segunda parte tomo 2

mir fällt gerade eine „Times" (12.September 1844), die nur die Vorfälle eines Tages berichtet, in die Hand, die von einem Diebstahl, einem Angriff auf die Polizei, einem Alimentationsurteil gegen den Vater eines unehelichen Kindes, der Aussetzung eines Kindes durch seine Eltern und der Vergiftung eines Mannes durch seine Frau erzählt. Ähnliches ist in allen englischen Zeitungen zu finden. In diesem Lande ist der soziale Krieg vollständig ausgebrochen; jeder steht für sich selbst und kämpft für sich selbst gegen alle andern, und ob er allen andern, die seine erklärten Feinde sind, Schaden zufügen soll oder nicht, hängt nur von einer selbstsüchtigen Berechnung über das ab, was ihm am vorteilhaftesten ist. Es fällt keinem mehr ein, sich auf friedlichem Wege mit seinen Nebenmenschen zu verständigen; alle Differenzen werden durch Drohungen, Selbsthülfe oder die Gerichte abgemacht. Kurz, jeder sieht im andern einen Feind, den er aus dem Wege zu räumen, oder höchstens ein Mittel, das er zu seinen Zwecken auszubeuten hat. Und dieser Krieg wird, wie die Kriminaltabellen beweisen, von Jahr zu Jahr heftiger, leidenschaftlicher, unversöhnlicher; die Feindschaft teilt sich allmählich in zwei große Lager, die gegeneinander streiten: die Bourgeoisie hier und das Proletariat dort. Dieser Krieg Aller gegen Alle und des Proletariats gegen die Bourgeoisie darf uns nicht wundern, denn er ist nur die konsequente Durchführung des schon in der freien Konkurrenz enthaltenen Prinzips; aber wohl darf es uns wundern, daß die Bourgeoisie, gegen die sich tagtäglich neue und drohende Gewitterwolken zusammenziehen, bei alledem so ruhig und gelassen bleibt, wie sie diese Sachen täglich in den Zeitungen lesen kann, ohne, wir wollen nicht sagen Indignation über den sozialen Zustand, sondern nur Furcht vor seinen Folgen, vor einem allgemeinen Ausbruch dessen, was im Verbrechen einzeln zutage kommt, zu empfinden. Aber dafür ist sie gerade Bourgeoisie und kann von ihrem Standpunkte aus nicht einmal die Tatsachen, geschweige ihre Konsequenzen, wahrnehmen. Nur das ist staunenswert, daß Klassenvorurteile und eingetrommelte vorgefaßte Meinungen eine ganze Menschenklasse mit einem so hohen, ich möchte sagen so wahnsinnigen Grade von Blindheit schlagen können. Die Entwicklung der Nation geht indes ihren Gang, die Bourgeois mögen Augen für sie haben oder nicht, und wird eines schönen Morgens die besitzende Klasse mit Dingen überraschen, von denen sich ihre Weisheit nichts träumen läßt.
Die einzelnen Arbeitszweige
Die Fabrikarbeiter im engeren Sinne
Wenn wir jetzt auf die einzelnen wichtigeren Zweige des englischen Industrieproletariats näher eingehen sollen, so werden wir, dem oben (S. 253) aufgestellten Prinzip zufolge, mit den Fabrikarbeitern, d. h. denen, die unter dem Fabrikakt stehen, anzufangen haben. Dies Gesetz reguliert die Arbeitszeit der Fabriken, in denen V/olle, Seide, Baumwolle und Flachs mit Hülfe von Wasser- oder Dampfkraft gesponnen oder gewoben wird, und erstreckt sich deshalb auf die bedeutendsten Zweige der englischen Industrie. Die von ihnen lebende Klasse ist die zahlreichste, älteste, intelligenteste und energischste, daher aber auch die unruhigste und der Bourgeoisie am meisten verhaßte von allen englischen Albeitern; sie steht, und speziell die Baumwollfabrikarbeiter stehen an der Spitze der Arbeiterbewegung, wie ihre Brotherren, die Fabrikanten, namentlich von Lancashire, an der Spitze der Bourgeoisie-Agitation. Wir sahen schon in der Einleitung, wie die in den genannten Artikeln arbeitende Bevölkerung auch zuerst durch neue Maschinen aus ihren bisherigen Verhältnissen gerissen wurde. Es darf uns daher nicht wundern, wenn der Fortschritt der mechanischen Erfindung auch in späteren Jahren gerade sie am meisten und anhaltendsten berührte. Die Geschichte der Baumwollenfabrikation, wie wir sie bei Ure*, Baines** u.a. lesen, weiß auf jeder Seite von neuen Verbesserungen zu erzählen, und in den übrigen der genannten Industriezweige sind die meisten derselben ebenfalls eingebürgert worden. Fast überall ist die Handarbeit durch Maschinenarbeit ersetzt, fast alle Manipulationen werden durch die Kraft des Wassers oder Dampfs getan, und noch jedes Jahr bringt neue Verbesserungen.
* „The Cotton Manufacture o{ Great Britain" [Die Baumwollmanufaktur Großbritanniens]. By Dr.A.Ure. 1836. ** „History of the Cotton Manufacture in Great Britain" [Geschichte der Baumwollmanufaktur in Großbritannien]. By E.Baines, Esq.
In einem geordneten sozialen Zustande wären solche Verbesserungen nur erfreulich; im Zustande des Kriegs Aller gegen Alle reißen einzelne den Vorteil an sich und bringen dadurch die meisten um die Mittel der Existenz. Jede Verbesserung der Maschinerie wirft Arbeiter außer Brot, und je bedeutender die Verbesserung, desto zahlreicher die arbeitslos gewordene Klasse; jede bringt demnach auf eine Anzahl Arbeiter die Wirkung einer Handelskrisis hervor, erzeugt Not, Elend und Verbrechen. Nehmen wir einige Beispiele. Da gleich die erste Erfindung, die Jenny (siehe oben), von einem Arbeiter getrieben, wenigstens das Sechsfache von dem lieferte, was das Spinnrad in gleicher Zeit machen konnte, so wurden durch jede neue Jenny fünf Spinner brotlos. Die Throstle, die wiederum bedeutend mehr lieferte als die Jenny und ebenfalls nur einen Arbeiter brauchte, machte noch mehr brotlos. Die Mule, die wieder weniger Arbeiter im Verhältnis zum Produktnötig hatte1, hatte dieselbe Wirkung, und jede Verbesserung der Mule, d. h. jede Vermehrung der Spindelzahl an der Mule, verminderte wiederum die Zahl der benötigten Arbeiter. Diese Vermehrung der Spindelzahl an der Mule ist aber so bedeutend, daß dadurch ganze Scharen von Arbeitern brotlos geworden sind; denn wenn früher ein „Spinner" mit ein paar Kindern (piecers) 600 Spindeln in Bewegung setzte, so konnte er nun 1400 bis 2000 Spindeln auf zwei Mules beaufsichtigen - zwei erwachsene Spinner und ein Teil der von ihnen beschäftigten Piecer wurden dadurch brotlos. Und seitdem bei einem sehr .bedeutenden Teile der Mulespinnereien die self-actors eingeführt sind, fällt die Rolle des Spinners ganz weg und wird von der Maschine getan. Mir liegt ein Buch vor*, das von dem anerkannten Führer der Chartisten in Manchester, James Leach, herrührt. Der Mann hat in verschiedenen Industriezweigen, in Fabriken und Kohlenbergwerken jahrelang gearbeitet und ist mir persönlich als brav, zuverlässig und tüchtig bekannt. Ihm standen, seiner Parteistellung zufolge, die ausgedehntesten Details über die verschiedenen Fabriken, die von den Arbeitern selbst gesammelt wurden, zu Gebote, und er gibt nun Tabellen, aus denen hervorgeht, daß 1829 in 35 Fabriken 1083 Mulespinner mehr angestellt waren als 1841, obwohl die Anzahl der Spindeln in diesen 35 Fabriken sich um 99429 vermehrt hat. Er führt 5 Fabriken auf, in denen gar keine Spinner mehr sind, da diese Fabriken
* „Stubborn Facts from the Factories", by a Manchester Operative. Pubüshed and dedicated to the working Classes [Unumstößliche Tatsachen aus den Fabriken, von einem Fabrikarbeiter aus Manchester. Herausgegeben und den arbeitenden Klassen gewidmet], by Wm.Rashleigh, M.P. London, Ollivier, 1844, p.28ff.
1 (1892) machte
nur self-actors besitzen. Während die Zahl der Spindeln sich um 10 Prozent vermehrte, nahm die der Spinner um mehr als 60 Prozent ab. Und, fügt Leach hinzu, seit 1841 sind so viele Verbesserungen durch Verdopplung der Spindelreihen (double decking) und sonst eingeführt worden, daß in einigen der genannten Fabriken seit 1841 wieder die Hälfte der Spinner entlassen worden sind; in einer Fabrik allein, wo vor kurzem 80 Spinner waren, sind noch 20, die übrigen sind weggeschickt oder müssen Kinderarbeit für Kinderlohn tun. Gleiches berichtet Leach aus Stockport, wo 1835 800 Spinner und 1843 nur 140 Spinner beschäftigt gewesen seien, obwohl die Industrie Stockports in den letzten 8 bis 9 Jahren bedeutend zugenommen hat. In der Kardiermaschinerie sind jetzt ähnliche Verbesserungen gemacht, wodurch die Hälfte der Arbeiter brotlos wird. In einer Fabrik sind verbesserte Doublierstühle aufgesetzt, die von acht Mädchen vier brotlos machten — außerdem setzte der Fabrikant den Lohn der übrigen vier von 8 auf 7 sh. herab. Ähnlich ist es mit der Weberei gegangen. Der mechanische Webstuhl hat einen Zweig der Handweberei nach dem andern in Beschlag genommen, und da er viel mehr produziert als der Handwebstuhl und ein Arbeiter zwei mechanische Stühle beaufsichtigen kann, so sind eine Menge Arbeiter auch hier brotlos geworden. Und in allen Arten der Fabrikation, in der Flachs- und Wollenspinnerei, beim Tramieren der Seide ist es ebenso; selbst der mechanische Webstuhl fängt an, einzelne Zweige der Wollen- und Leinenweberei an sich zu reißen; in Rochdale allein sind mehr mechanische als Handwebstühle bei der Flanell- und sonstigen Wollenweberei beschäftigt. Die Bourgeoisie pflegt hierauf zu antworten, daß Verbesserungen in den Maschinen, indem sie die Produktionskosten verringerten, die fertige Ware zu einem niedrigeren Preise liefern und daß durch diesen niedrigeren Preis eine solche Vermehrung der Konsumtion entsteht, daß die brotlos gewordenen Arbeiter bald wieder an den neuerstehenden Fabriken Beschäftigung vollauf fänden. Gewiß, die Bourgeoisie hat ganz recht darin, daß unter gewissen, für die allgemeine industrielle Entwicklung vorteilhaften Verhältnissen jede Preiserniedrigung einer solchen Ware, bei der das rohe Material wenig kostet, die Konsumtion sehr steigert und neue Fabriken hervorruft; aber sonst ist jedes Wort ihrer Behauptung eine Lüge. Sie schlägt es für nichts an, daß es jahrelang dauert, bis diese Folgen der Preiserniedrigung eingetreten, bis die neuen Fabriken gebaut sind; sie verschweigt uns, daß alle Verbesserungen der Maschinen die eigentliche, anstrengende Arbeit mehr und mehr auf die Maschine werfen und so die Arbeit erwachsener Männer in eine bloße Aufsicht verwandeln, die ein schwaches Weib oder gar ein Kind ebensogut tun kann und auch für halben oder Drittellohn tut; daß also die erwachsenen Männer immer mehr aus der
Industrie verdrängt und durch die vermehrte Fabrikation nicht wieder beschäftigt werden; sie verschweigt uns, daß ganze Arbeitszweige dadurch wegfallen oder so verändert werden, daß sie neu gelernt werden müssen, und hütet sich wohl, hier das zu gestehen, worauf sie sonst pocht, wenn die Arbeit kleiner Kinder verboten werden soll - nämlich daß Fabrikarbeit in der frühesten Jugend und vor dem zehnten Jahre gelernt werden müsse, um sie ordentlich zu lernen (vgl. z.B. Factories Inq. Comm. Rept. an verschiedenen Stellen); sie sagt nicht dabei, daß der Prozeß der Maschinenverbesserung fortwährend vor sich geht und dem Arbeiter, sobald er sich, wenn es einmal wirklich der Fall wäre, in einem neuen Arbeitszweige eingebürgert hat, ihm auch dieser wieder genommen und dadurch der letzte Rest von Sicherheit der Lebensstellung entrissen wird, den er noch hatte. Aber die Bourgeoisie zieht den Vorteil von der Verbesserung der Maschinerie, sie hat während der ersten Jahre, wo noch viele alte Maschinen arbeiten und die Verbesserung noch nicht allgemein durchgeführt ist, die schönste Gelegenheit zum Geldanhäufen, und es wäre zuviel verlangt, wenn sie auch für die Nachteile der verbesserten Maschinen Augen haben sollte. Daß die verbesserten Maschinen den Lohn herabdrücken, ist ebenfalls von der Bourgeoisie heftig bestritten worden, während die Arbeiter es fort und fort behauptet haben. Die Bourgeoisie besteht darauf, daß, obwohl mit der erleichterten Produktion der Stücklohn gefallen, dennoch der Wochenlohn im ganzen eher gestiegen als gefallen sei und die Lage der Arbeiter sich eher verbessert als verschlimmert habe. Es ist schwer, der Sache auf den Grund zu kommen, da die Arbeiter sich meist auf den Fall des Stücklohns berufen; indessen ist so viel gewiß, daß auch der Wochenlohn in verschiedenen Arbeitszweigen durch die Maschinerie niedriger gestellt worden ist. Die sogenannten Feinspinner (die feines Mule-Garn spinnen) beziehen allerdings hohen Lohn, 30 bis 40 sh. wöchentlich, weil sie eine starke Assoziation zur Aufrechterhaltung des Spinngeldes haben und ihre Arbeit mühsam erlernt werden muß; die Grobspinner aber, welche gegen die für feines Garn nicht anwendbaren selbsttätigen Maschinen (self-actors) zu konkurrieren haben und deren Assoziation durch die Einführung dieser Maschinen entkräftet wurde, haben dagegen sehr niedrigen Lohn. Mir sagte ein Mulespinner, daß er nicht über 14 sh. wöchentlich verdiene, und damit stimmen die Aussagen von Leach, daß in verschiedenen Fabriken die Grobspinner unter 161/2 sh. wöchentlich verdienen und daß ein Spinner, der vor drei Jahren 30 sh. verdiente, jetzt kaum 121/a sh. aufbringen könne und im letzten Jahre auch durchschnittlich nicht mehr verdient habe. Der Lohn für Weiber und Kinder mag allerdings weniger gefallen sein, aber auch nur deshalb, weil er von Anfang an
nicht hoch gestellt war. Ich kenne mehrere Frauen, die Witwen sind und Kinder haben, und mühsam genug 8 bis 9 sh. wöchentlich verdienen, und daß sie mit Familie davon nicht ordentlich leben können, wird mir jeder zugeben, der die Preise der nötigsten Lebensbedürfnisse in England kennt. Daß aber der Lohn überhaupt durch die verbesserte Maschinerie gedrückt worden sei, ist die einstimmige Aussage aller Arbeiter; daß die Behauptung der fabrizierenden Bourgeoisie, als habe sich die Lage der arbeitenden Klassen durch die Maschinenfabrikation verbessert, von dieser Klasse selbst aufs lauteste Lügen gestraft wird, kann man in jeder Arbeiterversammlung in den Fabrikdistnkten hören. Und selbst wenn es wahr wäre, daß nur der relative Lohn, der Stücklohn gefallen und der absolute, die Summe des wöchentlich zu Erwerbenden stehengeblieben sei, was folgt daraus? Daß die Arbeiter es haben ruhig mit ansehen müssen, wie die Herren Fabrikanten ihre Beutel füllten und von jeder Verbesserung Nutzen zogen, ohne ihnen auch nur den kleinsten Teil davon abzugeben. Die Bourgeoisie vergißt, wenn sie gegen die Arbeiter kämpft, auch die gewöhnlichsten Prinzipien ihrer eignen Nationalökonomie. Sie, die sonst auf Malthus schwört, wirft in ihrer Angst den Arbeitern ein: Woher hätten ohne Maschinerie die vielen Millionen, um die sich Englands Volkszahl vermehrt hat, Arbeit finden wollen?* Dummheit, als ob die Bourgeoisie nicht selbst gut genug wüßte, daß ohne die Maschinen und den durch diese hervorgebrachten Industrieaufschwung diese „Millionen" gar nicht erzeugt und herangewachsen wären! Was die Maschinerie den Arbeitern genützt hat, ist einfach das, daß sie ihnen die Notwendigkeit einer sozialen Reform, durch die die Maschinen nicht mehr gegen, sondern für die Arbeiter arbeiten, beigebracht hat. Die weisen Herren Bourgeois mögen einmal die Leute fragen, die in Manchester und anderswo Straßen kehren (das ist freilich jetzt vorbei, da auch hierfür Maschinen erfunden und eingeführt sind) oder Salz, Zündhölzchen, Apfelsinen und Schnürriemen auf den Straßen verkaufen oder betteln gehen müssen, was sie früher gewesen seien -und bei wie vielen wird die Antwort sein: durch Maschinerie brotlos gewordener Fabrikarbeiter. Die Folgen der Maschinenverbesserungen für den Arbeiter sind in den jetzigen sozialen Verhältnissen nur ungünstig und oft im äußersten Grade drückend; jede neue Maschine bringt Brotlosigkeit, Elend und Not hervor-und in einem Lande wieEngland, wo ohnehin fast immer „überzählige Bevölkerung", ist die Entlassung aus der Arbeit in den meisten Fällen das schlimmste, was den Arbeiter betreffen kann. Und auch abgesehen davon, welch einen erschlaffenden, entnervenden Einfluß muß diese Ungewißheit
* So fragt z.B. Herr Symons in „Arts and Artisans".
der Lebensstellung, die aus dem unaufhörlichen Fortschritt der Maschinerie und mit ihr der Brotlosigkeit hervorgeht, auf die ohnehin schon schwankend gestellten Arbeiter ausüben! Um der Verzweiflung zu entgehen, stehen auch hier dem Arbeiter nur zwei Wege offen: die innere und äußere Empörung gegen die Bourgeoisie - oder der Trunk, die Liederlichkeit überhaupt. Und zu beiden pflegen die englischen Arbeiter ihre Zuflucht zu nehmen. Die Geschichte des englischen Proletariats erzählt von Hunderten von Erneuten gegen die Maschinen und die Bourgeoisie überhaupt, und von der Liederlichkeit haben wir schon gesprochen. Diese ist selbst freilich nur eine andere Art der Verzweiflung. Am gedrücktesten leben diejenigen Arbeiter, die gegen eine sich bahnbrechende Maschine zu konkurrieren haben. Der Preis des von ihnen fabrizierten Artikels richtet sich nach dem des gleichen Maschinenfabrikats, und da die Maschine billiger arbeitet, so hat der mit ihr konkurrierende Arbeiter den schlechtesten Lohn. Dies Verhältnis tritt ein bei jedem Arbeiter, der an einer alten, mit späteren, verbesserten Maschinen konkurrierenden Maschine arbeitet. Natürlich, wer anders sollte den Schaden tragen? Der Fabrikant will seine Maschine nicht fortwerfen, er will auch den Schaden nicht tragen; an die tote Maschine hat er keinen Rekurs, also hält er sich an den lebenden Arbeiter, den allgemeinen Sündenbock der Gesellschaft. Von diesen mit Maschinen konkurrierenden Arbeitern sind die am meisten mißhandelten die Handweber der Baumwollenindustrie. Diese Leute bekommen den geringsten Lohn und sind bei voller Arbeit nicht imstande, sich über 10 sh. wöchentlich zu verdienen. Eine Gattung Weberei nach der andern wird ihnen von dem mechanischen Webstuhl streitig gemacht, und außerdem ist die Handweberei die letzte Zuflucht aller in andern Branchen brotlos gewordenen Arbeiter, so daß sie stets überfüllt ist. Daher kommt es, daß in Durchschnittsperioden der Handweber sich glücklich schätzt, wenn er 6 bis 7 sh. wöchentlich verdienen kann, und selbst um diese Summe zu erringen, muß er 14 bis 18 Stunden täglich hinter seinem Webstuhl sitzen. Die meisten Gewebe erfordern ohnehin ein feuchtes Arbeitslokal, damit der Einschlagsfaden nicht jeden Augenblick reißt, und teils daher, teils wegen der Armut der Arbeiter, die keine bessere Wohnung bezahlen können, sind die Werkstätten der Handweber meist ohne bretternen oder gepflasterten Fußboden. Ich war in vielen Wohnungen vonHandwebern-in abgelegenen, schlechten Höfen und Gassen, gewöhnlich in Kellern. Oft wohnten ein halb Dutzend dieser Handweber, von denen einige verheiratet waren, in einer Cottage, die ein oder zwei Arbeitszimmer und ein großes Schlafzimmer für alle hatte, zusammen. Ihre Nahrung besteht fast einzig aus Kartoffeln, vielleicht etwas Haferbrei, selten Milch und fast
nie Fleisch; eine große Anzahl von ihnen sind Irländer oder irischer Abkunft. Und diese armen, von jeder Krisis am ersten erreichten und am letzten verlassenen Handweber müssen der Bourgeoisie zur Handhabe dienen, um gegen die Angriffe auf das Fabriksystem standhalten zu können! Seht, ruft die Bourgeoisie triumphierend aus, seht, wie diese armen Weber darben müssen, während es den Fabrikarbeitern gut geht, und dann urteilt über das Fabriksystem !* Als ob nicht gerade das Fabriksystem und die dazugehörige Maschinerie die Handweber so schmählich tief herabgedrückt hätte - als ob die Bourgeoisie dies selbst nicht ebensogut wüßte wie wir! Aber die Bourgeoisie ist interessiert, und da kommt es ihr auf ein paar Lügen und Heucheleien nicht an. Fassen wir die eine Tatsache, daß die Maschinerie die Arbeit des erwachsenen männlichen Arbeiters mehr und mehr verdrängt, etwas näher ins Auge. Die Arbeit an den Maschinen, sowohl beim Spinnen als Weben, besteht hauptsächlich im Zusammenknüpfen gebrochener Fäden, da sonst die Maschine alles tut; diese Arbeit erfordert keine Kraft, aber größere Gelenkigkeit der Finger. Männer sind dazu also nicht nur unnötig, sondern wegen der stärkeren Muskel- und Knochenentwicklung ihrer Hände sogar weniger geeignet als Weiber und Kinder und so natürlicherweise fast ganz von dieser Art Arbeit verdrängt. Je mehr also die Tätigkeit der Arme, die Kraftanstrengung, durch Einführung von Maschinen auf die Wasser- oder Dampfkraft geworfen wird, desto weniger Männer brauchen beschäftigt zu werden - und da Weiber und Kinder ohnehin billiger und, wie gesagt, in diesen Arbeitszweigen besser als Männer arbeiten, so werden sie beschäftigt. In den Spinnereien findet man bei den Throstles nur Weiber und Mädchen, bei den Mules einen Spinner, einen erwachsenen Mann (der bei den self-actors wegfällt) und mehrere Piecer zum Anknüpfen der Fäden, meist Kinder oder Weiber, zuweilen junge Männer von 18 bis 20 Jahren, hie und da einen alten, brotlos gewordenen Spinner.** Bei den mechanischen Webstühlen arbeiten meist Weiber von 15 bis 20 Jahren und drüber, auch einige Männer, die aber selten über ihr einundzwanzigstes Jahr bei dieser Beschäftigung bleiben. An den Vorspinnmaschinen findet man ebenfalls nur Weiber, allenfalls einige Männer zum Schärfen und Reinigen der Kardiermaschinen. Außer allen diesen
* Z.B. Dr. Ure in der „PhiIos[ophy] of Manuf[actures]". ** „Der Stand der Dinge in Beziehung auf Arbeitslohn ist augenblicklich sehr verdreht in einigen Zweigen der Baumwollfabrikation in Lancashire; es gibt Hunderte von jungen Männern, zwischen 20 und 30 Jahren, die als Piecer und sonst beschäftigt sind und nicht mehr als 8 oder 9 Shilling wöchentlich erhalten, während unter demselben Dach Kinder von 13 Jahren 5 sh. und junge Mädchen zwischen 16 und 20 Jahren 10 bis 12 sh. wöchentlich verdienen." Bericht des Fabrikinsp. L.Horner, Oktober 1844.
beschäftigen die Fabriken eine Anzahl Kinder zum Aufnehmen und Aufsetzen der Spulen (doffers) und einige erwachsene Männer als Aufseher in den Zimmern, einen Mechaniker und einen Maschinisten für die Dampfmaschine, auch wohl Schreiner, Portier etc. Die eigentliche Arbeit aber wird von Weibern und Kindern getan. Die Fabrikanten leugnen auch dies, und haben im vorigen Jahre bedeutende Tabellen veröffentlicht, welche beweisen sollten, daß die Maschinen die Männer nicht verdrängten. Aus diesen Tabellen geht hervor, daß von allen Fabrikarbeitern etwas über die Hälfte (52 Prozent) weiblichen und etwa 48 Prozent männlichen Geschlechts, und daß von diesen Arbeitern mehr als die Hälfte über 18 Jahre alt waren. Soweit ganz gut. Die Herren Fabrikanten hüteten sich aber wohl, uns zu sagen, wie viele der Erwachsenen männlichen und wie viele weiblichen Geschlechts waren. Das ist aber eben der Punkt. Ohnehin haben sie offenbar Mechaniker, Schreiner und alle erwachsenen Männer, die irgendwie mit ihren Fabriken im Zusammenhange standen, vielleicht gar Schreiber usw. mitgezählt, und doch haben sie nicht den Mut, den ganzen Tatbestand auszusprechen. Diese Angaben wimmeln überhaupt von Falschheiten und verdrehten, schiefen Auffassungen, Durchschnittsberechnungen, die für den Unkundigen viel, für den Kundigen nichts beweisen, von Verheimlichungen gerade der wichtigsten Punkte und beweisen nur die selbstsüchtige Verblendung und Unredlichkeit dieser Fabrikanten. Wir wollen der Rede, mit der Lord Ashley am 15.März 1844 im Unterhause die Zehnstunden-Motion machte, einige Angaben über das Verhältnis der Alter und Geschlechter entnehmen, die von den Fabrikanten, deren Data sich ohnehin nur auf einen Teil der englischen Fabrikindustrie beziehen, nicht widerlegt worden sind. Von den 4195901 Fabrikarbeitern des britischen Reichs (1839) waren 192887, also beinahe die Hälfte, unter 18 Jahren, und 242296 weiblichen Geschlechts, von denen 112192 unter 18 Jahren waren. Sonach bleiben 80695 männliche Arbeiter unter 18 Jahren und 96 599 2 männliche erwachsene Arbeiter oder 23 Prozent, also ^ej'n volles Viertel der ganzen Zahl. In den Baumwollfabriken waren 561/4, in den Wollenfabriken 691/2, Seidenfabriken 701/2, Flachsspinnereien 701/2 Prozent sämtlicher Arbeiter weiblichen Geschlechts. Diese Zahlen reichen hin, um die Verdrängung männlicher erwachsener Arbeiter nachzuweisen. Man braucht aber auch nur in die erste beste Fabrik zu gehen, um dies bestätigt zu sehen. Daraus folgt nun not v/endig jene Umkehrung der bestehenden sozialen Ordnung, die eben, weil sie eine gezwungene ist, für die Arbeiter die verderblichsten Folgen hat. Die Arbeit der Weiber löst vor allen Dingen
1 (1845 und 1892) irrtümlich 419560 - 2 (1845 und 1892) irrtümlich 96569
die Familie gänzlich auf; denn wenn die Frau den Tag über 12 bis 13 Stunden in der Fabrik zubringt und der Mann ebendaselbst oder an einem andern Orte arbeitet, was soll da aus den Kindern werden? Sie wachsen wild auf wie Unkraut, sie werden zum Verwahren ausgemietet für einen oder anderthalb Shilling die Woche, und welch eine Behandlung ihnen da wird, läßt sich denken. Daher vermehren sich auch in den Fabrikdistrikten die Unglücksfälle, denen kleine Kinder wegen Mangels an Aufsicht zum Opfer fallen, auf eine schreckenerregende Weise. Die Listen der Totenschaubeamten von Manchester hatten (laut Bericht des Fact. Inq. Comm., Rept. of Dr. Hawkins, p. 3) in 9 Monaten 69 durch Verbrennung, 56 durch Ertrinken, 23 durch Fallen, 671 durch andere Unglücksfälle Getötete, also im ganzen 215a Unglücksfälle aufzuweisen*, während in dem nichtfabrizierenden Liverpool während zwölf Monaten nur 146 tödliche Unglücksfälle vorkamen. Die Unglücksfälle in den Kohlengruben sind bei beiden Städten ausgeschlossen, und es ist zu bedenken, daß der Coroner3 von Manchester keine Autorität in Salford hat, so daß die Bevölkerung der beiden Distrikte ziemlich gleich ist. Der „Manchester Guardian" berichtet fast in jeder Nummer von einer oder mehreren Verbrennungen. Daß die allgemeine Sterblichkeit kleiner Kinder ebenfalls durch die Arbeit der Mütter gehoben4 wird, versteht sich von selbst und ist durch Tatsachen außer allen Zweifel gesetzt. Die Frauen kommen oft schon drei bis vier Tage nach der Niederkunft wieder in die Fabrik und lassen ihren Säugling natürlich zurück; in den Freistunden müssen sie eilig nach Hause laufen, um das Kind zu stillen und nebenbei selbst etwas zu genießen - was das für eine Stillung sein muß, ist klar. Lord Ashley gibt die Aussagen einiger Arbeiterinnen:
„M.H., zwanzig Jahre alt, hat zwei Kinder, das jüngste ein Säugling, das von dem andern, etwas älteren, verwahrt wird - sie geht morgens bald nach fünf Uhr in die Fabrik und kommt um acht Uhr abends zurück; den Tag über fließt die Milch aus ihrer Brust, daß ihr die Kleider triefen. - H.W. hat drei Kinder, geht um fünf Uhr montags von Hause und kommt erst Sonnabend abends um sieben wieder - hat dann so viel für ihre Kinder zu besorgen, daß sie vor drei Uhr morgens nicht zu Bett gehen kann. Oft förmlich bis auf die Haut vom Regen durchnäßt und genötigt, in dieser Lage zu arbeiten. ,Meine Brüste haben mir die schrecklichsten Schmerzen gemacht, und ich bin triefend naß von Milch gewesen. "
* 1843 waren unter den Unglücksfällen, die dem Krankenhause in Manchester zugeführt wurden, 189, sage hundertneunundachtzig Verbrennungen. Wie viele tödlich, wird nicht gesagt.
1 (1845 und 1892} irrtümlich 77 - 2 (1845 und 1892) irrtümlich 225 - 3 Leichenbeschauer (bai gewaltsamen oder plötzlichen Todesfällen) — 4 (1892.) gesteigert
Die Anwendung von narkotischen Arzneien, um die Kinder ruhig zu halten, wird durch dies infame System nur begünstigt und ist wirklich in den Fabrikdistrikten auf einen hohen Grad der Verbreitung gestiegen; Dr. Johns, Oberregistrator des Manchester-Distrikts, ist der Meinung, daß diese Sitte die Hauptursache der häufigen Todesfälle durch Krämpfe sei. Die Beschäftigung der Frau in der Fabrik löst die Familie notwendig gänzlich auf, und diese Auflösung hat in dem heutigen Zustande der Gesellschaft, der auf der Familie beruht, die demoralisierendsten Folgen, sowohl für die Eheleute wie für die Kinder. Eine Mutter, die nicht die Zeit hat, sich um ihr Kind zu bekümmern, ihm während der ersten Jahre die gewöhnlichsten Liebesdienste zu erweisen, eine Mutter, die ihr Kind kaum zu sehen bekommt, kann diesem Kinde keine Mutter sein, sie muß notwendig gleichgültig dagegen werden, es ohne Liebe, ohne Fürsorge behandeln wie ein ganz fremdes Kind; und Kinder, die in solchen Verhältnissen aufgewachsen, sind später für die Familie gänzlich verdorben, können nie in der Familie, die sie selber stiften, sich heimisch fühlen, weil sie nur ein isoliertes Leben kennengelernt haben, und müssen deshalb zur ohnehin schon allgemeinen Untergrabung der Familie bei den Arbeitern beitragen. Eine ähnliche Auflösung der Familie wird durch die Arbeit der Kinder herbeigeführt. Wenn diese so weit sind, daß sie mehr verdienen, als ihren Eltern die Beköstigung zu stehen kommt, so fangen sie an, den Eltern ein Gewisses für Kost und Logis zu geben und den Rest für sich selbst zu verbrauchen. Dies geschieht oft schon mit dem vierzehnten und fünfzehnten Jahr. (Power, Rept. on Leeds, passim, Tufnell, Rept. on Manchester p. 17 etc. im Fabrikbericht.) Mit einem Wort, die Kinder emanzipieren sich und betrachten das elterliche Haus als ein Kosthaus, das sie auch oft genug, wenn es ihnen nicht gefällt, mit einem andern vertauschen. In vielen Fällen wird die Familie durch das Arbeiten der Frau nicht ganz aufgelöst, sondern auf den Kopf gestellt. Die Frau ernährt die Familie, der Mann sitzt zu Hause, verwahrt die Kinder, kehrt die Stuben und kocht. Dieser Fall kommt sehr, sehr häufig vor; in Manchester allein ließe sich manches Hundert solcher Männer, die zu häuslichen Arbeiten verdammt sind, zusammenbringen. Man kann sich denken, welche gerechte Entrüstung diese tatsächliche Kastration bei den Arbeitern hervorruft und welche Umkehrung aller Verhältnisse der Familie, während doch die übrigen gesellschaftlichen Verhältnisse dieselben bleiben, dadurch entsteht. Mir liegt ein Brief eines englischen Arbeiters, Robert Pounder, Baron's Buildings, Woodhouse Moor-Side, in Leeds (die Bourgeoisie mag ihn da aufsuchen, um ihretwillen geb' ich die genaue Adresse), vor, den dieser an Oastier richtete, und
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dessen Naivität ich nur halb wiedergeben kann; die Orthographie läßt sich allenfalls, der Yorkshirer Dialekt aber gar nicht im Deutschen nachmachen. Er erzählt darin, wie ein anderer Arbeiter seiner Bekanntschaft einmal auf einer Wanderung, um Arbeit zu suchen, in St. Helens in Lancashire einen alten Freund getroffen habe.
„Nun, Herr, er fand ihn, und als er zu seiner Baracke kam, was war es, denkt Ihr, nun ein feuchter niedriger Keller, die Beschreibung, die er von den Möbeln gab, war wie folgt - zwei alte Stühle, ein runder 3Beiniger tisch eine Kiste Kein bett aber ein Hauffen Altes Stro in einem Eck mit ein paar schmuttzige bet Tücher oben drauf un 2 stücke Holtz an das Kamien Und als mein Arme freund herein ging da sas der Arme jack Am feuer auff das Holz und Was taht Er denckt Ir? Er sas und Stoppfte seiner frau Ire strümfe mit der Stopf Natel und sobalt Er Sein alten Freund an den Tür-Posten Sähe, Versugte Er es zu Verberrgen Aber Joe so Heist Mein bekanter Hatte es Dog geseeen und Sachte jack Zum Teuffei was Magst Du doch wo Ist deine frau waß ist Daß deine Arbeid der Arme jack Schämde sig Und Sagde nein Ig weis daß Ist nig Mein arbbeid abber mein arme FFrau Is in der fabrikk sie mus Um 1/26 ur gen Und Arbeid biß 8 ur Abentz und Sieh ist so Ab Das Sie Nigtz Duhn Can Wen sie nag Hauße Komd so Mus ig alLes Führ Ir Duhn Waß ich Can Den ig hab Kein arBeid und Kein Gehapd Zeid Meer alz 3 Jar Und Ig krich Mein Leeben Kein meer, und Dan Weinette Er ein Dike trehne nein Joe Sagte er Es ist arbeid Gnucht vor weibsLeute Und kindern Hir Inn der Gegent Aber Kein vor mannsLeut du Kanst eer Hunderd Fundt Auff der strase Finden Altz arbeid aber Ig Hette nig Geglaubed Das du Oderr Sonst jemandt mir Geseeen Hette Das ig Meiner frau Ire strümffe Stopde, Den es ist Schlegte arbeid Aber Sieh Can beiNa nig Meer auff Ire füse Steeen ig Bin Bange Sie wirt Gans Kranck Und Dan weis Ig nig Was sol Auß unz Werden Den sieh Ist schoon Lange Der man Im hauß Geweßen. Und ig Die frau es Ist Schlime Arbeid joe Und weinde Biterlig Und Sagte es Ist nigt Imer soo Gewessen Nein Jack Sagte Joe Und Wen du Hast Kein arbeid Gehabt al Die zeid Wie hast du dir Am leben Erhalden ig wil dir Sagen Joe So gud alz Es gink Aber Es gink schlegt Gnucht du Weist alz Ig Heiratete Da Hate ig arbeid Gnucht Und du Weist ig Wahr Nicht Faul nein Daß wärest du Nigt. und Wihr Haten ein Gutes Meblirtes Hauß Und Mary Braugte nicht zu arbeidn ig Konte Vor untz beiden Arbeidn aber Jetzd ist Die verKehrte weld Mary Muß arbeidn Und ig Mus Hirbleibben Die kinder ferwaren Und Keren und Wasschen Baken Und fliken Den wen Die arme frau Nag hauße Komd am abent Dan Ist Sieh müde Und Kapput du Weist joe Daß Ist Hard vor einem Der Anders Gewond wahr joe Sagte. Ja junge Et is Hard Und Dan fienk Jack Wider ahn Zu weinen Und Er Wolde er Hete ni GeHeirad Und were Ni GeBoren aber Er hete nig Gedagd Altz er Die Mary Heiratten Das es Ihm So Ergeen werde, ig Hab offt Gnugt Drüber GeHeult Sagde Der jack nun herr Altz Joe Daß Hörete Sagde Er Mich Das Er Hätte Verflugd Und verDamd Die fabriken Und die Fabrikkandn und Die Regirung Mit allen flügen Die Er von jugent Auff in Der fabrikk Gelernd Hate."
Kann man sich einen verrückteren, unsinnigeren Zustand denken, als den in diesem Brief geschilderten? Und doch ist dieser Zustand, der den Mann entmannt und dem Weibe seine Weiblichkeit nimmt, ohne imstande zu sein, dem Manne wirkliche Weiblichkeit und dem Weibe wirkliche Männlichkeit zu geben, dieser, beide Geschlechter und in ihnen die Menschheit aufs schändlichste entwürdigende Zustand die letzte Folge unserer hochgelobten Zivilisation, das letzte Resultat aller der Anstrengungen, die Hunderte von Generationen zur Verbesserung ihrer eignen Lage und der ihrer Nachkommen gemacht haben! Wir müssen entweder an der Menschheit und ihrem Wollen und Laufen geradezu verzweifeln, wenn wir alle unsre Mühe und Arbeit in den Resultaten selbst so zum Kinderspott gemacht sehen, oder wir müssen zugeben, daß die menschliche Gesellschaft ihr Glück bisher auf einem falschen Wege gesucht hat; wir müssen zugeben, daß eine so totale Umkehrung der Stellung der Geschlechter nur daher kommen kann, daß die Geschlechter von Anfang an falsch gegeneinandergestellt worden sind. Ist die Herrschaft der Frau über den Mann, wie sie durch das Fabriksystem notwendig hervorgerufen wird, unmenschlich, so muß auch die ursprüngliche Herrschaft des Mannes über die Frau unmenschlich sein. Kann jetzt die Frau, wie früher der Mann, seine Herrschaft darauf basieren, daß sie das meiste, ja alles in die Gütergemeinschaft der Familie legt, so folgt notwendig, daß diese Gütergemeinschaft keine wahre, vernünftige ist, weil ein Familienglied noch auf den größeren Betrag der Einlage pocht. Wird die Familie der jetzigen Gesellschaft aufgelöst, so zeigt sich eben in dieser Auflösung, daß im Grunde nicht die Familienliebe, sondern das in der verkehrten Gütergemeinschaft notwendig konservierte Privatinteresse das haltende Band der Familie war.* Dasselbe Verhältnis findet auch wohl bei den Kindern statt, die ihre arbeitslosen Eltern unterhalten, wenn sie nicht, wie oben erwähnt, den Eltern Kostgeld geben. Dr. Hawkins bezeugt im Fabrikbericht, daß dies Verhältnis oft genug vorkommt, und es ist in Manchester überhaupt notorisch. Wie die Frau, so sind in diesem Fall die Kinder die Herren im Haus, wovon Lord Ashley in seiner Rede (Unterhaussitzung vom 15.März 1844) ein Beispiel gibt. Ein Mann schalt seine beiden Töchter aus, weil sie in einem Wirtshaus gewesen waren, und diese erklärten, sie seien das Regiertwerden
* Wie zahlreich die in Fabriken arbeitenden verheirateten Frauen sind, geht aus einer von den Fabrikanten selbst gemachten Angabe hervor: In 412 Fabriken in Lancashire arbeiteten ihrer 10721; von ihren Männern hatten nur 5314 gleichfalls in Fabriken Arbeit, 3927 waren sonst beschäftigt, 821 arbeitslos und über 659 fehlten die Notizen. Also auf jede Fabrik durchschnittlich zwei, wo nicht gar drei Männer, die von ihrer Frauen Arbeit leben.
leid: Damn you, we have you to keep1, und wollten dann auch etwas von ihrer Arbeit haben; sie zogen aus dem elterlichen Hause und überließen Vater und Mutter ihrem Schicksal. Die unverheirateten Frauenzimmer, die in Fabriken aufwachsen, sind nicht besser dran als die verheirateten. Es versteht sich ganz von selbst, daß ein Mädchen, das seit dem neunten Jahre in der Fabrik gearbeitet hat, nicht imstande war, sich mit häuslichen Arbeiten bekannt zu machen, und daher kommt es, daß alle Fabrikarbeiterinnen darin gänzlich unerfahren und durchaus nicht zu Hausfrauen geeignet sind. Sie können nicht nähen und stricken, kochen oder waschen, sie sind mit den gewöhnlichsten Verrichtungen einer Hausfrau unbekannt, und wie sie mit kleinen Kindern umzugehen haben, davon wissen sie vollends gar nichts. Der Bericht der Fact. Inq. Comm. gibt Dutzende von Beispielen für diese Tatsache, und Dr. Hawkins, der Kommissär für Lancashire, spricht seine Ansicht folgendermaßen aus (p. 4 des Berichts):
„Die Mädchen heiraten früh und unüberlegt, sie haben weder die Mittel noch die Zeit, noch die Gelegenheit, die gewöhnlichen Pflichten des häuslichen Lebens zu lernen, und wenn sie alles das hätten, so würden sie in der Ehe keine Zeit zur Ausübung dieser Pflichten haben. Die Mutter ist von ihrem Kinde über zwölf Stunden täglich abwesend; das Kind wird von einem Mädchen oder einer alten Frau, der es vermietet wird, verwahrt; dazu ist nur zu oft die Wohnung der Fabrikleute kein heimatlich Haus (home), oft ein Keller, der kein Koch- oder Waschgerät, nichts zum Nähen und Ausbessern enthält, dem alles fehlt, was das Leben angenehm und zivdisiert und den heimischen Herd anziehend machen könnte. Ich kann nach diesen und andern Gründen, besonders um der größeren Lebenschancen für kleine Kinder willen, nur wünschen und hoffen, daß eine Zeit kommen möge, in der die verheirateten Frauen von den Fabriken ausgeschlossen sind."
Einzelne Beispiele und Aussagen vgl. Fact. Inq. Comm. Report, Cowell, evid. p. 37, 38, 39, 72, 77, 50. Tufnell, evid. p. 9, 15, 45, 54 etc. Das ist alles aber noch das wenigste. Die moralischen Folgen der Arbeit von Weibern in Fabriken sind noch viel schlimmer. Die Vereinigung beider Geschlechter und aller Alter in einem Arbeitssaale, die unvermeidliche Annäherung zwischen ihnen, die Anhäufung von Leuten, denen weder intellektuelle noch sittliche Bildung gegeben worden ist, auf einem engen Räume ist eben nicht geeignet, von günstigen Folgen für die Entwicklung des weiblichen Charakters zu sein. Der Fabrikant kann, selbst wenn er darauf sieht, nur dann einschreiten, wenn wirklich einmal etwas Skandalöses passiert; die
1 Zum Teufel mit dir, wir müssen dich erhalten
dauernde, weniger auffallende Einwirkung lockerer Charaktere auf die moravischeren und namentlich die jüngeren kann er nicht erfahren, also auch nicht lerhüten. Diese Einwirkung ist aber gerade die schädlichste. Die Sprache, die in den Fabriken geführt wird, ist den Fabrikkommissären von 1833 von vielen Seiten als „unanständig", „schlecht", „schmutzig" usw. geschildert worden (Cowell, evid. p. 35, 37, und an vielen andern Stellen). Die Sache ist dieselbe im kleinen, wie wir sie in den großen Städten im großen sahen. Die Zentralisation der Bevölkerung hat dieselben Wirkungen auf dieselben Leute, mag sie nun auf diese in einer großen Stadt oder in einer kleineren Fabrik wirken. Ist die Fabrik kleiner, so ist die Annäherung größer und der Umgang unvermeidlicher. Die Folgen davon bleiben nicht aus. Ein Zeuge in Leicester sagt: Er würde seine Tochter lieber betteln als in die Fabrik gehen lassen das seien wahre Höllenlöcher, die meisten Freudenmädchen in der Stadt hätten es den Fabriken zu verdanken (Power, evid. p. 8), ein andrer in Manchester „hat keinen Anstand, zu behaupten, daß drei Viertel der jungen Fabrikarbeiterinnen von 14 bis 20 Jahren unkeusch seien" (Cowell, evid. p. 57). Kommissär Cowell spricht sich überhaupt dahin aus, daß die Sittlichkeit der Fabrikarbeiter etwas unter dem Durchschnitt der arbeitenden Klasse stehe (p. 82), und Dr. Hawkins sagt (Rept. p. 4):
„Eine Abschätzung der sexualen Sittlichkeit läßt sich nicht gut in Zahlen reduzieren, aber wenn ich meinen eignen Beobachtungen und der allgemeinen Ansicht derer, mit denen ich sprach, sowie der ganzen Haltung der mir abgelegten Zeugnisse trauen darf, so bietet sich eine höchst niederschlagende Ansicht von dem Einfluß des Fabriklebens auf die Sittlichkeit der weiblichen Jugend dar."
