hinsichtlich des Schicksals der Stadt Krakau, nachdem polnische Patrioten im Februar 1846 den erfolglosen Versuch unternommen hatten, in den polnischen Ländern einen Aufstand zur nationalen Befreiung Polens zu entfachen. Die Hauptinitiatoren des Aufstands waren polnische revolutionäre Demokraten (Dembowski u. a.). Infolge des Verrats des Adels und der Verhaftung der Führer des Aufstands durch die preußische Polizei scheiterte jedoch der allgemeine Aufstand, und es kam nur zu vereinzelten revolutionären Erhebungen. Lediglich in Krakau, das entsprechend dem Wiener Vertrag von 1815 zur freien Stadt unter dem Protektorat Österreichs, Rußlands und Preußens erklärt worden war, gelang es den Aufständischen, am 22. Februar einen Sieg zu erringen und eine National-Regierung zu bilden, die ein Manifest über die Aufhebung der Feudallasten erließ. Der Aufstand in Krakau wurde Anfang März 1846 unterdrückt. Im November 1846 unterzeichneten Osterreich, Preußen und Rußland in Wien den Vertrag über die Einverleibung Krakaus in das Kaiserreich Österreich. Palmerston, der seit Juli 1846 den Posten des Außenministers bekleidete, lehnte den französischen Vorschlag auf kollektiven Protest ab und gab dem Wiener Kabinett in seinem Brief vom 23. November 1846 zu verstehen, daß England die Krakauer Republik nicht verteidigen werde. Gleichzeitig forderte er heuchlerisch Osterreich, Preußen und Rußland auf, ihren Plänen in bezug auf Krakau zu entsagen. 289 233 Die Peeliten, die Whigs und die sogenannten Mayfair-Radikalen (siehe Anm. 83) hatten im Frühjahr 1852 in der Privatresidenz John Russells am Chesham Place in London eine Vereinbarung getroffen, welche die Durchführung einer gemeinsamen oppositionellen Linie in bezug auf das Tory-Kabinett Derby vorsah und die Bedingungen zur Bildung eines Koalitionsministeriums festlegte, falls das Kabinett Derby gestürzt werden sollte. Die am Chesham Place getroffene Vereinbarung blieb bei der Bildung des Koalitionskabinetts Aberdeen im Dezember 1852 in Kraft: die wichtigsten Posten in diesem Kabinett wurden von Führern der Whigs und der Peeliten besetzt; die Vertreter der Mayfair-Radikalen erhielten mehrere Staatsämter. 291
234 „Weefcly Times" - Wochenzeitung liberaler Richtung; erschien von 1847 bis 1885 in London. 293 455 235 Am 23. August 1853 veröffentlichte der „Morning Advertiser" eine Notiz „Der russische Agent Bakunin" mit der Unterschrift „F. M." (der Verfasser war der reaktionärePublizist Francis Marx, ein Anhänger Urquharts). In der Notiz wurde Bakunin beschuldigt, mit der zaristischen Regierung in Verbindung zu stehen. Am folgenden Tage (24. August) veröffentlichte die Zeitung einen Brief Golowins (des Verfassers der anonymen Notiz über Bakunin im „Morning Advertiser" vom 14. August, die „F. M." zu seiner Notiz veranlaßt hatte), Herzens und des polnischen Emigranten Worzel, der die Notiz von „F. M." widerlegte. Letzterer antwortete am27. August mit einer Erklärung, in der er den Ausbruch der Revolution in Europa mit der Tätigkeit zaristischer Agenten in Zusammenhang brachte. Am 29. August veröffentlichten Golowin und Herzen einen anderen Brief mit der Überschrift: „Wer ist F. M.?" An der darauf folgenden Polemik um Bakunin, die Golowin weiterführte, nahm Herzen nicht teil. In dem obengenannten Brief vom 24. August war „ein deutsches Blatt" erwähnt worden, in dessen Spalten angeblich mit den Beschuldigungen gegen Bakunin begonnen worden sei. Die Verfasser des Briefes spielten auf die „Neue Rheinische Zeitung" an. Im Zusammenhang damit entschloß sich Marx, den vorliegenden Brief an den Redakteur des „Morning Advertiser" zu senden. 294 236 „Neue Oder-Zeitung" - bürgerlich-demokratische Tageszeitung; erschien von 1848 bis 1855 in Breslau. Von 1846 bis 1849 war sie als „Allgemeine Oder-Zeitung" das Organ der oppositionellen katholischen Kreise, änderte jedoch ab März 1849 Titel und Richtung. 1855 war Marx der Londoner Korrespondent der „Neuen Oder-Zeitung". 295 237 Marx zitiert Engels* Artikel „Der demokratische Panslawismus", in welchem dieser Kritik übt an der Broschüre „Aufruf an die Slaven. Von einem russischen Patrioten Michael Bakunin. Mitglied des Slavencongresses in Prag". Koethen, 1848 (siehe Band 6 unserer Ausgabe, S. 271). 295 238 Marx verweist auf Abschnitt XVIII der Schrift „Revolution und Konterrevolution" (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 98-102), den Engels auf Bitte von Marx geschrieben hat und der mit Marx' Unterschrift am 2. Oktober 1852 in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht wurde. 296 239 Der Artikel wurde gekürzt in der deutschsprachigen New-Yorker Zeitung „Reform" vom 17. September 1853 nachgedruckt. 297 240 „Breslauer Zeitung" - Tageszeitung, die 1820 in Breslau gegründet wurde; sie war in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts konservativ orientiert. 297 241 Die Deklaration der „Seamen's United Friendly Association", aus der Marx zitiert, wurde später in „The People's Paper" Nr. 80 vom 12. November 1853 veröffentlicht. 299 242 Marx schrieb seine Erklärung an die Redaktion von „The People's Paper" im Zusammenhang mit der am 3. September 1853 im „Morning Advertiser" erschienenen anonymen Notiz Golowins „Wie man Geschichte schreiben soll". Diese Notiz war eine Antwort auf Marx' Brief vom 30. August 1853 an den Redakteur des „Morning Advertiser" (siehe vorl. Band, S. 294-296) und enthielt neue Angriffe gegen Marx und die „Neue Rheinische Zeitung". Vor dieser Notiz war im „Morning Advertiser" vom 3 I.August ein Brief A. Ruges veröffentlicht worden, der Marx und die „Neue Rheinische Zeitung" offen beschuldigte, bewußt unwahre Angaben zu verbreiten, die Bakunin verleumden. Marx, der
in seiner Erklärung Golowin eine Abfuhr erteilte, entlarvte gleichzeitig damit die verleumderischen Hirngespinste Ruges. Die Umstände, die mit der Niederschrift dieser Erklärung im Zusammenhang stehen, sind in dem Brief, den Marx am 3. September 1853 an Engels schrieb, dargelegt (im Original ist dieser Brief versehentlich mit dem 2. September datiert). In dem Brief ist auch die ursprüngliche Variante der Antwort an den Verfasser der Notiz „Wie man Geschichte schreiben soll" enthalten. 300 243 Verdächtigengesetze - Während der Jakobinerdiktatur erließ der Konvent am 17. September 1793 ein Dekret, das sich mit den „Verdächtigen" beschäftigte. Dieses Dekret erklärte alle Personen, die „durch ihr Verhalten oder ihre Verbindungen, Reden oder Veröffentlichungen sich als Anhänger der Tyrannen gezeigt", alle Adligen, die der Republik nicht ihre Ergebenheit bewiesen hatten, alle ihrer Posten enthobenen Staatsbeamten usw. für verdächtig und ordnete ihre Verhaftung an. Dies war in der Hand der Revolutionsorgane eine starke Waffe gegen die konterrevolutionären Elemente. 301 244 In dem in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlichten Marxschen Artikel vom 30. August 1853 (siehe vorl. Band, S. 297-299) fehlt die erwähnte Mitteilung. Die Redaktion hat offensichtlich diese Stelle weggelassen. 302 245 Gemeint ist die Forderung der Pforte auf Räumung der Donaufürstentümer durch die russischen Truppen. 302 246 „Preußische Litographische Correspondenz" - Engels nennt diese in Berlin erscheinende Zeitung ein „halb-offiziell-manteuffelsches" Blatt. 303 247 „Der Wanderer" - österreichische bürgerliche Tageszeitung, die von 1809 bis 1866 in Wien erschien. 303 458 248 In dem Leitartikel der „New-York Daily Tribüne" vom 6. August 1853 „Frieden oder Krieg" wird das Verhalten des Kapitäns Ingraham von der amerikanischen Fregatte „St. Louis" während der Ereignisse, die zur Verhaftung des ungarischen Emigranten Koszta in Smyrna führten (siehe Anm. 168), gebilligt. 303 249 „Punch" - „Punch, or the London Charivari", englische humoristische Wochenschrift bürgerlich-liberaler Richtung, gegründet 1840 in London. 306 250 „The Sun" - bürgerliche liberale Tageszeitung, die von 1798 bis 1876 in London erschien. 306 251 eigentlich „Banker s Gazette"; ständige Rubrik des „Economist". 310 252 „Sunday Times" - seit 1822 in London erscheinende Wochenzeitung; gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts ein Organ der Whigs. 312 343 253 Im Herbst 1852 wurde das Kloster des katholischen Kapuzinerordens in Locarno von den Behörden des Schweizer Kantons Tessin geschlossen und 22 Kapuzinermönche ausgewiesen. Das Vorgehen der Schweizer Behörden gegen den unter Österreichs Schutz stehenden Kapuzinerorden führte zu Spannungen zwischen Österreich und der Schweiz, die sich in Verbindung mit der Frage über den Aufenthalt von Teilnehmern der italienischen nationalen Befreiungsbewegung auf schweizerischem Territorium noch mehr verschärften. 313 254 Thomas Carlyle „ Latter-Day Pamphlets. No II. Model Prisons", London 1850. Eine kritische Einschätzung dieser Schrift wurde in einer Rezension gegeben, die Marx und Engels im vierten Heft der Zeitschrift „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue", April 1850, veröffentlichten (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 255-265). 314
255 Siehe die Artikel „Pauperismus und Freihandel - Die drohende Handelskrise" und „Politische Perspektiven - Handelsprosperität - Ein Fall von Hungerstod". (Band 8 unserer Ausgabe, S. 367 ff. und 490 ff.)3 18 256 „Mar\ Lane Express" - abgekürzt für die Wochenschrift „Mark Lane Express, and Agricultural Journal"; Mitteilungsblatt der Getreidebörse, Organ der Handelsbourgeoisie; wurde unter diesem Titel von 1832 bis 1924 in London herausgegeben. 318 342 257 Marx zitiert D. Urquharts im „Morning Advertiser" vom 20. September 1853 veröffentlichten Artikel „Politische Verbrecher". 321 258 Hier ist die von England, Rußland, Österreich und Preußen unterzeichnete Londoner Konvention vom 15. Juli 1840 über Maßnahmen der militärischen Hilfe für den Sultan gegen den ägyptischen Pascha Mechmed Ali, ferner die Londoner Konvention von 1841 (siehe Anm. 8 und 133) und die 1849 abgeschlossene Konvention von Balta-Liman (siehe Anm. 132) gemeint. Die erste der erwähnten Konventionen wurde ohne Frankreich abgeschlossen, das Mechmed Ali unterstützte. Für Frankreich ergab sich daraus die Gefahr einer antifranzösischen Koalition; es war daher gezwungen, die Unterstützung des Vizekönigs von Ägypten aufzugeben und an der Ausarbeitung der Londoner Konvention von 1841 teilzunehmen. Außer den Artikeln über die militärische Einmischung in den türkisch-ägyptischen Konflikt und dem Ultimatum an Mechmed Ali, in welchem ihm vorgeschlagen wurde, auf alle seine Besitzungen außer Ägypten zugunsten des Sultans zu verzichten, enthielt die Konvention von 1840 einen Artikel über den kollektiven Schutz der Dardanellen und des Bosporus. Das war die Voraussetzung für die Konvention von 1841, welche die Meerengen für die Durchfahrt von Kriegsschiffen aller Staaten durch die Dardanellen sperrte. 324 375 259 Redifs - türkische Reservetruppen. 325 260 Mark Lane - Getreidebörse in London. 336 261 Ulemas - oberste Schicht der Geistlichen und Rechtsgelehrten in den mohammedanischen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens; die Ulemas hatten großen Einfluß auf das politische Leben im Osmanischen Reich. 337 262 Der Streik der Maschinenbauer begann Ende Dezember 1851 und erfaßte mehrere Städte Südost- und Mittelenglands. Organisiert wurde der Streik von dem Vereinigten Verband der Maschinenbauer (Amalgamated Society of Engineers), um die Überstundenarbeit zu beseitigen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Unternehmer beantworteten den Streik mit Aussperrung. Der Kampf dauerte drei Monate und endete mit dem Sieg der Unternehmer. Die Arbeiter waren gezwungen, die Arbeit unter den alten Bedingungen wieder aufzunehmen. Aber auch die Unternehmer hatten durch den Streik und die Aussperrung bedeutende materielle Verluste. 339 263 Der Artikel wurde gekürzt in der deutschsprachigen New-Yorker „Reform" vom ^.Oktober 1853 unter dem Titel „Der Stand der Arbeiterbewegung in England" nachgedruckt. 341 264 Mincing Lane - Straße in London, Zentrum des Großhandels mit Waren aus den Kolonien. 344 265 In ihren späteren Werken gaben Marx und Engels den Begriffen „Wert der Arbeit" und „Preis der Arbeit" eine genauere Definition: „Wert der Arbeitskraft" und „Preis der Arbeitskraft", da Marx festgestellt hatte, daß der Arbeiter dem Kapitalisten nicht seine
Arbeit verkauft, sondern seine Arbeitskraft. (Siehe Einleitung von Engels zu Marx' Broschüre „Lohnarbeit und Kapital", Ausgabe von 1891.) 345 266 Dieser Hinweis bezieht sich auf den in der „New-York Daily Tribüne" vom 17. September 1853 veröffentlichten Leitartikel „Die russischen Pläne in der Türkei". Er stammt offenbar von der Redaktion der Zeitung. 348 267 Unter dem Kommando von Omer Pascha drangen 1846 türkische Truppen in Kurdistan ein, um den dort ausgebrochenen Aufstand gegen den Sultan zu unterdrücken. (Über den Feldzug Omer Paschas nach Montenegro siehe Anm. 222.) 348 268 Suworow nahm zwar an der Belagerung, jedoch nicht an der Einnahme von Otschakow am 17. Dezember 1788 teil, da er während der Belagerung der Festung verwundet worden war. Außerdem gab es zwischen ihm und dem Fürsten Potjomkin, dem Befehlshaber der russischen Armee, Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung der Belagerung. Die Erstürmung der türkischen Festung Ismail durch russische Truppen unter Suworow, die entscheidend dazu beitrug, daß der Russisch-Türkische Krieg 1787-1791 für Rußland siegreich endete, erfolgte am 22. Dezember 1790. 351 269 Das Pamphlet „Lord Palmerston" - ein Werk, das von Marx geschrieben wurde, um die englische Oligarchie in Gestalt eines ihrer namhaftesten Vertreter zu entlarven -, war als eine Artikelserie für die „New-York Daily Tribüne" gedacht. Als Marx in den ersten Tagen des Oktober 1853 mit der Arbeit an dem Pamphlet begann, hatte er auch sein Einverständnis dazu gegeben, daß es gleichzeitig in „The People's Paper", dem Organ der Chartisten, veröffentlicht wird. Während jedoch die Chartistenzeitung Marx' Artikel als einheitliche Serie unter der Gesamtüberschrift „Lord Palmerston" zu veröffentlichen anfing und jedem Artikel vorausschickte: „Von Dr. Marx für die ,New-York Daily Tribüne' geschrieben und uns zur Verfügung gestellt", brachte die Redaktion der „Tribüne" gleich den ersten Artikel als Leitartikel, ohne den Namen des Verfassers zu nennen. Dadurch war auch die äußere Form der weiteren Veröffentlichung als nicht zusammenhängende Artikel gegeben. In „The People's Paper" wurden vom 22. Oktober bis 24. Dezember 1853 acht Artikel veröffentlicht. Unter Artikel VIII stand ebenso wie unter den vorangegangenen „Fortsetzung folgt". Aus dem Brief, den Marx am 14.Dezember 1853 an Engels schrieb, geht hervor, daß er die Absicht hatte, noch einen zusätzlichen Artikel über Palmerstons Politik in den Jahren 1840/1841, zurZeit des Abschlusses der Londoner Konventionen, zu liefern sowie Palmerstons Haltung während der Revolutionen von 1848/49 zu beleuchten. Das ist jedoch nicht geschehen. In der „New York Daily Tribüne" kamen nicht alle Artikel von Marx zur Veröffentlichung. Diese zog sich bis Anfang 1854 hin, obwohl Marx den letzten Artikel schon am 6. Dezember 1853 nach New York abgeschickt hatte. Insgesamt veröffentlichte das Blatt vier Artikel, alle als Leitartikel und mit verschiedenen Überschriften. Am 19. Oktober 1853 wurde in der „Tribüne" der Leitartikel „Palmerston" veröffentlicht, der den Artikeln I und II der in „The People's Paper" veröffentlichten Serie entspricht; der Leitartikel „Palmerston und Rußland" vom 4. November 1853 entspricht Artikel III dieser Serie; der Leitartikel „Ein Kapitel moderner Geschichte" vom 21. November 1853 den Artikeln IV und V und der Leitartikel „England und Rußland" vom 11. Januar 1854 dem Artikel VII. Die Artikel VI und VIII der Serie wurden in der „Tribüne" überhaupt nicht veröffentlicht. Die Texte der Veröffentlichungen in beiden Zeitungen sind nicht völlig identisch. Bevor Marx die Manuskripte an die „Tribune"undan „ThePeople'sPaper" absandte, variierte er wahrscheinlich die Texte, wobei er die Verschiedenartigkeit der
Veröffentlichung des Pamphlets in diesen Zeitungen berücksichtigte. Die in der „Tribüne" veröffentlichte Fassung trägt außerdem Spüren von redaktionellen Eingriffen. Das Pamphlet gegen Palmerston fand große Verbreitung. Am 26. November 1853 wurde im „Glasgow Sentinel" der Artikel „Palmerston und Rußland" (Artikel III der Serie in „The People's Paper") aus der „Tribüne" nachgedruckt. Im Dezember 1853 brachte der Londoner Verleger Tucker diesen Artikel unter gleichem Titel als Broschüre heraus. Anfang 1854 erschien unter Mitarbeit von Marx die zweite Auflage dieser Broschüre: Im Text wurden auf Grund der Veröffentlichung in „The People's Paper" Berichtigungen und Ergänzungen vorgenommen. Bald darauf gab Tucker auch eine zweite Broschüre „Palmerston und der Vertrag von Hunkjär-Skelessi" heraus (auf dem Titelblatt stand ein anderer Titel: „Palmerston. Was waren seine Taten?"); die Broschüre gab mit geringen Abweichungen den Text des Artikels IV (ohne die ersten vier Absätze) und des Artikels V der in „The People's Paper" veröffentlichten Fassung wieder. Beide Broschüren erschienen als Nr. 1 und Nr. 2 in der von Tucker herausgegebenen Serie „Political Fly-Sheets" und wurden 1855 zusammen mit Pamphleten anderer Autoren erneut aufgelegt. Im Vorwort zu dieser Auflage nennt Tucker Marx als Verfasser der Pamphlete Nr. 1 und Nr. 2 (im Inhaltsverzeichnis ist das Pamphlet Nr. 1 - „Palmerston und Rußland" - unter dem veränderten Titel „Palmerston und Polen" angeführt). Die Veröffentlichung der anderen Artikel über Palmerston in Tuckers Verlag hat Marx selbst verhindert, da er nicht wünschte, daß seine Schriften in einer Reihe mit den Arbeiten von Urquhart in der Serie „Political Fly-Sheets" veröffentlicht werden. Darüber schrieb Marx am 1. Juni 1854 an Lassalle: „... ich will nicht zur Gefolgschaft dieses Herrn gezählt werden, mit dem ich nur einen Punkt gemein habe, die Ansicht über Palmerston; in allem andern aber ihm diametral gegenüberstehe, wie sich gleich bei unserer ersten Zusammenkunft herausstellte..." Am 17. November 1855 und am 5. Januar 1856 veröffentlichte die zu Palmerston in Opposition stehende Zeitung der Urquhartisten „Sheffield Free Press" zwei Artikel aus der Serie „Lord Palmerston" (die Artikel III und VI aus der Veröffentlichung des „People's Paper"). Der erste dieser beiden Artikel wurde auch als Einzelausgabe in der Lieferung Nr. 4 A der Sheffielder „Free Press Serials" (Kleine Bücherei der „Free Press") herausgegeben. Fast gleichzeitig erschienen alle acht Artikel der Serie in fünf Nummern der „Free Press", des Londoner Organs der Urquhartisten (am 29.Dezember 1855, 5. und 12. Januar und 9. und 16. Februar 1856) und in Einzelausgabe als Lieferung Nr. 5 der „Free Press Serials" unter dem Titel „Die Lebensgeschichte Lord Palmerstons". In der Einzelausgabe wird der Name des Verfassers genannt. In deutscher Sprache wurde mit der Veröffentlichung des Marxschen Pamphlets am 2. November 1853 in der New-Yorker „Reform" begonnen, und zwar mit einer gekürzten Übersetzung von A.Cluß aus der „Tribüne". In einer Vorbemerkung der Redaktion zur Veröffentlichung des Pamphlets in der deutschsprachigen „Reform" heißt es: „Das große Interesse, das gegenwärtig erneut der Name Palmerston hervorruft, veranlaßt uns, diese Bearbeitung aus der .Tribüne' vorzunehmen. Diese Skizze verrät, daß ihr Verfasser über mehr als gewöhnliche Kenntnisse der englischen Angelegenheiten verfügt, und trotz des Fehlens einer Unterschrift ist es nicht schwer zu erraten, wer sie geschrieben hat." Die in der „Reform" vom 2., 3., 4., 8. und 9. November 1853 unter dem Titel „Palmerston" veröffentlichten Artikel entsprechen den Artikeln I und II in „The People's Paper". Im Februar 1855 veröffentlichte Marx zwei Artikel unter dem Titel „Lord Palmerston" in der Breslauer „Neuen Oder-Zeitung", die im wesentlichen ein Resümee aus den Veröffentlichungen des „People's Paper" und der „Tribüne" darstellen. Auszüge aus Marx'
Pamphlet (mit Nennung des Verfassers) brachte der deutsche Publizist E. Fischel in seiner Publikation „Das Neue Portfolio. Eine Sammlung wichtiger Dokumente und Aktenstücke zur Zeitgeschichte", Heft I und II, die er 1859 und 1860 in Berlin herausgegeben hat. Im Jahre 1893, nach dem Tode von Marx, erschien der dritte Artikel der Serie in polnischer Sprache in Nummer 7 der Zeitschrift „Przedswit", die in London von mit Engels in Verbindung stehenden polnischen Sozialisten herausgegeben wurde. Den siebenten Artikel hat Marx' Tochter Eleanor 1897 nach dem Text der „Tribüne" und unter dem gleichen Titel („England und Rußland") in der von ihr und E. Aveling herausgegebenen Sammlung von Marx-Artikeln zur orientalischen Frage (K. Marx. „The Eastem Question") zum Abdruck gebracht. Im Jahre 1899 erschien in London die von Eleanor Marx vorbereitete Ausgabe sämtlicher Artikel der Serie: Karl Marx. „The Story of the Life of Lord Palmerston". In russischer Sprache wurde Marx' Pamphlet erstmalig 1924 veröffentlicht. Für die Abfassung dieses Pamphlets hat Marx viele Quellen untersucht, in erster Linie die sogenannten Blue Books (Blaubücher) - die viele Bände umfassenden periodisch herausgegebenen Materialien des englischen Parlaments - sowie Dokumente des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten. Er hat außerdem die Parlamentsberichte, besonders „Hansard's Parliamentary Debates", verschiedene Sammelbände über internationale Verträge, diplomatische Dokumente, Pamphlet-Literatur und umfangreiches Pressematerial ausgenutzt. 353 270 Shakespeare, „So wie es euch gefällt", II. Aufzug, siebente Szene. 355 271 Als das englische Parlament im Juni 1850 den englisch-griechischen Konflikt wegen der Angelegenheit des Kaufmanns Pacifico (siehe Anm. 167) erörterte, wurde die Außenpolitik der Regierung, in der Palmerston Außenminister war, vom Unterhaus gebilligt, während sich das Oberhaus mit einer Mehrheit von 37 Stimmen gegen die Haltung der Regierung in der zur Debatte stehenden Frage aussprach. Die Regierungen Frankreichs und Rußlands ließen von ihren Botschaftern in London ihre Mißbilligung dieser Haltung und ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen; der französische Botschafter verließ demonstrativ London, während der russische Botschafter zu dem von Palmerston gegebenen Essen nicht erschien. 357 272 1815 wurde ein Gesetz durchgebracht, daß die Korneinfuhr nach England so lange verbot, bis der Preis des Weizens in England selbst unter 80 Schilling per Quarter blieb. 1822 wurde dieses Gesetz etwas modifiziert und 1828 die „gleitende Skala" eingeführt, nach der die Einfuhrzölle auf Getreide erhöht wurden, wenn die Preise auf dem Binnenmarkt sanken, und gesenkt wurden, sobald diese Preise anstiegen. Die Korngesetze wurden von den Tory-Kabinetten im Interesse der Großgrundbesitzer durchgesetzt. Die industrielle Bourgeoisie, die gegen die Korngesetze unter der Losung des Freihandels kämpfte, erreichte 1846, daß sie aufgehoben wurden. 358 273 Marx spielt hier auf die Anwesenheit ausländischer Söldlinge in England an, die während der napoleonischen Kriege hauptsächlich in den deutschen Kleinstaaten, besonders in Hannover - der Domäne der englischen Könige aus der Hannoverschen Dynastie - für die englische Armee angeworben worden waren. 358 274 Das Bombardement Kopenhagens durch die Engländer fand im September 1807 statt und sollte den Anschluß Dänemarks an die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre
verhindern, die den Ländern des europäischen Kontinents den Handel mit England verbot. 358 275 Meutereiakte (Mutiny Act) - eine Art Disziplinargesetz für die englische Armee, das, 1689 erlassen, bis 1881 alljährlich vom Parlament (mit teilweise neuem Text) erneut in Kraft gesetzt wurde und der Krone für je ein Jahr das Halten einer bestimmten Anzahl von Truppen und die Ausübung des Kriegsrechtes über dieselben bewilligte. Der äußere Anlaß für die Herausgabe dieses Gesetzes - ein Ausdruck der Beschränkung der Macht der Krone durch das englische Parlament-war die Meuterei eines schottischen Regiments in England. 360 276 Das Korporationsgesetz (Corporation Act) wurde 1661 vom englischen Parlament beschlossen und forderte von Personen, die gewählte Ämter bekleideten (gemeint waren hauptsächlich die Organe der Stadtverwaltung), die Anerkennung der Dogmen der anglikanischen Kirche. Das Vereidigungsgesetz (Test Act) von 1673 forderte das gleiche von allen Personen, die Staatsposten innehatten. Diese Gesetze, ursprünglich gegen die katholische Reaktion gerichtet, wurden später als Mittel zur Bekämpfung jedweder Opposition gegen die offizielle anglikanische Kirche und zur Verteidigung der Privilegien dieser Kirche ausgenutzt. 360 277 Dissenters (Andersgläubige) - Anhänger religiöser Sekten und Strömungen, die von den Dogmen der offiziellen anglikanischen Kirche abwichen. 360 278 Emanzipation der Katholiken - Aufhebung der Beschränkungen der politischen Rechte der Katholiken durch das englische Parlament im Jahre 1829. Die Katholiken, die überwiegend Iren waren, erhielten das Recht, ins Parlament gewählt zu werden und einige Regierungsämter zu bekleiden; gleichzeitig wurde der Vermögenszensus auf das Fünffache erhöht. Mit Hilfe dieses Manövers versuchten die herrschenden Klassen Englands, die Oberschicht der irischen Bourgeoisie und der katholischen Grundbesitzer auf ihre Seite zu ziehen, um so die irische nationale Bewegung zu spalten. 361 279 Gemeint ist die breite Bewegung für eine Parlamentsreform in England (siehe Anm. 139), die der 1832 in England durchgeführten Wahlreform vorausgegangen war. 362 280 Im Konflikt um die sogenannten Heiligen Stätten (siehe Anm. 104), der Frankreich und dem zaristischen Rußland als Vorwand für ihren Kampf um die Hegemonie im Nahen Osten diente, war eines der Streitobjekte die Frage, ob die Schlüssel zur Kirche des „Heiligen Grabes" in Jerusalem der katholischen oder der orthodoxen Geistlichkeit gehören sollten, und wer das Recht habe, die Kuppel der Kirche instandzuhalten. 366 281 Konvention von Ahkerman - Vereinbarung, die von Rußland und der Türkei am 25. September 1826 unterzeichnet wurde. Nach dieser Vereinbarung verpflichtete sich die türkische Regierung, die früheren mit Rußland abgeschlossenen Verträge auf das strengste einzuhalten und den russischen Handelsschiffen in den türkischen Gewässern Navigationsfreiheit zu gewähren; sie verzichtete auch auf die nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1806-1812 an Rußland abgetretenen Stützpunkte an der kaukasischen Schwarzmeerküste. Die Konvention bestätigte die Anerkennung der Autonomie Serbiens durch den Sultan und sah für die Moldau und die Walachei die Wahl von Hospodaren aus ortsansässigen Bojaren vor. Die Konvention von Akkerman berührte nicht die griechische Frage. Offizielle türkische Kreise verbreiteten, als sie diese Konvention am Vorabend des Russisch-Türkischen Krieges 1828/29 brachen, die Version, Rußland habe auf Grund der
Konvention auf die Einmischung in die griechischen Angelegenheiten verzichtet und diese seine Verpflichtung angeblich durch seine Hilfeleistung an die Griechen nicht eingehalten. In Wirklichkeit jedoch war die „Nichtinteressiertheit an den griechischen Angelegenheiten" von der zaristischen Regierung nicht bei Abschluß der Konvention von Akkerman, sondern einige Monate früher deklariert worden. 366 282 In der „New-York Daily Tribüne" vom 19. Oktober 1853 endete der Artikel mit folgenden, offenbar von der Redaktion der Zeitung hinzugefügten Worten: „In diesem Ausspruch wurde eindeutig zu verstehen gegeben, daß in der Person Lord Palmerstons keineswegs die Freiheit, Redlichkeit und alles Gute verkörpert ist, was England eigen. Seit damals, in der von uns geschilderten früheren Periode seiner Karriere, ist sich der noble Lord stets gleichgeblieben bis auf den heutigen Tag, und niemand, der ihn kennt, kann in der gegenwärtigen ernsten Krise irgend etwas anderes von ihm erwarten als heuchlerische Dienste für die Sache der Gerechtigkeit und der Menschenrechte. Den von uns nicht dargelegten Teil seiner politischen Biographie heben wir für später auf; leider ist er nicht der bessere Teil." 368 283 Im Jahre 1159 verweigerten die Mailänder Friedrich I. (Barbarossa) den Gehorsam, als dieser die Freiheit der Städte Oberitaliens zu vernichten drohte und sie seiner Macht unterwerfen wollte. Der darauf folgende jahrelange Kampf endete, trotz der Zerstörung Mailands im Jahre 1162, mit dem Sieg der Städte. 369 284 Über den Krakauer Aufstand siehe Anm. 232; über die im Artikel etwas später erwähnten Ereignisse in Galizien siehe Anm. 16. 376 285 Sehr wahrscheinlich die „Oesterreichisch Kaiserliche Wiener Zeitung", das damalige Regierungsorgan, das von 1780 bis etwa 1935 unter verschiedenen Titeln erschien. 377 286 1846 gelang es der Regierung Guizot, die Eheschließung des jüngsten Sohnes des französischen Königs Louis-Philippe - des Herzogs von Montpensier - mit der spanischen Infantin Maria-Luise Fernanda zu erzielen und das von England geplante Ehebündnis des Prinzen Leopold von Coburg mit der spanischen Königin Isabella II. zu hintertreiben. Der Kampf zwischen der englischen und der französischen Regierung um die „spanischen Heiraten" wurde mit großer Schärfe geführt. Nachdem die französische Diplomatie in dieser Frage den Sieg davongetragen hatte, suchte Palmerston verstärkt nach einem Anlaß, um Revanche zu nehmen. 378 287 Der Vertrag von Utrecht (1713) - einer der Friedensverträge, die zwischen Frankreich und Spanien einerseits Und den Teilnehmerstaaten an der antifranzösischen Koalition (England, Holland, Portugal, Preußen und den österreichischen Habsburgern) andererseits abgeschlossen wurden und den langen Spanischen Erbfolgekrieg, der 1701 begonnen hatte, beendeten. Laut Vertrag blieb der spanische Thron dem französischen Prätendenten, Philippe dem Bourbonen, einem Enkel LudwigsXIV., erhalten. Der französische König mußte jedoch seine Pläne, die französische und die spanische Monarchie zu vereinen, aufgeben und für sich und seine Nachkommen aus dem französischen Zweig der Bourbonen auf die spanische Krone verzichten. Der Vertrag sanktionierte, daß eine Reihe französischer und spanischer Kolonien in Westindien und Nordamerika sowie Gibraltar an England kamen. Als Palmerston 1846 Frankreich der Verletzung des Utrechter Vertrags beschuldigte, meinte er damit den Plan Louis-Philippes, der durch die Vermählung seines jüngsten Sohnes mit der spanischen Infantin eine neue Perspektive zur Vereinigung beider Monarchien zu haben glaubte. 378
288 Die zitierte Rede hielt Palmerston am 19. März 1839 im Unterhaus anläßlich der Blockade mexikanischer Häfen durch die französische Flotte 1838/1839. Die Blockade von Buenos Aires durch die englische und französische Flotte begann 1845 und sollte die argentinische Regierung veranlassen, den Parana und andere Flüsse für ausländische Schiffe freizugeben. England und Frankreich erreichten dieses Ziel 1852, als sie Argentinien zwangen, einen entsprechenden Vertrag zu unterzeichnen. 378 289 Hinweis auf die bürgerliche Revolution 1830 in Belgien. 379 290 Anspielung auf Böotien (einer Landschaft in Griechenland), dessen Bewohner im Altertum als schwerfällig und geistig stumpf galten. 383 291 Quadrupelallianz - Die Bündnisbeziehungen zwischen England und Frankreich nach der Julirevolution, die unter der Bezeichnung „Entente cordiale" (gutes Einvernehmen) (siehe Anm. 31) bekannt sind, erhielten erst mit dem Abschluß der sogenannten Quadrupelallianz zwischen England, Frankreich, Spanien und Portugal im April 1834 ihre vertragliche Grundlage. Schon beim Abschluß des Vertrages zeigten sich Widersprüche zwischen den Interessen Englands und Frankreichs, die später zur Verschärfung der Beziehungen zwischen beiden Ländern führten. Der Vertrag, der formal gegen die absolutistischen „Nordmächte" (Rußland, Österreich und Preußen) gerichtet war, gestattete es England, unter dem Vorwand der militärischen Hilfe für die Regierungen Spaniens und Portugals, im Kampf gegen die Thronprätendenten Dom Miguel in Portugal und Don Carlos in Spanien, seinen Einfluß in diesen beiden Ländern zu festigen. 382 292 Worte, die das Standbild des Komturs in der Oper „Don Juan" von Mozart ausspricht. 382 293 Shakespeare, „König Heinrich der Vierte", Erster Teil, II. Aufzug, vierte Szene. 384 294 In der Schlacht hei Bylan (Syrien), Ende Juli 1832, schlugen die ägyptischen Truppen unter Ibrahim Pascha das Heer des Sultans und zwangen ihn, Syrien zu räumen. Die darauffolgende Offensive der ägyptischen Truppen in Kleinasien und die Vernichtung des türkischen Heeres im Dezember 1832 bei Konia brachten Ägypten im ÄgyptischTürkischen Krieg (1831-1833) den Sieg. Im April 1833 wurde, gemäß dem in Kutahia geschlossenen Frieden, der ägyptische Pascha Mechmed Ali tatsächlich als unabhängiger Regent Ägyptens und Syriens anerkannt. 385 295 Marx zitiert die Rede des radikalen Abgeordneten Anstey im Unterhaus vom 8. Februar 1848. 390 296 Vertrag von St. Petersburg - Es handelt sich um den russisch-türkischen Vertrag vom 29. Januar 1834, der einige Artikel des Vertrages von Adrianopel aus dem Jahre 1829 präzisierte. Der Vertrag verminderte die Summe der jährlichen Zahlungen der Türkei zugunsten der Kontributionen, die ihr durch den Vertrag von Adrianopel auferlegt waren, und kürzte die Gesamtsumme der Kontributionen um zwei Millionen Dukaten. 391 297 „ Journal de Saint-Petersbourg" - Tageszeitung, offizielles Organ des russischen Außenministeriums; erschien von 1825 bis 1914 in französischer Sprache in St. Petersburg. 393 298 D.Urquhart. „Progress of Russia in the West, North, and South", London 1853, S. 406. 1853 erschienen mehrere Ausgaben dieser Arbeit; die Seitenangabe bezieht sich auf die zweite Ausgabe. 401 299 In der „New-York Daily Tribüne" vom 11. Januar 1854 beginnt der Artikel mit folgenden Worten: „Lord Palmerstons Rücktritt scheint in England all die Wunder zu bewirken, die
39 Marx'Engels, Werke, Bd. 9
er sich von diesem Schritt erhoffen konnte. Während sich der Unwille der Bevölkerung immer entschiedener gegen das Kabinett richtet, das er im Stich gelassen und dessen Politik er ständig, bis zum letzten Augenblick, nachdrücklich unterstützt hatte, wetteifern die gleichen Parteien, die am lautesten gegen die Koalition aufgetreten waren, miteinander in der Verherrlichung Lord Palmerstons. Und während sie einerseits einen energischen und ehrenvollen Widerstand gegen die Übergriffe Rußlands verlangen, scheinen sie andererseits nichts sehnlicher zu wünschen als die Wiedereinsetzung ihres geliebten Staatsmannes in die Regierung. Auf diese Weise täuscht der vollendete und rücksichtslose Schauspieler die Welt. Es würde ein amüsantes Schauspiel sein, wären die auf dem Spiele stehenden Angelegenheiten nicht so folgenschwer. Wir hatten bereits Gelegenheit zu zeigen, wie tief die Täuschung geht, und fügen nun unten einen neuen Beweis für die Tatsache an, daß sich Lord Palmerston ständig, aus welchem Grunde auch immer, für die Förderung Rußlands eingesetzt und England zu diesem Zwecke ausgenutzt hat. Alle, die sich bemühen, hinter die Kulissen der Geschichte der Gegenwart zu blicken und die Ereignisse und Menschen nach ihrem wahren Wert einzuschätzen, werden, wie wir glauben, unsere Darstellung lehrreich finden." Diese Worte konnten nicht zum Text des angeführten Artikels von Marx gehört haben, da Marx die letzten Artikel der Serie „Lord Palmerston" spätestens am 6. Dezember 1853 an die Redaktion der „Tribüne" gesandt hatte, also mindestens 10 Tage vor Palmerstons Rücktritt (am 16. Dezember 1853), der von kurzer Dauer war. Als der Artikel mit bedeutender Verspätung am 11. Januar 1854 veröffentlicht wurde, fügte die Redaktion der Zeitung diese Ergänzung hinzu, die sie wahrscheinlich einem anderen, späteren Marx-Artikel entnommen hat, der - nach einer Bemerkung im Notizbuch von Jenny Marx-am 20. Dezember 1853 nach New York geschickt wurde und dem Echo der englischen Presse zum Rücktritt Palmerstons gewidmet war. Den Artikel vom 20. Dezember 1853 hat die „New-York Daily Tribüne" nicht veröffentlicht, und das Manuskript ist nicht erhalten geblieben. 401 300 Das Zitat entstammt Kupffers Buch „Voyage dans les environs du Mont Elbrouz dans le Caucase, entrepris par ordre de Sa Majeste l'Empereur; en 1829. Rapport faitä l'Academie Imperiale des Sciences de St.Petersbourg", St.Petersburg, 1830, S.4. 402 301 Über das Petersburger Protokoll vom 4. April 1826 und den Londoner Vertrag (Konvention) Vom 6. Juli 1827 siehe Anm. 47. In dem vom zaristischen Rußland und von England unterzeichneten Protokoll vom 4. April 1826 erklärten beide Mächte, um die wahren Ziele ihrer Einmischung zugunsten Griechenlands in den griechisch-türkischen Konflikt zu maskieren, daß sie weder eine Erweiterung ihres Territoriums auf Kosten der Türkei, noch alleinigen Einfluß, noch besondere Handelsprivilegien in den Besitzungen des Sultans für sich beanspruchen. Die gleichen Erklärungen wurden beim Abschluß des von England, Rußland und Frankreich unterzeichneten Londoner Vertrages vom 6. Juni 1827 wiederholt. 403 302 Marx zitiert die Rede Patrick Stewarts im Unterhaus vom 20. April 1836. 404 303 Der versprochene Artikel ist in der „New-York Daily Tribüne" nicht veröffentlicht worden, obwohl Marx ihn, wie aus dem Notizbuch von Jenny Marx ersichtlich ist, bereits am 6. Dezember 1853 nach New York geschickt hatte. In „The People's Paper" erschien er am 24. Dezember 1853 als Artikel VIII der Serie „Lord Palmerston". 409 304 „The London Gazette" - englisches Regierungsblatt; erscheint unter diesem Titel seit 1666 zweimal in der Woche. 413
30a Lloyd's Committee (Lloyds Komitee) - Leitungsgremium von Lloyds, einer Institution in London, die sich mit der Klassifikation und Versicherung von Schiffen und Ladungen befaßt. 418 306 Der Artikel wurde gekürzt in der New-Yorker deutschsprachigen Zeitung „Reform" vom 24. und 25. Oktober 1853 unter der Überschrift „Die Lage in England" nachgedruckt. 419 307 In der Note Reschid Paschas vom 19. August 1853 an die Vertreter Österreichs, Englands, Frankreichs und Preußens erklärte die türkische Regierung, sie werde die Wiener Note (siehe Anm. 201) nur annehmen, wenn ihre Abänderungsvorschläge berücksichtigt würden. Reschid Pascha bestand vor allem auf der vorherigen Räumung der Fürstentümer durch Rußland. 419 308 Im September 1853 fand in Olmütz (Olomouc) eine Zusammenkunft zwischen dem Zaren Nikolaus I. und dem Kaiser Franz Joseph von Österreich statt. Anschließend versuchte die österreichische Regierung erfolglos, die Westmächte zu veranlassen, neue Schritte zur Beilegung des russisch-türkischen Konflikts zu unternehmen, wobei sie die bedingungslose Annahme der Wiener Note durch den Sultan verlangte. In den Gesprächen mit Franz Joseph bemühte sich Nikolaus I., diesem zu versichern, daß die in die Donaufürstentümer einmarschierten russischen Truppen die Donau nicht überschreiten und sich auf Verteidigungshandlungen auf dem linken Donau-Ufer beschränken würden. 421 309 „Satire Menippee" - anonyme politische Spottschrift, die 1594 in Frankreich veröffentlicht wurde. Diese Spottschrift war gegen die 1576 während der Hugenottenkriege gegründete Katholische Liga gerichtet, deren feudale aristokratische Führer eine Schwächung der Königsmacht und die Zusicherung unbegrenzter Privilegien für den katholischen Adel anstrebten. Der Titel der Spottschrift ist dem römischen Schriftsteller Varro (1. Jahrhundert v.u. Z.) entlehnt, der seine „Saturae Menippeae" den griechischen Philosophen Menippos nachahmend geschrieben hatte. 424 310 Juni-Insurrektion - der heldenhafte Aufstand der Pariser Arbeiter im Juni 1848, der von der französischen Bourgeoisie auf unerhört grausame Weise niedergerungen wurde. Der Aufstand war der erste große Bürgerkrieg in der Geschichte der Kämpfe zwischen Proletariat und Bourgeoisie. 426 311 Am 29. März 1848 kam es bei dem Dörfchen Risquons-Tout, unweit der französischen Grenze, zu einem Zusammenstoß zwischen einer aus Frankreich heimkehrenden belgischen republikanischen Legion und einer Abteilung belgischer Soldaten. Das war der Anlaß zu dem sogenannten Risquons-Tout-Prozeß in Antwerpen, der von der Regierung des belgischen Königs Leopold I. inszeniert worden war, um mit den Demokraten abzurechnen. Delescluze war damals Regierungskommissar des an Belgien grenzenden Departements Nord, durch das die belgische Legion gezogen war. 433 312 Die Linien von Torres Vedras bestanden aus befestigten Stellungen, die 1810 auf Befehl Wellingtons bei der Stadt Torres Vedras (Portugal) angelegt wurden, um Lissabon gegen die französischen Truppen zu decken. 438 313 Während des Feldzugs in Belgien (1815) dachte Napoleon, der am 16. Juni die Preußen bei Ligny geschlagen hatte, sie von der englisch-holländischen Armee Wellingtons abzuschneiden und die Gegner einzeln aufzureiben. In der entscheidenden Schlacht bei Waterloo, am 18. Juni 1815, als Napoleon die Armee Wellingtons angriff und ihr in die Flanke zu fallen versuchte, rückten die Preußen unter Blücher heran, stießen in die rechte Flanke
der französischen Schlachtordnung und entschieden durch ihr Eingreifen das Ergebnis der Schlacht zugunsten der verbündeten Armeen. 439 314 Kurz nach Beginn der Kriegshandlungen an der Donau gab der Befehlshaber der Donauarmee, Gortschakow, den Befehl, einen Teil der Donauflottille aus Ismail in den Raum von Braila und Galatz zu werfen. Am 23. Oktober 1853, als zwei russische Dampfschiffe und acht Kanonenboote an der von den Türken besetzten Festung Isaktscha vorbeifuhren, kam es zu einem Artilleriegefecht. Durch das Feuer der russischen Schiffsartillerie und der Küstengeschütze erlitt die türkische Garnison erhebliche Verluste. 447 315 Seraskierat - Kriegsministerium des Ottomanischen Reiches. 447 316 Klub in der rue de Poitiers — das leitende Organ der sogenannten Partei der Ordnung, einer Koalition der zwei monarchistischen Fraktionen Frankreichs: der Legitimisten (Anhänger der „legitimen" Bourbonendynastie) und der Orleanisten (Anhänger der Dynastie der Orleans). Diese 1848 als Koalition gegen das Proletariat gebildete Partei der konservativen Großbourgeoisie spielte ab 1849 bis zum Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 die führende Rolle in der Gesetzgebenden Versammlung der Zweiten Republik. Der Bankrott ihrer volksfeindlichen Politik wurde von der Clique Louis Bonapartes für ihre Zwecke ausgenutzt. General Baraguay d'Hilliers, der in den Jahren der Republik den Klub in der rue de Poitiers unterstützte, trat am Vorabend des Staatsstreiches vom 2. Dezember 1851 auf die Seite der Bonapartisten über. 447 553 317 Anfang August 1842 brachen in mehreren Industriebezirken Englands, besonders in Lancashire, Streiks und Arbeiterunruhen aus. Die freihändlerisch gesinnte Bourgeoisie, die versuchte, die Bewegung der Arbeiter auszunutzen, um auf die Regierung einen Druck auszuüben, damit sie die Korngesetze abschaffe, wiegelte in vielen Fällen die Arbeiter selbst zu Aktionen auf. Als sie sich jedoch, von dem breiten Ausmaß der Streiks und Unruhen erschreckt, davon überzeugen mußte, daß die Arbeiter eigene Ziele verfolgten, unterstützte sie die blutigen Repressalien gegen die Arbeiter. Eine ausführliche Schilderung dieser Ereignisse gibt Friedrich Engels in „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" und „Die Geschichte der englischen Korngesetze" (siehe Band 2 unserer Ausgabe). 448 318 Anspielung auf die Reden Brights und Cobdens, die sie auf der von der Friedensgesellschaft der Freihändler durchgeführten Konferenz in Edinburgh hielten, von der die „Times" am 14. Oktober 1853 berichtet hatte. 449 319 Marx zitiert den Artikel „Was ist billig und was ist teuer", der am 29. Oktober 1853 in „The People's Paper" veröffentlicht worden war. 450 320 „Weekly Dispatch" - Wochenzeitung. Erschien von 1801 bis 1928 in London; in den fünfziger Jahren vertrat sie eine radikale Richtung. 452 321 Der erste Teil dieses Artikels wurde in der New-Yorker deutschsprachigen Zeitung „Reform" am 19. November 1853 unter dem Titel „Persien, Rußland und Dänemark" nachgedruckt. 456 322 Hier sind die Operationen der persischen Armee im Kampf um den Anschluß Herats gemeint, eines Handelsknotenpunkts, um dessen Besitz Afghanistan und Persien zahlreiche Kriege führten. Die Einnahme Herats durch persische Truppen im Oktober 1856 wurde von den englischen Kolonialherren zur Entfachung eines Krieges gegen Persien ausgenutzt, als dessen Ergebnis der Schah Herat räumen mußte. 1863 wurde Herat den Besitzungen des Emirs von Afghanistan angegliedert. 456
323 1853 unternahm die zaristische Regierung unter dem Kommando des Generalgouverneurs von Orenburg, W-A.Perowski, eine militärische Kampagne nach Kasachstan, den Syr-Darja aufwärts. Diese war gegen das Khanat (Fürstentum) Kokan gerichtet, das kasachische Ländereien erobert hatte (in Marx' Artikel wird ungenau auf Chiwa verwiesen), und führte dazu, daß die Russen die Frontlinie Syr-Darja anlegten, die ihrerseits dann als Aufmarschgebiet für die spätere Offensive des zaristischen Rußlands gegen die mittelasiatischen Khanate Kokan, Buchara und Chiwa diente. 456 324 KasinO'Ministerivm - Am 22. März 1848 wurde durch den revolutionären Aufschwung im Lande, der in Massenkundgebungen im Theater „Casino" in Kopenhagen seinen Ausdruck fand, die neue dänische Regierung gebildet. Ihr gehörten außer Konservativen auch Vertreter der bürgerlich-liberalen Partei der „Eiderdänen" oder „Eidermenen" an. Die Eiderdänen traten für eine Gesamtstaatsverfassung für Dänemark und das Herzogtum Schleswig (bis zur Eider) bei Abtrennung des Herzogtums Holstein als eines selbständigen Gebietes ein (siehe Anm. 205). Die bürgerliche Märzregierung Dänemarks bezog eine chauvinistische Haltung gegenüber der nationalen Befreiungsbewegung in den Herzogtümern Schleswig und Holstein und kämpfte gegen die Wiedervereinigung dieser deutschen Gebiete mit Deutschland. 457 325 Die Anti'KomgesetZ'Liga (Anti-Corn-Law League) wurde 1838 von den Fabrikanten Cobden und Bright aus Manchester gegründet. Sie erhob die Forderung nach völliger Handelsfreiheit und kämpfte für die Abschaffung der Korngesetze (siehe Anm. 272) mit dem Ziel, die Löhne der Arbeiter zu senken und die ökonomischen und politischen Positionen der Landaristokratie zu schwächen. In ihrem Kampf gegen die Grundbesitzer versuchte die Liga, die Arbeitermassen auszunutzen. Zu dieser Zeit jedoch betraten die fortgeschrittenen Arbeiter Englands den Weg der selbständigen, politisch ausgeprägten Arbeiterbewegung (Chartismus). Der Kampf zwischen der industriellen Bourgeoisie und der Landaristokratie wegen der Korngesetze endete 1846 mit der Annahme der Bill über ihre Abschaffung. 460 826 Die Schlacht bei Jena fand am 14. Oktober 1806 zwischen der französischen Armee unter Napoleon und den preußischen Truppen statt. Diese Schlacht, die mit der Zerschlagung der preußischen Armee endete, führte zur Kapitulation Preußens. 465 327 Am 25./26. September 1799 brachte das französische Heer unter Massena bei Zürich dem russischen Korps des Generals Rimski-Korsakow eine Niederlage bei. Diese Niederlage brachte die russischen Truppen unter Suworow, die aus Oberitalien heranzogen, um sich mit dem Korps Rimski-Korsakows zu vereinen, in eine äußerst schwierige Lage. Es gelang jedoch den Truppen Suworows, trotz des bedeutenden Ubergewichts der gegnerischen Kräfte, den Franzosen eine Reihe von Schlägen zu versetzen und sich bis zum Oberlauf des Rheins durchzuschlagen. Engels schätzte den Schweizer Feldzug der russischen Truppen in seiner 1859 erschienenen Arbeit „Po und Rhein" hoch ein und nannte den Ubergang Suworows über die Alpen „den großartigsten aller modernen Alpenübergänge". 468 328 Friedrich Engels' Artikel „Die russischen Niederlagen" wurde, wie aus Jenny Marx* Notizbuch ersichtlich ist, zusammen mit Marx' Artikel „Die Arbeiterfrage" (siehe vorl. Band, S. 472ff.) als geschlossene Korrespondenz an die Redaktion der „New-York Daily Tribüne" gesandt. Die Redaktion teilte die Korrespondenz und veröffentlichte am 28. November den von Engels geschriebenen Teil als Leitartikel unter obigem Titel und den von Marx verfaßten Teil als besonderen Artikel in derselben Nummer mit der Unterschrift von Marx.
Die damals Engels zur Verfügung stehende Presse brachte unrichtige Informationen, die zu einigen Ungenauigkeiten in Engels' Artikel führten. So wird z. B. das Kräfteverhältnis der Gegner an der Donau während der erwähnten Kämpfe bei Kalafat und Oltenitza ungenau wiedergegeben; den Oberbefehl über die russischen Truppen bei Oltenitza hatte Dannenberg und nicht Pawlow. Als Engels später über genauere Informationen verfügte, hat er nicht nur das Kräfteverhältnis der kämpfenden Seiten anders als im vorliegenden Artikel eingeschätzt, sondern auch die Qualität der militärischen Führung der türkischen Armee sowie die Ergebnisse der Kämpfe bei Kalafat und Oltenitza (siehe vorl. Band „Der weitere Verlauf des türkischen Krieges", S. 483ff., und „Der Krieg an der Donau", S. 527ff.). 469 329 In der Schlacht bei Novara in Oberitalien am 23. März 1849 wurden die Piemontesen von der österreichischen Armee unter Radetzky geschlagen. Eine Folge dieser Niederlage war die Wiederherstellung der österreichischen Herrschaft in Oberitalien. Der österreichische Feldmarschall verstand es, die durch den Verrat des Piemonteser Generals Ramorino hervorgerufene Zersplitterung der piemontesischen Streitkräfte auszunutzen. 471 330 Der von Marx kritisierte Artikel war im „Economist" vom 5. November 1853 veröffentlicht worden. 472 331 „Preston Pilot" - Wochenzeitung, die von 1825 bis 1888 in Preston herausgegeben wurde. 474 332 Marx zitiert Emest Jones' Rede auf der Arbeiterkundgebung in Preston am 4. November 1853, über die ein ausführlicher Bericht in „The People's Paper" vom 12. November 1853 veröffentlicht wurde. Marx hatte wahrscheinlich die Möglichkeit, sich mit dem Text dieser Rede noch vor Erscheinen der genannten Nummer des „People's Paper" bekanntzumachen, da er sie in dem vorliegenden, am 11. November geschriebenen Artikel benutzt hat. 474 333 Der von Marx kritisierte Artikel war am 12. November 1853 im „Economist" erschienen. 476 334 „Comite de salut public" (Wohlfahrtsausschuß) - in der Französischen Revolution Ausschuß des Konvents; unter Robespierre Zentrum der Jakobinerdiktatur (2. Juni 1793 bis 27. Juli 1794). 481 335 Als 1853 ein Aufschwung der Massenstreikbewegung des englischen Proletariats einsetzte, machte eine Gruppe Chartisten mit Ernest Jones an der Spitze den Vorschlag, eine breite „Massenbewegung" der Arbeiterklasse ins Leben zu rufen, die sowohl die in den TradeUnions organisierten als auch die nichtorganisierten Arbeiter erfassen sollte. Hauptziel dieser „Massenbewegung" sollte die Koordinierung der Streiks in den verschiedenen Gebieten des Landes sein. Die Führung der „Massenbewegung" sollte ein" periodisch einzuberufendes Arbeiterparlament aus Delegierten übernehmen, die, auf Kundgebungen der nichtorganisierten und der in den Trade-Unions organisierten Arbeiter gewählt, sich der „Massenbewegung" angeschlossen hatten. Am 6. März 1854 trat das Arbeiterparlament in Manchester zusammen und tagte bis zum 18. März. Es erörterte und beschloß das Programm der „Massenbewegung" und schuf eine Exekutive aus 5 Mitgliedern. Marx, der als Ehrendelegierter eingeladen war, schickte ein Schreiben an das Arbeiterparlament (siehe Band 10 unserer Ausgabe), in welchem er die Schaffung einer selbständigen politischen Massenpartei der Arbeiterklasse in England als die erstrangige Aufgabe der englischen Arbeiterbewegung formulierte. Marx maß der Einberufung des Arbeiterparlaments große Bedeutung bei und sah darin
den Versuch, die Arbeiterbewegung in England aus dem engen Rahmen des TradeUnionismus herauszuführen und einen Schritt zur Vereinigung des ökonomischen mit dem politischen Kampf der Arbeiterklasse. Der Versuch, die „Massenbewegung" ins Leben zu rufen, scheiterte jedoch, weil die Mehrheit der Führer der Trade-Unions sich dem politischen Kampf der Arbeiterklasse gegenüber ablehnend verhielt und die Idee der Gründung einer einheitlichen Massenorganisation der Arbeiter nicht unterstützte. Das Abflauen der Streikbewegung im Sommer 1854 wirkte sich ebenfalls negativ auf die Teilnahme breiter Massen an der Bewegung aus. Nach dem März 1854 wurde das Arbeiterparlament nicht mehr einberufen. 482 836 Gemeint ist das englische Unterhaus, dessen Sitzungen von 1547 bis zum Brand von 1834 in der St. Stephen's-Kapelle stattfanden. Auch später noch wurde häufig von „St. Stephen's" gesprochen, wenn das Unterhaus gemeint war. 482 337 Das Pamphlet „Der Ritter vom edelmütigen Bewußtsein", von Karl Marx im November 1853 geschrieben und mit Unterstützung von A.Cluß und J. Weydemever im Januar 1854 in New York als Broschüre herausgegeben, war die Antwort auf A.Willichs verleumderischen Artikel „Doktor Karl Marx und seine Enthüllungen", der in den Nummern 33 und 34 des „Belletristischen Journal und New-Yorker Criminal-Zeitung" vom 28. Oktober und 4.November 1853 veröffentlicht worden war. Marx' Pamphlet war die Widerspiegelung des Kampfes, den die proletarischen Revolutionäre gegen die zur Arbeiterbewegung gestoßenen unbeständigen kleinbürgerlichen Elemente führten. Marx widerlegt in seinem Pamphlet die Hirngespinste Willichs, der versucht, die Richtigkeit der Kritik in Zweifel zu ziehen, die Marx in den „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" an der sektiererischen Tätigkeit der Fraktion Willich-Schapper geübt hatte. Auf die wahren Ursachen, die zur Spaltung des Bundes der Kommunisten führten, eingehend, entlarvt Marx die sektiererische Abenteurertaktik dieser Fraktion. Einzelne Stellen seines Pamphlets hat Marx der gemeinsam mit Engels im Mai-Juni 1852 geschriebenen Arbeit „Die großen Männer des Exils" entnommen. Diese Schrift ist zu Lebzeiten von Marx und Engels nicht veröffentlicht worden (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 233ff.). 489 338 C.v. Decker, „Der kleine Krieg im Geist der neueren Kriegführung. Oder Abhandlung über die Verwendung und den Gebrauch aller drei Waffen im kleinen Kriege." Berlin, Posen und Bromberg 1844. 493 339 Siehe Hegel's Werke, 2. Bd., Berlin 1832, S. 368-397. „Phänomenologie des Geistes". Abschnitt „Die Bildung und ihr Reich der Wirklichkeit". 493 340 Marx hat seine „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 405 ff.) Ende Oktober bis Anfang Dezember 1852 geschrieben. In seinem Pamphlet prangert Marx die niederträchtigen Methoden des preußischen Polizeistaates an, mit denen dieser die Funktionäre der kommunistischen Bewegung verfolgte. Das Pamphlet wurde im Januar 1853 als Broschüre in Basel gedruckt. In den USA wurden die „Enthüllungen" zunächst teilweise in der Bostoner „Neu-England-Zeitung" (siehe Anm. 341) und Ende April 1853 im Verlag dieser Zeitung als Broschüre veröffentlicht. In seinem „Ritter vom edelmütigen Bewußtsein" zitiert Marx die „Enthüllungen" nach der in Boston herausgegebenen Broschüre. 493 841 „Neu-England-Zeitung" - demokratische Zeitung, die ab 1852 in Boston (USA) von deutschen Emigranten in deutscher Sprache herausgegeben wurde; einer ibrejr Mitarbeiter war J.Weydemeyer. 493
342 In der New-Yorker Ausgabe von 1854 wurde zu dieser Stelle folgende Fußnote vom Herausgeber gemacht: „Herr Blum befindet sich in Philadelphia statt in Australien und figurierte bei Gründung des .Amerikanischen Arbeiterbundes' als Willichscher Agent im Vorstande desselben." 494 343 Schwarzes Kabinett (Cabinet noir) - unter Ludwig XIV. in Frankreich geschaffene Geheimbehörde bei der Post, die der Regierung Einblick in die Privatkorrespondenz der Bürger verschaffte. Bestand auch inPreußen,Osterreich und anderen europäischen Staaten. 495 344 Gemeint ist der Bund der Kommunisten - die erste internationale kommunistische Organisation des Proletariats. Marx und Engels haben vor der Gründung des Bundes der Kommunisten eine große Arbeit geleistet, die auf den ideologischen und organisatorischen Zusammenschluß der Sozialisten und der fortgeschrittenen Arbeiter verschiedener Länder gerichtet war. Zu diesem Zweck schufen sie Anfang 1846 in Brüssel ein kommunistisches Korrespondenz-Komitee. Marx und Engels verteidigten die Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus in beharrlichem Kampf gegen den gleichmacherischen Kommunismus Weitlings, gegen den „wahren" Sozialismus und gegen die kleinbürgerlichen Utopien Proudhons, die insbesondere auf die Mitglieder des Bundes der Gerechten Einfluß gewonnen hatten. Der Bund der Gerechten, eine Verschwörerorganisation von Arbeitern und Handwerkern, hatte Gemeinden in Deutschland, Frankreich, England und in der Schweiz. Nachdem sich die Londoner Leitung des Bundes der Gerechten von der Richtigkeit der Anschauungen von Marx und Engels überzeugt hatte, schlug sie ihnen Ende Januar 1847 vor, dem Bunde beizutreten, an seiner Reorganisation mitzuwirken und das Programm des Bundes auszuarbeiten, das auf den von ihnen verkündeten Prinzipien beruhen sollte. Marx und Engels gaben dazu ihr Einverständnis. Anfang Juni 1847 fand in London ein Kongreß des Bundes der Gerechten statt, der nach der Umbenennung des Bundes als erster Kongreß des Bundes der Kommunisten in die Geschichte einging. An dem Kongreß nahmen Engels und Wilhelm Wolff teil. Die alte verschwommene Losung - „Alle Menschen sind Brüder" - wurde durch die internationale Kampflosung der proletarischen Partei - „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" - ersetzt. Der Kongreß arbeitete die „Statuten des Bundes der Kommunisten" aus, an deren Abfassung Marx und Engels aktiv beteiligt waren. In den neuen Statuten wurden die Endziele der kommunistischen Bewegung genau formuliert und diejenigen Punkte beseitigt, die dem Bund der Gerechten einen verschwörerischen Charakter gegeben hätten; der neue Bund wurde auf der Grundlage demokratischer Prinzipien aufgebaut. Endgültig wurden die Statuten im Dezember 1847 auf dem zweiten Kongreß des Bundes der Kommunisten bestätigt (siehe Band 4 unserer Ausgabe, S. 596-601). Marx und Engels nahmen an der Arbeit des zweiten Kongresses teil, der vom 29. November bis 8. Dezember 1847 in London stattfand. In den Diskussionen verteidigten sie die Prinzipien des wissenschaftlichen Kommunismus, die der Kongreß einstimmig billigte. Im Auftrage des Kongresses schrieben Marx und Engels dann das Parteiprogramm, das „Manifest der Kommunistischen Partei", das im Februar 1848 in London veröffentlicht wurde (siehe Band 4 unserer Ausgabe, S. 459-493). Sofort nach Ausbruch der Februarrevolution wurde die Leitung des Bundes von der Zentralbehörde in London an die von Marx geleitete Brüsseler Kreisbehörde übertragen. Am 3. März wurde Marx aus Brüssel ausgewiesen und übersiedelte nach Paris. Gleichzeitig wurde Paris Sitz der neuen Zentralbehörde, in die auch Engels gewählt wurde. In der zweiten Märzhälfte und Anfang April 1848 organisierte die Zentralbehörde die Rückkehr
mehrerer hundert deutscher Arbeiter, meist Mitglieder des Bundes der Kommunisten, zur Teilnahme an der beginnenden deutschen Revolution. Das politische Programm des Bundes der Kommunisten in der Revolution von 1848 entsprach den von Marx und Engels Ende März verfaßten „Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland" (siehe Band 5 unserer Ausgabe, S. 3-5). Bei ihrer Ankunft in Deutschland Anfang April 1848 gewannen Marx, Engels und ihre Anhänger die Überzeugung, daß die zwei-, dreihundert Mitglieder des Bundes der Kommunisten, die über das ganze Land verstreut waren, infolge ihrer Isoliertheit, der Rückständigkeit Deutschlands und des ungenügenden politischen Bewußtseins der deutschen Arbeiter nicht imstande waren, einen merklichen Einfluß auf die breiten Volksmassen auszuüben. Im Zusammenhang damit hielten es Marx und Engels für notwendig, auf dem äußersten linken, dem faktisch proletarischen Flügel der demokratischen Bewegung aufzutreten. Sie traten der Demokratischen Gesellschaft in Köln bei und empfahlen ihren Anhängern, sich demokratischen Organisationen anzuschließen, um in ihnen die Positionen des revolutionären Proletariats zu verteidigen, die Inkonsequenz und die Schwankungen der kleinbürgerlichen Demokraten zu kritisieren und sie zu entschiedenen Handlungen voranzutreiben. Gleichzeitig lenkten Marx und Engels die Aufmerksamkeit ihrer Anhänger auf die Organisierung von Arbeitervereinen, auf die Notwendigkeit der politischen Erziehung des Proletariats und der Schaffung von Voraussetzungen zur Bildung einer proletarischen Massenpartei. Das lenkende und leitende Organ für die Mitglieder des Bundes der Kommunisten war die von Marx redigierte „Neue Rheinische Zeitung" (siehe Anm. 100). Ende 1848 machte die Londoner Zentralbehörde des Bundes den Versuch, die abgerissenen Verbindungen wiederherzustellen und sandte Joseph Moll zum Zwecke der Reorganisation des Bundes als Emissär nach Deutschland. Von der Londoner Zentralbehörde waren Änderungen in den Statuten von 1847 vorgenommen worden, die die prinzipielle Bedeutung dieses Dokuments herabminderten. So wurde an Stelle des Sturzes der Bourgeoisie, der Errichtung der Herrschaft des Proletariats und des Aufbaus der klassenlosen Gesellschaft die Gründung einer sozialen Republik als Ziel des Bundes verkündet. Molls Mission in Deutschland im Winter 1848/49 hatte keinen Erfolg. Im April 1849 traten Marx, Engels und ihre Anhänger aus der Demokratischen Gesellschaft aus. Die politische Erfahrung, die die Arbeitermassen erworben hatten, die Enttäuschung, die die kleinbürgerliche Demokratie ihnen bereitet hatte - das alles gestattete es jetzt, die Frage der Gründung einer selbständigen proletarischen Partei aufzuwerfen. Es gelang Marx und Engels jedoch nicht, diesen Plan zu verwirklichen, denn bald begann der Aufstand in Südwestdeutschland, dessen Niederlage das Ende der deutschen Revolution bedeutete. Im Verlaufe der Revolution zeigte es sich, daß die im „Manifest der Kommunistischen Partei "dargelegten Anschauungen des Bundes der Kommunisten die einzig richtigen waren und daß der Bund eine vortreffliche Schule der revolutionären Tätigkeit gewesen war: Seine Mitglieder hatten überall aktiv an der Bewegung teilgenommen; in der Presse, auf den Barrikaden und auf dem Schlachtfeld hatten sie die Positionen der revolutionärsten Klasse - des Proletariats - verteidigt. Die Niederlage der Revolution fügte dem Bund der Kommunisten einen schweren Schlag zu. Viele Mitglieder des Bundes befanden sich in Haft oder in der Emigration, die Adressen waren verlorengegangen, die Verbindungen abgerissen; die Gemeinden hatten überall aufgehört zu arbeiten. Auch außerhalb der Grenzen Deutschlands hatte der Bund bedeutende Verluste erlitten.
Im Herbst 1849 versammelte sich die Mehrzahl der führenden Funktionäre des Bundes in London. Die Anstrengungen der neuen, von Marx und Engels geleiteten und reorganisierten Zentralbehörde führten zur Wiederherstellung der früheren Organisation und zur Belebung der Tätigkeit des Bundes der Kommunisten im Frühjahr 1850. Die im März 1850 von Marx und Engels verfaßte „Ansprache der Zentralbehörde an den Bund" (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 244 ff.) zog die Bilanz aus der Revolution 1848/49 und stellte die Aufgabe, eine selbständige, von der kleinbürgerlichen Demokratie unabhängige Partei des Proletariats zu schaffen. In der „Ansprache" wurde zum erstenmal die Idee der Revolution in Permanenz formuliert. Ab März 1850 wurde ein neues Organ für.die kommunistische Propaganda, die „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue" (siehe Band 7 unserer Ausgabe), herausgegeben. Im Sommer 1850 spitzten sich in der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten die prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten über Fragen der Taktik zu. Die Mehrheit der Zentralbehörde wandte sich, unter Führung von Marx und Engels, entschieden gegen die von der Fraktion Willich-Schapper vorgeschlagene sektiererische, abenteuerliche Taktik, die Revolution sofort zu entfachen, ohne den objektiven Gesetzmäßigkeiten und der realen politischen Lage in Europa Rechnung zu tragen. Im Gegensatz dazu betonten Marx und Engels, daß die Propaganda des wissenschaftlichen Kommunismus und die Vorbereitung von proletarischen revolutionären Kadern für die künftigen revolutionären Kämpfe die Hauptaufgabe des Bundes der Kommunisten unter den Bedingungen der wieder aufkommenden Reaktion sei. Die Tätigkeit der Fraktion Willich-Schapper führte Mitte September 1850 zum Bruch. Auf der Sitzung vom 15. September 1850 (siehe Band 8 unserer Ausgabe, S. 565 ff.) wurden auf Vorschlag von Marx die Vollmachten der Zentralbehörde an die Kölner Kreisbehörde übertragen. Die Gemeinden des Bundes der Kommunisten in Deutschland billigten überall den Beschluß der Mehrheit der Londoner Zentralbehörde. Auf der Grundlage von Hinweisen von Marx und Engels verfaßte die neue Zentralbehörde in Köln im Dezember 1850 ein neues Bundesstatut (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 565—567). Die polizeilichen Verfolgungen und Verhaftungen von Mitgliedern des Bundes führten im Mai 1851 faktisch zur Einstellung der Tätigkeit des Bundes der Kommunisten in Deutschland. Am 17. November 1852, bald nach Beendigung des Kölner Kommunistenprozesses, gab auf Vorschlag von Marx der Bund seine Auflösung bekannt. Der Bund der Kommunisten hat als Schule proletarischer Revolutionäre, als Keim der proletarischen Partei, als Vorläufer der Internationalen Arbeiterassoziation (später I. Internationale) eine große historische Rolle gespielt. 495 845 Ähriman - altpersische Gottheit, Verkörperung des Bösen - im Gegensatz zu Ormuzd der Verkörperung des Guten, Edlen. 496 846 B.Bauer, „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker". Bd.1-2, Leipzig 1841; Bd. 3, Leipzig 1846. Synoptiker heißen in der Literatur zur Religionsgeschichte die Verfasser der drei ersten Evangelien. Marx meint die im Buch Bauers enthaltene Kritik an den groben Widersprüchen zwischen den Versionen der Evangelien und den wirklichen historischen Ereignissen. 497 347 Den Text des Protokolls der Sitzung der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten vom 15. September 1850, in der die Spaltung des Bundes vollzogen wurde, siehe in Band 8 unserer Ausgabe, S. 565 ff. Den Text der Erklärung von Marx und Engels sowie ihrer Anhänger vom 17. September 1850 über ihren Austritt aus dem Londoner Deutschen Bil
dungsverein für Arbeiter, der sich in der Great Windmill Street befand, siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 414. Der Deutsche Bildungsverein für Arbeiter in London wurde im Februar 1840 von K. Schapper, J. Moll und anderen Funktionären des Bundes der Gerechten gegründet. Nach der Gründung des Bundes der Kommunisten hatten die führende Rolle im Verein die örtlichen Gemeinden des Bundes. Marx und Engels waren in den Jahren 1847 und 1849/1850 aktiv im Verein tätig. Am 17. September 1850 traten Marx und Engels sowie mehrere ihrer Anhänger aus, weil sich dieser im Verlauf des Kampfes zwischen der von Marx und Engels geführten Mehrheit der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten und der sektiererischen, eine Abenteurerpolitik betreibenden Minderheit (der Fraktion Willich-Schapper) auf die Seite der Minderheit gestellt hatte. Ende der fünfziger Jahre nahmen Marx und Engels erneut an der Tätigkeit des Bildungsvereins teil. Der Verein bestand bis zum Verbot durch die englische Regierung im Jahre 1918. Im 20. Jahrhundert wurde der Verein von vielen russischen politischen Emigranten aufgesucht. 497 348 Froschmäuslerkrieg (Batrachomyomachia) - altgriechisches komisches Epos eines unbekannten Verfassers, eine Travestie auf Homers Heldengedicht „Ilias". In Anlehnung daran schrieb Georg Rollenhagen (1542-1609) das Versepos „Der Froschmäuseier oder Geschichte des Frosch- und Mäusekriegs", in dem er die religiösen und dynastischen Kämpfe seiner Zeit zwischen Fröschen und Mäusen austragen läßt. 497 349 Marx meint die Versuche Kinkels und anderer Führer des „Emigrationsklubs", eine sogenannte deutsch-amerikanische Revolutionsanleihe zu organisieren. Für die Verbreitung derselben unter den Amerikanern deutscher Herkunft fuhr Kinkel im September 1851 in die USA. Mit Hilfe dieser Anleihe wollte man sofort die Revolution künstlich herbeiführen in Deutschland. Der mit dem „Emigrationsklub" wetteifernde Agitationsverein Ruges schickte ebenfalls seinen Vertreter in die USA, der für einen Revolutionsfonds sammeln sollte. Der Versuch, die „Revolutionsanleihe" zu verbreiten, mißlang. In mehreren ihrer Schriften haben Marx und Engels diesen abenteuerlichen Einfall Kinkels sarkastisch verspottet und für einen schädlichen und fruchtlosen Versuch gehalten, in einer Situation des Abflauens der revolutionären Bewegung die Revolution künstlich herbeiführen zu wollen. 498 350 Heiliger Gral - nach einer mittelalterlichen Legende eine wertvolle Schale, die Zauberkraft besitzt. 498 351 Marx vergleicht hier Arnold Rüge ironisch mit Arnold Winkelried - einem halblegendären Schweizer Volkshelden, Teilnehmer am Befreiungskrieg gegen das österreichische Joch. Nach der Überlieferung soll Winkelried während der Schlacht der Schweizer gegen die Truppen des österreichischen Herzogs Leopold III. am 9. Juli 1386 bei Sempach (Kanton Luzern) um den Preis der Selbstaufopferung den Ausgang der Schlacht zugunsten der Schweizer entschieden haben. 498 352 Marx vergleicht Johannes Ronge, der den Katholizismus den Belangen der deutschen Bourgeoisie anpassen wollte, mit Melanchthon, einem engen Freund und Anhänger Luthers, der den Protestantismus den Interessen der Fürsten anpassen wollte. 498 353 Demagogengeschichten - Engels spielt auf die Verfolgung der oppositionellen Bewegung unter der deutschen Intelligenz an, die nach den Kriegen gegen das napoleonische Frankreich einsetzte. Viele Mitglieder der deutschen Burschenschaften, die noch während des Kampfes gegen Napoleon entstanden waren, traten nach dem Wiener Kongreß gegen die
reaktionäre Ordnung in den deutschen Staaten auf, organisierten politische Kundgebungen, auf denen die Forderung nach der Vereinigung Deutschlands gestellt wurde. Die Tötung des Anhängers der Heiligen Allianz und zaristischen Spions Kotzebue durch den Studenten Sand (1819) diente als Vorwand für die Repressalien gegen die „Demagogen", wie die Teilnehmer dieser oppositionellen Bewegung in den Beschlüssen der Karlsbader Konferenz der Minister der deutschen Staaten im August 1819 genannt wurden. 499 354 Engels' Arbeit „Die deutsche Reichsverfassungskampagne", die der Geschichte des Aufstandes von 1849 in Rheinpreußen, in der Pfalz und in Baden gewidmet ist, wurde 1850 in einzelnen Abschnitten in den Heften 1 bis 3 der Zeitschrift „Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue" veröffentlicht. Engels meint den vierten Abschnitt dieser Arbeit, betitelt „Für Republik zu sterben!" (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 162-197). 500 355 Engels meint die Truppe, die Willich aus deutschen Emigranten - Arbeitern und Handwerkern - in Besanfon (Frankreich) im November 1848 zusammengestellt hatte. Die Angehörigen dieser Truppe wurden von der französischen Regierung materiell unterstützt; Anfang 1849 hörte jedoch diese Unterstützung auf. Später schloß sich die Truppe dem Freikorps an, das unter Willichs Kommando an den Kampfhandlungen der badischpfälzischen Aufstandsarmee im Mai-Juni 1849 teilnahm. 501 356 Hinweis auf die heldenhafte Verteidigung des Thermopylenpasses durch 300 Spartaner unter Führung des Königs Leonidas gegen die ganze Armee der Perser im Jahre 480 v.u.Z., während des Griechisch-Persischen Krieges. In der Schlacht bei den Thermopylen kamen Leonidas und seine ganze Abteilung um. 501 357 Im September 1849 wurde Marx in das Komitee zur Unterstützung deutscher Emigranten in London gewählt, das vom Deutschen Bildungsverein für Arbeiter geschaffen worden war. Um die Versuche der kleinbürgerlichen demokratischen Emigranten zu durchkreuzen, die bemüht waren, die proletarischen Elemente der deutschen Emigranten in London unter ihren Einfluß zu bekommen, wurde das Komitee auf Vorschlag von Marx und anderer Führer des Bundes der Kommunisten in das Sozial-Demokratische Flüchtlingskomitee umgewandelt, zu dessen Führung Marx und Engels gehörten. Mitte September 1850 erklärten Marx und Engels ihren Austritt aus dem Flüchtlingskomitee, weil seine Mehrheit unter den Einfluß der Fraktion Willich-Schapper geraten war. 501 358 Die erwähnte Sitzung der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten fand in den letzten Tagen des August 1850 statt. 502 359 „Samiel" oder richtiger „Samael" spielte in der mittelalterlichen kabbalistischen Literatur eine große Rolle als Fürst der Dämonen oder als Prinzip des Bösen. 504 360 In der Nr.34 „Belletristisches Journal und New-Yorker Criminal-Zeitung" vom 4. Nov. 1853 wird zu dieser Stelle eine Berichtigung gebracht, die wie folgt lautet: „Von einem Franzosen war sie nicht, der hätte nicht an die Einleitung mit den Deutschen gedacht. Von einem Unbeteiligten ebenfalls nicht, dafür war sie zu ä propos." 505 361 „Le Pricurseuru - bürgerliche Tageszeitung, die seit 1836 in Antwerpen herausgegeben wurde. 505 362 Gemeint ist die von Marx und Engels im März 1850 verfaßte „Ansprache der Zentralbehörde an den Bund der Kommunisten" (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 244ff.) 507
S63 Marx meint die sektiererische, eine Abenteurerpolitik betreibende Fraktion WillichSchapper, die sich nach dem 15. September 1850 vom Bund der Kommunisten abgespalten und als selbständige Organisation formiert hatte. Wegen der Analogie mit der separaten Vereinigung reaktionärer katholischer Kantone der Schweiz in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts nannten Marx und Engels diese Organisation ironisch Sonderbund. 509 364 „The Red Republican" - chartistische Wochenschrift, die Julian Harney von Juli bis November 1850 herausgab. „The Red Republican" veröffentlichte die erste englische Übersetzung des „Manifests der Kommunistischen Partei". 510 365 „Notes to the People" - chartistische Wochenschrift, erschien von 1851 bis 1852 in London unter der Redaktion von Ernest Jones. Marx und Engels waren enge Mitarbeiter der Zeitung, in der sie auch von Juni 1851 bis April 1852 eine Reihe von Artikeln veröffentlichten. 510 366 Gemeint sind die Artikel von Marx und Engels über den heldenhaften Aufstand der Pariser Arbeiter im Juni 1848 und ihre Artikel gegen die feige Politik der Frankfurter Nationalversammlung, gegen die versöhnlerische Haltung der preußischen Nationalversammlung und gegen die Führer der Märzvereine. (Siehe Band 5 und 6 unserer Ausgabe.) Die Märzvereine, an ihrer Spitze der Zentral-Märzverein in Frankfurt am Main, wurden Ende November 1848 von Abgeordneten des linken Flügels der Frankfurter Nationalversammlung gegründet. Als ihr Ziel proklamierten die Vereine die Verteidigung der Errungenschaften der Märzrevolution 1848 in Deutschland. Sie wurden von kleinbürgerlichen Demokraten wie Fröbel, Simon, Rüge, Vogt u. a. geleitet. Schon im Dezember 1848 begannen Marx und Engels in der „Neuen Rheinischen Zeitung" die unentschlossene und zwiespältige Politik der Führer der Vereine der kleinbürgerlichen Demokratie zu geißeln und zeigten auf, daß diese Politik nur der Konterrevolution Vorteile brachte. 510 367 Marx meint hier den Konflikt zwischen Preußen und Österreich, der im Herbst 1850 in Verbindung mit dem Kampf dieser beiden Staaten um die Hegemonie in Deutschland entstanden war. Anlaß zu diesem Konflikt waren die revolutionären Erhebungen in Hessen. Osterreich und Preußen stritten sich darum, wer von ihnen das Recht habe, sich in die inneren Angelegenheiten Hessens einzumischen, um die Unruhen zu unterdrücken. Als schließlich in Hessen österreichische Truppen einrückten, erklärte die preußische Regierung die Mobilmachung und sandte ihrerseits Truppen nach Hessen. Unter dem Druck des Zaren Nikolaus I. gab Preußen nach, ohne ernsten Widerstand zu leisten. 512 368 Toast Blanquis - Es handelt sich hier um den Trinkspruch, den Auguste Blanqui von der Gefängnisinsel Belle-Ile an das „Bankett der Gleichen" richtete - eine internationale Feier, die in London am 24. Februar 1851 anläßlich des Jahrestages der Februarrevolution von 1848 stattfand. Das Bankett war von einem Teil der französischen kleinbürgerlichen Emigration unter der Führung von Louis Blanc und den Führern des blanquistischen Flüchtlingsvereins - Barthelemy, Adam u.a. - gemeinsam mit der Fraktion WillichSchapper organisiert worden. Um informiert zu sein, hatten Marx und Engels ihre Anhänger K. Schramm und W.Pieper zum Bankett geschickt, die jedoch von den Anhängern Willichs undSchappers aus dem Saal gejagt und mißhandelt wurden. Der Text desBlanquischen Trinkspruchs, den die Organisatoren des Banketts den Banketteilnehmern vorsätzlich verheimlicht hatten, wurde in mehreren französischen Zeitungen veröffentlicht. Marx und Engels übersetzten diesen Trinkspruch ins Deutsche und Englische und ver
sahen ihn mit einer Vorbemerkung (siehe Band 7 unserer Ausgabe, S. 568-570). Die deutsche Übersetzung wurde in großer Auflage gedruckt und in Deutschland und England verbreitet. 515 369 Shakespeare, „König Lear", 2. Aufzug, zweite Szene. 518 370 Marx spielt hier auf folgende Ereignisse an: Erschreckt durch die Barrikadenkämpfe während der Märzrevolution 1848 in Preußen, versprach Friedrich Wilhelm IV. am 21. März 1848 in einem Aufruf an das deutsche Volk heuchlerisch, daß er eine ständische Vertretungskörperschaft schaffen, eine Verfassung geben, Geschworenengerichte u.a. einführen werde. 519 371 In der Periode, die der Revolution 1848/49 vorausging, unternahmen die Vertreter der religiösen oppositionellen Strömungen in Deutschland - des sogenannten Deutschkatholizismus und der protestantischen Freien Gemeinden - Versuche, eine gesamtdeutsche Nationalkirche zu schaffen. Der Deutschkatholizismus, der 1844 in verschiedenen deutschen Staaten entstand, war gegen die extremen Erscheinungen des Mystizismus und der Frömmelei in der katholischen Kirche gerichtet. Die Deutschkatholiken, die die Vorherrschaft des Papstes in Rom und viele Dogmen und Gebräuche dieser Kirche ablehnten, waren bestrebt, den Katholizismus den Bedürfnissen der deutschen Bourgeoisie anzupassen. Die Freien Gemeinden lösten sich 1846 von der offiziellen protestantischen Kirche unter dem Einfluß der sogenannten Lichtfreunde, einer religiösen Strömung, die sich gegen den in dieser Kirche herrschenden Pietismus und dem ihm eigenen Mystizismus und die Frömmelei richtete. Beide religiösen Oppositionen spiegelten die Unzufriedenheit der Bourgeoisie der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts mit der reaktionären Ordnung in den verschiedenen deutschen Staaten wider sowie ihre Bestrebungen nach der politischen Vereinigung des Landes. 1859 fand die Verschmelzung der Freien Gemeinden mit den Gemeinden der Deutschkatholiken statt. 520 • 372 Die von Marx zitierte Resolution des Chartistenmeetings in Manchester am 20.November 1853 und der Text der Rede Jones' auf dieser Kundgebung wurden in „The People's Paper" vom 26. November 1853 veröffentlicht. 526 373 Hinweis auf eine Reihe wichtiger Arbeiten zur Geschichte der Industrie, des Handels und der Finanzen, deren Verfasser der englische bürgerliche Ökonom T.Tooke ist, und die in seinem Werk „Geschichte der Preise" zusammengefaßt sind: „A History of Prices, and of the State of the Circulation, from 1793 to 1837." Vol.I-II, London, 1838; „A History of Prices, and of the State of the Circulation, in 1838 and 1839", London 1840; und „A History of Prices, and of the State of the Circulation, from 1839 to 1847 inclusive", London 1848. 535 374 Prosperity-Robinson - Spottname für J.F.Robinson, Viscount Goderich, der 1825 als Schatzkanzler (Finanzminister) Englands, unmittelbar vor Ausbruch der Krise, eine langdauernde Prosperität der englischen Wirtschaft voraussagte. 536 375 Pythia - Name der Priesterin im alten Griechenland, die zu Delphi die Orakel erteilte. 539 376 „The Guardian" - Wochenblatt; Organ der anglikanischen Kirche; wurde 1846 in London gegründet. 541 377 „Ost-Deutsche Post" - österreichische Tageszeitung gemäßigt-liberaler Richtung, erschien von 1848 bis 1866 in Wien. 543
378 Habeas-Corpus-Akte - englisches Grundgesetz vom Jahre 1679, nach dem jeder Gefangene binnen 24 Stunden nach der Verhaftung verhört werden muß. 545 379 James Graham beauftragte 1844 als Staatssekretär für Inneres die englischen Postbehörden mit der Öffnung der Briefschaften italienischer revolutionärer Emigranten und informierte die neapolitanische und die österreichische Regierung von dem Unternehmen Bandiera. 1846 mußte Graham zurücktreten, weil er durch dieses schändliche Verhalten den Unwillen der Öffentlichkeit erregt hatte. Mit dem Fall Bandiera meint Marx die Landung einer kleinen Abteilung italienischer Patrioten im Juni 1844 an der Küste Kalabriens unter der Führung der Brüder Bandiera, die einer geheimen Verschwörerorganisatiön angehörten. Die Brüder Bandiera wollten in Italien einen Aufstand gegen die neapolitanischen Bourbonen und die österreichische Herrschaft entfachen. Sie wurden von einem Mitglied der Abteilung verraten, bei der Landung ergriffen und mit sieben ihrer Gefährten nach einem in größter Heimlichkeit geführten Prozeß im Juli 1844 in Cosenza erschossen. 545 380 Die Schlacht bei Sinope fand am 30. November 1853 statt. Als das russische Schwarzmeergeschwader unter Vizeadmiral Nachimow festgestellt hatte, daß das türkische Kommando eine Flottille zur Landung von Truppen und zur Befestigung der Küste des Kaukasus ausrüstete und diese Flottille in der Bucht von Sinope entdeckte, griff das Schwarzmeergeschwader Nachimows an und vernichtete die türkische Flottille. An der Schlacht nahmen sechs russische Linienschiffe und zwei Fregatten teil; die türkischen Kräfte, die vom Feuer der Küstenbatterien unterstützt wurden, behefen sich auf sechzehn Schiffe, darunter zwei Dampfschiffe. In der Artilleriebestückung übertraf jedoch das russische Geschwader die türkische Flottille. Im Verlauf der Schlacht wurden der türkischen Flotte schwere Verluste zugefügt: 15 Schiffe wurden versenkt und der Befehlshaber der Flottille, Admiral Osman Pascha, gefangengenommen. Der Sieg bei Sinope, der die militärische Lage Rußlands im Schwarzen Meer bedeutend festigte, beschleunigte gleichzeitig den Eintritt Englands und Frankreichs in den Krieg gegen Rußland. 548 381 Im Manifest des Zaren Nikolaus I. vom 26. (14.) Juni 1853, das im Zusammenhang mit dem Beschluß der zaristischen Regierung über das Einrücken russischer Truppen in die Donaufürstentümer erlassen wurde, und in einer Reihe anderer diplomatischer Dokumente erklärte das zaristische Rußland: Ziel der Besetzung der Donaufürstentümer sei die Schaffung „materieller Garantien", um den Schutz der Rechte und Privilegien der griechisch-orthodoxen Kirche in der Türkei sowie die Erfüllung der Verpflichtungen des Sultans gegenüber Rußland zu gewährleisten. 549 382 Saint Johns Wood und Chelsea sind dichtbevölkerte Bezirke Londons. Das Schloß Cläremont (in der Umgebung Londons) wurde dem im Februar 1848 nach England emigrierten Louis-Philippe von Orleans und seiner Familie zur Verfügung gestellt. 550 383 „Burggrafen" der Gesetzgehenden Versammlung - Spottname für die 17 Anführer der Orleanisten und Legitimisten, die 1849 dem Ausschuß der Gesetzgebenden Versammlung zur Abfassung eines neuen Wahlgesetzentwurfes angehörten; so genannt wegen ihrer ungerechtfertigten Machtansprüche und ihrer reaktionären Bestrebungen. Dieser Spottname ist dem gleichnamigen Drama entlehnt, das Victor Hugo über das Leben des mittelalterlichen Deutschlands geschrieben hat. Ursprünglich wurden in Deutschland die vom Kaiser ernannten Regenten der Städte und Kreise Burggrafen genannt. 551 384 Ironische Anspielung auf die mißglückte Verschwörung des Generals Malet gegen Napoleon I. im Oktober 1812. Die Initiatoren der Verschwörung, an der sowohl royalistische
Elemente als auch Republikaner teilnahmen, hatten mit der Niederlage der napoleonischen Armeen in Rußland gerechnet und versuchten, die von ihnen verbreitete falsche Nachricht, Napoleon sei im Rußland-Feldzug umgekommen, für ihre Zwecke auszunutzen. 552 385 Palmerston erklärte seinen Rücktritt aus dem Koalitionsministerium Aberdeen am 16. Dezember 1853. Sein Rücktrittsgesuch wurde jedoch nicht angenommen, und er kehrte bald auf seinen Posten des Innenministers zurück. 555 38S Marx verweist hier auf den dritten Artikel seines Pamphlets „Lord Palmerston", den der Verleger Tucker aus der „New-York Daily Tribüne" vom 4. November 1853 nachdrucken und unter dem Titel „Palmerston und Rußland" als Broschüre in London herausgeben ließ. 558 387 Für diesen Artikel wurden von Engels vorwiegend Informationen der englischen Presse verwandt, die jedoch den Verlauf der Kriegshandlungen im Krimkrieg nicht objektiv wiedergaben und die russischen offiziellen Berichte tendenziös auslegten. Das ist auch die Ursache für einige Ungenauigkeiten bei der Beschreibung der Schlacht von Sinope vom 30. November 1853, bei der Einschätzung des Kräfteverhältnisses auf beiden Seiten, der kämpferischen Fähigkeiten und der Kampfhandlungen der russischen Schwarzmeerflotte. So entnahm Engels z.B.der englischen Presse die unrichtige Version von der taktischen Schwäche der russischen Schwarzmeerflotte und der fast ausschließlichen Zusammensetzung ihres Mannschaftsbestandes aus „Landratten" und Personen nichtrussischer Nationalität. Eine gewisse Rolle bei der Unterschätzung der Bedeutung der Schlacht bei Sinope spielte auch der publizistische Charakter des Engelsschen Artikels, der gleich nach den Ereignissen geschrieben wurde, sowie seine politische Tendenz gegen den Zarismus, der damals das Hauptbollwerk der Reaktion in Europa war. 559 388 Die Schlacht bei Achalzych, die Engels in seinem Artikel beschreibt, fand am 26. November 1853 statt. 559
Literaturverzeichnis
einschließlich der von Marx und Engels erwähnten Schriften
Bei den von Marx und Engels zitierten Schriften werden, soweit sie sich feststellen ließen, die vermutlich von ihnen benutzten Ausgaben angegeben. In einigen Fällen, besonders bei allgemeinen Quellen- und Literaturhinweisen, werden neuere Ausgaben der Schriften angeführt. Gesetze und Dokumente werden nur dann, nachgewiesen, wenn aus ihnen zitiert wurde. Einige Quellen konnten nicht ermittelt werden.