Es versteht sich übrigens, daß die Fabrikdienstbarkeit wie jede andre, und noch mehr, dem Brotherrn das Jus primae noctis1 erteilt. Der Fabrikant ist auch in dieser Beziehung Herr über den Leib und die Reize seiner Arbeiterinnen. Die Entlassung ist Strafe genug, um in neun Fällen aus zehnen, wo nicht in neunundneunzig aus hundert, alles Widerstreben bei Mädchen, die ohnehin keine große Veranlassung zur Keuschheit haben, niederzuschlagen. Ist der Fabrikant gemein genug - und der Kommissionsbericht erzählt von mehreren Fällen — so ist seine Fabrik zugleich sein Harem; und daß nicht alle Fabrikanten Gebrauch von ihrem Rechte machen, verändert die Sachlage in Beziehung auf die Mädchen durchaus nicht. Im Anfange der Fabrikindustrie, wo die meisten Fabrikanten Emporkömmlinge ohne Bildung und ohne Rücksicht auf die gesellschaftliche Heuchelei waren, ließen sie sich auch durch nichts in der Ausübung ihres „wohlerworbnen" Rechtes stören.
1 Recht der ersten Nacht
Um die Folgen der Fabrikarbeit auf den physischen Zustand des weiblichen Geschlechts richtig zu beurteilen, wird es nötig sein, vorher die Arbeit der Kinder und die Art der Arbeit selbst in Betracht zu ziehen. Von Anfang der neuen Industrie an wurden Kinder in den Fabriken beschäftigt; anfangs wegen der Kleinheit der - später vergrößerten - Maschinen fast ausschließlich, und zwar nahm man die Kinder aus den Armenhäusern, die scharenweise als „Lehrlinge" bei den Fabrikanten auf längere Jahre vermietet wurden. Sie wurden gemeinschaftlich logiert und bekleidet und waren natürlich die vollständigen Sklaven ihrer Brotherrn, von denen sie mit der größten Rücksichtslosigkeit und Barbarei behandelt wurden. Schon 1796 sprach sich der öffentliche Unwille über dies empörende System durch Dr. Percival und Sir R. Peel (Vater des jetzigen Ministers und selbst Baumwollfabrikant) so energisch aus, daß das Parlament 1802 eine Apprentice-bill (Lehrlingsgesetz) passierte[011, wodurch die schreiendsten Mißbräuche abgestellt wurden. Allmählich trat die Konkurrenz freier Arbeiter ein und verdrängte das ganze Lehrlingssystem. Die Fabriken wurden allmählich mehr in den Städten errichtet, die Maschinen vergrößert und die Lokale luftiger und gesunder angelegt; allmählich fand sich auch mehr Arbeit für Erwachsene und junge Leute, und so nahm die relative Zahl der arbeitenden Kinder etwas ab, und das Alter, in dem die Arbeit angefangen wurde, stieg etwas. Man beschäftigte wenig Kinder unter 8 bis 9 Jahren mehr. Später trat, wie wir sehen werden, die gesetzgebende Gewalt noch mehrere Male zum Schutz der Kinder gegen die Geldwut der Bourgeoisie auf. Die große Sterblichkeit unter den Kindern der Arbeiter und speziell der Fabrikarbeiter ist Beweis genug von der Ungesundheit der Lage, in der sie ihre ersten Jahre verbringen. Diese Ursachen wirken auch auf diejenigen Kinder, welche am Leben bleiben, nur natürlich nicht ganz so stark wie auf die, welche ihnen zum Opfer fallen. Die Wirkung derselben ist also im gelindesten Fall eine Krankheitsanlage oder eine gehemmte Entwicklung und daher eine geringere Körperstärke als die normale. Das neunjährige Kind eines Fabrikarbeiters, das unter Mangel, Entbehrung und wechselnden Verhältnissen, in Nässe, Kälte und ungenügender Kleidung und Wohnung aufgewachsen ist, hat bei weitem nicht die Arbeitsfähigkeit des in gesunderer Lebenslage erzogenen Kindes. Mit dem neunten Jahre wird es in die Fabrik geschickt, arbeitet täglich 61/a Stunden (früher 8, noch früher 12 bis 14, ja 16 Stunden) bis zum dreizehnten Jahre, von da an bis zum achtzehnten Jahre 12 Stunden. Die schwächenden Ursachen dauern fort, und die Arbeit tritt noch hinzu. Es ist allerdings nicht zu leugnen, daß ein neunjähriges Kind, allenfalls auch das eines Arbeiters, eine tägliche Arbeit von 61/2l Stunden
aushalten könne, ohne daß sichtlicher und offenbar hierauf zu reduzierender Schaden an seiner Entwicklung geschehe; aber keinenfalls trägt der Aufenthalt in der dumpfigen, feuchten, oft feuchtheißen Fabrikatmosphäre zu seiner Gesundheit bei. Unverantwortlich aber bleibt es unter allen Umständen, die Zeit von Kindern, die rein der körperlichen und geistigen Entwicklung gewidmet sein sollte, der Habgier einer gefühllosen Bourgeoisie zu opfern, die Kinder der Schule und der freien Luft zu entziehen, um sie zum Vorteil der Herren Fabrikanten auszubeuten. Allerdings sagt die Bourgeoisie: Wenn wir die Kinder nicht in den Fabriken beschäftigen, so bleiben sie in Verhältnissen, die ihrer Entwicklung nicht günstig sind - und das ist im ganzen richtig aber was heißt das, auf seinen wahren Wert reduziert, als: Erst setzt die Bourgeoisie die Arbeiterkinder in schlechte Verhältnisse und beutet dann diese schlechten Verhältnisse noch zu ihrem Vorteil aus - sie beruft sich auf etwas, was ebensowohl ihre Schuld ist wie das Fabriksystem, sie entschuldigt die Sünde, die sie heute tut durch die, welche sie gestern getan hat. Und wenn das Fabrikgesetz nicht wenigstens einigermaßen ihnen die Hände fesselte, wie würden diese „wohlwollenden", „humanen" Bourgeois, die ihre Fabriken eigentlich nur zum Wohl der Arbeiter errichtet haben, die Interessen dieser Arbeiter wahrnehmen! Hören wir, wie sie es getrieben haben, ehe ihnen der Fabrikinspektor auf den Fersen saß; ihr eignes anerkanntes Zeugnis, der Bericht der Fabrikkommission von 1833, soll sie schlagen. Der Bericht der Zentralkommission erzählt, daß die Fabrikanten Kinder selten mit fünf, häufig mit sechs, sehr oft mit sieben, meist mit acht bis neun Jahren zu beschäftigen anfingen, daß die Arbeitszeit oft 14 bis 16 Stunden (außer Freistunden zu Mahlzeiten) täglich daure, daß die Fabrikanten es zuließen, daß die Aufseher die Kinder schlugen und mißhandelten, ja oft selbst tätige Hand anlegten; ein Fall wird sogar erzählt, wo ein schottischer Fabrikant einem entlaufenen sechzehnjährigen Arbeiter nachritt, ihn zwang, so rasch, wie das Pferd trabte, vor ihm her zurückzulaufen, und fortwährend mit einer langen Peitsche auf ihn loshieb! (Stuart, evid. p. 35.) In den großen Städten, wo die Arbeiter sich mehr widersetzten, fiel dergleichen allerdings weniger vor. Aber selbst diese lange Arbeitszeit genügte der Habsucht der Kapitalisten nicht. Es galt, das in Gebäuden und Maschinen steckende Kapital mit allen möglichen Mitteln rentbar zu machen, es so stark wie möglich arbeiten zu lassen. Die Fabrikanten führten daher das schändliche System des Nachtarbeitens ein; bei einigen waren zwei stehende Klassen von Arbeitern, jede so stark, um die ganze Fabrik besetzen zu können, und die eine Klasse arbeitete die zwölf Tages-, die andre die zwölf Nachtstunden. Man kann sich leicht denken, welche Folgen eine solche dauernde Beraubung der Nachtruhe,
die durch keinen Tagesschlaf zu ersetzen ist, auf die körperliche Lage, namentlich kleiner und größerer Kinder und selbst Erwachsener, haben mußte. Aufreizung des ganzen Nervensystems, verbunden mit allgemeiner Schwächung und Erschlaffung des ganzen Körpers, waren die notwendigen Resultate. Dazu die Beförderung und Aufreizung der Trunksucht, des regellosen Geschlechtsverkehrs; ein Fabrikant bezeugt (Tufnell, evid. p. 91), daß während zwei Jahren, wo in seiner Fabrik nachts gearbeitet wurde, die doppelte Zahl unehelicher Kinder geboren und überhaupt eine solche Demoralisation produziert wurde, daß er das Nachtarbeiten habe aufgeben müssen. Andre Fabrikanten verfuhren noch barbarischer, ließen viele Arbeiter 30 bis 40 Stunden durcharbeiten, und das wöchentlich mehrere Male, indem ihre Ersatzmannschaft nicht vollzählig war, sondern nur den Zweck hatte, immer einen Teil der Arbeiter zu ersetzen und ihm ein paar Stunden Schlaf zi erlauben. Die Berichte der Kommission über diese Barbarei und ihre Folgen übertreffen alles, was mir sonst in diesem Fach bekannt ist. Solche Scheußlichkeiten, wie hier erzählt werden, finden sich nirgends wieder - und wir werden sehen, daß die Bourgeoisie das Zeugnis der Kommission fortwährend als zu ihren Gunsten in Anspruch nimmt. Die Folgen hiervon traten bald genug hervor: Die Kommissäre erzählen von einer Menge Krüppel, die ihnen vorgekommen seien und die entschieden der langen Arbeitszeit ihre Verkrüppelung zu verdanken hätten. Diese Verkrüppelung besteht gewöhnlich aus Verkrümmung des Rückgrats und der Beine und wird von Francis Sharp, M. R. C. S. (Mitglied des königlichen Kollegiums der Wundärzte) in Leeds folgendermaßen beschrieben:
„ Ich sah die eigentümliche Verdrehung der untern Enden des Schenkelknochens nie, bevor ich nach Leeds kam. Anfangs glaubte ich, es sei Rachitis, aber die Menge der sich im Spital präsentierenden Patienten und das Vorkommen der Krankheit in einem Alter (8 bis 14 Jahre), in welchem Kinder gewöhnlich nicht mehr der Rachitis unterworfen sind, sowie der Umstand, daß das Übel erst angefangen hatte, seitdem die Kinder in der Fabrik arbeiteten, bewogen mich bald, meine Meinung zu ändern. Ich habe bis jetzt ungefähr hundert solcher Fälle gesehen und kann aufs entschiedenste aussprechen, daß sie die Folge von Überarbeitung sind; soviel ich weiß, waren es alles Fabrikkinder, und sie selbst schreiben das Übel jener Ursache zu. - Die Anzahl der mir vorgekommenen Fälle von verkrümmtem Rückgrat, offenbar die Folge von zu langem Aufrechtstehen, wird nicht geringer als dreihundert sein" (Dr. Loudon, evid, p. 12,13).
Ebenso Dr. Hey in Leeds, 18 Jahre lang Arzt am Krankenhause:
„Verbildungen des Rückgrats sehr häufig unter den Fabrikleuten. Einige die Folgen bloßer Überarbeitung, andere die Wirkung von langer Arbeit auf eine ursprünglich
schwache oder durch schlechte Nahrung geschwächte Konstitution." „Verkrüppelungen schienen häufiger zu sein als diese Krankheiten; die Knie waren nach innen gebeugt, die Bänder der Knöchel sehr häufig aufgelockert und erschlafft und die langen Knochen der Beine gebogen. Besonders waren die dicken Enden dieser langen Knochen verdreht und übermäßig entwickelt, und diese Patienten kamen von den Fabriken, in welchen häufig sehr lange gearbeitet wurde" (Dr. Loudon, evid. p. 16).
Dasselbe sagen die Wundärzte Beaumont und Sharp von Bradford aus. Die Berichte der Kommissäre Drinkwater, Power und Dr. Loudon enthalten eine Menge, die von Tufnell und Dr. Sir David Barry, die sich weniger auf diesen Punkt richten, einzelne Beispiele solcher Verkrümmungen (Drinkwater, evid. p. 69 zwei Brüder, p. 72, 80, 146, 148, 150 zwei Brüder, 155 und viele andere; Power, evid. p. 63, 66, 67 zweimal, 68 dreimal, 69 zweimal; in Leeds p. 29, 31, 40, 43, 53ff.; Dr. Loudon, evid. p. 4, 7 viermal, 8 mehrere Male etc.; Sir D. Barry, p. 6, 8, 13, 21, 22, 44, 55 dreimal etc.; Tufnell, p. 5, 16 etc.). Die Kommissäre für Lancashire, Cowell, Tufnell und Dr. Hawkins, haben diese Seite der medizinischen Resultate des Fabriksystems fast ganz vernachlässigt, obwohl dieser Distrikt vollkommen mit Yorkshire in der Anzahl von Krüppeln wetteifern kann. Ich bin selten durch Manchester gegangen, ohne drei bis vier Krüppeln zu begegnen, die gerade an denselben Verkrümmungen des Rückgrats und der Beine litten wie die beschriebenen, und ich habe oft genug gerade hierauf geachtet und achten können. Ich kenne selbst einen Krüppel, der genau der obigen Beschreibung von Dr. Hey entspricht und der sich seinen Zustand in der Fabrik des Herrn Douglas in Pendieton, die überhaupt bei den Arbeitern wegen der früheren langen, Nächte hindurch fortgesetzten Arbeitszeit noch im schönsten Rufe steht, geholt hat. Man sieht es auch dieser Art von Krüppeln gleich an, woher ihre Verbildung kommt, sie sehen alle ganz gleich aus, die Knie sind einwärts und rückwärts, die Füße einwärts gebogen, die Gelenke mißgestaltet und dick und oft das Rückgrat vorwärts oder seitwärts gekrümmt. Am ärgsten aber scheinen es die menschenfreundlichen Fabrikanten im Seidendistrikt von Macclesfield getrieben zu haben, was mit daher kommt, daß in diesen Fabriken sehr junge Kinder, von fünf und sechs Jahren, arbeiteten. In den nachträglichen Zeugnissen des Kommissärs Tufnell finden wir die Aussagen eines Fabrikdirigenten Wright (p. 26), dessen beide Schwestern aufs schändlichste verkrüppelt wurden und der einmal die Anzahl von Krüppeln in mehreren Straßen, einige darunter die reinlichsten und nettesten von Macclesfield, gezählt hatte; er fand in Townley Street zehn, George Street fünf, Charlotte Street vier, Watercots fünfzehn, Bank Top drei, Lord Street sieben, Mill Lane zwölf, Great George Street zwei, im Armenhause zwei, Park Green einen,
Pickford Street zwei Krüppel, deren Familien alle einstimmig erklärten, daß diese durch übermäßige Arbeit in den Seidentramierfabriken verwachsen seien. P. 27 wird ein Knabe vorgeführt, der so verwachsen war, daß er keine Treppe hinaufkommen konnte, und Beispiele von Mädchen erwähnt, die in Rücken und Hüften verkrüppelt seien. Andere Verbildungen sind ebenfalls aus dieser Überarbeitung hervorgegangen, besonders Plattfüßigkeit, die dem Sir D. Barry häufig vorkam (z.B. p. 21 zweimal ff.) und ebenfalls von den Ärzten und Wundärzten in Leeds (Loudon, p. 13, 16 etc.) als häufig vorkommend angegeben wird. In den Fällen, wo eine stärkere Konstitution, eine bessere Nahrung und sonstige Umstände den jungen Arbeiter befähigten, diesen Einwirkungen einer barbarischen Ausbeutung zu widerstehen, finden wir wenigstens Schmerzen in Rücken, Hüften und Beinen, geschwollene Knöchel, variköse Adern oder große, hartnäckige Geschwüre an den Schenkeln und Waden. Diese Übel sind fast allgemein bei den Arbeitern gefunden worden; die Berichte Stuarts, Mackintoshs, Sir D. Barrys enthalten Hunderte von Beispielen, ja sie wissen fast von keinem, der nicht an irgendeinem dieser Übel litte; und in den übrigen Berichten wird das Vorkommen derselben Folgen wenigstens von vielen Ärzten bezeugt. Die Berichte über Schottland stellen es außer Zweifel durch zahllose Beispiele, daß dreizehnstündige Arbeit noch bei achtzehnbis zweiundzwanzigjährigen männlichen und weiblichen Arbeitern wenigstens diese Folgen hervorbringt, und zwar sowohl in den Flachsspinnereien von Dundee und Dunfermhne wie in den Baumwollfabriken von Glasgow und Lanark. Alle diese Übel erklären sich leicht aus der Natur der Fabrikarbeit, die allerdings, wie die Fabrikanten sagen, sehr „leicht" ist, aber eben wegen ihrer Leichtigkeit erschlaffender als irgendeine andere. Die Arbeiter haben wenig zu tun, müssen aber die ganze Zeit stehen, ohne sich setzen zu können. Wer sich etwa auf eine Fensterbank oder einen Korb setzt, wird gestraft; und diese dauernde aufrechte Stellung, dieser fortwährende mechanische Druck des Oberkörpers auf Rückgrat, Hüften und Beine bringt ganz notwendig die erwähnten Folgen hervor. Dies Stehen ist allerdings nicht notwendig zur Arbeit, wie denn auch in Nottingham in den Dublierzimmern wenigstens Sitze eingeführt sind (die Folge davon war die Abwesenheit jener Übel und folglich die Willigkeit der Arbeiterinnen, lange Arbeitszeit mitzumachen), aber in einer Fabrik, wo der Arbeiter nur für den Bourgeois arbeitet und wenig Interesse daran hat, seine Arbeit gut zu tun, würde er allerdings wahrscheinlich mehr Gebrauch davon machen, als dem Fabrikanten angenehm und vorteilhaft wäre - und damit dem Bourgeois etwas weniger rohes Material
verdorben wird, müssen die Arbeiter die Gesundheit ihrer Glieder opfern.* Diese lang anhaltende aufrechte Stellung bringt aber außerdem noch in Verbindung mit der meist schlechten Atmosphäre der Fabriken eine bedeutende Erschlaffung aller Körperkräfte und in deren Gefolge allerlei andere weniger lokale als generelle Übel hervor. Die Atmosphäre der Fabriken ist gewöhnlich zu gleicher Zeit feucht und warm, meist wärmer als nötig ist, und bei nicht sehr guter Ventilation sehr unrein, dumpfig und von geringem Sauerstoffgehalt, angefüllt mit Staub und dem Dunst des Maschinenöls, das fast überall den Boden beschmutzt, in ihn hereinzieht und ranzig wird; die Arbeiter selbst sind schon wegen der Wärme nicht zu dicht bekleidet und würden sich daher bei Ungleichmäßigkeit der Temperatur im Zimmer notwendig erkälten; der Luftzug ist ihnen in der Wärme unangenehm, die allmähliche Erschlaffung, die über alle körperlichen Funktionen schleicht, verringert die animalische Wärme, die von außenher aufrechterhalten werden muß, und so ist dem Arbeiter selbst nichts lieber, als wenn er bei gänzlich geschlossenen Fenstern in seiner warmen Fabrikluft bleiben kann. Hierzu tritt dann noch die Wirkung des häufigen plötzlichen Temperaturwechsels beim Herausgehen aus der heißen Fabrikatmosphäre in die frostkalte oder naßkalte freie Luft, die Unfähigkeit der Arbeiter, sich genügend gegen Regen zu schützen oder die nassen Kleider mit trocknen zu vertauschen, alles Umstände, die fortwährend Erkältungen produzieren. Und wenn man bedenkt, daß bei alledem fast kein einziger Muskel des Körpers wirklich angestrengt, wirklich in Tätigkeit gesetzt wird, außer etwa denen der Beine, daß der erschlaffenden, abspannenden Wirkung der genannten Umstände gar nichts entgegentritt, sondern daß alle Übung fehlt, die den Muskeln Kraft, den Fibern Elastizität und Konsistenz geben könnte, daß von Jugend auf den Arbeitern alle Zeit zur Bewegung in freier Luft abgeht, so wird man sich nicht mehr über die fast einstimmige Aussage der Mediziner im Fabrikbericht wundern, daß sie bei Fabrikarbeitern ganz besonders eine große Widerstandslosigkeit gegen Krankheitsanfälle, eine allgemeine Depression aller Lebenstätigkeiten, eine fortwährende Abspannung aller geistigen und körperlichen Kräfte gefunden hätten. Hören wir zuerst Sir D. Barry:
„Die ungünstigen Einflüsse der Fabrikarbeit auf die Arbeiter sind folgende: 1. die unumgängliche Notwendigkeit, ihre körperlichen und geistigen Anstrengungen zu einem gleichen Schritt mit den Bewegungen einer durch gleichmäßige und unaufhörliche Kraft bewegten Maschinerie zu zwingen; 2. die Ausdauer in einer aufrechten Stellung während unnatürlich langer und zu schnell aufeinanderfolgender Zeiträume;
* Auch im Spinnsaal einer Fabrik in Leeds waren Sitze eingeführt, Drinkwater evid. p. 85.
3. die Beraubung des Schlafs (durch lange Arbeitszeit, Schmerzen in den Beinen und allgemeineres körperliches Unwohlsein). Hierzu kommen oft noch niedrige, gedrängte, staubige oder feuchte Arbeitszimmer, unreine Luft, erhitzte Atmosphäre, fortwährender Schweiß. Daher verlieren besonders Knaben, mit sehr wenigen Ausnahmen, sehr bald die rosige Frische der Kindheit und werden blässer und dünner als andere Knaben. Selbst der Schuljunge des Handwebers, der mit nackten Füßen auf dem Lehmfußbodenseiner Webstubesteht, behält ein besseres Aussehen, weil er zuweilen etwas an die freie Luft geht. Aber das Fabrikkind hat keinen Augenblick frei, außer zum Essen, und kommt nie in die freie Luft, außer wenn es essen geht. Alle erwachsenen männlichen Spinner sind blaß und dünn, sie leiden an kapriziösem Appetit und Unverdaulichkeit, und da sie alle von Jugend auf in der Fabrik erzogen und wenig oder gar keine hochgewachsenen, athletischen Männer unter ihnen sind, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß ihre Beschäftigung sehr ungünstig für die Entwicklung der männlichen Konstitution ist. Weiber ertragen die Arbeit weit besser" (ganz natürlich, wir werden aber sehen, daß auch sie ihre Krankheiten haben). (General Report by Sir D.Barry.) Ebenso Power: „Ich kann geradezu sagen, daß das Fabriksystem in Bradford eine sehr große Menge Krüppel erzeugt hat... und daß die Wirkung langanhaltender Arbeit auf den Körper nicht allein als wirkliche Verkrüppelung, sondern auch viel allgemeiner noch als unentwickeltes Wachstum, Erschlaffung der Muskeln und zarte Körperbildung hervortritt" (Power, Rept. p. 74). Ferner der schon zitierte Wundarzt* F. Sharp in Leeds: „Als ich von Scarborough nach Leeds hinüberzog, fiel es mir gleich auf, daß das allgemeine Aussehen der Kinder hier viel bleicher und die Fiber derselben weit weniger straff war als in Scarborough und der Umgegend. Ich fand ebenfalls, daß viele Kinder für ihr Alter ausnehmend klein waren ... Mir sind zahllose Fälle von Skrofeln, Lungenkrankheiten, mesenterischen Affektionen und Unverdaulichkeit vorgekommen, bei denen ich als Mediziner nicht den geringsten Zweifel habe, daß sie durch Arbeiten in den Fabriken entstanden sind. Ich bin der Ansicht, daß die nervöse Energie des Körpers durch die lange Arbeit geschwächt und der Grund vieler Krankheiten gelegt wird; wenn nicht fortwährend Leute vom Lande hereinzögen, so würde die Rasse der Fabrikarbeiter bald ganz ausarten." Desgleichen Beaumont, Wundarzt in Bradford : „Meiner Ansicht nach bringt das System, nach dem hier in den Fabriken gearbeitet wird, eine eigentümliche Schlaffheit des ganzen Organismus hervor und macht dadurch Kinder im höchsten Grade für Epidemien sowohl wie für zufällige Krankheiten
* Die sogenannten Wundärzte (surgeons) sind studierte Mediziner, geradesogut wie die promovierten Ärzte (physicians), und haben deshalb auch allgemein sowohl ärztliche wie wundärztliche Praxis. Sie werden im allgemeinen aus verschiedenen Gründen sogar den physicians vorgezogen.
empfänglich... Ich halte die Abwesenheit aller geeigneten Vorschriften wegen Ventilation und Reinlichkeit in Fabriken ganz entschieden für eine Hauptursache jener eigentümlichen Tendenz oder Empfänglichkeit für krankhafte Affektionen, die ich in meiner Praxis sooft gefunden habe." Ebenso William Sharp junior1 bezeugt: „l.daß ich Gelegenheit gehabt habe, die Wirkungen des Fabriksystems auf die Gesundheit von Kindern unter den vorteilhaftesten Umständen' (in der Fabrik von Wood in Bradford, der besteingerichteten des Orts, wo er Fabrikarzt war) „zu beobachten; 2. daß diese Wirkung ganz entschieden und in sehr ausgedehntem Maße selbst unter diesen günstigen Verhältnissen schädlich ist; 3. daß im Jahre 1832 drei Fünftel sämtlicher in Woods Fabrik beschäftigten Kinder von mir medizinisch behandelt wurden; 4. daß die schädlichste Wirkung nicht das Vorherrschen verkrüppelter, sondern geschwächter und krankhafter Konstitutionen ist; 5. daß sich das alles sehr gebessert hat, seit die Arbeitszeit der Kinder von Wood auf zehn Stunden herabgesetzt wurde." Der Kommissär Dr. Loudon selbst, der diese Zeugnisse anführt, sagt: „Ich denke, es ist klar genug bewiesen worden, daß Kinder unvernünftig und unbarmherzig lange haben arbeiten und selbst Erwachsene ein Quantum Arbeit übernehmen müssen, das kaum irgendein menschliches Wesen aushalten kann. Die Folge davon ist, daß viele vor der Zeit gestorben, andere lebenslänglich mit einer fehlerhaften Konstitution behaftet worden sind, und die Befürchtung einer durch die erschütterten Konstitutionen der Uberlebenden geschwächten Nachkommenschaft ist, physiologisch gesprochen, nur zu gegründet." Und endlich Dr. Hawkins über Manchester: „Ich glaube, den meisten Reisenden fällt die Kleinheit und Zartheit der Statur und die Blässe auf, die man so allgemein in Manchester und vor allen bei den Fabrikarbeitern findet. Ich bin nie in irgendeiner Stadt Großbritanniens oder Europas gewesen, worin die Ausartung der Gestalt und Farbe vom nationalen Normalmaßstabe so augenscheinlich war. Den verheirateten Weibern fehlen ganz auffallend alle charakteristischen Eigentümlichkeiten der englischen Frau usw... Ich muß gestehen, daß die mir vorgeführten Knaben und Mädchen aus den Fabriken von Manchester allgemein ein gedrücktes Aussehen und eine bleiche Farbe hatten; in dem Ausdruck ihrer Gesichter lag nichts von der gewöhnlichen Beweglichkeit, Lebhaftigkeit und Heiterkeit der Jugend. Viele erklärten mir, daß sie gar keinen Zug verspürten, Sonnabend abends und sonntags im Freien sich herumzutummeln, sondern daß sie vorzögen, ruhig zu Hause zu bleiben." Fügen wir hier gleich eine andre Stelle aus Hawkins' Bericht ein, die zwar nur halb hieher gehört, aber eben deshalb ebensogut hier als anderswo stehen kann:
1 (1845) irrtümlich Dr. Hey (siehe „Factories Inquiry Commission", Second Report, 1833, C.3, p. 23)
„Unmäßigkeit, Ausschweifungen und Mangel an Vorsorge für die Zukunft sind die Hauptuntugenden der Fabrikbevölkerung, und diese Ubelstände lassen sich leicht auf Sitten zurückführen, die unter dem heutigen System gebildet werden und beinahe unvermeidlich daraus entspringen. Es ist allgemein zugegeben, daß Unverdaulichkeit, Hypochondrie und generelle Schwäche diese Klasse in sehr großer Ausdehnung affizieren; nach zwölf Stunden monotoner Arbeit ist es nur zu natürlich, sich nach einem Reizmittel dieser oder jener Art umzusehen, aber wenn vollends die obigen Krankheitszustände hinzukommen, so wird man rasch und immer von neuem Zuflucht zu geistigen Getränken nehmen." Für alle diese Aussagen der Ärzte und Kommissäre bietet der Bericht selbst Hunderte von Beweisfällen. Daß der Wuchs der jungen Arbeiter durch die Arbeit gehemmt wird, bezeugen Hunderte von Angaben desselben; unter andern gibt Cowell die Gewichte von 46 Knaben, alle 17 Jahre alt und aus einer Sonntagsschule, an, von denen 26 in Fabriken beschäftigte durchschnittlich 104,5 englische Pfund und 20 nicht in Fabriken arbeitende, aber der Arbeiterklasse angehörige durchschnittlich 117,7 englische Pfund wogen. Einer der bedeutendsten Fabrikanten von Manchester und Anführer der Opposition von seiten der Fabrikanten gegen die Arbeiter - ich glaube Robert Hyde Greg - sagt selbst einmal, wenn das so fortginge, so würden die Fabrikleute von Lancashire bald ein Geschlecht von Pygmäen werden.* Ein Rekrutierungslieutenant (Tufnell, p. 59) sagt aus, daß die Fabrikarbeiter sich wenig für den Militärdienst eignen; sie sähen dünn und schwächlich aus und würden oft von den Ärzten als untauglich zurückgewiesen. In Manchester könne er kaum Leute von 5 Fuß 8 Zoll bekommen, die Leute hätten fast alle nur 6 bis 7 Zoll, während in den Ackerbaudistrikten die meisten Rekruten 8 Zoll hätten (der Unterschied des englischen Maßes gegen das preußische beträgt auf 5 Fuß etwa 2 Zoll, um die das englische kleiner ist). Die Männer sind infolge dieser Einflüsse sehr bald aufgerieben. Die meisten sind mit vierzig Jahren arbeitsunfähig, einige wenige halten sich bis zum fünfundvierzigsten, fast gar keine bis zum fünfzigsten Jahre. Dies wird, außer durch allgemeine Körperschwäche, zum Teil auch noch durch eine Schwächung des Gesichts hervorgebracht, welche die Folge des Mulespinnens ist, wobei der Arbeiter seine Augen auf eine lange Reihe feiner, parallellaufender Fäden heften und sie dadurch sehr anstrengen muß. Aus 1600 Arbeitern, die in mehreren Fabriken in Harpur und Lanark beschäftigt wurden, waren nur 10 über 45 Jahren; aus 22094Arbeitern in verschiedenen Fabriken in Stockport und Manchester nur 143 über 45 Jahren. Von diesen 143 wurden 16 aus besonderer Gunst noch beibehalten, und einer tat Kinderarbeit.
* Diese Aussage ist nicht dem Fabrikbericht entnommen.
Eine Liste von 131 Spinnern enthielt nur sieben über 45 Jahren, und doch waren alle 131 wegen „zu hohen Alters" von den Fabrikanten, bei welchen sie um Arbeit anhielten, abgewiesen. Von 50 ausrangierten Spinnern in Bolton waren nur zwei über 50, und der Rest im Durchschnitt noch nicht 40 Jahre alt - und alle waren wegen zu hohen Alters brotlos 1 Herr Ashworth, ein bedeutender Fabrikant, gibt in einem Briefe an Lord Ashley selbst zu, daß gegen das 40. Lebensjahr die Spinner nicht mehr die gehörige Quantität Garn aufzubringen vermögen und deshalb „zuweilen" entlassen werden; er nennt die vierzigjährigen Arbeiter „alte Leute" !* Ebenso spricht der Kommissär Mackintosh im Bericht von 1833:
„Obgleich ich durch die Art, wie Kinder beschäftigt werden, schon vorbereitet war, so wurde es mir doch schwer, den altern Arbeitern ihre Angaben wegen ihres Alters zu glauben, so sehr früh altern diese Leute."
Wundarzt Smellie in Glasgow, der hauptsächlich Fabrikarbeiter behandelt, sagt ebenfalls, daß bei ihnen vierzig Jahre schon ein hohes Alter1 (old age) seien (Stuart, evid. p. 101). Gleichlautende Zeugnisse finden sich Tufnell, evid. p. 3,9, 15, Hawkins, Rept. p. 4; evid. p. 14 etc. etc. In Manchester ist dies frühe Altern der Arbeiter so allgemein, daß man fast jeden Vierziger für zehn bis fünfzehn Jahre älter ansieht, während die wohlhabenden Klassen, sowohl Männer als Frauen, ihr Aussehen sehr gut konservieren, wenn sie nicht zuviel trinken. Die Wirkung der Fabrikarbeit auf den weiblichen Körper ist ebenfalls ganz eigner Art. Die Verbildungen, die die Folge langer Arbeitszeit sind, werden beim Weibe noch viel ernsthafter; Verbildungen des Beckens, teils durch unrichtige Lage und Entwicklung der Beckenknochen selbst, teils durch Verkrümmung des unteren Teils der Wirbelsäule werden häufig durch diese Ursache hervorgebracht.
„Obgleich", sagt Dr. Loudon in seinem Bericht, „kein Beispiel von einem verbildeten Becken und einigen andern Übeln mir vorkam, so sind doch diese Dinge derart, daß jeder Mediziner sie als wahrscheinliche Folge einer solchen Arbeitszeit bei Kindern hinstellen muß, und außerdem verbürgt von Männern von der höchsten medizinischen Glaubwürdigkeit."
Daß Fabrikarbeiterinnen schwerer gebären als andere Frauen, wird von mehreren Hebammen und Geburtshelfern bezeugt, ebenso, daß sie häufiger
* Alles der Rede von Lord Ashley (Unterhaussitzung vom 15. März 1844) entnommen.
1 (1892) schon hohes Alter
abortieren, z. B. Dr. Hawkins, evid. p. 11 et 13. Dazu kommt noch, daß die Weiber an der allen Fabrikarbeitern gemeinsamen allgemeinen Schwäche leiden und, wenn sie schwanger sind, bis zur Stunde der Entbindung in den Fabriken arbeiten - natürlich, wenn sie zu früh aufhören, so müssen sie fürchten, daß ihre Stellen besetzt und sie selbst entlassen werden - auch verlieren sie den Lohn. Es kommt sehr häufig vor, daß Frauen, die den Abend noch arbeiteten, den nächsten Morgen entbunden sind, ja es ist nicht allzu selten, daß sie in den Fabriken selbst, zwischen den Maschinen niederkommen. Und wenn auch die Herren Bourgeois darin nichts Besondres finden, so werden mir doch ihre Frauen vielleicht zugeben, daß es eine Grausamkeit, eine infame Barbarei ist, ein schwangeres Weib indirekt zu zwingen, bis zum Tage ihrer Niederkunft täglich zwölf bis dreizehn (früher noch mehr) Stunden arbeitend, in stehender Positur, bei häufigem Bücken, zuzubringen. Das ist aber noch nicht alles. Wenn die Frauen nach der Niederkunft vierzehn Tage nicht zu arbeiten brauchen, so sind sie froh und halten es für lange. Manche kommen schon nach acht, ja nach drei bis vier Tagen wieder in die Fabrik, um die volle Arbeitszeit durchzumachen - ich hörte einmal, wie ein Fabrikant einen Aufseher frug: Ist die und die noch nicht wieder hier? - Nein. - Wie lang ist sie entbunden? - Acht Tage. - Die hätte doch wahrhaftig längst wiederkommen können. Jene da pflegt nur drei Tage zu Hause zu bleiben. - Natürlich; die Furcht, entlassen zu werden, die Furcht vor der Brotlosigkeit treibt sie, trotz ihrer Schwäche, trotz ihrer Schmerzen in die Fabrik; das Interesse des Fabrikanten leidet es nicht, daß seine Arbeiter krankheitswegen zu Hause bleiben, sie dürfen nicht krank werden, sie dürfen sich nicht unterstehen, ins Wochenbett zu kommen sonst müßte er ja seine Maschinen stillsetzen oder seinen allerhöchsten Kopf mit der Einrichtung einer temporären Abänderung plagen; und ehe er das tut, entläßt er seine Leute, wenn sie sich unterfangen, unwohl zu sein. Hört (Cowell, evid. p. 77):
„Ein Mädchen fühlt sich sehr krank, kann kaum ihre Arbeit tun. - Warum sie nicht um Erlaubnis frage, nach Hause zu gehen? - Ach, Herr, der ,Herr ist sehr eigen darin, wenn wir einen Vierteltag abwesend sind, so riskieren wir, weggeschickt zu werden."
Oder (Sir D.Barry, evid. p. 44): Thomas MacDurt, Arbeiter, hat gelindes Fieber, „kann nicht zu Hause bleiben, wenigstens nicht länger als vier Tage, weil er sonst fürchten muß, seine Arbeit zu verlieren." Und so geht es in fast allen Fabriken. Die Arbeit junger Mädchen bringt in der Entwicklungsperiode derselben noch eine Menge sonstiger Unregel
mäßigkeiten hervor. Bei einigen, besonders den bessergenährten, treibt die Hitze der Fabriken die Entwicklung rascher voran als gewöhnlich, so daß einzelne Mädchen von 12 bis 14 Jahren vollkommen ausgebildet sind; Roberton, der schon erwähnte, wie der Fabrikbericht sagt, „eminente" Geburtshelfer in Manchester, erzählt im „North of England Medical and Surgical Journal", daß ihm ein elfjähriges Mädchen vorgekommen, die nicht nur ein vollkommen ausgebildetes Weib, sondern sogar schwanger gewesen sei, und daß es gar nichts Seltnes in Manchester sei, wenn Frauenzimmer von 15 Jahren niederkämen. In solchen Fällen wirkt die Wärme der Fabriken gerade wie die Hitze tropischer Klimate, und wie in solchen Klimaten rächt sich die übermäßig frühe Entwicklung auch durch früh eintretendes Alter und Erschlaffung. Oft jedoch findet sich eine zurückgehaltene sexuale Entwicklung des weiblichen Körpers; die Brüste bilden sich spät oder gar nicht aus, wovon Cowell, p. 35, Beispiele gibt, die Menstruation tritt in vielen Fällen erst mit dem siebzehnten oder achtzehnten, zuWeilen erst mit dem zwanzigsten Jahre ein und bleibt oft ganz aus (Dr. Hawkins, evid. p. 11, Dr. Loudon, p. 14 etc., Sir D. Barry, p. 5 etc.). Unregelmäßige Menstruation, mit vielen Schmerzen und Übeln verbunden, namentlich Bleichsucht ist sehr häufig, worüber die medizinischen Berichte einstimmig sind. Die von solchen Frauen, besonders wenn sie während der Schwangerschaft arbeiten müssen, gebornen Kinder können nicht stark sein. Im Gegenteil, namentlich von Manchester aus werden sie im Bericht als sehr schwächlich geschildert, und nur Barry behauptet, daß sie gesund seien - sagt aber auch, daß in Schottland, wo er inspizierte, fast gar keine Verheirateten Frauen arbeiteten; dazu liegen die meisten Fabriken dort, mit Ausnahme von Glasgow, auf dem Lande, und das trägt sehr viel zur Stärkung der Kinder bei. Die Arbeiterkinder in der nächsten Umgebung von Manchester sind fast alle blühend und frisch, während sie in der Stadt bleich und skrofulös aussehen; aber mit dem neunten Jahre verliert sich die Farbe plötzlich, weil sie dann in die Fabrik geschickt werden, und bald kann man sie nicht mehr von Stadtkindern unterscheiden. Außerdem aber gibt es noch einige Zweige in der Fabrikarbeit, die besonders nachteilige Folgen haben. In vielen Zimmern der Baumwoll- und Flachsspinnereien fliegt eine Menge faseriger Staub umher, der namentlich in den Kardier- und Hechelzimmern Brustbeschwerden erzeugt. Einige Konstitutionen können ihn ertragen, andere nicht. Aber der Arbeiter hat keine Wahl, er muß das Zimmer nehmen, wo er Arbeit findet, seine Brust mag gut sein oder nicht. Die gewöhnlichsten Folgen dieses eingeatmeten Staubes sind Blutspeien, schwerer, pfeifender Atem, Schmerzen in der Brust, Husten,
25 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
Schlaflosigkeit, kurz alle Symptome von Asthma, die im schlimmsten Falle in der Auszehrung endigen (vergl. Stuart, p. 13, 70, 101, Mackintosh, p. 24 etc., Power Rept. on Nottingham, on Leeds, Cowell, p. 33 etc., Barry, p. 12 (fünf in einer Fabrik), p. 17, 44,52, 60 etc.; ebenso in dessen Bericht; Loudon, p. 13 etc. etc.). Besonders ungesund ist aber das Naßspinnen des Leinengarns, das von jungen Mädchen und Kindern getan wird. Das Wasser spritzt ihnen von den Spindeln auf den Leib, so daß die vordere Seite ihrer Kleider fortwährend bis auf die Haut durchnäßt ist und fortwährend Wasser auf dem Boden steht. In geringerem Maße findet das auch in den Dublierzimmern der Baumwollfabriken statt, und die Folge davon sind fortwährende Erkältungen und Affektionen der Brust. Eine heisere, rauhe Sprache ist allen Fabrikarbeitern gemein, vor allen aber den Naßspinnern und Dublierern. Stuart, Mackintosh und Sir D. Barry sprechen sich in den stärksten Ausdrücken über die Ungesundheit dieser Arbeit und die geringe Rücksicht der meisten Fabrikanten für die Gesundheit der diese Arbeit verrichtenden Mädchen aus. Eine andre Wirkung des Flachsspinnens sind eigentümliche Verdrehungen der Schulter, namentlich Vorspringen des rechten Schulterblatts, die aus der Natur der Arbeit folgen. Diese Art zu spinnen sowie das Throstlespinnen der Baumwolle bringen oft auch Krankheiten der Kniescheibe hervor, die zum Aufhalten der Spindel während der Anheftung zerrissener Fäden angewandt wird. Das häufige Bücken bei diesen beiden Arbeitszweigen und die Niedrigkeit der Maschinen haben überhaupt einen mangelhaften Wuchs zur Folge. In dem Throstlezimmer der BaumwoIIfabrik zu Manchester, in welcher ich beschäftigt war, erinnere ich mich nicht, ein einziges gut und schlank gewachsenes Mädchen gesehen zu haben; sie waren alle klein, schlecht gewachsen und eigentümlich gedrängten Baus, entschieden häßlich in ihrer ganzen Körperbildung. Außer allen diesen Krankheiten und Verkrüppelungen haben die Arbeiter aber noch auf eine andere Weise an ihren Gliedern Schaden zu leiden. Die Arbeit zwischen den Maschinen veranlaßt eine Menge Unglücksfälle, die mehr oder weniger ernster Natur sind und für den Arbeiter noch dazu die Folge haben, daß sie ihn teilweise oder ganz zu seiner Arbeit unfähig machen. Am häufigsten kommt es vor, daß ein einzelnes Glied von einem Finger abgequetscht wird, seltner schon, daß ganze Finger, eine halbe oder ganze Hand, ein Arm usw. von den Rädern ergriffen und zermalmt wird. Sehr häufig tritt nach diesen, selbst den geringeren Unfällen Maulsperre ein und zieht den Tod nach sich. Man sieht in Manchester außer den vielen Krüppeln auch eine große Anzahl Verstümmelter umhergehen; dem einen fehlt der ganze oder halbe Arm, dem andern der Fuß, dem dritten das halbe Bein; man glaubt unter einer Armee
zu leben, die eben aus dem Feldzuge zurückkommt. Die gefährlichsten Stellen der Maschinerie sind aber die Riemen, welche die Triebkraft vom Schaft auf die einzelnen Maschinen leiten, besonders wenn sie Schnallen haben, die man indes selten mehr findet. Wer von diesen Riemen ergriffen wird, den reißt die treibende Kraft pfeilschnell mit sich herum, schlägt ihn oben gegen die Decke und unten gegen den Fußboden mit solcher Gewalt, daß selten ein Knochen am Körper ganz bleibt und augenblicklicher Tod erfolgt. Zwischen dem 12. Juni und 3. August 18441 berichtet der „Manchester Guardian" über folgende ernstliche Unglücksfälle - die leichtern erwähnt er gar nicht: 12. Juni, ein Knabe starb in Manchester an der Mundklemme infolge einer zwischen Rädern zerquetschten Hand. - 15. Juni2, ein Junge in Saddleworth, von einem Rade ergriffen und mitgerissen, starb, ganz zerschmettert. - 29. Juni, ein junger Mann in Greenacres Moor bei Manchester, der in einer Maschinenfabrik arbeitete, geriet unter einen Schleifstein, der ihm zwei Rippen zerbrach und ihn sehr zerfleischte. 24. Juli, ein Mädchen in Oldham starb, von einem Riemen fünfzigmal mit herumgerissen, kein Knochen blieb ganz. - 27. Juli, in Manchester geriet ein Mädchen in den Blower (die erste Maschine, welche die rohe Baumwolle aufnimmt) und starb an den erlittenen Verstümmelungen. - 3. August, ein Spulendrechsler starb, von einem Riemen fortgerissen, in Dukinfield - alle Rippen waren zerbrochen. - Das Krankenhaus von Manchester hatte im Jahre 1843 allein 962 Verwundungen und Verstümmelungen durch Maschinerie zu heilen, während die Anzahl aller übrigen Unglücksfälle im Bereich des Krankenhauses auf 2426 sich beliefen, so daß auf fünf Unglücksfälle aus allen andern Ursachen zwei durch Maschinerie kamen. Die in Salford vorgekommenen Unfälle sind hier nicht eingeschlossen, ebensowenig die, welche von Privatärzten geheilt wurden. Die Fabrikanten bezahlen bei solchen Unglücken, sie mögen arbeitsunfähig machen oder nicht, höchstens den Arzt und, wenn es sehr hoch kommt, den Lohn während der Dauer der Kur - wohin der Arbeiter später gerät, wenn er nicht arbeiten kann, ist ihnen gleichgültig.