I. Werke und Aufsätze genannter und anonymer Autoren „Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste", hrsg. von Johann Samuel Ersch und Johann Gottfried Gruber, Leipzig 1818-1890 (siehe auch Anm. 73). 58 Ariosto,LodoVico „L'Orlando furioso"[Der rasende Roland], Bd. 1-2, Venedig 1811. 355 400
„Batrachomyomachia" [Froschmäusekrieg] (siehe „Der Froschmäusekrieg". Ein komisches Heldengedicht. Im Versmaß der Urschrift aus dem Griechischen übersetzt und mit Einleitungen versehen von Paul Mitzschke. 2. Ausgabe, in der Bibliothek der GesamtLiteratur des In- und Auslandes", Nr. 622, Halle 1892.) (Siehe Anm. 348.) 497 Bauer, Bruno „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker", 2. Aufl. Bd.3, Leipzig 1846. 497 Beaumont-Vassy, [Edouard de la Borminiere, de] „Histoire des Etats Europeens depuis le Congres de Vienne". Empire Russe [Geschichte der europäischen Staaten seit dem Wiener Kongreß. Das Russische Imperium], Paris 1853 (siehe auch Anm. 117). 119 Beranger, P[ierre] J[ean\ de „Les Mirmidons, ou les funerailles d'Achille". In: „CEuvres completes" [Die Myrmidonen oder das Begräbnis des Achilles. In: Sämtliche Werke], T. 1, Paris 1851 (siehe auch Anm. 10). 6 „Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des alten und neuen Testaments", nach der deutschen Übers. Martin Luthers. 2.Timotheus 4,1. - Ev. Matthäi 25, 32. 499 514 Bojardo, Matteo Maria „L'Orlando inamorato". In: „II Parnasso Italiano" [Der verliebte Roland. In: Der italienische Parnass], Lipsia 1833. 498 „Das blaue Buch". Erste und vollständigste Sammlung aller wichtigen und historisch-denkwürdigen Aktenstücke, Depeschen, Noten, Circulare, Manifeste, Fermane, Proklamationen 40 NWEngels, Werke, Bd. 9
und geheimen Corres pondenzen, welche von Rußland und der Türkei sowie England, Frankreich, Österreich und Preußen in der russisch-türkischen Differenz veröffentlicht wurden. Mit einer historischen Einleitung und in chronologischer Verbindung, Wien 1854. 428 550 Campbell, George „Modern India: A Sketch of the System of Civil Government". To which is prefixed, some Account of the Natives and Native Institutions [Modernes Indien: Eine Skizze des Systems der bürgerlichen Regierung, der eine Schilderung der Eingeborenen und ihrer Landesgeset ze vorangesetzt ist], London 1852. - "...With some Account of the Natives and Native Institutions". Second edition, revised and corrected [...Mit einer Schilderung der Eingeborenen und ihrer Landesgesetze. 2. Überarb. und verb. Aufl.], London 1853 (siehe auch Anm. 154). 184 186 202 217 224 Carlyle, Thomas „Latter-Day Pamphlets edited by Thomas Carlyle". No.II, Model Prisons [Zeitgenössische Pamphlete, hrsg. von Thomas Carlyle. No.II. Mustergefängnisse], London 185Ö (siehe auch Anm. 254). 314 Chapman, John „The Cotton and Commerce of India, considered in Relation to the Interests of Great Britain; with Remarks on Railway Communication in the Bombay Presidency" [Baumwolle und Handel in Indien in bezug auf die Interessen Großbritanniens; mit Bemerkungen über den Eisenbahnverkehr in der Präsidentschaft Bombay], London 1851. 223 Chenu, A[dolphe] „Les Conspirateurs". Les soci&e secretes. La prefecture de police sous Caussidiere. Les corps francs [Die Verschwörer. Die geheimen Gesellschaften. DiePolizeipräfektur unter Caussidiere. Die Freikorps], Paris 1850. 39 [Child, J.] „A Treatise Wherein is Demonstrated I. That the East-India Trade is the most National of all Foreign Trades" [Ein Traktat, in welchem gezeigt wird, daß der Ostindienhandel im ganzen Außenhandel der nationalste ist], London 1681. 153 Cobbett, William „Paper against Gold; or, the History and Mystery of the Bank of England, of the Debt, of the Stocks, of the Sinking Fund, and of all the other tricks and contrivances, carried on by the means of Paper Money" [Papier gegen Gold; oder Geschichte und Geheimnis der Bank von England, der Schulden, der Staatspapiere, des Tilgungsfonds, und all der anderen Kunstgriffe und Kniffe, die vermittels des Papiergelales angewendet werden], London 1828 (siehe auch Anm. 60). 43 Cobden, Richard „How Wars are got up in India. The Origin of the Burmese War". 4th Edition [Wie Kriege in Indien entstehen. Die Entstehung des birmanischen Krieges. 4.Aufl.], London 1853.239 „Convention entre laRussie et la Turquie, relative auxPrincipautes danubiennes, signee ä BaltaLiman, le 1 mai 1849". In: „Nouveau Recueil General de Traites", Conventions et autres transactions remärquables,... Redige sur copies, collections et publications authentiques. Continuation du Grand Recueil de Martens, par Charles Samwer. Tome XIV. 1843-1852. Gottingue 1856 [Konvention zwischen Rußland und der Türkei betreffs der Donaufürstentümer, unterzeichnet in Balta-Liman am 1. Mai 1849: In: Neue Allgemeine Sammlung von Verträgen, Konventionen und anderen bemerkenswerten Vereinbarungen, redigiert nach Kopien, Sammlungen und authentischen Publikationen. Fortsetzung der Großen Sammlung von Martens, verfaßt von Charles Samwer, Bd. XIV. 1843-1852. Göttingen 1856] (siehe auch Anm. 132). 144 245 277 „Correspondence with the Russian Government respecting Obstructions to the Navigation of the Sulina Channel of the Danube". Presented to both Houses of Parliament by Command
of Her Majesty. 1853 [Korrespondenz mit der russischen Regierung im Hinblick auf die Behinderung der Schiffahrt im Sulinakanal der Donau. Beiden Häusern des Parlaments auf Befehl Ihrer Majestät unterbreitet], London [1853]. 408
Decker, C{arl\ von „Der kleine Krieg im Geist der neueren Kriegführung. Oder Abhandlung über die Verwendung und den Gebrauch aller drei Waffen im kleinen Kriege". Berlin, Posen und Bromberg 1844. 493 [Dickens, Charles] „Leben und Abenteuer des Herrn Martin Chuzzlewit, seiner Verwandten, Freunde und Feinde". Hrsg. von Boz. Frei nach dem Englischen von Moosthal und Ludwig Hauff, Th. 1-17, Stuttgart 1844 (siehe auch Anm. 87). 79 Dickinson, John „The Government of India under a Bureaucracy". India Reform. No.VI. [Die indische Regierung unter der Bürokratie. Reform Indiens. No.VI.], London 1853 (siehe Anm. 159). 156 186 187
„Geschichte Alladin's, oder die Wunderlampe". In: „Tausend und eine Nacht". Arabische Erzählungen, übers, von Ludwig Parrot. Mit lithographierten Bildern von Nordmann. Bd. 2, Berlin 1842. 22 228 Ghillany, F[riedrich] W[ilhelni] „Diplomatisches Handbuch. Sammlung der wichtigsten europaeischen Friedensschluesse, Congressacten und sonstigen Staatsurkunden vom Westphaelischen Frieden bis auf die neueste Zeit. Mit kurzen geschichtlichen Einleitungen hrsg. von F.W.Ghillany. Th. 1-2, Noerdlingen 1855. 378 389 402 403 404 405 406 407 540 Goethe, Johann Wolfgang von „An Suleika". In: „Goethes Werke", ... hrsg. von Karl Heinemann. Kritisch durchges. und erl. Ausg., Bd. 1-30, Leipzig und Wien o. J., Bd.4. 133 - „Faust. Der Tragödie zweiter Teil", ebendort, Bd.5. 381
Hammer, Joseph von „Geschichte des Osmanischen Reiches, grossentheils aus bisher unbenützten Handschriften und Archiven". Bd. 10: Verzeichnisse, Hauptregister und Anhang. Mit dem Plane Constantinopel's, Pest 1835. 22 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich „Phänomenologie des Geistes", hrsg. von Johann Schulze. In: „Georg Wilhelm Friedrich Hegel's Werke". Vollst. Ausg. durch einen Verein von Freunden des Verewigten. Bd. 2, Berlin 1832. 493 Hodde, Luden de la „La naissance de la republique en Fevrier 1848" [Die Geburt der Republik im Februar 1848], Paris 1850. 39
Kupffer, Adolph Theodor von „Voyage dans lgs environs du Mont Elbrouz dans le Caucase, entrepris par ordre de sa Majeste L'Empereur; en 1829. Rapport fait ä l'Academie Imperiale des Sciences de St.-Petersbourg" [Reise in das Gebiet des Mount Elbrus im Kaukasus, unternommen auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers im Jahre 1829. Bericht, gegeben in der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St.Petersburg], St.-Petersbourg 1830. 402
Leo, Heinrich „Geschichte der italienischen Staaten". Th.2: Vom Jahre 1125 bis 1268. In: „Geschichte der europäischen Staaten", hrsg. von A.H.L.Heeren und F.A.Ukert,Hamburg 1829. 369
Mailäth, Johann „Geschichte der Magyaren". Mit dem Plane der Mongolen-Schlacht. Bd.I, Wien 1828. 55 [Marx, Karl] „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln". (Boston) 1853. 493 508 [McNeill, John] „Progress and Present Position of Russia in the East" [Das Vordringen und die gegenwärtige Stellung Rußlands im Osten], London 1836. 367 Mill, James „The History of British India". In 6 Vols. Third edition. [Die Geschichte Britisch-Indiens. In 6 Bdn. 3. Aufl. Bd.N], London 1826 (siehe auch Anm.138). 150 151 Mozart, Wolfgang Amadeus „Don Juan" [Don Giovanni], Oper in zwei Akten [von Lorenzo da Ponte...], Leipzig 1801 (siehe auch Anm. 292). 382 M[un], T. „A Discourse on Trade, from England into the East-Indies: Answering to diverse Objections which are usually made against the same" [Eine Abhandlung über den Handel zwischen England und Ostindien: Antwon auf verschiedene Einwände, die oft gegen ihn vorgebracht werden], London 1621. 153
Netoman, Francis William „Lectures on Political Economy" [Vorlesungen über politische Ökonomie], London 1851. 161
Pollexfen, J[ohn] „England and East-India Inconsistent m their Manufactures. Being an Answer to a Treatise, intituled an Essay on the East-India Trade" [Die Unvereinbarkeit der Industrieproduktion Englands und Ostindiens. Antwort auf ein Traktat mit dem Titel: Skizze des ostindischen Handels], London 1697. 153
Raff les, Thomas Stamford „The History of Java". In 2 Vols. With a Map and Plates. Vol. 1 [Die Geschichte Javas. In zwei Bdn. Mit einer Karte und Kupferstichen. Bd. 1], London 1817. 128 Rollenhagen> Georg „Der Froschmäuseier oder Geschichte des Frosch'- und Mäusekriegs von Marx Hupfinsholz von Mäuseloch, der jungen Frösche Vorsinger. Ein Volksbuch aus dem löten Jahrh. Mit den nöthigen Abk., sonst unverändert, neu hrsg., Tübingen 1819. 497 Saltykow, A.D. „Lettres sur l'Inde" [Briefe über Indien], Paris 1848. 225 Shak[e]speare, [William] „Julius Cäsar". In: „Shakspeare's dramatische Werke", übers, von August Wilhelm von Schlegel, erg. und erl. von Ludwig Tieck, Th. 1-9, Berlin 1825-1833. Th. 6 (siehe auch Anm. 226 und 228). 281 285 - „König Heinrich der Vierte", ebendort, Th. J (siehe auch Anm. 293). 384 - „König Lear", ebendort, Th. 8 (siehe auch Anm. 369). 518 - „So wie es euch gefällt". Ein Lustspiel ebendort, Th. 4 (siehe auch Anm. 270). 355 [Sieyes, Emmanuel-Joseph] „Qu'est-ce que le tiers-6tat?" [Was ist der dritte Stand?], [Paris] 1789 (siehe auch Anm. 81). 70 Spencer, Herbert „Social Statics: or, the Conditions essential to Human Happiness specified, and the first of them developed" [Sozialstatik, oder Darlegung der für das menschliche Glück wesentlichen Bedingungen; mit genauer Analyse der ersten dieser Bedingungen], London 1851. 162
Tooke, Thomas „A History of Prices, and of the State of the Circulation, from 1793 to 1837; preceded by a brief Sketch of the State of the Com Trade in the last two Centuries" [Eine Geschichte der Preise und des Standes der Zirkulation von 1793 bis 1837, eingeleitet durch eine kurze Skizze vom Stand des Getreidehandels in den vergangenen zwei Jahrhunderten], Vol. I-II, London 1838. 535 - „A History of Prices, and of the State of the Circulation, in 1838 and 1839..." [Eine Geschichte der Preise und des Standes der Zirkulation in den Jahren 1838 und 1839...], London 1840. 535 - „A History of Prices, and of the State of the Circulation, from 1839 to 1847 inclusive" [Eine Geschichte der Preise und des Standes der Zirkulation von 1839 bis einschl.1847], London 1848 (siehe auch Anm. 373). 535
Urquhart, David „Progress of Russia in the West, North, and South, by Opening the Sources of Opinion and Appropriating the Channels of Wealth and Power". 2nd edition [Rußlands Vordringen im Westen, Norden und Süden durch Erschließung der Quellen der Meinung und Dienstbarmachung der Kanäle von Macht und Reichtum], London 1853 (siehe auch Anm. 118, 298). 120 401
[Vidocq] „Memoires" [Memoiren], T. I-IV, Paris 1828-1829 (siehe auch Anm. 54). 39
II. Periodica
„Agramer Zeitung", Agram. 458 „Allgemeine Zeitung", Augsburg (siehe auch Anm. 116). 118 410 539 „L'Assemblee nationale", Paris (siehe auch Anm. 134). 145 213 302 330
„Banker s Gazette" siehe „The Economist" „Basler Zeitung", Basel. 303 „Belletristisches Journal und New-Yor\er Criminal-Zeitung", New York (siehe auch Anm. 53). 39 513 - vom 28. Oktober 1853. 493 494 495 497 502 503 505 506 512 513 514 517 - vom 29. Oktober 1853. 497 - vom 4. November 1853. 506 508 509 510 511 „Breslauer Zeitung", Breslau (siehe auch Anm. 240). 297 - vom 26. August 1853. 297 „Der Bund", Bern, vom 23. Mai 1853. 109
„Chronicle" siehe „The Moming Chronicle" „Cobbett's Parliamentary Debates during the Second Session of the Fourth Parliament of the United Kingdom of Great Britain and Ireland,... Vol. X. Comprising the Period between the 2Ist of Jan. and the 8th of April, 1808" [Cobbetts parlamentarische Debatten während der zweiten Sitzungsperiode des Vierten Parlaments des Vereinigten Königreiches von
Großbritannien und Irland, ... BandX. Für die Periode zwischen dem 21. Januar und dem 8. April 1808], London 1808. 358 359 „Cobbetfs Parliamentary Debates during the Sixth Session of the Fourth Parliament of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, ... Vol. XXI. Comprising the Period between the 7th of Jan. and the 16th of March 1812" [Cobbetts parlamentarische Debatten während der sechsten Sitzungsperiode des Vierten Parlaments des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Irland, ... Band XXI, Für die Periode zwischen dem 7. Januar und dem 16.März 1812], London 1812. 359 „Le Constitutionnel", Journal politique, litteraire, universel, Paris (siehe auch Anm. 32). 20 21 287 419 429 -vom 26. Mai 1853. 113 - vom 6. September 1853. 304 „Courrier de Marseille", Marseille, vom 20. März 1853. 18 „Criminal'Zeitung" siehe „Belletristisches Journal und Neto-Yorker Criminal-Zeitung'
„The Daily News", London (siehe auch Anm. 28). 20 25 26 80 280 315 448 - vom 8. September 1853. 306 - vom 8. Dezember 1853. 545
„The Economist", Weekly Commercial Times, Bankers' Gazette, and Railway Monitor: a political, literary, and general Newspaper, London (siehe auch Anm. 22 und 251). 15 27 161 416 474 523 -vom 14. Mai 1853. 100 -vom21.Mai 1853. 98 99 -vom 16.Juli 1853. 213 - vom 30. Juli 1853. 239 242 - vom 6. August 1853. 256 - vom 3. September 1853. 310 - vom 10. September 1853. 316 317 - vom 15.Oktober 1853. 430 431 - vom 29. Oktober 1853. 450-451 452 453 454 455 - vom 5. November 1853. 447 472 473 - vom 12. November 1853. 476 477 478 479 480 481 - vom 26. November 1853. 536 „VEmancipation", Brüssel (siehe auch Anm. 52). 37 249 „The Examiner", London, vom 6. August 1853 (siehe auch Anm. 217). 263 450
„Frankfurter Journal", Frankfurt a. Main (siehe auch Anm. 78). 67 „Frankfurter Postzeitung", Frankfurt a. Main (siehe auch Anm, 212). 253
„The Globe and Traveller", London (siehe auch Anm. 125). 134 145 322 546 -vom 24.Februar 1834. 391 -vom 13.September 1853. 327 - vom 20. September 1853, Abendausgabe. 330 332 „The Guardian1, London, vom 7.Dezember 1853 (siehe auch Anm. 376). 541 „Hamburger Nachrichten", Hamburg, vom 29. Juli 1853 (siehe auch Anm. 203). 241 „Hansard's Parliamentary Debates: Forming a Continuation of ,The Parliamentary History of England, from the Earliest Period to the Year 1803'. Third Series; commencing with the Accession of William IV. Vol. III. Comprising the Pe riod from the fourth Day of March, to the twenty-second Day of April, 1831" [Hansard s parlamentarische Debatten: darstellend eine Fortführung der „Parlamentarischen Geschichte Englands, von der frühesten Periode bis zum Jahre 1803". 3. Serie; beginnen d mit der Thronbesteigung von Wilhelm IV., Band III. Für die Periode vom 4.März bis 22. April 1831], London 1831. 363 - „... Vol. V. Comprising the Period from the e ighteenth Day of July, to the thirteenth Day of August, 1831" [Band V. Für die Periode vom 18. Juli bis 13.August 1831],London 1831. 369 - „... Vol. VI. Comprising the Period from the fifteenth Day of August, to the thirteenth Day of September, 1831" [Band VI. Für die Periode vom 15. August bis 13. September 1831], London 1832. 372 - „... Vol. IX. Comprising the Period from the sixth Day of December, 1831, to the sixth Day of February, 1832" [Band IX. Für die Periode vom 6. Dezember 1831 bis 6. Februar 1832], London 1832. 371 379 - „... Vol. XIII. Comprising the Period from the twenty-fourth Day of May, to the third Day of July, 1832" [Band XIII. Für die Periode vom 24. Mai bis 3. Juli 1832], London 1833.370 - „... Vol. XIV. Comprising the Period from the third Day of July, to the sixteenth Day of August, 1832" [Band XIV. Für die Periode vom 3. Juli bis 16. August 1832], London 1833. 367 369 378 379 380 381 - „... Vol. XIX. Comprising the Period from the second Day of July, to the twenty-fifth Day of July, 1833" [Band XIX. Für die Periode vom 2. Juli bis 25. Juli 1833], London 1833. 369 370 382 383 385 388 394 395 396 400 - „... Vol. XX. Comprising the Period from the twenty-sixth Day of July, to the twentyninth Day of August, 1833" [Band XX. Für die Periode vom 26.Juli bis29.August 1833], London 1833. 384 385 389 390 395 400 - „... Vol. XXI. Comprising the Period from the fourth Day of February, to the tenth Day of March, 1834" [Band XXI. Für die Periode vom 4. Februar bis 10. März 1834], London 1834.359 361 362 364 386 403 - „... Vol. XXII. Comprising the Period from the eleventh Day of March, to the twentyfifth Day of April, 1834" [Band XXII. Für die Periode vom 11. März bis 25. April 1834], London 1834. 365 367 369 371 384 385 386 387 388 389 391 392 393 394 395 - „... Vol. XXXII. Comprising the Period from the eighth Day of March, to the twentieth Day of April, 1836" [Band XXXII. Für die Periode vom 8. März bis 20. April 1836], London 1836. 370 373 374 386 388 403 404 405 406 409
„Hansard's Parliamentary Debates: „... Vol. XXXVII. Comprising the Period from the seventh Day of March, to the eighteenth Day of April, 1837" [Band XXXVII. Für die Periode vom 7. März bis 18. April 1837], London 1837. 374 376 381 403 409 410 411 412 413 414 -„... Vol. XXXVIII. Comprising the Period from the nineteenth Day of April, to the seventeenth Day of July, 1837" [Band XXXVIII. Für die Periode vom 19. April bis 17. Juli 1837], London 1837. 414 „Hansard's Parliamentary Debates: Third Series; commencing with the Accession of William IV. Vol. XXXIX. Comprising the Period from the fifteenth Day of November, to the twenty-third Day of December, 1837" [Hansards parlamentarische Debatten: 3. Serie; beginnend mit der Thronbesteigung Wilhelm IV. Band XXXIX. Für die Periode vom 15.November bis 23.Dezember 1837], London 1838. 393 416 - „... Vol. XLIII. Comprising the Period from the twenty-first Day of May, to the seventh Day of July, 1838" [Band XLIII. Für diePeriode vom 21. Mai bis 7. Juli 1838], London - 1838.412 „... Vol. LV. Comprising the Period from the twenty-third Day of June, to the eleventh Day of August, 1840" [Band LV. Für die Periode vom 23. Juni bis 1 I.August 1840], London 1840. 375 408 - „...Vol. LXXXVIII. Comprising the Period from the twenly-seventh Day of July, to the twenty-eighth Day of August, 1846" [Band LXXXVIII. Für diePeriode vom 27.Juli bis 28.August 1846], London 1846. 376 377 378 380 ~ „... Vol. LXXXIX. Comprising the Period from the nineteenth Day of January, to the fifteenth Day of February, 1847" [Band LXXXIX. Für die Periode vom 19. Januar bis 15. Februar 1847], London 1847. 376 378 - „... Vol. XCVI. Comprising the Period from the third to the twenty-eighth Day of February, 1848" [BandXCVI. Für diePeriode vom 3.bis 28.Februar 1848], London 1848. 166 371 372 378 386 390 391 396 397 398 399 400 401 411 - „... Vol. XCVII. Comprising the Period from the twenty-ninth Day of February, to the sixth Day of April, 1848" [Band XCVI I. Für die Periode vom 29. Februar bis 6. April 1848], London 1848. 376 390 394 - „... Vol. CXXIV. Comprising the Period from the tenth Day of February, to the tenth Day of March, 1853" [Band CXXIV. Für diePeriode vom 10.Februar bis 10.März 1853], London 1853. 69 - „... Vol. CXXV. Comprising the Period from the eleventh Day of March, to the eighteenth Day of April, 1853" [Band CXXV. Für die Periode vom 11. März bis 18. April 1853], London 1853.47 51 55 59 60 61 76 - „... Vol. CXXVII. Comprising the Period from the tenth Day of May, to the tenth Day of June, 1853" [Band CXXVII. Für die Periode vom 10. Mai bis 10.Juni 1853], London 1853. 121 123 124 ""„... Vol. CXXVIII. Comprising the Period from the thirteenth Day of June, to the eighth Day of July, 1853" [Band CXXVIII. Für diePeriode vom 13. Juni bis 8. Juli 1853], London 1853.139 188 189 190 218 - „... Vol. CXXIX. Comprising the Period from the eleventh Day of July, to thetwentieth Day of August, 1853" [Band CXXIX. Für die Periode vom 11. Juli bis 20. August 1853],
London 1853. 205 245 246 259 266 267 268 270 271 272 275 276 277 278 279 280 281 282 283 285 „Hansard's Parliamentary Debates" siehe auch „Cobbett's Parliamentary Debates.. " „Hansard's Parliamentary Debates" siehe auch „77ie Parliamentary Debates..."
„Ulmpartial de Smyrne", Smyrna. 252 304
„Journal de Constantinople", Konstantinopel (siehe auch Anm. 229). 288 467 „Journal des Debats politiques et litteraires" Paris, (siehe auch Anm. 105). 107 321 330 - vom 30.Mai 1853. 119 -vom 18.September 1853. 322 „Journal de L'Empire" siehe „he Pays" „Journal de Saint-Petersbourg", St. Petersburg (siehe auch Anm. 297). 393
„Kölnische Zeitung", Köln (siehe auch Anm. 183). 458 512 -vom 14. Juli 1853.214 -vom 31.Juli 1853.242 „Kreuzzeitung" siehe „Neue Preußische Zeiiung"
„The Leader" (London) (siehe auch Anm. 216). 263 550 - vom 3. September 1853. 317 - vom 10. September 1853. 312 Litographic Correspondence siehe „Preußische Litographische Correspondenz" „The Liverpool Courier", Liverpool, vom 21.September 1853. 331 Lloyd siehe „ Wiener Lloyd" „The London Gazette", London (siehe auch Anm. 304). 413
„The Manchester Guardian", Manchester (siehe auch Anm. 196). 231 340 „The MarkLane Express, andAgricultural Journal etc.", London (siehe auch Anm. 256). 318 - vom 26. September 1853. 343 „Melbourne Commercial Circular", Melbourne. 451 „Le Moniteur universel", Paris (siehe auch Anm. 5). 5 21 206 252 302 318 328 330 548 - vom 25. Mai 1853. 110 „The Morning Advertiser", London (siehe auch Anm. 30). 20 58 73 195 215 263 294 301 544 -vom24.März 1853. 20 -vom 7.April 1853. 37 -vom 18. Juli 1853.213
„The Morning Advertiser" vom 23. August 1853. 288 - vom 3. September 1853. 300 -vom 20.September 1853. 325 - vom 22.September 1853. 337 - vom 8.Dezember 1853. 543 544 „The Morning Chronicle , London (siehe auch Anm. 29). 20 44 52 80 145 242 302 322 328 419 420 538 543 546 - vom 24. März 1853. 20 - vom 15. Juni 1853. 141 - vom 7. September 1853. 317 - vom 13. Dezember 1853. 550 „The Morning Herald", London(siehe auchAnm.24). 18 20 114 143 389 429 448 536545 550 -vom 21. Juni 1853. 147 - vom 4. August 1853. 248 249 „The Morning Post", London (siehe auch Anm. 27). 20 80 III 145 196 230 239 240 253 322 342 537 546 - vom 18. April 1853. 57 -vom 18.Juli 1853. 213 - vom 13. September 1853. 327 -vom 15.September 1853. 327 - vom 19. September 1853. 330 - vom 19. Oktober 1853. 434 -vom 14.November 1853. 482 -vom 17.November 1853. 536 - vom 6. Dezember 1853. 538-539 - vom 13.Dezember 1853. 549
„National-Zeitung", Berlin (siehe auch Anm. 202). 240 289 „La Nation, organe quotidien democrate socialiste", Bruxelles (siehe auch Anm. 215). 263 303 „Neu-England-Zeitung", Boston (siehe auch Anm. 341). 493 „Neue Oder-Zeitung", Breslau (siehe auch Anm. 236). 295 „Neue Preußische Zeitung", Berlin (siehe auch Anm. 207). 246 - vom 2. August 1853. 246 „Neue Rheinische Zeitung", Organ der Demokratie, Köln (siehe auch Anm. 100). 103 510 511 - vom 6. Juli 1848. 294 - vom 16. Juli 1848. 295 - vom 3. August 1848. 295
„Neue Rheinische Zeitung" vom 13.Oktober 1848. 295 - vom 15. Februar 1849. 295
„Neue Rheinische Zeitung. Politisch-ökonomische Revue", London, Hamburg und New York 1850 (siehe auch Anm. 57). 40 „New-York Daily Tribüne", New York (siehe auch Anm. 1). 3 237 295 „Notes to the People." By Ernest Jones, London (siehe auch Anm. 365). 510
„Ober-Postamts-Zeitung" siehe „Frankfurter Postzeitung" „TheObserver", London (siehe auch Anm. 101). 105 328 341 342 - vom 22. Mai 1853. 105 - vom 4. September 1853. 317 „Oesterreichische Correspondenz", Wien (siehe auch Anm. 4). 4 457 „Oesterreichisch Kaiserliche Wiener Zeitung", Wien (siehe auch Anm. 285). 377 „Ost-Deutsche Post", Wien (siehe auch Anm. 377). 543
„II Parlamente", Turin (siehe auch Anm.209). 249 303 - vom 29. Juli 1853. 249 „The Parliamentary Debates from the Year 1803 to the Present Time. Vol. XXIV. Comprising the Period between the Meeting of the New Parliament on the 24th of November 1812 and the 9th of March 1813" [Die parlamentarischen Debatten seit dem Jahre 1803 bis zur Gegenwart. Band XXIV. Für die Sitzungsperiode des neuen Parlaments vom 24.November 1812 bis 9.März 1813], London 1813. 361 „The Parliamentary Debates from the Year 1803 to the Present Time: Forming a Continuation of the Work entitled ,The Parliamentary History of England from the Earliest Period to the Year 1803'. Published under the Superintendence of T.C.Hansard, Vol. XXXIII, Comprising the Period from the seventh Day of March, to the twenty-fifth Day of April, 1816" [Die parlamentarischen Debatten seit dem Jahre 1803 bis zur Gegenwart: darstellend eine Fortführung des Werkes „Parlamentarische Geschichte Englands, von der frühesten Periode bis zum Jahre 1803". Veröffentlicht unter Aufsichtvon T.C.Hansard. Band XXXIII. Für die Periode vom 7. März bis 25. April 1816], London 1816. 359 „The Parliamentary Debates: Forming a Continuation of the Work entitled ,The Parliamentary History of England from the Earliest Period to the Year 1803'. Published under the Superintendence of T.C.Hansard. New Series; commencing with the Accession of George IV. Vol. I. Comprising the Period from the twenty-first Day of April, to the twentysixth Day of June, 1820" [Die parlamentarischen Debatten: darstellend eine Fortführung des Werkes „Parlamentarische Geschichte Englands, von der frühesten Periode bis zum Jahre 1803". Veröffentlicht unter Aufsicht von T.C.Hansard. Neue Serie; beginnend mit der Thronbesteigung Georg IV., Band I. Für die Periode vom 21 .April bis 26. Juni 1820], London 1820. 360 - „...Vol. VIII. Comprising the Period from the fourth Day of February, to the thirtieth Day of April, 1823" [Band VIII. Für die Periode vom 4. Februar bis 30. April 1823], Londpn 1823. 364 407
The Parliamentary Debates „...Vol. XI. Comprising the Period from the thirtieth Day of March, to the twenty-fifth Day of June, 1824" [Band XI. Für die Periode vom 30. März bis 25. Juni 1824], London 1825. - „...Vol. XVIII. Comprising the Period from the twenty-ninth Day of January, to the twenty-second Day of April, 1828" [Band XVIII. Für die Periode vom 29. Januar bis 22. April 1828], London 1828. 360 364 - „... Vol. XIX. Comprising the Period from the twenty-second Day of April, to the twentyeighch Day of July, 1828" [Band XIX. Für die Periode vom 22. April bis 28. Juli 1828], London 1829. 362 - „ ...Vol. XX. Comprising the Period from the sixth Day of February, to the thirtieth Day of March, 1829" [Band XX. Für die Periode vom 6.Februar bis 30.März 1829], London 1829. 361 „La Patrie", Journal du Commerce, Paris (siehe auch Anm. 111). III 196 240 246 515516 - vom 9. Juli 1853. 196 - vom 6. Oktober 1853, Abendausgabe. 419 „Le Pays", Paris (siehe auch Anm. 33). 21 111 212 213 „The People's Paper". The Champion of Political Justice and Universal Right, London (siehe auch Anm. 59). 43 - vom 16. April 1853.56 -vom 25. Juni 1853. 173 175 - vom I.Oktober 1853. 427 - vom 29. Oktober 1853. 450 - vom 26.November 1853. 522 523 524-526 „The Portfolio; or, a Collection of State Papers, Illustrative of the History of OurTimes", London 1836 (siehe auch Anm. 145, 151). 165 177 372 397 411 416 „Post Zeitung", (Stockholm). 242 „Le Precurseur", Antwerpen (siehe auch Anm.361). 505 511 „The Press", London (siehe auch Anm. 129). 138 142 177 261 -vom 11. Juni 1853. 138 - vom 6. August 1853.261 - vom 10. Dezember 1853. 548 „La Presse", Paris (siehe auch Anm. 112). 447 - vom 27.Mai 1853. III - vom 15. Juli 1853. 206 -vom26.Juli 1853 233 - vom 4. August 1853. 249 „Die Presse", Wien (siehe auch Anm.51). 37 249 435 - vom 16. September 1853. 326
„Preston Pilot; and County Advertiser", (Preston) (siehe auch Anm.331). 474 -vom 29.Oktober 1853. 449 - vom 5. November 1853. 458 459 - vom 12. November 1853. 474 „Preussische Litographische Correspondenz", Berlin (siehe auch Anm. 246). 303 „Preussisches Wochenblatt", Berlin (siehe auch Anm. 49). 36 „Punch, or the London Charivari", London (siehe auch Anm. 249). 306
„The Red Republican", London (siehe auch Anm. 364). 510 „ReVolutions de Paris", Paris (siehe auch Anm. 109). 110
„CaHKTneTepöyprCKne BeßOMOCTll" [St.-Petersburger Nachrichten], St.-Petersburg (siehe auch Anm. 220). 266 „Satellit", Kronstadt. 303 „Le Semaphore de Marseille", Marseille (siehe auch Anm. 136). 146 „Le Siecle", Paris (siehe auch Anm. 114). 112 262 „St.-Petersburger Zeitung", St.-Petersburg (siehe auch Anm. 230). 288 289 „La Suisse", Bern, vom 24.Mai 1853, (siehe auch Anm. 107). 110 „The Sun", London (siehe auch Anm.250). 306 „Sunday Times", London (siehe auch Anm.252). 312 - vom 11. September 1853. 312 - vom 25. September 1853. 343 344
„The Times", London (siehe auch Anm. 26). 19 20 25 61 68 71 72 80 107 111 118 120 134 138 143 146 147 163 193 227 230 247 316 317 322 323 330 338 397 420 448 464 515 521 524 534 539 541 549 -vom 6.April 1853. 37 -vom 29.April 1853. 84 - vom 28.Mai 1853. 115 -vom 17. Juni 1853. 141 -vom 21. Juni 1853. 144 145 -vom 25.Juni 1853. 158 159 160 161 -vom 7.Juli 1853. 194 - vom 20. August 1853. 324 - vom 22. August 1853. 289 - vom 7. September 1853. 316 - vom 16. September 1853. 326 - vom 20. September 1853 . 328
„The Times" vom 6.Oktober 1853. 421-422 - vom 12. Oktober 1853. 427 - vom 19. Oktober 1853. 434 - vom 23. November 1853. 522 523 - vom 29.November 1853. 520 - vom 30.November 1853. 535 - vom 7.Dezember 1853. 546 547 - vom 9. Dezember 1853. 544 „Triester Zeitung", Triest. 111
„Der Wanderer1, Wien (siehe auch Anm. 247). 303 - vom 4. September 1853. 303 - vom 28. Oktober 1853. 458 „The Weel^Iy Dispatch", (London) (siehe auch Anm.320). 452 „The Weekly Times". A London Newspaper of History, Politics, Literature, Science, and Art, London (siehe auch Anm. 234). 293 -vom 21.August 1853. 293 - vom 30. Oktober 1853. 455 „Wiener Lloyd", Wien (siehe auch Anm. 152). 177
„Die Zeit". Neueste Berliner Morgen-Zeitung, Berlin (siehe auch Anm. 50). 36 37 -vom 3.April 1853. 36 - vom 18.September 1853. 335
Karl Marx und Friedrich Engels Daten aus ihrem Leben und ihrer Tätigkeit
(März bis Dezember 1853)
1853 Angesichts der sich verschärfenden Widersprüche zwischen den Westmächten und dem zaristischen Rußland auf dem Balkan und im Nahen Osten tauschen Marx und Engels brieflich ihre Meinungen zur orientalischen Frage aus. Auf Marx' Bitte schreibt Engels für die „New-York Daily Tribüne" eine Reihe von Artikeln, in denen er die orientalische Frage analysiert, sich für ihre Lösung auf revolutionärem Wege ausspricht sowie für die Gründung demokratischer slawischer Staaten auf dem Balkan. Marx* und Engels' Artikel „Britische Politik - Disraeli - Die Flüchtlinge - Mazzini in London - Türkei" und Engels' Artikel „Worum es in der Türkei in Wirklichkeit geht", „Die türkische Frage" und „Was soll aus der europäischen Türkei werden?" werden am 7., 12., 19. und 21. April in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht, die drei letzten als Leitartikel. Etwa Marx, der die Ausarbeitung seiner ökonomischen Lehre als vordringzweite Märzhälfte lichste Aufgabe betrachtet, vertieft sich immer mehr in die politische bis April Ökonomie; er liest und exzerpiert u. a. dieWerke der englischen Ökonomen Spencer, Newman, Opdyke, Banfield sowie den „Economist". Besonderes Interesse zeigt er für die Fragen des Geldumlaufs, des Grundbesitzes und der Bodenrente, der Bevölkerungstheorie und für die Rolle des Staates. Marx verwendet die in den ökonomischen Untersuchungen gewonnenen Materialien weitgehend in seiner publizistischen Tätigkeit. April Engels befaßt sich erneut mit dem Studium der Militärwissenschaften; seine besondere Aufmerksamkeit gilt der Geschichte des revolutionären Krieges in Ungarn und des Krieges in Italien 1848/49 sowie der Ausarbeitung der Taktik der revolutionären Armee im Falle eines Krieges gegen das zaristische Rußland. Engels, der den Perspektiven der revolutionären Bewegung in Rußland große Bedeutung beimißt, liest Alexander Herzens Werk „Du d£veloppement des idees revolutionnaires en Russie" (Die Entwicklung der revolutionären Ideen in Rußland). März bis Anfang April
Engels lernt weiter Russisch und beschäftigt sich auch mit südslawischen Sprachen. April bis Mai Wegen des großen Interesses für die Geschichte und zukünftige Entwicklung der kolonialen und abhängigen Länder Asiens liest Marx die Werke von MacCulloch, Klemm, Bemier, Saltykow u.a. zur Geschichte und Ökonomie Indiens und Chinas und macht Auszüge aus diesen Arbeiten. Da die Frage der Verwaltung Indiens in Kürze vor dem englischen Parlament erörtert werden soll, studiert Marx die Blaubücher des Parlaments und die Geschichte der Ostindischen Kompanie. April bis Dezember Marx und Engels haben ständigen Kontakt mit den ehemaligen Mitgliedern des Bundes der Kommunisten Joseph Weydemeyer und Adolph Cluß und erweisen ihnen große Hilfe bei der Propagierung des wissenschaftlichen Kommunismus in den USA. Da Weydemeyer und Cluß Mitarbeiter der Zeitung „Die Reform" - dem Organ der Vereinigung deutscher Arbeiter in Amerika (Amerikanischer Arbeiterbund) - sind, ziehen Marx und Engels auch Eccarius, Pieper, Dronke und andere ihrer Anhänger zur Mitarbeit an der Zeitung heran. Einzelne Artikel von Marx und Engels aus der „New-York Daily Tribüne" werden in der „Reform" nachgedruckt. 1. und 8. April Marx schreibt zwei Artikel über die von der Polizei in Berlin inszenierte „Revolutionäre Verschwörung", die von der englischen Regierung zur Verstärkung der Polizeiaufsicht über die politischen Flüchtlinge in London ausgenutzt wird. Die Artikel „Die Berliner Verschwörung" und „Die Berliner Verschwörung - Die Londoner Polizei - Mazzini - Radetzky" werden am 18. und 21. April von der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht. e Etwa 9.April Marx und Engels versuchen erneut einen Verleger für ihr Manuskript bis Mai „Die großen Männer des Exils" zu finden, das sich gegen die Führer der kleinbürgerlichen Demokratie richtet; es gelingt ihnen jedoch nicht, das Manuskript drucken zu lassen. 9.April Marx, der durch Cluß erfahren hat, daß der Abdruck einer verleumderischen Artikelserie Hirschs, „Die Opfer der Moucharderie. Rechtfertigungsschrift von Wilhelm Hirsch", in den USA bevorsteht, schreibt als Entgegnung den Artikel „Hirschs Selbstbekenntnisse". Marx entlarvt darin die Zusammenarbeit zwischen Hirsch und Willich, dem aus dem Bund der Kommunisten ausgeschlossenen Anführer der Spalterfraktion, und widerlegt die von Hirsch verbreitete Lüge, Marx hätte das Manuskript „Die großen Männer des Exils" der preußischen Polizei übergeben. Marx' Artikel erscheint am 5. Mai in dem „Belletristischen Journal und New-Yorker Criminal-Zeitung". 12. April In einem Brief an Weydemeyer entwickelt Engels auf Grund einer Analyse der politischen und ökonomischen Situation in Europa seine Ansichten über die Perspektiven einer neuen Revolution auf dem Kontinent und über die Taktik der proletarischen Partei bei kommenden revolutionären Kämpfen in Deutschland. Ein Teil dieses Briefes wird von Weydemeyer als anonymer Artikel in der „Reform" vom 4. Mai veröffentlicht.
Mitte April
Etwa 19. bis 25.April
Etwa 24.April
26. bis 29. April
26. April
Ende April
Marx, der Ernest Jones laufend bei der Herausgabe und Redaktion der Chartistenzeitung „The People's Paper" unterstützt, schreibt für dieses Blatt den Artikel „Die neue Finanzgaukelei oder Gladstone und die Pennies". Damit beginnt Marx eine Artikelserie, die den volksfeindlichen Charakter des Budgets des Koalitionsministeriums enthüllt. Der Artikel wird am 16. April in „The People's Paper" veröffentlicht. Den inhaltlich analogen Artikel „Errungenschaften des Ministeriums" sendet Marx an die „New-York Daily Tribüne", die ihn am 27. April veröffentlicht. Marx erhält von Cluß die Mitteilung, daß aus seinem am 9. Februar 1853 in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlichten Artikel der Abschnitt „Die Herzogin von Sutherland und die Sklaverei" in der demokratischen Zeitung „Der Wecker" vom 28. März sowie in mehreren anderen amerikanischen Zeitungen auszugsweise nachgedruckt wurde. Marx schreibt weiter an seiner Artikelserie über das Budget Gladstones. Die Artikel „Pfunde, Schillinge, Pennies oder Klassenbudgets und wer hat den Nutzen davon?" und „Seife fürs Volk - Ein guter Bissen für die ,Times' - Das Koalitionsbudget" werden in „The People's Paper" vom 23. und 30. April veröffentlicht. Zwei andere Artikel - „Feargus O'Connor - Niederlage des Ministeriums - Das Budget" und „Unruhen in Konstantinopel - Tischrücken in Deutschland - Das Budget" - erscheinen am 3. und 6.Mai in der „New-York Daily Tribüne". Marx' Pamphlet „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" erscheint in Boston (USA) als Broschüre. Auf Marx' Bitte schreibt Engels für die „New-York Daily Tribüne" einen Artikel über die politische Lage in der Schweiz. Marx fügt diesem Artikel einen Abschnitt über die Emigrantenverfolgungen durch die englische Regierung hinzu und sendet ihn am 29. April ab. Die Redaktion veröffentlicht den ersten Teil am 14. Mai unter dem Titel „Die Raketenaffäre - Die Schweizer Insurrektion", den andern am 17.Mai unter dem Titel „Die politische Lage der schweizerischen Republik". Marx wird durch eine anonyme Mitteilung davon unterrichtet, daß Stieber, der Leiter der Berliner Polizei, und der preußische Polizeibeamte Goldheim in London eingetroffen sind und daß die Beziehungen zwischen ihnen und Hirsch immer noch bestehen. Er prüft diese Angaben und schickt sie an Weydemeyer und Cluß zur Veröffentlichung in der amerikanischen Arbeiterpresse. Marx berichtet darüber auch in seinem in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlichten Artikel „Die Raketenaffäre - Die Schweizer Insurrektion". Engels teilt Marx brieflich eine Reihe Tatsachen über den Rückgang des Handels und der Industrieproduktion in England und Frankreich mit, die die Unbeständigkeit der kapitalistischen Konjunktur beweisen. Die Familie Marx befindet sich in materieller Notlage, weil Marx' Arbeiten nicht leicht zu veröffentlichen sind und die „New-York Daily Tribüne" das Honorar für seine Artikel nur unregelmäßig zahlt. Engels leistet Marx und seiner Familie finanzielle Hilfe.
41 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
30. April bis Marx hält sich bei Engels in Manchester auf. 19. Mai Mai bis Juni Engels studiert die Geschichte der Länder des Ostens; er beschäftigt sich mit der persischen Sprache und liest die Werke des Dichters Hafis und des Geschichtsschreibers Mirchond im Original. § 20.Mai Marx schreibt den Artikel „Die Revolution in China und in Europa", in dem er die Ursachen und den Charakter des Taiping-Aufstandes in China analysiert und auf den unvermeidlichen Einfluß hinweist, den die chinesischen Ereignisse auf die ökonomische und politische Entwicklung Europas haben werden. Die Arbeit wird als Leitartikel in der „New-York Daily Tribüne" vom 14. Juni veröffentlicht. Engels schickt Marx zur Weiterleitung an Freiligrath (der die Hilfsgelder für die in Köln verurteilten Mitglieder des Bundes der Kommunisten und ihre Familien kassiert) das von Weydemeyer erhaltene Geld. Dieses Geld war in Amerika auf Grund eines Aufrufes von Marx, Engels und ihren Anhängern gesammelt worden. 24.Mai Marx beginnt mit einer Artikelserie über Indien für die „New-York Daily Tribüne". Anlaß dazu war die bevorstehende Erörterung über die Verlängerung der Charta der Ostindischen Kompanie im englischen Parlament. Der erste dieser Artikel „Die politische Lage in Holland Dänemark - Konvertierung der britischen Staatsschuld - Indien - Türkei und Rußland" wird am 9. Juni veröffentlicht. Etwa 25. Mai Engels liest „Die historische Geographie Arabiens" von Charles Forster. Etwa 26. Mai bis Marx und Engels korrespondieren über Geschichtsprobleme der öst14. Juni liehen Länder. Marx hebt hervor, daß es dort kein Privateigentum an Grund und Boden gibt. Auf Marx' Empfehlung liest Engels Franfois Berniers Buch über die Staaten des Großmoguls von Indien. 27.Mai bis 7. Juni Marx schreibt für die „New-York Daily Tribüne" eine Reihe von Artikeln zu den Grundfragen der europäischen Politik, wobei er der Entwicklung des Konflikts zwischen Rußland und der Türkei sowie der Haltung, die die westeuropäische Diplomatie in diesem Konflikt einnimmt, besondere Aufmerksamkeit widmet. Marx' Artikel „Mazzini Die Schweiz und Österreich - Die türkische Frage", „Die türkische Frage - Die .Times' - Die russische Expansion" und „Russischer Humbug - Gladstones Mißerfolg - Sir Charles Woods Ostindien-Reformen " werden am 10., 14. und 22. Juni in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht. Etwa 31.Mai Engels erhält aus Amerika 440 Exemplare der in Boston gedruckten Marxschen Broschüre „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln". Engels behält einige Exemplare zur Verteilung in Manchester, die anderen schickt er Marx. Ende Mai bis Marx und Engels werden von Weydemeyer und Cluß über die Polemik Anfang Juni informiert, die in der deutschsprachigen Presse Amerikas zwischen ihnen und Willich geführt wurde. Willich war wegen der Veröffentlichung der
Marxschen „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" mehrmals gegen Marx aufgetreten. Juni Marx arbeitet in der Bibliothek des Britischen Museums; er sammelt dort Material für seine Korrespondenzen in der „New-York Daily Tribüne". Besonders aufmerksam studiert er Arbeiten über Indien von Chapman, Dickinson, Mill, Campbell, Murray und anderen Autoren und macht Auszüge zu Fragen des englischen Kolonialsystems sowie der ökonomischen und politischen Ordnung in Indien. Marx studiert ferner Arbeiten zur Geschichte Dänemarks von Droysen, Samwer und Olshausen und fertigt Auszüge an. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen benutzt Marx bei der Behandlung der Ereignisse in Dänemark in seinen Korrespondenzen für die „New-York Daily Tribüne". Marx korrespondiert mit Lassalle darüber, wie die Broschüre „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" illegal nach Deutschland gesandt und dort vertrieben werden kann. Engels schlägt vor, die Broschüre in Garnpaketen zu versenden. Dieser Plan wird jedoch nicht verwirklicht. Anfang Juni bis Marx erhält mehrere Mitteilungen, die bezeugen, wie hoch seine Artikel Mitte Juli in der „New-York Daily Tribüne" von den amerikanischen Lesern geschätzt werden. 2. Juni Marx äußert in einem Brief an Engels sein Mißfallen darüber, daß die Redaktion der „New-York Daily Tribüne" nach Gutdünken einzelne ihrer Artikel von prinzipieller Bedeutung als Leitartikel bringt, ohne die Verfasser zu nennen. Marx betont, daß er bei Dana gegen eine derartige Behandlung seiner Artikel protestieren werde. 2. bis 9. Juni Marx und Engels, die ihren Anhängern, den ehemaligen Mitgliedern des Bundes der Kommunisten, weiterhin moralische und materielle Hilfe leisten, bemühen sich um Arbeit für Wilhelm Wolff und Wilhelm Pieper. Marx schreibt für die „New-York Daily Tribüne" den Artikel „Die britische Herrschaft in Indien", in dem er die Methoden der britischen Kolonialherrschaft in Indien anprangert. Er entwickelt den von Engels im Brief vom 6. Juni geäußerten Gedanken über den Verfall der Landwirtschaft in Indien als Folge des Wirtschaftens der englischen Kolonialherren. Der Artikel erscheint in der „New-York Daily Tribüne" vom 25. Juni. In einem Brief an Engels macht Marx kritische Bemerkungen über das Buch des amerikanischen Ökonomen Carey „Die Sklaverei im In- und Ausland" sowie über andere Werke dieses Autors, die Klassenharmonie predigen und den Kapitalismus apologetisieren. Marx rät Cluß und Weydemeyer brieflich, die Mitarbeit an der „Reform" trotz des wachsenden Einflusses der kleinbürgerlichen Elemente in der Redaktion fortzusetzen. Marx unterstreicht, wie wichtig die Mitarbeit von Weydemeyer und Cluß ist, weil den proletarischen Juni bis August 10. Juni 14. Juni Mitte Juni
Revolutionären in Amerika andere Presseorgane nicht zur Verfügung stehen. Marx übersendet Cluß seine kritischen Bemerkungen zu den ökonomischen Anschauungen Careys, die von Cluß in einem Artikel verarbeitet werden, der im September in der „Reform" erscheint. 17. Juni Marx schreibt für die „New-York Daily Tribüne" einen Artikel, in dem er neben einem Uberblick über die Grundfragen der Innen- und Außenpolitik Englands die Leser über die sich in England entwickelnde Streikbewegung und über die Versuche, die Agitation der Chartisten wieder zu beleben, informiert. Mit diesem Artikel beginnt Marx die systematische Behandlung von Fragen der Arbeiterbewegung Englands. Sein Artikel „Englische Prosperität - Streiks - Die türkische Frage - Indien" wird in der „New-York Daily Tribüne" am 1. Juli veröffentlicht. Etwa 20. Juni Marx erhält von Cluß die Nachricht, daß sich in der Sitzung des Zentralkomitees des Amerikanischen Arbeiterbundes bei Auseinandersetzungen über die Richtung der „Reform" die Mehrheit für die von Weydemeyer im Sinne der theoretischen und taktischen Prinzipien von Marx und Engels verfolgten Linie aussprach. Marx schreibt den Artikel „Die Ostindische Kompanie, ihre Geschichte und die Resultate ihres Wirkens", der die Geschichte der kolonialen Versklavung und Ausplünderung Indiens durch die herrschenden Klassen Englands behandelt. Der Artikel erscheint am 11. Juli in der „NewYork Daily Tribüne". Marx schreibt für die „New-York Daily Tribüne" einen Artikel über das irische Pachtrecht, in welchem er die räuberischen Methoden anprangert, mit denen die englischen Landlords die irischen Bauern ausbeuten. Der Artikel „Die indische Frage - Das irische Pachtrecht" wird am 11. Juli veröffentlicht. Engels liest die gegen die Leibeigenschaft gerichtete Proklamation „K)p&eB;a;eHi>! K)p&eBTi;eH&! PyccKOMy abopflHCTBy" (Georgentag! Georgentag! An den russischen Adel), die von Alexander Herzen verfaßt und von der Freien Russischen Druckerei in London herausgegeben wurde. Etwa Juli bis Marx studiert Parlamentsberichte, diplomatische Dokumente und MaNovember terialien über die Zeit von 1807 bis 1850 und verfolgt dabei besonders aufmerksam die Geschichte der englischen Außenpolitik. l.Juli Marx schreibt für die „New-York Daily Tribüne" eine Korrespondenz über den russisch-türkischen Konflikt und die Streikbewegung in England, die diese in ihrer Nummer vom 14. Juli veröffentlicht. 9. Juli Mit einer Empfehlung von Marx reist der deutsche Emigrant Dr. Abraham Jacobi, einer der Angeklagten im Kölner Kommunistenprozeß, zu Engels, der sich bemüht, Jacobi in Manchester unterzubringen. 24. Juni 28. Juni Nicht vor Anfang Juli 12. Juli Nach der Besetzung der Donaufürstentümer durch Rußland verfaßt Marx für die „New-York Daily Tribüne" einen Artikel, in welchem er
gegen die Expansionspolitik des zaristischen Rußlands und gegen die Haltung der englischen Regierung in dieser Frage Stellung nimmt. Marx' Artikel „Russisch-türkische Schwierigkeiten - Ausreden und Ausflüchte des britischen Kabinetts - Nesselrodes letzte Note - Die ostindische Frage" wird am 25. Juli veröffentlicht. In einem Artikel für die „New-York Daily Tribüne" behandelt Marx wiederum den russisch-türkischen Konflikt und die Einmischungsversuche der westlichen Diplomatie. Marx untermauert in diesem Beitrag die von ihm und Engels geäußerte Idee von der Schaffung slawischer demokratischer Staaten auf dem Balkan. Der Artikel „Die Kriegsfrage Parlamentsränke - Indien" erscheint in der Nummer vom 5. August. Marx schreibt den Artikel „Die künftigen Ergebnisse der britischen Herrschaft in Indien". In diesem Artikel, der die Ergebnisse seiner Untersuchungen über Indien zusammenfaßt, kommt Marx zu der Schlußfolgerung, daß der Zusammenbruch der britischen Kolonialherrschaft in Indien unvermeidlich ist. Die „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht den Artikel am 8. August. Marx schreibt für die „New-York Daily Tribüne" eine Artikelserie, in der er die Grundfragen der europäischen Politik behandelt. Seine Artikel „Finanzieller Mißerfolg der Regierung - Mietdroschken - Irland - Die russische Frage", „Die Annoncensteuer - Russische Schritte - Dänemark - Die Vereinigten Staaten in Europa", „Die Kriegsfrage - Britische Bevölkerung- und Handelsstatistiken - Parlamentarisches" und andere veröffentlicht die Zeitung in ihren Nummern vom 12. bis 24. August. Engels reist nach London, um sich dort mit seiner Mutter zu treffen, die für kurze Zeit aus Deutschland gekommen ist. Marx verfaßt zwei Artikel über die Debatten, die im englischen Parlament zur türkischen Frage stattgefunden haben; sie analysieren Englands Haltung in der orientalischen Frage und erscheinen am 2. September in der „New-York Daily Tribüne" unter den Überschriften „Urquhart Bern - Die türkische Frage im Oberhaus" und „Die türkische Frage im Unterhaus". Etwa 19. August Marx erhält durch Freiligrath einen Brief von Karl Klein, einem ehemaligen Mitglied des Bundes der Kommunisten, der ihm vorschlägt, die Verbindungen zwischen den Mitgliedern der ehemaligen Londoner Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten und den ehemaligen Bundesgemeinden in Solingen, Elberfeld und Düsseldorf wiederherzustellen. Marx gibt ihm den Rat, die selbständige Organisation der Fabrikarbeiter zu erhalten und vor dem Eindringen kleinbürgerlicher Elemente zu schützen. Aus konspirativen Erwägungen empfiehlt Marx, die Verbindung mit London nur durch persönliche Kontakte aufrechtzuerhalten. 23. August Marx schreibt den Artikel „Kontinentale und englische Begebenheiten". In diesem Artikel faßt Marx neben der Untersuchung der orientalischen Frage die Ergebnisse der letzten Parlamentsperiode in England zusammen und entlarvt die reaktionäre Politik des Koalitionskabinetts und des 19. Juli 22. Juli 29. Juli bis 12. August Ende Juli bis Anfang August 16. und 19. August
englischen Parlaments. Der Artikel wird am 5. September in der „NewYork Daily Tribüne" veröffentlicht. 30. Augast Im Zusammenhang mit der Polemik um Bakunin im „Morning Advertiser", die Ausfälle gegen die „Neue Rheinische Zeitung" enthält, schreibt Marx einen offenen Brief an den Redakteur des „Morning Advertiser", in welchem er die Haltung der „Neuen Rheinischen Zeitung" zu Bakunin erklärt. Der „Morning Advertiser" publiziert Marx' Brief am 2. September. 30. August bis Marx verfaßt eine Anzahl Artikel über die wirtschaftliche Lage in Europa. 27. September Er weist darin auf die Anzeichen einer drohenden Wirtschaftskrise in den wirtschaftlich führenden europäischen Ländern, England und Frankreich, hin. Seine Artikel „Steigen der Kornpreise - Cholera - Streiks Seeleutebewegung" und „Politische Schachzüge - Brotknappheit in Europa" und andere erscheinen in der Zeit vom 15.September bis ^.Oktober in der „New-York Daily Tribüne". 3. bis 4. September Da der „Morning Advertiser" eine neue polemische Notiz gegen die „Neue Rheinische Zeitung" bringt, schreibt Marx einen zweiten Brief an die Redaktion. Diese lehnt es ab, den Brief zu veröffentlichen. Marx* Antwort erscheint daraufhin am 10. September in dem Chartistenorgan „The People's Paper". 9. September Marx schreibt für die „New-York Daily Tribüne" einen Artikel über Robert Peels Bank Act von 1844, den die Zeitung am 24. September veröffentlicht. 29. September Anläßlich der Kriegsvorbereitungen Rußlands und der Türkei schreibt Engels seinen Artikel „Die Russen in der Türkei", der das Kräfteverhältnis der Truppen an der Donau analysiert. Mit ihm beginnt Engels eine militärpolitische Artikelreihe, die er während des Krimkrieges systematisch fortsetzt. Am 17. Oktober erscheint die Abhandlung als Leitartikel in der „New-York Daily Tribüne". Engels übermittelt Marx konkrete Angaben über den Zustand einzelner Wirtschaftszweige in England. 4. Oktober bis Nach einer tiefgehenden Analyse der Blaubücher, Parlamentsberichte, 6. Dezember diplomatischen Dokumente und der Presse verfaßt Marx eine Artikelserie, in der er Palmerston entlarvt, ihn als Vertreter der herrschenden Oligarchie kennzeichnet und eine Einschätzung des gesamten englischen Regierungssystems gibt. Die acht Artikel werden in der Zeit vom 22. Oktober bis 24. Dezember in „The People's Paper" unter dem Titel „Lord Palmerston" veröffentlicht. Sechs dieser Artikel erscheinen in der „NewYork Daily Tribüne" als Leitartikel. Einzelne Artikel dieser Serie werden in deutscher Sprache in der „Reform" nachgedruckt. 7. Oktober Marx setzt die systematische Berichterstattung über den Verlauf der Streikbewegung in England fort mit dem Artikel „Die Kriegsfrage Finanzangelegenheiten - Streiks". Der Artikel wird am 21.Oktober in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht. 12. Oktober In einem Brief an Engels analysiert Marx die Lage in Frankreich und schlägt Engels vor, einen Artikel über die voraussichtlichen Folgen der
Etwa 21. bis 21. Oktober
Etwa November
5. November
drohenden Wirtschaftskrise für das bonapartistische Regime zu schreiben. Nach der Kriegserklärung der Türkei an Rußland schreibt Engels zwei Beiträge über die militärische Lage auf dem Balkan und im Kaukasus. Diese beiden Artikel - „Bewegungen der Armeen in der Türkei" und „Der heilige Krieg" - bringt die „New-York Daily Tribüne" am 8. und 15.November als Leitartikel. Marx erkundigt sich bei Dana, ob die Möglichkeit besteht, in Amerika Artikel zur Geschichte der deutschen Philosophie zu veröffentlichen. Die Redaktion des „People's Paper" setzt die Veröffentlichung von Marx' Artikelserie „Lord Palmerston" fort und weist in einer besonderen Notiz auf die Wichtigkeit dieser Artikel hin, die die Politik der herrschenden Klassen Englands entlarven. Etwa 8.November Engels schreibt den Artikel „Der Verlauf des türkischen Krieges", in welchem er die Kampfhandlungen zwischen der russischen und der türkischen Armee an der Donau analysiert. Der Artikel wird am 25. November in der „New-York Daily Tribüne" als Leitartikel veröffentlicht. 11. November Marx sendet eine von ihm und Engels geschriebene Korrespondenz an die „New-York Daily Tribüne". Die Redaktion veröffentlicht am 28.November den von Engels geschriebenen Teil als Leitartikel unter der Überschrift „Die russischen Niederlagen". Der von Marx verfaßte Teil, in dem er die verlogenen Behauptungen der englischen bürgerlichen Presse über eine Verbesserung der Lage der englischen Arbeiter widerlegt, wird in der gleichen Nummer als besonderer Beitrag unter der Überschrift „Die Arbeiterfrage" veröffentlicht. 15.November Marx schreibt den Artikel „Prosperität - Die Arbeiterfrage". In diesem Artikel widerlegt Marx die Behauptung des „Economist", daß die ökonomische Prosperität in England stabilen Charakter habe. Weiter berichtet Marx über die Agitation des Chartistenführers Ernest Jones für die Einberufung eines Arbeiterparlaments. Der Artikel erscheint am 30. November in der „New-York Daily Tribüne". Etwa 18. November Engels verfolgt weiter aufmerksam die Kriegsereignisse und schreibt einen neuen Artikel über den Verlauf des türkischen Krieges, der am 7. Dezember als Leitartikel in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht wird. Etwa 20. November Marx äußert sich in einem Brief an Cluß kritisch über die historischen Anschauungen ürquharts und dessen Haltung zur orientalischen Frage. Marx'Äußerungen verwendet Cluß in seinem Artikel „David ürquhart", der am 19. Dezember von der „Reform" veröffentlicht wird. Etwa 21 .November Marx erhält durch Cluß die Nummer der Zeitung „Belletristisches Journal und New-Yorker Criminal-Zeitung", in der ein Artikel Willichs gegen Marx' „Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln" veröffentlicht ist.
Etwa 21. bis Marx schreibt das gegen Willich gerichtete Pamphlet „Der Ritter vom 28.November edelmütigen Bewußtsein", in welchem er das Sektierertum und die Abenteurertaktik der kleinbürgerlichen Elemente in der Arbeiterbewegung entlarvt. Etwa 22. November Engels erhält von Marx den Text des gegen Marx gerichteten Artikels von Willich. Auf Marx' Bitte schreibt Engels eine Erklärung, die die Hirngespinste Willichs entlarvt; Marx nimmt sie in seine Schrift „Der Ritter vom edelmütigen Bewußtsein" auf. 25. November Weydemeyer, Cluß und Jacobi veröffentlichen in der Zeitung „Belletristisches Journal und New-Yorker Criminal-Zeitung" eine gemeinsame Erklärung, in der sie die verleumderischen Ausfälle Willichs gegen Marx zurückweisen. In der Erklärung verwenden sie ihnen von Marx zugeschickte Materialien. 29. November Marx übersendet Cluß sein Pamphlet „Der Ritter vom edelmütigen Bewußtsein" zur Veröffentlichung in Amerika. Das Pamphlet erscheint Mitte Januar 1854 in New York. Marx behandelt in einem Beitrag für die „New-York Daily Tribüne" erneut die von Jones und anderen Führern der Chartisten entfaltete Agitation zur Einberufung eines Arbeiterparlaments. Seinen Artikel „Rede Manteuffels - Der Kirchenkonflikt in Preußen - Aufruf Mazzinis Der Londoner Magistrat - Reform Russells - Arbeiterparlament" veröffentlicht das Blatt am 12. Dezember. Etwa 2. Dezember Engels schreibt im Rahmen seiner militärischen Artikelreihe für die „New-York Daily Tribüne" den Beitrag „Der Krieg an der Donau", der am 16. Dezember als Leitartikel erscheint. 2. bis 9. Dezember Marx schreibt zwei Artikel für die „New-York Daily Tribüne", in denen er die Stellung der westeuropäischen Mächte im Russisch-Türkischen Krieg analysiert. Diese Artikel, „Der türkische Krieg - Das industrielle Elend" und „Der Quadrupelvertrag - England und der Krieg", erscheinen am 16. bzw. 26, Dezember. 13. Dezember In dem Artikel „Der russische Sieg - Die Lage Englands und Frankreichs" hebt Marx das Anwachsen der ökonomischen und politischen Widersprüche im Reiche Napoleons III. hervor und zeigt die Labilität des bonapartistischen Regimes. Die „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht diesen Artikel am 27. Dezember. Etwa 14. Dezember Marx erhält von seinem Schwager Jaan Carel Juta die Aufforderung, an der in Kapstadt erscheinenden Tageszeitung „De Zuid-Africaan" mitzuarbeiten. Mitte Dezember Engels, der sich von der Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter in der Firma Ermen & Engels frei machen will, bemüht sich, Militärkorrespondent einer Londoner Zeitung zu werden. Er hofft, dadurch mehr freie Zeit zu haben und ein Buch über die Geschichte des ungarischen Revolutionskrieges von 1848/49 schreiben zu können. Gleichzeitig hätte er dann in London bei Marx leben können. Seine Bemühungen haben jedoch keinen Erfolg.
Zweite Dezember- Marx wird von G. Levy aus Düsseldorf aufgesucht. Levy, ein Vertreter hälfte mehrerer ehemaliger Gemeinden des Bundes der Kommunisten in der Rheinprovinz, versucht Marx zu überzeugen, daß es notwendig sei, einen Aufstand der Fabrikarbeiter in Iserlohn, Solingen und anderen Städten der Rheinprovinz zu organisieren. Marx erklärt ihm, daß dies nicht auf der Tagesordnung stehe und unter den-gegenwärtigen Verhältnissen in Deutschland nutzlos sei. Etwa 16. Dezember Der dritte Artikel aus der Marxschen Artikelserie „Lord Palmerston", der am 4. November in der „New-York Daily Tribüne" veröffentlicht wurde, erscheint als Broschüre unter dem Titel „Palmerston und Rußland" im Verlag Tucker in London. Die gesamte Auflage ist in wenigen Wochen vergriffen. 16. Dezember Marx schreibt den Artikel „Der Rücktritt Palmerstons", den die „NewYork Daily Tribüne" am 3I.Dezember als Leitartikel veröffentlicht. 20. Dezember Marx schickt der „New-York Daily Tribüne" einen Artikel über Pressestimmen zum Rücktritt Palmerstons. Der Artikel wird nicht veröffentlicht. Etwa 23. Dezember Engels schreibt im Rahmen seiner militärpolitischen Beiträge für die „New-York Daily Tribüne" den Artikel „Der weitere Verlauf des türkischen Krieges", in dem er an Hand von englischen Presseinformationen eine Beschreibung der Schlacht bei Sinope und des Gefechtes bei Achalzych gibt. Der Artikel wird am 9. Januar 1854 als Leitartikel veröffentlicht. Marx erhält von Dana Antwort auf seine Anfrage, ob es möglich sei, in Amerika Artikel zur Geschichte der deutschen Philosophie zu veröffentlichen. Als Bedingung für die Veröffentlichung solcher Artikel in einer amerikanischen Zeitschrift verlangt Dana, daß sie nichts enthalten, was das religiöse Gefühl der Amerikaner verletzen könne. Marx hat seine Absicht, Artikel zu dieser Frage zu schreiben, nicht verwirklicht. Engels besucht Marx in London. Ende Dezember Ende Dezember 1853 bis 1. Januar 1854
Personenverzeichnis
Abi el Kader (1807-1883) Führer des nationalen Befreiungskampfes des algerischen Volkes gegen die französischen Eroberer in den Jahren 1832-1847; wurde 1847 von den Franzosen gefangengenom- . men und übersiedelte 1852 mit Erlaubnis Napoleons III. in die Türkei. 435 Abdi Pascha (geb. 1801) türkischer General, 1853 Befehlshaber einer Armee im Kaukasus. 444 445 562 Abdulasis (Abdul Asis) (1830-1876) Bruder des Sultans Abdulmedschid (Abdul Medschid); Sultan der Türkei (1861 bis 1876). 214 Abdulmedschid (Abdul Medschid) (1823 bis 1861) Sultan der Türkei (1839-1861). 5 21 108 164 166 167 197 233 252 269 270 271 275 277 280 286 287 321-325 332 335-337 352 364 365 366 419-421 428 429 435 470 540 541 543 544 549 Aberdeen, George Hamilton Gordon, Earl of (1784-1860) britischer Staatsmann, Tory, seit 1850 Führer der Peeliten; Außenminister (1828-1830 und 1841-1846). Premierminister des Koalitionskabinetts (1853-1855). 4 20 31 33 105 120 122 138 142-145 168 177 180 190 195 199 205 212 213 215 240 260 262 271 272 276 277 280 312 322 323 337 396 403 411 431 534 538 555 Adelaide (Eugenie-Lotdse-Adelaide), princesse d'Orlfans (1777-1847) Schwester des französischen Königs Louis-Philippe. 206 262
Aga Muhammad (1742-1797) Schah von Persien (1794-1797), Begründer der Kadscharendynastie. 114 Ahmed siehe Sidi Achmed Albano englischer Architekt. 264 Albemarle, George Thomas Keppel, Earl of (1799-1891) englischer Politiker, Whig, später Liberaler; Mitglied des Parlaments; bekleidete Anfang der zwanziger Jahre verschiedene Kommandoposten in der englischen Kolonialarmee in Indien. 218 Albert, Prinz von Sachsen~Coburg~Gotha (1819-1861) Prinzgemahl der Königin Victoria. 262 550 556 Alexander I. (1777-] 825) Zar von Rußland (1801-1825). 5 6 337 373 378 Alexander Karageorgevic (1806-1885) Fürst von Serbien (1842-1858). 233 287 288 534 556 Ali Pascha von Janina (1741-1822) Begründer und Regent eines von 1788 bis 1822 bestehenden Staates im Südwesten der Balkanhalbinsel mit Janina als Hauptstadt; kapitulierte 1822 nach erbitterten zweijährigen Kämpfen gegen die Truppen des türkischen Sultans und wurde trotz Zusicherung seines Lebens umgebracht. 32 Amherst, William Pitt, Earl of (1773-1857) britischer Diplomat und Staatsmann, Generalgouverneur von Indien (1823 bis 1828). 204 Anderson Direktor der Bank von Schottland.