Der Fabrikbericht sagt über diesen Gegenstand: In allen Fällen müsse der Fabrikant verantwortlich gemacht werden: denn Kinder könnten sich nicht in acht nehmen und Erwachsene würden sich in ihrem eignen Interesse schon in acht nehmen. Aber es sind Bourgeois, die den Bericht schreiben, und daher müssen sie sich widersprechen und nachher allerlei Salbaderei über „sündliche Verwegenheit" (culpable temerity) der Arbeiter
1 (1845) und (1892) irrtümlich: 1843 - 2 (1845) und (1892) irrtümlich: 16. Juni
vorführen. Einerlei. Die Sache ist diese: Wenn Kinder sich nicht in acht nehmen können, so muß die Arbeit von Kindern verboten werden. Wenn Erwachsene sich nicht gehörig in acht nehmen, so müssen sie entweder Kinder sein, auf einer Bildungsstufe stehen, die ihnen nicht erlaubt, die Gefahr in ihrer ganzen Größe zu erkennen - und wer ist daran schuld als die Bourgeoisie, die sie in einer Lage erhält, in der sie sich nicht bilden können? oder die Maschinen sind schlecht arrangiert und müssen mit Brustwehren oder Verschlägen umgeben werden, was auch dem Bourgeois zur Last fällt oder der Arbeiter hat Motive, die die drohende Gefahr überwiegen, er muß rasch arbeiten, um Geld zu verdienen, und hat keine Zeit, sich in acht zu nehmen etc. - auch daran ist der Bourgeois schuld. Viele Unglücksfälle kommen z. B. vor, wenn die Arbeiter Maschinen reinigen wollen, während diese in Bewegung sind. Weshalb? Weil der Bourgeois die Arbeiter zwingt, während der Freistunden, wenn sie stillstehen, die Maschinen zu putzen, und der Arbeiter natürlich keine Lust hat, sich von seiner freien Zeit etwas abnagen zu lassen. So viel ist dem Arbeiter jede freie Stunde wert, daß er sich oft lieber zweimal wöchentlich in Lebensgefahr begibt, als sie dem Bourgeois opfert. Laßt die Fabrikanten die zum Putzen der Maschinen nötige Zeit von der Arbeitszeit nehmen, und es wird keinem Arbeiter mehr einfallen, laufende Maschinerie zu putzen. Kurz, in allen Fällen fällt die letzte Schuld auf den Fabrikanten, von dem im gelindesten Falle die lebenslängliche Unterstützung des arbeitsunfähig gewordenen Arbeiters oder bei Todesfällen seiner Familie zu verlangen wäre. In den ersten Zeiten der Industrie waren die Unfälle verhältnismäßig viel zahlreicher als jetzt, weil die Maschinen schlechter, kleiner, gedrängter und fast gar nicht verschlagen waren. Wie aber obige Angaben beweisen, ist ihre Zahl noch immer groß genug, um ernste Bedenken über einen Zustand rege zu machen, der erlaubt, daß so viele Verstümmelungen und Verwundungen zum Besten einer einzigen Klasse vorkommen und so mancher fleißige Arbeiter durch ein Unglück, das er im Dienst und durch Verschulden der Bourgeoisie erlitt, der Not und dem Hunger preisgegeben wird. Eine schöne Reihe Krankheiten, bloß durch die scheußliche Geldgier der Bourgeoisie erzeugt! Weiber zum Gebären unfähig gemacht, Kinder verkrüppelt, Männer geschwächt, Glieder zerquetscht, ganze Generationen verdorben, mit Schwäche und Siechtum infiziert, bloß um der Bourgeoisie die Beutel zu füllen! Und wenn man erst die Barbarei der einzelnen Fälle liest, wie die Kinder von den Aufsehern nackt aus dem Bette geholt, mit den Kleidern auf dem Arm unter Schlägen und Tritten in die Fabriken gejagt (z. B. Stuart p. 39 und sonst) wurden, wie ihnen der Schlaf mit Schlägen
vertrieben, wie sie trotzdem über der Arbeit eingeschlafen, wie ein armes Kind noch im Schlaf, und nachdem die Maschine stillgesetzt war, auf den Zuruf des Aufsehers aufsprang und mit geschlossenen Augen die Handgriffe seiner Arbeit durchmachte, wenn man liest, wie die Kinder, zu müde, nach Hause zu gehen, sich im Trockenzimmer unter der Wolle verbargen, um dort zu schlafen, und nur mit dem Riemen aus der Fabrik getrieben werden konnten, wie viele Hunderte jeden Abend so müde nach Hause kamen, daß sie vor Schläfrigkeit und Mangel an Appetit ihr Abendbrot nicht verzehren konnten, daß ihre Eltern sie kniend vor dem Bette fanden, wo sie während des Gebets eingeschlafen waren; wenn man das alles und noch hundert andere Infamien und Schändlichkeiten in diesem einen Berichte liest, alle auf den Eid bezeugt, durch mehrere Zeugen bestätigt, von Männern ausgesagt, die die Kommissäre selbst für glaubwürdig erklären, wenn man bedenkt, daß es ein „liberaler" Bericht ist, ein Bourgeoisiebericht1, um den früheren der Tories umzustoßen und die Herzensreinheit der Fabrikanten herzustellen, daß die Kommissäre selbst auf seiten der Bourgeoisie sind und alles das wider Willen berichten - so soll man nicht entrüstet, nicht ingrimmig werden über diese Klasse, die sich mit Menschenfreundlichkeit und Aufopferung brüstet, während es ihr einzig auf die Füllung ihrer Börsen ä tout prix2 ankommt? Hören wir indes die Bourgeoisie, wie sie durch den Mund ihres auserwählten Knechts, des Doktor Ure, spricht: Man habe, erzählt dieser in seiner „Philosophy of Manufactures", p. 277 u. folg., den Arbeitern vorgesagt, ihr Lohn stehe in keinem Verhältnis zu ihren Opfern und habe dadurch das gute Vernehmen zwischen Herren und Arbeitern gestört. Statt dessen hätten die Arbeiter sich durch Fleiß und Aufmerksamkeit empfehlen und über den Nutzen ihrer Herren freuen sollen, dann wären sie auch Aufseher, Geschäftsführer und endlich Associes geworden und hätten dadurch (o Weisheit, du sprichst wie eine Taube!) „zugleich die Nachfrage nach Arbeit im Markte vermehrt"! - „Wenn die Arbeiter nicht so unruhig wären, so würde das Fabriksystem sich noch viel wohltätiger entwickelt haben." Darauf folgt denn eine lange Jeremiade über die vielen Widersetzlichkeiten der Arbeiter und bei Gelegenheit einer Arbeitseinstellung der bestbezahlten Arbeiter, der Feinspinner, folgender naive Ausspruch:
„Ja, es war ihr hoher Lohn, der es ihnen möglich machte, ein besoldetes Komitee zu halten und sich in nervöse Hypertrophie durch eine Diät hineinzumästen, die für ihre Arbeit viel zu kräftig und aufregend war!" (p. 298.) Hören wir, wie der Bourgeois die Arbeit der Kinder schildert:
1 (1892) ein Bourgeoisbericht — 2 um jeden Preis
„Ich habe manche Fabrik besucht, in Manchester und der Umgegend, und nie Kinder mißhandelt, körperlich gezüchtigt oder nur übel gelaunt gesehen. Sie schienen alle heiter (cheerful) und alert, an dem leichten Spiel ihrer Muskel sich erfreuend (taking pleasure), die ihrem Alter natürliche Beweglichkeit in vollem Maße genießend. Die Szene der Industrie, weit entfernt, traurige Emotionen in meinem Gemüt hervorzubringen, war mir stets aufheiternd. Es war entzückend (delightful), die Hurtigkeit zu beobachten, mit der sie die zerrissenen Fäden wieder vereinigten, sowie der Mule-Wagen zurückging, und sie in Muße zu sehen, wie sie, nachdem ihre zarten Fingerchen ein paar Sekunden in Tätigkeit gewesen waren, sich in allen erdenklichen Stellungen amüsierten, bis das Ausziehen und Aufwinden wieder fertig war. Die Arbeit dieser flüchtigen (lively) Elfen schien einem Spiel zu gleichen, worin ihnen ihre Übung eine gefällige Gewandtheit gab. Ihrer Geschicklichkeit sich bewußt, freuten sie sich, sie vor jedem Fremden zu zeigen. Von Erschöpfung keine Spur, denn wenn sie aus der Fabrik kamen, fingen sie auf dem nächsten Spielplatz sogleich an, sich herumzutummeln mit derselben Lebhaftigkeit wie Jungen, die eben aus der Schule kommen." (p. 301.)
(Natürlich, als ob nicht die Bewegung aller Muskeln ein unmittelbares Bedürfnis für den steif und zugleich schlaff gewordenen Körper wäre! Aber Ure hätte warten sollen, ob nicht diese augenblickliche Aufregung nach ein paar Minuten verschwunden sei. Und ohnehin konnte Ure dies doch nur mittags, nach fünf- bis sechsstündiger Arbeit, aber nicht abends sehen!) Was die Gesundheit der Arbeiter betrifft, so hat der Bourgeois die grenzenlose Frechheit, den eben an tausend Stellen zitierten und exzerpierten Bericht von 1833 als Zeugnis für die ausgezeichnete Gesundheit dieser Leute anzuführen, durch einzelne herausgerissene Zitate beweisen zu wollen, daß sich bei ihnen keine Spur von Skrofeln finde und, was ganz richtig ist, das Fabriksystem sie von allen akuten Krankheiten befreie (daß sie dafür alle chronischen an den Hals bekommen, verschweigt er natürlich). Man muß wissen, daß der Bericht aus drei dicken Foliobänden besteht, die durchzustudieren einem englischen wohlgenährten Bourgeois nicht einfällt, um die Frechheit begreifen zu können, mit der unser Freund Ure dem englischen Publikum die gröbsten Lügen aufheftet. Hören wir noch, wie er sich über das Fabrikgesetz von 18331 ausspricht, das von der liberalen Bourgeoisie gegeben wurde und dem Fabrikanten nur die notdürftigsten Beschränkungen auflegt, wie wir sehen werden. Dies Gesetz, namentlich der Schulzwang, sei eine absurde und despotische Maßregel gegen die Fabrikanten. Alle Kinder unter zwölf Jahren seien dadurch arbeitslos geworden, und was sei die Folge? Die Kinder, so von ihrer leichten und nützlichen Arbeit entlassen, bekämen nun gar keine Erziehung; aus dem warmen Spinnsaal in die kalte
1 Bei Engels hier und im Folgenden (S. 393 , 394) irrtümlich: 1834
Welt hinausgestoßen, existierten sie nur durch Betteln und Stehlen - ein Leben, traurig kontrastierend mit ihrer stets sich verbessernden Lage in der Fabrik und ihrer Sonntagsschule! Dies Gesetz erschwere unter der Maske der Philanthropie die Leiden der Armen und werde den gewissenhaften Fabrikanten in seiner nützlichen Arbeit äußerst hemmen, wo nicht ganz aufhalten (p. 405, 406ff.). Die zerstörenden Wirkungen des Fabriksystems fingen schon früh an, allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Von dem Lehrlingsgesetz von 1802 sprachen wir schon. Später, gegen 1817, fing der nachherige Stifter des englischen Sozialismus, damals Fabrikant in Neu-Lanark (Schottland), Robert Owen, an, durch Petitionen und Denkschriften der vollziehenden Gewalt die Notwendigkeit gesetzlicher Garantien für die Gesundheit der Arbeiter, besonders der Kinder, vorzuhalten. Der verstorbene Sir R. Peel sowie andere Philanthropen schlössen sich ihm an und erwirkten nacheinander die Fabrikgesetze von 18191, 1825 und 1831, von denen die beiden ersten gar nicht, das letzte nur hier und da befolgt wurden[92]. Dies Gesetz von 1831, auf den Antrag von Sir J. C. Hobhouse basiert, setzte fest, daß in keiner Baumwollenfabrik Leute unter 21 Jahren nachts, d. h. zwischen abends halb acht und morgens halb sechs Uhr, arbeiten, und in allen Fabriken junge Leute unter 18 Jahren höchstens 12 Stunden täglich und 9 Stunden sonnabends arbeiten sollten. Da aber die Arbeiter nicht gegen ihre Brotherren zeugen durften, ohne entlassen zu werden, so half dies Gesetz wenig. In großen Städten, wo die Arbeiter unruhiger waren, kam allenfalls eine Übereinkunft der bedeutenderen Fabrikanten zustande, sich dem Gesetz fügen zu wollen, aber selbst hier gab es viele, die sich, wie die Fabrikanten auf dem Lande, gar nicht um das Gesetz kümmerten. Unterdes war unter den Arbeitern das Verlangen nach einer Zehnstundenbill rege geworden, d. h. einem Gesetz, das allen jungen Leuten unter dem achtzehnten Jahre verböte, länger als zehn Stunden zu arbeiten; die Arbeiterassoziationen erhoben diesen Wunsch durch Agitation zum allgemeinen der Fabrikbevölkerung, die humane Sektion der Torypartei, damals von Michael Sadler angeführt, griff diesen Plan auf und brachte ihn vor das Parlament. Sadler erhielt ein Parlamentskomitee zur Untersuchung des Fabriksystems bewilligt, und dies gab in der Session von 1832 seinen Bericht ab. Dieser Bericht war entschieden parteiisch, von lauter Feinden des Fabriksystems und zu einem Parteizweck verfaßt. Sadler ließ sich durch seine edle Leidenschaft zu den schiefsten und unrichtigsten Behauptungen verleiten, er lockte schon
1 Bei Engels irrtümlich: 1818
durch die Art seiner Fragen den Zeugen Antworten ab, die zwar Wahres, aber in verkehrter, schiefer Form enthielten. Die Fabrikanten, über einen Bericht entsetzt, der sie als Ungeheuer schilderte, baten nun selbst um eine offizielle Untersuchung; sie wußten, daß ein genauer Bericht ihnen jetzt nur nützen könne, sie wußten, daß Whigs, echte Bourgeois am Staatsruder saßen, mit denen sie sich gut standen, deren Prinzipien einer Beschränkung der Industrie entgegen waren; sie erhielten richtig eine Kommission von lauter liberalen Bourgeois, deren Bericht derselbe war, den ich bisher so häufig zitierte. Der Bericht kommt der Wahrheit etwas näher als der des Sadlerschen Komitees, seine Abweichungen von ihr sind aber auf der entgegengesetzten Seite. Er zeigt auf jeder Seite Sympathie für die Fabrikanten, Mißtrauen gegen den Sadlerschen Bericht, Abneigung gegen die selbsttätigen Arbeiter und die Unterstützer der Zehnstundenbill; er erkennt nirgends das Recht der Arbeiter zu einer menschlichen Existenz, zu eigner Tätigkeit und eignen Meinungen an; er macht es ihnen zum Vorwurf, daß sie bei der Zehnstundenbill nicht nur an die Kinder, sondern auch an sich selbst dächten, er nennt die agitierenden Arbeiter Demagogen, Böswillige, Übelgesinnte usw., kurz, er steht auf Seiten der Bourgeoisie - und doch kann er die Fabrikanten nicht weißwaschen, und doch bleibt eine solche Menge von Schändlichkeiten nach seinem eignen Geständnis auf den Schultern der Fabrikanten lasten, daß selbst nach diesem Bericht die ZehnstundenbillAgitation, der Haß der Arbeiter gegen die Fabrikanten und die härtesten Bezeichnungen des Komitees gegen die letzteren vollständig gerechtfertigt sind. Nur mit dem Unterschiede, daß, während der Sadlersehe Bericht den Fabrikanten offne, unverhüllte Brutalität vorwirft, es sich jetzt zeigte, daß diese Brutalität meist unter der Maske der Zivilisation und Menschlichkeit betrieben wurde. Erklärt sich doch Dr. Hawkins, der medizinische Kommissär für Lancashire, selbst entschieden für die Zehnstundenbill, gleich in der ersten Zeile seines Berichts! Und der Kommissär Mackintosh erklärt selbst, daß sein Bericht nicht die volle Wahrheit enthalte, da die Arbeiter nur sehr schwer dahin zu bringen seien, gegen ihre Brotherren zu zeugen, und die Fabrikanten - ohnehin schon durch die Aufregung unter den Arbeitern zu größerer Nachgiebigkeit gegen diese gezwungen - oft genug sich auf den Besuch der Kommission1 präpariert, die Fabriken gefegt, die Schnelligkeit der Maschinenbewegung verringert hätten etc. Namentlich in Lancashire brauchten sie den Kniff, der Kommission die Aufseher der Arbeitssäle als „Arbeiter" vorzuführen, um diese für die Humanität der Fabrikanten, die
1 (1845) irrtümlich: Besuch der Fabrikanten
gesunde Wirkung der Arbeit und die Gleichgültigkeit, ja Abneigung der Arbeiter gegen die Zehnstundenbill zeugen zu lassen. Aber diese Aufseher sind keine echten Arbeiter mehr, sie sind Deserteure ihrer Klasse, die sich für höheren Lohn in den Dienst der Bourgeoisie begeben haben und im Interesse der Kapitalisten gegen die Arbeiter kämpfen. Ihr Interesse ist das der Bourgeoisie, und daher sind sie den Arbeitern fast mehr verhaßt wie die Fabrikanten selbst. Und dennoch ist der Bericht vollkommen genügend, um die schändlichste Rücksichtslosigkeit der fabrizierenden Bourgeoisie gegen ihre Arbeiter, die ganze Infamie des industriellen Ausbeutungssystems in ihrer vollen Unmenschlichkeit zu zeigen. Nichts ist empörender, als hier in diesem Bericht auf der einen Seite die langen Register von Krankheiten und Verkrüppelungen durch Überarbeitung der kalten, berechnenden Nationalökonomie des Fabrikanten auf der andern gegenübergestellt zu sehen, wo dieser mit Zahlen zu beweisen sucht, daß er und ganz England mit ihm zugrunde gehen müßte, wenn man ihm nicht mehr erlaube, jährlich soundso viele Kinder zu Krüppeln zu machen - nur die schamlose Sprache des Herrn Ure, die ich eben angeführt habe, würde noch empörender sein, wenn sie nicht zu lächerlich wäre. Die Folge dieses Berichts war das Fabrikgesetz von 1833, das die Arbeit von Kindern unter neun Jahren verbot (mit Ausnahme der Seidenfabriken), die Arbeitszeit der Kinder zwischen 9 und 13 Jahren auf 48 Stunden wöchentlich oder höchstens 9 an einem Tage, die von jungen Leuten zwischen dem 14. und 18. Lebensjahre auf 69 wöchentlich oder 12 höchstens an einem Tage beschränkte, ein Minimum von 11/2 Stunden Zwischenzeit für Mahlzeiten festsetzte und das Nachtarbeiten für alle unter 18 Jahren nochmals verbot. Zugleich wurde ein täglich zweistündiger zwangsmäßiger Schulbesuch für alle Kinder unter 14 Jahren eingeführt und der Fabrikant für straffällig erklärt, wenn er Kinder ohne Alterszertifikat vom Fabrikarzte oder ohne Schulbesuchszertifikat vom Lehrer beschäftige. Dafür durfte er wöchentlich einen Penny für den Lehrer vom Lohne des Kindes zurückbehalten. Außerdem wurden Fabrikärzte und Inspektoren ernannt, die zu jeder Zeit in die Fabrik gehen, die Arbeiter eidlich verhören durften und auf die Beachtung des Gesetzes durch Klage beim Friedensgericht zu halten hatten. Das ist das Gesetz, worüber Dr. Ure so grenzenlos schimpft! Die Folge des Gesetzes und namentlich der Ernennung von Inspektoren war, daß die Arbeitszeit durchschnittlich auf zwölf bis dreizehn Stunden herabgesetzt und die Kinder so gut ersetzt wurden, als es ging. Damit verschwanden einige der schreiendsten Übel fast gänzlich; Verkrüppelungen kamen nur noch bei sehr schwachen Konstitutionen vor, die Wirkungen
der Arbeit traten weniger eldatant ans Tageslicht. Indes haben wir im Fabrikbericht Zeugnisse genug, daß die gelinderen Übel, Anschwellung der Fußgelenke, Schwäche und Schmerzen in Beinen, Hüften und Rückgrat, variköse Adern, Geschwüre an den unteren Extremitäten, allgemeine Schwäche, besonders Schwächung des Unterleibs, Neigung zum Erbrechen, Mangel an Appetit abwechselnd mit Heißhunger, schlechte Verdauung, Hypochondrie, dann die Brustübel infolge des Staubes und der schlechten Atmosphäre der Fabriken usw. usw., alle auch in den Fabriken und bei denjenigen Individuen vorkamen, die nach den Vorschriften von Sir J. C. Hobhouses Gesetz - also zwölf bis höchstens dreizehn Stunden arbeiteten. Die Berichte aus Glasgow und Manchester sind hier namentlich zu vergleichen. Diese Übel sind auch nach dem Gesetz von 1833 geblieben und fahren bis auf den heutigen Tag fort, die Gesundheit der arbeitenden Klasse zu untergraben. Man hat dafür gesorgt, daß die brutale Gewinnsucht der Bourgeoisie eine heuchlerische, zivilisierte Form annahm, daß die Fabrikanten, durch den Arm des Gesetzes von allzu krassen Niederträchtigkeiten abgehalten, desto mehr scheinbaren Grund haben, ihre erlogene Humanität selbstgefällig auszukramen - das ist alles. Wenn heute eine neue Fabrikkommission ausginge, sie würde das meiste beim alten finden. Was den extemporierten Schulzwang betrifft, so blieb dieser ganz wirkungslos, da die Regierung nicht zu gleicher Zeit für gute Schulen sorgte. Die Fabrikanten stellten ausgediente Arbeiter an, zu denen sie die Kinder zwei Stunden täglich schickten und so dem Buchstaben des Gesetzes genügten - die Kinder lernten nichts. Und selbst die Berichte der Fabrikinspektoren, die sich nur auf das beschränken, was ihres Amts ist, nämlich die Befolgung des Fabrikgesetzes, geben Material genug, um daraus das notwendige Fortbestehen der erwähnten Übel schließen zu können. Inspektoren Horner und Saunders, in ihren Berichten vom Oktober und Dezember 1843, erzählen, daß eine Menge Fabrikanten in denjenigen Arbeitszweigen, wo die Arbeit von Kindern entbehrt oder durch sonst brotlos gewordene Erwachsene ersetzt werden kann, 14 bis 16 Stunden und drüber arbeiten lassen. Darunter seien namentlich viele junge Leute, die eben dem Gesetz entwachsen seien. Andere verletzen das Gesetz geradezu, verkürzen die Freistunden, lassen Kinder länger arbeiten, als erlaubt ist, und lassen es auf eine Anklage ankommen, da die etwaige Strafe doch sehr gering ist gegen den Nutzen, den sie von der Übertretung haben. Namentlich jetzt, wo das Geschäft besonders gut geht, haben die Fabrikanten große Versuchung dazu. Unter den Arbeitern hörte indes die Zehnstunden-Agitation nicht auf; 1839 war sie wieder in vollem Zuge, und an des verstorbenen Sadlers Stelle
trat im Unterhause Lord Ashley und außer demselben Richard Oastier, beide Tories. Oastier namentlich, der fortwährend in den Arbeiterdistrikten agitierte und schon zu Sadlers Zeiten agitiert hatte, ward der spezielle Günstling der Arbeiter. Sie nannten ihn nur ihren „guten alten König", den „König der Fabrikkinder", und in den ganzen Fabrikdistrikten ist kein Kind, das ihn nicht kennt und verehrt, das ihm nicht, wenn er in die Stadt kommt, mit den andern in Prozession entgegenzieht. Oastier opponierte auch sehr energisch gegen das neue Armengesetz und wurde deshalb von einem Herrn Thornhill, einem Whig, auf dessen Gut er Verwalter war und dem er eine Summe schuldete, wegen Schulden gefangengesetzt. Die Whigs boten ihm mehrmals an, seine Schuld zu bezahlen, ihn sonst zu begünstigen, wenn er seine Opposition gegen das Armengesetz aufgeben wolle. Vergebens. Er blieb im Gefängnis und schickte von da aus seine „Fleet papers"t93J gegen das Fabriksystem und das Armengesetz. Die Tory-Regierung von 1841 wandte wieder ihre Aufmerksamkeit auf die Fabrikgesetze. Der Minister des Innern, Sir James Graham, schlug 1843 eine Bill vor, wodurch die Arbeitszeit der Kinder auf Stunden beschränkt und der Schulzwang verschärft wurde; die Hauptsache dabei war aber die Errichtung besserer Schulen. Diese Bill scheiterte indes an der Eifersucht der Dissenters1; obwohl der Zwang für Dissenterkinder nicht auf den Religionsunterricht ausgedehnt wurde, so war doch die Schule überhaupt unter die Aufsicht der Staatskirche gestellt, und da die Bibel das allgemeine Lesebuch bilden, die Religion also dem ganzen Unterricht zugrunde liegen sollte, so fanden sich die Dissenter bedroht. Die Fabrikanten und überhaupt die Liberalen schlugen sich zu ihnen, die Arbeiter waren wegen der kirchlichen Frage geteilt und deshalb untätig, die Opposition gegen die Bill brachte, obwohl sie in den großen Fabrikstädten, z. B. Salford und Stockport, geschlagen wurde und in andern, wie Manchester, nur einige Punkte der Bill aus Furcht vor den Arbeitern angreifen konnte, dennoch an zwei Millionen Unterschriften für ihre Petitionen zusammen, und Graham ließ sich so weit einschüchtern, daß er die ganze Bill zurücknahm. Im nächsten Jahre ließ er die Bestimmungen wegen der Schulen weg und schlug bloß vor, statt der bisherigen Vorschriften die Arbeit von Kindern zwischen acht und dreizehn Jahren auf ö1/^ Stunden täglich und zwar so, daß sie entweder den Vormittag oder den Nachmittag ganz frei hätten, die von jungen Leuten zwischen dreizehn und achtzehn Jahren und die aller Weiber auf zwölf Stunden festzustellen und außerdem einige Beschränkungen der bisher
1 Andersdenkenden (der nicht zur anglikanischen Staatskirche gehörenden Protestanten)
häufigen Umgehung des Gesetzes einzuführen. Kaum war er damit aufgetreten, so begann die Zehnstunden-Agitation heftiger als je. Oastier wurde frei, eine Anzahl seiner Freunde und eine Kollekte unter den Arbeitern hatten seine Schuld bezahlt - und mit voller Kraft warf er sich in die Bewegung. Die Vertreter der Zehnstundenbill im Unterhause hatten zugenommen, die Massen von Petitionen, die von allen Seiten für die Zehnstundenbill einkamen, führten ihnen neue Unterstützer zu - am 19. März 1844 setzte Lord Ashley durch eine Majorität von 179 gegen 170 den Beschluß durch, daß der Ausdruck „Nacht" in der Fabrikbill die Zeit zwischen sechs Uhr abends und sechs Uhr morgens ausdrücken solle, wodurch also bei dem Verbot der Nachtarbeit die Arbeitszeit inklusive Freistunden auf 12 und der Sache nach exklusive Freistunden auf 10 gesetzt wurde. Aber das Ministerium war damit nicht einverstanden. Sir James Graham begann mit einem Rücktritt des Kabinetts zu drohen - und bei der nächsten Abstimmung über einen Paragraphen der Bill verwarf das Haus mit kleinen Majoritäten sowohl zehn als zwölf Stunden! Graham und Peel erklärten nun, daß sie eine neue Bill einbringen würden, und wenn diese nicht passierte, so würden sie abtreten; die neue Bill war genau die alte Zwölfstundenbill, nur mit Abänderungen der Form - und dasselbe Unterhaus, das im März diese Bill in ihren Hauptpunkten verworfen, nahm sie jetzt im Mai mit Haut und Haaren an! Die Ursache davon war, daß die meisten Unterstützer der Zehnstundenbill Tories waren, die lieber die Bill als das Ministerium fallen ließen; aber mögen die Motive gewesen sein, welche sie wollen, das Unterhaus hat sich durch diese Abstimmungen, deren eine die andere umwirft, bei allen Arbeitern in die größte Verachtung gebracht und die von den Chartisten behauptete Notwendigkeit seiner Reform selbst aufs glänzendste bewiesen. Drei Mitglieder, die früher gegen das Ministerium gestimmt hatten, stimmten später dafür und retteten es dadurch. Bei allen Abstimmungen stimmte die Masse der Opposition für und die Masse der Ministeriellen gegen das Kabinett.* Die obigen Vorschläge Grahams wegen respektive 61/astündiger und 12stündiger Arbeit der beiden Arbeiterklassen sind also jetzt gesetzlich festgestellt und hierdurch sowie durch Beschränkung des Nachholens für verlorne Zeit (wenn Maschinerie zerbrach oder die Wasserkraft wegen Frost oder Dürre zu gering wurde) und andere kleinere Beschränkungen ist eine längere als zwölfstündige Arbeitszeit fast unmöglich gemacht. Es unterliegt
* Bekanntlich blamierte sieb das Unterbaus in derselben Session noch einmal auf diese Weise in der Zuckerfrage, wo es zuerst gegen, später, nach Anwendung der „Regierungspeitsche", für die Minister entschied.
indes keinem Zweifel, daß in sehr kurzer Zeit die Zehnstundenbill wirklich durchgehen wird. Die Fabrikanten sind natürlich fast alle dagegen, es gibt vielleicht keine zehn, die dafür sind; sie haben alle ehrlichen und unehrlichen Mittel gegen diesen ihnen verhaßten Vorschlag aufgeboten, aber das hilft ihnen zu nichts, als daß sie sich den Haß der Arbeiter immer mehr und mehr zuziehen. Die Bill geht doch durch, was die Arbeiter wollen, das können sie, und daß sie die Zehnstundenbill wollen, haben sie im vorigen Frühjahr bewiesen. Die nationalökonomischen Argumente der Fabrikanten, daß eine Zehnstundenbill die Produktionskosten steigere, daß sie dadurch die englische Industrie unfähig mache, gegen auswärtige Konkurrenz zu kämpfen, daß der Arbeitslohn notwendig fallen müsse usw., sind allerdings halb Wahr, aber sie beweisen nichts, als daß die industrielle Größe Englands nur durch barbarische Behandlung der Arbeiter, nur durch Zerstörung der Gesundheit, durch soziale, physische und geistige Vernachlässigung ganzer Generationen aufrechterhalten werden kann. Natürlich, wäre die Zehnstundenbill eine definitive Maßregel, so würde England dabei ruiniert; weil sie aber notwendig andere Maßregeln nach sich zieht, die England auf eine ganz andere als die bisher befolgte Bahn lenken müssen, deshalb wird sie ein Fortschritt sein. Wenden wir uns nun zu einer andern Seite des Fabriksystems, die weniger als die daraus folgenden Krankheiten durch gesetzliche Vorschriften zu beseitigen ist. Wir sprachen schon im allgemeinen von der Art der Arbeit, und wir sprachen ausführlich genug, um aus dem Gegebenen weitere Schlüsse ziehen zu können. Die Beaufsichtigung von Maschinen, das Anknüpfen zerrissener Fäden ist keine Tätigkeit, die das Denken des Arbeiters in Anspruch nimmt, und auf der andern Seite wieder derart, daß sie den Arbeiter hindert, seinen Geist mit andern Dingen zu beschäftigen. Zu gleicher Zeit sahen wir, daß diese Arbeit ebenfalls den Muskeln, der körperlichen Tätigkeit keinen Spielraum bietet. Auf diese Weise ist es eigentlich keine Arbeit, sondern die reine Langeweile, das ertötendste, abmattendste, was es gibt - der Fabrikarbeiter ist dazu verurteilt, seine körperlichen und geistigen Kräfte gänzlich in dieser Langeweile verkommen zu lassen, er hat den Beruf, sich von seinem achten Jahre an den ganzen Tag zu langweilen. Dazu kann er keinen Augenblick abkommen - die Dampfmaschine geht den ganzen Tag, die Räder, Riemen und Spindeln schnurren und rasseln ihm in einem fort in die Ohren, und wenn er nur einen Augenblick ruhen will, so hat er gleich den Aufseher mit dem Strafenbuch hinter sich. Diese Verdammung zum Lebendigbegrabenwerden in der Fabrik, zum steten Achtgeben auf die unermüdliche Maschine wird von den Arbeitern als die härteste Tortur empfunden. Sie wirkt
aber auch im höchsten Grade abstumpfend, wie auf den Körper so auch auf den Geist des Arbeiters. Man kann wirklich keine bessere Methode zur Verdummung erfinden als die Fabrikarbeit, und wenn dennoch die Fabrikarbeiter nicht nur ihren Verstand gerettet, sondern auch mehr als andere ausgebildet und geschärft haben, so war dies wieder nur durch die Empörung gegen ihr Schicksal und gegen die Bourgeoisie möglich - das einzige, was sie allenfalls noch bei der Arbeit denken und fühlen konnten. Und wenn diese Indignation gegen die Bourgeoisie nicht zum vorherrschenden Gefühl beim Arbeiter wird, so ist die notwendige Folge der Trunk und überhaupt alles das, was man gewöhnlich Demoralisation nennt. Schon die körperliche Abspannung und die infolge des Fabriksystems allgemein gewordenen Krankheiten waren dem offiziellen Kommissär Hawkins hinreichend, um aus ihnen die Notwendigkeit dieser Demoralisation abzuleiten - wieviel mehr noch, wenn auch die geistige Abspannung noch hinzutritt und die schon erwähnten Umstände, die jeden Arbeiter zur Demoralisation verlocken, hier auch ihre Einflüsse fühlbar machen! Wir dürfen uns daher auch gar nicht darüber wundern, daß namentlich in den Fabrikstädten die Trunksucht und die geschlechtliche Ausschweifung die Höhe erreicht hat, die ich früher schon geschildert habe.* Weiter. Die Sklaverei, in der die Bourgeoisie das Proletariat gefesselt hält, kommt nirgends deutlicher ans Tageslicht als im Fabriksystem. Hier hört alle Freiheit rechtlich und faktisch auf. Der Arbeiter muß morgens um halb sechs in der Fabrik sein - kommt er ein paar Minuten zu spät, so wird er gestraft, kommt er zehn Minuten zu spät, so wird er gar nicht hineingelassen,
* Hören wir noch einen kompetenten Richter: „Wenn das Beispiel der Irländer in Verbindung mit der unablässigen Arbeit der ganzen baumwollfabrizierenden Klasse betrachtet wird, so werden wir uns über ihre schreckliche Demoralisation weniger wundern. Anhaltende und erschöpfende Arbeit Tag für Tag, Jahr für Jahr fortgesetzt, ist nicht berechnet, die intellektuellen und moralischen Fähigkeiten des Menschen zu entwickeln. Der trübselige Schlendrian einer endlosen Arbeitsqual (drudgery), worin derselbe mechanische Prozeß immer wieder durchgemacht wird, gleicht der Qual des Sisyphus; die Last der Arbeit, gleich dem Felsen, fällt immer wieder auf den abgematteten Arbeiter zurück. Der Geist erlangt weder Kenntnisse noch Denktätigkeit durch die ewige Arbeit derselben Muskeln; der Verstand schlummert ein in stumpfer Trägheit, aber der gröbere Teil unserer Natur erhält eine üppige Entwicklung. Den Menschen zu solcher Arbeit zu verdammen heißt die tierischen Anlagen in ihm kultivieren. Er wird gleichgültig, er verschmäht die seine Gattung auszeichnenden Triebe und Sitten. Er vernachlässigt die Bequemlichkeiten und feineren Freuden des Lebens, er lebt in schmutzigem Elend, bei magerer Nahrung und vergeudet den Rest seines Erwerbs in Ausschweifungen." - Dr. J. P. Kay, a.a.O.
bis das Frühstück vorüber ist, und verliert einen Vierteltag am Lohn (obgleich er nur 21/2 Stunden von 12 nicht arbeitet). Er muß auf Kommando essen, trinken und schlafen. Er hat zur Befriedigung der allerdringendsten Bedürfnisse die allergeringste Zeit, die zu ihrer Abmachung nötig ist. Ob seine Wohnung von der Fabrik eine halbe oder ganze Stunde weit abliegt, kümmert den Fabrikanten nicht. Die despotische Glocke ruft ihn aus dem Bette, ruft ihn vom Frühstück und Mittagstisch. Und wie geht es ihm gar erst in der Fabrik 1 Hier ist der Fabrikant absoluter Gesetzgeber. Er erläßt Fabrikregulationen, wie er Lust hat; er ändert und macht Zusätze an seinem Kodex, wie es ihm beliebt; und wenn er das tollste Zeug hineinsetzt, so sagen doch die Gerichte dem Arbeiter: „Ihr wart ja Euer eigner Herr, Ihr brauchtet ja einen solchen Kontrakt nicht einzugehen, wenn Ihr nicht Lust hattet; jetzt aber, da Ihr unter diesen Kontrakt Euch freiwillig begeben habt, jetzt müßt Ihr ihn auch befolgen." Und so hat der Arbeiter noch den Spott des Friedensrichters, der selbst ein Bourgeois ist, und des Gesetzes, das von der Bourgeoisie gegeben wurde, in den Kauf. Solche Entscheidungen sind oft genug gegeben worden. Im Oktober 1844 stellten die Arbeiter des Fabrikanten Kennedy in Manchester die Arbeit ein. Kennedy verklagte sie auf Grund einer in der Fabrik angeschlagenen Vorschrift: daß aus jedem Zimmer nie mehr als zwei Arbeiter auf einmal kündigen dürften! Und das Gericht gab ihm recht und den Arbeitern die obige Antwort. („Manchester Guardian", 30. Oktober.) Und wie sind diese Regeln gewöhnlich! Hört: 1. Die Fabriktüre wird 10 Minuten nach dem Anfange der Arbeit geschlossen und niemand bis zum Frühstück hereingelassen. Wer während dieser Zeit abwesend ist, verwirkt für jeden Webstuhl 3 d. Strafe. 2. Jeder (Maschinenstuhl-)Weber, der während einer andern Zeit, während die Maschine in Bewegung ist, abwesend gefunden wird, verwirkt für jede Stunde und jeden Webstuhl, den er zu beaufsichtigen hat, 3 d. Wer während der Arbeitszeit ohne Erlaubnis des Aufsehers das Zimmer verläßt, wird ebenfalls 3 d. gestraft. 3. Weber, die keine Schere bei sich haben, verwirken für jeden Tag 1 d. 4. Alle Weberschiffchen, Bürsten, Ölkannen, Räder, Fenster etc., die zerbrochen werden, müssen von dem Weber bezahlt werden. 5. Kein Weber darf ohne Aufkündigung, die eine Woche vorher geschehen muß, aus dem Dienst treten. Der Fabrikant kann jeden Arbeiter ohne Kündigung für schlechte Arbeit oder unziemliches Betragen entlassen. 6. Jeder Arbeiter, der mit einem andern sprechend, der singend oder pfeifend betroffen wird, entrichtet 6 d. Strafe. Wer während der Arbeit von seinem Platze geht, ebenfalls 6 d.* - Mir liegt noch ein anderes
* „Stubborn Facts", p. 9ff.
Fabrikreglement vor, nach welchem jedem, der drei Minuten zu spät kommt, eine Viertelstunde, und jedem, der zwanzig Minuten zu spät kommt, ein Vierteltag am Lohn abgehalten wird. Wer vor dem Frühstück ganz wegbleibt, 1 sh. am Montag und 6 d. an jedem andern Tage etc. etc. Dies letztere ist das Reglement der Phoenix Works, in Jersey Street, Manchester. Man wird mir sagen, solche Regeln seien notwendig, um in einer großen, geordneten Fabrik das nötige Ineinandergreifen der verschiedenen Manipulationen zu sichern; man wird sagen, eine solche strenge Disziplin sei hier ebenso notwendig wie bei der Armee - gut, es mag sein, aber was ist das für eine soziale Ordnung, die ohne solche schändliche Tyrannei nicht bestehen kann? Entweder heiligt der Zweck das Mittel, oder der Schluß von der Schlechtigkeit des Mittels auf die Schlechtigkeit des Zwecks ist ganz gerechtfertigt. Und wer Soldat gewesen ist, weiß, was es heißt, auch nur für kurze Zeit unter militärischer Disziplin zu stehen; diese Arbeiter sind aber dazu verdammt, vom neunten Jahre an bis zu ihrem Tode unter der geistigen und körperlichen Fuchtel zu leben, sie sind ärgere Sklaven als die Schwarzen in Amerika, weil sie schärfer beaufsichtigt werden - und dabei wird noch verlangt, daß sie menschlich leben, menschlich denken und fühlen sollen! Wahrlich, sie können es wieder nur im glühendsten Haß gegen ihre Unterdrücker und gegen die Ordnung der Dinge, die sie in eine solche Lage versetzt, die sie zu Maschinen herabwürdigt! Es ist aber noch viel schändlicher, daß es nach der allgemeinen Aussage der Arbeiter eine Menge Fabrikanten gibt, die die den Arbeitern auferlegten Geldstrafen mit der herzlosesten Strenge eintreiben, um aus den den besitzlosen Proletariern geraubten Pfennigen ihren Gewinn zu vergrößern. Auch Leach behauptet, daß die Arbeiter oft morgens die Uhr der Fabrik um eine Viertelstunde vorgerückt und infolgedessen bei ihrer Ankunft die Tür verschlossen finden, während der Schreiber mit dem Strafbuch drinnen durch die Zimmer geht und die große Menge der Fehlenden aufschreibt. Leach will selbst einmal 95 solcher ausgeschlossenen Arbeiter gezählt haben vor einer Fabrik, deren Uhr abends eine Viertelstunde hinter und morgens eine Viertelstunde vor den öffentlichen Uhren der Stadt ging. Der Fabrikbericht erzählt ähnliche Dinge. In einer Fabrik wurde die Uhr während der Arbeitszeit zurückgesetzt, so daß länger gearbeitet wurde als die richtige Zeit und der Arbeiter doch nicht mehr Lohn bekam; in einer andern wurde geradezu eine Viertelstunde länger gearbeitet, in einer dritten war eine gewöhnliche Uhr und eine Maschinenuhr, welche die Anzahl der Umdrehungen des Hauptschafts anzeigte; ging die Maschinerie langsam, so wurde nach der Maschinenuhr gearbeitet, bis die für 12 Stunden berechnete Anzahl Umdrehungen voll war; ging die Arbeit
gut, so daß diese Zahl vor der rechten Zeit voll war, so mußten die Arbeiter dennoch bis zum Ende der zwölften Stunde fortarbeiten. Der Zeuge fügt hinzu, er habe einige Mädchen gekannt, die in guter Arbeit waren und Extrastunden arbeiteten, die aber doch lieber sich der Prostitution in die Arme geworfen, als daß sie sich diese Tyrannei hätten gefallen lassen (Drinkwater] evid. p. 80). Leach erzählt, um auf die Geldstrafen zurückzukommen, er habe zu wiederholten Malen gesehen, wie hochschwangere Frauen, die sich einen Augenblick bei ihrer Arbeit gesetzt hatten, um auszuruhen, für dies Vergehen um 6 d. gestraft wurden. Die Strafen wegen schlechter Arbeit werden vollends willkürlich auferlegt; die Ware wird im Lager nachgesehen, und hier schreibt der nachsehende Lagermeister die Strafen auf eine Liste, ohne den Arbeiter auch nur herbeizurufen; dieser erfährt erst, daß er gestraft worden ist, wenn ihm der Aufseher den Lohn ausbezahlt und die Ware vielleicht schon verkauft und jedenfalls auf die Seite gebracht ist. Leach besitzt eine solche Strafliste, die zusammengeheftet zehn Fuß lang ist und sich auf Pfd. St, 35-17-10 d. beläuft. Er erzählt, daß in der Fabrik, wo diese Liste aufgesetzt, ein neuer Lagermeister entlassen worden sei, weil er zu wenig strafe und so dem Fabrikanten fünf Pfund (34 Taler) wöchentlich zu wenig einbringe („Stubborn Facts", p. 13-17). Und ich wiederhole nochmals, daß ich Leach als einen durchaus zuverlässigen und einer Lüge unfähigen Mann kenne. Aber auch außerdem ist der Arbeiter der Sklave seines Brotherrn. Wenn dem reichen Herrn die Frau oder Tochter des Arbeiters gefällt - so hat er nur zu verfügen, nur zu winken, und sie muß ihm ihre Reize opfern. Wenn der Fabrikant eine Petition zum Schutz der Bourgeoisie-Interessen mit Unterschriften zu bedecken wünscht - er braucht sie nur in seine Fabrik zu schicken. Will er eine Parlamentswahl durchsetzen - er schickt seine stimmfähigen Arbeiter in Reih und Glied an die Stimmbuden, und sie müssen wohl für den Bourgeois stimmen, sie mögen wollen oder nicht. Will er in einer öffentlichen Versammlung eine Majorität haben - er entläßt sie eine halbe Stunde früher als gewöhnlich und besorgt ihnen Plätze dicht an der Tribüne, wo er sie gehörig überwachen kann. Dazu kommen aber noch zwei Einrichtungen, die ganz besonders dazu beitragen, den Arbeiter in die Botmäßigkeit des Fabrikanten zu zwingen das Trucksystem und das Cottagesystem. Truck heißt bei den Arbeitern das Bezahlen des Lohns in Waren, und dieser Zahlmodus war früher ganz allgemein in England. Der Fabrikant errichtete, „zur Bequemlichkeit der Arbeiter und um sie vor den hohen Preisen der Krämer zu schützen", einen Laden, in dem für seine Rechnung Waren aller Art verkauft wurden; und
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damit der Arbeiter nicht etwa in andere Läden gehe, wo er die Waren billiger haben konnte - die Truckwaren des „Tommy-Shop" pflegten 25 bis 30 Prozent teurer zu sein als anderswo gab man ihm auch wohl eine Anweisung auf den Laden für den Betrag seines Lohns anstatt des Geldes. Der allgemeine Unwille über dies infame System veranlaßte 1831 den Truck-Akt, wodurch die Bezahlung in Waren1 für die meisten Arbeiter für ungültig und ungesetzlich erklärt und mit Strafen belegt wurde; indes hat dies Gesetz, wie die meisten englischen Gesetze, nur hier und da faktische Kraft erhalten. In den Städten freilich ist es ziemlich genau durchgeführt, auf dem Lande aber ist das direkte und indirekte Trucksystem noch in voller Blüte. Auch in der Stadt Leicester kommt es sehr häufig vor. Mir liegen ungefähr ein Dutzend Fälle von Verurteilungen wegen dieses Vergehens vor, die von November 1843 bis Juni 1844 vorkamen und teils im „Manchester Guardian , teils im „Northern Star"1841 berichtet werden. Natürlich wird dies System jetzt nicht mehr so offen getrieben; der Arbeiter bekommt sein Geld meistens ausbezahlt, aber der Fabrikant hat Mittel genug, ihn zu zwingen, daß er seine Waren in dem Truckladen und nirgends anderswo kauft. Daher ist den Truckfabrikanten selten beizukommen, denn jetzt können sie ihr Unwesen unter dem Schutze des Gesetzes treiben, sobald sie nur dem Arbeiter das Geld wirklich in die Hände geben. Der „Northern Star" vom 27. April 1844 gibt einen Brief eines Arbeiters in Holmfirth bei Huddersfield in Yorkshire, dessen Orthographie ich wiedergeben will, soviel es möglich ist, und der sich auf einen Fabrikanten Bowers bezieht:
„Es ist vast Befremdent Zu dencken, Daß Daß verflugte Truk Sistim Besteehn Solde in Solger ausDenung Alz Eß thut zu Holmfirth Und niemannt gevunden Werden Der Die Kurrase Had Den Vabrickanden 1 stok Dafor zu Steken. hier Leyden 1 groose mengge erliger hand Weeber Durg Dißem Vervlugden Siststem Hier ist 1 probe auß fielen Der EdelMütigen Vrey Handelsklike* Ist 1 vabrickand Welger had Auff im Den flug Der Gänsen geegendt Wegen Seine Abscheuligs bedragen gegen Seinen Armen weebern wen Sie ein stük Vertig Haben so 34 oder 36 Schiling Magt Gipd er Sie 20 Shi. In gelt Und Das übrige in Tug Oder KleyderZeug Und 40 oder 50 pro Zend teuerer Alz bey Den andern Verkeuffern Und wie offt Sein Die waren oben Darein nog vaul. aber Wie sagdDer Frey Handels Merkur** Sie sein Nigt fervligtet Sie an zu Nemen Es Stet ganz in Irem beliben O Ja aber Sie Müsen Sie Endweder an Nemen oder ferHungeren. Wen sie Mer Als die 20 Shil. In Geldt haben Wolen So Können Sie 8 oder
* Die Anhänger der Anti-Korngesetz-Ligue. ** Der „Leeds Mercury" - bourgeois-radikales Blatt.