Anderton, William englischer Fabrikant in Yorkshire. 425 Andronnikpv), Iwan Malchasowitsch, Fürst (1798-1868) russischer General, nahm während des Krimkrieges an den Kriegshandlungen im Kaukasus teil; von Geburt Georgier. 563 Anstey, Thomas Chisholm (1816-1873) englischer Jurist und Politiker, bürgerlicher Radikaler; Mitglied des Parlaments (1847 bis 1852). 372 391 395 397-399 401 411 Antoine, Gustave Anfang der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts französischer Emigrant in London; Schwager von Auguste Blanqui. 516 Argyll, George John Douglas Camphell, Duke of (1823-1900) britischer Staatsmann, Peelit, später Liberaler; Geheimsiegelbewahrer (1853-1855,1859-1860,1860 bis 1866, 1880 bis 1881), Generalpostmeister (1855-1858 und 1860), Minister für Indien (1868 bis 1874). 195 Ariosto, Lodovico (1474-1533) italienischer Dichter der Renaissance, Hauptwerk „L'Orlando furioso". 355 Aristoteles (384-322 v. u. Z.) unter den „alten griechischen Philosophen... der universellste Kopf", der„auch bereits die wesentlichsten Formen des dialektischen Denkens untersucht hat" (Engels). Er schwankte zwischen Materialismus und Idealismus; in seinem Werk „Politik" vertrat er die Theorie des Sklavenhalterstaates. 180 Arnim-Heinrichsdorf- Werhelow, Heinrich Friedrich, Graf von (1791-1859) preußischer Diplomat, 1849 Außenminister im reaktionären Ministerium BrandenburgManteuffel, Botschafter in Wien (1845 bis 1848 und 1851-1858). 240 Asurbanipal (in den Werken der Autoren des Altertums Sardanapal) König von Assyrien (668 bis etwa 626 v.u.Z.). 276 Attwood, Thomas (1783-1856) englischer Bankier, Ökonom und Politiker, bürgerlicher Radikaler; schloß sich dem rechten, reformistischen Flügel der Chartisten
bewegung an, von der er sich 1839 trennte. 395 400 416 Aurangzeb (1618-1707) Herrscher (1658 bis 1707) aus der Dynastie der Großmoguln in Indien. 128 Austin 1853 Stellvertreter des Gefängnisvorstehers in Birmingham. 314
Backhouse, John (1772-1845) englischer Beamter, Stellvertreter des Außenministers (1827-1842). 397 Bahadur Schah II. (1767-1862) letzterperrscher (1837-1858) aus der Dynastie der Großmoguln in Indien. 203 Bakunin, Michail Alexandrowitsch (1814 bis 1876) russischer Emigrant in Westeuropa, demokratischer Publizist, 1848/49 Teilnehmer an der Revolution in Deutschland; später ein Ideologe des Anarchismus, Gegner des Marxismus; trat 1869 der I. Internationale bei, wurde 1872 auf dem Haager Kongreß wegen seiner zersetzenden Tätigkeit ausgeschlossen. 294 295 301 Balcarres siehe Crawford, James Lindsay Balcarfes, Earl of Bandiera, Brüder: Attilio (1817-1844) und Emilio (1819-1844) italienische Patrioten; kämpften in der nationalen Befreiungsbewegung und wurden für den Versuch, 1844 in Kalabrien einen Aufstand zu organisieren, hingerichtet. 545 Bangya, Janos (Johann) (1817-1868) ungarischer Journalist und Offizier, nahm an der Revolution 1848/49 in Ungarn teil; nach der Niederlage der Revolution Emissär Kossuths im Ausland, gleichzeitig Polizeiagent; unter dem Namen Mehemed Bei trat er später in türkische Militärdienste. 39 40 41 Baraguay d'Hilliers, Achille, comte (1795 bis 1878) französischer General, seit 1854 Marschall von Frankreich, Bonapartist; Botschafter inKonstantinopel (1853/1854), befehligte 1854 das nach der Ostsee entsandte französische Expeditionskorps. 447 Barbarossa (Rotbart) siehe Friedrich I.
Baring, Alexander, Lord Ashburton (1774 bis 1848) Chef eines Bankhauses in London, Tory, Mitglied des Parlaments. 311 Barthelemy, Emmanuel (etwa 1820-1855) französischer Arbeiter, Blanquist, Mitglied revolutionärer Geheimgesellschaften während der Juli-Monarchie und Teilnehmer des Juni-Aufstands 1848 in Paris; danach Emigrant in England, einer der Führer der französischen blanquistischen Emigrantenvereinigung in London, schloß sich 1850 der sektiererischen Fraktion Willich-Schapper an; 1855 wegen eines kriminellen Vergehens hingerichtet. 505 515 516 Bauer, Bruno (1809-1882) idealistischer Philosoph, Religionshistoriker und Publizist, Junghegelianer; nach 1866 Nationalliberaler. 41 497 Beaumont, Mails Thomas Steypeltone, Baron (1805-1854) englischer Grundbesitzer, Liberaler, Mitglied des Parlaments. 214 271 Beaumont-Vassy, Edouard-Ferdinand de la Borminiere, üicomte de (1816-1875) französischer Schriftsteller und Historiker; Monarchist. 119 Becker, Hermann Heinrich (1820-1885) Landgerichtsreferendar und Publizist in Köln, seit 1850 Mitglied des Bundes der Kommunisten, 1852 im Kölner Kommunistenprozeß verurteilt; später Nationalliberaler, Oberbürgermeister von Dortmund und Köln. 494 495 511-513 Beecher-Stowe, Harriet Elizabeth (1811 bis 1896) amerikanische Schriftstellerin, Verfasserin von „Onkel Toms Hütte". 80 Bell, George englischer Kaufmann, Eigentümer des englischen Handelsschiffes „Vixen". 409 413-417 Bell, James (gest. 1842) Bruder von George Bell, Superkargo der „Vixen"; in den dreißiger Jahren Kundschafter im Kaukasus. 416 Bern, Jozef (1795-1850) polnischer General und Freiheitskämpfer, einer der Führer des polnischen Aufstandes von 1830/31; nahm im Oktober 1848 an der Verteidi
gung des revolutionären Wiens teil, 1849 einer der Heerführer der ungarischen Revolutionsarmee; trat danach in die türkische Armee ein. 265 Bennoch, Francis englischer Kaufmann, 1853 Mitglied der Londoner Stadtverwaltung. 522 Beranger, Pierre-Jean de (1780-1857) französischer demokratischer Dichter, Verfasser politischer Satiren. 6 Berends, Julius (geb. 1817) Druckereibesitzer in Berlin, kleinbürgerlicher Demokrat; 1848 Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung (linker Flügel). 30 Berkeley, Francis Henry Fitzhardinge (1794 bis 1870) englischer liberaler Politiker, Mitglied des Parlaments. 137 Bertin, Louis-Marie-Armand (1801-1854) französischer Journalist, Orleanist; 1841 bis 1854 Herausgeber des „Journal des Debats". 119 Bethmann-Hollweg, Moritz August von (1795-1877) preußischer Jurist und Politiker, einer der Führer der konservativen Partei; Abgeordneter der Ersten (1849 bis 1852), danach der Zweiten Kammer (1852-1855) des preußischen Landtags. 29 36
Bethune, John Elliot Drinkwater (1801-1851) englischer Jurist und hoher Beamter; von 1848 bis 1851 Rechtssachverständiger im Rat des Generalgouverneurs von Indien. 124 Bineau, Jean-Martial (1805-1855) französischer Ingenieur und Politiker, Bonapartist; Minister für öffentliche Arbeiten (1849 bis 1851), Finanzminister (1852-1855). 328 Blackett, John Fauweek Burgoyne (1821 bis 1856) Mitglied des Parlaments. 127 281 Blanc, Jean-Joseph-Louis (1811-1882) französischer kleinbürgerlicher Sozialist, Journalist und Historiker; 1848 Mitglied der provisorischen Regierung, vertrat den Standpunkt der Klassenversöhnung und des Paktierens mit der Bourgeoisie; emi-, grierte im August 1848 nach England und war dort einer der Führer der kleinbürgerlichen Emigration. 515 516
Blanqui, Louis-Auguste (1805-1881) französischer Revolutionär, utopischer Kommunist; Organisator mehrerer Geheimgesellschaften und Verschwörungen, aktiver Teilnehmer an der Revolution von 1830; in der Revolution von 1848 einer der Führer des revolutionären französischen Proletariats, vertrat die gewaltsame Machtergreifung durch eine Verschwörerorganisation und die Notwendigkeit einer revolutionären Diktatur; verbrachte 36 Jahre im Gefängnis. 515 516 Blum, Hans kleinbürgerlicher Demokrat, schloß sich 1850 nach der Spaltung des Bundes der Kommunisten der sektiererischen Fraktion Willich-Schapper an; emigrierte später in die USA und nahm dort auf seiten der Nordstaaten am Bürgerkrieg teil. 494 Bodkin, Sir William Henry (1791-1874) englischer Jurist, Tory, Mitglied des Parlaments (1841-1847); war 1853 Kronanwalt (Attomey-General). 84 Bojardo, Matteo Maria Graf von Scandiano (1434-1494) italienischer Dichter der Renaissance, Verfasser des Poems „L'Orlando inamorato". 498 Bonaparte Kaiserdynastie in Frankreich (1804-1814, 1815 und 1852-1870). 551 Bonaparte I. siehe Napoleon I. Bonaparte III. siehe Napoleon III. Bourbon(en) französische Königsdynastie, regierte in Frankreich (1589-1792, 1814/ 1815 und 1815-1830), in Spanien (1701 bis 1808, 1814-1868 und 1874-1931), in Neapel-Sizilien (1735-1860) und in Parma (1748-1859). 550 Bourqueney, Franqois-Adolphe, comte de (1799-1869), französischer Diplomat; Gesandter (1841-1844) und Botschafter (1844-1848) in Konstantinopel, Gesandter (1853-1856) und Botschafter (1856 bis 1859) in Wien. 240 Boustrapa siehe Napoleon III. Boylin, James Angestellter in der Raketenfabrik W.Haie in einem Vorort Londons. 83 Briggs, John (1785-1875) englischer General; stand von 1801-1835 im Dienste der Ost
indischen Kompanie; 1853 Mitglied des Aufsichtsrats der Ostindischen Kompanie. 202 Bright, John (1811-1889) englischer Fabrikant, führender liberaler Politiker, Anhänger des Freihandels, Mitbegründer der Anti-Korngesetz-Liga; seit Anfang der sechziger Jahre Führer des linken Flügels der liberalen Partei, mehrmals Minister. 57 125 127 177 195 200 205 431 460 Brök, Pjotr Fedorowitsch (1805-1875), russischer Staatsmann, Finanzminister (1852 bis 1858). 246 Brougham, Henry Peter (Lord Brougham and Vaux) (1778-1868) englischer Jurist, Schriftsteller und Staatsmann, in den zwanziger bis dreißiger Jahren einer der Führer der Whigs, Mitglied des Parlaments; Lordkanzler (1830-1834); spielte von den fünfziger Jahren an keine bedeutende Rolle mehr im politischen Leben. 189 Broughton siehe Hobhouse, John Cam, Baron Broughton Bruck, Karl Ludwig, Freiherr von (1798 bis 1860) österreichischer Staatsmann und Diplomat, Großunternehmer; Minister für Handel, Industrie und öffentliche Arbeiten (1848-1851), Botschafter in Konstantinopel (1853-1855), Finanzminister (1855-1860). 196 287 419 429 Bruhn, Karl von (geb. 1803) Journalist, Mitglied des Bundes der Geächteten und des Bundes der Gerechten, dann des Bundes der Kommunisten (1850 ausgeschlossen); später Redakteur der lassalleanischen Zeitung „Nordstern" in Hamburg. 496 Brunnow, Philipp Iwanowitsch, Baron (später Graf) von (1797-1875) Diplomat des zaristischen Rußlands, deutscher Herkunft; Gesandter (1840-1854, 1858-1860), danach Botschafter (1860-1874) in London. 20 138 142 143 177 267 Bucher, Lothar (1817-1892) preußischer Justizbeamter, Publizist; 1848 Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung (linkes Zentrum); nach der Nieder
läge der Revolution von 1848/49 Emigrant in London; später Nationalliberaler, Mitarbeiter Bismarcks im Auswärtigen Amt und Freund Lassalles. 498 Budberg, Alexander Iwanowitsch (1798-1876) russischer General; 1853/1854 außerordentlicher Kommissar Rußlands in den Donaufürstentümern. 550 Bulwer, William Henry Lytton Earl (1801 bis 1872) britischer Diplomat, Whig, Mitglied des Parlaments (1830-1837); Geschäftsträger Englands in Paris (1839/40), Gesandter in Madrid (1843-1848), in Washington (1849-1852) und in Florenz (1852-1855), Botschafter in Konstantinopel (1858-1865). 383 400 541 Buol-Schauenstein, Karl Ferdinand, Graf von (1797-1865) österreichischer Staatsmann und Diplomat, Gesandter in Petersburg (1848-1850), danach in London (1851 bis 1852); Ministerpräsident und Außenminister (1852-1859). 196 266 331 549 Bürgers, Heinrich (1820-1878) radikaler Publizist, 1842/1843 Mitarbeiter an der „Rheinischen Zeitung"; Mitglied der Kölner Gemeinde des Bundes der Kommunisten, 1848/1849 Redaktionsmitglied der „Neuen Rheinischen Zeitung"; 1850 Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten, 1852 als einer der Hauptangeklagten im Kölner Kommunistenprozeß zu sechs Jahren Haft verurteilt; später Nationalliberaler. 507 Burke, Edmund (1729-1797) englischer Publizist und Politiker, Whig, Mitglied des Parlaments; neigte anfangs zum Liberalismus, später Reaktionär und einer der schärfsten Gegner der Französischen Revolution. 186 Butt, Isaac(] 813-1879) irischer Advokat und Politiker, Liberaler, Mitglied des Parlaments ; in den siebziger Jahren einer der Organisatoren der Bewegung für eine Selbstregierung (Home Rule) Irlands durch ein irisches Parlament und Ministerium. 57
Campbell, Sir George (1824-1892) ab 1843 bis 1874 mit Unterbrechungen britischer
Kolonialbeamter in Indien, Verfasser mehrerer Arbeiten über Indien; später Mitglied des Parlaments (1875-1892), Liberaler. 185 186 202 219 224 Canning, George (1770-1827) britischer Staatsmann und Diplomat, einer der Führer der Tories; Außenminister (1807 bis 1809 und 1822-1827), Premierminister (1827). 357 358 361 388 396 401 417 Cardwell, Edward, Viscount (1813-1886) britischer Staatsmann, führender Peelit, später Liberaler; Präsident des Board of Trade (Handels- und Verkehrsministerium) (1852-1855), Staatssekretär für Irland (1859-1861), Kolonialminister (1864 bis 1866) und Kriegsminister (18681874). 195 Carlyle, Thomas (1795-1881) englischer Schriftsteller, Historiker und idealistischer Philosoph, Verfechter des Heroenkults; kritisierte die englische Bourgeoisie vom Standpunkt der reaktionären Romantik, schloß sich den Tories an; nach 1848 offener Feind der Arbeiterbewegung. 314 357 Carnot, Lazare-Hippolyte (1801-1888) französischer Publizist und Politiker, bürgerlicher Republikaner; 1848 Mitglied der provisorischen Regierung; während der Zweiten Republik Deputierter der Konstituierenden und der Gesetzgebenden Nationalversammlung, nach 1851 einer der Führer der republikanischen Opposition gegen das bonapartistische Regime. 551 Carrard, Nicolas (gest. 1853) einer der Führer der klerikalen Opposition gegen die bürgerliche Regierung der Schweiz, leitete die reaktionären Aufstände in Freiburg in den Jahren 1850, 1851 und 1853. 86 Cassdla, Carlo (1814-1894) italienischer Patriot und Revolutionär, Anhänger Mazzinis. 313 Cervantes Saavedra, Miguel de (1547-1616) spanischer realistischer Schriftsteller, Verfasser des Romans „Don Quijote". 77 358 Chambord, Henri-Charles d'Artois, duc de Bordeaux, comte de (1820-1883), Enkel
Karls X., unter dem Namen Heinrich V. französischer legitimistischer Thronprätendent. 550 Chapman, John (1801-1854) englischer Publizist, bürgerlicher Radikaler, trat für die Durchführung von Reformen in Indien ein. 223 Charles, Jacques-Hubert (1793-1882) Schweizer reaktionärer Politiker und Schriftsteller; nahm 1853 am reaktionären Freiburger Aufstand teil. 86 Chenu, Adolphe (geb. etwa 1817) Teilnehmer an revolutionären Geheimgesellschaften in Frankreich während der Julimonarchie; Provokateur und Agent der Geheimpolizei. 39 Child, Sir Josiah (1630-1699) englischer Ökonom, Bankier und Kaufmann, Merkantilist; Vorsitzender des Direktoriums der Ostindischen Kompanie (1681-1683 und 1686-1688). 153 Childs, Thomas Kapitän des englischen Handelsschiffes „Vixen". 409 Chollet, Joseph 1853 Teilnehmer am reaktionären Freiburger Aufstand. 86 Churchid Pascha (Guyon, Richard Debaufre) (1803-1856) englischer Offizier; General in der ungarischen Revolutionsarmee; trat nach der Niederlage der ungarischen Revolution als General in die türkische Armee ein; kommandierte 1853 türkische Truppenteile im Kaukasus. 470 Clanricarde, Ulick John deBurgh, Marquess of (1802-1874) britischer Diplomat und Politiker, Whig; Botschafter in Petersburg (1838-1841), Generalpostmeister (1846 bis 1852). 189 190 259 271 Clarendon, George William Frederick Villiers, Earl of (1800-1870) britischer Staatsmann, Whig, später Liberaler; Vizekönig von Irland (1847-1852); unterdrückte den irischen Aufstand von 1848; Außenminister (1853-1858, 1865/1866 und 1868 bis 1870). 20 33 138 142 143 189 190 195 214 240 243 245 246 266 270 271 312 324 336 337 Clementi, Luigi italienischer Patriot und Revolutionär, Anhänger Mazzinis. 313
Clive, Robert, Lord (1725-1774) Gouverneur von Bengalen (1757-1760 und 1765 bis 1767), führte in Indien die schlimmsten räuberischen Methoden britischer Kolonialherrschaft ein. 225 Cloots, Jean-Baptiste, Baron von, genannt Anacharsis (1755-1794) preußischer Baron, Anhänger der Französischen Revolution, Mitglied des Konvents, den linken Jakobinern nahestehend. 301 Cobbett, John Morgan (1800-1877) englischer Advokat und Politiker, Mitglied des Parlaments, Sohn William Cobbetts. 191 193 231 Cobbett, William (1762-1835) englischer Politiker und Publizist, bäuerlicher Herkunft, prominenter Vertreter des kleinbürgerlichen Radikalismus, kämpfte für die Demokratisierung der politischen Ordnung in England. 149 191-193 Cobden, Richard (1804-1865) Fabrikant in Manchester, Liberaler, Anhänger des Freihandels, Mitbegründer der AntiKorngesetz-Liga; Mitglied des Parlaments. 57 179 239 282-284 289 431 460 475 Coburg Herzogsgeschlecht in Deutschland, zu dem die in Belgien, Portugal, England und in einer Reihe anderer Länder herrschenden Dynastien gehörten oder mit ihm verbunden waren. 381 Codrington, Sir Edward (1770-1851) englischer Admiral, befehligte die vereinigten Geschwader Rußlands, Englands und Frankreichs in der Schlacht von Navarino (1827). 364 386 Colbert, Jean-Baptiste, Marquis de Scignelay (1619-1683) französischer Staatsmann, leitete von 1665-1683 faktisch die Außenund Innenpolitik Frankreichs; konsequenter Vertreter des Merkantilismus im Interesse der Festigung der absoluten Monarchie. 70 Collier, Robert Porret (1817-1886) englischer Jurist und Politiker, bürgerlicher Radikaler, Mitglied des Parlaments. 50 Cooper, James Fenimore (1789-1851) amerikanischer realistischer Schriftsteller. 39
Coppock, James (1798-1857) englischer Jurist, Wahlmakler. 315 Corry, Armar Lowry (1792-1855) englischer Admiral. 114 CotOell, George englischer Arbeiter, Chartist, einer der Führer des Prestoner Streiks (1853/1854). 458 475 Craufurd, Edward Henry John (geb. 1816) englischer Richter, 1852/1853 Mitglied des Parlaments. 179 Crawford, James Lindsay Balcarres, Earl of (1783-1869) Besitzer großer Ländereien und Kohlengruben. 343 448 Cromwell, Oliver (1599-1658) englischer Staatsmann; Führer der Bourgeoisie und des verbürgerlichten Adels während der bürgerlichen Revolution im ^.Jahrhundert; von 1653 bis 1658 Lord-Protektor (Staatsoberhaupt) von England, Schottland und Irland. 148 Crossley, Francis (1817-1872) englischer Fabrikant, bürgerlicher Radikaler, Mitglied des Parlaments. 199 Czartoryshi, Adam Jerzy, Fürst (1770-1861) polnischer Magnat; Anfang des ^.Jahrhunderts enger Freund Alexanders I., Außenminister Rußlands (1804-1806); während des polnischen Aufstandes 1830/31 Chef der provisorischen Regierung; emigrierte nach der Niederschlagung des Aufstandes nach Paris, wo er die polnische konservativ-monarchistische Emigration leitete. 289 397
Dalhousie, James Andrew Broun Ramsay, Earl and Marquess of (1812-1860) britischer Staatsmann, Peelit, Generalgouverneur von Indien (1848-1856), betrieb eine Politik der kolonialen Eroberungen. 123 124 203 313 Danilo Negos (1826-1860) Fürst von Montenegro (1852-1860). 458 König von Dänemark, siehe Friedrich VII. Dannenberg, Pjotr Andrejewitsch (1792-1872) russischer General, war während des Krimkrieges Befehlshaber des 4. Armeekorps auf der Krim. 470 484
Danton, Georges-Jacques (1759-1794) bedeutender Politiker der Französischen Revolution, Führer des rechten Flügels der Jakobiner. 301 Decker, Carl Von (1784-1844) General und Militärschriftsteller. 493 Delacour (de la Cour) , Edmond (1805-1873) französischer Diplomat, 1853 Botschafter in Konstantinopel. 21 III 267 Delahodde siehe Hodde, Luden de la Delasusse (de la Süsse), Aron-Louis-Frederic (1788-1860) französischer Admiral. 111 Delecluze, Louis-Charles (1809-1871) französischer Journalist, kleinbürgerlicher Revolutionär, wurde als Teilnehmer an den Revolutionen von 1830 und 1848 verfolgt, lebte in der Emigration; 1871 Mitglied der Pariser Kommune, schloß sich der blanquistisch-jakobinischen Mehrheit an; fiel im Barrikadenkampf. 433 Delius, Karl Magdeburger Kaufmann. 30 Delius preußischer Beamter, 1852/1853 Abgeordneter der Zweiten Kammer des preußischen Landtags. 30 Demosihenes (384-322 v. u. Z.) hervorragender Redner und Politiker des griechischen Altertums, Führer der antimakedonischen Partei in Athen, Anhänger der Sklavenhalterdemokratie. 20 Derby, Edward George Geoffrey Smith Stanley, (seit 1851) Earl of (1799-1869) britischer Staatsmann, Whig bis 1835, danach Führer der Tories, später ein Führer der konservativen Partei; Premierminister (1852, 1858/1859 und 1866-1868). 3 189 259 260 290 387 417 Desmoulins, Lucie-Simplice-Camille-Benoit(1760-1794) Advokat in Paris, Teilnehmer der Französischen Revolution, rechter Jakobiner, Freund Dantons. 301 Dickinson Besitzer einer Eisengießerei in Blackburn (Lancashire, England). 343 Dickinson, John (1815-1876) englischer Publizist, Anhänger des Freihandels; Verfasser mehrerer Arbeiten über Indien; nahm an der Gründung der Assoziation für Reformen in Ostindien teil. 156 186
Dickens, Charles (Pseudonym Boz) (1812 bis 1870) englischer realistischer Schriftsteller. 79 Diebitsch, Iwan Iwanowitsch, Graf (1785 bis 1831) russischer Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber im Russisch-Türkischen Krieg 1828/1829; Oberbefehlshaber der Armee, die den polnischen Aufstand von 1830/31 niederschlug. 7 32 469 Dietz, Oswald (etwa 1824-1864) Architekt aus Wiesbaden, Teilnehmer an der Revolution von 1848/49, Emigrant in London; Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten, schloß sich bei der Spaltung des Bundes 1850 der sektiererischen Fraktion Willich-Schapper an und war Mitglied ihrer Zentralbehörde; nahm später am amerikanischen Bürgerkrieg teil. 509 Disraeli (D'Israeli), Benjamin, (seit 1876) Earl of Beaconsfield (1804-1881) britischer Staatsmann und Schriftsteller, einer der Führer der Tories, dann der konservativen Partei; Schatzkanzler (1852, 1858/ 1859 und 1866-1868), Premierminister (1868 und 1874-1880). 3 46 47 52 54 55 57 58 60 69-71 73 74 75 76 80-82 138 179 180 189 205 246 261 273 306 Dolgorvkow, Wassili Andrejewitsch, Fürst (1803-1868) russischer Staatsmann, Kriegsminister (1853-1856); Chef der Gendarmerie und Leiter der III. Abteilung (1856-1866). 246 Dronke, Ernst (1822-1891) Publizist und Schriftsteller, anfangs „wahrer" Sozialist, später Mitglied des Bundes der Kommunisten; 1848/1849 einer der Redakteure der „Neuen Rheinischen Zeitung"; emigrierte nach der Niederlage der Revolution in die Schweiz, später nach England; bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten blieb er Anhänger von Marx und Engels; zog sich später aus dem politischen Leben zurück. 40 41 495 496 Drouyn de Lhays, Edouard (1805-1881) französischer Diplomat und Staatsmann, in den vierziger Jahren gemäßigter Monarchist, Orleanist, nach 1851 Bona
42 Marx/Engels, Werke, Bd. 9
partist; Außenminister (1848/1849, 1851, 1852-1855, 1862-1866). 206 212 214 266 274 312 331 Druey, Henri (1799-1855) Schweizer radikaler Staatsmann, Mitglied des Bundesrates (1848-1855), 1850 Präsident des Schweizer Bundes. 93 Dundas, Sir James Whitley Deans (1785 bis 1862) englischer Admiral, Oberbefehlshaber der englischen Mittelmeerflotte während des Krimkrieges (1852-Januar 1855). 5 114 120 Duplat (Du Plat), Gustavus Charles englischer Diplomat, Konsul in Warschau (1841-1854). 376 Durham, John George Lambton, Earl of (1792 bis 1840) engl. Politiker, Whig; Botschafter in Petersburg (1835-1837). 404 415
Eccarius, Johann Friedrich Schneidergeselle, Mitglied des Bundes der Kommunisten; seit 1851 Emigrant in London; bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten Anhänger von Marx und Engels. 509 510 Eccarius, Johann Georg (1818-1889) Schneider aus Thüringen, Mitglied des Bundes der Gerechten, danach des Bundes der Kommunisten, Mitglied des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation; wirkte später in der engl, trade-unionistischen Bewegung; Bruder des vorigen. 510 Eduard IV. (1442-1483) König von England (1461-1483). 258 Elisabeth I. (1533-1603) Königin von England (1558-1603). 148 Ellenborough, Edward Law, Earl of (1790 bis 1871) britischer Staatsmann, Tory, Mitglied des Parlaments; Generalgouverneur von Indien (1842-1844), Erster Lord der Admiralität (1846), Präsident der Kontrollbehörde für indische Angelegenheiten (1858). 183 189 202 271 Elphinstone, Mountstuart (1779-1859) Gouverneur von Bombay (1819-1827), Verfasser des Buches „Die Geschichte Indiens". 202 Emmanuel, Geofgi Ärsenjewitsch (1775 bis 1837) russischer General ungarischer Ab
stammung, Befehlshaber der Truppen im Kaukasus (1826-1831); unternahm 1829 eine Expedition zum Elbrus. 402 Engelhardt, Anton Jewstratewitsch (1796 bis 1872) russischer General, befehligte 1853 Truppenteile an der Donau. 485 Engels, Friedrich (1820-1895). 40 41 495 bis 499 505 507 517 Ersch, Johann Samuel (1766-1828) Bibliograph, Professor der Geographie und Statistik in Halle; zusammen mit Johann Gottfried Gruber Herausgeber der „Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste". 58 Erzbischof von Freiburg siehe Vicari Hermann von Evans, Sir George de Lacy (1787-1870) englischer General, liberaler Politiker, Mitglied des Parlaments, Teilnehmer am Krimkrieg. 372 392 Ewerbeck, August Hermann (1816-1860) Arzt und Schriftsteller, leitete die Pariser Gemeinde des Bundes der Gerechten, später Mitglied des Bundes der Kommunisten (1850 ausgetreten). 294
Ferdinand VII. (1784-1833) König von Spanien (1808 und 1814-1833). 363 Ferdinand-August-Franz-Anton (1816-1885) Prinz von Sachsen-Coburg-SaalfeldKohary, Gemahl der portugiesischen Königin Maria II. da Gloria, unter dem Namen Ferdinand II. König von Portugal (1837-1853), ab 1853 bis 1855 Regent des Königreichs. 381 Ferdinando-Alber to-Amedeo (1822-1855)Herzog von Genua, Bruder des sardinischen Königs Viktor Emmanuel II. 110 Fickler, Joseph (1808-1865) Journalist, kleinbürgerlicher Demokrat; 1848/49 einer der Führer der radikal-demokratischen Bewegung in Baden; 1849 Mitglied der badischen provisorischen Regierung, danach Emigrant in der Schweiz, in England und in Amerika. 497 Fischbach, russischer General, befehligte 1853 Truppenteile an der Donau. 485
Fitzroy, Henry (1807-1859) englischer Politiker, Peelit; Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern (1852-1855). 228 229 Fitzwilliam, Charles William Wentworth, Earl of (1786-1857) Mitglied des Parlaments, Whig. 190 306 Fleury, Charles (auch Schmidt, eigentl. Carl Friedrich August Krause) (geb. 1824) Kaufmann in London, preußischer Spion und Polizeiagent. 39 83 Forbes, Charles schottischer Grundbesitzer. 427 Fox, Charles James (1749-1806) englischer Staatsmann, Führer der Whigs; 1782, 1783 und 1806 Außenminister. 122 150 Franz /. (1494-1547) König von Frankreich (1515-1547). 58 Franz Joseph I. (1830-1916) Kaiser von Österreich (1848-1916). 110 421 430 Friedrich I. Barbarossa (etwa 1123-1190) deutscher König (ab 1152) und Kaiser (1155-1190); unternahm mehrere Feldzüge gegen Italien. 107 369 Friedrich I. (1826-1907) Regent (1852-1856) und Großherzog von Baden (1856-1907). 520 Friedrich VII. (1808-1863) König von Dänemark (1848-1863). 231 247 248 456 457 Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) König von Preußen (1840-1861). 29 30 212 326 Fuad Efendi, Mechmed (1814-1869) türkischer Staatsmann; war in den fünfziger und sechziger Jahren mehrmals Großwesir und Außenminister. 104 1
Gammage, Robert George (1815-1888) Sattler und Schuhmacher, Anhänger der Chartistenbewegung; Verfasser der „Geschichte des Chartismus". 172 173 Garaschanin, Ilja (1812-1874) serbischer Staatsmann, Liberaler, Innenminister (1843-1852, 1858/1859), Vorsitzender des Ministerrats und Außenminister (1852/ 1853, 1861-1867); nahm in den fünfziger Jahren eine antirussische Haltung ein; später förderte er die Annäherung Serbiens an Rußland. 233 277
Gebert, August Tischler aus Mecklenburg, Mitglied des Bundes der Kommunisten in der Schweiz und dann in London; schloß sich bei der Spaltung des Bundes 1850 der sektiererischen Fraktion WillichSchapper an und wurde Mitglied ihrer Zentralbehörde. 509 Georg I. (1660-1727) König von Großbritannien und Irland (1714-1727). 153 Georg II. (1683-1760) König von Großbritannien und Irland (1727-1760). 153 Georg III. (1738-1820) König von Großbritannien und Irland (1760-1820), Kurfürst und (seit 1814) König von Hannover. 150 153 Gerber, Charles (1816-1879) Schweizer Offizier, ab 1852 Chef der Bürgergarde des Kantons Freiburg, organisierte die Niederschlagung des reaktionären Freiburger Aufstandes von 1853. 86 Gerlach, Wilhelm deutscher Emigrant in London, Arbeiter in der Raketenfabrik W.Haie in einem Vorort von London. 85 Giza (richtiger Geisa) (etwa 949-997) Regent Ungarns (972-997), förderte die Verbreitung des Christentums in Ungarn. 55 Ghika, Gregor Alexander, Fürst (1807-1857) Hospodar der Moldau (1849-1853 und 1854-1856). 286 288 325 550 Gibson, Thomas Milner (1806-1884) britischer Staatsmann, Anhänger des Freihandels, Liberaler; Präsident des Board of Trade (Handels- und Verkehrsministerium) (1859-1865 und 1865/1866). 57 61 70 177 , Girardin, Emile de (1806-1881) französischer Publizist und Politiker, 1836-1857 mit Unterbrechungen Redakteur von „La Presse"; zeichnete sich in der Politik durch äußerste Prinzipienlosigkeit aus. 111 Gladstone, William Ewart (1809-1898) britischer Staatsmann, Tory, danach Peelit; in der zweiten Hälfte des ^.Jahrhunderts Führer der Liberalen Partei; Schatzkanzler (1852-1855 und 1859-1866) und Premierminister (1868-1874, 1880-1885, 1886 und 1892-1894). 44-48 52-55 57-61
62-66 68-73 75-81 104 105 120-122 146 147 177 179 188 189 227 290 316 431 Goderich siehe Robinson, Frederick John Godwin, Henry Thomas (1784-1853) englischer General, Oberbefehlshaber im zweiten englisch-birmanischen Krieg (1852). 204 Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832). 133 Goldheim preußischer Polizeioffizier, gehörte Anfang der fünfziger Jahre zu den Leitern der preußischen Agentur in London. 83 Golowin, Iwan Gawrilowitsch (1816-1886) russischer liberaler Gutsbesitzer, Publizist, Emigrant in England; in den vierziger und fünfziger Jahren stand er Herzen und Bakunin nahe. 294 322 Gortschakow, Michail Dmitrijewitsch, Fürst (1793-1861) russischer General, Befehlshaber der Donauarmee (1853/1854), dann Oberbefehlshaber der Krimarmee (Februar bis Dezember 1855); Statthalter von Polen (1856-1861). 176 214 240 246 335 348 428 429 447 458 466 471 483 487 488 550 Gottfried von Bouillon (etwa 1060-1100) Herzog von Niederlothringen (1089 bis 1100), Führer des ersten Kreuzzuges (1096-1099). 498 Graham, Sir James Robert George of Ne~ therby (1792-1861) britischer Staatsmann; Whig, später Peelit; Innenminister (1841 - bis 1846), Erster Lord der Admiralität (1830-1834 und 1852-1855). 268 545 546 Granier de Cassagnac, Bernard-Adolphe de (1806-1880) französischer Journalist, prinzipienloser Politiker, vor der Revolution von 1848 Orleanist, dann Bonapartist; während des Zweiten Kaiserreichs Deputierter des Corps Ldgislatif (1852-1870); Mitarbeiter am „Constitutionner. 20 Granville, George Leveson-Gower, Earl (1815 bis 1891) britischer Staatsmann, Whig, später einer der Führer der Liberalen Partei; Außenminister (1851/1852,1870-1874 und 1880-1885),Kolonialminister (1868 bis
1870 und 1886), Präsident des Geheimen Rates (1852-1854). 195 Greely, Horace (1811-1872) amerikanischer Journalist und Politiker, Gründer und einer der Redakteure der fortschrittlichen Zeitung „New-York Daily Tribüne", wandte sich später vom Radikalismus ab. 179 Greif preußischer Polizeioffizier, gehörte Anfang der fünfziger Jahre zu den Leitern der preußischen Agentur in London. 39 Greg, Charles, Earl (1764-1845) britischer Staatsmann, ein Führer der Whigs; Erster Lord der Admiralität (1806) und Premierminister (1830-1834). 190 386 Greg, Sir George (1799-1882) britischer Staatsmann, Whig, Innenminister (1846 bis 1852, 1855-1858 und 1861-1866), Kolonialminister (1854/1855). 191 Grey, Sir Henry George, Earl (1802-1894) britischer Staatsmann, Whig; Kriegsminister (1835-1839), Kolonialminister (1846-1852); Sohn des Earl Charles Grey. 403 Grillanzoni, Giovanni (1796-1868) italienischer Patriot und Revolutionär, Anhänger Mazzinis. 313 Grosvenor, Lord Robert (1801-1893) englischer Politiker, Whig, später Liberaler, Mitglied des Parlaments. 61 Gruber, Johann Gottfried (1774-1851) Wissenschaftler und Literaturhistoriker; zusammen mit Johann Samuel Ersch Herausgeber der „Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaftenund Künste". 58 Grundtvig, Nicolai Frederik Severin (1783 bis 1872) dänischer Theologe und Dichter, Mitglied des Folketings (Zweite Kammer des dänischen Reichstags), Gegner der Wiedervereinigung Schleswig-Holsteins mit Deutschland. 103 Guizot, Franfois-Pierre-Guillaume (1787 bis 1874) französischer Historiker und Staatsmann, Orleanist, leitete von 1840-1848 die Innen- und Außenpolitik Frankreichs, vertrat die Interessen der großen Finanzbourgeoisie. 20 31 88 91 206
Gümpel deutscher Demokrat, Anfang der fünfziger Jahre Emigrant in London. 509 Guyon, Richard Debaufre siehe Churschid Pascha Gyulay, Ferenc, Graf (1798-1868) österreichischer Feldmarschall, Kriegsminister (1849/1850), Oberbefehlshaber der österreichischen Armee im österreichischitalienisch-französischen Krieg 1859. 176
Habsburger Dynastie der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1273-1806 mit Unterbrechungen), der Kaiser von Österreich (seit 1804) und der Kaiser von Österreich-Ungarn (1867 bis 1918). 16 Haie, Robert Sohn und Kompagnon von William Haie. 83 85 109 Haie, William Besitzer einer Raketenfabrik in einem Vorort Londons. 83-85 109 Halliday, Frederic James (1806-1901) Beamter der britischen Ostindischen Kompanie, Gouverneur von Bengalen (1854 bis 1859). 180 Hamilton siehe Seymour, Sir George Hamilton Hammer-Purgstall, Joseph, Freiherr von (1774-1856) österreichischer Historiker, Orientalist, Verfasser von Arbeiten zur Geschichte der Türkei; 1796 bis 1835 im diplomatischen Dienst im Nahen Osten. 22 Hampden, John (1594-1643) englischer Politiker, führend an der bürgerlichen Revolution in England beteiligt, vertrat die Interessen der Bourgeoisie und des verbürgerlichten Adels; Mitglied des Langen Parlaments. 229 Hardwicke, Charles Philip Yor\e, Earl of (1799-1873) englischer Marineoffizier und Politiker, Tory; ab 1854 Admiral. 271 Hasenclever, Johann Peter (1810-1853) Genremaler. 237 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831). 493 496 Heinrich V. siehe Chambofd, Henri-Charles d'Artois, duc de Bordeaux, comte de
Heise, Hermann (gest. 1860) Demokrat und Publizist, Teilnehmer der Revolution von 1848/49, danach Emigrant in England. 511 Henry, Thomas (1807-1876) englischer Richter. 83 85 Hentze, A. deutscher Offizier, Mitglied des Bundes der Kommunisten; bei der Spaltung des Bundes 1850 schloß er sich der sektiererischen Fraktion Willich-Schapper an; Belastungszeuge im Kölner Kommunistenprozeß (1852). 510-512 Herbert Sidney, Baron of Lea (1810-1861) ursprünglich Tory, danach Peelit; Staatssekretär für das Kriegswesen (1845/1846 und 1852-1855), Kriegsminister (1859 bis 1860). 57 195 Herries, John Charles (1778^-1855) britischer Staatsmann, Tory. 180 379 Herzen, Alexander Iwanowitsch (1812-1870) bedeutender russischer revolutionärer Demokrat, materialistischer Philosoph, Publizist und Schriftsteller; er „kam dicht bis an den dialektischen Materialismus heran" (Lenin). 294 Herzog Von Baden siehe Friedrich I. Herzog von Genua siehe Fer dinando-AlbertoAmedeo Hien-föng siehe Ssjön-föng Hinckeldey, Karl Ludwig Friedrich von (1805 bis 1856) preußischer Regierungsbeamter, seit 1848 Polizeipräsident von Berlin und seit 1853 Leiter der Abteilung Polizei im Ministerium des Innern. 28 29 30 Hirsch, Wilhelm Handlungsgehilfe aus Hamburg, Anfang der fünfziger Jahre preußischer Polizeiagent in London. 39 40 42 83 508 509 Hobhouse, John Com, Baron Broughton de Gyfford (1786-1869) britischerStaatsmann, Whig, Präsident der KontroHbehörde für indische Angelegenheiten. 140 185 Hodde, Luden de la (Delahodde) (1808-1865) französischer Publizist, Mitglied revolutionärer Geheimgesellschaften während der Restauration und der Julimonarchie; Polizeiagent. 39 Hogg, Sir James Weir (1790-1876) englischer Politiker, Peelit, Mitglied des