1 (1845) irrtümlich: Lohn
14 tage auf eine kete Wardten Aber nemen Sie Die 20 Shi. Und Die waren So ist imer 1 Kete vor sie Zu haben. Das Ist vreyer Handel, lord Broh'om (Brougham) sagd wir Sölden Edwas zu Rüklegen in unseren Junge Tage Auff Das wir Nigt die armen Casse bedürven wen wir Aid sein sollen wir Die vaule waren zu Rüklegen. wen dis Nigt kerne von einen Lord so solte Mann sagen Das sein geHirn Eben So vaul were Als Die waren wo mit wir unsere arbeid bezald krigen. als die Ungestempelden Zeitungen Aufkamen taten Da war Ein Menge so dis Der polizei anzeigden in Holmfirth Da waren die Blyths, die Estwoods Und s. w. etcet. Aber wo sein Sie jetz aber Es ist etwas Anderes unser trukVabrikand gehörd zu die Vromme Vreihandels Leute Er get 2 mal in Die kirge Jeden sondag Und sagd Dem pfavenAndegtig Nag wir Haben unter Laßen Die Dinge so wir Haten tun solen Und wir Haben getan Die dinge so Wir heten unter Lasen solen und inUns ist kein gut Aber schohne unser guter Gott" (Worte der anglikanischen Litanei) „ja schohne unser biß Morgen so bezalen wir wider Unsern Webern in vaule Waren." Das Cottagesystem sieht viel unschuldiger aus und ist auch auf eine viel unschuldigere Weise entstanden, obwohl es dieselben knechtenden Wirkungen für den Arbeiter hat. In der Nähe der Fabriken auf dem Lande fehlt es oft an Wohnungen für die Arbeiter; der Fabrikant ist oft genötigt, solche Wohnungen zu bauen, und tut es gern, da sie ihm reichlichen Nutzen auf sein ausgelegtes Kapital einbringen. Wenn die Eigentümer von Arbeitercottages etwa 6 Prozent jährlich von ihrem Kapital bekommen, so kann man rechnen, daß die Cottages dem Fabrikanten das Doppelte eintragen, da er, solange seine Fabrik nicht gänzlich stillsteht, immer Mieter hat, und zwar solche Mieter, die stets bezahlen. Er ist also von den beiden Hauptnachteilen frei, die die übrigen Hausbesitzer treffen: Er hat nie Cottages leer stehen und läuft kein Risiko. Die Miete einer Cottage ist aber darnach berechnet, daß sie diese Nachteile deckt, und wenn der Fabrikant also dieselbe Miete nimmt wie die übrigen, so macht er mit 12 bis 14 Prozent ein brillantes Geschäft auf Unkosten der Arbeiter. Denn es ist offenbar unrecht, daß er, wenn er im Häuservermieten Geschäfte macht, einen größeren, ja den doppelten Nutzen bezieht wie seine Konkurrenten und zu gleicher Zeit ihnen alle Möglichkeit nimmt, mit ihm zu konkurrieren. Doppeltes Unrecht aber ist es, daß er diesen Nutzen aus der Tasche der besitzlosen Klasse bezieht, die über jeden Pfennig haushalten muß - doch das ist er ja gewohnt, dessen ganzer Reichtum auf Unkosten seiner Arbeiter erworben ist. Aber das Unrecht wird zur Infamie, wenn der Fabrikant, wie es oft genug geschieht, die Arbeiter, die bei Strafe der Entlassung in seinen Häusern wohnen müssen, zur Bezahlung einer höheren als der gewöhnlichen Miete oder gar dazu zwingt, Miete für ein Haus zu bezahlen, das sie gar nicht bewohnen! Der fjlalißax Guardian", zitiert im liberalen „Sun", behauptet, daß Hunderte
von Arbeitern in Ashton-under-Lyne, Oldham und Rochdale usw. von ihren Brotherren genötigt seien, Miete für Häuser zu bezahlen, gleichviel ob sie diese Häuser bewohnten oder nicht.* Das Cottagesystem ist allgemein in den ländlichen Fabrikdistrikten; es hat ganze Ortschaften hervorgerufen, und meistens hat der Fabrikant wenig oder gar keine Konkurrenz mit seinen Häusern, so daß er seine Miete gar nicht nach den Forderungen andrer einzurichten braucht, sondern sie ansetzen kann, wie er will. Und welche Macht gibt das Cottagesystem erst dem Fabrikanten bei Zerwürfnissen mit den Arbeitern! Stellen diese die Arbeit ein, so hat er ihnen nur die Miete zu kündigen, und die Kündigungsfrist ist nur eine Woche; nach Verlauf derselben sind die Arbeiter nicht nur brotlos, sondern auch obdachlos, Vagabunden, dem Gesetz verfallen, das sie ohne Gnade einen Monat auf die Tretmühle schickt. Das ist das Fabriksystem, so ausführlich geschildert, wie es mein Raum erlaubt, und so unparteiisch, wie es die Heldentaten der Bourgeoisie gegen wehrlose Arbeiter, Taten, bei denen man unmöglich gleichgültig bleiben kann, bei denen Gleichgültigkeit ein Verbrechen wäre, erlauben. Vergleichen wir doch einmal die Lage des freien Engländers von 1845 mit der des leibeignen Sachsen unter der Geißel des normännischen Barons von 1145. Der Leibeigne war glebae adscriptus, an die Scholle gefesselt; der freie Arbeiter ist es auch - durch das Cottagesystem; der Leibeigne schuldete dem Brotherrn das jus primae noctis, das Recht der ersten Nacht - der freie Arbeiter schuldet seinem Herrn nicht nur das, sondern sogar das Recht jeder Nacht. Der Leibeigne konnte kein Eigentum erwerben, alles, was er erwarb, durfte ihm der Grundherr nehmen - der freie Arbeiter hat ebenfalls kein Eigentum, kann keins erwerben durch den Druck der Konkurrenz, und was selbst der Normanne nicht tat, das tut der Fabrikant: durch das Trucksystem maßt er sich täglich die Verwaltung dessen an, wovon der Arbeiter seinen unmittelbaren Lebensunterhalt hat. Das Verhältnis des Leibeignen zum Grundherrn war durch Gesetze geregelt, die befolgt wurden, weil sie den Sitten entsprachen, sowie auch durch die Sitten selbst; des freien Arbeiters Verhältnis zu seinem Herrn ist durch Gesetze geregelt, die nicht befolgt werden, weil sie weder den Sitten noch dem Interesse des Herrn entsprechen. Der Grundherr konnte den Leibeignen nicht von der Scholle losreißen, ihn nicht ohne sie, und da fast alles Majorat und nirgends Kapital war, ihn überhaupt nicht verkaufen; die moderne Bourgeoisie zwingt den Arbeiter, sich selbst zu verkaufen. Der Leibeigne war Sklave des Grundstücks, auf dem er geboren
* „Sun" (Londoner Tageblatt) von Ende November 1844.
war; der Arbeiter ist Sklave der notwendigsten Lebensbedürfnisse und des Geldes, mit dem er sie zu kaufen hat-beide sind Sklaven der Sache. Der Leibeigne hat eine Garantie für seine Existenz an der feudalen Gesellschaftsordnung, in der jeder seine Stelle hat; der freie Arbeiter hat gar keine Garantie, weil er nur dann eine Stelle in der Gesellschaft hat, wenn die Bourgeoisie ihn braucht - sonst wird er ignoriert, als gar nicht vorhanden betrachtet. Der Leibeigne opfert sich seinem Herrn im Kriege - der Fabrikarbeiter im Frieden. Der Herr des Leibeignen war ein Barbar, er betrachtete seinen Knecht wie ein Stück Vieh; der Herr des Arbeiters ist zivilisiert, er betrachtet diesen wie eine Maschine. Kurz, die beiden stehen sich in allem so ziemlich gleich, und wenn auf einer Seite Nachteil ist, so ist es auf der des freien Arbeiters. Sklaven sind sie beide, nur daß die Knechtschaft des einen ungeheuchelt, offen, ehrlich ist und die des andern heuchlerisch, hinterlistig verheimlicht vor ihm selbst und allen andern, eine theologische Leibeigenschaft, die schlimmer ist als die alte. Die humanen Tories hatten recht, als sie den Fabrikarbeitern den Namen: white Slaves, weiße Sklaven, gaben. Aber die heuchlerische, sich versteckende Knechtschaft erkennt wenigstens das Recht auf Freiheit dem Scheine nach an; sie beugt sich der freiheitliebenden öffentlichen Meinung, und darin liegt der historische Fortschritt gegen die alte Sklaverei, daß wenigstens das Prinzip der Freiheit durchgesetzt ist - und die Unterdrückten werden schon dafür sorgen, daß dies Prinzip auch durchgeführt werde. Zum Schluß ein paar Strophen eines Gedichts, das die Ansicht der Arbeiter selbst über das Fabriksystem ausspricht. Es ist von Edward P. Mead in Birmingham und der richtige Ausdruck der unter den Arbeitern herrschenden Gesinnung.[95]
Ein König lebt, ein zorniger Fürst, Nicht des Dichters geträumtes Königsbild, Ein Tyrann, den der weiße Sklave kennt, Und der Dampf ist der König wild.
Er hat einen Arm, einen eisernen Arm, Und obgleich er nur einen trägt; In dem Arme schafft eine Zauberkraft, Die Millionen schlägt.
Wie der Moloch grimm, sein Ahn, der einst Im Tale Himmon saß, Ist Feuersglut sein Eingeweid', Und Kinder sind sein Fraß.
Seine Priesterschar, der Menschheit bar, Voll Blutdurst, Stolz und Wut, Sie lenken - o Schand'! - seine Riesenhand Und zaubern Gold aus Blut.
Sie treten in Staub das Menschenrecht Für das schnöde Gold, ihren Gott, Des Weibes Schmerz ist ihnen Scherz, Des Mannes Trän' ihr Spott.
Musik ist ihrem Ohr das Schrei* n Des Armen im Todeskampf; Skelette von Jungfrau'n und Knaben füll'n Die Höllen des König Dampf.
Die Höll'n auf Erd'! sie verbreiten Tod, Seit der Dampf herrscht, rings im Reich, Denn des Menschen Leib und Seele wird Gemordet d rin zugleich.
Drum nieder den Dampf, den Moloch wild, Arbeitende Tausende, alF, Bind't ihm die Hand, oder unser Land Bringt er über Nacht zu Fall!
Und seine Vögte grimm, die Mill-Lords stolz, Goldstrotzend und blutigrot, Stürzen muß sie des Volkes Zorn, Wie das Scheusal, ihren Gott!*
* Ich habe weder Zeit noch Raum, mich weitläufig auf die Entgegnungen del Fabrikanten auf die gegen sie seit zwölf Jahren gerichteten Anklagen einzulassen. Die Leute sind nun einmal nicht zu belehren, weil ihr vermeintliches Interesse sie blendet. Da ohnehin in obigem manche ihrer Einwände schon gelegentlich beseitigt sind, so bleibt mir nur folgendes zu sagen: Ihr kommt nach Manchester, ihr wollt die englischen Zustände kennenlernen. Ihr habt gute Empfehlungen an „respektable" Leute, natürlich. Ihr laßt einige Äußerungen über die Lage der Arbeiter fallen. Man macht euch mit ein paar der ersten liberalen Fabrikanten bekannt, etwa Robert Hyde Greg, Edmund Ashworth, Thomas Ashton, oder so. Ihr erzählt ihm von euren1 Absichten. Der Fabrikant versteht euch, er weiß, was er zu tun hat. Er fährt mit euch auf seine Fabrik auf dem Lande - Herr Greg nach Quarry-Bank in Cheshire, Herr Ashworth nach Turton bei Bolton, Herr Ashton nach Hyde. Er führt euch durch ein prächtiges, wohleingerichtetes, vielleicht mit Ventila
1 (1845): Man erzählt ihm von seinen
toren versebenes Gebäude, er macbt eucb auf die hoben, luftigen Räume, die schönen Maschinen, hier und da auf gesundaussehende Arbeiter aufmerksam. Er gibt euch ein gutes Frühstück und schlägt euch vor, die Wohnungen der Arbeiter zu besuchen - er führt euch an die Cottages, die neu, reinlich und nett aussehen, und geht mit euch in diese und jene selbst hinein. Natürlich nur zu den Aufsehern, Mechanikern usw., damit ihr „Familien seht, die ganz von der Fabrik leben". Bei den andern dürftet ihr ja finden, daß nur Frau und Kinder arbeiten und der Mann Strümpfe stopft. Die Gegenwart des Fabrikanten hindert euch, indiskrete Fragen zu tun; ihr findet die Leute alle gut bezahlt, komfortabel, von wegen der Landluft verhältnismäßig gesund, ihr fangt an, euch von euren überspannten Ideen von Elend und Hungersnot zu bekehren. Daß aber das Cottagesystem die Arbeiter zu Sklaven macht, daß vielleicht ein Truckladen in der Nähe ist, das erfahrt ihr nicht, daß die Leute den Fabrikanten hassen, das zeigen sie euch nicht, weil er dabei ist. Er hat wohl gar auch Schule, Kirche, Lesezimmer etc. errichtet. Daß er die Schule dazu gebraucht, die Kinder an die Subordination zu gewöhnen, daß er im Lesezimmer nur solche Sachen duldet, in denen das Interesse der Bourgeoisie vertreten wird, daß er seine Leute wegschickt, wenn sie chartistische und sozialistische Blätter und Bücher lesen - das ist euch all verborgen. Ihr seht ein behagliches, patriarchalisches Verhältnis, ihr seht das Leben der Aufseher, ihr seht, was die Bourgeoisie den Arbeitern verspricht, wenn sie auch geistig ihre Sklaven werden wollen. Diese „ländliche Fabrikation" ist von jeher das Steckenpferd der Fabrikanten gewesen, weil hier die Nachteile des Fabriksystems, besonders die sanitären, teilweise durch die freie Luft und Umgebung aufgehoben werden und weil hier die patriarchalische Knechtschaft der Arbeiter sich am längsten erhält. Dr. Ure singt einen Dithyrambus darauf. Aber wehe, wenn die Arbeiter sich einfallen lassen, selbst zu denken und Chartisten zu werden - da hört die väterliche Zuneigung des Fabrikanten mit einem Male auf. Übrigens, wollt ihr etwa durch die Arbeiterviertel von Manchester geführt werden, wollt ihr die Ausbildung des Fabriksystems in einer Fabriksfaifr sehen - ja, da könnt ihr lange warten, bis euch diese reichen Bourgeois dabei behülflich sind! Die Herren wissen nicht, was ihre Arbeiter wollen und in welcher Lage sie sind, und sie wollen, sie dürfen es nicht wissen, weil sie immer fürchten müssen, Dinge zu erfahren, bei denen sie unruhig werden oder gar ihrem Interesse zuwiderhandeln müßten. Ist auch höchst gleichgültig - was die Arbeiter durchzuführen haben, setzen sie schon allein durch.
Die übrigen Arbeitszweige
Wenn wir bei der Schilderung des Fabriksystems uns länger aufzuhalten hatten, weil es eine ganz neue Schöpfung der industriellen Zeit ist, so werden wir uns bei den übrigen Arbeitern desto kürzer fassen können, indem hier entweder das, was von den industriellen Proletariern überhaupt, oder was vom Fabnksystem im besondern gesagt ist, ganz oder teilweise seine Anwendung findet. Wir werden also nur zu berichten haben, inwiefern namentlich das Fabriksystem bei den einzelnen Arbeitszweigen sich einzudrängen gewußt hat und was sich sonst Eigentümliches bei ihnen vorfindet. Die vier Arbeitszweige, auf die sich das Fabrikgesetz erstreckt, bezwecken die Anfertigung von Stoffen zur Kleidung. Wir werden am besten tun, hier gleich diejenigen Arbeiter folgen zu lassen, welche ihr Material aus diesen Fabriken erhalten, und zwar zuerst die Strumpfwirker von Nottingham, Derby und Leicester. Uber diese Arbeiter berichtet der Child. Empl. Rept., daß die lange Arbeitszeit (die durch niedrigen Lohn erzwungen wird) vereint mit der sitzenden Lebensart und der Anstrengung der Augen, welche aus der Natur der Arbeit selbst hervorgeht, gewöhnlich den Körper im allgemeinen kränklich und besonders die Augen schwach macht. Ohne sehr starkes Licht kann bei Abend nicht gearbeitet werden, und so wenden die Weber gewöhnlich Glaskugeln an, um das Licht zu konzentrieren, was die Augen sehr angreift. Im vierzigsten Jahre müssen fast alle eine Brille gebrauchen. Die Kinder, welche dabei mit Spulen und Nähen (Säumen) beschäftigt werden, leiden gewöhnlich an ihrer Gesundheit und Konstitution bedeutenden Schaden. Sie arbeiten vom sechsten, siebenten oder achten Jahre an in kleinen, dumpfigen Zimmern zehn bis zwölf Stunden. Viele werden bei der Arbeit ohnmächtig, zu schwach für die gewöhnlichste Hausarbeit und so kurzsichtig, daß sie schon während der Kindheit Brillen tragen müssen. Viele wurden von den Kommissären mit allen Symptomen
skrofulöser Konstitution gefunden, und die Fabrikanten weigern sich meistens wegen der Schwäche der Mädchen, die so gearbeitet haben, sie in der Fabrik zu beschäftigen. Der Zustand dieser Kinder wird als „ein Schandfleck für ein christliches Land" bezeichnet und der Wunsch nach gesetzlichem Schutz ausgesprochen (Grainger, Rept. App. Pt. 1, p. F. 16, ss. 132-142). Der Fabrikbericht setzt hinzu, daß die Strumpfwirker die am schlechtesten bezahlten Arbeiter in Leicester seien - sie verdienten 6 sh. und bei großer Anstrengung 7 sh. wöchentlich durch täglich sechzehn- bis achtzehnstündige Arbeit. Früher verdienten sie 20 bis 21 sh., aber die Einführung der vergrößerten Stühle habe ihr Geschäft verdorben, die große Majorität arbeite noch auf den älteren, einfachen Stühlen und konkurriere mühselig gegen den Fortschritt der Maschinerie. Also auch hier jeder Fortschritt ein Rückschritt für den Arbeiter! Aber trotz alledem, erzählt Kommissär Power, seien die Strumpfwirker stolz darauf, daß sie frei seien und keine Fabrikglocke hätten, die ihnen die Zeit zum Essen, Schlafen und Arbeiten zumesse. Die Lage dieser Arbeiterklasse ist in Beziehung auf den Lohn noch nicht besser als 1833, wo die Fabrikkommission die obigen Angaben machte - die Konkurrenz der sächsischen Strumpfwirker, die selbst kaum etwas zu beißen haben, sorgt dafür. Sie schlägt die Engländer auf fast allen fremden und in den geringen Qualitäten sogar im englischen Markt - muß es nicht eine Freude für den deutschen patriotischen Strumpfwirker sein, durch seinen Hunger die englischen Strumpfwirker auch brotlos zu machen, und wird er nicht zum größeren Ruhme der deutschen Industrie stolz und freudig forthungern, da doch Deutschlands Ehre es fordert, daß seine Schüssel nur halb voll sei? 0, es ist eine schöne Sache um die Konkurrenz und den „Wettlauf der Nationen"! Im „Morning Chronicle" - wieder ein liberales Blatt, das Blatt der Bourgeoisie par excellence1 - finden sich im Dezember 1843 einige Briefe von einem Strumpfwirker in Hinckley über die Lage seiner Arbeitsgenossen. Er berichtet unter andern von 50 Familien, zusammen 321 Personen, die von 109 Webstühlen lebten; jeder Webstuhl trug durchschnittlich 51/B sh. ein, jede Familie verdiente durchschnittlich wöchentlich 11 sh. 4 Pence. Davon gingen ab für Hausmiete, Strumpfstuhlmiete, Kohlen, Licht, Seife, Nadeln zusammen 5 sh. 10 Pence, so daß für Nahrung auf jeden Kopf täglich 1J72 Pence - 15 Pfennige preußisch - übrigblieben, und für Kleidung gar nichts.
„Kein Auge", sagt der Strumpfwirker, „hat gesehen, kein Ohr gehört und kein Herz fassen können die Hälfte der Leiden, die diese armen Leute erdulden."
1 im wahrsten Sinne des Wortes
Betten fehlten ganz oder zur Hälfte, die Kinder liefen zerlumpt und barfuß umher; die Männer sagten mit Tränen in den Augen: „Wir haben lange, lange kein Fleisch gehabt, wir haben fast vergessen, wie es schmeckt" -und zuletzt arbeiteten einige des Sonntags, obwohl die öffentliche Meinung alles eher verzeiht als das und obwohl der rasselnde Lärm des Webstuhls in der ganzen Nachbarschaft gehört wird.
„Aber", sagte einer, „seht doch meine Kinder an und laßt das Frager. Meine Armut zwingt mich dazu; ich kann und will meine Kinder nicht ewig um Brot schreien hören, ohne das letzte Mittel zu versuchen, durch das ich mir ehrlich Brot erwerben kann. Vorigen Montag stand ich um zwei Uhr auf und arbeitete bis beinahe Mitternacht, die übrigen Tage von sechs Uhr morgens bis zwischen elf und zwölf in der Nacht. Ich bin es leid, ich will mich nicht ins Grab bringen. Jetzt höre ich jeden Abend um zehn Uhr auf und hole die verlorne Zeit sonntags nach." Der Lohn ist weder in Leicester noch in Derby und Nottingham gestiegen gegen 1833, und was das schlimmste ist, in Leicester herrscht das Trucksystem, wie schon früher gesagt, in großer Ausdehnung. Es ist daher auch nicht zu verwundern, daß die Wirker dieser Gegend an allen Arbeiterbewegungen sehr lebhaften Anteil genommen haben, und um so tätiger und wirksamer, da die Stühle selbst meistens von Männern in Bewegung gesetzt werden. In derselben Gegend, wo die Strumpfwirker leben, ist auch der Hauptsitz der Spfteenfabrikation. In den genannten drei Grafschaften sind im ganzen 2760 Spitzenmaschinen im Gange, während im übrigen Teile von England nur 786 existieren. Die Spitzenfabrikation ist durch eine streng durchgeführte Teilung der Arbeit sehr verwickelt geworden und hat eine Menge Zweige. Zuerst muß das Garn gespult werden, was von Mädchen von vierzehn Jahren aufwärts geschieht (winders); dann werden die Spulen von Knaben (threaders) vom achten Jahre aufwärts auf die Maschine gesetzt und der Faden durch feine Öffnungen, deren jede Maschine durchschnittlich 1800 hat, eingefädelt und seiner Bestimmung entgegengeleitet; dann macht der Arbeiter die Spitzen, die wie ein breites Tuch aus der Maschine kommen und von ganz kleinen Kindern durch Herausziehen der verbindenden Fäden in ihre einzelnen Stücke zerlegt werden — dies heißt running oder drawing lace, und die Kinder selbst lace-runners. Dann werden die Spitzen zum Verkauf fertiggemacht. - Die winders wie die threaders haben keine bestimmte Arbeitszeit, da sie in Anspruch genommen werden, sobald die Spulen einer Maschine abgelaufen sind; und da die Arbeiter auch nachts weben, so können sie zu jeder Zeit in die Fabrik oder Arbeitsstube des Webers gerufen werden. Diese Unregelmäßigkeit der Beschäftigung, das häufige
Nachtarbeiten, die unordentliche Lebensart, die daraus folgt, erzeugt eine Menge physischer und moralischer Übel, besonders regellosen und frühen geschlechtlichen Verkehr, worüber alle Zeugen einig sind. Die Arbeit selbst ist dem Auge sehr nachteilig; obwohl ein dauernder Nachteil bei den threaders nicht allgemein ausgemacht ist, so erzeugt sie doch Augenentzündungen und während des Einfädeins selbst Schmerzen, Tränenfluß, momentane Unklarheit des Gesichts etc. Bei den winders ist es aber ausgemacht, daß ihre Arbeit die Augen ernstlich angreift und außer den häufigen Entzündungen der Hornhaut auch den grauen und schwarzen Star nicht selten hervorbringt. Die Arbeit der Wirker selbst ist sehr schwer, da die Maschinen mit der Zeit immer breiter gemacht worden sind, so daß es jetzt fast nur solche gibt, die von drei Männern bearbeitet werden, von denen jeder nach vier Stunden den andern ablöst, so daß sie zusammen alle vierundzwanzig Stunden und jeder acht Stunden täglich arbeiten. Hieraus wird klar, weshalb die winders und threaders so oft nachts an die Arbeit müssen, damit die Maschine nicht zu lange stillstehe. Das Einfädeln der Spulen in 1800 Offnungen nimmt ohnehin drei Kindern zwei Stunden Zeit weg. Manche Maschinen werden auch durch Dampfkraft getrieben und dadurch die Arbeit der Männer verdrängt, und da der Ch. E. Rept. immer nur von „Spitzenfabriken" spricht, wohin die Kinder gerufen würden, so scheint hieraus zu folgen, daß neuerdings entweder die Arbeit der Wirker in große Fabriksäle verlegt oder die Anwendung der Dampfwirkerei ziemlich allgemein geworden ist. In beiden Fällen Fortschritt des Fabriksystems. Am ungesundesten ist aber die Arbeit der runners, die meist Kinder von sieben, ja fünf oder vier Jahren sind. Kommissär Grainger fand sogar ein Kind von zwei Jahren mit dieser Arbeit beschäftigt. Das Verfolgen eines und desselben Fadens, der aus einem künstlich verschlungenen Gewebe mit der Nadel herausgenommen wird, ist dem Auge sehr schädlich, besonders wenn die Arbeit, wie dies gewöhnlich, vierzehn bis sechzehn Stunden fortgesetzt wird. Im gelindesten Falle tritt Kurzsichtigkeit in sehr hohem Grade, im schlimmsten, der oft genug vorkommt, unheilbare Erblindung durch den schwarzen Star ein. Außerdem aber werden die Kinder durch das fortwährende Krummsitzen schwächlich, engbrüstig und infolge schlechter Verdauung skrofulös; Störungen der Funktionen des Uterus bei Mädchen sind fast allgemein, und ebenso die Verkrümmung des Rückgrats, so daß „man die runners alle an ihrem Gange kennen kann". Dieselben Folgen hat sowohl für die Augen wie für die ganze Konstitution das Stichen der Spitzen. Die medizinischen Zeugen sind alle darüber einig, daß die Gesundheit aller beim Spitzenmachen beschäftigten Kinder bedeutend leidet, daß diese Kinder blaß, zart,
schwach, zu klein für ihr Alter und weit seltener als andre fähig sind, einer Krankheit zu widerstehen. Ihre gewöhnlichen Übel sind: allgemeine Schwäche, häufige Ohnmächten, Schmerzen im Kopf, Seiten, Rücken und Hüften, Herzklopfen, Übelkeit, Erbrechen und Mangel an Appetit, Verkrümmung des Rückgrats, Skrofeln und Auszehrung. Besonders wird die Gesundheit des weiblichen Körpers fortwährend und tief untergraben; über Bleichsucht, schwere Geburten und Abortion wurde allgemein geklagt (Grainger, Report, durchgängig). Dazu berichtet derselbe Unterbeamte der Child. Empl. Comm., daß die Kinder sehr häufig schlecht und zerlumpt gekleidet seien und ungenügende Nahrung, meist nur Brot und Tee, oft monatelang kein Fleisch bekämen. Was den sittlichen Zustand derselben betrifft, so berichtet er:
„Alle Einwohner von Nottingham, Polizei, Geistlichkeit, Fabrikanten, Arbeiter und die Eltern der Kinder selbst sind der einhelligen Uberzeugung, daß das gegenwärtige System der Arbeit eine höchst fruchtbare Quelle der Immoralität ist. Die threaders, meist Knaben, und die winders, meist Mädchen, werden zu gleicher Zeit in der Fabrik verlangt - oft mitten in der Nacht, und da ihre Eltern nicht wissen können, wie lange sie dort gebraucht werden, so haben sie die schönste Gelegenheit, ungehörige Verbindungen zu schließen und sich nach der Arbeit zusammen herumzutreiben. Das hat in keinem geringen Grade zu der Immoralität beigetragen, welche in Nottingham, laut der öffentlichen Stimme, in einer schrecklichen Ausdehnung existiert. Ohnehin wird die häusliche Ruhe und Bequemlichkeit der Familien, zu denen die Kinder und jungen Leute gehören, diesem höchst unnatürlichen Stand der Dinge gänzlich geopfert."
Ein anderer Zweig der Spitzenfabrikation, das Spitzenklöppeln, wird in den sonst ackerbauenden Grafschaften Northampton, Oxford, Bedford und Buckingham betrieben, und zwar meist von Kindern und jungen Leuten, die allgemein über schlechte Nahrung klagen und selten Fleisch zu essen bekommen. Die Arbeit selbst ist höchst ungesund. Die Kinder arbeiten in kleinen, schlecht ventilierten und dumpfigen Zimmern, stets sitzend und krumm gebeugt über das Klöppelkissen. Um den Körper in dieser anstrengenden Stellung zu unterstützen, tragen die Mädchen eine Schnürbrust mit hölzernem Blankscheit, das bei dem zarten Alter der meisten, in dem die Knochen noch sehr weich sind, und bei der gebückten Stellung das Brustbein und die Rippen gänzlich verrückt und allgemein Engbrüstigkeit veranlaßt. Die meisten sterben daher, nachdem sie infolge der sitzenden Arbeit und schlechten Atmosphäre eine Zeitlang an den schmerzlichsten (severest) Wirkungen schlechter Verdauung gelitten haben, an der Schwindsucht. Sie genießen fast gar keine Bildung, am wenigsten sittliche, lieben den Putz, und
infolge von beidem ist ihr sittlicher Zustand sehr beklagenswert und Prostitution unter ihnen fast epidemisch (Ch. Empl. Comm., Burns, Report). Das ist der Preis, um den die Gesellschaft den schönen Damen der Bourgeoisie das Vergnügen erkauft, Spitzen zu tragen - und ist es nicht ein sehr billiger Preis? Nur ein paar Tausend blinde Arbeiter, nur einige schwindsüchtige Proletariertöchter, nur eine sieche Generation der pöbelhaften Masse, die ihr Siechtum auf ihre gleich pöbelhaften Kinder und Kindeskinder vererben wird-was ist das alles? Nichts, gar nichts, unsere englische Bourgeoisie wird den Bericht der Regierungskommission gleichgültig beiseite legen und ihre Frauen und Töchter nach wie vor mit Spitzen schmücken. Es ist doch eine schöne Sache um die Gemütsruhe eines englischen Bourgeois ! Eine große Anzahl Arbeiter werden in Lancashire, Derbyshire und dem Westen von Schottland in den Kattundruckereien beschäftigt. In keiner Branche der englischen Industrie hat die Mechanik so glänzende Resultate hervorgebracht, aber auch in keiner hat sie den Arbeiter so gedrückt wie in dieser. Die Anwendung von dampfgetriebenen gravierten Zylindern, die Erfindung, mit solchen Zylindern vier bis sechs Farben zu gleicher Zeit zu drucken, hat die Handarbeit so vollkommen verdrängt, wie die Maschinen beim Spinnen und Weben der Baumwolle dies taten, und diese neuen Einrichtungen haben in den Druckereien noch viel mehr Arbeiter verdrängt, als dies beim Anfertigen der Stoffe geschah. Ein Mann, von einem Kinde unterstützt, tut mit der Maschine die Arbeit, die früher von 200 Arbeitern mit der Hand getan werden mußte; eine einzige Maschine liefert jede Minute 28 Yards (80 Fuß) bedrucktes Tuch. Infolgedessen sind die Kattundrucker in einer sehr schlimmen Lage; die Grafschaften Lancaster, Derby und Chester lieferten (laut Petition der Drucker ans Unterhaus) im Jahre 1842 elf Millionen Stück gedruckten Kattun; von diesen wurden 100000 durch Handarbeit allein, 900000 teilweise durch Maschinen mit Nachhülfe von Handdruck und 10 Millionen allein durch Maschinerie mit von einer bis zu sechs Farben bedruckt. Da die Maschinen meist neueren Datums sind und noch stets verbessert werden, so ist die Zahl der Handdrucker viel zu groß für das disponible Arbeitsquantum, und natürlich sind viele - in der Petition wird gesagt, ein Viertel der ganzen Zahl - ganz brotlos, während die übrigen durchschnittlich nur einen oder zwei, höchstens drei Tage in der Woche beschäftigt sind und schlecht bezahlt werden. Leach behauptet von einer Druckerei (Deeply Dale, bei Bury in Lancashire), daß die Handdrucker dort durchschnittlich nicht mehr als 5 sh. verdienten (Stubb. Facts, p. 47), während er allerdings wohl weiß, daß die an den Maschinen Arbei
tenden ziemlich gut bezahlt werden. Die Druckereien sind also dem Fabriksystem vollständig beigetreten, aber ohne unter den diesem auferlegten gesetzlichen Beschränkungen zu stehen. Sie fabrizieren einen Modeartikel und haben daher keine regelmäßige Arbeitszeit. Haben sie wenig Aufträge, so arbeiten sie die halbe Zeit; tun sie mit einem Muster einen guten Treffer und geht das Geschäft flott, so wird bis zehn, zwölf Uhr, ja die ganze Nacht durch gearbeitet. In der Nähe meiner Wohnung bei Manchester war eine Druckerei, die manches Mal bis tief in der Nacht, wenn ich nach Hause kam, noch erleuchtet war, und ich habe oft gehört, daß dort die Kinder zuweilen so lange zu arbeiten hätten, daß sie auf den steinernen Treppen und im Vorhause in den Winkeln ein paar Augenblicke Ruhe und Schlaf zu erhaschen suchten. Ich weiß nicht juristisch gewiß, ob es wahr ist, sonst würde ich die Firma nennen. Der Bericht der Ch. E. Comm. ist hier sehr flüchtig, er berichtet bloß, daß in England wenigstens die Kinder meist ziemlich gut gekleidet und genährt sind (dies ist relativ, je nachdem ihre Eltern viel verdienen oder nicht), daß sie gar keine Bildung haben und moralisch wenig taugen. Wir brauchen bloß zu bedenken, daß diese Kinder unter dem Fabriksystem stehen, und können dann, auf das hierüber Gesagte weisend, weitergehen. Von den übrigen, mit der Fabrikation von Kleiderstoffen beschäftigten Arbeitern bleibt uns wenig zu sagen; die Bleicher haben eine sehr ungesunde Arbeit, bei der sie fortwährend Chlor, einen der für die Lunge nachteiligsten Stoffe, einzuatmen haben; die Arbeit der Färber ist schon gesunder, in vielen Fällen sehr gesund, da sie Anstrengung des ganzen Körpers erfordert ; wie diese Klassen bezahlt werden, darüber hört man wenig, und das ist Ursache genug zu dem Schluß, daß sie nicht unter dem Durchschnittslohn bekommen, weil sie sich sonst schon beschweren würden. Die Samtscherer, die bei dem großen Verbrauch von Baumwollensamt ziemlich zahlreich sind und sich auf 3000 bis 4000 belaufen, haben indirekt sehr hart durch den Einfluß des Fabriksystems gelitten. Die Ware, die früher mit Handwebstühlen gemacht wurde, war nicht ganz egal gewebt und erforderte eine geübte Hand im Aufschneiden der einzelnen Fadenreihen; seitdem sie mit mechanischen Stühlen gemacht, laufen die Reihen ganz egal, jeder Einschlagsfaden ist genau dem vorhergehenden parallel, und das Aufschneiden ist keine große Kunst mehr. Die durch Maschinerie brotlos gewordenen Arbeiter werfen sich auf das Samtscheren und drücken den Lohn durch ihre Konkurrenz; die Fabrikanten entdeckten, daß sie Weiber und Kinder zum Samtscheren gebrauchen konnten - und der Lohn sank auf den von Weibern und Kindern, während Hunderte von Männern verdrängt wurden; die
Fabrikanten entdeckten, daß sie die Arbeit in ihrem Fabriklokal billiger tun lassen konnten als in der Werkstatt des Arbeiters, für die sie doch die Miete indirekt bezahlten; seitdem stehen die zu Scherzimmern eingerichteten niedrigen Oberstockwerke vieler Cottages leer oder werden als Wohnungen vermietet, während der Samtscherer die Freiheit der Wahl seiner Arbeitsstunden verloren hat und unter die Botmäßigkeit der Fabrikglocke gebracht ist. Mir sagte ein Samtscherer, der 45 Jahre alt sein mochte, er könne sich der Zeit erinnern, wo er für dieselbe Arbeit, die er jetzt für 1 d. die Yard tun müsse, 8 d. erhalten habe; allerdings könne er das egalere Gewebe rascher scheren als das frühere, aber er könne in der Stunde lange nicht das Doppelte von dem tun, was er früher in derselben Zeit getan - so daß sein Wochenlohn auf weniger als 1/i seines früheren gesunken ist. Leach gibt(Stubb. F. p. 35) eine Liste der Löhne, die 1827 und 1843 für verschiedene Stoffe bezahlt wurden, woraus hervorgeht, daß die Artikel, welche 1827 4 d., 2J/4 d., 23/4 d., 1 d. per Yard bezahlt wurden, im Jahre 1843 nur ]1/z d., 3/4 d., 1 d. und 3/8 d. per Yard Scherlohn erhielten. Das Verhältnis des durchschnittlichen wöchentlichen Verdienstes stellt sich nach Leach so: 1827 Pfd. St. 1-6-6 d., Pfd. St. 1-2-6 d., Pfd. St. 1---, Pfd. St. 1-6-6 d„ und für gleiche Waren 1843 Pfd. St. -10-6 d., Pfd. St. --7-6 d.,Pfd. St. -6-8 d„ Pfd. St. -10-, und es gibt Hunderte von Arbeitern, die zu diesen letzten Lohnsätzen nicht einmal ankommen können.-Von den Handwebern der Baumwollenindustrie haben wir schon gesprochen; die übrigen Webestoffe werden fast ausschließlich durch Handweber verfertigt, die meist auf dieselbe Weise wie die Samtscherer durch Eindringen der durch Maschinen verdrängten Arbeiter gelitten haben, und außerdem, wie die Fabrikarbeiter, unter einem strengen Strafgesetz wegen schlechter Arbeit stehen. Nehmen wir dieSeideniüeber. Der Seidenfabrikant Brocklehurst, einer der bedeutendsten von ganz England, hat einem Parlamentskomitee Listen aus seinen Büchern vorgelegt, aus denen hervorgeht, daß er für dieselben Artikel, für die er 1821 30 sh., 14 sh., 33/2sh., s/4 sh., 1 x/12 sh., 10 sh. Lohn bezahlte, 1831 nur 9 sh., l1^ sh., 2V4 sh., 1/s sh., 1j2 sh., 61/4 sh. bezahlt, während doch hier keine Verbesserungen der Maschinerie eingetreten waren. Was H[er]r Brocklehurst aber tut, kann wohl als Norm für ganz England angenommen werden. Aus denselben Listen geht hervor, daß der Durchschnittsverdienst seiner Weber nach allen Abzügen 1821 wöchentlich ] 6x/a sh. und 1831 nur 6 sh. betrug. Seitdem ist der Lohn noch mehr gefallen - die Gewebe, die 1831 1/3 sh. oder 4 Pence Weblohn per Yard brachten, bezahlen 1843 nur 21/2 Pence (es sind die single sarsnets1)
1 einfachen Taftgewebe
und eine große Anzahl von Webern auf dem Lande können sich nur Arbeit verschaffen, wenn sie diese Gewebe für l1/^ bis 2 Pence annehmen. Dazu kommt die willkürliche1 Lohnverkürzung. Jeder Weber, der eine Kette holt, bekommt eine Karte dazu, worauf gewöhnlich steht: daß zu diesen oder jenen Tagesstunden die Arbeit angenommen wird, daß ein Weber, der krankheitshalber nicht arbeiten kann, dies innerhalb drei Tagen am Kontor muß anzeigen lassen, sonst gilt Krankheit für keine Entschuldigung; daß es nicht als genügende Entschuldigung angenommen wird, wenn der Weber sagt, er habe auf Garn für den Einschlag warten müssen, daß für gewisse Versehen an der Arbeit (wenn z.B. auf eine gewisse Länge des Stoffs mehr Einschlagsfäden kommen, als vorgeschrieben etc.) nicht weniger als der halbe Lohn abgezogen werden soll und daß, wenn der Stoff nicht in der bestimmten Zeit fertig ist, für jede Yard des aufgegebenen Stücks ein Penny deduziert wird. Die Lohnverkürzungen infolge dieser Karten sind so bedeutend, daß z.B. ein Mann, der zweimal wöchentlich nach Leigh in Lancashire kommt, um die Gewebe anzunehmen2, seinem Fabrikanten mindestens fünfzehn Pfund (100 Taler preußisch) an Strafgeldern jedes Mal mitbringt. So sagt er selbst und er gilt für einen der Tolerantesten. Früher wurden dergleichen Sachen durch Schiedsrichter entschieden, aber da die Arbeiter meist entlassen wurden, wenn sie darauf drangen, so ist dies jetzt ganz abgekommen, und der Fabrikant verfährt ganz willkürlich, ist Ankläger, Zeuge, Richter, Gesetzgeber und Vollstrecker, alles in einer Person. Und geht der Arbeiter zum Friedensrichter, so heißt es: Dadurch, daß Ihr die Karte annahmt, seid Ihr einen Kontrakt eingegangen, und den müßt Ihr jetzt erfüllen. Gerade wie bei den Fabrikarbeitern. Ohnehin läßt der Fabrikant den Arbeiter jedesmal ein Dokument unterzeichnen, worin dieser erklärt, er „willige in die gemachten Abzüge". Und sperrt er sich, so wissen gleich alle Fabrikanten der Stadt, daß er ein Mann ist, der, wie Leach sagt, der
„durch Karten verbrieften Ordnung und Gesetzlichkeit widerstrebt und die Frechheit hat, an der Weisheit derer zu zweifeln, die, wie er wissen müßte, doch seine Vorgesetzten in der Gesellschaft sind" (Stubb. Facts, p. 37-40). Natürlich, die Weber sind Vollkommen frei, der Fabrikant zwingt sie ja nicht, seine Ketten und Karten zu nehmen, aber er sagt ihnen, wie Leach es in gutes Englisch übersetzt:
„Wollt ihr nicht in meiner Schmorpfanne gebraten werden, so könnt ihr auch geradezu ins Feuer spazieren" (if you don't like to be frizzled in my frying-pan, you can take a walk into the fire).
1 (1892) willkürlichste - 2 (1892) abzunehmen
Die Seidenweber von London, in Spitalfields namentlich, haben seit geraumer Zeit periodisch im größten Elend gelebt, und daß sie auch jetzt noch mit ihrer Lage keine Ursache haben zufrieden zu sein, folgt daraus, daß sie einen höchst tätigen Anteil an allen englischen und namentlich Londoner Arbeiterbewegungen nehmen. Die unter ihnen herrschende Not war die Ursache des Fiebers, das im östlichen Teile von London ausbrach und die Kommission zur Untersuchung der sanitärischen Verhältnisse der Arbeiterklasse veranlaßte. Wie sehen aber aus dem jüngsten Bericht des Londoner Fieberhospitals, daß dies Fieber noch immer fortwütet. Nach den Kleiderstoffen sind vor allen andern die Metallioaren die wichtigste Klasse der durch die englische Industrie produzierten Artikel. Diese Fabrikation hat ihre Hauptsitze in Birmingham, wo feinere Metallwaren aller Art, in Sheffield, wo sämtliche Messerwaren, und Staffordshire, namentlich Wolverhampton, wo die gröberen Artikel, Schlösser, Nägel etc., gemacht werden. Fangen wir bei Schilderung der Lage der in diesen Industriezweigen beschäftigten Arbeiter mit Birmingham an. Die Einrichtung der Arbeit hat in Birmingham, wie überhaupt in den meisten Orten, wo Metalle verarbeitet werden, etwas von dem alten handwerksmäßigen Charakter behalten; die kleinen Meister bestehen noch fort und arbeiten mit ihren Lehrlingen entweder in der Werkstatt zu Hause oder, wo sie Dampfkraft gebrauchen, in großen Fabrikgebäuden, die in kleine, einzeln an die Meister vermietete Werkstätten eingeteilt und in allen Zimmern mit einem durch die Dampfmaschine bewegten Schaft versehen sind, durch den sich wiederum andere Maschinerie treiben läßt. Leon Faucher (Verfasser einer Reihe Artikel über englische Arbeiterverhältnisse in der „Revue des deux Mondes"[961, die wenigstens Studium verraten und jedenfalls besser sind, als was bis jetzt sowohl Engländer wie Deutsche darüber geschrieben haben) bezeichnet dies Verhältnis im Gegensatz zu der großen Fabrikation von Lancashire und Yorkshire mit dem Namen der Democratie industrielle1 und bemerkt, daß dies keine sehr günstigen Resultate auf die Lage der Meister wie der Gesellen habe. Diese Bemerkung ist ganz richtig, denn die vielen kleinen Meister, auf die sich der von der Konkurrenz geregelte, sonst von einem einzigen großen Fabrikanten absorbierte Gewinn verteilt, können nicht gut dabei bestehen. Die zentralisierende Tendenz des Kapitals hält sie niedergedrückt, für einen, der sich bereichert, werden zehn ruiniert und hundert durch den Druck des einen Reichen, der billiger verkaufen kann als sie, schlechter gestellt als vorher. Und in den Fällen, wo sie von vornherein gegen große Kapitalisten zu
1 industriellen Demokratie
27 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
konkurrieren haben, versteht es sich von selbst, daß sie gegen diese Konkurrenz nur mühsam ankommen können. Die Lehrlinge haben es, wie wir sehen werden, bei den kleinen Meistern wenigstens ebenso schlecht als bei den Fabrikanten, nur mit dem Unterschiede, daß sie später selbst Meister werden und so eine gewisse Selbständigkeit erhalten -d. h., sie werden von der Bourgeoisie weniger direkt als in den Fabriken ausgebeutet. So sind diese kleinen Meister weder rechte Proletarier - da sie teilweise von der Arbeit der Lehrlinge leben und nicht die Arbeitt97] selbst, sondern das fertige Produkt verkaufen - noch rechte Bourgeois, da es der Hauptsache nach immer ihre eigne Arbeit ist, die sie erhält. Diese eigentümliche, vermittelnde Stellung der Arbeiter von Birmingham ist schuld daran, daß sie sich sehr selten der englischen Arbeiterbewegung ganz und unverhohlen angeschlossen haben. Birmingham ist eine politisch-radikale, aber keine entschieden chartistische Stadt. Indes bestehen auch eine Menge größerer Fabriken für Rechnung von Kapitalisten, und in diesen herrscht das Fabriksystem vollkommen - die Teilung der Arbeit, die hier bis ins allereinzelnste (z.B. in der Nadelfabrikation) durchgeführt ist, sowie die Dampfkraft erlaubt die Beschäftigung einer großen Menge Weiber und Kinder, und wir finden hier (im Ch. E. Rept.) ganz dieselben Züge wieder, die uns der Fabrikbericht gab - Arbeit der Frauen bis zur Stunde der Niederkunft, Unfähigkeit, der Haushaltung vorzustehen, Vernachlässigung des Hauswesens und der Kinder, Gleichgültigkeit, ja Abneigung gegen das Familienleben, und Demoralisation - ferner Verdrängung der Männer von der Arbeit, fortwährende Maschinenverbesserung, frühe Emanzipation der Kinder, Männer, die von den Frauen und Kindern ernährt werden etc. etc. Die Kinder werden als halbverhungert und zerlumpt geschildert - die Hälfte soll nicht wissen, was satt werden heißt, viele leben den ganzen Tag von so viel Brot, als sie für einen Penny (10 Pf. preußisch) bekommen, oder erhalten vor dem Mittagessen keine Nahrung; ja, es kamen Beispiele vor, daß Kinder von 8 Uhr morgens bis 7 Uhr abends nichts zu essen bekamen. Die Kleidung sehr häufig kaum hinreichend, ihre Blöße zu bedecken; viele selbst im Winter barfuß. Daher sind sie alle klein und schwach für ihr Alter und entwickeln sich selten irgendwie kräftig; und wenn man bedenkt, daß bei diesen wenigen Mitteln zur Reproduktion der physischen Kräfte noch harte, lang anhaltende Arbeit in geschlossenen Räumen kommt, so wird man sich nicht darüber wundern, daß sich wenig erwachsene Leute in Birmingham finden, die für den Militärdienst passen.
„Die Arbeiter", sagt ein Rekrutierungsarzt, „sind klein, schmächtig und von sehr geringer Körperstärke - viele obendrein in Brust oder Rückgrat verwachsen."
Nach der Angabe eines rekrutierenden Unteroffiziers sind die Leute in Birmingham kleiner als irgendwo anders, meist 5 Fuß 4 bis 5 Zoll groß, und aus 613 angeworbenen Rekruten wurden nur 238 tauglich befunden. Was die Bildung betrifft, so wurde schon oben (S. 338 ff.) eine Reihe von Aussagen und Beispielen hierüber aus den Metall bezirken gegeben, auf die ich hier verweise; übrigens geht aus dem Ch. E. Rept. hervor, daß in Birmingham über die Hälfte der Kinder zwischen 5 und 15 Jahren keine Schule irgendeiner Art besuchen, daß die schulbesuchenden Kinder oft wechseln, so daß ihnen unmöglich irgendeine nachhaltige Bildung gegeben werden kann, und daß die Kinder alle sehr früh aus der Schule weggenommen und an die Arbeit gesetzt werden. Was für Lehrer dabei angewandt werden, geht ebenfalls aus diesem Bericht hervor; eine Lehrerin antwortete auf die Frage, ob sie auch Unterricht in der Moral gebe: Nein, für 3 Pence wöchentlich Schulgeld sei das nicht zu verlangen; mehrere andere verstanden selbst diese Frage nicht, und andere hielten dies durchaus nicht für einen Teil ihrer Pflicht. Eine Lehrerin sagte, Moral lehre sie nicht, aber sie bemühe sich, den Kindern gute Prinzipien beizubringen, und dabei machte sie einen derben Sprachschnitzer. In den Schulen selbst fand der Kommissär fortwährenden Lärm und Unordnung. Daher ist der sittliche Zustand der Kinder selbst im höchsten Grade beklagenswert; die Hälfte aller Verbrecher ist unter 15 Jahre alt, und in einem Jahre wurden allein 90 zehnjährige Verbrecher, unter denen 44 Kriminalfälle, verurteilt. Ungeregelter Geschlechtsverkehr scheint nach der Ansicht der Kommissäre fast allgemein und zwar schon in sehr jugendlichem Alter vorzukommen. (Grainger, Rept. et evid.)
In dem Eisendistrikt von Staßordshire sieht es noch schlimmer aus. Bei den groben Eisenwaren, die hier gemacht werden, ist weder viel Teilung der Arbeit (mit gewissen Ausnahmen) noch Dampfkraft und Maschinerie anzuwenden. Hier - in Wolverhampton, Willenhall, Bilston, Sedgeley, Wednesfield, Dariaston, Dudley, Walsall, Wednesbury etc. - gibt es daher weniger Fabriken, aber desto mehr kleine Schmieden, in denen die kleinen Meister einzeln mit einem oder mehreren Lehrlingen, die ihnen bis zum einundzwanzigsten Jahre dienstbar sind, arbeiten. Die kleinen Meister sind ungefähr in derselben Lage wie die von Birmingham, aber die Lehrlinge haben es meist weit schlechter. Sie bekommen fast nur das Fleisch von kranken, gefallenen Tieren oder faules Fleisch und faule Fische zu essen, desgleichen zu früh geworfene Kälber und auf der Eisenbahn erstickte Schweine. Und dies tun nicht nur kleine Meister, sondern auch größere Fabrikanten, die 30 bis 40 Lehrlinge haben. Dies scheint in Wolverhampton wirklich allgemein zu sein. Die natürliche Folge davon sind häufige Unterleibs- und andere Krankheiten.
Dazu bekommen die Kinder meist nicht satt zu essen und haben selten andere Kleider als ihr Arbeitszeug, so daß sie schon deshalb nicht in die Sonntagsschule gehen. Die Wohnungen sind schlecht und schmutzig, oft in so hohem Grade, daß Krankheiten daraus entstehen, und trotz der sonst meistens gesunden Arbeit sind die Kinder deshalb klein, schlecht gewachsen, schwach und in vielen Fällen arg verkrüppelt. In Willenhall z.B. sind unzählige Leute, die von dem ewigen Feilen am Schraubstock einen Buckel und ein krummes Bein - das Hinterbein, hind-Ieg, wie sie's nennen - haben, so daß die Beine die Form eines K haben; dazu soll mindestens der dritte Teil der dortigen Arbeiter einen Bruch haben. Hier sowohl wie in Wolverhampton fanden sich zahllose Beispiele zurückgehaltener Pubertät sowohl bei Mädchen - auch diese arbeiten in den Schmieden! - als Knaben selbst bis zum neunzehnten Jahr. In Sedgeleyund der Umgegend, v/o fast nur Nägel geschmiedet werden, wohnen und arbeiten die Leute in erbärmlichen stallähnlichen Hütten, die an Schmutz ihresgleichen suchen. Mädchen und Knaben führen vom zehnten oder zwölften Jahre an den Hammer und gelten erst dann für voll ausgebildete Arbeiter, wenn sie tausend Nägel jeden Tag liefern. Für 1200 Nägel ist der Lohn 53/4Pence oder nicht ganz 5 Silbergroschen. Jeder Nagel bekommt 12 Schläge, und da der Hammer 1*/4Pfd. wiegt, so muß der Arbeiter 18000Pfd. heben, bis er diesen elenden Lohn verdient hat. Bei dieser schweren Arbeit und der ungenügenden Nahrung müssen die Kinder einen schlecht ausgebildeten, kleinen, schwachen Körper bekommen, wie dies auch durch die Angaben der Kommissäre bestätigt wird. Über den Stand der Bildung auch in diesem Distrikte sind oben schon Data gegeben worden. Die Bildung steht in diesem Bezirk wirklich unglaublich niedrig, die Hälfte aller Kinder besucht nicht einmal eine Sonntagsschule, und die andre Hälfte tut dies auch nur sehr unregelmäßig; sehr wenige im Vergleich mit andern Distrikten können lesen, und mit dem Schreiben ist's noch viel schlechter bestellt. Natürlich, denn zwischen dem siebenten und zehnten Jahre werden die Kinder an die Arbeit gestellt, gerade wenn sie eben fähig werden, eine Schule mit Nutzen zu besuchen, und die Sonntagsschullehrer - Schmiede oder Grubenleute - können oft kaum lesen und nicht einmal ihren Namen schreiben. Der moralische Zustand ist diesen Erziehungsmitteln entsprechend. In Willenhall, behauptet Kommissär Hörne - und liefert reichliche Belege dazu existiert durchaus kein sittliches Gefühl unter den Arbeitern. Überhaupt fand er, daß die Kinder weder Pflichten gegen ihre Eltern kannten, noch Zuneigung für sie fühlten. Sie waren so wenig fähig zu überlegen, was sie sagten, so abgestumpft, so tierisch dumm, daß sie oft behaupteten, sie würden gut behandelt, es ginge ihnen vortrefflich, wenn sie zwölf bis vierzehn Stunden arbeiten mußten, in
Lumpen gingen, nicht satt zu essen bekamen und geschlagen wurden, daß sie es einige Tage nachher noch fühlten. Sie wußten von keiner andern Lebensweise, als von morgens bis abends sich abzuplagen, bis man ihnen erlaubte aufzuhören, und verstanden nicht einmal die ihnen unerhörte Frage: ob sie müde seien (Home, Rept. and evid.). In Sheffield ist der Lohn besser und daher mit ihm auch die äußere Lage der Arbeiter. Dagegen sind hier einige Arbeitszweige wegen ihrer außerordentlich nachteiligen Wirkung auf die Gesundheit zu bemerken. Gewisse Operationen bedingen den fortwährenden Druck von Werkzeugen gegen die Brust und erzeugen häufig die Schwindsucht, andere, z.B. Feilenhauen, hindern die allgemeine Entwicklung des Körpers und bringen Unterleibsbeschwerden hervor; das Knochenschneiden (zu Messerheften) zieht Kopfschmerzen, Gallenübel und bei Mädchen, deren viele dabei beschäftigt sind, Bleichsucht nach sich. Bei weitem die ungesundeste Arbeit ist aber das Schleifen der Klingen und Gabeln, das, besonders wenn es auf trocknen Steinen geschieht, unfehlbar einen frühen Tod nach sich zieht. Die Ungesundheit dieser Arbeit liegt teils in der gebückten Stellung, bei der die Brust und der Magen gedrückt wird, besonders aber in der Menge scharfkantigen, metallischen Staubes, der beim Schleifen abspringt, die Atmosphäre füllt und notwendig eingeatmet wird. Die Trockenschleifer werden durchschnittlich kaum 35, die Naßschleifer selten über 45 Jahre alt. Dr. Knight in Sheffield sagt:
„ Ich kann die Schädlichkeit dieser Beschäftigung nur dadurch einigermaßen deutlich machen, daß ich die stärksten Trinker unter den Schleifern für die langlebigsten unter ihnen erkläre, weil sie am meisten von ihrer Arbeit abwesend sind. Im ganzen sind etwa 2500 Schleifer in Sheffield. Ungefähr 150 (80 Männer und 70 Knaben) sind Gabelschleifer — diese sterben zwischen dem 28. und 32.Lebensjahre; die Rasiermesserschleifer, die sowohl naß als trocken schleifen, sterben zwischen 40 und 45 Jahren, und die Tischmesserschleifer, die naß schleifen, sterben zwischen 40 und 50 Jahren." Derselbe Arzt gibt folgende Schilderung des Verlaufs ihrer Krankheit, des sogenannten Schleif er-Asthma: „Sie fangen ihre Arbeit gewöhnlich mit dem vierzehnten Jahre an, und wenn sie eine gute Konstitution haben, so spüren sie vor dem zwanzigsten Jahre selten viel Beschwerden. Dann fangen die Symptome ihrer eigentümlichen Krankheit an, sich zu zeigen; der Atem geht ihnen bei der geringsten Anstrengung, beim Treppen- oder Bergsteigen, gleich aus, sie halten die Schultern hoch, um die beständige und zunehmende Atemnot zu erleichtern, sie beugen sich nach vorn und scheinen überhaupt sich in der gedrückten Stellung, in der sie arbeiten, am behaglichsten zu fühlen; ihre Gesichtsfarbe wird schmutziggelb, ihre Gesichtszüge drücken Angst aus, sie klagen über Beklommenheit auf der Brust; ihre Stimme wird rauh und heiser, sie husten laut, wie wenn die Luft durch eine hölzerne Röhre getrieben würde. Von Zeit zu Zeit
expektorieren sie bedeutende Quantitäten Staub, entweder mit Schleim vermengt oder in kugel- oder zylinderförmigen Massen, mit einem dünnen Überzuge von Schleim. Blutspeien, Unfähigkeit zu liegen, Nachtschweiß, kolliquative Diarrhöe, ungewöhnliche Abmagerung mit allen gewöhnlichen Symptomen der Lungenschwindsucht raffen sie endlich hin, nachdem sie monate-, ja oft jahrelang gesiecht haben, unfähig, sich und die Ihrigen durch Arbeit zu ernähren1. Ich muß hinzufügen, daß alle Versuche, die bis jetzt gemacht wurden, das Schleifer-Asthma zu verhindern oder zu heilen, gänzlich fehlgeschlagen sind."
Dies schrieb Knight vor zehn Jahren; seitdem hat sich die Zahl der Schleifer und die Wut der Krankheit vermehrt, man hat aber auch Versuche gemacht, durch verdeckte Schleifsteine und Ableitung des Staubes durch Zug der Krankheit zuvorzukommen. Diese sind wenigstens teilweise gelungen, aber die Schleifer selbst wollen ihre Anwendung nicht und haben sie sogar hier und da zerschlagen - weil sie glauben, daß dadurch mehr Arbeiter in ihr Geschäft kommen und ihren Lohn drücken würden; sie sind für „ein kurzes Leben, aber ein lustiges". Dr. Knight hat oft Schleifern, die mit den ersten Symptomen des Asthma zu ihm kamen, gesagt: Ihr holt euch den Tod, wenn ihr wieder zurück zum Schleifstein geht. Aber es hat nie geholfen; wer einmal Schleifer war, der war auch verzweifelt, als ob er sich dem Teufel verkauft hätte. Die Bildung ist in Sheffield auf einer sehr niedrigen Stufe; ein Geistlicher, der sich viel mit der Statistik der Erziehung beschäftigt hatte, war der Ansicht, daß aus 16500 Kindern der arbeitenden Klasse, die imstande seien, eine Schule zu besuchen, kaum 6500 lesen könnten; dies kommt daher, daß die Kinder schon mit dem siebeilten und allerspätestens mit dem zwölften Jahre aus der Schule genommen werden und daß die Schulmeister nichts taugen (einer von ihnen war ein überführter Dieb, der nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis kein anderes Mittel fand, sich zu ernähren, als die Schulmeisterei!). Die Immoralität scheint in Sheffield unter der Jugend größer zu sein als irgendwo anders (man weiß freilich kaum, welcher Stadt man den Preis zuerkennen soll, und wenn man die Berichte liest, so glaubt man von jeder, sie verdiene ihn). Die jungen Leute liegen sonntags den ganzen Tag auf der Straße, werfen Geld auf[081 oder hetzen Hunde aufeinander, gehen fleißig in die Branntweinschenken und sitzen dort mit ihren Schätzchen zusammen, bis sie spät abends paarweise einsame Promenaden machen. In einer Kneipe, die der Kommissär besuchte, saßen 40 bis 50 junge Leute beiderlei Geschlechts, fast alle unter 17 Jahren, jeder Junge bei seinem Mädel. Hier und da wurde Karten gespielt, in andern gesungen oder
1 (1845) irrtümlich: erniedrigen
getanzt, überall getrunken. Dazwischen saßen erklärte Freudenmädchen von Profession. Kein Wunder also, daß, wie alle Zeugen aussagen, der frühe regellose Geschlechtsverkehr, jugendliche Prostitution, schon bei Individuen von 14 und 15 Jahren außerordentlich häufig in Sheffield ist. Verbrechen, und zwar von sehr wilder, verzweifelter Art, sind gang und gäbe; ein Jahr vor Ankunft des Kommissärs wurde eine Bande, meist junger Leute, gefangengenommen, als sie eben im Begriff war, die Stadt in Brand zu stecken; sie waren mit Lanzen und Brennstoffen vollkommen equipiert. Wir werden später sehen, daß die Arbeiterbewegung in Sheffield denselben wilden Charakter hat (Symons, Rept. and evid.). Außer diesen Hauptstapelplätzen der Metallverarbeitung gibt es noch Stecknadelfabriken in Warrington (Lancashire), wo ebenfalls unter den Arbeitern, besonders den Kindern, viel Elend, Immoralität und Unwissenheit herrscht, und eine Anzahl Nagelschmieden in der Gegend von Wigan (Lancashire) und im Osten von Schottland; die Berichte aus diesen letzteren Distrikten stimmen fast ganz mit denen aus Staffordshire überein. Es bleibt uns nun noch ein einziger Zweig dieser Industrie - die Maschinenfabrikation, die namentlich in den Fabrikdistrikten, besonders in Lancashire betrieben wird und bei der das Eigentümliche die Verfertigung von Maschinen durch Maschinen ist, wodurch den sonst verdrängten Arbeitern die letzte Zufluchtsstätte, die Beschäftigung bei der Fabrikation der Maschinen, durch welche sie brotlos wurden, wieder genommen wurde. Maschinen zum Hobeln und Bohren, Maschinen, die Schrauben, Räder, Schraubenmuttern usw. schneiden, mechanische Drehbänke haben auch hier eine Menge Arbeiter, die früher zu gutem Lohn regelmäßig beschäftigt waren, brotlos gemacht, und wer Lust hat, kann deren in Manchester eine Menge sehen. Nördlich von dem Eisendistrikt von Staffordshire liegt ein industrieller Bezirk, zu dem wir uns jetzt wenden wollen: die Töpfereien (potteries), deren Hauptsitz die Gemeinde (borough) Stoke ist, welche die Ortschaften Henley, Burslem, Lane End, Lane Delph, Etruria, Coleridge, Langport, Tunstall und Golden Hill mit zusammen 60000 Einwohnern umfaßt. Der Ch.E. Rept. berichtet hierüber: In einigen Zweigen dieser Fabrikation - von Steingut haben die Kinder eine leichte Beschäftigung in warmen, luftigen Sälen; in andern dagegen wird von ihnen eine harte, anstrengende Arbeit verlangt, während sie weder hinreichende Nahrung noch gute Kleidung erhalten. Viele Kinder klagen: „Habe nicht genug zu essen, bekomme meist Kartoffeln und Salz, nie Fleisch, nie Brot, geh' nicht in die Schule, hab' keine Kleider nicht." - „Habe heute gar nichts zu Mittag gehabt, zu Hause haben sie nie ein Mittagessen, bekomme meist Kartoffeln und Salz, zuweilen Brot.'
„Dies sind alle Kleider, die ich habe, kein Sonntagszeug zu Hause." Unter den Kindern, deren Arbeit besonders nachteilig ist, sind die mould-runners zu bemerken, die die fertig geformte Ware mit der Form in die Trockenstube zu tragen haben und nachher, wenn die erstere gehörig getrocknet ist, die leere Form zurückbringen. Sie müssen so den ganzen Tag unter einem für ihr Alter schweren Gewicht ab und zu gehen, und die hohe Temperatur, in der sie dies zu tun haben, vermehrt ihre Abmattung noch bedeutend. Diese Kinder sind, mit kaum einer einzigen Ausnahme, mager, blaß, schwächlich, klein und schlecht gewachsen; sie leiden fast alle an Magenübeln, Erbrechen, Mangel an Appetit, und viele von ihnen sterben an der Auszehrung. Fast ebenso schwächlich sind die Knaben, die mit dem Namen jiggers bezeichnet werden, nach dem Rad (jigger), das sie zu drehen haben. Am schädlichsten aber ist bei weitem die Arbeit derer, die die fertige Ware in eine Flüssigkeit, welche große Quantitäten Blei und häufig auch viel Arsenik enthält, eintauchen oder die frischeingetauchte Ware in die Hände zu nehmen haben. Die Hände und Kleider dieser Arbeiter - Männer und Kinder - sind immer naß von dieser Flüssigkeit, die Haut wird weich und löst sich bei dem fortwährenden Anfassen rauher Gegenstände ab, so daß die Finger oft bluten und fortwährend in einem Zustande sind, der die Absorption dieser gefährlichen Stoffe im höchsten Grade begünstigt. Die Folgen davon sind heftige Schmerzen und ernstliche Krankheiten des Magens und der Eingeweide, hartnäckige Konstipation, Kolik, zuweilen Auszehrung und am allerhäufigsten Epilepsie bei Kindern. Bei Männern tritt gewöhnlich teilweise Lähmung der Handmuskeln, colica pictorum und Lähmung ganzer Glieder ein. Ein Zeuge erzählt, daß zwei Knaben, die mit ihm arbeiteten, bei der Arbeit in Krämpfen gestorben seien; ein anderer, der zwei Jahre als Knabe beim Eintauchen geholfen, erzählt, er habe anfangs heftige Unterleibsbeschwerden gehabt, dann einen Krampf, infolgedessen er zwei Monate bettlägerig war, seitdem Krämpfe immer häufiger, jetzt alle Tage, oft zehn bis zwanzig epileptische Anfälle an einem Tage. Seine rechte Seite sei gelähmt, und wie die Ärzte ihm sagten, werde er nie den Gebrauch seiner Glieder wiedererhalten. In einer Fabrik im Eintauchhause vier Männer, alle epileptisch und an heftiger Kolik leidend, und elf Knaben, von denen auch schon einige epileptisch. Kurz, diese fürchterliche Krankheit tritt infolge dieser Beschäftigung ganz allgemein ein, und auch das zum größeren Geldgewinn der Bourgeoisie! In den Zimmern, in denen das Steingut gescheuert wird, ist die Atmosphäre mit fein pulverisiertem Kieselstaub angefüllt, dessen Einatmung ebenso schädlich wirkt wie die des Stahlstaubes bei den Sheffielder Schleifern. Den Arbeitern geht der Atem aus, sie können nicht ruhig liegen, leiden an wunder Kehle, heftigem
Husten und bekommen eine so leise Stimme, daß man sie kaum hören kann. Sie sterben auch alle an der Schwindsucht. In den potteries sollen verhältnismäßig viele Schulen sein, die den Kindern Gelegenheit zum Unterricht bieten, aber da sie so früh in die Fabriken geschickt werden und solange arbeiten müssen (meist zwölf und oft mehr Stunden), so sind sie nicht imstande, die Schulen zu benutzen, und daher konnten drei Viertel der vom Kommissär geprüften Kinder weder lesen noch schreiben, und der ganze Distrikt war in der tiefsten Unwissenheit. Kinder, die jahrelang Sonntagsschulen besucht haben, waren nicht imstande, einen Buchstaben vom andern zu unterscheiden, und im ganzen Distrikt steht außer der intellektuellen auch die sittliche und religiöse Bildung auf einer sehr niedrigen Stufe (Scriven, Rept. and evid.). Auch in der Glasfabrikation kommen Arbeiten vor, die zwar Männern wenig zu schaden scheinen, aber dennoch von Kindern nicht ertragen werden können. Die harte Arbeit, die Unregelmäßigkeit der Arbeitszeit, das häufige Nachtarbeiten und besonders die große Hitze der Arbeitslokale (100 bis 130° Fahrenheit1) erzeugen bei Kindern allgemeine Schwäche und Krankheit, schlechten Wuchs, und besonders Augenübel, Unterleibskrankheiten und bronchitische und rheumatische Affektionen. Viele Kinder sind blaß, haben rote, oft wochenlang erblindete Augen, leiden an heftiger Übelkeit, Erbrechen, Husten, Erkältungen und Rheumatismus. Bei dem Herausnehmen der Ware aus den Ofen müssen die Kinder häufig in eine solche Hitze hineingehen, daß ihnen die Bretter, auf denen sie stehen, unter den Füßen in Brand geraten. Die Glasbläser sterben meist früh an Schwäche und Brustleiden. (Leifchild, Rept. App.Pt. II, p.L2,ss. 11, 12; Franks,Rept.App.Pt.il, p. K 7, s. 48; Tancred, Evid. App. Pt. II, p. i 76 etc., alle im Ch. E. Rept.). Im allgemeinen bezeugt derselbe Bericht in allen Zweigen der Industrie das allmähliche, aber sichere Eindringen des Fabriksystems, das sich besonders durch die Beschäftigung von Weibern und Kindern zu erkennen gibt. Ich habe es nicht für nötig gehalten, überall die Fortschritte der Maschinerie und die Verdrängung der erwachsenen Männer weiterzuverfolgen. Wer mit dem Industriewesen einigermaßen bekannt ist, wird sich dies leicht selbst ergänzen können, während mir hier der Raum mangelt, diese bei Gelegenheit des Fabriksystems in ihren Resultaten entwickelte Seite des jetzigen Produktionssystems in ihren Einzelheiten zu verfolgen. Überall wendet man Maschinen an und vernichtet dadurch die letzte Spur der Unabhängigkeit des Arbeiters. Überall löst sich durch die Arbeit der Frau und der Kinder die Familie auf
1 (1845) und (1892) irrtümlich: 300 bis 330° Fahrenheit
oder wird gar durch die Brotlosigkeit des Mannes auf den Kopf gestellt; überall liefert die Unvermeidlichkeit der Maschinerie dem großen Kapitalisten das Geschäft und mit ihm die Arbeiter in die Hände. Die Zentralisation des Besitzes schreitet unaufhaltsam vorwärts, die Trennung der Gesellschaft in große Kapitalisten und besitzlose Arbeiter wird täglich schärfer, die industrielle Entwicklung der Nation rückt mit Riesenschritten auf eine unausbleibliche Krisis los. Ich erwähnte schon oben, daß in den Handwerken die Macht des Kapitals und mitunter auch die Teilung der Arbeit dasselbe Resultat herbeigeführt, die kleine Bourgeoisie verdrängt und an ihre Stelle große Kapitalisten und besitzlose Arbeiter gesetzt haben. Uber diese Handwerker ist im Grunde wenig zu sagen, da alles, was auf sie Bezug hat, bereits da seine Stelle gefunden hat, wo von dem industriellen Proletariat im allgemeinen die Rede war; auch hat sich hier in der Art der Arbeit und ihrem Einflüsse auf die Gesundheit seit dem Eintritt der industriellen Bewegung wenig verändert. Aber die Berührung mit den eigentlichen Industriearbeitern, der Druck der großen Kapitalisten, der viel fühlbarer wurde als der der kleinen Meister, zu denen der Geselle doch noch in einem persönlichen Verhältnisse stand, die Einflüsse großstädtischen Lebens und der fallende Lohn haben fast alle Handwerker zu tätigen Teilnehmern der Arbeiterbewegungen gemacht. Wir werden hierüber sogleich zu reden haben und wenden uns inzwischen zu einer Klasse der arbeitenden Bevölkerung von London, die wegen der außerordentlichen Barbarei, mit welcher sie von der Geldgier der Bourgeoisie ausgebeutet wird, besondere Beachtung verdient. Ich meine die Putzmacherinnen und Nähterinnen. Es ist eigentümlich, daß gerade die Verfertigung derjenigen Artikel, welche zum Schmuck der Damen von der Bourgeoisie dienen, mit den traurigsten Folgen für die Gesundheit der dabei beschäftigten Arbeiter verknüpft ist. Wir sahen dies schon oben bei der Spitzenfabrikation und haben jetzt wieder die Putzmacherläden von London zum Beweise für diese Angabe. Diese Etablissements beschäftigen eine Menge junger Mädchen - es sollen ihrer im ganzen 15 000 sein -, welche im Hause wohnen und essen, meist vom Lande herkommen und so die vollständigen Sklaven der Brotherrschaft sind. Während der fashionablen Saison, die etwa vier Monate im Jahre dauert, sind selbst in den besten Etablissements die Arbeitsstunden täglich fünfzehn und, wenn dringende Geschäfte vorkommen, achtzehn; in den meisten Läden indes wird während dieser Zeit ohne alle feste Zeitbestimmung gearbeitet, so daß die Mädchen nie mehr als sechs, oft nur drei oder vier, ja zuweilen nur zwei Stunden in vierundzwanzig zur Ruhe und zum Schlaf frei haben und neunzehn bis zweiundzwanzig Stunden gearbeitet wird, wenn sie nicht, was
oft genug vorkommt, die ganze Nacht durcharbeiten müssen! Die einzige Grenze, die ihrer Arbeit gesetzt wird, ist die positive physische Unfähigkeit, die Nadel auch nur eine Minute länger zu führen. Es kommen Fälle vor, wo diese hülflosen Geschöpfe neun Tage lang hintereinander nicht aus den Kleidern kamen und nur gelegentlich dann und wann ein paar Augenblicke auf einer Matratze ausruhen konnten, wo man ihnen das Essen kleingeschnitten vorsetzte, damit sie es in der kürzestmöglichen Zeit verschlucken könnten; kurz, diese unglücklichen Mädchen werden durch die moralische Sklavenpeitsche - die Drohung der Entlassung - in einer so anhaltenden und unablässigen Arbeit erhalten, wie sie kein starker Mann, geschweige denn zarte Mädchen von 14 bis 20 Jahren ertragen können. Dazu die dumpfige Luft der Arbeitszimmer und ebenfalls der Schlafsäle, die gebückte Stellung, die oft schlechte, schwerverdauliche Kost - alles das, aber vor allem die lange Arbeit und Absperrung von der freien Luft, erzeugt die traurigsten Resultate für die Gesundheit der Mädchen. Mattigkeit und Erschlaffung, Schwäche, Verlust des Appetits, Schmerzen in den Schultern, dem Rücken und den Hüften, besonders aber Kopfschmerzen treten sehr bald ein; dann Verkrümmung des Rückgrats, hohe, verwachsene Schultern, Abmagerung, geschwollene, fließende und schmerzhafte Augen, die bald kurzsichtig werden, Husten, Engbrüstigkeit und kurzer Atem sowie alle weiblichen Entwicklungskrankheiten. Die Augen leiden in vielen Fällen so stark, daß unheilbare Blindheit, gänzliche Desorganisation des Auges eintritt, und wenn das Gesicht gut genug bleibt, um eine Fortsetzung der Arbeit möglich zu machen, so endigt gewöhnlich die Schwindsucht das kurze, traurige Leben dieser Putzmacherinnen. Selbst bei denjenigen, die diese Arbeit früh genug verlassen, bleibt die körperliche Gesundheit für immer zerstört, die Kraft der Konstitution gebrochen; sie sind fortwährend, besonders in der Ehe, siech und schwächlich und bringen kränkliche Kinder zur Welt. Alle Ärzte, die von dem Kommissär (der Ch. Empl. Comm.) befragt wurden, äußerten sich einstimmig dahin, daß keine Lebensweise erfunden werden könne, die mehr als diese dahin ziele, die Gesundheit zu vernichten und einen frühen Tod herbeizuführen.
Mit derselben Grausamkeit, nur etwas mehr indirekt, werden die Nähterinnen überhaupt in London ausgebeutet. Die Mädchen, welche sich mit der Anfertigung von Schnürleibchen beschäftigen, haben eine harte, mühsame, das Auge anstrengende Arbeit, und was ist der Lohn, den sie bekommen? Ich weiß es nicht, aber das weiß ich, daß der Unternehmer, der Bürgschaft für das ihm überlieferte Material geben muß und die Arbeit an die einzelnen Nähterinnen verteilt, 11/3 Penny, 15 Pfennig preußisch, für das Stück erhält. Davon geht sein Nutzen noch ab, und der ist mindestens 1ja Penny - hoch
stens also 1 Penny geht in die Tasche des armen Mädchens. Die Mädchen, welche Halsbinden nähen, müssen sich zu sechzehnstündiger Arbeit verpflichten und erhalten wöchentlich 41/a sh., P/s Taler preußisch, wofür sie etwa soviel kaufen können wie für 20 Silbergroschen in der teuersten Stadt Deutschlands.* Am schlimmsten aber ergeht es denen, die Hemden nähen. Sie bekommen für ein gewöhnliches Hemd 11/2 Pence - früher bekamen sie 2 bis 3 Pence, aber seitdem das Armenhaus von St.Pancras, das von einer bourgeoisie-radikalen1 Behörde verwaltet wird, anfing zu 11/2 Pence Arbeit zu übernehmen, mußten die armen Frauenzimmer es auch tun. Für feine, verzierte Hemden, die bei achtzehnstündiger Arbeit in einem Tage fertiggemacht werden können, wird 6 Pence, 5 Silbergroschen, bezahlt. Der Lohn dieser Nähterinnen beträgt hiernach und nach vielseitigen Aussagen von Arbeiterinnen und Übernehmern2, bei sehr angestrengter, tief in die Nacht hinein fortgesetzter Arbeit wöchentlich 21/2 bis 3 Shilling! Und was dieser schändlichen Barbarei die Krone aufsetzt, ist, daß die Nähterinnen den Betrag der ihnen anvertrauten Materialien teilweise deponieren müssen, was sie natürlich nicht anders können, als wenn sie - wie dies auch die Eigentümer wissen einen Teil derselben verpfänden und entweder mit Verlust einlösen, oder, wenn sie die Stoffe nicht auslösen können, vor das Friedensgericht wandern müssen, wie dies einer Nähterin im November 1843 geschah. Ein armes Mädchen, das in diesem Falle war und nicht wußte, v/as es anfangen sollte, ertränkte sich im August 1844 in einem Kanal. Diese Nähterinnen leben gewöhnlich in kleinen Dachstübchen im größten Elende, wo sich ihrer so viele in einem Zimmer zusammendrängen, als der Raum nur eben erlaubt, und wo im Winter meist die animalische Wärme der Anwesenden das einzige Heizungsmittel ist. Dort sitzen sie über ihre Arbeit gebückt und nähen von morgens vier oder fünf bis Mitternacht, verwüsten ihre Gesundheit in ein paar Jahren und bringen sich in ein frühes Grab, ohne sich auch nur die allerdringendsten Bedürfnisse verschaffen zu können**, während unten zu
* Vgl. „Weekly Dispatch", 17.März 1844. ** ThomasHood, der talentvollste aller jetzigen englischen Humoristen und, wie alle Humoristen, voll menschlichen Gefühls, aber ohne alle geistige Energie, veröffentlichte im Anfange des Jahres 1844, als das Elend der Nähterinnen alle Zeitungen füllte, ein schönes Gedicht: „The Song of the Shirt", das Lied vom Hemde, das manche mitleidige, aber nutzlose Träne den Augen der Bourgeoisietöchter entlockte. Ich habe nicht Raum genug, um es hier wiedergeben zu können; es stand ursprünglich im „Punch" und machte dann die Runde durch die Zeitungen. Da die Lage der Nähterinnen damals in allen Zeitungen besprochen wurde, sind spezielle Zitate überflüssig.
1 (1892) bourgeois-radikalen - 2 (1892) Unternehmern (offenbar Druckfehler)
ihren Füßen die glänzenden Karossen der hohen Bourgeoisie vorbeirollen und während vielleicht zehn Schritt weiter ein erbärmlicher Dandy an einem Abend mehr Geld im Pharo verliert, als sie sich im ganzen Jahre erwerben können.
Das ist die Lage des englischen industriellen Proletariats. Überall, wohin wir uns wenden, finden wir dauerndes oder temporäres Elend, Krankheiten, die aus der Lage oder der Arbeit entstehen, Demoralisation; überall Vernichtung, langsame, aber sichere Untergrabung der menschlichen Natur in körperlicher wie geistiger Beziehung. Ist das ein Zustand, der dauern kann? Dieser Zustand kann und wird nicht dauern. Die Arbeiter, die große Majorität des Volks, wollen es nicht. Sehen wir zu, was sie von diesem Zustande sagen.
Arbeiterbewegungen
Man wird mir zugeben, selbst wenn ich es nicht so oft im einzelnen nachgewiesen hätte, daß die englischen Arbeiter sich in dieser Lage nicht glücklich fühlen können; daß die ihrige keine Lage ist, in der ein Mensch oder eine ganze Klasse von Menschen menschlich denken, fühlen und leben können1. Die Arbeiter müssen sich also bestreben, aus dieser vertierenden Lage herauszukommen, sich eine bessere, menschlichere Stellung zu verschaffen, und dies können sie nicht tun, ohne gegen das Interesse der Bourgeoisie als solcher, das eben in der Ausbeutung der Arbeiter besteht, anzukämpfen; die Bourgeoisie aber verteidigt ihr Interesse mit allen Kräften, die sie durch den Besitz und die ihr zu Gebote stehende Staatsmacht aufzuwenden imstande ist. Sowie der Arbeiter sich aus der jetzigen Lage der Dinge herausarbeiten will, wird der Bourgeois sein erklärter Feind. Der Arbeiter merkt es aber außerdem jeden Augenblick, daß die Bourgeoisie ihn wie eine Sache, wie ihr Eigentum behandelt, und schon deshalb tritt er als Feind der Bourgeoisie auf. Ich habe oben an hundert Beispielen nachgewiesen und hätte an hundert andern nachweisen können, daß unter den jetzigen Verhältnissen der Arbeiter seine Menschheit nur durch den Haß und die Empörung gegen die Bourgeoisie retten kann. Und daß er mit der heftigsten Leidenschaft gegen die Tyrannei der Besitzenden protestieren kann, dafür sorgt seine Erziehung oder vielmehr Erziehungslosigkeit und das viele heiße irische Blut, das in die englische Arbeiterklasse übergegangen ist. Der englische Arbeiter ist kein Engländer mehr, kein kalkulierender Geldmensch wie sein besitzender Nachbar, er hat voller entwickelte Gefühle, seine angeborne nordische Kälte wird durch die Ungebundenheit, in der seine Leidenschaften sich ausbilden und die Herrschaft über ihn erringen konnten, aufgewogen. Die Verstandesbildung, die die selbstsüchtige Anlage des eng
1 (1892) kann
lischen Bourgeois so bedeutend entwickelt, die die Selbstsucht zu seiner herrschenden Leidenschaft gemacht und alle Gefühlskraft auf den einen Punkt der Geldgier konzentriert hat, fehlt dem Arbeiter, und dafür sind seine Leidenschaften stark und mächtig wie beim Ausländer. Die englische Nationalität ist im Arbeiter vernichtet. Wenn, wie wir sahen, dem Arbeiter kein einziges Feld für die Betätigung seiner Menschheit gelassen ist als die Opposition gegen seine ganze Lebenslage, so ist es natürlich, daß gerade in dieser Opposition die Arbeiter am liebenswürdigsten, am edelsten, am menschlichsten erscheinen müssen. Wir werden sehen, daß alle Kraft, alle Tätigkeit der Arbeiter sich auf diesen einen Punkt richtet und daß selbst die Bemühungen, sich sonstige humane Bildung zu erwerben, alle in direkter Verbindung mit ihm stehen. Wir werden allerdings von einzelnen Gewaltsamkeiten und selbst Brutalitäten zu berichten haben, aber es ist immer zu bedenken, daß der soziale Krieg in England offen besteht und daß, wenn es das Interesse der Bourgeoisie ist, diesen Krieg heuchlerisch, unter dem Scheine des Friedens und selbst der Philanthropie zu führen, dem Arbeiter nur eine Offenlegung der wahren Verhältnisse, eine Zerstörung dieser Heuchelei dienen kann; daß also selbst die gewaltsamsten Feindseligkeiten der Arbeiter gegen die Bourgeoisie und ihre Diener nur der offene, unverhohlene Ausdruck dessen sind, was die Bourgeoisie den Arbeitern verstohlen und heimtückisch antut. Die Empörung der Arbeiter gegen die Bourgeoisie hat bald nach der industriellen Entwicklung angefangen und verschiedenePhasen durchgemacht. Es ist hier nicht der Ort, die historische Bedeutung dieser Phasen für die Entwicklung des englischen Volks näher darzulegen; dies muß ich mir für eine spätere Arbeit vorbehalten und mich einstweilen auf die bloßen Tatsachen, soweit sie zur Charakteristik der Lage des englischen Proletariats dienen, beschränken. Die erste, rohste und unfruchtbarste Form dieser Empörung war das Verbrechen. Der Arbeiter lebte in Not und Elend und sah, daß andere Leute es besser hatten als er. Seinem Verstände leuchtete nicht ein, weshalb er grade, der doch mehr für die Gesellschaft tat als der reiche Faulenzer, unter diesen Umständen leiden sollte. Die Not besiegte noch dazu den angestammten Respekt vor dem Eigentum - er stahl. Wir sahen, wie mit der Ausdehnung der Industrie das Verbrechen zunahm, wie die jährliche Zahl der Verhaftungen im steten Verhältnis zu der der konsumierten Baumwollballen steht. Aber die Arbeiter sahen bald ein, daß dies nichts half. Die Verbrecher konnten nur einzeln, nur als Individuen durch ihren Diebstahl gegen die
bestehende Gesellschaftsordnung protestieren; die ganze Macht der Gesellschaft warf sich auf jeden einzeln und erdrückte ihn mit einer ungeheuren Übermacht. Zudem war der Diebstahl die ungebildetste, bewußtloseste Form der Protestation und schon deshalb nie der allgemeine Ausdruck für die öffentliche Meinung der Arbeiter, obwohl sie ihn im stillen billigen mochte. Die Arbeiter^/asse ergriff erst Opposition gegen die Bourgeoisie, als sie sich gewaltsam der Einführung von Maschinerie widersetzte, wie dies gleich im Anfange der industriellen Bewegung geschah. Die ersten Erfinder, Arkwright usw., wurden schon auf diese Weise verfolgt und ihre Maschinen zerschlagen; später kamen eine Menge von Aufständen gegen Maschinerie vor, bei denen es fast genauso zuging wie bei den böhmischen Druckerunruhen im Juni !844t76]; die Fabriken wurden demoliert und die Maschinen zertrümmert. Auch diese Art der Opposition war nur vereinzelt, auf gewisse Lokalitäten beschränkt und richtete sich nur gegen eine einzige Seite der jetzigen Verhältnisse. War der augenblickliche Zweck erreicht, so fiel die volle Wucht der gesellschaftlichen Macht auf die wieder wehrlosen Übeltäter und züchtigte sie nach Herzenslust, während die Maschinerie dennoch eingeführt wurde. Man mußte eine neue Form für die Opposition finden. Hierzu half ein Gesetz, das vom alten, unreforrnierten, oligarchischtorystischen Parlament erlassen wurde, ein Gesetz, das später, als durch die Reformbill der Gegensatz zwischen Bourgeoisie und Proletariat gesetzlich sanktioniert und die Bourgeoisie zur herrschenden Klasse erhoben wurde, nie mehr das Unterhaus passiert hätte. Dies Gesetz ging im Jahre 1824 durch und hob alle Akte auf, durch welche bisher Verbindungen zwischen Arbeitern zu Arbeiterzwecken verboten gewesen waren. Die Arbeiter bekamen das bisher nur der Aristokratie und Bourgeoisie gehörende Recht der freien /Issoziation. Geheime Verbindungen hatten zwar schon bisher immer unter den Arbeitern bestanden, hatten es aber nie zu großen Resultaten bringen können. In Schottland hatte unter andern, wie Symons („Arts and Artisans", p. 137ff.) erzählt, schon 1812 unter den Webern in Glasgow eine allgemeine Arbeitseinstellung stattgefunden, die durch eine geheime Assoziation zustande gebracht wurde. Sie wiederholte sich 1822, und bei dieser Gelegenheit wurde zweien Arbeitern, die sich der Assoziation nicht anschließen wollten und infolgedessen von den Assoziierten als Verräter an ihrer Klasse betrachtet wurden, Vitriolöl ins Gesicht geschüttet, wodurch sie den Gebrauch der Augen verloren. Ebenso war 1818 die Assoziation der schottischen Grubenarbeiter mächtig genug, um eine allgemeine Arbeitseinstellung durchsetzen zu können. Diese Assoziationen ließen ihre Mitglieder einen Eid der Treue und Verschwiegenheit ablegen, hatten regelmäßige Listen, Kassen, Buch
führung und lokale Verzweigungen. Aber die Heimlichkeit, mit der alles getrieben wurde, lähmte ihre Entwicklung. Als dagegen die Arbeiter 1824 das freie Assoziationsrecht erhielten, wurden diese Verbindungen sehr bald über ganz England ausgedehnt und mächtig. In allen Arbeitszweigen bildeten sich solche Vereine (trades unions) mit der unverhohlenen Absicht, den einzelnen Arbeiter gegen die Tyrannei und Vernachlässigung der Bourgeoisie zu schützen. Ihre Zwecke waren: den Lohn festzustellen und en masse, als Macht mit den Arbeitgebern zu unterhandeln, den Lohn nach dem Nutzen1 des Arbeitgebers zu regulieren, ihn zu erhöhen, wenn gelegene Zeit kam, und ihn in jedem einzelnen Handwerke überall gleich hoch zu erhalten; deshalb pflegten sie mit den Kapitalisten wegen einer allgemein zu beobachtenden Lohnskala zu unterhandeln und jedem einzelnen, der sich weigerte, dieser Skala beizutreten, die Arbeit aufzukündigen. Ferner, durch Beschränkung der Annahme von Lehrlingen die Nachfrage nach Arbeitern immer lebhaft und dadurch den Lohn hochzuhalten, der hinterlistigen Lohnverkürzung der Fabrikanten durch Einführung von neuen Maschinen und Werkzeugen etc. soviel wie möglich entgegenzuarbeiten; und endlich, brotlose Arbeiter durch Geldmittel zu unterstützen. Dies geschieht entweder direkt aus der Vereinskasse oder durch eine Karte, worauf die nötige Legitimation verzeichnet steht und auf die hin der Arbeiter von einem Orte zum andern wandert, von seinen Gewerbsgenossen unterstützt und über die beste Gelegenheit, Arbeit zu erhalten, unterrichtet wird. Diese Wanderschaft heißt bei den Arbeitern the tramp, und der so Wandernde ein tramper. Um diese Zwecke zu erreichen, wird ein Präsident und Sekretär mit Gehalt - da zu erwarten steht, daß kein Fabrikant solche Leute beschäftigen werde - sowie ein Komitee ernannt, das die wöchentlichen Beiträge erhebt und über deren Verwendung zu den Zwecken der Assoziation wacht. Wenn es möglich war und sich vorteilhaft erwies, so vereinigten sich die Handwerksgenossen einzelner Distrikte auch wohl zu einer föderierten Verbindung und hielten zu bestimmten Zeiten Versammlungen von Delegierten. In einzelnen Fällen ist es versucht worden, die Genossen eines Gewerks über ganz England zu einer großen Verbindung zu vereinigen und mehrere Male - zuerst 1830 - eine allgemeine Arbeiterassoziation des ganzen Reichs, mit besonderer Organisation jedes Gewerks in sich, zu vereinigen. Diese Assoziationen hielten sich indes nie lange und kamen selten auch nur für den Augenblick zustande, da nur eine außerordentliche allgemeine Aufregung imstande ist, eine solche Verbindung möglich und wirksam zu machen.