Parlaments; Vorsitzender des Direktoriums der Ostindischen Kompanie (1846/47 und 1852/53). 125 127 227 Hooson, Edward englischer Arbeiter, aktiver Anhänger der Chartistenbewegung. 172 175 Horaz (Horatius), Quintus Flaccus (65-8 v. u. Z.) römischer Dichter, Verfasser von Oden und Satiren. 87 Horsfall, Thomas Berry (geb. 1805) englischer Bergwerksbesitzer und Politiker, Mitglied des Parlaments. 426 Hume, Joseph (1777-1855) englischer Politiker, führender bürgerlicher Radikaler, Mitglied des Parlaments. 50 69 77 127 200 369 377 379 413 417 Hunt, Henry (1773-1835) bekannter englischer Redner und Politiker, bürgerlicher Radikaler, Mitglied des Parlaments. 369
Ibrahim Pascha (1789-1848) ägyptischer Heerführer, Adoptivsohn des Regenten Ägyptens Mechmed Ali; befehligte die türkischen Truppen gegen die griechischen Aufständischen (1824-1828); Oberbefehlshaber des ägyptischen Heeres in den Kriegen Ägyptens gegen die Türkei (1831-1833 und 1839-1841); ab 1844 Mitregent Ägyptens. 382 383 385 387 Inglis, Sir Robert Harry (1786-1855) englischer Politiker, Tory, Mitglied des Parlaments. 180 389 Ingraham, Duncan Nathaniel (1802-1891) amerikanischer Marineoffizier; 1853 Kapitän des Kriegsschiffes „St. Louis"; in den „Zwischenfall in Smyrna" verwickelt. 215 303 Islamatow, Iwan Nikolajewitsch russischer Marineoffizier, Kommandeur der Fregatte „Aurora". 545-547 Ismail Pascha (1805-1861) General in der türkischen Armee, Tscherkesse von Geburt; befehligte 1853 türkische Truppenteile an der Donau. 470
Joanidis 1853 Leiter eines Departements des Ministeriums des Innern der Walachei. 287
Jocelyn, Robert, Viscount (1816-1854) englischer Offizier, Mitglied des Parlaments, bekleidete 1845/1846 einen Posten im Kontrollrat für Indien. 199 Johann ohne Land (etwa 1167-1216) König von England (1199-1216). 24 Jones, Ernest Charles (1819-1869) englischer proletarischer Dichter und Publizist; Führer der Chartisten (linker Flügel), einer der Redakteure des „Northern Star", Herausgeber der chartistischen Blätter „Notes to the People" und „The People's Paper"; bis in die fünfziger Jahre eng mit Marx und Engels verbunden. 56 135 171 172 173 175 199 231 460 474 475 482 523 524
Karageorg (Karadjordje) (Georg Petrovic) (1752-1817) Führer des Kampfes des serbischen Volkes gegen das türkische Joch (1804-1813), Regent des unabhängigen Serbiens (1811-1813), Begründer der Dynastie Karageorgevic; floh 1813 nach der Niederlage aus Serbien, kehrte 1817 heimlich in die Heimat zurück und wurde auf Befehl von Milos Obrenovic ermordet. 35 Karll. (1600-1649) König von England (1625-1649), während der englischen bürgerlichen Revolution hingerichtet. 148 Karl der Große (etwa 742-814) seit 768 König der Franken; römischer Kaiser (800-814). 235 KarlX. (1757-1836) König von Frankreich (1824-1830). 166 235 Karl Albert (1798-1849) König von Sardinien und Piemont (1831-1849). 521 Karnicky, Wladislaxo, Graf österreichischer Diplomat, 1853Geschäf tsträger inBern. 109 Katharina II. (1729-1796) Zarin von Rußland (1762-1796). 32 114 115 415 Keogh, William Nicolas (1817-1878) irischer Jurist und Politiker, schloß sich den Peeliten an, einer der Führer der irischen Parlamentsfraktion; bekleidete mehrmals hohe juristische Ämter in der britischen Verwaltung Irlands. 122 Kepler, Johannes (1571-1630) hervorragender deutscher Astronom. 95
Khuli-Khan siehe Nadir Schah Kinkel, Gottfried Johann (1815-1882) Schriftsteller und Publizist, kleinbürgerlicher Demokrat, Teilnehmer am badischpfälzischen Aufstand von 1849; später emigrierte er nach London und war dort einer der Hauptintriganten gegen Marx. 42 494 495 498 509 510 Kinkel, Johanna, geb. Möddel (1810-1858) Schriftstellerin, Frau von Gottfried Kinkel. 495 Kisselew, Nikolai Dimitrijewitsch (1800-1869) russischer Diplomat, Botschafter in Paris (1851-1854). 117 Knight, Henry Gally (1786-1846) englischer Weltreisender und Schriftsteller, Mitglied des Parlaments. 372 König von Dänemark siehe Friedrich VII. Konstantin Pawlowitsch, Großfürst von Rußland (1779-1831), zweiter Sohn des Zaren Paul I., seit 1814 Oberbefehlshaber der polnischen Armee, Statthalter von Polen (1814-1831). 115 396 Kornilow, Wladimir Alexejewitsch (1806 bis 1854) russischer Admiral, Stabschef der Schwarzmeerflotte (1849-1853), einer der Organisatoren der heldenhaften Verteidigung von Sewastopol. 5 262 Ko'scielski, Wladislatß (geb. 1820) polnischer Demokrat, Emigrant, später General in der türkischen Armee. 295 Kossuth, Lajos (Ludwig) (1802-1894) Führer der ungarischen nationalen Befreiungsbewegung, stand in der Revolution von 1848/49 an der Spitze der bürgerlichdemokratischen Elemente; Haupt der ungarischen revolutionären Regierung; nach der Niederlage der Revolution floh er in die Türkei, lebte später als Emigrant in England und Amerika. 41 68 85 401 Koszta, Martin (gest. 1858) Teilnehmer an der Revolution 1848/49 in Ungarn; nach der Niederschlagung der Revolution emigrierte er in die Türkei, später nach Amerika, wo er die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm, Koszta war in den „Zwischenfall in Smyrna" verwickelt (1853), 266
Kremer, Georg 1853 russischer Generalkonsul in London. 83 Kupfer, Adolf Jakowlevoitsch (1799-1865) russischer Physiker, Mineraloge, Kristallograph und Meteorologe; 1829 Leiter der wissenschaftlichen Expedition zum Elbrus. 402
Labouchere, Henry, Lord Taunton (1798 bis 1869) britischer Staatsmann, Whig; Handelsminister (1839-1841 und 1847-1852), Kolonialminister (1855-1858). 191 Lagrene, Theodore-Marie-Melchior-Joseph de (1800-1862) französischer Diplomat; während seines Aufenthalts in Petersburg als erster Botschaftssekretär (1831-1834) hatte er einige Zeit die Funktion des Geschäftsträgers inne. 393 La Guironniere, Louis-Etienne-Arthur Duhreuil-Hllion, vicomte de (1816-1875) französischer Publizist und Politiker, in den fünfziger Jahren Bonapartist. 212 Landolphe französischer kleinbürgerlicher Sozialist, Emigrant in London; schloß sich bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten der sektiererischen Fraktion Willich-Schapper an. 515 Lansdowne, Henry Petty-Fitzmaurice, Marquess of (1780-1863) britischer Staatsmann, Whig; Schatzkanzler (1806/1807), Präsident des Geheimen Rates (1830 bis 1841 und 1846-1852), Minister ohne Portefeuille (1852-1863). 260 Lasarew, Michail Petrowitsck (1788-1851) russischer Flottenführer, Admiral, Antarktisforscher; ab 1833 Oberbefehlshaber der Schwarzmeerflotte. 409 Lavalette (La Valette), Charles-Jean-MarieFelix, marquis de (1806-1881) französischer Staatsmann, Bonapartist; Botschafter in Konstantinopel (1851-1853), Innenminister (1865-1867), Außenminister (1868 bis 1869). 277 Layard, Austen Henry (1817-1894) englischer Archäologe und Politiker, bürgerlicher Radikaler, später Liberaler, Mitglied des Parlaments. 188 189 195 205 274 276 278 279
Ledru-Rollin, Alexandre-Auguste (1807 bis 1874) französischer Publizist und Politiker, einer der Führer der kleinbürgerlichen Demokraten, Redakteur der Zeitung „La Reforme"; 1848 Innenminister der provisorischen Regierung und Mitglied der Exekutivkommission; Deputierter der Konstituierenden und der Gesetzgebenden Nationalversammlung, stand an der Spitze der Bergpartei (Montagne); nach der Demonstration vom 13. Juni 1849 emigrierte er nach England. 433 515 552 Leeds siehe Osborne, Thomas Leiningen-Westerburg, Christian Franz, Graf (1812-1856) österreichischer General, wurde 1853 mit einer außerordentlichen Mission nach Konstantinopel gesandt. 270 Leopold I. (1790-1865) König von Belgien (1831-1865). 110 III 262 550 Lew siehe Lussinian, Lewon Libenyi, Jdnos (etwa 1832-1853) ungarischer Schneidergeselle, verübte 1853 einen Anschlag auf den österreichischen Kaiser Franz Joseph I. 29 Liddell, Henry George (1821-1903) englischer Parlamentarier. 190 Lieven, Christofor Andrejewitsch, Fürst von (1774-1839) russischer Diplomat; Gesandter in Berlin (1810-1812), Botschafter in London (1812-1834). 166 168 235 364 Lieven,Darja(Dorothea) Christoforowna,geb. von Benckendorf (1785-1857) Frau des russischen Diplomaten Fürst Christofor Andrejewitsch von Lieven; spielte eine Rolle im diplomatischen Leben als Gastgeberin politischer Salons in London und Paris. 21 Lieven, Wilhelm Kärlowitsch, Baron (1800 bis 1880) russischer General, führte einzelne diplomatische Aufträge aus. 326 Liprandi, Pawel Petrowitsch (1796-1864) russischer General, befehligte während des Krimkrieges Truppenteile an der Donau und auf der Krim. 485 Liverpool, Robert Banks Jenkinson, Earl of (1770-1828) britischer Staatsmann, einer der Führer der Tories, n^hm verschiedene
Ministerposten ein, Premierminister (1812 bis 1827). 358 Lizius Buchverleger in Frankfurt am Main. 42 Lochner, Georg (geb. etwa 1824) Tischler, Mitglied des Bundes der Kommunisten und des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation; Freund und Kampfgenosse von Marx und Engels. 509 Louis Bonaparte siehe Napoleon III. Louis-Napoleon siehe Napoleon III. Louis-Philippe (1773-1850) Herzog von Orleans, König der Franzosen (1830-1848). 4 148 149 167 206 262 Loustalot, Elysee (1762-1790) französischer Publizist, demokratischer Revolutionär, Teilnehmer der Französischen Revolution. 110 Lowe, Robert (Bob), Viscount Sherbrooke (1811-1892) britischer Staatsmann und Publizist, Mitarbeiter der „Times", Whig, später Liberaler, Mitglied des Parlaments; Stellvertreter des Präsidenten des Board of Trade (Handels- und Verkehrsministerium) (1 855-1858), Schatzkanzler (1868 bis 1873), Innenminister (1873/1874). 227 Lüders, Alexander Nikplajewitsch, Graf (1790 bis 1874) russischer General, nahm 1831 an der blutigen Unterwerfung Polens teil; kämpfte später gegen die Bergvölker des Kaukasus; unterdrückte 1848 die Revolution in der Moldau und Walachei; beteiligte sich 1849 an der Niederschlagung der Revolution in Ungarn; befehligte 1853/1854das 5. Armeekorps an derDonau, 1855 die Südarmee und wurde 1856 Oberbefehlshaber der Krimarmee; 1861/1862 Statthalter in Polen. 468 485 Ludwig XIV. (1638-1715) König von Frankreich (1643-1715). 70 Lund englischer Fabrikant in Yorkshire. 425 Lussinian, Lewon armenischer Fürst, politischer Abenteurer, Emigrant; lebte 1853 in England. 139
Macaulay, Thomas Babington, Lord, Baron of Rothley (1800-1859) englischer bürgerlicher Historiker und Politiker, Whig, Mit
glied des Parlaments; als Mitglied des Rates beim Generalgouverneur in Indien (1833-1838) beschäftigte er sich mit der Ausarbeitung eines Strafgesetzbuches für Indien, das 1860 als Gesetz bestätigt wurde. 124 184 MacDonnell schottische Grundbesitzerin. 427 MacGregor, James Mitglied des englischen Parlaments (1852/1853). 57 Machmud II. (1785-1839) türkischer Sultan (1808-1839). 164 382 383-387 Maddock, Sir Thomas Herbert (1792-1870) englischer Politiker, Mitglied des Parlaments. 227 Madier französischer Mechaniker, kleinbürgerlicher Demokrat, Anfang der fünfziger Jahre Emigrant in England. 517 Mahon, Philip Henry Stanhope, Viscount (1805-1875) englischer Politiker und Historiker, Peelit, Mitglied des Parlaments; 1834/1835 Stellvertreter des Außenministers. 388 403 Malcolm, Sir John (1769-1833) britischer Diplomat und Beamter im Dienst der Ostindischen Kompanie, Verfasser mehrerer Werke über Indien; Gesandter in Teheran (1799-1801,1808-1810); Gouverneur von Bombay (1826-1830). 202 Malet, Claude-Francois de (1754-1812) französischer General und Politiker, Republikaner; Führer der antibonapartistischen Verschwörung im Jahre 1812; wurde nach der Niederlage der Verschwörung erschossen. 552 Malmesbury, James Howard Harris, Earl of (1807-1889) britischer Staatsmann, Tory, später Konservativer; Außenminister (1852 und 1858/1859), Lordsiegelbewahrer (1866-1868 und 1874-1876). 190 214 260 266-270 Mcdthus, Thomas Robert (1766-1834) englischer Geistücher und Ökonom, Ideologe der verbürgerlichten Grundbesitzeraristokratie, Apologet des Kapitalismus; stellte die reaktionäre Theorie von der Übervölkerung auf, die das Elend der Werk
tätigen im Kapitalismus rechtfertigen sollte. 254 338 460 472 474 Mandschurische Dynastie (Tsin) Kaiserdynastie, die von 1644 bis 1912 in China regierte. 96 Mano, Johann Außenminister der Walachei (1850-1854). 287 Manteuffel, Karl Otto, Freiherr von (1806 bis 1879) preußischer Staatsmann, Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern (1851-1858); Bruder von Otto Theodor Manteuffel. 29 30 Manteuffel, Otto Theodor, Freiherr von (1805 bis 1882) preußischer Staatsmann, Vertreter der reaktionären Adelsbürokratie; Innenminister (1848-1850), Ministerpräsident und Außenminister (1850 bis 1858). 29 30 36 519 Maria II. da Gloria (1819-1853) Königin von Portugal (1826-1828 und 1834-1853). 381 Maria Christina (1806-1878) Gemahlin des spanischen Königs Ferdinand VII.; Regentin von Spanien (1833-1840). 381 Maria Luisa Fernando (1832-1897) Frau des Herzogs von Montpensier, Schwester der spanischen Königin Isabella II., Infantin. 378 Marie-Antoinette (1755-1793) Königin von Frankreich (1774-1793), Frau Ludwigs XVI., wurde während der Französischen Revolution hingerichtet. 478 Martin, Sir William Fanshaw (1801-1895) englischer Admiral, war 1853 Leiter der Werft von Portsmouth. 545 Marx, Francis Joseph Peter (1816-1876) englischer konservativer Publizist, Grundbesitzer; Freund und Kampfgefährte von David Urquhart. 294 296 Marx, Jenny, geb. von Westphalen (1814 bis 1881) Frau und Mitarbeiterin von Karl Marx. 40 511 Marx, Karl (1818-1883). 493-497 499 502 505-507 515 517 Massena, Andre, duc de RiVoli, prince d'Essling (1756-1817) Marschall von Frankreich, Teilnehmer an den napoleonischen Kriegen. 438 468
Matthews, John englischer Arbeiter, Chartist. 475 Maupas, Charlemagne-Emile de (1818-1888) französischer Advokat, Bonapartist, Präfekt der Pariser Polizei (1851), einer der Organisatoren des Staatsstreichs vom 2. Dezember 1851, Polizeiminister (1852 bis 1853). 28 30 Maurogeni türkischer Diplomat, Anfang der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts Geschäftsträger in Wien. 384 Mayne, Sir Richard (1796-1868) Chef der Londoner Polizei. 298 Mazzini, Giuseppe (1805-1872) italienischer bürgerlich-demokratischer Revolutionär, einer der Führer der nationalen Befreiungsbewegung in Italien; 1849 Chef der provisorischen Regierung der Römischen Republik, 1850 einer der Mitbegründer des Zentralausschusses der Europäischen Demokratie in London. 4 5 38 93 109 519 521 McNeill (MacNeill), John (1795-1883) britischer Diplomat, 1836-1842 Gesandter in Teheran. 367 Mechmed Ali (1769-1849) erblicher Statthalter von Ägypten (1805-1849), setzte eine Reihe fortschrittlicher Reformen durch; 1831-1833und 1839/1840 führte er Krieg gegen den türkischen Sultan, um Ägypten zu einem von der Türkei unabhängigen Staat zu machen. 337 Mechmed Ali Pascha (1807-1868) türkischer Militär und Staatsmann, von 1852 bis zum 13. Mai 1853 Großwesir, danach Kriegsminister (1853/1854). 206 371 382 383 385 386 387 540 Melanchthon, Philipp (1497-1560) Theologe, nächster Mitarbeiter Luthers, paßte mit ihm gemeinsam das Luthertum den fürstlichen Interessen an. 498 Menduhn-Men König von Birma (1853 bis 1878). 292 Menschikow, Alexander Sergejewitsch, Fürst (1787-1869) russischer Militär und Staatsmann, 1853 außerordentlicher Botschafter in Konstantinopel, Oberbefehlshaber der Land- und Seestreitkräfte auf der Krim
(1853-1855). 5 38 107 108 III 112 114 118 138 143 146 196 267 269-271 274 275 277 278 326 332 335 428 534 539 Metternich, Clemens Wenzel Lothar, Fürst von (1773-1859) österreichischer Staatsmann und Diplomat; Außenminister (1809 bis 1821) und Staatskanzler (1821-1848), einer der Begründer der Heiligen Allianz. 31 88 91 364 396 545 Meyen, Eduard (1812-1870) Publizist, Junghegelianer, kleinbürgerlicher Demokrat; emigrierte nach der Niederlage der Revolution von 1848/49 nach England; später Nationalliberaler. 498 Meyendorf, (Meyendorff) Pjotr Kasimirotßitsch, Freiherr von (1796-1863) russischer Diplomat, Gesandter in Berlin (1839 bis 1850) und in Wien (1850-1854). 196 326 335 Mill, James (1773-1836) englischer bürgerlicher Ökonom und Philosoph, vulgarisierte die Lehre Ricardos, verfaßte die „Geschichte Britisch-Indiens". 150 Miller, Joseph (Jo) (1684-1738) populärer englischer Komiker. 68 Milner, Gibson siehe Gibson, Thomas Milner Milnes, Richard Monctyon, Baron Houghton -(1809-1885) englischer Schriftsteller und Politiker, ursprünglich Tory, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Liberaler; Mitglied des Parlaments. 281 289 Minie, Claude*Etienne (1804-1879) französischer Offizier; Erfinder eines nach ihm benannten Gewehrs. 488 Miskowsky, Henryk Ludvic (gest. 1854) polnischer Offizier, Teilnehmer an der Revolution von 1848/49 in Ungarn; emigrierte nach der Niederlage der Revolution in die Türkei, dann nach London. 503-506 Molesworth, Sir William (1810-1855) britischer Staatsmann, Liberaler (gehörte den sog. Mayfair-Radikalen an), Mitglied des Parlaments; Oberkommissar für öffentliche Arbeiten (1853-1855) und Kolonialminister (1855). 50 195 264 Monrad, Ditlev Gothard (1811-1887) dänischer Bischof und Politiker, Minister
präsident und Finanzminister (1863/1864), Kultus- und Unterrichtsminister (1848 und 1859-1863); in den fünfziger Jahren Führer der nationalliberalen Partei. 457 Monsell, William (1812-1894) irischer Politiker, Liberaler, einer der Führer der irischen Parlamentsfraktion, Sekretär des Feldzeugamtes (1852-1857). 122 Montpensier, Antoine~Marie~Philippe~Louis d'Orleans, duc de (1824-1890) Sohn LouisPhilippes, Gatte der spanischen Infantin Maria Luise Fernanda, 1868/1869 spanischer Thronprätendent. 378 Morrison, James (1770-1840) englischer Kaufmann, der durch den Verkauf der sog. Morrison-Pillen ein großes Vermögen erwarb. 494 Mozart, Wolf gang Amadeus (1756-1791 ).382 Müllner, Adolf (1774-1829) Schriftsteller und Kritiker. 42 Man Thomas (1571-1641) englischer Händler und Ökonom, Merkantilist, ab 1615 ein Direktor der Ostindischen Kompanie. 153 Munro, Sir Thomas (1716-1827) englischer General, Gouverneur von Madras (1819 bis 1827). 202 Müntz, George Frederick (1794-1857) englischer Waffenfabrikant und Politiker, bürgerlicher Radikaler, Mitglied des Parlaments; während des Kampfes für die Parlamentsreform (1832) organisierte er eine Reihe von Massenkundgebungen zur Durchsetzung der Reform. 281 Mustafa Pascha (geb. etwa 1796) türkischer Staatsmann, von Mai 1853 bis Mai 1854 Großwesir. 325 337
Nachimow, Pawel Stepanowitsch (1802-1855) hervorragender russischer Flottenführer, Admiral, Befehlshaber des russischen Geschwaders in der Schlacht bei Sinope; Führer und Organisator der heldenhaften Verteidigung von Sewastopol (1854/1855). 560 561 Nadir Schah (Khuli Khan) (1688-1747) Schah von Persien (1736-1747); unternahm 1738/1739 einen Raubzug nach Indien, 125 128
Namyk Pascha türkischer Politiker, wurde Oktober 1832 mit einer diplomatischen Mission nach London gesandt. 384 Napier, Sir Joseph (1804-1882) englischer Politiker, Tory, Mitglied des Parlaments; gehörte 1852 dem Derby-Ministerium als Kronanwalt (Attorney General) für Irland an; 1858/1859 Lordkanzler für Irland. 260 Napoleon I. Bonaparte (1769-1821) Kaiser der Franzosen (1804-1814 und 1815). 5 6 363 373 378 465 Napoleon III. Louis Bonaparte (1808-1873) Neffe Napoleons I., Präsident der Zweiten Republik (1848-1852), Kaiser der Franzosen (1852-1870). 20 21 28 29 88 110 143 145 167 200 212 214 232 239 252 262 263 267-270 319 435 487 541 550-553 557 Nasr-ed-Din (1831-1896) Schah von Persien (1848-1896). 420 456 Naut, Stephan Adolf Kaufmann in Köln, verantwortlicher Verleger (Gerant) der „Neuen Rheinischen Zeitung". 511 Nepokoitschizki, Artur Adamowitsch (1813 bis 1881) russischer General, nahm am Krimkrieg teil. 5 Nesselrode, Dmitri Karlowiisch, Graf von russischer Diplomat, Sohn von Karl Wassilewitsch Nesselrode. 5 Nesselrode, Karl Wassilewitsch, Graf von (1780-1862) russischer Staatsmann und Diplomat; Außenminister (1816-1856), Staatskanzler. 65 66 68 69 197 199 206 207 212 213 232 243 248 270 312 326 332 335 336 393 408 418 421 428 Newcastle, Henry Pelham Fiennes PelhamClinton, Duke of (1811-1864) britischer Staatsmann, Peelit, Minister für Irland (1846), Kriegs- und Kolonialminister (1852-1854), Kriegsminister (1854/1855), Kolonialminister (1859-1864). 260 Newman, Francis William (1805-1897) englischer Professor der Philologie, Schriftsteller, Verfasser einer Reihe von religiösen, politischen und ökonomischen Schriften; bürgerlicher Radikaler. 161 162 Newton, Sir Isaac (1642-1727) großer englischer Physiker, Astronom und Mathe
matiker, Begründer der Wissenschaft der Mechanik. 95 Nikolaus I. (1796-1855) Zar von Rußland (1825-1855). 5 6 20 21 104 107 110 114 115 118 119 138 143 146 164 166 176 177 193 197-199 212 213 215 232 235 240 242 244 245 246 247 253 263 266-270 272 274-276 289 302 321-326 332 335-338 348 352 357 366 369 370 382 383 395 396 401 402 404 411 413 420 421 428 429 434 436 440 444 449 456 458 488 542-544 549-551 556 Nirod russischer General, befehligte 1853 Truppenteile an der Donau. 485 Normanby, Constantine Henry Phipps, Marquis of (1797-1863) britischer Staatsmann, Whig, Vizekönig von Irland (1835-1839), Kriegs- und Kolonialminister (1839), Innenminister (1839-1841); Botschafter in Paris (1846-1852). 378 Nörner preußischer Gerichtsbeamter. 83 North, Frederick, Earl of Guilford (1732 bis 1792) britischer Staatsmann, Tory, Schatzkanzler (1767), Premierminister (1770-bis 1782); 1783 Innenminister im Koalitioriskabinett Portland (Kabinett Fox-North). 122 150
Obrenovic, Michail (1823-1868) Fürst von Serbien (1839-1842 und 1860-1868). 35 233 277 287 O'Brien, William Smith (1803-1864) Teilnehmer an der irischen nationalen Befreiungsbewegung, Führer des rechten Flügels der Gesellschaft „Jung-Irland"; Mitglied des Parlaments (1828-1831 und 1835-1849); 1848 nach dem mißglückten Aufstandsversuch in Irland verhaftet und züm Tode verurteilt (umgewandelt in lebenslängliche Verbannung); 1856 amnestiert. 378 O'Connell, Daniel (1775-1847) irischer Advokat und bürgerlicher Politiker, Führer des rechten liberalen Flügels der irischen nationalen Befreiungsbewegung (RepealAssociation). 413 O'Connor, Feargus Edward (1794-1855) einer der Führer des linken Flügels der Char
tisten, Gründer und Redakteur der Zeitung „The Northern Star"; nach 1848 Reformist. 56 Omer Pascha (Michail Latas) (1806-1871) türkischer General, seiner Herkunft nach Kroate, Oberbefehlshaber der türkischen Truppen im Krimkrieg. 322 326 348 428 429 437-439 441 442 457 462-464 466 469-471 484-487 528-533 564 Orleans französische Königsdynastie (1830 bis 1848). 557 Orleans, Helene, Prinzessin von MecklenburgSchwerin, duchesse d' (1814-1858) Witwe Ferdinands, des ältesten Sohnes LouisPhilippes, Mutter des Grafen von Paris, des französischen Thronprätendenten. 262 Orlou), Alexej Fjodorowitsch, Graf (ab 1856) Fürst (1786-1861) russischer Militär, Staatsmann und Diplomat; schloß die Verträge von Adrianopel (1829) und HunkiarIskelessi mit der Türkei ab; leitete die russische Delegation auf dem Pariser Kongreß (1856). 383 OrsiniJ'elice (1819-1858)italienischer bürgerlicher Demokrat,Republikaner ,Tei lnehmer am Kampf für die nationale Befreiung und Vereinigung Italiens; verübte 1858 ein Attentat auf Napoleon III. und wurde hingerichtet. 521 Orstedt, Anders, Sandte (1778-1860) dänischer Jurist und Staatsmann, Ministerpräsident (1853/1854). 457 Osborne, Thomas, Earl of Danby (ab 1689) Marquis Caermarthen, (ab 1694) Herzog von Leeds (1631-1712) englischer Staatsmann, Tory; Premierminister (1674 bis 1679 und 1690-1695); 1695 warf ihm das Parlament Bestechlichkeit vor. 149 Osman Pascha (etwa 1785 bis etwa 1860) türkischer Admiral, befehligte das türkische Geschwader in der Schlacht bei Sinope. 562 Osten-Sacken, Dmitri Jerofewitsch (1789 bis 1881) russischer General, während des Krimkrieges Befehlshaber des 3. Armeekorps im Süden Rußlands (1853/1854), war Chef der Sewastopoler Garnison (Ende 1854-1855). 485 Otto 1. (1815-1867) bayrischer Prinz, König von Griechenland (1832-1862). 381 Pacifico, David (1784-1854) Kaufmann in Athen, englischer Staatsbürger; seiner Herkunft nach Portugiese. 357 Pakington, Sir John Somerset (1799-1880) britischer Staatsmann, Tory, später Konservativer; Minister für Krieg und Kolonien (1852), Erster Lord der Admiralität (1858/1859 und 1866/1867) und Kriegsminister (1867/1868). 3 57 74 227 273 279 Palmerston, Henry John Temple, Viscount (1784-1865) britischer Staatsmann; zuerst Tory, ab 1830 einer der rechten Führer der Whigs; Staatssekretär für das Kriegswesen (1809-1828), Außenminister (1830-1834, 1835-1841, 1846-1851), Innenminister (1852-1855), Premierminister (1855-1858 und 1859-1865). 4 20 26 31 33 58 68 143 145 190 191 195 230 239 240 253 262 264 284 285 289 290 306 312 322 323 337 355 358-365 367-372 374-385 387-401 403-410 412-418 431 482 534 536 537 538 541 544 546 547 549 555-558 Paskewitsch, Iwan Fjodor owitsch, Fürst (1782-1856) russischer Generalfeldmarschall, ab Juni 1831 Oberbefehlshaber der russischenTruppen, die den polnischen Aufstand von 1830/31 niederschlugen, ab 1832 Statthalter in Polen; 1849 Oberbefehlshaber der russischen Armee, die an der Niederwerfung der Revolution in Ungarn teilnahm; 1854 Oberbefehlshaber der Truppen an der Donau. 436 441 Pawlow, Prokofe Jakowlewitsch (1796-1869) russischer General, befehligte während des Krimkrieges Truppen an der Donau und auf der Krim. 470 485 Peace Angestellter des englischen Bergwerksbesitzers Earl Crawford. 459 Pedro I. (1798-1834) Kaiser von Brasilien (1822-1831), König von Portugal unter dem Namen Pedro IV. (1826), verzichtete zugunsten seiner Tochter Maria II. da Gloria auf den portugiesischenThron.381 Peel, Sir Robert (1788-1850) britischer Staatsmann und Ökonom, Führer der ge
mäßigten Tories, die nach ihmPeeliten genannt wurden; Innenminister (1822-1827 und 1828-1830), Premierminister (1834/ 1835 und 1841-1846), hob mit Unterstützung der Liberalen 1846 die Korngesetze auf. 59 72 183 262 302 306 307 309-311 326 327 375 380 382 392 415 417 418 448 Peel, Sir Robert (1822-1895) britischer Politiker und Diplomat, Anfang der fünfziger Jahre Peelit, später Liberaler, Mitglied des Parlaments; Sohn des vorigen. 137 368 Pellatt.Apsley (1791-1863) englischer Unternehmer, bürgerlicher Radikaler, Mitglied des Parlaments. 171 Perceoal, Spencer (1762-1812) britischer Staatsmann, Tory, Schatzkanzler (1807 bis 1809), Premierminister (1809-1812). 358 Perczel, Moritz (1811-1899) ungarischer General, Teilnehmer an der Revolution von 1848/49 in Ungarn; emigrierte nach der Niederlage der Revolution in die Türkei, 1851 nach England. 41 PerihJ.es (etwa 490-429 v.u.Z.) Staatsmann von Athen, trug zur Festigung der Sklavenhalterdemokratie bei. 381 PerowskU Wassili Alexejewitsch (1795-1857) russischer General, Orenburger Militärgouverneur (1833-1842), Generalgouverneur der Gouvernements Orenburg und Samara (1851-1857); 1839/1840 Befehlshaber der militärischen Expedition gegen Chiwa. 456 Perrier, Ferdinand (1812-1882) Schweizer Offizier und Literat; Chef der Bürgergarde des Kantons Freiburg (1849-1852); einer der Führer des reaktionären Freiburger Aufstands im Jahre 1853. 86 Peter der Einsiedler (Peter von Amiens) (etwa 1050-1115) französischer Mönch und Prediger, einer der Führer des Bauernhaufens im ersten Kreuzzug (1096-1099). 493 498 Peter I. (1672-1725) Zar von Rußland (1682 bis 1725). 25 115 234 Phillimore, John George (1808-1865) englischer Jurist und liberaler Politiker, Mitglied des Parlaments. 137 Pieper, Wilhelm (geb. etwa 1826) Philologe und Journalist, Mitglied des Bundes der Kommunisten, Emigrant in London; 1850 bis 1854 stand er Marx und Engels nahe. 510 512 Pietri, Pierre-Marie (1809-1864) französischer Politiker, Bonapartist; Polizeipräfekt von Paris (1852-1858). 28 Pindar (etwa 522 bis etwa 442 v.u.Z.) altgriechischer lyrischer - Dichter; schrieb feierliche Oden. 358 Pitt, William (derJüngere) (1759-1806) britischer Staatsmann, Tory, Premierminister (1783-1801 und 1804-1806). 73 150 151 181 Pollexfen, John (geb. etwa 1638) englischer Kaufmann und Schriftsteller zu ökonomischen Fragen, trat für die Abschaffung der Monopole der Ostindischen Kompanie ein. 153 Ponsonby, John, Viscount (etwa 1770-1855) britischer Diplomat, Gesandter in Neapel (1832), Botschafter in Konstantinopel (1832-1841)und in Wien(1846-1850). 388 416 534 Portland, William Henry CavendiskBentinck, Duke of (1738-1809) britischer Staatsmann, einer der Führer der Whigs; Innenminister (1794-1801), Premierminister (1783 und 1807-1809). 358 Potjemkin, Grigori Alexandrowitsch, Fürst (1739-1791) russischer Staatsmann, ab 1784 Generalfeldmarschall; leitete die Kolonisierung der südlichen Grenzgebiete Rußlands. 415 Pozzo di Borgo, Karl Andreas Ossipowitsch, Graf (1764-1842) russischer Diplomat, der Herkunft nach Korse; Gesandter (1814-1821) und Botschafter (1821-1835) in Paris, Botschafter in London (1835 bis 1839). 165-168 206 232 235 364 Prinz von Preußen siehe Wilhelm I. Radetzky, Joseph, Graf (1766-1858) österreichischer Feldmarschaü, befehligte ab 1831 die österreichischen Truppen in Oberitalien, unterdrückte 1848/1849 grausam die revolutionäre und nationale Be
freiungsbewegung in Italien; 1850-1856 Generalgouverneur des Lombardisch-Venezianischen Königreichs. 38 471 Raff les, Sir Thomas Stamford (1781-1826) britischer Kolonialbeamter, 1811-1816 Gouverneur von Java; Verfasser des Buches „Die Geschichte Javas". 128 Ramorino, Gerolamo (1792-1849) sardinischer General, befehligte während der Revolution von1848/49 in Italien diePiemonterArmee, trug mit seiner verräterischen Taktik zum Sieg der konterrevolutionären österreichischen Truppen bei. 471 Redcliffe siehe Stratford de Recliße Reeve, Henry (1813-1895) englischer Journalist und Staatsbeamter, 1853 Sekretär des Geheimen Rates. 322 330 Reichenbach, Oskar, Graf von (geb. 1815) schlesischer Gutsbesitzer, kleinbürgerlicher Demokrat, 1848/1849 Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, 1850 Emigrant in England, ging später nach Amerika. 498 Reid, Thomas Mayne (1818-1883) bekannter englischer Schriftsteller, Verfasser von Abenteuerromanen. 85 Rempel, Rudolf (1815-1868) Unternehmer, Mitte der vierziger Jahre „wahrer" Sozialist. 510 Reschid Pascha (1802-1858) türkischer Staatsmann; nahm mehrmals den Posten des Großwesirs und des Außenministers ein; war ab 13.Mai 1853 Außenminister. 108 176 232 234 265 269 274 287 302 325 337 419 429 534 539 Reuter, Max Anfang der fünfziger Jahre preuß. Polizeiagent in London. 493 494 Ricardo, David (1772-1823) englischer Ökonom, Vertreter der klassischen bürgerlichen Politischen Ökonomie. 161 460 Richardl. Löwenherz (1157-1199)Königvon England (1189-1199). 107 Richard III. (1452-1485) König von England (1483-1485). 105 Richards, Alfred Bäte (1820-1876) englischer Dramatiker und Journalist, trat gegen den Pazifismus Cobdens und der Manchesterleute auf. 146 215 246 Richelieu, Armand-Jean du Plessis, duc de (1585-1642) französischer Staatsmann in der Periode des Absolutismus, Kardinal. 235 Robinson, Frederick John, Viscount Goderich, später Earl ofRipon (1782-1859) britischer Staatsmann, Tory; Schatzkanzler (1823 bis 1827), Premierminister (1827/1828). 358 536 Roden, Robert Jocelyn, Earl of (1788-1870) englischer Aristokrat, Konservativer. 259 Roebuck, John Arthur (1801-1879) englischer Politiker und Publizist, bürgerlicher Radi" kaier, Mitglied des Parlaments. 401 412 413 Ronalds, Charles englischer Jurist. 545 Ronge, Johannes (1813-1887) Geistlicher, Gründer und Führer der deutschkatholischen Bewegung, die den Katholizismus den Belangen der deutschen Bourgeoisie anpassen wollte; wurde kleinbürgerlicher Demokrat, nahm an der Revolution 1848/49 teil; emigrierte nach der Niederlage der Revolution nach England. 498 Rose,Hugh Henry, Baron Strathnairnandjansi (1801-1885) englischer Offizier, später Feldmarschall; Geschäftsträger in Konstantinopel (1852/1853), während des Krimkrieges Vertreter beim Stab der französischen Armee auf der Krim; einer der Unterdrücker des Aufstands zur nationalen Befreiung Indiens (1857-1859). 5 146 269 274 Rothacker, Wilhelm Demokrat, Mitglied des Bundes der Kommunisten, nach der Revolution 1848/49 Emigrant in den USA. 496 Roussin, Albin-Reine, baron (1781-1854) französischer Admiral, Marineminister (1840, 1853); Botschafter in Konstantinopel (1832-1834). 382 Rüge, Arnold (1802-1880) radikalerPublizist, Junghegelianer; kleinbürgerlicher Demokrat; 1848 Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung (linker Flügel); in den fünfziger Jahren ein Führer der deutschen kleinbürgerlichen Emigration in England; nach 1866 Nationalliberaler. 498
Rurikpwitschi Dynastie russischer Fürsten, danach Dynastie von Zaren (912-1598), Nachkommen des Kiewer Großfürsten Igor, der nach Überlieferungen der Chronik für einen Sohn Ruriks, des halblegendären Anführers der Waräger, gehalten wird. 235 Russell, Lord John (1792-1878) britischer Staatsmann, Führer der Whigs, Premierminister (1846-1852 und 1865/1866), Außenminister (1852/1853 und 1859-1865). 49-51 55 57 78 105 121 122 137 138 140 143 179 189 191 196 205 214 227 240 246 273-276 279 337 360 522 555 Russell, Henry (1751-1836) englischer Jurist, von 1798-1813 Richter in Indien. 202 Ruston, Benjamin (gest. 1853) englischer Arbeiter, Chartist. 175
Sadleir, John (1814-1856) irischer Bankier und Politiker, einer der Führer der irischen Parlamentsfraktion, 1853 Junior Lord der Schatzkammer. 122 Saint Leonards siehe Sugden, Edward Saint-Marc Girardin (1801-1873) französischer Journalist und Literaturhistoriker, Orleanist. 119 Salt, Sir Titus (1803-1876) englischer Fabrikant. 340 426 SaltykoW, Alexej Dimitrijewitsch (1806-1859) russischer Reisender, Schriftsteller und Künstler, 1841-1843 und 1845/1846 reiste er durch Indien. 225 Sand, George (Amandine-Lucie-Aurore Dupin, baronne Dudevant) (1804-1876) französische Schriftstellerin, Verfasserin mehrerer Romane über soziale Themen, Vertreterin der demokratischen Strömung in der Romantik. 254 295 Sardanapal siehe Asurbanipal Saunders, John Angestellter im Londoner Kriminalamt. 84 Schaft Khan persischer Diplomat, 1853 Gesandter in London. 456 Schamyl (etwa 1798-1871) Anführer der Bergvölker Daghestans und der Tschetschenen gegen die zaristischen Kolonisatoren in den dreißiger bis fünfziger Jahren
des 19. Jahrhunderts, Ideologe des reaktionären Muridismus, den die Türkei des Sultans für ihre aggressiven Ziele benutzte. 146 434 458 467 468 Schapper, Karl (etwa 1812-1870) einer der Führer des Bundes der Gerechten und des Deutschen Bildungsvereins für Arbeiter in London, Mitglied der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten, Teilnehmer an der Revolution von 1848/49; 1850 bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten zusammen mit Willich Führer der gegen Marx gerichteten sektiererischen Fraktion; 1856 näherte er sich wieder Marx; 1865 Mitglied des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation. 493 503 506 515 Schärttner, August Böttcher aus Hanau, nahm 1848 an der Revolution und 1849 am badisch-pfälzischen Aufstand teil, emigrierte dann nach London , wo er ein Restaurant besaß, in dem sich die deutsche kleinbürgerliche Emigration versammelte; Mitglied des Bundes der Kommunisten, schloß sich bei der Spaltung des Bundes 1850 der sektiererischen Fraktion WillichSchapper an und gehörte zu ihrer Zentralbehörde. 498 Schily, Viktor (1810-1875) Demokrat, Advokat, Teilnehmer am badisch-pfälzischen Aufstand von 1849, war Mitglied der Internationalen Arbeiterassoziation. 511 Schimmelpfennig,Alexander (1824-1865) ehemaliger preußischer Offizier, kleinbürgerlicher Demokrat, 1849 Teilnehmer am badisch-pfälzischen Aufstand, danach Emigrant, schloß sich der sektiererischen Fraktion Willich-Schapper an; nahm auf seiten der Nordstaaten am Bürgerkrieg in den USA teil. 511 Schneider II., Karl Jurist, kleinbürgerlicher Demokrat, Teilnehmer an der Revolution von 1848/49), Verteidiger im Kölner Kommunistenprozeß (1852). 494 512 Schramm, Konrad (etwa 1822-1858) Revolutionär, Mitglied des Bundes der Kommunisten, seit 1849 Emigrant in London, verantwortlicher Herausgeber der „Neuen
Rheinischen Zeitung. Politisch-ökonomische Revue"; bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten 1850 blieb er Anhänger von Marx; Freund und Kampfgenosse von Marx und Engels. 502-506 512 Schwarzenberg, Friedrich, Fürst zu (1800 bis 1870) österreichischer Offizier, dann General, organisierte 1846 die Unterdrückung des Bauernaufstandes in Galizien, nahm 1849 an der Unterdrückung der Revolution in Ungarn teil. 377 Scully, Francis (geb. 1820) irischer Politiker, Liberaler, Mitglied des Parlaments (1847 bis 1857). 260 Sebastiani, Horace-Frangois-Bastian, comte (1772-1851) französischer Staatsmann und Diplomat, Marschall von Frankreich; Außenminister (1830-1832), Botschafter in London (1835-1840). 206 Seymour, Sir George Hamilton (1797-1880) britischer Diplomat, Gesandter in Petersburg (1851-1854). 312 Shakespeare, William (1564-1616). 285 Sheil, Richard Lalor (1791-1851) irischer Dramaturg und Politiker, Parlamentsmitglied, Whig. 392 401 Sidi Achmed (gest. 1855), Bei von Tunis (1837-1855). 420 Sidmouth, Henry Addington, Viscount (1757 bis 1844) britischer Staatsmann, Tory; Premierminister und Schatzkanzler (1801 bis 1804); führte als Innenminister (1812 bis 1821) Repressalien gegen die Arbeiterbewegung durch. 358 Sidney siehe Herbert, Sidney Sidney, Sir Philip (1554-1586) englischer Dichter der Renaissance, Höfling und Diplomat. 285 Sieyh, Emmanuel-Joseph, comte de (1748 bis 1836) französischer Abb6, Politiker der Französischen Revolution, Vertreter der Großbourgeoisie. 70 Sigel, Franz (1824-1902) ehemaliger badischer Offizier, kleinbürgerlicher Demokrat, Teilnehmer an den revolutionären Bewegungen 1848/49 in Baden, Oberbefehlshaber, danach Stellvertreter des Oberbefehlshabers der badischen Revolutions
armee während des badisch-pfälzischen Aufstandes (1849); danach Emigrant in der Schweiz und in England; 1852 siedelte er nach Amerika über, nahm am Bürgerkrieg auf seiten der Nordstaaten teil. 500 Slade, Sir Adolphus (1804-1877) englischer Marineoffizier, später Admiral; von 1849 bis 1866 stand er im Dienste der Türkei, am Vorabend des Krimkrieges hatte er den Titel eines Konteradmirals der türkischen Flotte. 440 Soimonow, Fjedor Iwanowitsch (1800-1854) russischerGeneral, befehligte während des Krimkrieges Truppenverbände an der Donau und auf der Krim, fiel in der Schlacht bei Inkerman. 485 Songeon französischer Demokrat,Teilnehmer an geheimen Revolutionsgesellschaften der Pariser Arbeiter während der Revolution von 1848; Emigrant in London; später Vorsitzender des Stadtrats von Paris. 505 Sophokles (etwa 497 bis etwa 406 v.u.Z.) altgriechischer Dramatiker, Verfasser klassischer Tragödien. 381 Soulouque, Faustin (etwa 1782-1867) Neger, Präsident der Republik Haiti, ließ sich 1849 unter dem Namen Faustin I. zum Kaiser ausrufen. 269 Spanische Infantin siehe Maria Luisa Fernando Spencer, Herbert (1820-1903) englischer bürgerlicher Philosoph und Soziologe, Positivist, Apologet des Kapitalismus. 162 Ssjän-föng (Wön-dsung) (etwa 1831-1861) Kaiser von China (1850-1861). 97 101 Stanley siehe Derby, Edward George Geoffrey Smith Stanley, Lord Edward Henry (seit 1869) Earl of Derby (1826-1893) britischer Staatsmann, Tory, in den sechziger bis siebziger Jahren Konservativer, danach Liberaler; Mitglied des Parlaments; Stellvertreter des Außenministers, Präsident der Kontrollbehörde für indische Angelegenheiten (1858/1859), Außenminister (1866-1868 und 1874-1878), Kolonialminister (18821885); Sohn des Edward George Geoffrey
Smith Stanley, Earl of Derby. 139 141 148 157 175 412 417 418 Stechan, Gottlieh Ludwig (geb. etwa 1814) Tischler aus Hannover, Mitglied des Bundes der Kommunisten, nach der Spaltung des Bundes 1850 gehörte er zur sektiererischen Fraktion Willich-Schapper; im Dezember 1851 schloß er sich den Anhängern von Marx und Engels an, ab Januar 1852 stand er an der Spitze des Arbeitervereins in London. 509 Steffen, W. ehem. preußischer Offizier, Entlastungszeuge im Kölner Kommunistenprozeß (1852), emigrierte 1853 nach England, dann in die USA; in den fünfziger Jahren stand er Marx und Engels nahe. 513 Stephan I., der „Heilige" (etwa 975-1038) ungarischer Fürst (ab 997), König von Ungarn (1001-1038). 506 Stewart, Patrick englischer Politiker, bürgerlicher Radikaler, Mitglied des Parlaments (1835/1836). 374 405 406 409 Stieber, Dr. Wilhelm (1818-1882) Polizeirat, einer der Organisatoren und Hauptzeuge des Kölner Kommunistenprozesses 1852; verfaßte gemeinsam mit Wermuth das Buch „Die Communisten-Verschwörungen des neunzehnten Jahrhunderts"; war später Chef der preußischen politischen Polizei. 28 29 30 36 83 499 Stiriey, Barbu Demetrius Bibesco, Fürst (1801 bis 1869) Hospodar der Walachei (1849 bis 1853 und 1854-1856). 286 287 325 550 Strassoldo-Grafertberg, Michael, Graf (1800 bis 1873) österreichischer Regierungsbeamter, 1850-1853 Gouverneur von Mailand. 319 Stratford de Redcliffe, Stratford Canning, Viscount (1786-1880) britischer Diplomat, Botschafter in Konstantinopel (1810-1812, 1825-1828, 1841-1858). 21 III 232 274 322 543 549 Stuart, Lord Dudley Coutts (1803-1854) englischer Politiker, Whig, Mitglied des Parlaments, stand mit Kreisen der polnischen konservativen monarchistischen Emigration in Verbindung. 85 246 280 283 289 368 374 401 403 414 Sugden, Edward Burtenshaw, Baron St.Leo. nards (1781-1875) englischer Jurist und Staatsmann, Tory, 1852 Lordkanzler. 259 380 Sutherland, Elizabeth Leveson-Gower, MarquiseStafford, seit 1833 Herzogin (1765 bis 1839) schottische Großgrundbesitzerin. 191 427 Suworow, Alexander Wassiljewitsch (1730 bis 1800) bedeutender russischer Feldherr. 351 468 Swatoslaw, Igorewitsch (etwa 942-972) Großfürst von Kiew (etwa 945-972). 235 Swift, Jonathan (1667-1745) englischer satirischer Schriftsteller; gebürtiger Ire. 231 Szemere, Bartholomäus (Bertalan) (1812 bis 1869) ungarischer Politiker und Publizist; Innenminister (1848) und Chef der Revolutionsregierung (1849); emigrierte nach der Niederlage der Revolution ins Ausland. 41 506 Szirmay Anfang der fünfziger Jahre ungarischer Emigrant, Emissär von Kossuth in Paris. 41 Talleyrand-Perigord, Charles-Maurice de, prince de Beneuent (1754-1838) französischer Diplomat, Außenminister (1797 bis 1799, 1799-1807, 1814/1815), Vertreter Frankreichs auf dem Wiener Kongreß (1814/15), zeichnete sich durch äußerste Prinzipienlosigkeit in der Politik und durch Gewinnsucht aus; Botschafter in London (1830-1834). 371 413 Tatischtschew, Dmitri Pawlowitsch (1767 bis 1845) russischer Diplomat, 1826-1841 Botschafter in Wien. 196 Taylor, Sir Herbert (1775-1839) englischer General, 1830-1837 persönlicher Sekretär König Wilhelms IV. 397 400 Techow, Gustav Adolf (1813-1893) ehemaliger preußischer Offizier, kleinbürgerlicher Demokrat, 1848 Teilnehmer an den revolutionären Ereignissen in Berlin, Chef des Generalstabs der pfälzischen Revolutionsarmee; nach der Niederlage des badisch-pfälzischen Aufstands 1849 emigrierte er in die Schweiz; 1852 siedelte er nach Australien über. 495 496 505
43 Marx/Engels Werke, Bd. 9
Thugut, Johann Amadeas Franz de Paula, Baron (1736-1818) österreichischer Diplomat und Staatsmann, Gesandter in Konstantinopel (1771-1776), Außenminister (1794-1800). 234 Timtir (Tamerlan) (1336-1405) Mongolenkhan, Herrscher in Samarkand; eroberte Mittelasien und Persien. 203 Tippu Sahib (etwa 1749-1799) Sultan von Maisur (1782-1799); in den achtziger bis neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts führte er eine Reihe von Kriegen gegen die englische Expansion in Indien. 151 Tscherning, Anton Frederik (1795-1874) dänischer Offizier, Politiker, Liberaler, 1848 Kriegsminister. 457 TucJ^er Verleger in London. 558
Ungern-Sternberg, Ernst Wilhelm, Baron russischer Diplomat, in den fünfziger Jahren Gesandter in Kopenhagen. 243 Vre, Andrew (1778-1857) englischer Chemiker, Vulgärökonom, Anhänger des Freihandels. 83 Urquhart, David (1805-1877) britischer Diplomat, reaktionärer Publizist und Politiker, Turkophile; führte in den dreißiger Jahren diplomatische Aufträge in der Türkei durch, von 1847 bis 1852 Mitglied des Parlaments, Tory. 26 120 265 288 321 325 337 338 397-401407 416 Uzner, August (geb. 1818) preußischer Offizier, 1848/49 Teilnehmer an der Revolution in Deutschland und Ungarn; emigrierte nach der Niederlage der Revolution nach London; arbeitete in der Fabrik von W.Haie. 84 85
Vicari, Hermarm von (1773-1868) katholischer Prälat, ab 1842 Erzbischof von Freiburg im Breisgau. 520 Victoria (1819-1901) Königin von Großbritannien und Irland (1837-1901). 182 199 262 263 289 292 416 544 545 547 556 558 Vidil, Jules ehemaliger französischer Offizier, Sozialist, Komiteemitglied der französischen blanquistischen Emigrantenvereini
gung in London; stand nach der Spaltung des Bundes der Kommunisten 1850 mit der sektiererischen Fraktion Willich-Schapper in Verbindung. 505 515 516 Vidocq, Franfois-Eugene (1775-1857) französischer Verbrecher, Geheimagent der Polizei; ihm werden die „Memoiren Vidocqs" zugeschrieben; sein Name wurde zum Inbegriff für die Charakterisierung eines geschickten Häschers und Spitzbuben. 39 359 Villele, Jean-Baptiste-Seraphin-Joseph, comte de (1773-1854) französischer Staatsmann während der Restaurationsperiode, Legitimist; Ministerpräsident (1822-1827). 164 206 396
Waldeck, Benedikt Franz Leo (1802-1870) Politiker, bürgerlicher Demokrat, Jurist; 1848 einer der Führer der Linken und Vizepräsident der preußischen Nationalversammlung; später Fortschrittler. 30 Walewski, Alexandre-Florian- Joseph Colonna, comte de (1810-1868) französischer Diplomat und Staatsmann, Sohn Napoleons I. und der polnischen Gräfin Walewska; Teilnehmer am polnischen Aufstand von 1830/31, emigrierte nach der Niederlage des Aufstandes nach Frankreich; Außenminister (1855-1860); Vorsitzender des Pariser Kongresses (1856). 371 Walmsley, Sir Joshua (1794-1871) englischer Politiker, bürgerlicher Radikaler; Mitglied des Parlaments. 214 Walther von Habenichts (Gautier) burgundischer Edelmann, Anführer einer überwiegend aus Bauern bestehenden Vorhut im ersten Kreuzzug (1096-1099). 493 Warren, Sir Charles (1798-1866) englischer Offizier, ab 1858 General, von 1816-1819 und 1830-1838 diente er in Indien; Teilnehmer am Krimkrieg. 223 Weck, Louis 1853 Teilnehmer am reaktionären Freiburger Aufstand. '86 Weckbecker 1853 österreichischer Generalkonsul in Smyrna. 196 214 Weerth, Georg (1822-1856) proletarischer Dichter und Publizist, Mitglied des Bun
des der Kommunisten; 1848/49 Feuilletonredakteur der „Neuen Rheinischen Zeitung"; Freund von Marx und Engels. 41 Wellington, Arthur Wellesley, Duke of (1769 bis 1852) britischer Feldherr und Staatsmann, Tory; befehligte 1808-1814 und 1815 die englischen Truppen in den Kriegen gegen Napoleon I.; Premierminister (1828-1830), Außenminister (1834/35). 202 358 361 379 386 396 403 411 438 445 Westmorland, Fane John, Earl of (1784-1859) britischer Diplomat, Gesandter in Berlin (1841-1851) und in Wien (1851-1855). 253 Westphalen, Ferdinand Otto Wilhelm von (1799-1876) reaktionärer preußischer Staatsmann, Innenminister (1850-1858); Stiefbruder von Frau Jenny Marx. 28 29 Weydemeyer, Joseph (1818-1866) Mitglied des Bundes der Kommunisten, Teilnehmer an der Revolution von 1848/49 in Deutschland und am Bürgerkrieg in den USA auf Seiten der Nordstaaten; legte den Grundstein für die Verbreitung des Marxismus in den USA; Freund und Mitstreiter von Marx und Engels. 515 Wilhelm I. (1772-1843) König der Niederlande (1813-1840), 1815-1830 auch König von Belgien. 378 Wilhelm I. (1797-1888) Prinz von Preußen, Prinzregent (1858-1861), König von Preußen (1861-1888), deutscher Kaiser (1871 bis 1888). 29 110 111 Wilhelm III. von Oranien (1650-1702) Statthalter der Niederlande (1672-1702), König von England (1689-1702). 148 149 153359 Wilhelm IV. (1765-1837) König von Großbritannien und Irland und König von Hannover (1830-1837). 369 397-400 416 519 Williams, William englischer Politiker, bürgerlicher Radikaler, 1853 Mitglied des Parlaments. 50 69 Willich, August (1810-1878) ehemaliger preußischer Leutnant, der wegen seiner politischen Überzeugung aus dem Militärdienst austrat; Mitglied des Bundes der Kommunisten, 1849 Führer eines Freikorps im badisch-pfälzischen Aufstand;
43a Marx/Engels, Werke, Bd. 9
1850 bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten zusammen mit Schapper Führer der gegen Marx gerichteten sektiererischen Fraktion; 1853 emigrierte er in die USA, im amerikanischen Bürgerkrieg General der Nordstaaten. 39 42 493-516 Wilson, James (1805-1860) englischer Ökonom und Politiker, Anhänger des Freihandels, Begründer und Redakteur des „Economist"; Sekretär der Schatzkammer (1853-1858). 161 Wise, John Ayshford 1853 Mitglied des Parlaments. 263 Woinowitsch, Marko Iwanowitsch, Graf (gest. 1807) russischer Marineoffizier, gebürtiger Dalmatiner, ab 1801 Admiral; leitete 1781 die mit einem Mißerfolg endende Expedition, die die Errichtung einer militärischen Befestigung auf einer am Ostufer des Kaspischen Meeres gelegenen Insel zum Ziele hatte. 114 Wood, Sir Charles, später Lord Halifax (1800 bis 1885) britischer Staatsmann, Whig, Schatzkanzler (1846-1852), Präsident der Kontrollbehörde für indische Angelegenheiten (1852-1855), Erster Lord der Admiralität (1855-1858) und Minister für Indien (1859-1866). 105 106 122-125 127 128 140 179 182 187 189 227 268 273
Woronzow, Michail Semjonotoitsch, Fürst (1782-1856) russischer Staatsmann, General; Statthalter und Oberbefehlshaber der Truppen im Kaukasus (1844-1854). 458 467 468 488 563 Wuilleret, Louis (1815-1898) Schweizer Jurist und Staatsmann, einer der Führer der konservativen Partei des Kantons Freiburg, Klerikaler; wurde unter dem Verdacht der Teilnahme am reaktionären Aufstand in Freiburg 1853 verhaftet. 86
Zamoyski, Wladislau), Graf polnischer Magnat, Teilnehmer am Aufstand von 1830/31, nach der Unterdrückung des Aufstandes einer der Führer der polnischen konservativen monarchistischen Emigration in Paris. 397
Verzeichnis literarischer und mythologischer Personen
Achilles Gestalt der griechischen Sage, tapferster Held des Trojanischen Krieges, nur an der Ferse verwundbar (Achillesferse). 113 Ahriman altpersische Gottheit, die Verkörperung des Bösen — im Gegensatz zu Ormuzd, der Verkörperung des Guten, Edlen. 496 497 Aladin Gestalt aus dem arabischen Märchen „ Geschichte von Aladin, oder die Wunderi lampe" aus „Tausendundeine Nacht". 228 Alcine Gestalt aus den Epen „L'Orlando furioso" von Ariosto und „L'Orlando inamorato" von Bojardo. 355 Birch, Harvey Hauptfigur des Cooperschen Romans „Der Spion". 39 Don Quijoie (Quixote) Hauptgestalt des gleichnamigen satirischen Romans von Cervantes. 77 358 Dschagannat ( Juggernaut) in der altindischen Mythologie eine der Gestalten des Gottes Wischnu. 313 Epimenides legendärer altgriechischer Priester, der in einen fünfzigjährigen Schlaf verfiel; an diese Sage knüpft Goethes Festspiel „Des Epimenides Erwachen" an, 161 Falstaß, Sir John komische Gestalt eines dicken, großsprecherischen Schelms in Shakespeares „König Heinrich der Vierte" und den „Lustigen Weibem von Windsor". 384 Faust Hauptgestalt der gleichnamigen Tragödie von Goethe. 381 Herkules (Herakles) Held der griechischrömischen Sage; zu den 12 Heldentaten des Herkules gehört die Entführung des Höllenhundes Zerberus aus der Unterwelt. 72 John Bull (Hans Stier) auf Jonathan Swift (1667-1745) oder John Arbuthnot (1666
bis 1735) zurückgehende scherzhafte Bezeichnung für das englische Volk als Gesamtheit. 192 266 Manu nach der altindischen Weltenlehre aus der Sintflut geretteter Stammvater und Gesetzgeber der Menschheit; die „Gesetze des Manu" sind von den Brahmanen im 1. bis 5. Jahrhundert niedergeschrieben worden. 106 179 Maria Magdalena nach der Überlieferung Anhängerin Christi, reuige Sünderin. 381 ödipus griechische Sagengestalt; nach der Legende Befreier von Theben durch die Lösung der Rätsel der Sphinx; Held bedeutender antiker Tragödien. 180 Oerindur Gestalt aus Adolf Müllners Drama „Die Schuld". 42 Ormuzd altpersische Gottheit, die Verkörperung des Guten, Edlen. 496 Pecksniff Gestalt eines Heuchlers aus Charles Dickens' Roman „Leben und Abenteuer des Martin Chuzzlewitt". 79 Ruggiero Gestalt aus dem Epos „L'Orlando furioso" von Ariosto. 355 Samiel (Samael) in der mittelalterlichen kabbalistischen Literatur der Fürst der Dämonen; das Prinzip des Bösen. 504 Sancho Pansa Gestalt aus Cervantes' Roman „Don Quijote". 77 Schachriar Gestalt aus „Tausendundeine Nacht"; orientalischer Despot. 201 Schachsenan Gestalt aus „Tausendundeine Nacht"; orientalischer Despot. 201 Tom Gestalt aus dem Roman „Onkel Toms Hütte" von Beecher-Stowe. 80 Wagner Gestalt aus Goethes „Faust". 381 Winkelried, Arnold legendärer Volksheld aus dem Befreiungskampf der Schweizer gegen die Herrschaft der Habsburger im 14. Jahrhundert. 498
Geographische Namen
Die in Klammem gebrachten geographischen Namen verweisen auf abweichende Schreibungen, auf Benennungen in der Landessprache oder auf in der neuesten Zeit erfolgte Umbenennungen. Auf die Einfügung der entsprechenden Seitenzahlen wird bei solchen Namen, die im Text ständig wiederkehren, verzichtet.
Abassabad Ort im Kaukasus. 366 Accrington Stadt nordwestl. von Manchester. 449 Achalkalaki Stadt südwestl. von Tiflis. 367 Achalzych (Achalzyche) Stadt im Kaukasus, westl. von Tiflis. 367 443 444 559 Adana Stadt im Süden der Türkei. 387 Addiscombe Ort in der Grafschaft Surrey. 184 Adelaide. 317 Adria. 324 376 Adrianopel (Edirne) Stadt im europäischen Teil der Türkei. 144 198 252 349 350 351 Afghanistan. 183 456 Agra Stadt und Verwaltungsgebiet in Nordindien. 216 329 Agram (Zagreb) ehem. Hauptstadt Kroatiens. 11 Akka siehe Saint-Jean-d'Acre (Akk°n) Ainadschik (Ainadzik) Stadt in der Türkei, bei Adrianopel. 450 Alandsinseln Inselgruppe am Eingang des Bottnischen Meerbusens. 456 Albanien. 16 233 234 352 Albans siehe Saint Albans Aleppo (Haleb) Stadt in Nordsyrien. 288 Alexandria größte Hafen- und Handelsstadt Ägyptens. 107 385 387 Alexandrowskijfort (AlexandroWski) Ort im Kaukasus. 415 Algerien. 430 454 Algier Hauptstadt von Algerien. 211 Allahabad Stadt in Nordindien. 328 329 Alpen. 127 Aluta (Oltä) linker Nebenfluß der Donau in Transsilvanien. 463 464 465 466 47!
Amerika Amu-Darja Fluß in Mittelasien. 456 Amsterdam. 378 Anapa Ort am Schwarzen Meer. 142 367 411 Anatolien (Kleinasien) Halbinsel in Westasien. 563 Antiochien (Antiochia, Antakya) Stadt in Syrien westl. von Aleppo. 107 Antiüari (Bar) Hafenstadt am Adriatischen Meer. 16 Antwerpen. 297 504 Apenninen Gebirge in Italien. 127 Arabien Halbinsel in Südwestasien. 129 Aralsee See in Mittelasien. 456 Araxes (Arax, Aras) Fluß im Kaukasus. 366 442 443 Archipel (Archipelagus) Inselgruppe, hier: Inselgruppe des Ägäischen Meeres. 5 234 235 Ardahan (Ardagan) Ort im Kaukasus. 467 Ardschisch (Arges) linker Nebenfluß der Donau in der Walachei. 440 466 528 529 Armenien. 7 8 24 114 139 442 443 562 Amautische Berge (Albanergebirge) südöstl. von Rom. 7 10 Arta Hafenstadt in Griechenland. 16 Ashton Stadt südl. von Manchester. 328 535 Asiatische Türkei Kleinasien, bildete ehem. den Hauptteil der Türkei. 14 367 444 Asien Asowsches Meer. 289 • Asterabad (Astrabad) Hauptstadt der gleichnamigen persischen (iranischen) Provinz. 114 117 Athlone Stadt westl. Dublin (Irland). 178
Atlantischer Ozean. 90 193 250 289 Australien Autigny Ortschaft im Schweizer Kanton Freiburg. 86 Ava Hauptstadt des ehem. gleichnamigen Königreichs in Hinterindien (Birma). 432 Aylesbury Stadt nordwestl. von London. 306 Azoren Inselgruppe im Atlant. Ozean. 453
Baba-Dagh Stadt in Rumänien, nördl. Constanta. 305 Bacup Stadt nördl. von Manchester. 425 449 535 Baden. 520 Bagdad. 14 Bajased (Bajazid) Ort in der asiatischen Türkei, ostsüdöstl. von Erzerum. 467 563 Balkan, Weliki siehe Weliki Balkan Baltisches Meer Ostsee. 120 Barnsley Stadt nördl. von Sheffield. 169 Baroda Stadt in der indischen Provinz Bombay. 329 Basel. 89 Batum (Batumi). 114 443 444 445 446 467 548 563 Bayern. 381 Beirut Hauptstadt und wichtigster Hafen des Libanons. 236 Belgien Belgrad. 11 35 288 349 Bellary Stadt in Südindien. 329 Benares Stadt am Ganges in Nordindien. 328 Bengalen Landschaft im östl. Vorderindien. 125 127 132 151 204 205 216 217 218 225 Berbice Fluß und Gebiet in . BritischGuayana. 379 Berlin. Bern. 109 110 117 Besikabai Bucht südl. der Dardanellen. 197 269 275 282 322 420 Bessarabien Landschaft zwischen PruthDnestr-Schwarzmeerküste. 9 279 464 Bihar Staat in Ostindien. 151 Bingley Stadt nordwestl. von Leeds (Mittelengland). 425 Birma Staat in Hinterindien. 156 183 204 205 292 431
Birmingham. 169 281 343 362 424 431 450 Bischofsheim (Tauberbischofsheim) Ort in Baden. 520 Biskaya, Bucht Von (Golf Von Biskaya). 114 Blackburn Stadt in der Grafschaft Lancashire. 169 343 425 458 Blackstone Edge Berg südöstl. von Leeds (Mittelengland). 135 136 171 175 Böhmen. 235 376 Bolton Stadt nordwestl. von Manchester. 169 343 424 426 460 535 Bombay Hafenstadt in Indien. 151 216 217 218 225 328 329 Böotien Landschaft in Mittelgriechenland, zwischen Parnaß und Golf von Euböa. 381 Bosnien. 8 11 34 I % 234 287 288 351 Bosporus Meerenge am Schwarzen Meer. 13 15 16 24 25 32 197 214 239 283 321 382 390 441 560 Boston Stadt in der Grafschaft Lincoln (England). 169 Boulogne Hafenstadt in Frankreich. 551 Bradford Stadt westl. von Leeds (Mittelengland). 423 Braila Stadt am linken Donauufer in der v/alachei. 233 404 462 464 484 487 564 Brasilien Breslau (Wroclato). 295 Bridgewater (Bridgwater) Hafenstadt in Siidwestengland. 343 Brighton Stadt südl. von London. 505 Bristol Hafenstadt in der Grafschaft Somerset (Südwestengland). 153 169 450 BrUssa (Bursa) Stadt in der Türkei, südöstl. vom Marmarameer. 233 Brüssel. 106 550 Buchara Stadt in Mittelasien. 14 Buda Stadtteil von Budapest. 90 Budapest. 35 Buenos Aires. 378 Bukarest. 18 33 Bulgarien. 34 235 277 351 352 447 540 Burnley Stadt nördl. von Manchester. 425 449 535 Bury Stadt nördl. von Manchester. 343 425 449 460 535 Buseo rechter Nebenfluß des Sereth in der Walachei. 440
Byzanz Hauptstadt des Byzantinischen Reichs, das spätere Konstantinopel. 235 382
Cambridge englische Universitätsstadt. 315 Canterbury Stadt in Südostengland. 315 Catterick Stadt südöstl. von Richmond (England). 452 Cayenne Verbannungsinsel in FranzösischGuayana. 313 Ceylon. 127 Cheshire Grafschaft in Westengland. 343 Chester Stadt südwestl. von Manchester. 513 China Chiwa Stadt in Mittelasien. 14 456 Chotin Ort am rechten Ufer des Dnestr. 437 Chur Hauptstadt des Schweizer Kantons Graubünden. 313 Church-Parish (Charch) Ort nordwestl. von . Manchester. 425 Cincirmati Stadt in Ohio (USA). 496 Cleveland Hochebene in der Grafschaft Yorkshire. 452 Colne Stadt in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 425
Dacca (Dakka) Stadt im Ganges-Brahmaputra-Delta. 130 218 Dalmatien Küstenstreifen an der Adriaküste. 10 Dänemark Danzig (Gdansk). 17 297 319 Dardanellen Meerenge zwischen der Balkanhalbinsel und Kleinasien Dariel, Paß von Paß im Kaukasus. 402 Darwen Stadt in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 169 Debreczin (Debrecen) Stadt in Ungarn. 33 Detyian Hochland in Vorderindien. 127 Delhi. 125 203 329 Demarara Fluß und Gebiet in BritischGuayana. 379 Den Haag (Haag). 67 Derby Stadt in Mittelengland. 426 450 Derbyshire Grafschaft in Mittelengland. 343 Deutschland Dnepr Fluß in der Ukraine. '3 485
Dnestr Fluß in der Ukraine. 9 13 Doab Landschaft zwischen den Flüssen Dschamna und Ganges (Indien). 329 Dobrol, Paß von Paß im Balkangebirge. 349 350 Dobrudscha Landschaft an der Donaumündung. 305 Don. 13 Donau Donaufürstentümer siehe Moldau und Walachei Dresden. 116 296 Dschamna Nebenfluß des Ganges in Indien. 329 Dubno Stadt in der Ukraine. 437 Duero (Douro) Fluß der Pyrenäenhalbinsel. 386 Düsseldorf. 237 Durazzo (Dürres) Hafen an der Westküste Albaniens. 16 Durham Grafschaft und Stadt in Nordengland. 199
Edinburgh (Edinburg) Hauptstadt von Schottland. 178 431 449 450 Elbrus. 402 Enfield Stadt nördl. von London. 425 England Enos Hafenstadt im Gebiet von Adrianopel. 249 Epirus (Epiros) Berglandschaft in Nordwestgriechenland und Südalbanien. 10 Eregli das alte Heraldea Pönticus, türkische Hafenstadt an der Südküste des Schwarzen Meeres. 286 Eriwan (Jerewan). 366 443 563 Erzerum (Erserum, Erzurum) Festung im Osten der Türkei. 383 443 444 445 446 Essequibo Fluß und Gebiet in BritischGuayana. 379 Etsch (Adige). 465 Euphrat größter Strom Vorderasiens. 14 442 443 Europa Europäische Türkei umfaßt den östl. Teil von Thrakien. 13 23 32 33 107 116 234 261 267 322 352 Euxinus siehe Pontus Euxinus
Farüagny-le-Grartd Gemeinde im Schweizer Kanton Freiburg. 86 Flandern. 129 Fort Alexandrowski siehe AlexandroWskijfort Frankfurt am Main. 42 Frankreich Französisch-Guayana. 378 Freiburg i. Baden. 520 Freiburg Kanton in der Schweiz. 85 86 109 117
Galatz (Galati) Hafenstadt an der unteren Donau. 14 118 326 404 406 484 Galizien Gebiet nördl. der Karpaten. 9 17 246 376 Ganges Hauptstrom Vorderindiens. 328 Gatschina Stadt südwestl. von St. Petersburg (Leningrad). 241 Genf. 89 Georgien (Grusinien, Grusien). 115 289 402 443 447 467 542 562 Gerlachsheim Ort in Baden, Kreis Mosbach. 520 Ghats Gebirgszüge in Indien, im Dekhan. 222 329 Gibraltar. 454 Giurgewo (Giurgiu) ehem. Festung, Hafenstadt am linken Dönauufer in der Walachei. 367 462 464 Glasgow Stadt in Schottland. 99 343 402 450 Glen Garry Tal in Schottland. 427 Glossop Stadt östl. von Manchester. 328 535 Göktscha (Sewansee) See und Landstreifen in Transkaukasien, nördl. von Eriwan. 365 Goldenes Horn Bucht des Bosporus. III 138 Gotland schwedische Ostseeinsel. 456 Griechenland Grodno. 241 Große Walachei östl. Teil der Walachei Großer Kanal Kanal in Ostchina. 100 Grünsfeld Ort in Baden. 520 Grusinien siehe Georgien Guildford Stadt südwestl. von London. 45 Gudscherat (Guajarat) Verwaltungsgebiet und Halbinsel im nordwestl. Teil Vorderindiens. 152 Gurien Landschaft an der Ostküste des Schwarzen Meeres. 402
Haigh Gemeinde in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 459 Halifax Stadt in der Grafschaft Yorkshire. 175 199 Hamburg. 35 297 499 509 Hamm. 501 Hampshire Grafschaft in Südostengland. 431 Hanjang (Hanyang) Stadt in der chinesischen Provinz Hupeh. 97 Hannover. 443 509 Hardwar Stadt in Indien, Ausgangspunkt des Gangeskanals. 224 Harrogate Stadt westl. von York (Nordostengland). 452 Havre, Le Hafenstadt in Nordfrankreich. 35 554 Helsingör dänische Hafenstadt. 16 Hellas alter Name für Griechenland. 366 Heraklea Pontica siehe Eregli Herat Stadt und Provinz in Nordwestafghanistan. 456 Hertfordshire Grafschaft in Mittelengland. 453 Herzegowina Landschaft im Nordwesten der Balkanhalbinsel. 8 Hessen. 512 Himalaja Hochgebirge zwischen Tibet und Vorderindien. 127 227 Hindley Stadt in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 449 Hindustan (Hindostan) Landschaft im Norden Vorderindiens. 101 127 128 129 130 132 203 220 227 329 Hirsowa Ort an der Donau in der Dobrudscha. 349 436 438 487 Holland Holstein. 103 248 433 457 Horns Stadt in Syrien. 382 Hull Hafenstadt am Humber (Ostengland). 315 Humber Fluß in Ostengland. 452 Hyde Stadt südöstl. von Manchester. 328 535
Ichtiman, Paß von Paß südöstl. von Sofia. 349 Ikonium (Konya) Ort in der Türkei. 382 385 Imeretien ehem. Gebiet in Transkaukasien. 402
Indien Indus Strom in Südasien. 14 15 125 Ionische Inseln Inselgruppe an der Westküste Griechenlands. 16 454 Ipswich Hafenstadt in Ostengland. 450 Irland Isaktscha (Isaccea) Ort oberhalb des Donaudeltas in der Dobrudscha. 447 Ismail Stadt am nördl. Mündungsarm der Donau. 351 Isthmus von Korinth Landenge, verbindet den Peloponnes mit dem griechischen Festland. 364 Isthmus von Panama Landenge zwischen dem Karibischen Meer und dem Stillen Ozean. 250 Isthmus von Suez Landenge zwischen Afrika und Asien. 250 Italien
Janina (Joannina) Stadt im Epirus. 32 Jassy (Jasi) Stadt in der Moldau. 118 240 246 247 437 Java. 128 Jemen Staat in Südarabien. 129 Jena. 465 Jerkkum Kaie ehem. Küstenbefestigung im Kaukasus. 467 Jersey größte der britischen Kanalinseln.552 Jerusalem. 107 Jätland. 248
Kalafat Stadt in der Westwalachei. 436 462 464 465 466 486 487 527 532 533 564 Kalifornien. 98 338 448 Kalikat (Kozhikode) Hafenstadt in Südindien. 329 Kalkutta. 124 151 221 224 328 329 Kamtschyk (Kamtschija) Fluß in Bulgarien. 438 Kanada (Canada) Kanalinseln (Normannische Inseln) britische Inselgruppe. 453 Kandesch Landschaft an der Westküste Indiens. 222 Kanton Stadt in Südchina. 14 101 450 451 Kap der Guten Hoffnung. 379 Kapan Ort im Südkaukasus. 365
Karlsdorf Stadt in Baden. 501 Karnatik Landschaft in Madras (Indien). 151 Kars Stadt in Transkaukasien. 114 443 467 468 Kaspisches Meer. 13 117 366 402 442 Kattegat Meerenge zwischen Jütland, Schweden und den Dänischen Inseln. 456 Kaukasus Keighley Stadt in der Grafschaft Yorkshire. 425 Kidderminster Fabrikstadt südwestl. von Birmingham. 169 450 Kiew. 235 241 Kilia (Schile) Hafenstadt an der Südküste des Schwarzen Meeres. 5 Kilmarnock Stadt in Schottland. 343 Kleck Hafen am Adriatischen Meer. 196 Kleinasien Kleine Walachei westl. Teil der Walachei. 457 463 486 Knoydart Ort in Schottland. 427 Kölesyrien („hohes Syrien") Tal zwischen Libanon und Antilibanon. 207 Köln. 30 39 297 510 511 512 513 514 Königsberg (Kaliningrad). 297 319 Königshofen an der Tauber Ort in Baden. 520 Konstantinopel (Stambul, Istanbul) Konya siehe Ikonium Kopenhagen. 67 242 358 433 456 Korfu Stadt auf der gleichnamigen Insel im Ionischen Meer. 313. Kowno (Kaunas). 241 Krajowa (Craiova) Stadt in der Kleinen Walachei. 326 352 462 465 486 Krakau (Krakow). 289 373 374 375 376 377 379 408 Krasnoe Selo (Krasnoje Selo) Ort im ehem. Gouvernement St. Petersburg. 241 Krim. 115 305 415 Kroatien. 10 434 Kuba. 155 Kuban Fluß im Nordkaukasus. 402 403 413 468 Kulewtscha Dorf in Bulgarien, Kreis Schumla. 7 350
Kura größter Fluß Transkaukasiens, mündet ins Kaspische Meer. 443 563 Kurdistan Landschaft in Vorderasien. 348 Kurland (Kurzeme). 115 Kutahia (Kutahya) Stadt im Nordwesten der asiat. Türkei. 387
Ladogasee. 16 Labore größte Stadt im Pandschab. 329 Laibach (Ljubljana) Stadt in Slowenien (Jugoslawien). 6 108 La Manche (Ärmelkanal) Meeresarm zwischen England und Frankreich. 534 Lancashire Grafschaft in Nordwestengland. 90 132 135 171 230 343 450 482 535 Lausanne. 86 Leeds Industriestadt in der Grafschaft Yorkshire. 362 423 Leicester Stadt in Mittelengland. 423 450 Leicestershire Grafschaft in Mittelengland. 431 Leti (Letea) Insel in der Donau zwischen den Mündungsarmen Sulina und Kilija. 407 Levante die Küstengebiete Kleinasiens, Syriens und Ägyptens. 376 385 399 Libanon. 7 381 Liverpool. 134 135 153 169 315 407 450 Lombardische Ebene (Lombardei). 93 297 319 342 465 471521 London Lunigiana (Lugagnano) Ort in Italien. 521 Luxemburg. 381 Lyon Stadt in Frankreich. 554
Madras Hauptstadt und Hafen des gleichnamigen Staates in Vorderindien. 151 216 217 218 225 329 Magdeburg. 30 494 Maidstone Hauptstadt der Grafschaft Kent (Südostengland). 84 Mailand. 17 88 91 313 521 Malakka Hafenstadt und Halbinsel (Malaiische Halbinsel). 205 Malkfl Nebenfluß des Terek im Kaukasus. 434 Malta Insel im Mittelmeer. 5 16 114 146 391 454
Manchester. 40 41 99 134 169257 281 317327 343 362 422 423 424 426 449 451 460 461 Mariza (Maritza) Hauptfluß Südbulgariens. 32 Marokko• 454 Marseille. 146 328 554 Matschin (Macin) Ort in der Döbrudscha. 447 564 Mazedonien (Makedonien) Gebirgsland im Süden der Balkanhalbinsel. II 16 34 351 352 436 Meaday Stadt in Birma. 292 Mecklenburg-Schwerin ehem. Großherzogtum. 453 Melbourne. 317 496 Mesopotamien Landschaft in Vorderasien. 129 278 Mexiko (Mexico). 378 Middes Gemeinde im Schweizer Kanton Freiburg. 86 Mincio linker Nebenfluß des Po in Oberitalien. 465 Mingrelien ehem. Landschaft im Kaukasus. 115 402 563 Minsk. 241 Mittelländisches Meer (Mittelmeer). 15 16 25 107 211 215 249 250 Modena Landschaft in Oberitalien, ehem. Herzogtum. 521 Mogan (Mughan) ehem. Steppengebiet am Aras. 366 Mohilew ehem. Gouvernement in Rußland. 241 Moldau (Moldova) ehem. Donaufürstentum zwischen Ostkarpaten und Pruth. 8 9 12 2432 142 144 145 146 165 197240246277 286 325 349 Montenegro (Crna Gora) Gebiet am Adriatischen Meer. 12 18 19 348 351 352 458 Morawa (Morava) rechter Nebenfluß der Donau in Serbien. 11 Morea (Peleponnes) griechische Halbinsel. 10 32 364 386 Mosdok Stadt im Nordkaukasus. 402 Moskau. 11 118
Nachitschewan ehem. Provinz in Transkaukasien. 366
Nanking Stadt in der ostchinesischenProvinz Kiangsi. 100 Navarino (Pylos) Stadt in Griechenland. 24 32 198 364 386 540 548 Neapel. 89 92 319 454 521 Neuchätel (Neuenbürg) Kanton in der Westschweiz. 88 110 Newa Abfluß des Ladogasees, mündet in den Finnischen Meerbusen. 236 382 Newcastle-upon-Tyne Stadt in Nordostenglang am Tyne. 281 338 Newchurch Gemeinde in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 449 535 New Orleans Staat der USA. 553 Newton Stadt westl. von Manchester. 535 New York. 14 178 500 553 Nikolaja siehe St.Nikolaja Nikopolis (Nikopol) Ort'südl. der Donau, westl. von Rustschuk. 351 463 464 486 Nissa (Nil) Stadt in Serbien. 288 Norwegen Norwich Stadt in Westengland, 450 Nottingham Stadt in Mittelengland. 56 169 423 424 450 Novara oberitalienische Provinzhauptstadt, westl. von Mailand. 471 Nowgorod'Weliki (Nowgorod) eine der ältesten russischen Städte nördl. vom Ilmensee am Wolchow. 235 Nürnberg. 4
Odessa Oldenburg ehem. Großherzogtum. 453 Oldham Stadt nordöstl. von Manchester. 343 425 526 Olmätz (Olomouc) Stadt an der Morava. 326 421 434 Oltenitza (Oltenita) Ort an der Donau, südöstl. von Bukarest. 462 470 483 484 487 488 527 528 532 533 542 564 Olti (Oltu) Stadt nordöstl. von Erzerum. 444 Orasch Ort in der Dobrudscha, gegenüber Hirsowa. 436 Orissa Staat in Ostindien. 151 225 Orsova Hafenstadt im Banat. 233 438 Oslende Seebad in Belgien. 35 503 505 Österreich Ostsee. 208 235 242 283 338 376 456
Otschakow Hafenstadt an der Dneprmündung. 351 Ottomanisches Reich siehe Türkei Oxfordshire Grafschaft in Mittelengland. 452