1 (1892) Profit
28 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
Die Mittel, die diese Verbindungen zur Erreichung ihrer Zwecke anzuwenden pflegen, sind folgende. Weigert sich ein einzelner oder mehrere Meister, den von der Assoziation festgesetzten Lohn zu bezahlen, so wird ihm eine Deputation geschickt oder eine Petition (man sieht, die Arbeiter wissen die Gewalt des absoluten Fabrikherrn in seinem kleinen Staate anzuerkennen) eingereicht; hilft das nicht, so befiehlt die Assoziation, die Arbeit einzustellen, und alle Arbeiter gehen nach Hause. Diese Arbeitseinstellung (turn-out oder strike) ist entweder partial, wenn einer oder einige, oder allgemein, wenn sämtliche Arbeitgeber des Gewerks sich weigern, den Lohn nach den Vorschlägen der Assoziation zu regeln. So weit gehen die gesetzlichen Mittel der Verbindung, falls nämlich die Arbeitseinstellung, was nicht immer der Fall ist, unter vorheriger Kündigung geschieht. Aber diese gesetzlichen Mittel sind eben sehr schwach, sobald es noch Arbeiter gibt, die außer der Assoziation stehen oder sich von ihr durch augenblickliche, vom Bourgeois gebotene Vorteile trennen lassen. Namentlich bei partialen Arbeitseinstellungen kann sich der Fabrikant leicht aus diesen räudigen Schafen (Knobsticks1 genannt) rekrutieren und dadurch die Anstrengungen der vereinigten Arbeiter fruchtlos machen. Gewöhnlich werden diese Knobsticks dann von den Verbindungsgliedern bedroht, gescholten, geschlagen oder sonst gemißhandelt, kurz, auf jede Weise eingeschüchtert; eine Klage folgt, und da die gesetzliebende Bourgeoisie bis jetzt noch die Macht hat, so ist die Kraft der Assoziation durch den ersten gesetzwidrigen Akt, durch die erste gerichtliche Klage gegen ihre Mitglieder fast jedesmal gebrochen. Die Geschichte dieser Verbindungen ist eine lange Reihe von Niederlagen der Arbeiter, unterbrochen von wenigen einzelnen Siegen. Es ist natürlich, daß alle diese Anstrengungen das Gesetz der Ökonomie nicht ändern können, daß sich der Lohn durch das Verhältnis der Nachfrage zum Angebot im Arbeitsmarkte richtet2. Daher sind diese Verbindungen gegen alle großen Ursachen, die auf dies Verhältnis wirken, ohnmächtig; in einer Handelskrisis muß die Assoziation den Lohn selbst herabsetzen oder sich gänzlich auflösen, und bei einer bedeutenden Steigerung der Nachfrage nach Arbeit kann sie den Lohn nicht höherstellen, als es ohnehin von selbst durch die Konkurrenz der Kapitalisten geschehen würde. Aber gegen kleinere, einzeln wirkende Ursachen sind sie allerdings mächtig. Hätte der Fabrikant von den Arbeitern keine konzentrierte, massenhafte Opposition zu erwarten, so würde er um seines Nutzens willen allmählich den Lohn immer mehr und mehr drücken; der Kampf der Konkurrenz, den er gegen die andern Fabrikanten
1 Streikbrecher; auch Arbeiter, die unter dem Tariflohn arbeiten — 2 (1892) bestimmt
zu bestehen bat, würde ibn sogar dazu zwingen und der Lobn bald auf sein Minimum sinken. Diese Konkurrenz der Fabrikanten unter sich wird aber in Durchschnittsverhältnissen allerdings durch die Opposition der Arbeiter gehemmt. Jeder Fabrikant weiß, daß die Folge einer nicht durch Umstände, denen auch seine Konkurrenten unterworfen sind, gerechtfertigten Lohnverkürzung ein Strike sein würde, der ihm sichern Schaden bringt, weil sein Kapital für die Dauer desselben müßig stehen, seine Maschinerie verrosten würde, während es in einem solchen Falle allerdings noch sehr ungewiß ist, ob er seine Lohnverkürzung durchsetzt und er die Gewißheit hat, daß, sowie sie ihm gelingt, seine Konkurrenten ihm folgen, die Preise des Fabrikats drücken und ihm dadurch den Nutzen derselben wieder entziehen werden. Dann bringen die Verbindungen allerdings öfter eine schnellere Erhöhung des Lohnes nach einer Krisis hervor, als diese sonst eintreten würde; der Fabrikant hat ja das Interesse, den Lohn nicht früher zu erhöhen, als die Konkurrenz seiner Mitfabrikanten ihn dazu zwingt, während jetzt die Arbeiter selbst einen höheren Lohn fordern, wenn der Markt sich bessert und sie den Fabrikanten unter solchen Umständen wegen geringerer Auswahl von Arbeitern oft durch eine Arbeitseinstellung zur Lohnerhöhung zwingen können. Aber wie gesagt, gegen bedeutendere Ursachen, die den Arbeitsmarkt verändern, sind die Verbindungen wirkungslos. In solchen Fällen treibt der Hunger die Arbeiter allmählich dazu, zu jeden Bedingungen die Arbeit wieder anzutreten, und wenn erst einige wieder eingetreten sind, so ist die Macht der Assoziation gebrochen, weil diese wenigen Knobsticks mit den noch im Markte befindlichen Warenvorräten die Bourgeoisie in den Stand setzen, die schlimmsten Folgen der Geschäftsstörung zu beseitigen. Die Fonds der Assoziation werden durch die Menge der zu Unterstützenden bald erschöpft, der Kredit, den die Krämer gegen hohe Zinsen geben, wird auf die Dauer verweigert, und die Not zwingt die Arbeiter, in das Joch der Bourgeoisie zurückzukehren. Weil aber die Fabrikanten in ihrem eignen Interesse - freilich ist es nur durch die Opposition der Arbeiter ihr Interesse geworden - alle unnötigen Lohnverkürzungen vermeiden müssen, während die Arbeiter in jeder durch die Handelsverhältnisse bedingten Herabsetzung des Lohns eine Verschlechterung ihrer Lage fühlen, gegen die sie sich möglichst zu wahren haben, deshalb fallen die meisten Turnouts zum Nachteil der Arbeiter aus. Man wird fragen, weshalb denn die Arbeiter in solchen Fällen, wo doch die Nutzlosigkeit der Maßregel auf der Hand liegt, die Arbeit einstellen? Einfach, weil sie gegen die Herabsetzung des Lohns und selbst gegen die Notwendigkeit dieser Herabsetzung protestieren müssen, weil sie erklären müssen, daß sie, als Menschen, nicht nach den Verhältnissen sich zu
schicken, sondern daß die Verhältnisse sich nach ihnen, den Menschen, zu richten haben; weil ihr Stillschweigen eine Anerkennung dieser Verhältnisse, eine Anerkennung sein würde des Rechtes der Bourgeoisie, während guter Handelsperioden die Arbeiter auszubeuten und sie in schlechten Zeiten verhungern zu lassen. Die Arbeiter müssen dagegen protestieren, solange sie noch nicht alles menschliche Gefühl verloren haben, und daß sie so und nicht anders protestieren, kommt daher, weil sie Engländer, praktische Leute sind, die ihren Protest durch eine Tat einlegen, und nicht wie die deutschen Theoretiker ruhig schlafen gehen, sobald ihr Protest gehörig protokolliert und ad acta gelegt ist, um dort ebenso ruhig zu schlafen wie die Protestierenden. Der tatsächliche Protest des Engländers dagegen hat seine Wirkung, er hält die Geldgier der Bourgeoisie in gewissen Schranken und erhält die Opposition der Arbeiter gegen die gesellschaftliche und politische Allmacht der besitzenden Klasse lebendig, während er ihnen allerdings auch das Geständnis abzwingt, daß etwas mehr als Arbeiterverbindungen und Turnouts nötig ist, um die Herrschaft der Bourgeoisie zu brechen. Was aber diesen Assoziationen und den aus ihnen hervorgehenden Turnouts die eigentliche Wichtigkeit gibt, ist das, daß sie der erste Versuch der Arbeiter sind, die Konkurrenz aufzuheben. Sie setzen die Einsicht voraus, daß die Herrschaft der Bourgeoisie nur auf der Konkurrenz der Arbeiter unter sich beruht, d. h. auf der Zersplitterung des Proletariats, aus der Entgegensetzung der einzelnen Arbeiter gegeneinander . Und gerade weil sie sich, wenn auch nur einseitig, nur auf beschränkte Weise gegen die Konkurrenz, gegen den Lebensnerv der jetzigen sozialen Ordnung richten, gerade deshalb sind sie dieser sozialen Ordnung so gefährlich. Der Arbeiter kann die Bourgeoisie und mit ihr die ganze bestehende Einrichtung der Gesellschaft an keinem wunderen Fleck angreifen als an diesem. Ist die Konkurrenz der Arbeiter unter sich gestört, sind alle Arbeiter entschlossen, sich nicht mehr durch die Bourgeoisie ausbeuten zu lassen, so ist das Reich des Besitzes am Ende. Der Arbeitslohn ist ja bloß deshalb von dem Verhältnisse von Nachfrage und Angebot, von der zufälligen Lage des Arbeitsmarktes abhängig, weil die Arbeiter sich bisher gefallen ließen, als Sache, die man kauft und verkauft, behandelt zu werden. Beschließen die Arbeiter, sich nicht mehr kaufen und verkaufen zu lassen, treten sie bei der Bestimmung, was denn eigentlich der Wert der Arbeit sei, als Menschen auf, die neben der Arbeitskraft auch einen Willen haben, so ist es aus mit der ganzen heutigen Nationalökonomie und den Gesetzen des Lohns. Die Gesetze des Lohns würden allerdings auf die Dauer sich wieder geltend machen, wenn die Arbeiter bei der Aufhebung der Konkurrenz unter sich selbst stehenbleiben; aber das können sie nicht, ohne ihre ganze bisherige Bewegung
aufzugeben, ohne diese Konkurrenz der Arbeiter unter sich wiederherzustellen, d. h., sie können es überhaupt nicht. Die Notwendigkeit zwingt sie dazu, nicht nur einen Teil der Konkurrenz, sondern die Konkurrenz überhaupt aufzuheben - und das werden sie auch tun. Die Arbeiter sehen es schon jetzt täglich mehr ein, was sie an der Konkurrenz haben, sie sehen besser ein als die Bourgeois, daß auch die Konkurrenz der Besitzenden unter sich, indem sie die Handelskrisen hervorbringt, auf den Arbeiter drückt, und daß auch diese zu beseitigen ist. Sie werden es bald einsehen, wie sie dies anzufangen haben. Daß diese Verbindungen sehr dazu beitragen, den Haß und die Erbitterung der Arbeiter gegen die besitzende Klasse zu nähren, braucht wohl nicht erst gesagt zu werden. Von diesen Verbindungen gehen daher - mit oder ohne Mitwissen der leitenden Mitglieder - in Zeiten ungewöhnlicher Aufregung einzelne Handlungen aus, die nur durch einen bis zur Verzweiflung gesteigerten Haß, durch eine wilde, alle Schranken durchbrechende Leidenschaft zu erklären sind. Dieser Art sind die oben erwähnten Fälle von Übergießung mit Vitriolöl und eine Reihe anderer, von denen ich einige erzählen will. 1831 wurde während einer heftigen Arbeiterbewegung der junge Ashton, Fabrikant in Hyde bei Manchester, eines Abends, als er durch die Felder ging, erschossen, und nie eine Spur des Täters entdeckt. Es ist kein Zweifel, daß es eine Tat der Rache von Arbeitern war. - Brandstiftungen und Sprengungsversuche sind sehr häufig. Freitag, den 29. September 1843 wurde ein Versuch gemacht, die Werkstatt des Sägenfabrikanten Padgin in Howard Street, Sheffield, in die Luft zu sprengen. Eine eiserne, mit Pulver gefüllte und zugekeilte Röhre war das Mittel dazu - der Schade war beträchtlich. Am folgenden Tag, den 30. September, fiel ein ähnlicher Versuch in der Messer- und Feilenfabrik von Ibbetson, Shales Moor bei Sheffield, vor. Herr Ibbetson hatte sich durch tätige Teilnahme an Bourgeoisie-Bewegungen, durch niedrigen Lohn, ausschließliche Beschäftigung von Knobsticks und Ausbeutung der Armengesetze zu seinem Vorteil (indem er während der Krisis 1842 die Arbeiter dadurch zur Annahme niedrigen Lohnes zwang, daß er die Weigernden der Armenverwaltung als solche, die Arbeit bekommen könnten, aber nicht wollten, und also keine Unterstützung verdienten, namhaft machte) verhaßt gemacht. Ziemlicher Schaden wurde durch die Explosion angerichtet, und alle Arbeiter, die ihn zu besehen kamen, bedauerten nur, „daß nicht die ganze Geschichte in die Luft gesprengt sei". - Freitag, den 6.Oktober 1843 ein Brandstiftungsversuch in der Fabrik von Ainsworth und Crompton in Bolton, richtete keinen Schaden an - es war der dritte oder vierte Versuch in einer sehr kurzen Zeit und in derselben Fabrik. - In der Sitzung des Stadtrats von
Sheffield am Mittwoch, den 10. Januar 1844 legte der Polizeikommissär eine eigens zum Sprengen gemachte Maschine von Gußeisen vor, die, mit vier Pfund Pulver gefüllt und mit einer angebrannten, aber erloschenen Lunte versehen, in der Fabrik des Herrn Kitchen, Earl Street, Sheffield, gefunden war. - Sonntag, den 20. Januar 1844 fiel eine Explosion in der Sägemühle von Bentley und White, Bury, Lancashire, vor, die, durch hineingeworfene Pulverpakete verursacht, bedeutenden Schaden anrichtete. - Donnerstag, den 1 .Februar 1844 wurden die Soho Wheel Works in Sheffield in Brand gesteckt und ein Raub der Flammen. - Das sind sechs derartige Fälle in vier Monaten, die alle nur in der Erbitterung der Arbeiter gegen die Arbeitgeber ihren Grund haben. Welch ein sozialer Zustand derjenige sein muß, in dem solche Dinge nur möglich sind, brauche ich wohl nicht zu sagen. Diese Tatsachen sind Beleg genug, daß in England, selbst in flotten Geschäftsperioden, wie Ende 1843, der soziale Krieg erklärt ist und offen gehandhabt wird - und doch besinnt sich die englische Bourgeoisie noch immer nicht 1 - Aber der Fall, der am lautesten spricht, ist der der Thttgs von Glasgow*, der vor den Assisen dieser Stadt vom 3. bis 11.Januar 1838 verhandelt wurde. Aus den Verhandlungen ging hervor, daß die Assoziation der Baumwollspinner, die hier seit 1816 existierte, eine seltene Organisation und Kraft besaß. Die Mitglieder waren durch Eid an die Beschlüsse der Majorität gebunden und hatten während jedes Turnouts ein geheimes Komitee, das der großen Menge der Mitglieder nicht bekannt war und unbeschränkt über die Gelder verfügen konnte. Das Komitee stellte Preise auf die Köpfe von Knobsticks, verhaßten Fabrikanten und auf Brandstiftungen in Fabriken. Eine Fabrik wurde so in Brand gesteckt, in welcher weibliche Knobsticks anstatt der Männer zum Spinnen beschäftigt wurden; eine Frau MacPherson, Mutter eines dieser Mädchen, ermordet, und die beiden Mörder für Rechnung der Assoziation nach Amerika geschafft. 1820 schon war auf einen Knobstick, namens MacQuarry, geschossen und dieser verwundet worden, wofür der Täter 15 Pfund Sterling von der Assoziation bekam. Später wurde ebenfalls auf einen gewissen Graham geschossen; der Täter erhielt 20 Pfund, wurde aber entdeckt und auf Lebenszeit transportiert. 1837 endlich, im Mai, fielen infolge eines Turnouts bei den Oatbank- und Mile-End-Fabriken Unruhen vor, wobei etwa ein Dutzend Knobsticks mißhandelt wurden; im Juli desselben Jahres dauerten die Unruhen noch fort, und ein gewisser Smith, ein Knobstick, wurde so mißhandelt, daß er starb. Jetzt wurde das Komitee verhaftet, die Unter
* Thugs wurden diese Arbeiter nach dem ostindischen, bekannten Volksstamm genannt, dessen einziges Gewerbe der Meuchelmord aller Fremden ist, die ihm in die Hände fallen.
suchung begonnen und infolge derselben der Präsident und die Hauptmitglieder der Teilnahme an ungesetzlichen Verbindungen, der Mißhandlung der Knobsticks und der Brandstiftung in der Fabrik von James und Francis Wood schuldig befunden und für 7 Jahre transportiert. - Was sagen unsere guten Deutschen zu dieser Geschichte?* Die besitzende Klasse und namentlich der fabrizierende Teil derselben, der unmittelbar mit den Arbeitern in Berührung kommt, eifert mit der größten Heftigkeit gegen diese Verbindungen und sucht den Arbeitern fortwährend die Nutzlosigkeit derselben mit Gründen zu beweisen, die nationalökonomisch ganz richtig, aber eben deswegen teilweise falsch und für einen Arbeiterverstand ganz und gar wirkungslos sind. Schon der Eifer der Bourgeoisie beweist, daß sie nicht uninteressiert bei der Sache ist, und abgesehen von dem unmittelbaren Schaden eines Turnouts stehen die Sachen hier so, daß das, was in die Taschen des Fabrikanten geht, notwendig aus der des Arbeiters gehen muß. Und wüßten selbst die Arbeiter nicht zu gut, daß die Verbindungen die wetteifernde Lohnkürzungslust ihrer Brotherrn wenigstens einigermaßen im Zaume halten, so würden sie schon deshalb dabeibleiben, weil sie den Fabrikanten, ihren Gegnern, dadurch schaden. Im Kriege ist der Schaden einer Partei der Nutzen der andern, und da die Arbeiter gegen ihre Fabrikherrn auf dem Kriegsfuße stehen, so ist das nur dasselbe, was die hohen Potentaten auch tun, wenn sie sich gegenseitig in die Haare geraten. - Vor allen andern Bourgeois ist wieder unser Freund, der Doktor Ure, der wütendste Feind aller Arbeiterverbindungen. Er schäumt vor Entrüstung über die „geheimen Tribunale" der Baumwollspinner, der mächtigsten Arbeitersektion, Tribunale, die sich rühmen, jeden ungehorsamen Fabrikanten paralysieren zu können, „und so den Mann ruinieren, der ihnen jahrelang Unterhalt gab". Er spricht von einer Zeit, „wo das erfinderische Haupt und das belebende
* „Was für eine Art .wilder Gerechtigkeit' (wild-justice) muß es gewesen sein in den Herzen dieser Männer, die sie antreibt, mit kalter Überlegung, im Konklave versammelt, ihren arbeitenden Mitbruder als Deserteur von seinem Stande und von der Sache seines Standes zum Tode eines Verräters und Deserteurs zu verurteilen, ihn hinzurichten, da ein öffentlicher Richter und Henker es nicht tut, durch einen heimlichen Henker, gleich dem alten Femgericht und geheimen Tribunal der Ritterzeit, das plötzlich in dieser Weise sich erneuert, mehr als einmal plötzlich vor das erstaunte Auge der Leute tritt, nicht in Panzerhemden, sondern in Samtjacken gekleidet, nicht in westfälischen Wäldern sich versammelnd, sondern im gepflasterten Gallowgate von Glasgow! — Solch ein Gefühl muß weit verbreitet sein, und stark unter der Menge, wenn es auch nur in seiner höchsten Spitze eine solche Gestalt in Wenigen annehmen kann!" Carlyle, „Chartism" [London 1840], p. 41.
Herz der Industrie durch die unruhigen unteren Glieder in Knechtschaft erhalten wurden" - schade, daß die englischen Arbeiter sich nicht so leicht durch deine Fabel beschwichtigen lassen wie die römischen Plebejer, neuer Menenius Agrippa![99J -, und erzählt endlich folgende schöne Geschichte: Die Mule-Grobspinner hätten auch einmal ihre Kräfte bis zur Unerträglichkeit gemißbraucht. Hoher Lohn, anstatt zu dankbarem Sinne gegen den Fabrikanten und geistiger Ausbildung (in unschädlichen, der Bourgeoisie wohl gar nützlichen Wissenschaften, versteht sich) zu führen, habe in vielen Fällen Stolz hervorgebracht und Gelder zur Unterstützung des widerspenstigen Geistes in Strikes herbeigeschafft, mit denen eine Anzahl von Fabrikanten nach der andern ganz willkürlich heimgesucht worden sei. Während eines unglückseligen Lärms dieser Art in Hyde, Dukinfield und den umliegenden Ortschaften hätten sich die Fabrikanten der Gegend, besorgt, von den Franzosen, Belgiern und Amerikanern aus dem Markte vertrieben zu werden, an die Maschinenfabrik von Sharp, Roberts und Comp, mit der Bitte gewandt, das erfinderische Talent des Herrn Sharp auf die Konstruktion einer automatischen Mule zu lenken, um „das Geschäft von vergällender Sklaverei und drohendem Ruin zu retten".
„In wenig Monaten war eine Maschine fertig, die dem Anscheine nach mit dem Denkvermögen, Gefühl und Takt des erfahrnen Arbeiters begabt war. So sprang der eiserne Mann, wie die Arbeiter sie nennen, aus den.Händen des modernen Prometheus auf das Gebot der Minerva - ein Geschöpf, bestimmt, unter den industriellen Klassen die Ordnung wiederherzustellen und den Engländern die Herrschaft der Industrie zu sichern. Die Nachricht von diesem herkulischen Wunder verbreitete Entsetzen in der Arbeiterverbindung, und selbst ehe es, sozusagen, die Wiege verließ, erwürgte es die Hydra der Anarchie." So beweist Ure ferner, daß die Erfindung der Maschine, womit vier und fünf Farben zu gleicher Zeit gedruckt werden, eine Folge der Unruhen unter den Kattundruckern gewesen sei, daß Widersetzlichkeiten der Kettenschlichter in den Maschinenwebereien eine neue vervollkommnete Maschine zum Schlichten hervorgerufen hätten, und noch andere dergleichen Fälle.* Derselbe Ure plagt sich kurz vorher, mehrere Bogen lang zu beweisen, daß Maschinerie den Arbeitern vorteilhaft sei! Ure ist übrigens nicht der einzige; im Fabrikbericht läßt Herr Ashworth, der Fabrikant, und mancher andre sich keine Gelegenheit entgehen, seinem Zorne über diese Assoziationen Luft zu machen. Diese weisen Bourgeois machen es gerade wie gewisse Regierungen und leiten alle Bewegungen, welche sie nicht verstehen, von dem Einflüsse böswilliger Agitatoren, Übelgesinnter, Demagogen,
* Ure, „Philosophy of Manufactures", p. 366 ff.
Schreier und junger Leute her; sie behaupten, die bezahlten Agenten dieser Verbindungen seien bei der Agitation interessiert, weil sie von ihr lebten als ob nicht die Bourgeoisie diese Bezahlung nötig machte, weil sie solche Leute nicht beschäftigen will! Die unglaubliche Häufigkeit dieser Arbeitseinstellungen beweist es am besten, wieweit der soziale Krieg schon über England hereingebrochen ist. Es vergeht keine Woche, ja fast kein Tag, wo nicht hier oder dort ein Strike vorkommt - bald wegen Lohnverkürzung, bald wegen verweigerter Lohnerhöhung, bald wegen Beschäftigung von Knobsticks, bald wegen verweigerter Abstellung von Mißbräuchen oder schlechten Einrichtungen, bald wegen neuer Maschinerie, bald aus hundert andern Ursachen. Diese Strikes sind allerdings erst Vorpostenscharmützel, zuweilen auch bedeutendere Gefechte; sie entscheiden nichts, aber sie sind der sicherste Beweis, daß die entscheidende Schlacht zwischen Proletariat und Bourgeoisie herannaht. Sie sind die Kriegsschule der Arbeiter, in der sie sich auf den großen Kampf vorbereiten, der nicht mehr zu vermeiden ist; sie sind die Pronunciamientos einzelner Arbeitszweige über ihren Anschluß an die große Arbeiterbewegung. Und wenn man einen Jahrgang des „Northern Star", des einzigen Blattes, das alle Bewegungen des Proletariats berichtet, vergleicht, so wird man finden, daß alle Arbeiter der Städte und der ländlichen Industrie sich zu Assoziationen vereinigt und von Zeit zu Zeit durch allgemeines Feiern gegen die Herrschaft der Bourgeoisie protestiert haben. Und als Kriegsschule sind sie von unübertrefflicher Wirkung. In ihnen entwickelt sich die eigentümliche Tapferkeit des Engländers. Es heißt auf dem Kontinent, die Engländer und besonders die Arbeiter seien feig, sie könnten keine Revolution machen, weil sie nicht gleich den Franzosen jeden Augenblick Erneuten machen, weil sie sich das Bourgeoisie-Regime so scheinbar ruhig gefallen lassen. Dies ist ganz falsch. Die englischen Arbeiter geben keiner Nation an Mut etwas nach, sie sind ebenso unruhig wie die Franzosen, aber sie kämpfen anders. Die Franzosen, die durchaus politischer Natur sind, kämpfen auch gegen soziale Übel auf politischem Wege; die Engländer, für die die Politik nur um des Interesses, um der bürgerlichen Gesellschaft willen existiert, kämpfen, statt gegen die Regierung, direkt gegen die Bourgeoisie, und dies kann mit Effekt einstweilen nur auf friedlichem Wege geschehen. Die Geschäftsstockung und das ihr folgende Elend erzeugte 1834 zu Lyon den Aufstand für die Republik, 1842 zu Manchester den allgemeinen Turnout für die Volkscharte und hohen Lohn. Daß aber zu einem Turnout auch Mut und das bedeutender, ja oft ein viel höherer Mut, eine viel kühnere, festere Entschlossenheit gehört als zu einer Erneute, das versteht sich von selbst. Es
ist wahrhaft keine Kleinigkeit für einen Arbeiter, der das Elend aus Erfahrung kennt, ihm mit Frau und Kindern entgegenzugehen, Hunger und Not monatelang zu ertragen und dabei fest und unerschütterlich zu bleiben. Was ist der Tod, was sind die Galeeren, die dem französischen Revolutionär bevorstehen, gegen das langsame Verhungern, gegen den täglichen Anblick der verhungernden Familie, gegen die Gewißheit der dereinstigen Rache der Bourgeoisie, die der englische Arbeiter der Unterwerfung unter das Joch der besitzenden Klasse vorzieht? Wir werden unten ein Beispiel von diesem hartnäckigen, unüberwindlichen Mute des englischen Arbeiters sehen, der sich erst dann der Gewalt ergibt, wenn aller Widerstand zwecklos und unsinnig wäre. Und gerade in dieser ruhigen Ausdauer, in dieser lang anhaltenden Entschlossenheit, die täglich hundert Proben zu bestehen hat, gerade hierin entwickelt der englische Arbeiter die achtunggebietendste Seite seines Charakters. Leute, die so viel erdulden, um einen einzigen Bourgeois zu beugen, werden auch imstande sein, die Macht der ganzen Bourgeoisie zu brechen. Aber auch abgesehen davon hat der englische Arbeiter oft genug Mut gezeigt. Daß der Turnout von 1842 keine weiteren Folgen hatte, lag daran, daß teils die Arbeiter durch die Bourgeoisie in ihn hineingejagt, teils selbst über ihren Zweck weder klar noch einig waren. Aber sonst haben sie ihren Mut da, wo es sich um bestimmte soziale Zwecke handelte, oft genug bewiesen. Von der wälschen1 Insurrektion 1839 nicht zu reden, wurde während meiner Anwesenheit in Manchester (im Mai 1843) dort ein vollständiges Gefecht geliefert. Eine Ziegelfabrik (Pauling & Henfrey) hatte nämlich die Form der Ziegel vergrößert, ohne den Lohn zu erhöhen, und verkaufte die größeren Ziegel natürlich zu höherem Preise. Die Arbeiter, denen höherer Lohn abgeschlagen wurde, gingen fort, und die Assoziation der Ziegelmacher erklärte die Firma in die Acht. Mit vieler Mühe gelang es dieser indes, sich aus der Umgegend und den Knobsticks Arbeiter zu verschaffen, gegen die zuerst Intimidation gebraucht wurde. Die Firma stellte zur Bewachung des Hofes zwölf Männer, alles ehemalige Soldaten und Polizeidiener, auf und bewaffnete sie mit Flinten. Als nun die Intimidation nichts half, überfiel eines Abends um zehn Uhr eine Schar Ziegelmacher, die in militärischer Ordnung, die ersten Glieder mit Flinten bewaffnet, heranzog, den Hof, der kaum vierhundert Schritt von einer Infanteriekaserne entfernt liegt.* Die Leute drangen ein, und sobald sie die Wächter gewahr wurden, feuerten sie
* An der Ecke von Cross Lane und Regent Road - siehe den Plan von Manchester.2
1 so bei Engels für: walisischen - 2 siehe S. 277
auf diese, zerstampften die ausgebreiteten nassen Ziegel, rissen die aufgehäuften Reihen der schon getrockneten ein, demolierten alles, was ihnen in den Weg kam, und drangen in ein Gebäude ein, wo sie die Möbel zerschlugen und die Frau des dort wohnenden Aufsehers mißhandelten. Unterdes hatten die Wächter sich hinter eine Hecke postiert, von der aus sie sicher und ungehindert feuern konnten; die Eingedrungenen standen vor einem brennenden Ziegelofen, der sie hell beleuchtete, so daß jede Kugel ihrer Gegner traf, während jeder Schuß von ihrer Seite fehlging. Das Feuern wurde indes über eine halbe Stunde fortgesetzt, bis die Munition verschossen und der Zweck des Besuchs, die Zerstörung aller zerstörbaren Gegenstände im Hof, erreicht war. Dann kam Militär angerückt und die Ziegelmacher zogen sich nach Eccles (drei Meilen von Manchester) zurück. Kurz vor Eccles hielten sie Appell, wobei jeder Mann nach seiner Nummer in der Sektion aufgerufen wurde, und zerstreuten sich dann, natürlich nur um der von allen Seiten anrückenden Polizei desto sicherer in die Hände zu fallen. Die Zahl der Verwundeten muß sehr bedeutend gewesen sein, doch wurden nur die bekannt, die nachher gefangen wurden. Einer von ihnen hatte drei Kugeln erhalten, in den Schenkel, in die Wade und in die Schulter, und sich damit über vier Meilen weit geschleppt. Diese Leute haben denn doch wohl bewiesen, daß sie auch revolutionären Mut haben und einen Kugelregen nicht scheuen; wenn aber unbewaffnete Massen, die selbst nicht wissen, was sie eigentlich wollen, auf abgeschlossenen Marktplätzen von ein paar Dragonern und Polizeidienern, die die Zugänge besetzen, im Zaum gehalten werden, wie dies 1842 geschah, so ist das durchaus kein Mangel an Mut, sondern die Masse würde sich ebensowenig gerührt haben, wären die Diener der öffentlichen, d.h. Bourgeoisgewalt nicht dagewesen. Wo das Volk bestimmte Zwecke im Auge hatte, da zeigte es Mut genug, z. B. bei dem Angriff auf Birleys Fabrik, die später durch Auffahrung von Artillerie geschützt werden mußte. Bei dieser Gelegenheit ein paar Worte über die Heilighaltung des Gesetzes in England. Allerdings, dem Bourgeois ist das Gesetz heilig, denn es ist sein eigen Machwerk, mit seiner Einwilligung und zu seinem Schutz und Vorteil erlassen. Er weiß, daß, wenn auch ein einzelnes Gesetz ihm speziell schaden sollte, doch der ganze Komplex der Gesetzgebung seine Interessen schützt und vor allem die Heiligkeit des Gesetzes, die Unantastbarkeit der durch die aktive Willensäußerung des einen und die passive des andern Teils der Gesellschaft einmal festgestellten Ordnung die stärkste Stütze seiner sozialen Stellung ist. Weil der englische Bourgeois in dem Gesetze, wie in seinem Gott, sich selbst wiederfindet, deshalb hält er es heilig, deshalb hat für ihn der Stock des Polizeidieners, der ja eigentlich sein eigner
Stock ist, eine wunderbar beschwichtigende Macht. Aber für den Arbeiter wahrhaftig nicht. Der Arbeiter weiß zu gut und hat zu oft erfahren, daß das Gesetz für ihn eine Rute ist, die ihm der Bourgeois gebunden hat, und wenn er nicht muß, so kehrt er sich nicht ans Gesetz. Es ist lächerlich, zu behaupten, der englische Arbeiter habe vor der Polizei Furcht, wo doch in Manchester die Polizei alle Wochen Prügel erhält und voriges Jahr sogar einmal ein Sturm auf ein mit eisernen Türen und schweren Fensterladen gesichertes Stationshaus versucht Wurde. Die Macht der Polizei im Turnout 1842 lag, wie gesagt, nur in der Ratlosigkeit der Arbeiter selbst. Da nun die Arbeiter das Gesetz nicht respektieren, sondern bloß seine Macht gelten lassen, wo sie nicht die Macht haben, es zu ändern, so ist das allernatürlichste, daß sie wenigstens Vorschläge zur Änderung des Gesetzes haben1, daß sie an die Stelle des Bourgeoisie-Gesetzes ein Proletariergesetz stellen wollen. Dies vorgeschlagene Gesetz des Proletariats ist die Volkscharte (people's charter), die der Form nach rein politisch ist und eine demokratische Basis für das Unterhaus verlangt. Der Chartismus ist die kompakte Form der Opposition gegen die Bourgeoisie. In den Verbindungen und Turnouts blieb die Opposition immer einzeln, es waren einzelne Arbeiter oder Arbeitersektionen, die gegen einzelne Bourgeois kämpften; wurde der Kampf allgemein, so war dies wenig2 Absicht von seiten der Arbeiter, und wenn es absichtlich geschah, so lag der Absicht der Chartismus zugrunde. Aber im Chartismus ist es die ganze Arbeiterklasse, die gegen die Bourgeoisie aufsteht und vor allem die politische Gewalt derselben, die gesetzliche Mauer, mit der sie sich umgeben hat, angreift. Der Chartismus ist hervorgegangen aus der demokratischen Partei, die sich in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, zugleich mit und in dem Proletariat, entwickelte, während der französischen Revolution an Stärke gewann, nach dem Frieden als „radikale" Partei auftrat, damals in Birmingham und Manchester, wie früher in London, ihren Hauptsitz hatte, den Oligarchen des alten Parlaments durch Vereinigung mit der liberalen Bourgeoisie die Reformbill abnötigte und sich seitdem immer schärfer als Arbeiterpartei gegenüber der Bourgeoisie konsolidierte. 18383 entwarf ein Komitee der allgemeinen Londoner Arbeitergesellschaft (Working Men's Association), William Lovett an der Spitze, die Volkscharte, deren „sechs Punkte" folgende sind: 1. Allgemeines Stimmrecht für jeden mündigen Mann, der bei gesundem Verstände und keines Verbrechens überführt ist; 2. jährlich zu erneuernde Parlamente; 3. Diäten für die Parlamentsmitglieder, damit auch Unbemit
1 (1892) machen - 2 (1892) selten - 3 (1845) und (1892) irrtümlich: 1835
telte eine Wahl annehmen können; 4. Wahlen durch Ballotage, um Bestechung und Einschüchterung durch die Bourgeoisie zu vermeiden; 5. gleiche Wahldistrikte, um gleich billige Repräsentation zu sichern, und 6. Abschaffung der - ohnehin illusorischen - ausschließlichen Wählbarkeit derjenigen, die 300 Pfd. Sterling in Grundbesitz haben, so daß jeder Wähler auch wählbar ist. - Diese sechs Punkte, die sich alle auf die Konstituierung des Unterhauses beschränken, sind, so unschuldig sie aussehen, dennoch hinreichend, die englische Verfassung samt Königin und Oberhaus zu zertrümmern. Das sogenannte monarchische und aristokratische Element der Verfassung kann sich nur deshalb halten, weil die Bourgeoisie ein Interesse an seiner scheinbaren Erhaltung hat; und eine andere als eine bloße Scheinexistenz hat beides nicht mehr. Aber wenn erst die ganze öffentliche Meinung hinter dem Unterhause steht, wenn dies den Willen nicht mehr bloß der Bourgeoisie, sondern der ganzen Nation ausdrückt, so wird es alle Macht so vollständig in sich absorbieren, daß auch der letzte Heiligenschein von dem Haupte des Monarchen und der Aristokratie fällt. Der englische Arbeiter respektiert weder Lords noch Königin, während diese von der Bourgeoisie zwar der Sache nach wenig gefragt, aber der Person nach vergöttert werden. Der englische Chartist ist politisch Republikaner, obgleich er das Wort nie oder doch selten in den Mund nimmt; während er allerdings mit den republikanischen Parteien aller Länder sympathisiert und sich lieber einen Demokraten nennt. Aber er ist mehr als bloßer Republikaner; seine Demokratie ist keine bloß politische. Der Chartismus war allerdings von seinem Anfange 1835 an hauptsächlich eine Bewegung unter den Arbeitern, aber noch nicht scharf von der radikalen kleinen Bourgeoisie getrennt. Der Arbeiterradikalismus ging Hand in Hand mit dem Radikalismus der Bourgeoisie; die Charte war das Schibboleth beider, sie hatten ihre „Nationalkonvente" jedes Jahr zusammen, es schien eine Partei zu sein. Die kleine Bourgeoisie war damals gerade infolge der Enttäuschung über die Resultate der Reformbill und wegen der schlechten Geschäftsjahre 1837 bis 1839 sehr kriegerisch und mordlustig gestimmt, sie ließ sich also die heftige Chartistenagitation sehr gut gefallen. Von der Heftigkeit dieser Agitation hat man in Deutschland keine Vorstellung. Das Volk wurde aufgefordert, sich zu bewaffnen, oft auch geradezu, sich zu empören; man fabrizierte Piken, wie früher zur Zeit der französischen Revolution, und 1838 war unter andern ein gewisser Stephens, ein methodistischer Geistlicher, in Bewegung, der dem versammelten Volke von Manchester sagte:
„Ihr braucht euch nicht zu fürchten vor der Macht der Regierung, vor den Soldaten, Bajonetten und Kanonen, die euren Unterdrückern zu Gebote stehen; ihr habt
ein Mittel, das ist viel mächtiger als alles das, eine Waffe, gegen welche Bajonette und Kanonen nichts ausrichten; und ein zehnjährig Kind kann diese Waffe schwingen ihr braucht bloß ein paar Zündhölzchen zu nehmen und ein Bündel Stroh, das in Pech getränkt ist, und ich will sehen, was die Regierung und ihre Hunderttausende von Soldaten gegen diese eine Waffe ausrichten, wenn sie kühn gebraucht wird."* Zu gleicher Zeit aber zeigte sich schon jetzt der eigentümliche, soziale Charakter des Arbeiter-Chartismus. Derselbe Stephens sagte in einer Versammlung von 200000 Menschen auf Kersall Moor, dem erwähnten Möns sacer von Manchester: „Der Chartismus, meine Freunde, ist keine politische Frage, wobei es sich darum handelt, daß ihr das Wahlrecht bekommt usw.; sondern der Chartismus, das ist eine Messer- und Gabel-Frage, die Charte, das heißt gute Wohnung, gutes Essen und Trinken, gutes Auskommen und kurze Arbeitszeit." So waren auch schon zu jener Zeit die Bewegungen gegen das neue Armengesetz und für die Zehnstundenbill in der engsten Verbindung mit dem Chartismus. Bei allen Meetings dieser Epoche war der Tory Oastier mittätig, und neben der in Birmingham adoptierten Nationalpetition für die Volkscharte wurden Hunderte von Petitionen für soziale Verbesserung der Lage der Arbeiter adoptiert; 1839 ging die Agitation ebenso lebhaft fort, und als sie am Ende des Jahres anfing etwas nachzulassen, beedten sich Bussey, Taylor und Frost, zu gleicher Zeit im Norden von England, in Yorkshire und in Wales eine Erneute ausbrechen zu lassen. Frost mußte, da seine Sache verraten wurde, zu früh losbrechen, und hierdurch verunglückte sein Unternehmen; die im Norden erfuhren den unglücklichen Ausgang desselben noch früh genug, um zurückziehen zu können; zwei Monate später, im Januar 1840, brachen in Yorkshire mehrere sogenannte PolizeiEmeuten (spy outbreaks)[100J los, z. B. in Sheffield und Bradford, und die Aufregung ließ allmählich nach. Inzwischen warf sich die Bourgeoisie auf praktischere, ihr vorteilhaftere Projekte, namentlich auf die Korngesetze; die Antikorngesetzassoziation wurde in Manchester gebildet, und die Folge war eine Lockerung des Verbandes zwischen der radikalen Bourgeoisie und dem Proletariat. Die Arbeiter sahen bald ein, daß ihnen eine Abschaffung der Korngesetze wenig nutzen könne, während sie der Bourgeoisie allerdings sehr vorteilhaft sei, und waren daher nicht für dies Projekt zu gewinnen. Die Krisis von 1842 brach herein. Die Agitation wurde wieder ebenso lebhaft wie 1839. Diesmal nahm aber auch die reiche, fabrizierende Bourgeoisie daran teil, die gerade unter dieser Krisis sehr schwer litt. Die Antikorngesetzligue, so hieß die von den Fabrikanten von Manchester ausgegangene
* Wir haben gesehen, wie die Arbeiter sich dies zu Herzen nahmen.
Verbindung jetzt, nahm eine sehr radikale, gewaltsame Tendenz an. Ihre Journale und Agitatoren führten eine unverhohlen revolutionäre Sprache, die auch darin ihren Grund hatte, daß seit 1841 die konservative Partei am Ruder war. Wie früher die Chartisten, forderten jetzt sie direkt zur Empörung auf, und die Arbeiter, die von der Krisis am meisten zu leiden hatten, waren ebenfalls nicht untätig, wie die Nationalpetition dieses Jahres mit ihren 31/a Millionen Unterschriften beweist. Kurz, wenn die beiden radikalen Parteien sich etwas entfremdet worden waren, so alliierten sie sich jetzt wieder; am 15. Februar 1842 wurde in Manchester bei einer Zusammenkunft von Liberalen und Chartisten eine Petition entworfen, die sowohl auf Abschaffung der Korngesetze wie auf Einführung der Charte drang und am folgenden Tag von beiden Parteien adoptiert wurde. Frühling und Sommer verstrich unter heftiger Agitation und zunehmendem Elend. Die Bourgeoisie war entschlossen, die Abschaffung der Korngesetze mit Hülfe der Krisis, der ihr folgenden Not1 und der allgemeinen Aufregung durchzusetzen. Diesmal, als2 die Tories am Ruder waren, gab sie sogar ihre Gesetzlichkeit halb auf; sie wollte revolutionieren, aber mit Hülfe der Arbeiter. Die Arbeiter sollten ihr die Kastanien aus dem Feuer holen und zum Besten der Bourgeoisie ihre Finger verbrennen. Schon wurde von vielen Seiten die schon früher (1839) von den Chartisten angeregte Idee eines »> heiligen Monats", eines allgemeinen Feierns aller Arbeiter, wieder aufgenommen; aber diesmal waren es nicht die Arbeiter, die feiern wollten, sondern die Fabrikanten, die ihre Fabriken schließen, die Arbeiter in die Landgemeinden, auf das Besitztum der Aristokratie schicken und dadurch das torystische Parlament und die Regierung zur Aufhebung der Kornzölle zwingen wollten. Natürlich wäre eine Empörung die Folge davon gewesen, aber die Bourgeoisie stand sicher im Hintergrunde und konnte den Erfolg abwarten, ohne sich, schlimmstenfalls, zu kompromittieren. Ende Juli fing das Geschäft an, sich zu bessern; es war die höchste Zeit, und um die Gelegenheit nicht unbenutzt vorübergehen zu lassen, setzten jetzt, bei steigender Konjunktur (vgl. die Handelsberichte aus Manchester und Leeds, Ende Juli und Anfang August) drei Firmen in Stalybridge den Lohn herunter - ob auf eigne Hand oder im Einverständnis mit den übrigen Fabrikanten und besonders der Ligue, will ich nicht entscheiden. Zwei zogen indes wieder zurück; die dritte, William Bailey und Brüder, blieb fest und sagte den sich beschwerenden Arbeitern, wenn dies ihnen nicht zusage, so täten sie vielleicht besser daran, eine Zeitlang zu spielen. Diese spöttische Äußerung nahmen die Arbeiter mit Hurrarufen
1 (1892) ... mit Hülfe der Krisis, der Not und ... - 2 (1892) da
auf, verließen die Fabrik, durchzogen den Ort und riefen alle Arbeiter zum Feiern auf. In wenig Stunden stand jede Fabrik still, und die Arbeiter zogen in Prozession nach Mottram Moor, um ein Meeting zu halten. Dies war am 5. August. Am 8. August zogen sie nach Ashton und Hyde, fünftausend Mann stark, setzten alle Fabriken und Kohlengruben still und hielten Meetings, in denen aber nicht von Abschaffung der Korngesetze, wie die Bourgeoisie gehofft hatte, sondern von „ehrlichem Tagelohn für ehrliche Tagesarbeit" (a fair day's wage for a fair day's work) die Rede war. Am 9. August zogen sie nach Manchester, wurden von den Behörden, die alle Liberale waren, zugelassen und stellten die Fabriken still; am 11. waren sie in Stockport, wo ihnen erst, als sie das Armenhaus, dies Lieblingskind der Bourgeoisie, erstürmten, Widerstand geleistet wurde; am selben Tage war in Bolton allgemeines Feiern und Unruhen, denen sich die Behörden ebenfalls nicht widersetzten; bald war der Aufstand über alle Industriebezirke verbreitet, und alle Arbeiten, mit Ausnahme der Einsammlung der Ernte und der Zubereitung von Lebensmitteln, standen still. Aber auch die empörten Arbeiter blieben ruhig. Sie waren in diesen Aufstand hineingejagt, ohne es zu wollen; die Fabrikanten hatten sich mit Ausnahme eines einzigen - des Tory Birley in Manchester - der Arbeitseinstellung ganz gegen ihre Sitte nicht widersetzt; die Sache hatte angefangen, ohne daß die Arbeiter einen bestimmten Zweck hatten. Daher waren zwar alle darüber einig, daß sie sich nicht zum Besten ihrer korngesetzabschaffenden Fabrikanten wollten erschießen lassen, im übrigen aber wollten einige die Volkscharte durchsetzen, andere, die dies für zu frühzeitig hielten, bloß die Lohnsätze von 1840 erzwingen. Daran scheiterte die ganze Insurrektion. Wäre sie von Anbeginn eine absichtliche, bewußte Arbeiterinsurrektion gewesen, sie wäre wahrlich durchgedrungen; aber diese Massen, die von ihren Brotherren auf die Straße gejagt waren, ohne es zu wollen, die gar keine bestimmte Absicht hatten, konnten nichts tun. Inzwischen sah die Bourgeoisie, die keinen Finger gerührt hatte, um die Allianz vom 15. Februar zu betätigen, sehr bald ein, daß die Arbeiter sich nicht zu ihren Werkzeugen hergeben wollten und daß die Inkonsequenz, mit der sie sich von ihrem „gesetzlichen" Standpunkte entfernt hatte, ihr selbst Gefahr drohe; sie nahm daher ihre alte Gesetzlichkeit wieder vor und trat auf die Seite der Regierung gegen die Arbeiter, die sie selbst zum Aufstand erst gereizt und später forciert hatte. Sie ließ sich und ihre getreuen Diener zu Spezialkonstablen einschwören — auch die deutschen Kaufleute in Manchester nahmen daran teil und paradierten höchst unnützerweise mit ihren dicken Stöcken, die Zigarre im Munde, durch die Stadt - sie ließ in Preston auf das Volk feuern, und so stand dem absichtslosen Volksaufstand
auf einmal nicht nur die Militärmacht der Regierung, sondern auch die ganze besitzende Klasse gegenüber. Die Arbeiter, die ohnehin keinen Zweck hatten, gingen allmählich auseinander, und die Insurrektion verlief ohne schlimme Folgen. Nachträglich beging die Bourgeoisie noch eine Schändlichkeit auf die andere, suchte sich durch einen Abscheu vor gewaltsamem Einschreiten des Volks, der schlecht zu ihrer revolutionären Sprache vom Frühjahr paßte, weißzuwaschen, schob die Schuld des Aufstandes auf chartistische „Aufwiegler" etc., während sie selbst weit mehr als diese getan hatte, den Aufstand zuwege zu bringen, und nahm ihren alten Standpunkt der Heilighaltung des Gesetzes mit einer Unverschämtheit ohnegleichen wieder ein. Die Chartisten, die fast gar nichts zum Aufstande beigetragen, die nur dasselbe tun1, was auch die Bourgeoisie vorhatte, nämlich die Gelegenheit benutzen - diese wurden vor Gericht gestellt und verurteilt, während die Bourgeoisie ohne Schaden davonkam und während der Arbeitsstockung ihre Vorräte mit Nutzen verkauft hatte. Die Frucht des Aufstandes war die ganz entschiedene Trennung des Proletariats von der Bourgeoisie. Die Chartisten hatten es bisher wenig verhehlt, daß sie durch jedes Mittel ihre Charte durchsetzen würden, selbst durch eine Revolution; die Bourgeoisie, die jetzt mit einem Male die Gefährlichkeit jeder gewaltsamen Umwälzung für ihre Stellung einsah, wollte nichts mehr von „physischer Gewalt" wissen und bloß durch „moralische Gewalt" - als ob diese etwas anderes sei, als die direkte oder indirekte Drohung der physischen Gewalt - ihre Zwecke ins Leben rufen. Dies war der eine Streitpunkt, der indes durch das spätere Vorgeben der Chartisten - die doch ebenso glaubwürdig sind wie die liberale Bourgeoisie - daß auch sie nicht an die physische Gewalt appellierten - der Sache nach weggeräumt wurde. Der zweite, hauptsächlichste Streitpunkt aber, der gerade den Chartismus in seiner Reinheit zur Erscheinung brachte, war die Korngesetzfrage. In dieser war die radikale Bourgeoisie interessiert, das Proletariat aber nicht. Die bisherige chartistische Partei spaltete sich daher in zwei Parteien, deren politische, ausgesprochene Prinzipien gänzlich übereinstimmen, die aber durchaus verschieden und unvereinbar sind. Auf dem Birminghamer Nationalkonvent im Januar 1843 schlug Sturge, der Repräsentant der radikalen Bourgeoisie, die Weglassung des Namens der Charte aus den Statuten der chartistischen Assoziation vor, angeblich, weil dieser Name durch die Insurrektion mit gewaltsamen revolutionären Erinnerungen verknüpft sei eine Verknüpfung, die übrigens schon seit Jahren stattgefunden und gegen
1 (1892) taten
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die Herr Sturge bis dahin nichts einzuwenden gehabt hatte. Die Arbeiter wollten den Namen nicht fallenlassen, und als Sturge überstimmt wurde, wanderte der auf einmal loyal gewordene Quäker mit der Minorität aus dem Saale und konstituierte eine „Complete Suffrage Association" aus der radikalen Bourgeoisie. So widerwärtig waren dem noch vor kurzem jakobinischen Bourgeois diese Erinnerungen geworden, daß er selbst den Namen allgemeines Stimmrecht (universal suffrage) in den lächerlichen: komplettes Stimmrecht (complete suffrage) abänderte! Die Arbeiter lachten ihn aus und gingen ihren Weg ruhig weiter. Von diesem Augenblicke an war der Chartismus eine reine, von allen Bourgeoisie-Elementen befreite etc. Arbeitersache. Die „kompletten" Journale - „Weekly Dispatch", „Weekly Chronicle", „Examiner" etc. - fielen allmählich in die schläfrige Manier der übrigen liberalen Blätter, verteidigten die Handelsfreiheit, griffen die Zehnstundenbill und alle ausschließlichen Arbeitermotionen an und ließen den Radikalismus im ganzen wenig hervortreten. Die radikale Bourgeoisie schloß sich in allen Kollisionen den Liberalen gegen die Chartisten an und machte überhaupt die Korngesetzfrage, die für den Engländer die Frage der freien Konkurrenz ist, zu ihrer Hauptaufgabe. Dadurch geriet sie unter die Botmäßigkeit der liberalen Bourgeoisie und spielt jetzt eine höchst jämmerliche Rolle. Die chartistischen Arbeiter dagegen nahmen sich mit doppeltem Eifer aller Kämpfe des Proletariats gegen die Bourgeoisie an. Die freie Konkurrenz hat den Arbeitern Leiden genug gemacht, um ihnen verhaßt zu werden; ihre Vertreter, die Bourgeois, sind ihre erklärten Feinde. Der Arbeiter hat von der vollständigen Befreiung der Konkurrenz nur Nachteil zu erwarten. Seine bisherigen Forderungen, die Zehnstundenbill, Schutz des Arbeiters gegen den Kapitalisten, guter Lohn, garantierte Stellung, Abschaffung des neuen Armengesetzes, alles Dinge, die mindestens ebenso wesentlich zum Chartismus gehören wie die „sechs Punkte", gehen direkt gegen die freie Konkurrenz und Handelsfreiheit. Kein Wunder also, daß die Arbeiter, was die ganze englische Bourgeoisie nicht begreifen kann, von der freien Konkurrenz, Handelsfreiheit und Abschaffung der Korngesetze nichts wissen wollen und gegen letztere mindestens höchst gleichgültig, gegen ihre Verteidiger aber im höchsten Grade erbittert sind. Diese Frage ist gerade der Punkt, an dem sich das Proletariat von der Bourgeoisie, der Chartismus vom Radikalismus scheidet, und ein Bourgeoisverstand kann das nicht begreifen, weil er das Proletariat nicht begreifen kann. Darin liegt aber auch der Unterschied der chartistischen Demokratie von aller bisherigen, politischen Bourgeoisie-Demokratie. Der Chartismus ist
wesentlich sozialer Natur. Die „sechs Punkte", die dem radikalen Bourgeois eins und alles sind, höchstens noch einige Reformen der Konstitution hervorrufen sollen, sind dem Proletarier nur das Mittel. „Politische Macht unser Mittel, soziale Glückseligkeit unser Zweck", das ist jetzt der deutlich ausgesprochene Wahlspruch der Chartisten. Die „Messer- und Gabel-Frage" des Predigers Stephens war nur für einen Teil der Chartisten von 1838 eine Wahrheit; sie ist es 1845 für alle. Es gibt keinen bloßen Politiker mehr unter den Chartisten. Und wenn auch ihr Sozialismus noch sehr wenig entwickelt ist, wenn bis jetzt ihr Hauptmittel gegen das Elend in der Parzellierung des Grundbesitzes (allotment-system) besteht, die doch schon durch die Industrie überwunden wurde (siehe Einleitung), wenn überhaupt ihre meisten praktischen Vorschläge (Schutz für den Arbeiter etc.) dem Scheine nach reaktionärer Natur sind, so ist einesteils schon in diesen Maßregeln selbst die Notwendigkeit begründet, daß sie entweder der Macht der Konkurrenz wieder fallen und den alten Zustand erneuern - oder aber die Aufhebung der Konkurrenz selbst herbeiführen müssen; und andernteils bestimmt es der jetzige unklare Zustand des Chartismus, die Lostrennung von der rein politischen Partei, daß gerade die unterscheidenden Merkmale des Chartismus, die in seiner sozialen Seite liegen, weiterentwickelt werden müssen. Die Annäherung an den Sozialismus kann nicht ausbleiben, besonders wenn die nächste Krisis, die auf den jetzigen lebhaften Zustand der Industrie und des Handels allerspätestens bis 1847*, wahrscheinlich aber schon im nächsten Jahre folgen muß, eine Krisis, die alle früheren an Heftigkeit und Wut weit übertreffen wird, durch die Not die Arbeiter immer mehr auf soziale statt auf politische Hülfsmittel verweisen wird. Die Arbeiter v/erden ihre Charte durchsetzen, das ist natürlich; aber bis dahin werden sie noch über vieles klarwerden, was sie durch die Charte durchsetzen können und wovon sie jetzt noch wenig wissen.