Padiham Stadt westl. von Leeds. 449 Palästina. 7 Palmyra Ruinenstätte in Syrien. 129 Pandschab Landschaft im Nordwesten Vorderindiens. 14 152 216 329 456 Paris Parma Provinz in Oberitalien, ehem. Herzog» tum. 521 Patna Hauptstadt des Staates Bihar (Indien). 328 432 Pegu Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (Birma). 204 205 292 Peking. 17 101 Peleponnes siehe Morea Penang (PuloPenang) Insel an der Westküste der Halbinsel Malakka. 205 ( Persien (Iran). 13 14 97 114 116 117 129 152 153 197 252 365 366 367 376 456 Persischer Golf. 442 Peru Peterwardein (Petrovaradin) Festungsstadt im ehem. Kroatien-Slawonien. 196 Petra alte Stadt in Transjordanien. 129 Philippopel (Plowdiw) zweitgrößte Stadt Bulgariens. 349 Piemont Landschaft in Oberitalien, ehem. Herzogtum. 521 Pindus (Pindos) Gebirgszug in Nord- und Mittelgriechenland. 26 Plewna (PleWen) Stadt in Nordbulgarien. 305 Po Fluß in Italien. 471 Podolien (Podolsk) ehem. Gouvernement in Rußland zwischen Dnestr und Bug. 241 Polen Pontus (Pontos) Euxtnas im Altertum Name des Schwarzen Meeres. 13 114 120 408 442 541 Port Philip Bucht an der Südküste von Australien. 451 Portsmouth englischer Kriegshafen nördl. der Insel Wight. 106 544 545 Portugal
Posieux Gemeinde im Schweizer Kanton Freiburg. 86 Poti ehem. Festung; Hafen am Schwarzen Meer. 142 367 447 Potsdam. 212 Preston Stadt in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 328 343 424 425 426 449 458 459 474 475 482 525 535 Preußen Prez Gemeinde im Schweizer Kanton Freiburg. 86 Prome Stadt in Birma. 432 Pruth (Prout) linker Nebenfluß der Donau. 176 212 213 253 269 279 332 347 420 485 542 Pskpw ehem. Gouvernement in Rußland. 241 Puna Stadt im Staat Bombay (Indien). 222 329
Radsckmahal Stadt im Staat Bengalen (Indien). 328 Rasgrad Stadt nordöstl. von Varna (Bulgarien). 305 Rassova Ort an der Donau in der Dobrudscha. 305 463 Ravenna oberitalienische Provinzhauptstadt. 319 Rawtenstall Stadt in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 449 Redut Kaie ehem. Befestigung an der kaukasischen Küste des Schwarzen Meeres. 445 467 468 Resolven Ort in Wales, 298 Rheinpreußen ehem. Provinz. 29 37 116 318 514 Ringwood Stadt südwestl. von Southampton. 169 Rion Fluß im Kaukasus. 443 Rom. 171 198 200 235 521 Romont (Remund) Stadt im Schweizer Kanton Freiburg. 86 Rostock. 297 319 Rotterdam. 297 Rouen Stadt in dem gleichnamigen Arondissement in Frankreich. 553 Rumelien ehem. der europäische Teil der Türkei; dann türkische Statthalterschaft (Thrazien und Teile von Mazedonien). 249
Rußland Rustsch.uk (Russe) Stadt südl. von Bukarest. 438 462 463 465 470 486 564
Sahara. 129 Saint Albans Stadt in der Grafschaft Hertfordshire (Mittelengland). 315 Saint-Jean-d'Acre (Akka) alte Hafenstadt in Syrien an der Ostküste des Mittelmeeres. 208 Salamis griechische Insel im Golf von Ägina. 114 143 270 Saloniki Stadt am Ägaischen Meer. 233 Sardinien. 91 521 Satory, Ebene von bei Versailles. 58 Save (Sava) Nebenfluß der Donau, mündet bei Belgrad. 7 Schanghai. 98 100 450 Scheide. 386 Schiras Stadt im Südiran. 14 Schleswig. 103 248 433 457 Schottland. 49 60 65 79 122 307 339 Schumla (Schämen; heute: Kolaroffgrad) Stadt in Nordostbulgarien. 304 305 349 350 352 437 438 439 463 564 Schwarzes Meer Schwarzwald. 13 Schweden Schweiz Schyl (Jiu) linker Nebenfluß der Donau in der Walachei. 463 465 Scinde siehe Sind Semlin (Zemun) Vorstadt Belgrads, im Mündungswinkel von Save und Donau. 146 Serbien. 8 11 12 24 32 33 233 234 277 287 288 351 352 436 466 470 532 534 564 Sereth (Siret) linker Nebenfluß der Donau in der Moldau. 440 464 Sewansee siehe Göktscha Sewastopol. 5 197 321 382 409 410 485 559 560 561 Sheffield Stadt in Mittelengland. 306 337 Silistria (Silistra) Stadt an der Donau in der Süddobrudscha. 235 305 349 350 352 367 463 470 564 Sind (Sindh) Gebiet an der Westküste Indiens am Arabischen Meer. 14 152
Singapur (Singapore) Insel und Stadt an der Südspitze Malakkas. 204 Sinope alte Handelsstadt an der Südküste des Schwarzen Meeres. 548 549 559 560 562 Sistowa (Svistov) Stadt in Bulgarien, am rechten Donauufer. 486 Sizilien. 127 454 Slatina Stadt in der Walachei. 465 466 Slawonien das östl. Tiefland Kroatiens zwischen Drau, Save und Donau. 10 Slite Küstenort auf der schwedischen Insel Gotland. 456 Smyrna (Ismir) Hafenstadt in der kleinasiatischen Türkei. 146 196 214 233 250 269 303 304 325 391 Sofia. 343 351 436 463 470 Son rechter Nebenfluß des Ganges in Mittelindien. 329 Southampton englischer Überseehafen. 401 Southwark Stadtteil von London. 171 Spanien Spitalfields. 169 Spithead Meeresarm im Norden der Insel Wight. 107 Stofford Stadt in Mittelengland. 338 Stalybridge Fabrikstadt östl. von Manchester. 328 425 535 Stambul siehe Konstantinopel Stanford Stadt in England. 449 Stettin (Szcecin). 17 297 319 Stiller Ozean. 250 545 St. Georg Stadt am St. Georgsarm im Donaudelta. 403 St. Nikolaja ehem. Schefkatil, Hafen am Schwarzen Meer. 403 562 Stockholm. 116 Stockport Stadt südöstl. von Manchester. 134 169 170 317 425 525 Stokesley Gemeinde in der Grafschaft York. 452 St. Petersburg (Leningrad) Straßburg. 551 552 554 Sudschuk Kaie ehem. Befestigung an der kaukasischen Küste des Schwarzen Meeres 409 410 411 415 Südkarolina Staat im Südosten der USA. 193
Süd'Wales Industriezentrum der Halbinsel Wales. 292 298 Sulina der mittlere Hauptmündungsarm der Donau. 190 291 403 407 408 Sund (Öresund) Meerenge, verbindet Kattegat und Ostsee. 16 456 Sutorina Hafen am Adriatischen Meer. 196 Sydney. 14 Syrien Staat in Vorderasien. 207 208 250 278 382 387 454 467 Syrische Wüste zwischen Syrien und Mesopotamien. 14
Taganrog Hafenstadt am Asowschen Meer, westl. von Rostow am Don. 14 Tajo (Tejo) Fluß der Pyrenäenhalbinsel. 386 Talisch Ort am Aras. 366 Tampico Hafenstadt in Mexiko. 411 Tornow Stadt östl. von Krakau. 377 Tatarei im Mittelalter Bezeichnung für Innerasien; später, im engeren Sinn die Krim sowie die Gebiete am unteren Dnepr und Don. 129 Taurus Gebirge in Kleinasien. 382 Tees Fluß in der Grafschaft Yorkshire. 452 Teheran. 14 116 252 372 Terek Fluß im Nordkaukasus. 468 Terni mittelitalienische Provinzhauptstadt. 319 Tessin südlichster Schweizer Kanton. 88 94 313 Thana Stadt in Indien, nördl. von Bombay. 328 Themse. 229 Thessalien Landschaft in Nordgriechenland. 10 16 Thirsk Stadt in der Grafschaft Yorkshire. 452 Thrazien (Thrakien) Landschaft im Osten der Balkanhalbinsel zwischen Ägäischem und Schwarzem Meer. 8 11 34 Tiberias, See von (See von Genezareth). 208 Tiflis (Tbilissi). 402 443 467 562 Tigris Strom in Vorderasien. 14 Tolentino Ort in Mittelitalien. 319 Tong'ho Stadt in Birma. 292 Torny-le-Grand (Torny) Ort im Schweizer Kanton Freiburg. 86
44 Marx/Engels, Werk« Bd. 9
Torres Vedras Stadt in Portugal. 438 Toscana (Toskana) Landschaft in Mittelitalien. 454 Toulon Hafenstadt in Südfrankreich. 5 21 Transkfluk_asien Landschaft zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. 562 Transsilvanien (Transsylvanien) vom Karpatenbogen umrahmte Landschaft. 9 246 Transsilvanische Alpen (Südkarpaten). 465 Trapezunt (Trabzon) Hafenstadt am Schwarzen Meer in der Türkei. 10 14 15 16 114 383 402 441 443 446 Trastevere der rechts vom Tiber gelegene Teil Roms. 319 Trentham Ort nördl. von Stafford (Mittelengland). 343 Triest. 17 292 376 Tscherkessien Gebiet im Nordkaukasus. 142 284 409 410 411 412 413 414 416 417 Tschoroch Fluß im Kaukasus, mündet südl. von Batum ins Schwarze Meer. 444 Tula Stadt südwestl. von Moskau. 241 Tunis. 7 Tunona siehe Dschamna Turan Tiefland in Mittelasien. 13 Turna (Turno Magurele) Stadt am linken Donauufer in der Walachei. 462 464 Turin. 421 Türkei Turkestan Landschaft in Mittelasien. 14 Turkmanschai Ort im Iran. 366 Turtukai (Tutrakan) Hafenstadt in Bulgarien. 305 470 483 484 528 529 530 531
Ungarn. 10 13 17 197 235 246 279 280 281 339 401 402 434 504 551. Utrecht. 378
Vandiemensland (Tasmanien) Insel südl. von Australien. 313 Varna Hafenstadt am Schwarzen Meer. 304 305 350 437 438 440 441 463 Venedig. 185
Verona Stadt in Oberitalien. 6 108 Villagos (Vilägos) Stadt im ehem. Komitat Arad. 504
Walachei ehem. Donaufürstentum zwischen Südkarpaten und Donau. 8 9 12 24 32 142 144 145 146 165 197 240 246 277 286 296 304 325 349 Warschau. 33 351 369 370 371 373 376 421 434 437 Waterloo. 439 Washington. 303 Weliki Balkan (Hoher Balkan) zentraler Teil des Balkangebirges in Bulgarien. 23 26 32 349 350 351 440 West Riding Teil der englischen Grafschaft Yorkshire. 175 450 Whithnell Ort in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 425 Widdin (Vidin) Stadt am rechten Ufer der Donau. 305 351 436 447 457 462 463 465 466 470 483 484 527 532 564 Wien Wigan Stadt in der Grafschaft Lancashire (Nordwestengland). 343 448 449 458 459 525 526 Wilna (Wilnjus). 241 Witebsk ehem. Gouvernement in Rußland. 241 Wolga. 13 Wolhynien (Wolynien) Gebiet im westl. Rußland. 241 458 485 Wolverhamptön Industriestadt in Mittelengland. 343 Wutschans (Wuchang) Hauptstadt der chinesischen Provinz Hupeh. 97
Yorkshire größte Grafschaft Englands. 135 171426 450 452
Zabljak alte Festung in Montenegro. 458 Zagreb siehe Agram Zürich. 89 468
Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen A usdrücke
abominabel widerlich, abscheulich Absentismus hier wird mit diesem Wort der Übelstand bezeichnet, daß die irländischen Gutsbesitzer meist außerhalb Irlands leben und ihre Einkünfte verzehren, diese Gutsbesitzer nennt man Absentees (Abwesende) Absolutismus unbeschränkte Alleinherrschaft, Willkürherrschaft Abstention Verzicht, Enthaltung abstrus verworren, absonderlich, schwer verständlich Absurdität Unsinn» Widersinnigkeit, Unvernunft ad valorem dem Werte nach Affäre Angelegenheit, unangenehmer Vorfall, Streit Aga Haupt; türkischer Titel, Anführer, Grundherr Aggression Angriff, militärischer Überfall auf fremde Völker Ägide Schutz, Obhut, Leitung Akkommodation (Bank- oder Geld-)Anpassung (des Kredits an den Bedarf des Bankkunden), Krediteinräumung, Kreditgewährung akkunmlieren anhäufen, ansammeln Aktiva Vermögenswerte, Guthaben, Sollseite (Gegensatz von Passiva) Akzise Verbrauchssteuer al pari zum Nennwert (bei Wert- und Staatspapieren) Alternative Wahl, Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten amalgamieren verschmelzen, miteinander verbinden Amendement Änderungs-, Verbesserungs-, Zusatzantrag zu einem Gesetz oder Gesetzesvorschlag amortisieren eine Schuld allmählich nach festgelegtem Plan tilgen Anachronismus den Zeitläufen nicht Entsprechendes, Zeitwidrigkeit Anarchie Gesetzlosigkeit, Planlosigkeit, Unordnung, Chaos Anciennität Dienst-, Rangfolge Annalen Jahrbücher, nach Jahren geordnete Aufzeichnungen geschichtlicher Ereignisse; Titel jährlich erscheinender periodischer Druckschriften Annexion Angliederung, Einverleibung, Aneignung Annuitäten jährliche Einkommen; vornehmlich in England Anleihen, deren Kapital und Zinsen durch sich gleichbleibende Jahresabzahlungen getilgt werden annullieren für ungültig erklären, außer Kraft setzen, widerrufen Anomalie Abweichung vom Normalen, Regelwidrigkeit Antagonismus unversöhnlicher, unüberbrückbarer Gegensatz anticipando vorwegnehmend, im voraus antizipieren voraus-, vorwegnehmen, vorgreifen Apologie Verteidigung, Verteidigungsschrift; Rechtfertigung gegenüber Angriffen
apoplektisch schlagflußartig, zum Schlaganfall neigend Apotheose Vergötterung; Erhebung eines Menschen zur Gottheit approviantieren soviel wie verproviantieren, mit Lebensmitteln versehen Areopag berühmtes Obergericht im alten Athen; führende Kräfte Arrondissement Verwaltungsbezirk in Frankreich Assemblee Legislative Gesetzgebende Versammlung j4ssise(n) Schwurgericht in Frankreich und in der Schweiz Assoziation Vereinigung, Verbindung Attache Begleiter eines Gesandten, meist Anwärter des diplomatischen Dienstes; Sachbearbeiter für Spezialfragen bei diplomatischen Dienststellen Auspizien Oberleitung, schützende Obhut Autokrat Selbst-, Alleinherrscher Axiom grundlegender Leitsatz, der keines Beweises bedarf; unumstößliche, einleuchtende Tatsache
Bagage Troß; hier im Sinne von Gesindel Bantamhuhn ostasiatisches Zwerghuhn (nach der Provinz Bantam auf der indonesischen Insel Java) Bei ehemals Titel hoher türkischer Beamter und Offiziere bigott frömmelnd, scheinheilig, blindgläubig Bill Gesetz, Gesetzentwurf, Gesetzvorschlag Bojar feudaler Großgrundbesitzer im zaristischen Rußland und in den Balkanländern Bonus Sondervergütung; vorübergehende Dividendenerhöhung; Gewinnanteil Brougham zweisitziger Wagen mit festem, unbeweglichem Verdeck (nach dem englischen Lord)
Casus Fall, Vorkommnis, Begebenheit Casus belli zum Krieg führendes Ereignis Chimäre Hirngespinst, Wahnbild, Trugbild citissime schleunigst, sehr eilig (besonders als Aktenvermerk, auch noch auf Briefen)
Clerk Gerichtsschreiber, Buchhalter, Handlungsgehilfe Commiseration Mitleid Corps diplomatique Diplomatisches Korps coup Streich, Schlag, Unternehmen Coup d'etat Staatsstreich
Dandy Geck, Stutzer, Modenarr debouche Enge, Engpaß; Ausgangspunkt, Ausgangsstellung debütieren zum ersten Male öffentlich auftreten de dato vom Tage der Ausstellung an (auf Urkunden) datiert vom de facto tatsächlich, nach Lage der Tatsachen Defilee Engpaß, Hohlweg, durch ungangbares Gelände, eingeengter Weg, den Truppen nicht in breiter Front passieren können Degradation Herabsetzung, Erniedrigung, Amtsenthebung Deklamation phrasenhafte Erklärung Demarche diplomatischer Schritt, Vorgehen (besonders zur Wahrung verletzter oder bedrohter Interessen); Maßregel Dementi Widerruf, Richtigstellung Demiurg Weltschöpfer; eigentlich Handwerker, Künstler Demonetisation Entwertung, Einziehung von Münzen denunzieren verraten, bezichtigen; auch im Sinne von: darlegen, anzeigen, mitteilen Departement Abteilung; Verwaltungsbezirk (in Frankreich) Depositär Verwahrer von hinterlegten Werten (die Bank) Depositen bei Banken hinterlegte Einlagen, Gelder oder Wertpapiere Despotismus Gewalt- und Willkürherrschaft Detachement eine von den Hauptkräften für besondere Aufgaben abgezweigte Truppenabteilung detachierte (Feldschanzen): dem befestigten Ort vorgeschobene, nicht unmittelbar mit ihm zusammenhängende ständige Befestigungsanlage; selbständiges Außenwerk
diskontieren Wechsel (vor Fälligkeit) gegen Zinsabzug, Diskont, kaufen diskreditieren in Mißkredit, in Verruf bringen, verleumden Dithyrambe (Dithyrambus) schwärmerisches Loblied, überschwengliche Würdigung Ditoan ehemaliger türkischer Staatsrat Doktrin Lehre, wirklichkeitsfremder Standpunkt Dragoman Dolmetscher (im Orient, besonders bei Gesandtschaften) Dualismus Zweiteilung
Effekten Wertpapiere, Güter Eklat Skandal, Lärm, Aufsehen ekstatisch verzückt, entzückt, höchst begeistert Emanzipation Gleichstellung, Befreiung aus gesellschaftlicher und rechtlicher Abhängigkeit Emissär Geheimbote, Abgesandter, Agent Emission Ausgabe, Unterbringung von Wertpapieren u. ä. emittieren herausgegeben, verausgaben; Wertpapiere u. ä. ausgeben, unterbringen; eine Anleihe begeben Enklave vom eigenen Staatsgebiet umschlossener Teil eines anderen Staates en passant beiläufig, nebenbei Ensemble Ganzes, Gesamtheit; Zusammengehöriges, Zusammenspiel Entente Einvernehmen, Einverständnis, Staatenbündnis Entourage Umgebung, Umhüllung, Umsetzung ephemer kurzfristig, vorübergehend, nicht von Bestand eskamotieren nach Taschenspielerart verschwinden lassen, wegzaubern etablieren festsetzen, gründen, begründen, sich selbständig machen, sich niederlassen Ethnographie beschreibende Völkerkunde etymologisch vom Standpunkt der Wortforschung, der Wortherkunft exoterisch für weitere Kreise bestimmt und verständlich, volkstümlich Expansion Ausbreitung, Ausdehnung
Expektoration Herzensergießung, Gefühlserguß Espose Denkschrift, Bericht, Darlegung, genauer Plan zu einem Literaturwerk
Fairneß Anständigkeit, ehrliches, einwandfreies Verhalten Faktorei Handelsniederlassung Farce Posse, lustiges Nachspiel Faschine walzenförmig geschnürtes Reisigbündel für Schanzarbeiten und zum Füllen von Gräben Fatum Schicksal, Verhängnis Ferman Erlaß, Befehl des Herrschers in islamischen Ländern figurieren in Erscheinung treten, in die Augen fallen, eine Rolle spielen Fiktion Annahme eines nichtwirklichen Falles, Erdichtung, Unterstellung Fiskus Staatskasse; der Staat als Inhaber von Vermögen und Vermögensrechten Folketing Zweite Kammer des dänischen Reichstages forcieren durchsetzen, steigern, übertreiben fraternisieren sich verbrüdern Fregatte schnellsegelndes, vollgetakeltes, leichtes, dreimastiges Kriegsschiff Fortifikation Befestigungskunst
Gambrinus sagenhafter König, angeblich Erfinder des Bieres Guinea frühere englische Goldmünze, jetzt Rechnungseinheit (21 Schilling)
habituell eingewurzelt, zur Gewohnheit geworden Hierarchie strenge Stufen- und Rangordnung der Gewalten Hospodar Herrscher, Titel der ehemaligen Fürsten in der Moldau und Walachei Hyperbole Übertreibung
Idiosynkrasie Überempfindlichkeit, unüberwindliche Abneigung gegen bestimmte Nahrungs-, Arznei- oder andere Stoffe ignorant dumm, unwissend imaginär scheinbar, vermeintlich, nicht wirklich vorhanden
imbezill leicht schwachsinnig, idiotisch Immunität die Steuerfreiheit, Befreiung von Abgaben und anderen Lasten; Unantastbarkeit Impotenz Unfähigkeit, Schwäche inaugurieren einweihen, feierlich einsetzen Indemnität Entschädigung, Vergütung, Schadenersatz Indignation Unwille, Entrüstung, Mißfallen, Verdruß Infamie Niedertracht, Schändlichkeit Inkarnation Verkörperung von etwas Geistigem inkompetent nicht zuständig, unsachverständig in petto etwas zur Verfügung bereit haben, etwas auf dem Herzen und im Sinne haben Insinuation Einflüsterung, Unterstellung Inspiration Beeinflussung, Anregung Insurgent Aufständischer Insurrektion Aufstand, Aufruhr, Erhebung Integrität Unantastbarkeit, Unversehrtheit Internuntius Botschafter, Geschäftsträger Interpellation parlamentarische Anfrage; Einspruch Interpretation Auslegung eines Textes; Ausdeutung, Erläuterung Intervention Einmischung; Einspruch, Vermittlung Interregnum Zeitraum ohne rechtmäßige Regierung; Zwischenregierung Invasion feindlicher Einfall; widerrechtliches Eindringen in fremdes Gebiet Inzident Zwischenlall, Vorfall Irregulärer nicht zum eigentlichen Heer Gehöriger
Jakonett weicher baumwollener Futterstoff
Kadi mohammedanischer Richter Kalfaterung Abdichtung der Decks- und Schiffswandnähte mit geteertem Werg Kaprice Eigensinn, Laune, Grille Karbonarismus eigentlich Gesinnung und Grundsätze der Karbonari, der Anhänger eines politischen revolutionären Geheirnbundes, der in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Italien und Frank
reich bestand; hier gemeint: Revolu« tionarismus Kasuist Wortverdreher, Haarspalter, spitzfindiger Mensch Kausalnexus ursächlicher Zusammenhang; Verknüpfung von Ursache und Wirkung Kawaß ehemaliger türkischer Polizeisoldat Koalition Vereinigung, (politisches) Bündnis Kombattanten Kämpfer; die tatsächlich zum Kampf eingesetzten Truppen Kommissariat Behörde, die für die Ernährung der Armee und im Falle des • Marsches für die Versorgung derselben mit Transportmitteln veiantwortüch ist kondemnieren verurteilen, verdammen Konfiskation Vermögenseinziehung, Beschlagnahme; Besitzergreifung Konglomerat Gemenge, Gemisch aus verschiedenen Dingen Konspiration Verschwörung Konsols englische Staatspapiere, zu deren Verzinsung bestimmte Staatseinkünfte angewiesen sind Konsolidierung Festigung, Sicherung konsolidieren festigen, sicher machen Konstellation Stellung, Lage, das Zusammentreffen von Umständen konstitutionell verfassungsmäßig,verfassungsgebunden kontradiktorisch von gegensätzlichen Gesichtspunkten ausgehend, widersprüchlich kontrahieren zusammenziehen; einen Vertrag schließen Kontroverse Streitfrage; gelehrte (wissenschaftliche) Auseinandersetzung Konvention Abkommen, Vereinbarung, Übereinkunft konvertibel umwechselbar; von Papiergeld in Edelmetall umwandelbar Konvertierung (Konversion) Umwandlung von Schuldverschreibungen oder Rechtsverhältnissen konziliant versöhnlich, umgänglich, verbindlich, freundlich, entgegenkommend kreditieren gutschreiben, Kredit gewähren
Legation Gesandtschaft; Provinz des früheren Kirchenstaates
legendär sagenhaft Legitimismus reaktionäre Auffassung von der Unabsetzbarkeit eines bestehenden Herrscherhauses Lex Regia das königliche Gesetz; besonders das dänische Königsgesetz, welches die weibliche Erbfolge gestattete Lex Salica (Salisches Gesetz) das Volksrecht der salischen Franken Liturgie Kirchenordnung, gottesdienstliche Handlung Lukjubralion nächtliches gelehrtes Arbeiten
Malice Bosheit, boshafte Äußerung mariiim die Schiffahrt, das Meer; das Seewesen betreffend Maxime Grundsatz, Regel Mesalliance ungeeignete Verbindung Minie-Gewehr französisches Gewehrmodell Modi (Modus) Art und Weise des Verfahrens modifizieren verändern, abwandeln; einschränken; näher bestimmen Monosyllaben einsilbige Worte Myriade unzählbare Menge, Unzahl Myrmidonen Angehörige eines sagenhaften Kriegsvolkes des Achilles
Nabob Statthalter im Reiche des Großmoguls; Titel mohammedanischer indischer Fürsten; übertragen: steinreicher Mann; in Ostindien reich gewordener Europäer Nonchalance Ungezwungenheit, Formlosigkeit offiziös halbamtlich, nicht verbürgt Oligarchie Herrschaft einer privilegierten Minderheit Opponent Gegner, Widersacher Order Anordnung, Befehl, Auftrag Orthodoxie Recht-, Strenggläubigkeit; starres Festhalten am Buchstaben einer Lehre ostentativ augenfällig, offensichtlich, herausfordernd, betont, prahlerisch Palisade Hindernis aus Pfählen, die in Reihen nebeneinander eingegraben und oben zugespitzt wurden
Paradox widersinnige Behauptung, etwas der Vernunft Entgegenstehendes Parapett soviel wie Brustwehr par excellence im wahrsten Sinne des Wortes; schlechthin, vorzugsweise pari dem Nominalwert entsprechend Parvenü Emporkömmling passablement einigermaßen, ziemlich, erträglich Pauper Armer, Verelendeter Peer (lebenslängliches) Mitglied des englischen Oberhauses Permutation Um- oder Vertauschung, Umwandlung Petition Bittschrift, Gesuch, Eingabe Phänomen überragender Geist, außergewöhnliche Erscheinung Philanthropie Menschenliebe, Menschenfreundlichkeit, bürgerliche individuelle Wohltätigkeit philhellenisch griechenfreundlich Philippika (heftige) Strafrede (nach den Strafreden des Demosthenes gegen Philipp von Mazedonien) pindarisch Gedichtform in frei gegliederten, schwungvollen Strophen mit kühnen Wortbildungen (nach dem griechischen Lyriker Pindar) Plagiator jemand, der fremdes geistiges Eigentum als eigenes veröffentlicht Pluiokratie Geldherrschaft; Herrschaft der Reichen Pontontrain flache Kähne zum Schiffbrückenbau Popanz Schreckgestalt, Trugbild Polentat Machthaber, regierender Fürst Pourparler unverbindliche Besprechung, Unterredung, Verhandlung Präambel Einleitung, Vorrede Präludium Vorspiel, Einleitung Prämisse Voraussetzung; Vordersatz eines logischen Schlusses Präliminare Vorverhandlung, Einleitung Prätention (Prätension) Anmaßung, Dünkel, Anspruch pragmatisch praktisch, sachlich, fach-, geschäftskundig; die ursächlichen Zusammenhänge darlegend
Presbyterianer Anhänger der kalvinistischen Kirchen in Großbritannien und in Nordamerika Prioritätsaktie Vorzugsaktie profan unheilig, unkirchlich, weltlich, alltäglich Progression Fortschreiten, Stufenfolge, Steigerung Prohibitivzoll Sperrzoll, Schutzzoll Prokurator Anwalt, Bevollmächtigter Prosperität Aufschwung, Gedeihen, Wirtschaftsblüte Protektionist Vertreter, Anhänger des Protektionismus Pygmäe Zwerg Pythia weissagende Frau (nach der Priesterin im Orakel zu Delphi)
Quarantäne Beobachtungssperre für Schiffe, Reisende und Tiere für eine gewisse Zeit Quintessenz Kern, innerstes Wesen einer Sache
Radscha Titel eingeborener indischer und malaiischer Fürsten räsonieren widersprechen, schimpfen; mitreden, Schlüsse ziehen Rajah Bezeichnung der der Pforte unterworfenen nichtmohammedanischen Völkerschaften Reduit bombensicheres, verteidigungsfähiges Kernwerk im Inneren einer Festung Redoute eine in der Feldbefestigung des 18. und 19. Jahrhunderts meist aus Erdwerk bestehende geschlossene Schanze rekognoszieren aufklären, ausspähen, erkunden, erforschen; für richtig erklären Remonstration Einwand, Gegenvorstellung Renommee (guter) Ruf, Leumund, Ansehen replizieren antworten, entgegnen Reputation Ruf, Ansehen Reservoir Sammelbecken, Vorrat Resident Rangbezeichnung eines diplomatischen Vertreters, Geschäftsträger Reskript amtlicher Erlaß, Verfügung Ressource Hilfs- und Rohstoffquelle; Erwerbsquelle Restauration Wiederherstellung; Wieder
herstellung alter, meist überlebter gesellschaftlicher oder politischer Formen Resume (Resümee) Zusammenfassung dei Hauptpunkte einer ausführlichen Darlegung retirieren sich fluchtähnlich, eilig zurückziehen, zurückweichen, fliehen, ausreißen Retrozession Wiederabtretung, Rückversicherung Rimesse Rücksendung von Wechseln oder Geld; in Zahlung gegebener Wechsel Ritus (Riten) die Gesamtheit der bei gottesdienstlichen Handlungen vorgeschriebenen Bräuche einer Religion; feierlicher Brauch
säkularisieren kirchlichen Besitz in weltlichen überführen saisieren mit Beschlag belegen, beschlagnahmen Schirting leichter Baumwollstoff (als Futterstoff und vom Buchbinder zu Fälzeln verwendet) Scholastik Schulweisheit; die von der Theologie abhängige Philosophie des Mittelalters Sentiment Empfindung, Gefühl, gefühlsmäßige Einstellung Sequestration Beschlagnahme, Inbesitznahme, Zwischenverwaltung Session Tagungsperiode, Sitzungsperiode von Parlamenten sine qua non unerläßliche Bedingung Status belli Kriegszustand Status quo der gegenwärtige Zustand stereotyp unveränderlich, ständig wiederkehrend, abgedroschen stimulieren anreizen, anregen, antreiben Subalterne Untergebene, Untergeordnete; Subalternoffizier; früher Rangklasse der Leutnante Subsistenz Lebensunterhalt Sukkurs militärischer Beistand, Hilfe, Verstärkung Sukzession Nachfolge, Rechtsnachfolge, Thronfolge Superiorität Übermacht, Vorrang, Überlegenheit
suspendieren aussetzen; einstweilige Dienstenthebung Suzeränität Oberlehnsherrschaft
Temperenz Mäßigkeit Theokratie Priesterherrschaft Herrschaft der Kirche über den Staat Tirade deklamatorischer, phrasenhafter Worterguß, Wortschwall, Geschwätz Toryo (Tories) Anhänger der um 1830 entstandenen Konservativen Partei in England Trade-Unions Name der englischen Gewerkschaften Train der Troß, das schwere Gepäck einer Armee; Fuhrwesen Transaktion Unterhandlung, Übereinkunft, Unternehmung trivial platt, abgedroschen
Ukas Erlaß (des Zaren) Ulema Rechts-, Gottesgelehrter im Islam Usurpation widerrechtliche Besitzergreifung, gewaltsame Aneignung
Vakuum luftleerer oder luftverdünnter Raum; Leere Veto Einspruch, Einspruchsrecht Viscount englischer Adelstitel, Vizegraf (zwischen Earl und Baron) Voluntarismus philosophische Lehre, die den Willen als grundlegendes Prinzip des Seins betrachtet
zedieren übertragen, abtreten (einen Anspruch, eine Forderung) Zensus Steuer; Abhängigmachung politischer Rechte vom Besitz eines gewissen Vermögens Zerberus grimmiger Wächter; scherzhaft für Pförtner (nach dem den Eingang zur Unterwelt bewachenden Hund der griechischen Sage) Zertifikat Bescheinigung, Bestätigung, Beglaubigung Zirkulation Kreislauf, Umlauf, Austausch Zisterne Behälter zum Sammeln von Regenwasser
Verzeichnis der Gewichte, Maße und Münzen
Gewichte
1 Barrel (barrel) 88,904 leg 1 Bushel (bushel) 25,401 kg unterschiedlich in verschiedenen Orten in London 27,215 kg anderwärts 76,203 kg oder 221,353 kg 1 englische Tonne (ton, t) 1016,047 kg 1 Quarter 12,700 kg 1 Pfund (pound, Ib.) 453,592 g
Maße
Längenmaße 1 Lig (league) ~ 3 miles entweder 3 British miles 4827,988 m oder 3 London miles 457 i.959 m oder 3 nautical miles 5564.895 m 1 englische Meile (British mile) = 5280 Fuß 1609,329 m J Seemeile (nautical mile) 1854.965 m 1 Yard == 3 Fuß 91,439 cm 1 Fuß (foot) = 12 Zoll 30,480 cm 1 Zoll (inch) - 12 Libea 2,540 cm Flächenmaße i Acre (acre) -- 4046,78 qro Hohlmaße 1 Quarter = 8 bushels 290.791 1 Bushe! (bushel) = 8 galions 36,35 1 1 Gallone (gallon) = 10 libea 4,541 1 Scheffel (preuß.) 54,96 i
Münzen*
1 Pfund Sterling = 20 Schilling 20,43 Mk. (pound Sterling, £ ) 1 Schilling (shilling, sh.) = 12 Pence 1,02 Mk. 1 Sixpence = 6 Pence 0,51 Mk. 1 Penny (penny, pence, d) — 4 Farthings 8,51 Pf. 1 Farthing = 1/4 Penny 2,12 Pf. 1 Frank (Franc, franc) = 100 Centimes 80,0 Pf. 1 Sou = 5 Centimes 4,0 Pf. 1 Centime (centime, ct.) = 0.8 Pf. 1 Imperial (russ. Goldmünze) = 15 Ruber 32,40 Mk. 1 Rubel 2,16 Mk. 1 Goldrupie (Brit.-Ostindien) • — 15 Silberrupien ca. 30,00 Mk. 1 Silberrupie — ca. 2,00 Mk. 1 Gulden (holl.) ca. 1,70 Mk. 1 Kreuzer (öst.) ca. 4 Pf. Florin (Floren, fiorino) florentinische Goldmünze seit 1252 im Werte von 3,5 g Feingold; seit 1325 in Deutschland nachgeprägt (Gulden) Piaster Bezeichnung für den spanischen und spanisch-amerikanischen Peso sowie den türkischen und ägyptischen Gersch
* Die Umrechnung in Mark und Pfennig bezieht sich auf das Jahr 1871 (1 Mark = 1/2790 kg Feingold).
Inhalt
Vorwort V
Karl Marx/Friedrich Engels. Britische Politik - Disraeli - Die Flüchtlinge - Mazzini in London - Türkei . 3 Friedrich Engels. Worum es in der Türkei in Wirklichkeit geht 13 Karl Marx. Die Londoner Presse - Die Politik Napoleons in der türkischen Frage 18 Friedrich Engels. Die türkische Frage 22 Karl Marx. Die Berliner Verschwörung ,. 28 Friedrich Engels. Was soll aus der europäischen Türkei werden? 31 Karl Marx. Die Berliner Verschwörung - Die Londoner Polizei - Mazzini - Radetzky . 36 Karl Marx. Hirschs Selbstbekenntnisse 39 Karl Marx. Die neue Finanzgaukelei oder Gladstone und die Pennies . 43 Karl Marx. Errungenschaften des Ministeriums 49 Karl Marx. Feargus O'Connor - Niederlage des Ministeriums - Das Budget 56 Karl Marx. Pfunde, Schillinge, Pennies: oder Klassenbudgets und wer hat den Nutzen davon? 62 Karl Marx. Unruhen in Konstantinopel - Tischrücken in Deutschland Das Budget 67 Karl Marx. Seife fürs Volk - Ein guter Bissen für die „Times" - Das Koalitionsbudget 75 Karl Marx/Friedrich Engels. Die Raketenaffäre - Die Schweizer Insurrektion 83 Friedrich Engels. Die politische Lage der schweizerischen Republik 87 Karl Marx. Die Revolution in China und in Europa 95
Karl Marx. Die politische Lage in Holland - Dänemark - Konvertierung der britischen Staatsschuld - Indien - Türkei und Rußland 103 Karl Marx. Mazzini - Die Schweiz und Österreich - Die türkische Frage 109 Karl Marx. Die türkische Frage - Die „Times" - Die russische Expansion 114 Karl Marx. Russischer Humbug - Gladstones Mißerfolg - Sir Charles Woods Ostindien-Reformen 117 Karl Marx. Die britische Herrschaft in Indien 127 Karl Marx. Englische Prosperität - Streiks - Die türkische Frage Indien 134 Karl Marx. Die Türkei und Rußland - Nachsicht des Ministeriums Aberdeen gegenüber Rußland - Das Budget - Steuer auf Zeitungsbeilagen - Parlamentskorruption 142 Karl Marx. Die Ostindische Kompanie, ihre Geschichte und die Resultate ihres Wirkens 148 Karl Marx. Die indische Frage - Das irische Pachtrecht 157 Karl Marx. Die russische Politik gegenüber der Türkei - Die Arbeiterbewegung in England 164 Karl Marx. Die Frage des türkischen Krieges - Die „New-York Tribüne" im Unterhaus - Die Regierung Indiens 176 Karl Marx. Die Anfrage Layards - Der Kampf um die Zehnstundenbill 188 Karl Marx/Friedrich Engels.. Russisch-türkische Schwierigkeiten - Ausreden und Ausflüchte des britischen Kabinetts - Nesselrodes letzte Note - Die ostindische Frage 195 Karl Marx. Krieg in Birma - Die russische Frage - Eine seltsame diplomatische Korrespondenz 204 Karl Marx. Die Kriegsfrage - Parlamentsränke - Indien 212 Karl Marx. Die künftigen Ergebnisse der britischen Herrschaft in Indien 220 Karl Marx. Finanzieller Mißerfolg der Regierung - Mietdroschken Irland - Die russische Frage 227 Karl Marx. Im Unterhaus - Die Presse über die orientalischen Angelegenheiten - Das Manifest des Zaren - Dänemark 238 Karl Marx. Die Annoncensteuer - Russische Schritte - Dänemark Die Vereinigten Staaten in Europa 245 Karl Marx. Die Kriegsfrage - Britische Bevölkerungs- und Handelsstatistiken - Parlamentarisches 252
Karl Marx. Urquhart - Bern - Die türkische Frage im Oberhaus .... 265 Karl Marx. Die türkische Frage im Unterhaus 273 Karl Marx. Kontinentale und englische Begebenheiten . 286 Karl Marx. Michail Bakunin 294 Karl Marx. Steigen der Kornpreise - Cholera - Streiks - Seeleutebewegung 297 Karl Marx. An den Redakteur des „People's Paper" 300 Karl Marx. Die Wiener Note - USA und Europa - Briefe aus Schumla Robert Peels Bank Act 302 Karl Marx. Politische Schachzüge - Brotknappheit in Europa 312 Karl Marx. Die Westmächte und die Türkei - Die herannahende Wirtschaftskrise - Eisenbahnbau in Indien 321 Karl Marx. Die Westmächte und die Türkei - Symptome einer Wirtschaftskrise . 330 Karl Marx. Panik an der Londoner Börse - Streiks 341 Friedrich Engels. Die Russen in der Türkei 347 Karl Marx. Lord Palmerston — 353 Artikel I 355 Artikelll 362 Artikel III 368 Artikel IV 380 Artikel V . 389 Artikel VI 396 Artikel VII 401 Artikel VIII 409
Karl Marx. Die Kriegsfrage - Finanzangelegenheiten - Streiks 419 Karl Marx. Das türkische Manifest - Die wirtschaftliche Lage Frankreichs 428 Karl Marx. Verhaftung Delescluzes - Dänemark - Osterreich - Die „Times" über die Perspektiven des Krieges gegen Rußland 433 Friedrich Engels. Bewegungen der Armeen in der Türkei 436 Friedrich Engels. Der heilige Krieg 442 Karl Marx. Krieg - Streiks - Teuerung 447 Karl Marx. Die persische Kampagne in Afghanistan und die russische Kampagne in Mittelasien - Dänemark - Kriegshandlungen an der Donau und in Asien - Die Kohlengrubenarbeiter von Wigan 456
Inhalt 699
Friedrich Engels. Der Verlauf des türkischen Krieges 462 Friedrich Engels. Die russischen Niederlagen ,,,..., 469 Karl Marx. Die Arbeiterfrage 472 Karl Marx. Prosperität - Die Arbeiterfrage 476 Friedrich Engels. Der weitere Verlauf des türkischen Krieges 483 Karl Marx. Der Ritter vom edelmütigen Bewußtsein 489 Karl Marx. Rede Manteuffels- Der Kirchenkonflikt in Preußen - Aufruf Mazzinis - Der Londoner Magistrat - Reform Russells - Arbeiterparlament , 519 Friedrich Engels. Der Krieg an der Donau 527 Karl Marx. Der türkische Krieg - Das industrielle Elend 534 Karl Marx. Der Quadrupelvertrag - England und der Krieg 538 Karl Marx. Der russische Sieg - Die Lage Englands und Frankreichs. 548 Karl Marx. Der Rücktritt Palmerstons 555 Friedrich Engels. Der weitere Verlauf des türkischen Krieges 559
Anhang und Register Anmerkungen 567 Literaturverzeichnis ... 625 Karl Marx und Friedrich Engels - Daten aus ihrem Leben und ihrer Tätigkeit (März bis Dezember 1853) 639 Personenverzeichnis . 650 Verzeichnis literarischer und mythologischer Namen 676 Geographische Namen 677 Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen Ausdrücke . 687 Verzeichnis der Gewichte, Maße und Münzen 694
Illustrationen „New-York Daily Tribüne" (Zeitungstitel) 3 „The People's Paper" (Zeitungstitel). 43 Teil einer Seite der „New-York Daily Tribüne" mit Karl Marx' Artikel „Die britische Herrschaft in Indien" gegenüber S. 128 Britische Eroberungen in Indien Mitte des 19. Jahrhunderts (Kartenbeilage) gegenüber S. 224 Notizen von Jenny und Karl Marx über das Absenden einiger Artikel von Marx und Engels an die „New-York Daily Tribüne" 333 Teil einer Seite von „The People's Paper" mit dem ersten Artikel der Serie „Lord Palmerston" von Karl Marx gegenüber S. 360 Titelblatt der Erstausgabe „Der Ritter vom edelmütigen Bewußtsein" von Karl Marx, New York, Januar 1854 4°'
1.-30. Tausend Dietz Verlag GmbH, Berlin • 1. Auflage 1960 • Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten Gestaltung und Typographie: Dietz Entwurf • Lizenznummer 1 Gesamtherstellung: VEB Offizin Andersen Nexö in Leipzig 111/18/38 Offsetdruck: Aufbau-Druckerei Kothen Mit 2 Faksimiles, 2 Bildbeilagen und I Karte „Mdl der DDR Nr. 5673" ES 1 C

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