Inzwischen geht auch die sozialistische Agitation vorwärts. Der englische Sozialismus kommt hier nur insofern in Betracht, als er auf die Arbeiterklasse influiert. Die englischen Sozialisten verlangen allmähliche Einführung der Gütergemeinschaft in „Heimatskolonien"[101] von 2000 bis 3000 Menschen, welche Industrie und Ackerbau treiben, gleiche Rechte und gleiche Erziehung genießen - Erleichterung der Ehescheidung und Einführung einer vernünftigen Regierung mit vollständiger Meinungsfreiheit und Abschaffung der Strafen, die durch vernünftige Behandlung des Verbrechers ersetzt werden sollen. Dies sind ihre praktischen Vorschläge - die theoretischen Prinzipien gehen uns hier nichts an. Der Sozialismus ging von Owen,
* (1892) Ist pünktlich eingetroffen.
einem Fabrikanten, aus und verfährt deshalb, während er der Sache nach über den Gegensatz von Bourgeoisie und Proletariat hinausgeht, in seiner Form dennoch mit vieler Nachsicht gegen die Bourgeoisie und vieler Ungerechtigkeit gegen das Proletariat. Die Sozialisten sind durchaus zahm und friedfertig, erkennen die bestehenden Verhältnisse, so schlecht sie sind, insofern als gerechtfertigt an, als sie jeden andern Weg als den der öffentlichen Uberzeugung verwerfen, und sind doch zu gleicher Zeit so abstrakt, daß sie in der jetzigen Form ihrer Prinzipien diese öffentliche Überzeugung nie gewinnen würden. Dabei klagen sie fortwährend über die Demoralisation der unteren Klassen, sind blind gegen das Fortschrittselement in dieser Auflösung der gesellschaftlichen Ordnung und bedenken nicht, daß die Demoralisation des Privatinteresses und der Heuchelei unter den besitzenden Klassen bei weitem schlimmer ist. Sie erkennen keine historische Entwicklung an und wollen daher die Nation ohne weiteres, ohne Fortführung der Politik bis zu dem Ziele, wo sie sich selbst auflöst1, sogleich in den kommunistischen Zustand versetzen. Sie begreifen zwar, weshalb der Arbeiter gegen den Bourgeois aufgebracht ist, sehen aber diese Erbitterung, die doch das einzige Mittel ist, die Arbeiter weiterzuführen, für unfruchtbar an und predigen eine für die englische Gegenwart noch viel fruchtlosere Philanthropie und allgemeine Liebe. Sie erkennen nur die psychologische Entwicklung an, die Entwicklung des abstrakten Menschen, der außer aller Verbindung mit der Vergangenheit steht, wo doch die ganze Welt auf dieser Vergangenheit beruht und der einzelne Mensch mit ihr. Daher sind sie zu gelehrt, zu metaphysisch, und richten wenig aus. Sie rekrutieren sich teilweise aus der Arbeiterklasse, von der sie aber nur einen sehr kleinen Teil, freilich die Gebildetsten und Charakterfestesten, herübergezogen haben. In seiner jetzigen Gestalt wird der Sozialismus nie Gemeingut der Arbeiterklasse werden können; er wird sich sogar erniedrigen müssen, einen Augenblick auf den chartistischen Standpunkt zurückzutreten; aber der durch den Chartismus hindurchgegangene, von seinen Bourgeoisie-Elementen gereinigte, echt proletarische Sozialismus, wie er sich schon jetzt bei vielen Sozialisten und bei vielen Chartistenführern, die fast alle Sozialisten sind*, entwickelt, wird allerdings, und das in kurzem, eine bedeutende Rolle in der Entwicklungsgeschichte des englischen Volkes übernehmen. Der englische Sozialismus,
* (1892) Sozialisten natürlich im allgemeinen, nicht im speziell owenistischen Sinn.
1 In den englischen Ausgaben von 1887 und 1892 lautet dieser Teil des Satzes: „...up to the point at which this transition becomes both possible and necessary" [.. .bis zu dem Punkt, an welchem die Umwandlung sowohl möglich als auch notwendig wird].
der in seiner Basis weit über den französischen Kommunismus hinausgeht, in der Entwicklung1 aber hinter ihm zurückbleibt, wird einen Augenblick auf den französischen Standpunkt zurückgehen müssen, um später über ihn hinauszugehen. Bis dahin werden sich freilich die Franzosen auch wohl weiterentwickeln. Der Sozialismus ist zu gleicher Zeit der entschiedenste Ausdruck der unter den Arbeitern herrschenden Irreligiosität, und darin so entschieden, daß die bewußtlos, bloß praktisch irreligiösen Arbeiter oft vor der Schärfe dieses Ausdrucks zurückschrecken. Aber auch hier wird die Not die Arbeiter zwingen, einen Glauben aufzugeben, von dem sie mehr und mehr einsehen, daß er nur dazu dient, sie schwach und ergeben in ihr Schicksal, gehorsam und treu gegen die sie aussaugende besitzende Klasse zu machen. Wir sehen also, daß die Arbeiterbewegung in zwei Sektionen gespalten ist, in die Chartisten und Sozialisten. Die Chartisten sind am weitesten zurück, am wenigsten entwickelt, dafür aber echte, leibhaftige Proletarier, die Repräsentanten des Proletariats. Die Sozialisten weiterblickend, praktische Mittel gegen die Not vorschlagend, aber ursprünglich von der Bourgeoisie ausgegangen und dadurch nicht imstande, sich mit der Arbeiterklasse zu amalgamieren. Die Verschmelzung des Sozialismus mit dem Chartismus, die Reproduktion des französischen Kommunismus auf englische Weise wird das nächste sein und hat teilweise schon angefangen. Dann erst, wenn dies bewerkstelligt, wird die Arbeiterklasse wirklich die Herrscherin von England sein-die politische und soziale Entwicklung wird inzwischen vorwärtsgehen und diese neuentspringende Partei, diesen Fortschritt des Chartismus begünstigen. Diese verschiedenen, oft zusammenfallenden, oft getrennten Sektionen von Arbeitern - Mitglieder der Verbindungen, Chartisten und Sozialisten haben auf ihre eigene Faust eine Menge Schulen und Lesezimmer zur Hebung der geistigen Bildung gegründet. Jede sozialistische und fast jede chartistische Institution hat eine solche Anstalt, ebenso viele einzelne Handwerke. Hier wird den Kindern eine echt proletarische Erziehung gegeben, frei von allen Einflüssen der Bourgeoisie, und in den Lesezimmern liegen nur oder fast nur proletarische Journale und Bücher auf. Diese Anstalten sind sehr gefährlich für die Bourgeoisie, der es gelang, eine Anzahl ähnlicher Institute, die „Mechanics' Institutions"11021, dem proletarischen Einflüsse zu entziehen und sie in Organe zur Verbreitung der für die Bourgeoisie nützlichen
1 In den englischen Ausgaben von 1887 und 1892: theoretical development [theoretischen Entwicklung!.
Wissenschaften unter den Arbeitern zu verwandeln. Hier werden jetzt die Naturwissenschaften gelehrt, die die Arbeiter von der Opposition gegen die Bourgeoisie abziehen und ihnen vielleicht die Mittel an die Hand geben zu Erfindungen, die der Bourgeoisie Geld einbringen - während dem Arbeiter jetzt die Naturkenntnis wahrhaftig ganz nutzlos ist, da er oft gar nicht einmal die Natur zu sehen bekommt in seiner großen Stadt und bei seiner langen Arbeit; hier wird die Nationalökonomie gepredigt, deren Abgott die freie Konkurrenz und deren einziges Resultat für den Arbeiter das ist, daß er nichts Vernünftigeres tun kann, als in stiller Resignation zu verhungern; hier ist alle Bildung zahm, geschmeidig, dienstfertig gegen die herrschende Politik und Religion eingerichtet, so daß sie eigentlich für den Arbeiter nur eine fortwährende Predigt des ruhigen Gehorsams und der Passivität, der Ergebung in sein Schicksal ist. Natürlich will die Masse der Arbeiter von diesen Instituten nichts wissen und wendet sich den proletarischen Lesezimmern, den Diskussionen von Verhältnissen zu, welche unmittelbar ihre eignen Interessen betreffen - und dann sagt die selbstgenügsame Bourgeoisie ihr Dixi et Salvavi1 und wendet sich mit Verachtung von einer Klasse weg, welche die „leidenschaftlichen Wutausbrüche böswilliger Demagogen einer soliden Bildung vorzieht". Daß übrigens die Arbeiter auch für „solide Bildung", wenn sie unvermischt mit der interessierten Weisheit der Bourgeoisie vorgetragen wird, Sinn haben, beweisen die häufigen Vorlesungen über naturwissenschaftliche, ästhetische und nationalökonomische Themata, die an allen proletarischen Instituten, besonders den sozialistischen, häufig gehalten und sehr gut besucht werden. Ich habe manchmal Arbeiter, deren Samtröcke nicht mehr zusammenhalten wollten, mit mehr Kenntnis über geologische, astronomische und andre Gegenstände sprechen hören, als mancher gebildete Bourgeois in Deutschland davon besitzt. Und wie sehr es dem englischen Proletariat gelungen ist, sich eine selbständige Bildung zu erwerben, zeigt sich besonders darin, daß die epochemachenden Erzeugnisse der neueren philosophischen, politischen und poetischen Literatur fast nur von den Arbeitern gelesen werden. Der Bourgeois, der Knecht des sozialen Zustandes und der mit ihm verbundenen Vorurteile ist, fürchtet, segnet und kreuzigt sich vor allem, was wirklich einen Fortschritt begründet; der Proletarier hat offne Augen dafür und studiert es mit Genuß und Erfolg. In dieser Beziehung haben besonders die Sozialisten Unendliches zur Bildung des Proletariats getan, sie haben die französischen Materialisten, Helvetius, Holbach, Diderot usw., übersetzt und nebst den besten englischen Sachen in
1 Ich habe gesprochen und mich gerettet
billigen Ausgaben verbreitet. Strauß' „Leben Jesu" und Proudhons „Eigentum" zirkulieren ebenfalls nur unter Proletariern. Shelley, der geniale prophetische Shelley, und Byron mit seiner sinnlichen Glut und seiner bittern Satire der bestehenden Gesellschaft haben ihre meisten Leser unter den Arbeitern; die Bourgeois besitzen nur kastrierte Ausgaben, „family editions", die nach der heuchlerischen Moral von heute zurechtgestutzt sind. Die beiden größten praktischen Philosophen der letzten Zeit, Bentham und Godivin, sind, namentlich letzterer, ebenfalls fast ausschließliches Eigentum des Proletariats; wenn auch Bentham unter der radikalen Bourgeoisie eine Schule besitzt, so ist es doch nur dem Proletariat und den Sozialisten gelungen, aus ihm einen Fortschritt zu entwickeln. Das Proletariat hat sich auf diesen Grundlagen eine eigene Literatur gebildet, die meist aus Journalen und Broschüren besteht und an Gehalt der ganzen Bourgeoisie-Literatur bei weitem voraus ist. Hierüber ein andermal. Eins ist noch zu bemerken: Die Fabrikarbeiter, und unter ihnen besonders die der Baumwollenbezirke, bilden den Kern der Arbeiterbewegungen. Lancashire und speziell Manchester ist der Sitz der stärksten Arbeiterverbindungen, der Zentralpunkt des Chartismus, der Ort, der die meisten Sozialisten zählt. Je weiter das Fabriksystem in einen Arbeitszweig eingedrungen, desto mehr nehmen die Arbeiter an der Bewegung teil; je schärfer der Gegensatz zwischen Arbeitern und Kapitalisten, desto entwickelter, desto schärfer das proletarische Bewußtsein im Arbeiter. Die kleinen Meister von Birmingham, obwohl sie bei den Krisen mit leiden, stehen doch auf einer unglücklichen Mitte zwischen proletarischem Chartismus und krämerhaftem Radikalismus. Im allgemeinen aber sind alle Arbeiter der Industrie für eine oder die andere Form der Auflehnung gegen das Kapital und die Bourgeoisie gewonnen, und darin sind alle einig, daß sie, als „Working Men" - ein Titel, auf den sie stolz sind und der die gewöhnliche Anrede in Chartistenversammlungen ist - eine eigne Klasse mit eignen Interessen und Prinzipien, mit eigner Anschauungsweise gegenüber allen Besitzenden bilden, und zugleich - daß in ihnen die Kraft und die Entwicklungsfähigkeit der Nation ruht.
Das Bergwerksproletariat
Die Beschaffung der rohen und Brennmaterialien für eine so kolossale Industrie wie die englische nimmt ebenfalls eine bedeutende Zahl von Arbeitern in Anspruch. Von den der Industrie notwendigen Stoffen liefert aber England selbst - außer der Wolle, die auf Rechnung der Ackerbaubezirke kommt - nur die Mineralien, die Metalle und die Steinkohlen. Während in Cornwall ergiebige Kupfer-, Zinn-, Zink- und Bleibergwerke sind, liefern Staffordshire, Nord-Wales und andere Bezirke große Mengen von Eisen und fast ganz Nord- und Westengland, Mittelschottland und einige Distrikte von Irland einen Uberfluß an Steinkohlen.* In dem Bergbau von Cornwall sind teils unter der Erde, teils auf der Oberfläche an 19000 Männer und 11 000 Weiber und Kinder beschäftigt.
* Nach dem Zensus von 1841 beträgt die Anzahl der im Bergbau beschäftigten Arbeiter in Großbritannien (außer Irland): Männer Weiber über unter über unter Zusammen 20 Jahr 20 Jahr 20 Jahr 20 Jahr Kohlengruben 83408 32475 1185 1165 118233 Kupferbergwerke 9866 3428 913 1200 15407 Bleibergwerke 9427 1932 40 20 11419 Eisenbergwerke 7773 2679 424 73 10949 Zinnbergwerke 4602 1349 68 82 6101 Diverse, und bei denen di as Mineral nicht angegeben 24162 6591 4/2 491 31716 Zusammen: 139238 48454 3102 3031 193825 Da die Kohlen- und Eisenwerke meist von denselben Leuten bearbeitet werden, so ist ein Teil der als Kohlenarbeiter angegebenen Leute und ferner noch ein sehr bedeutender Teil der in der letzten Rubrik angegebenen Arbeiter den Eisenwerken zuzuschreiben.
In den Bergwerken selbst arbeiten fast nur Männer und Knaben von zwölf Jahren aufwärts. Die materielle Stellung dieser Arbeiter scheint nach dem Ch. E. Rept. ziemlich erträglich zu sein, und die Engländer prunken oft genug mit ihren kräftigen und kühnen cornischen Bergknappen, die den Erzadern selbst bis unter den Grund des Meeres nachspüren. Aber der Ch. E. Rept. urteilt doch anders in Beziehung auf die Kräftigkeit dieser Leute. Er weist in dem intelligenten Bericht des Dr. Barham nach, daß die Einatmung einer wenig sauerstoffhaltigen, mit Staub und dem Rauch des beim Sprengen gebrauchten Pulvers vermischten Atmosphäre, wie sie sich auf dem Grund der Bergwerke findet, die Lunge ernstlich affiziert, die Tätigkeit des Herzens stört und die Verdauungsorgane erschlafft; daß die anstrengende Arbeit, und besonders das Auf- und Absteigen auf Leitern, das bei einigen Bergwerken selbst jungen kräftigen Männern über eine Stunde Zeit wegnimmt und täglich vor und nach der Arbeit geschieht, sehr zur Entwicklung dieser Übel beiträgt, und daß infolge davon die Männer, welche früh in die Bergwerke gehen, lange nicht die körperliche Ausbildung erhalten, welche man bei den auf der Oberfläche arbeitenden Weibern findet; daß viele jung an der galoppierenden und die meisten in den besten Jahren an der langsamen Schwindsucht sterben; daß sie früh altern und zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr arbeitsunfähig werden, und daß sehr viele durch den raschen Übergang aus der warmen Luft des Schachts, nachdem sie unter heftigem Schweiß die Leitern mühsam he-faufgeklettert sind in die kalte Luft der Oberfläche, sich akute Entzündungen der ohnehin krankhaften Respirationsorgane zuziehen, welche sehr häufig tödlich wirken. Die Arbeit auf der Oberfläche, das Zerschlagen und Sortieren der Erze, wird von Mädchen und Kindern betrieben und als sehr gesund geschildert, da es in freier Luft getan wird. Im Norden von England, an der Grenze der Grafschaften Northumberland und Durham, sind die bedeutenden Bleibergwerke von Aiston Moor. Die Berichte aus dieser Gegend - ebenfalls im Ch. E. Rept., Bericht des Kommissärs Mitchell - stimmen fast ganz mit denen aus Cornwall überein. Auch hier wird über Mangel an Sauerstoff, Überfluß an Staub, Pulverrauch, Kohlensäure und schwefligen Gasen in der Atmosphäre der Stollen geklagt. Infolgedessen sind die Bergleute, wie in Cornwall, klein von Statur und leiden vom 30. Jahre an aufwärts fast alle an Brustbeschwerden, die endlich, besonders wenn die Arbeit, wie fast immer, fortgesetzt wird, in vollständige Schwindsucht übergehen und so das durchschnittliche Lebensalter dieser Leute wesentlich verkürzen. Wenn die Bergknappen dieser Gegend etwas länger leben als die cornischen, so kommt dies daher, daß sie erst mit dem 19. Jahre anfangen, den Schacht zu befahren, während in Cornwall, wie wir
sahen, diese Arbeit schon mit dem 12. Jahre begonnen wird. Indes stirbt auch hier die Majorität nach ärztlichen Aussagen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Aus 79 Bergleuten, deren Tod im öffentlichen Register des Distrikts eingeschrieben war und die durchschnittlich 45 Jahre alt geworden waren, waren 37 an der Schwindsucht und 6 an Asthma gestorben. In den umliegenden Ortschaften Allendale, Stanhope und Middleton war die Lebensdauer resp. 49, 48 und 47 Jahre durchschnittlich, und die Todesfälle infolge von Brustbeschwerden machten resp. 48, 54 und 56 Prozent der ganzen Zahl aus. Es ist zu bedenken, daß sämtliche Angaben sich nur auf solche Bergleute beziehen, die ihre Arbeit nicht vor dem 19. Jahre antraten. Vergleichen wir hiermit die sogenannten schwedischen Tabellen - ausführliche Mortalitätstabellen1 über alle Einwohner von Schweden - die in England für den bis jetzt richtigsten Maßstab der durchschnittlichen Lebensdauer der britischen Arbeiterklasse gelten. Nach ihnen erreichen männliche Individuen, die das 19. Lebensjahr zurückgelegt haben, ein Alter von durchschnittlich 57J/2 Jahren, und sonach wird das Leben der nordenglischen Bergleute um durchschnittlich 10 Jahre durch ihre Arbeit verkürzt. Die schwedischen Tabellen gelten aber für den Maßstab der Lebensdauer der Arbeiter und bieten somit eine Darstellung der Lebenschancen in den ohnehin schon ungünstigen Verhältnissen des Proletariats, geben also schon eine geringere als die normale Lebensdauer an. - In dieser Gegend finden wir auch die Logierhäuser und Schlafstellen wieder, die wir schon in den großen Städten kennenlernten, und mindestens in derselben schmutzigen, ekelhaften und gedrängten Gestalt wie dort. Mitchell war in einem solchen Zimmer, das 18 Fuß lang und 15 Fuß breit und zur Aufnahme von 42 Männern und 14 Knaben, zusammen also 56 Personen in 14 Betten-von denen die Hälfte wie in einem Schiff über den andern angebracht - eingerichtet war. Keine Öffnung war da, um die schlechte Luft hinauszulassen; obwohl in drei Nächten niemand dort geschlafen hatte, so war der Geruch und die Atmosphäre doch so, daß Mitchell sie keinen Augenblick ertragen konnte. Wie mag sie erst in einer heißen Sommernacht unter 56 Schlafgästen sein! Und das ist nicht das Zwischendeck eines amerikanischen Sklavenschiffs, es ist die Wohnung „freigeborner Briten".
Gehen wir jetzt zu den wichtigsten Zweigen des englischen Bergbaues, den Eisenbergwerken und Kohlengruben über, die der Ch. E. Rept. zusammen abhandelt, und zwar mit der ganzen Ausführlichkeit, die die Wichtigkeit des Gegenstandes erfordert. Fast der ganze erste Teil dieses Berichts
1 Sterblichkeitstabellen
beschäftigt sich mit der Lage der in diesen Bergwerken beschäftigten Arbeiter. Nach der detaillierten Schilderung indes, die ich von der Lage der industriellen Arbeiter gegeben habe, wird es mir hier möglich sein, mich so kurz zu fassen, wie die Rücksicht auf die dem Umfang dieser Schrift zu setzenden Schranken es erfordert. In den Kohlen- und Eisenbergwerken, die ungefähr auf gleiche Weise ausgebeutet werden, arbeiten Kinder von 4, 5, 7 Jahren; die meisten sind indes über 8 Jahre alt. Sie werden gebraucht, um das losgebrochene Material von der Bruchstelle nach dem Pferdeweg oder dem Hauptschacht zu transportieren und um die Zugtüren, welche die verschiedenen Abteilungen des Bergwerks trennen, bei der Passage von Arbeitern und Material zu öffnen und wieder zu schließen. Zur Beaufsichtigung dieser Türen werden meist die kleinsten Kinder gebraucht, die auf diese Weise 12 Stunden täglich im Dunkeln einsam in einem engen, meist feuchten Gange sitzen müssen, ohne selbst auch nur so viel Arbeit zu haben, als nötig wäre, sie vor der verdummenden, vertierenden Langeweile des Nichtstuns zu schützen. Der Transport der Kohlen und des Eisensteins dagegen ist eine sehr harte Arbeit, da dies Material in ziemlich großen Kufen ohne Räder über den holprigen Boden der Stollen fortgeschleift werden muß, oft über feuchten Lehm oder durch Wasser, oft steile Abhänge hinauf, und durch Gänge, die zuweilen so eng sind, daß die Arbeiter auf Händen und Füßen kriechen müssen. Zu dieser anstrengenden Arbeit v/erden daher ältere Kinder und heranwachsende Mädchen genommen. Je nach den Umständen kommt entweder ein Arbeiter auf die Kufe oder zwei jüngere, von denen einer zieht und der andere schiebt. Das Loshauen, das von erwachsenen Männern oder starken jungen Burschen von 16 Jahren und drüber geschieht, ist ebenfalls eine sehr ermüdende Arbeit. - Die gewöhnliche Arbeitszeit ist 11 bis 12 Stunden, oft länger, in Schottland bis zu 14 Stunden, und sehr häufig wird doppelte Zeit gearbeitet, so daß sämtliche Arbeiter 24, ja nicht selten 36 Stunden hintereinander unter der Erde und in Tätigkeit sind. Feste Stunden für Mahlzeiten sind meist unbekannt, so daß die Leute essen, wenn sie Hunger und Zeit haben. Die äußere Lage der Grubenarbeiter wird im allgemeinen als ziemlich gut und ihr Lohn als hoch im Vergleich zu dem der sie umgebenden Ackerbautaglöhner (die freilich verhungern) geschildert, mit Ausnahme einiger Teile von Schottland und dem irischen Kohlenbezirk, wo großes Elend herrscht. Wir werden Gelegenheit haben, später auf diese, ohnehin relative, im Hinblick auf die ärmste Klasse von ganz England gemachte Angabe zurückzukommen. Einstweilen wollen wir die Übel, die aus dem jetzigen Betrieb der Grubenarbeit folgen, betrachten, und die Leser mögen dann
entscheiden, ob irgendein Geldlohn imstande ist, den Arbeiter für solche Leiden zu entschädigen. Die Kinder und jungen Leute, welche mit dem Schleppen der Kohlen und des Eisensteins beschäftigt sind, klagen allgemein über große Müdigkeit. Selbst in den am rücksichtslosesten betriebenen industriellen Etablissements finden wir eine so allgemeine und so sehr aufs äußerste getriebene Abspannung nicht. Der ganze Bericht liefert dazu auf jeder Seite eine Reihe von Beispielen. Es kommt jeden Augenblick vor, daß die Kinder, sowie sie nach Hause kommen, sich auf den steinernen Fußboden vor dem Herde werfen und sogleich einschlafen, daß sie keinen Bissen Nahrung mehr zu sich nehmen können und im Schlaf von den Eltern gewaschen und zu Bette gebracht werden müssen, ja daß sie unterwegs sich vor Müdigkeit hinwerfen und tief in der Nacht von ihren Eltern dort aufgesucht und schlafend gefunden werden. Allgemein scheint es zu sein, daß diese Kinder den größten Teil des Sonntags im Bette zubringen, um sich einigermaßen von der Anstrengung der Woche zu erholen; Kirche und Schule werden nur von wenigen besucht, und bei diesen klagen die Lehrer über große Schläfrigkeit und Abstumpfung bei aller Lernbegierde. Bei den älteren Mädchen und Frauen findet dasselbe statt. Sie werden auf die brutalste Weise überarbeitet. Diese Müdigkeit, die fast immer bis zu einem höchst schmerzhaften Grade gesteigert wird, verfehlt ihre Wirkungen auf die Konstitution nicht. Die nächste Folge einer solchen übermäßigen Anstrengung ist, daß alle Lebenskraft zur einseitigen Ausbildung der Muskeln verbraucht wird, so daß besonders die Muskeln der Arme und Beine, des Rückens, der Schultern und der Brust, die bei dem Schleppen und Schieben hauptsächlich in Tätigkeit gesetzt werden, eine außerordentlich üppige Entwicklung erhalten, während der ganze übrige Körper Mangel an Nahrung leidet und verkrüppelt. Vor allen Dingen bleibt der Wuchs klein und zurückgehalten; fast alle Grubenarbeiter sind kurz von Körperbau, mit Ausnahme derer von Warwickshire und Leicestershire, die unter besonders günstigen Verhältnissen arbeiten. Dann wird die Pubertät sowohl bei Knaben wie Mädchen zurückgehalten, bei ersteren oft bis zum 18. Jahre; dem Kommissär Symons kam sogar ein neunzehnjähriger Knabe vor, der, mit Ausnahme der Zähne, in keinem Teile weiterentwickelt war als ein Knabe von 11 bis 12 Jahren. Diese Verlängerung der Kindheitsepoche ist im Grunde auch weiter nichts als ein Beweis gehemmter Entwicklung und verfehlt nicht, im späteren Alter ihre Früchte zu tragen. Verkrümmung der Beine, eingebogene Knie und auswärts gebogene Füße, Verkrümmung des Rückgrats und andere Mißbildungen stellen sich unter diesen Umständen und bei so geschwächten Konstitutionen infolge
der fast immer gezwungenen Körperstellung bei der Arbeit um so leichter ein und sind so häufig, daß sowohl in Yorkshire und Lancashire wie in Northumberland und Durham von vielen, selbst Ärzten behauptet wird, man könne einen Grubenarbeiter unter hundert andern Leuten schon an seiner Körperbildung kennen. Besonders die Weiber scheinen sehr von der Arbeit zu leiden und sind selten, wenn überhaupt jemals, so gerade wie andere Weiber. Daß Mißbildungen des Beckens und infolgedessen schwere, ja tödliche Geburten ebenfalls aus der Arbeit der Weiber in den Gruben entstehen, wird augh hier bezeugt. Außer diesen lokalen Verkrüppelungen haben die Grubenarbeiter aber noch an einer Reihe von speziellen Krankheiten zu leiden, die ziemlich mit denen der übrigen Bergleute zusammenfallen und leicht aus der Art der Arbeit zu erklären sind. Der Unterleib leidet vor allem; der Appetit verliert sich, Magenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen treten in den meisten Fällen ein, dazu heftiger Durst, der nur mit dem schmutzigen, oft lauen Wasser des Bergwerks gelöscht werden kann; die Verdauungstätigkeit wird gehemmt und dadurch die übrigen Krankheiten gefördert. Krankheiten des Herzens, besonders Hypertrophie, Entzündung des Herzens und des Pericardium, Kontraktion der Aurikulo-ventnkular-Kommunikationen und des Eingangs der Aorta, werden ebenfalls von mehreren Seiten als häufige Übel der Grubenarbeiter angegeben und leicht durch Überarbeitung erklärt. Desgleichen die fast allgemeinen Bruchschäden, die ebenfalls die direkte Folge von übermäßiger Muskelanstrengung sind. Teils aus derselben Ursache, teils aus der - hier so leicht zu vermeidenden schlechten, mit Kohlensäure und Kohlenwasserstoffgas gemischten, staubgefüllten Atmosphäre der Gruben entstehen eine Menge schmerzhafter und gefährlicher Lungenkrankheiten, besonders Asthma, das in einigen Distrikten mit dem 40., in andern schon mit dem 30. Lebensjahre bei den meisten Grubenarbeitern zum Vorschein kommt und sie in kurzer Zeit arbeitsunfähig macht. Bei denjenigen, die m nassen Stollen zu arbeiten haben, tritt die Beklemmung auf der Brust natürlich schon viel früher ein; in einigen Gegenden Schottlands zwischen dem 20. und 30. Jahre, während v/elcher Zeit die angegriffenen Lungen außerdem für Entzündungen und fieberhafte Affektionen sehr empfänglich sind. Eine eigentümliche Krankheit dieser Art Arbeiter ist das Schwarzspeien (black spittle), das aus einer Durchdringung der ganzen Lunge mit feiner Kohle entsteht und sich in allgemeiner Schwäche, Kopfschmerzen, Brustbeklemmung und schwarzer, dickschleimiger Expektoration äußert. In einigen Gegenden erscheint dies Übel in milder Form, in andern dagegen erscheint es ganz unheilbar, besonders in Schottland; hier zeigt sich außer einer Steigerung der erwähnten
Symptome ein sehr kurzer, pfeifender Atem, schneller Puls (über 100 in einer Minute), abgebrochener Husten; die Abmagerung und Schwäche nimmt zu und macht den Patienten bald arbeitsunfähig. In allen Fällen führt dies Übel hier den Tod nach sich. Dr. MacKellar in Pencaithland, East Lothian, sagt aus, daß in allen den Gruben, welche gut ventiliert seien, diese Krankheit gar nicht vorkomme, während oft genug Arbeiter, die aus gut ventilierten in schlecht ventilierte Gruben übergingen, von ihr ergriffen würden. Die Gewinnsucht der Grubenbesitzer, die die Anlegung von Ventilationsschachten unterläßt, ist also schuld daran, daß diese Krankheit überhaupt existiert. Rheumatismus ist ebenfalls, mit Ausnahme von Warwickshire und Leicestershire, ein allgemeines Übel der Grubenarbeiter, das besonders aus den häufigen nassen Arbeitslokalen entsteht. - Das Resultat aller dieser Krankheiten ist, daß in allen Distrikten ohne Ausnahne die Grubenarbeiter früh altern und nach dem 40. Jahre bald - es ist verschieden nach den verschiedenen Distrikten - arbeitsunfähig werden. Daß ein Grubenarbeiter nach dem 45. oder gar 50. Lebensjahre seine Beschäftigung noch verfolgen kann, kommt äußerst selten vor. Mit 40 Jahren, wird allgemein angegeben, fängt ein solcher Arbeiter an, in sein Greisenalter zu treten. Dies gilt von denen, die die Kohlen loshauen; die Auflader, die fortwährend schwere Blöcke Kohlen in die Kufen zu heben haben, altern schon mit dem 28. oder 30. Jahre, so daß es ein Sprüchwort in den Kohlendistrikten gibt: Die Auflader werden alte Männer, ehe sie junge sind. Daß dies frühe Altern der Grubenarbeiter auch einen frühen Tod herbeiführt, versteht sich von selbst, und so ist denn auch ein Sechziger eine große Seltenheit unter ihnen; ja selbst in Süd-Staffordshire, wo die Gruben verhältnismäßig gesund sind, erreichen nur wenige das 51. Jahr.-Bei diesem frühen Altern der Arbeiter finden wir denn auch ganz natürlich, wie bei den Fabriken, häufige Arbeitslosigkeit der Eltern, die von ihren oft noch sehr jungen Kindern ernährt werden. - Fassen wir nun die Resultate der Arbeit in Kohlengruben nochmals kurz zusammen, so finden wir, um mit Dr. Southwood Smith, einem der Kommissäre, zu reden - daß einerseits durch Verlängerung der Kindheitsperiode, andererseits durch frühes Altern diejenige Lebensepoche, in der der Mensch im vollen Besitze seiner Kräfte ist, das Mannesalter, um ein bedeutendes verkürzt und die Lebensdauer überhaupt durch einen frühen Tod verringert wird. Auch das ins Debet der Bourgeoisie! Alles das ist nur der Durchschnitt der englischen Gruben. Es gibt ihrer aber viele, in denen es noch weit schlimmer aussieht, nämlich diejenigen, in welchen dünne Kohlenflöze ausgebeutet werden. Die Kohlen würden zu teuer kommen, wollte man außer dem Kohlenlager auch noch einen Teil der
anstoßenden Sand- und Lehmschichten wegräumen; daher lassen die Besitzer nur jene ausgraben, und dadurch werden die Gänge, die sonst vier, fünf und mehr Fuß hoch sind, so niedrig, daß an aufrechtes Stehen nicht zu denken ist. Der Arbeiter liegt auf der Seite und bricht mit seiner Hacke die Kohlen los, indem er den Ellenbogen als Angelpunkt aufstützt - daraus entsteht Entzündung des Gelenks und in den Fällen, wo er knien muß, dasselbe Übel am Kniegelenk. Die Weiber und Kinder, die die Kohlen zu schleppen haben, kriechen auf Händen und Füßen, mit einem Geschirr und einer Kette, die in vielen Fällen zwischen den Beinen durchgeht, an die Kufe gespannt, durch die niedrigen Stollen, während ein anderer von hinten mit Kopf und Händen nachschiebt. Das Drücken mit dem Kopf erzeugt lokale Irritation, schmerzhafte Anschwellungen und Geschwüre. In vielen Fällen sind die Stollen auch naß, so daß diese Arbeiter durch schmutziges oder salziges, ebenfalls Irritation der Haut erzeugendes Wasser von mehreren Zollen tief zu kriechen haben. Man kann sich leicht vorstellen, wie sehr die den Grubenarbeitern ohnehin eigentümlichen Krankheiten durch eine so scheußliche Sklavenarbeit begünstigt werden. Das sind noch nicht alle Übel, die auf das Haupt des Grubenarbeiters fallen. Im ganzen britischen Reich gibt es keine Arbeit, bei der man auf so vielerlei Weise ums Leben kommen kann, wie gerade diese. Die Kohlengrube ist der Schauplatz einer Menge der schreckenerregendsten Unfälle, und gerade diese kommen direkt auf Rechnung des Bourgeoisie-Eigennutzes. Das Kohlenwasserstoffgas, das sich so häufig in ihnen entwickelt, bildet durch seine Vermischung mit atmosphärischer Luft eine explosible1 Luftart, die sich durch die Berührung mit einer Flamme entzündet und jeden tötet, der sich in ihrem Bereich befindet. Solche Explosionen fallen fast alle Tage hier oder dort vor; am 28. September 1844 war eine in Haswell Colliery (Durham), welche 96 Menschen tötete. Das kohlensaure Gas, das sich ebenfalls in Menge entwickelt, lagert an den tiefern Stellen der Gruben oft über Mannshöhe und erstickt jeden, der hineingerät. Die Türen, die die einzelnen Teile der Gruben trennen, sollen die Fortpflanzung der Explosionen und die Bewegung der Gase hindern, aber da man sie kleinen Kindern zur Bewachung übergibt, die oft einschlafen oder sie vernachlässigen, so ist diese Vorsichtsmaßregel illusorisch. Durch eine gute Ventilation der Gruben vermittelst Luftschachten wäre die nachteilige Wirkung beider Gase gänzlich zu vermeiden, aber dazu gibt der Bourgeois sein Geld nicht her und befiehlt lieber den Arbeitern, nur von der Davyschen Lampe Gebrauch zu machen, die ihm wegen ihres düstern Scheins oft ganz nutzlos ist und die er
1 (1892) explosive
deshalb lieber mit der einfachen Kerze vertauscht. Kommt dann eine Explosion, so war es Nachlässigkeit der Arbeiter, wo doch der Bourgeois durch gute Ventilation jede Explosion hätte fast unmöglich machen können. Ferner fällt alle Augenblicke ein Stollen ganz oder teilweise ein und begräbt die Arbeiter oder zerquetscht sie; es ist das Interesse des Bourgeois, daß die Flöze soviel irgend möglich ausgegraben werden, und daher auch diese Art Unglücksfälle. Dann sind die Seile, an denen die Arbeiter in den Schacht fahren, oft schlecht und reißen, so daß die Unglücklichen herunterfallen und zerschmettert werden. Alle diese Unglücksfälle - ich habe keinen Raum für einzelne Beispiele - raffen jährlich, nach dem „Mining Journal"[1031, etwa 1400 Menschenleben dahin. Der „Manchester Guardian" berichtet allein aus Lancashire mindestens zwei bis drei in jeder Woche. Fast in allen Bezirken sind die Totenschau-Juries in allen Fällen von den Grubenbesitzern abhängig, und wo dies nicht der Fall ist, da sorgt der Schlendrian der Gewohnheit dafür, daß das Verdikt auf „Tod durch Zufall" lautet. Ohnehin kümmert sich die Jury wenig um den Zustand der Grube, weil sie nichts davon versteht. Aber der Ch. E. Rept. nimmt keinen Anstand, die Besitzer der Gruben geradezu für die große Mehrzahl dieser Fälle verantwortlich zu machen. In Beziehung auf die Bildung und Sittlichkeit der bergbauenden Bevölkerung, so soll diese nach dem Ch. E. Rept. in Cornwall ziemlich und in Aiston Moor sogar vortrefflich sein; dagegen steht sie in den Kohlendistrikten allgemein sehr niedrig. Die Leute leben auf dem Lande, in vernachlässigten Gegenden, und wenn sie ihre saure Arbeit tun, so kümmert sich außer der Polizei kein Mensch um sie. Daher kommt es und von dem zarten Alter, in welchem die Kinder an die Arbeit gestellt werden, daß ihre geistige Bildung durchaus vernachlässigt ist. Die Wochenschulen stehen ihnen nicht offen, die Abend- und Sonntagsschulen sind illusorisch, die Lehrer taugen nichts. Daher können nur wenige lesen und noch weniger schreiben. Das einzige, wofür ihre Augen noch offengeblieben, war nach der Aussage der Kommissäre, daß ihr Lohn viel zu gering für ihre saure und gefährliche Arbeit sei. In die Kirche gehen sie nie oder selten; alle Geistlichen klagen über eine Irreligiosität ohnegleichen. In der Tat finden wir unter ihnen eine Unwissenheit über religiöse und weltliche Dinge, gegen welche die oben in Beispielen dargelegte vieler Industriearbeiter noch gering ist. Die religiösen Kategorien sind ihnen nur aus den Fluchworten bekannt. Ihre Moralität wird schon durch die Arbeit zerstört. Daß die Überarbeitung aller Grubenarbeiter den Trunk notwendig erzeugen muß, liegt auf der Hand. Was das Geschlechtsverhältnis betrifft, so arbeiten in den Gruben wegen der dort herrschenden Wärme Männer, Weiber und Kinder iii vielen Fällen ganz
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Eine Seite aus dem Bericht der Children's Employment Commission

und in den meisten beinahe nackt, und was die Folgen davon in der finstern, einsamen Grube sind, mag sich jeder selbst denken. Die Zahl der unehelichen Kinder, die hier unverhältnismäßig groß ist, spricht für das, was unter der halbwilden Bevölkerung dort unten vorgeht, beweist aber auch, daß der illegitime Verkehr der Geschlechter hier noch nicht, wie in den Städten, bis zur Prostitution gesunken ist. Die Arbeit der Weiber hat dieselben Folgen wie in den Fabriken, sie löst die Familie auf und macht die Mütter durchaus unfähig zur Verrichtung ihrer häuslichen Beschäftigungen. Als der Ch. E. Rept. dem Parlament vorgelegt wurde, beeilte sich Lord Ashley, eine Bill vorzuschlagen, worin die Arbeit der Weiber in Bergwerken ganz verboten und die der Kinder sehr beschränkt wurde. Die Bill ging durch[104], ist aber in den meisten Gegenden ein toter Buchstabe geblieben, da nicht auch Bergwerksinspektoren ernannt wurden, um nach ihrer Ausführung zu sehen. Die Umgehung ist in den ländlichen Distrikten, wo die Bergwerke liegen, ohnehin schon sehr erleichtert, und da darf es uns nicht wundern, wenn voriges Jahr dem Minister des Innern die offizielle Anzeige von seiten der Verbindung der Grubenarbeiter gemacht wurde, daß in den Gruben des Herzogs von Hamilton in Schottland über 60 Frauenzimmer arbeiteten, oder wenn der „Manchester Guardian" einmal berichtete, daß, wenn ich nicht irre, bei Wigan ein Mädchen durch eine Explosion in der Grube umgekommen sei und kein Mensch sich weiter darum kümmerte, daß auf diese Weise eine Ungesetzlichkeit an den Tag kam. In einzelnen Fällen mag es abgestellt worden sein, aber im allgemeinen besteht das alte Verhältnis unverändert fort. Das sind aber noch nicht alle Beschwerden, die auf die Grubenleute fallen. Die Bourgeoisie, nicht zufrieden damit, die Gesundheit dieser Leute zu ruinieren, ihr Leben stündlich in Gefahr zu bringen, ihnen alle Gelegenheit zur Bildung zu nehmen, beutet sie auch sonst noch auf die unverschämteste Weise aus. Das Trucksystem ist hier nicht Ausnahme, sondern Regel und wird auf die unverhohlenste, direkteste Weise betrieben. Das Cottagesystem ist ebenfalls allgemein und hier meist Notwendigkeit, wird aber auch hier zur besseren Ausbeutung der Arbeiter angewandt. Dazu noch allerlei sonstige Betrügereien. Während die Kohlen nach dem Gewicht verkauft werden, wird dem Arbeiter meist der Lohn nach dem Maß berechnet, und wenn er seine Kufe nicht ganz voll hatte, so bekommt er gar keinen Lohn, während er keinen Heller für Ubermaß bezahlt erhält. Ist in der Kufe mehr als ein gewisses Quantum Grieß, was doch weniger vom Arbeiter als von der Beschaffenheit der Kohlenflöze abhängt, so ist nicht nur der ganze Lohn, sondern auch noch eine Strafe verwirkt. Das Strafgeldersystem ist in den
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Gruben überhaupt so vollkommen ausgebildet, daß zuweilen ein armer Teufel, der die ganze Woche gearbeitet hat und kommt, seinen Lohn zu holen, vom Aufseher - denn der straft ganz nach Belieben und ohne den Arbeiter herbeizuholen - erfährt, daß er nicht nur keinen Lohn zu erwarten, sondern noch soundsoviel an Strafen nachzuzahlen hat! Der Aufseher hat überhaupt absolute Macht über den Lohn, er notiert die gelieferte Arbeit und kann dem Arbeiter, der ihm glauben muß, bezahlen, was er will. In einigen Gruben, wo nach dem Gewicht bezahlt wird, werden falsche Dezimalwaagen gebraucht, deren Gewichte nicht durch die öffentliche Autorität geeicht zu werden brauchen; in einer war sogar eine Regel, daß jeder Arbeiter, der wegen Unrichtigkeit der Waage klagen wollte, dies dem Aufseher drei Wochen vorher anzeigen mußtel In vielen Gegenden, besonders in Nordengland, ist es Sitte, daß die Arbeiter auf ein Jahr engagiert werden; sie verpflichten sich, während der Zeit für keinen andern zu arbeiten, aber der Besitzer verpflichtet sich durchaus nicht, ihnen Arbeit zu geben, so daß sie oft monatelang arbeitslos sind und, wenn sie woanders Arbeit suchen, wegen Dienstvernachlässigung sechs Wochen auf die Tretmühle geschickt werden. In andern Verträgen wird den Leuten Arbeit bis zu 26 Shilling jede 14 Tage gesichert, aber nicht gegeben; in andern Distrikten leihen die Besitzer den Arbeitern kleine, nachher abzuverdienende Summen und fesseln sie dadurch an sich. Im Norden ist es allgemeine Sitte, stets den Lohn einer Woche zurückzuhalten, um dadurch die Leute zu fesseln. Und um die Sklaverei dieser geknechteten Arbeiter zu vollenden, sind fast alle Friedensrichter der Kohlendistrikte selbst Grubenbesitzer oder Verwandte und Freunde von solchen und haben in diesen unzivilisierten, armen Gegenden, wo es wenig Zeitungen - und auch diese im Dienst der herrschenden Klasse - und wenig politische Agitation gibt, eine fast unumschränkte Macht. Man kann sich kaum eine Vorstellung davon machen, wie diese armen Grubenarbeiter von den in eigner Sache urteilenden Friedensrichtern ausgesogen und tyrannisiert worden sind. Eine lange Zeit ging das so voran. Die Arbeiter wußten nicht besser, als daß sie dazu da seien, bis aufs Blut geschunden zu werden. Allmählich aber fand sich auch unter ihnen, namentlich in den Fabrikdistrikten, wo die Berührung mit den intelligenteren Fabrikarbeitern ihren Einfluß nicht verfehlte, ein oppositioneller Geist gegen die schamlose Unterdrückung der „Kohlenkönige". Sie fingen an, Assoziationen zu bilden und von Zeit zu Zeit die Arbeit einzustellen. In den zivilisierteren Teilen schlössen sie sich sogar mit Leib und Seele den Chartisten an. Der große Kohlendistrikt des Nordens von England, der allem industriellen Verkehr abgeschlossen war, blieb indes
immer noch zurück, bis endlich, nach vielen Versuchen und Anstrengungen, teils der Chartisten, teils der intelligenteren Grubenleute selbst, im Jahre 1843 ein allgemeiner Geist des Widerstands auch hier erwachte. Eine solche Bewegung ergriff die Arbeiter von Northumberland und Durham, daß sie sich an die Spitze einer allgemeinen Verbindung der Grubenleute des ganzen Reichs stellten und einen Chartisten, den Advokaten W. P. Roberts aus Bristol, der sich schon bei den früheren Chartistenprozessen ausgezeichnet hatte, zu ihrem „Generalprokurator" ernannten. Die „Union" verbreitete sich bald über die große Mehrzahl der Distrikte; überall wurden Agenten ernannt, die Versammlungen hielten und Mitglieder anwarben; bei der ersten Konferenz von Deputierten in Manchester im Januar 1844 waren über 60000, bei der zweiten in Glasgow, ein halbes Jahr später, schon über 100000 Mitglieder. Alle Angelegenheiten der Grubenleute wurden hier beraten und über die größeren Arbeitseinstellungen Beschlüsse gefaßt. Mehrere Journale, besonders die Monatsschrift „The Miner's Advocate" zu Newcastle-upon-Tyne, wurden gegründet und die Rechte der Grubenleute darin vertreten. Am 31. März 1844 liefen die Dienstverträge aller Grubenleute in Northumberland und Durham ab. Sie ließen sich von Roberts einen neuen Vertrag aufsetzen, worin sie verlangten: 1. Bezahlung nach dem Gewicht statt nach dem Maß; 2. Ermittlung des Gewichts durch gewöhnliche, von den öffentlichen Inspektoren revidierte Waagschalen und Gewichte; 3. halbjährliche Dienstzeit; 4. Abschaffung des Strafensystems und Bezahlung der wirklich gelieferten Arbeit; 5. Verpflichtung der Besitzer, den in ihrem ausschließlichen Dienst befindlichen Arbeitern wenigstens vier Tage in der Woche Arbeit oder den Lohn für vier Tage zu garantieren. Der Vertrag wurde den Kohlenkönigen übersandt und eine Deputation ernannt, um mit ihnen zu unterhandeln; diese aber antworteten, die „Union" existiere nicht für sie, sie hätten nur mit den einzelnen Arbeitern zu tun und würden die Verbindung nie anerkennen. Auch legten sie einen andern Vertrag vor, der von allen den obigen Punkten nichts wissen wollte und natürlich von den Arbeitern verweigert wurde. Somit war der Krieg erklärt. Am 31. März 1844 legten 40000 Grubenleute ihre Hacken nieder, und sämtliche Gruben in den beiden Grafschaften standen leer. Die Fonds der Assoziation waren so bedeutend, daß auf mehrere Monate jeder Familie eine Unterstützung von 21/2 sh. wöchentlich zugesichert werden konnte. Während so die Arbeiter die Geduld ihrer Brotherrn auf die Probe stellten, organisierte Roberts mit einer Unermüdlichkeit ohnegleichen den Turnout und die Agitation, ließ Versammlungen halten, durchreiste England in die Kreuz und Quer, sammelte Unterstützungen für die Feiernden, predigte Ruhe und Gesetzlichkeit und führte zugleich
einen Feldzug gegen die despotischen Friedensrichter und Truckmeister aus, wie er noch nie in England vorgekommen war. Schon im Anfange des Jahres hatte er diesen begonnen. Wo irgendein Grubenarbeiter von den Friedensgerichten verurteilt war, verschaffte er sich beim Hofe der Queen's Benchri05J ein Habeas Corpus[108], brachte seinen Klienten vor den Hof nach London und erhielt ihn immer freigesprochen. So sprach Richter Williams von der Queen's Bench am 13. Januar drei von den Friedensrichtern zu Bilston (SüdStaffordshire) verurteilte Grubenleute los; das Verbrechen dieser Leute war, daß sie sich weigerten, an einer Stelle zu arbeiten, welcher Einsturz drohte und wirklich, ehe sie zurückkamen, eingestürzt war! Bei einer früheren Gelegenheit hatte Richter Patteson sechs Arbeiter losgesprochen, so daß der Name Roberts allmählich anfing, den grubenbesitzenden Friedensrichtern fürchterlich zu werden. InPreston saßen ebenfalls vier seiner Klienten; er machte sich in der ersten Woche des Februar auf, um die Sache an Ort und Stelle zu untersuchen, fand aber, als er ankam, die Verurteilten vor Ablauf der Strafzeit schon entlassen. In Manchester saßen sieben; Roberts erhielt Habeas Corpus und vom Richter Wightman vollständige Freisprechung. In Prescot saßen neun Grubenarbeiter, die wegen angeblicher Ruhestörung in St. Helens (SüdLancashire) schuldig erklärt und auf ihr Urteil warteten; als Roberts hinkam, wurden sie sogleich freigelassen. Alles das geschah in der ersten Hälfte des Februar. Im April befreite Roberts auf dieselbe Weise einen Grubenarbeiter aus dem Gefängnis zu Derby, vier aus dem zu Wakefield (Yorkshire) und vier aus dem zu Leicester. So ging es eine Zeitlang fort, bis die „Dogberries", wie diese Friedensrichter nach dem bekannten Charakter in Shakespeares „Viel Lärmen um nichts" genannt werden, etwas Respekt bekamen. Ebenso ging es mit dem Trucksystem. Einen nach dem andern von diesen ehrlosen Grubenbesitzern schleppte Roberts vor Gericht und erzwang von den widerwilligen Friedensrichtern Urteile gegen sie; solch eine Furcht verbreitete sich unter ihnen vor diesem windschnellen Generalprokurator, der überall zu gleicher Zeit zu sein schien, daß z.B. in Belper bei Derby eine Truckfirma bei seiner Ankunft folgendes Plakat anschlagen ließ:
„Bekanntmachung. Pentrich-Kohlenzeche." „Die Herren Haslam halten es für nötig (um jedem Irrtum zuvorzukommen), anzuzeigen, daß alle in ihrer Zeche beschäftigten Leute ihren Lohn ganz in Geld ausbezahlt erhalten werden und ihn ausgeben können, wo und wie es ihnen beliebt. Wenn sie im Laden der Herren Haslam ihre Waren kaufen, so werden sie dieselben, wie bisher, zu Engrospreisen erhalten, jedoch wird nicht erwartet, daß sie sie dort kaufen, und es wird ihnen dieselbe Arbeit und derselbe Lohn gegeben werden, sie mögen in diesem oder irgendeinem andern Laden kaufen."
Diese Triumphe erregten den lautesten Jubel unter der ganzen englischen Arbeiterklasse und führten der „Union" eine Menge neuer Mitglieder zu. Inzwischen ging das Feiern im Norden voran. Keine Hand wurde gerührt, und Newcastle, der Hauptexporthafen für Kohlen, war so entblößt davon, daß man von der schottischen Küste Kohlen dorthin bringen mußte, obwohl im Englischen to carry coals to Newcastle1 so viel heißt, wie bei den Griechen Eulen nach Athen tragen, d. h. etwas ganz Überflüssiges tun. Anfangs, solange die Fonds der „Union" vorhielten, ging alles gut, aber gegen den Sommer wurde den Arbeitern der Kampf sehr erschwert. Die höchste Not herrschte unter ihnen; sie hatten kein Geld, denn die Beiträge der Arbeiter aller Industriezweige in ganz England machten doch auf die große Anzahl der Feiernden wenig aus; sie mußten bei den Krämern mit Schaden borgen; die ganze Presse, mit Ausnahme weniger proletarischen Journale, war gegen sie; die Bourgeoisie, selbst die wenigen unter ihr, die Gerechtigkeitssinn genug gehabt hätten, sie zu untersützen, erfuhren aus den feilen liberalen und konservativen Blättern nur Lügen über die Sache; eine Deputation von zwölf Grubenleuten, die nach London ging, brachte bei dem dortigen Proletariat eine Summe auf, die aber auch bei der Menge der Unterstützungsbedürftigen wenig half; trotz alledem blieben die Grubenleute fest und, was noch mehr sagen will, bei allen Feindseligkeiten und Herausforderungen der Grubenbesitzer und ihrer getreuen Diener ruhig und friedlich. Kein Akt der Rache wurde geübt, kein einzelner Abtrünniger mißhandelt, kein einziger Diebstahl verübt. So hatte das Feiern schon an vier Monate gedauert, und noch immer hatten die Besitzer keine Aussicht, die Oberhand zu bekommen. Ein Weg stand ihnen noch offen. Sie erinnerten sich des Cottagesystems; es fiel ihnen ein, daß die Häuser der Widerspenstigen ihr Eigentum seien. Im Juli wurde den Arbeitern die Miete gekündigt, und in einer Woche alle vierzigtausend vor die Türe gesetzt. Diese Maßregel wurde mit einer empörenden Barbarei durchgeführt. Kranke und Schwache, Greise und Säuglinge, selbst gebärende Frauen wurden schonungslos aus den Betten gerissen und m den Chausseegraben geworfen. Ein Agent machte sich sogar den Genuß, ein hochschwangeres Weib mit eigner Hand bei den Haaren aus dem Bette und auf die Straße zu schleifen. Militär und Polizei stand in Masse dabei, bereit, auf das erste Zeichen von Widerstand und auf den ersten Wink der Friedensrichter, die die ganze brutale Prozedur leiteten, einzuhauen. Auch das überstanden die Arbeiter, ohne sich zu rühren. Man hatte gehofft, sie würden Gewalt brauchen, man reizte sie mit aller Macht zur Widersetzlichkeit, um nur einen
1 Kohlen nach Newcastle tragen
Vorwand zu haben, dem Feiern durch Militär ein Ende zu machen; die obdachlosen Grubenleute, eingedenk der Ermahnungen ihres Prokurators, blieben unbeweglich, setzten schweigend ihre Möbel auf die Moorflächen oder abgeernteten Felder und hielten aus. Einige, die keinen andern Platz wußten, kampierten in den Chausseegräben, andere auf andrer Leute Grundstücken, wo sie dann verklagt und, weil sie „Schaden zum Betrage eines Halfpenny" getan hätten, in ein Pfund Kosten verurteilt wurden, die sie natürlich nicht bezahlen konnten und auf der Tretmühle abbüßten. So haben sie acht und mehr Wochen in dem nassen Spätsommer des vorigen Jahres (1844) unter freiem Himmel mit ihren Familien gewohnt, ohne anderes Obdach für sich und ihre Kleinen als die kattunenen Vorhänge ihrer Betten, ohne andere Hülfsmittel als die geringen Unterstützungen der „Union" und den abnehmenden Kredit der Krämer. Darauf ließ Lord Londonderry, der in Durham bedeutende Gruben besitzt, den Krämern „seiner Stadt" Seaham mit seinem allerhöchsten Zorn drohen, wenn sie fortführen, „seinen" widerspenstigen Arbeitern Kredit zu geben. Dieser „edle" Lord war überhaupt der Harlekin des ganzen Turnouts durch die lächerlichen und schwülstigen, schlecht stilisierten „Ukase" an die Arbeiter, die er von Zeit zu Zeit, aber immer ohne andere Wirkung als die Heiterkeit der Nation, erließ.* Als alles nicht mehr fruchten wollte, ließen die Besitzer mit großen Unkosten aus Irland und den entfernteren Teilen von Wales, wo es noch keine Arbeiterbewegungen gibt, Leute kommen, um in ihren Gruben zu arbeiten, und als so die Konkurrenz der Arbeiter unter sich wiederhergestellt war, brach die Macht der Feiernden zusammen. Die Besitzer zwangen sie, sich von der „Union" loszusagen, Roberts zu verlassen und die von ihnen diktierten Bedingungen anzunehmen. So endigte anfangs September der große fünfmonatliche Kampf der Grubenleute gegen die Besitzer - ein Kampf, der von der Seite der Unterdrückten mit einer Ausdauer, einem Mut, einer Intelligenz und Besonnenheit geführt wurde, die uns die höchste Bewunderung abnötigen. Welch einen Grad von wahrhaft menschlicher Bildung, von Begeisterung und Charakterstärke setzt ein solcher Kampf bei einer Masse von vierzigtausend Männern voraus, die, wie wir sahen, im Ch. E. Rept. noch 1840 als durchaus roh und sittenlos geschildert werden! Wie hart muß aber auch der Druck gewesen sein, der diese vierzigtausend dahin brachte, sich wie ein Mann zu erheben und wie eine nicht nur disziplinierte, sondern auch begeisterte Armee, die nur einen Willen hat, den Kampf mit der größten Kaltblütigkeit und Ruhe bis zu dem Punkte fortzusetzen,
* (1892) Nichts Neues unter der Sonne, wenigstens nicht in Deutschland. Unsre „König Stumm" sind eben auch nur Abklatsche längst vergangner, heute in ihrer Heimat unmöglicher englischer Urbilder.
wo fernerer Widerstand Unsinn wäre! Und welch einen Kampf - nicht gegen sichtbare, tödliche Feinde, sondern gegen Hunger und Not, Elend und Obdachlosigkeit, gegen die eignen, durch die Brutalität des Reichtums bis zum Wahnsinn herausgeforderten Leidenschaften - hätten sie sich gewaltsam empört, so wären sie, die Waffenlosen, zusammengeschossen worden, und ein paar Tage hätten den Sieg der Besitzer entschieden. Diese Gesetzlichkeit war nicht die Furcht vor dem Konstablerstocke, sie war reine Überlegung, sie war der beste Beweis von der Intelligenz und Selbstbeherrschung der Arbeiter. So unterlagen auch diesmal die Arbeiter, trotz ihrer beispiellosen Ausdauer, der Macht der Kapitalisten. Aber es war nicht fruchtlos. Vor allen Dingen hat dieser neunzehn Wochen lange Turnout die Grubenleute Nordenglands für immer dem geistigen Tod entrissen, in dem sie bisher lagen; sie haben aufgehört zu schlafen, sind wach für ihre Interessen und haben sich der Bewegung der Zivilisation, besonders aber der Arbeiterbewegung angeschlossen. Der Turnout, der erst die ganze Barbarei der Besitzer gegen sie zum Vorschein brachte, hat die Arbeiteropposition hier für immer etabliert und mindestens drei Viertel der ganzen Zahl zu Chartisten gemacht - und die Akquisition von dreißigtausend so energischen, so bewährten Leuten ist den Chartisten wahrlich viel wert. Dann aber hat die Ausdauer und Gesetzlichkeit des ganzen Turnouts, vereinigt mit der tätigen Agitation, die ihn begleitete, doch die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Grubenarbeiter gelenkt. Bei Gelegenheit der Debatte über den Ausfuhrzoll auf Kohlen brachte Thomas Duncombe, das einzige entschieden chartistische Unterhausmitglied, die Lage der Grubenarbeiter im Parlament zur Sprache, ließ ihre Petition am Tisch des Hauses verlesen und zwang durch einen Vortrag auch die Journale der Bourgeoisie, wenigstens in den Parlamentsverhandlungen einmal eine richtige Darstellung der Sache aufzunehmen. Gleich nach dem Turnout fiel die Explosion zu Haswell vor; Roberts reiste nach London, erlangte eine Audienz bei Peel, drang als Repräsentant der Grubenarbeiter auf gründliche Untersuchung des Falls und setzte es durch, daß die ersten geologischen und chemischen Notabilitäten Englands, die Professoren Lyell und Faraday, beauftragt wurden, sich an Ort und Stelle zu verfügen. Da bald darauf noch mehrere Explosionen folgten und die Akten von Roberts wiederum dem Premierminister vorgelegt wurden, so versprach dieser, in der nächsten Parlamentssession (der jetzigen von 1845) wo möglich die nötigen Maßregeln zum Schutz der Arbeiter vorzuschlagen. Alles das wäre nicht erfolgt, hätten sich die Leute nicht durch den Turnout als freiheitsliebende, achtunggebietende Männer bewährt und hätten sie Roberts nicht engagiert.
Kaum war es bekannt, daß die Grubenleute des Nordens gezwungen seien, die „Union" aufzugeben und Roberts zu entlassen, so traten die Grubenleute von Lancashire in einer Union von etwa zehntausend Arbeitern zusammen und garantierten ihrem Generalprokurator sein Gehalt von 1200 Pfund jährlich. Sie brachten im Herbst vorigen Jahres monatlich über 700 Pfund zusammen, von denen etwas über 200 Pfund für Gehalte, Gerichtskosten etc. und der Rest meistens als Unterstützung feiernder Arbeiter, die teils brotlos waren, teils die Arbeit wegen Zwistigkeiten mit den Besitzern niedergelegt hatten, verwendet wurde. So sehen die Arbeiter immer mehr ein, daß sie vereinigt auch eine respektable Macht sind und im höchsten Notfall allerdings der Macht der Bourgeoisie trotzen können. Und diese Einsicht, der Gewinn aller Arbeiterbewegungen ist den sämtlichen Grubenleuten Englands durch die „Union" und den Turnout von 1844 zuteil geworden. In sehr kurzer Zeit wird der Unterschied der Intelligenz und Energie, der jetzt noch zugunsten der Industriearbeiter besteht, verschwunden sein, und die Bergleute des Reichs werden sich ihnen in jeder Beziehung an die Seite stellen können. So wird ein Stück Terrain nach dem andern unter den Füßen der Bourgeoisie unterwühlt, und wie lange wird es dauern, so stürzt ihr ganzes Staats- und Gesellschaftsgebäude samt der Basis, auf der es steht, zusammen. Aber sie läßt sich nicht warnen. Die Auflehnung der Grubenarbeiter erbitterte sie nur noch mehr; statt in ihr einen Fortschritt der Bewegung unter den Arbeitern im allgemeinen zu sehen, statt sich dadurch zur Besinnung bringen zu lassen, fand die besitzende Klasse in ihr nur Veranlassung zum Zorn gegen eine Klasse von Menschen, die närrisch genug war, mit der bisherigen Behandlungsweise sich nicht mehr einverstanden zu erklären. Sie sah in den gerechten Forderungen der Besitzlosen nur unverschämte Unzufriedenheit, wahnsinnige Auflehnung gegen „göttliche und menschliche Ordnung" und im günstigsten Falle einen mit aller Macht wieder zu unterdrückenden Erfolg „übelgesinnter Demagogen, die von der Agitation leben und zu faul sind zum Arbeiten . Sie suchte - natürlich erfolglos - den Arbeitern Leute wie Roberts und die Agenten der Assoziation, die ganz natürlich von dieser unterhalten wurden, als pfiffige Betrüger darzustellen, die ihnen, den armen Arbeitern, den letzten Heller aus der Tasche lockten. — Wenn eine solche Verrücktheit bei der besitzenden Klasse existiert, wenn sie durch ihren augenblicklichen Vorteil so geblendet wird, daß sie selbst für die deutlichsten Zeichen der Zeit keine Augen mehr hat, so muß man wahrlich alle Hoffnungen auf eine friedliche Lösung der sozialen Frage für England aufgeben. Die einzig mögliche Auskunft bleibt eine gewaltsame Revolution, die ganz gewiß nicht ausbleiben wird.
Das Ackerbauproletariat
Schon In der Einleitung sahen wir, wie gleichzeitig mit der kleinen Bourgeoisie und dem Wohlstande der bisherigen Arbeiter auch die kleine Bauernschaft ruiniert wurde, indem die bisherige Vereinigung der industriellen mit der ackerbauenden Arbeit sich auflöste, die vakant gewordenen Felder in große Pachten zusammengeworfen und die kleinen Bauern durch die überwiegende Konkurrenz der großen Wirtschaften aus dem Felde geschlagen wurden. Statt, wie bisher, selbst Grundbesitzer oder Pächter zu sein, wurden sie gezwungen, ihre Wirtschaft aufzugeben und sich als Ackerknechte bei den großen Pächtern und Gutsbesitzern zu verdingen. Eine Zeitlang war dieser Zustand, wenn auch gegen ihren früheren verschlechtert, doch erträglich. Die Ausdehnung der Industrie hielt der vermehrten Bevölkerung die Waagschale, bis endlich der industrielle Fortschritt etwas langsamer zu werden anfing und die stets neuen Vervollkommnungen der Maschinerie die Industrie außerstand setzten, den ganzen Uberschuß der arbeitenden Bevölkerung aus den Ackerbaubezirken zu absorbieren. Von diesem Zeitpunkte an zeigte sich das Elend, das bisher in den Fabrikdistrikten allein und auch da nur zeitweise existiert hatte, auch in den Ackerbaubezirken. Dazu kam, daß ungefähr um dieselbe Zeit der fünfundzwanzigjährige Krieg mit Frankreich aufhörte; die verminderte Produktion auf den Kriegsschauplätzen, die Sperrung der Zufuhren und die Notwendigkeit, die britischen Armeen in Spanien zu versorgen, hatten dem britischen Ackerbau einen künstlichen Aufschwung gegeben und zudem eine Menge von Arbeitskräften der Arbeit entzogen. Diese Stockung der Zufuhr, die Notwendigkeit des Exports und der Mangel an Arbeitern hörten nun mit einem Male auf, und die notwendige Folge war, wie die Engländer es nennen, agricultural distress, Ackerbau-Elend. Die Pächter mußten ihr Korn niedrig verkaufen und konnten daher nur niedrigen Lohn bezahlen. Um die Kornpreise hoch zu halten, wurden 1815 die Korngesetze passiert, die die Einfuhr von Korn solange prohibierten, als der Preis
des Weizens unter 80 Shilling für das Quarter war. Später wurden diese natürlich fruchtlosen Gesetze noch mehrere Male verändert, ohne indes das Elend der Ackerbaudistrikte mildern zu können. Alles, was sie taten, war das, daß sie die Krankheit, die bei freier Konkurrenz des Auslandes akut geworden wäre und ihre Krisen gehabt hätte, in eine chronische verwandelten, die einen gleichmäßigen, aber immer noch harten Druck auf die Lage der ackerbauenden Arbeiter ausübte. In der ersten Zeit nach der Entstehung des Ackerbauproletariats entwickelte sich hier das patriarchalische Verhältnis, das gleichzeitig für die Industrie zerstört wurde - dasselbe Verhältnis des Bauern zu seinen Ackerknechten, wie es in Deutschland fast überall jetzt noch besteht. Solange dies bestand, trat die Not unter den Arbeitern weniger und seltner hervor, die Knechte teilten das Schicksal der Pächter und wurden nur im schlimmsten Notfalle entlassen. Jetzt ist das aber anders. Die Leute sind fast alle Tagelöhner, die von den Pächtern beschäftigt werden, wenn diese ihrer bedürfen, und daher oft wochenlang, besonders aber winters, gar keine Arbeit haben. Bei dem patriarchalischen Verhältnis, wo die Knechte und ihre Familien auf dem Hofe des Pächters wohnten und ihre Kinder dort heranwuchsen, wo also natürlich der Pächter die heranwachsende Generation auf seinem Hofe zu beschäftigen suchte und die Taglöhner die Ausnahme, nicht die Regel ausmachten, fand sich auf jedem Gute eine größere Zahl Arbeiter als, streng genommen, nötig war. Daher lag es auch im Interesse der Pächter, dies Verhältnis aufzulösen, den Ackerknecht vom Hof zu treiben und ihn in einen Taglöhner zu verwandeln. Dies geschah ziemlich allgemein gegen das Ende der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts, und die Folge davon war, daß jetzt die bisher, um den Ausdruck der Physik zu gebrauchen, latente Überflußbevölkerung entbunden, der Lohn gedrückt und die Armensteuern enorm gesteigert wurden. Von dieser Zeit an wurden die Ackerbaudistrikte die Hauptsitze des permanenten, wie die Fabrikdistrikte die des wechselnden Pauperismus, und die Umgestaltung der Armengesetze war die erste Maßregel, welche die öffentliche Macht gegen die täglich wachsende Verarmung der Landgemeinden ergreifen mußte. Dazu kam aber noch, daß, bei fortwährender Ausbreitung des Systems der Bewirtschaftung im großen, die Einführung von Dreschund andern Maschinen in den Ackerbau und die vielfach eingeführte Arbeit von Weibern und Kindern in den Feldern, die so allgemein ist, daß ihre Folgen neulich durch eine besondre, offizielle Kommission untersucht wurden, auch hier eine große Zahl von Arbeitern brotlos machen. Wir sehen also, wie auch hier das System der industriellen Produktion sich durch große Wirtschaft, Aufhebung des patriarchalischen Verhältnisses - die gerade hier von
der größten Bedeutung ist - und Einführung von Maschinerie, Dampfkraft und Arbeit von Weibern und Kindern Eingang verschafft und die letzte, stabilste Seite der arbeitenden Menschheit in die revolutionäre Bewegung hineingerissen hat. Je länger aber der Ackerbau seine Stabilität bewährt hatte, um so schwerer fiel die Last nun auf den Arbeiter, um so gewaltsamer äußerte sich hier die Desorganisation des alten sozialen Zusammenhangs. Die „Übervölkerung trat mit einem Male ans Tageslicht und war nicht, wie in den Industriebezirken, durch vermehrte Produktion zu beseitigen. Neue Fabriken konnten immer angelegt werden, wenn Abnehmer für ihre Produkte da waren, aber neues Land konnte nicht geschafft werden. Die Kultur der unbebauten Gemeindeländereien war eine zu riskante Spekulation, als daß sich seit dem Frieden viel Kapital hierauf geworfen hätte. Die notwendige Folge davon war, daß die Konkurrenz der Arbeiter unter sich auf den höchsten Punkt gesteigert wurde und der Lohn auf sein Minimum fiel. Solange das alte Armengesetz existierte, wurde den Arbeitern aus der Armenkasse zugesetzt; natürlich fiel der Lohn hierdurch noch mehr, indem jetzt die Pächter einen möglichst großen Teil desselben der Armenkasse zuzuschieben suchten. Die schon durch die überflüssige Bevölkerung nötig gewordene Steigerung der Armensteuer wurde hierdurch nur vermehrt und so das neue Armengesetz, wovon wir noch sprechen werden, nötig gemacht. Dies machte die Sache indes nicht besser. Der Arbeitslohn stieg nicht, die überflüssige Bevölkerung war nicht wegzuschaffen, und die Grausamkeit des neuen Gesetzes diente nur dazu, das Volk aufs höchste zu erbittern. Selbst die Armensteuer, die anfangs abnahm, erreichte nach wenigen Jahren dieselbe Höhe, die sie früher hatte. Die einzige Frucht war die, daß wenn früher drei bis vier Millionen Halbpaupers bestanden hatten, jetzt eine Million ganzer Paupers zum Vorschein kam und die übrigen darum auch halbe Paupers, nur ohne Unterstützung blieben. Das Elend der Ackerbaubezirke hat mit jedem Jahre zugenommen. Die Leute leben in der größten Not, ganze Familien müssen sich mit 6, 7 oder 8 Shilling wöchentlich durchschlagen und haben zeitweise gar nichts. Hören wir eine Schilderung, die ein liberales Parlamentsglied1 von dem Zustande dieser Bevölkerung schon 1830 entwarf:
„Ein englischer Bauer" (d. b. Ackerbautaglöbner) „und ein englischer Pauper die Worte sind synonym. Sein Vater war ein Pauper und seiner Mutter Milch war ohne nährende Kraft; von Kind auf hat er schlechte Nahrung und immer nur halbsatt bekommen, und jetzt noch fühlt er die Qual unbefriedigten Hungers fast immer, wenn er nicht schläft. Er ist halbbekleidet, ohne mehr Feuerung, als grade ausreicht, seine
1 (1892) Parlamentsmitglied
magern Mahlzeiten zu kochen, und so kehren Kälte und Nässe stets mit dem Wetter bei ihm ein und verlassen ihn nur mit dem Wetter. Er ist verheiratet, aber er kennt nicht die Freuden des Gatten und Vaters. Sein Weib und seine Kleinen, hungrig, selten warm, oft krank und hülflos, stets sorgenvoll und hoffnungslos wie er, sind natürlich gierig, selbstsüchtig und quälerisch, und so, um seine eignen Worte zu gebrauchen, haßt er ihren Anblick (hates the sight of them) und geht nur zu seiner Baracke zurück, weil sie ihm immer noch etwas mehr Schutz gegen Regen und Wind gewährt als eine Hecke. Er muß seine Familie erhalten, wo er es doch nicht kann; das gibt Bettelei, heimliche Anschläge aller Art und endigt in ausgebildeter Verschlagenheit. Wenn er auch Lust hätte, so fehlte ihm doch der Mut, um, wie andre, energischere Leute seiner Klasse, ein Wilddieb oder Schmuggler im großen zu werden; aber er stibitzt gelegentlich und lehrt seine Kinder lügen und stehlen. Sein unterwürfiges und sklavisches Betragen gegen seine reichen Nachbarn zeigt, daß sie ihn rauh und mit Verdacht behandeln; daher fürchtet und haßt er sie, aber er wird ihnen nie auf gewaltsame Weise Leid antun. Er ist durch und durch depraviert, zu sehr herabgedrückt, um die Kraft der Verzweiflung noch zu haben. Sein elendes Leben ist kurz, Rheumatismus und Asthma bringen ihn ins Arbeitshaus, wo er seinen letzten Atemzug ohne eine einzige angenehme Rückerinnerung tun und für einen andern Unglücklichen Platz machen wird, der ebenso leben und sterben mag wie er."
Unser Autor fügt hinzu, daß es außer diesei Klasse der Ackerbautaglöhner noch eine zweite gebe, die etwas energischer und physisch, intellektuell und moralisch besser begabt sei; diejenigen nämlich, die zwar ebenso elend lebten, aber nicht in dieser Lage geboren seien. Diese seien bessere Familienmitglieder, aber Schmuggler und Wilddiebe, die oft blutige Konflikte mit den Wildhütern und Douaniers der Küste hätten, oft durch die Gefängnisse, die häufig ihr Aufenthalt würden, sich noch mehr gegen die Gesellschaft erbittern lernten und in ihrem Haß gegen die Besitzenden so der ersten Klasse ganz gleich ständen.
„Und", schließt er, „aus Höflichkeit (by courtesy) wird diese ganze Klasse die .kühne Bauerschaft von England' (bold peasantry of England, nach Shakespeare) genannt."* Bis auf den heutigen Tag gilt diese Schilderung für den größten Teil der Taglöhner in den Ackerbaubezirken. Die „Times" sandte im Juni 1844 einen Korrespondenten in diese Gegenden, um über die Lage dieser Klasse zu berichten, und der Bericht, den er gibt, stimmt vollkommen mit Obigem über
*E.G.Wake}ield,M.P., „Swing unmasked, or the Causes of Rural Incendiarism" [Der entlarvte Swing (siehe hierzu S. 478/79), oder die Ursachen der ländlichen Brandstiftungen], London 1831. - Pamphlet. Die obigen Zitate stehen p. 9-13, und sind die Stellen, welche sich im Original auf das damals noch bestehende alte Armengesetz beziehen, in der Übersetzung weggelassen.
ein. In einigen Gegenden war der Lohn nicht höher als sechs Shilling wöchentlich, also nicht höher als in vielen Gegenden Deutschlands, während die Preise aller Lebensbedürfnisse in England doch wenigstens doppelt so hoch sind als hier. Wie das Leben beschaffen ist, das diese Leute führen, läßt sich denken. Ihre Nahrung schlecht und knapp, ihre Kleidung zerlumpt und ihre Wohnung eng und erbärmlich-eine kleine elende Hütte ohne alle Komforts, und für junge Leute Logierhäuser, wo Männer und Frauen fast gar nicht getrennt sind und die zu illegitimem Verkehr herausfordern. Ein paar unbeschäftigte Tage im Monat müssen solche Leute notwendig in das tiefste Elend stürzen. Dazu können sie sich nicht assoziieren, um den Lohn hoch zu halten, weil sie zerstreut wohnen, und weigert einer, zu niedrigem Lohn zu arbeiten, so sind Dutzende von Brotlosen und Armenhausgenossen, die sich freuen, wenn ihnen das Geringste geboten wird, während dem Weigernden als einem faulen, liederlichen Taugenichts von der Armenverwaltung jede andre Unterstützung als die verhaßte des Armenhauses abgeschlagen wird; denn in der Verwaltung sitzen ja grade die Pächter, von denen oder deren Nachbarn und Standesgenossen er allein Arbeit erhalten kann. Und nicht nur aus einem oder dem andern der ackerbauenden Distrikte Englands erhalten wir solche Berichte; im Gegenteil, die Not ist gleich groß im Süden und Osten, im Norden und Westen; die Lage der Arbeiter in Suffolk und Norfolk stimmt genau mit der von Devonshire, Hampshire und Sussex; der Lohn ist in Dorsetshire und Oxfordshire so niedrig wie in Kent und Surrey, Buckinghamshire und Cambridgeshire. Eine besonders hervorzuhebende Barbarei gegen das Ackerbauproletariat sind die Jagdgesetze, die in England so streng sind wie nirgends, während zu gleicher Zeit der Wildstand über alle Begriffe zahlreich ist. Der englische Bauer, der nach alter Sitte und Gewohnheit in der Wilddieberei nur eine ganz natürliche, noble Äußerung des Mutes und der Verwegenheit sieht, wird durch den Gegensatz zwischen seinem eignen Elend und dem car tel est notre plaisir1 des Lords, der Tausende von Hasen und jagdbaren Vögeln zu seinem Privatvergnügen hegt, noch mehr dazu gereizt. Er legt Schlingen, schießt auch wohl einmal ein Stück Wild - es schadet ja dem Lord im Grunde nichts, der hat ja doch Überfluß daran, und ihm bringt es einen Braten übers Feuer für seine hungernde Familie. Wird er entdeckt, so wandert er ins Gefängnis, beim Wiederholungsfalle wird er mindestens sieben Jahre transportiert. Aus der Strenge dieser Strafen entstehen die häufigen blutigen Konflikte mit den Wildhütern, die jedes Jahr eine Reihe von Morden herbeiführen. Das
1 denn das ist unser Vergnügen
Gewerbe eines Wildbüters wird dadurch nicht nur gefährlich, sondern auch verrufen und geächtet. Im vorigen Jahre kamen zwei Fälle vor, daß Wildhüter sich lieber eine Kugel durch den Kopf jagten als bei ihrem Handwerk blieben. Das ist der wohlfeile Preis, um den sich die grundbesitzende Aristokratie das edle Vergnügen der Jagd erkauft - aber was verschlägt das den edlen „lords of the soil"1? Ob ein paar Überflüssige mehr oder minder am Leben sind, ist ja doch höchst gleichgültig, und wenn die Hälfte der „Überflüssigen" erst infolge der Jagdgesetze auf die Seite geschafft wären, so würde es der übrigbleibenden Hälfte desto besser gehen - so räsoniert die Philanthropie der englischen Besitzenden. Aber obwohl die ländlichen Verhältnisse, die isolierten Wohnungen, die Stabilität der Umgebung, der Beschäftigung und also auch der Ideen aller Entwicklung entschieden ungünstig sind, so trägt die Armut und Not auch hier ihre Früchte. Die Industrie- und Bergwerksarbeiter kamen bald über die erste Stufe der Opposition gegen den sozialen Zustand, über die unmittelbare Auflehnung des Vereinzelten durch Verbrechen, hinaus; die Bauern stecken noch bis auf den heutigen Tag in dieser ersten Stufe. Ihre beliebte Weise des sozialen Krieges ist die Brandstiftung. In dem Winter, der auf die Julirevolution folgte, im Winter 1830/31 wurden diese Brandstiftungen zum ersten Mal allgemein, nachdem schon anfangs Oktober in Sussex und den anstoßenden Grafschaften Unruhen wegen verstärkter Küstenpolizei (wodurch das Schmuggeln erschwert und die Küste, nach dem Ausdruck eines Pächters, ruiniert wurde), wegen Neuerungen in der Armenverwaltung, niedrigen Lohns und Maschineneinführung stattgefunden und die ganze Gegend in Aufregung versetzt hatten. Im Winter also wurden den Pächtern die Kornund Heuschober auf den Feldern, ja die Scheunen und Ställe unter ihren Fenstern angezündet. Fast jede Nacht flammten ein paar solcher Feuer und verbreiteten Entsetzen unter den Pächtern und Grundeigentümern. Die Täter wurden nie oder sehr selten entdeckt, und das Volk übertrug diese Brandstiftungen auf eine mythische Person, die es Swing nannte. Man zerbrach sich die Köpfe darüber, wer dieser Swing sein möge, woher diese Wut unter den Armen der Landdistrikte entstehe; an die große bewegende Kraft, die Not, die Unterdrückung dachten die wenigsten - in den Ackerbaudistrikten selbst gewiß niemand. Seit jenem Jahre haben sich die Brandstiftungen mit jedem Winter, mit der für die Taglöhner brotlosen Jahreszeit, wiederholt. Im Winter 1843/44 waren sie wieder einmal außerordentlich häufig. Mir liegen eine Reihe Nummern des „Northern Star" aus jener Zeit vor, deren
1 deutsch etwa: „Herren von Ar und Halm"
jede mehrere Berichte von Brandstiftungen mit Angabe der Quelle enthält. Die fehlenden Nummern dieses wöchentlichen Blattes in der folgenden Liste liegen mir nicht vor, enthalten aber jedenfalls noch eine Menge Fälle. Ohnehin kann ein solches Blatt nicht alle Fälle geben. ,,N[orthern] S[tar]", 25. November 1843: zwei Fälle, von mehreren früheren wird gesprochen. 16.Dezember: In Bedfordshire seit 14 Tagen allgemeine Aufregung wegen häufiger Brandstiftungen, deren jede Nacht mehrere vorkommen. In den letzten Tagen zwei große Pachthöfe niedergebrannt. In Cambridgeshire vier große Pachthöfe, Hertfordshire einer und außerdem noch fünfzehn Brandstiftungen in verschiedenen Gegenden. - 30. Dezember in Norfolk eine, Suffolk zwei, Essex zwei, Herts drei, Cheshire eine, Lancashire eine, in Derby, Lincoln und dem Süden zutoT/Brandstiftungen. - 6. Januar 1844: im ganzen zehn, 13. Januar: sieben, 20. Januar: vier Brandstiftungen. Von jetzt an werden wöchentlich im Durchschnitt drei bis vier Brände gemeldet, und zwar nicht nur wie früher bis ins Frühjahr, sondern bis in den Juli und August hinein, und daß mit dem Herannahen der strengen Jahreszeit 1844/45 diese Art Verbrechen einen neuen Aufschwung nahm, beweisen die mir seitdem zugekommenen englischen Zeitungen und die Berichte in deutschen Blättern. Was sagen meine Leser zu einem solchen Zustande der stillen, idyllischen Landdistrikte von England? Ist das sozialer Krieg oder nicht? Ist das ein natürlicher, ein der Dauer fähiger Zustand? Und doch sind hier die Pächter und Grundbesitzer ebenso dumm und verstockt, ebenso blind gegen alles, was ihnen nicht bares Geld in die Tasche schafft, wie in den Industriebezirken die Fabrikanten und Bourgeois überhaupt. Wenn diese ihren Arbeitern alles Heil von der Abschaffung der Korngesetze versprechen, so versprechen die Grundbesitzer und ein großer Teil der Pächter den ihrigen den Himmel von der Beibehaltung derselben. Aber in beiden Fällen gelingt es den Besitzenden nicht, die Arbeiter für ihre Lieblingsmarotte zu gewinnen. Wie die Fabrikarbeiter, so sind auch die Ackerbautaglöhner gegen die Abschaffung oder Beibehaltung der Korngesetze durchaus gleichgültig. Dennoch ist die Frage für beide wichtig. Durch die Abschaffung der Korngesetze wird nämlich die freie Konkurrenz, die jetzige soziale Wirtschaft auf die Spitze getrieben; alle weitere Entwicklung innerhalb der bestehenden Verhältnisse hört dann auf, und der einzige mögliche Fortschritt ist dann die radikale Umwälzung des Sozialen Zustandes. Den Ackerbautaglöhnern hat die Sache noch folgende Bedeutung. Die Freigebung der Korneinfuhr bedingt - wie, kann ich hier nicht entwickeln - die Emanzipation der Pächter von den Grundbesitzern, mit andern Worten die Verwandlung der torystischen Pächter in liberale. Dazu hat die Antikorngesetzligue - und das ist ihr einziges Verdienst
schon tüchtig vorgearbeitet. Werden aber die Pächter liberal, d. h. bewußte Bourgeois, so werden die Taglöhner notwendig Chartisten und Sozialisten, d. h. bewußte Proletarier. Das eine zieht das andre nach sich. Und daß schon jetzt unter den Ackerbauproletariern eine neue Bewegung anfängt sich geltend zu machen, zeigt eine Versammlung, welche Graf Radnor, ein liberaler Grundbesitzer, im Oktober 1844 bei Highworth, wo seine Güter liegen, abhalten ließ, um Beschlüsse gegen die Korngesetze zu passieren, und wo die Arbeiter, durchaus apathisch gegen diese Gesetze, ganz andre Dinge, nämlich kleine Pachtungen zu billiger Pacht für sich forderten und dem Grafen Radnor allerlei bittere Wahrheiten ins Gesicht sagten. - So dringt die Bewegung der arbeitenden Klasse auch in die abgelegnen, stabilen, geistig toten Ackerbaubezirke und wird hier bei der herrschenden Not sehr bald ebenso sicher begründet und lebendig sein wie in den Fabrikdistrikten. Was die religiöse Stufe der Ackerbautaglöhner betrifft, so haben sie allerdings mehr Religion als die industriellen Arbeiter, aber sie sind doch sehr mit der Kirche - denn in diesen Bezirken gibt es fast nur Anhänger der Hochkirche -zerfallen. Ein Korrespondent des „Morning Chronicle", der mit der Unterschrift: Einer, der hinter dem Pfluge gepfiffen hat1, Berichte über die von ihm bereisten Ackerbaubezirke gibt, erzählt unter anderm folgende Unterhaltung mit einigen Taglöhnern nach der Kirche:
„Ich frug einen dieser Leute, ob der heutige Prediger ihr eigner Geistlicher sei yes, blast him3, ja, wohl ist er unser eigner Pfaff, er bettelt in einem fort, er hat immer gebettelt, solange ich ihn kenne." (Es war nämlich eine Predigt für die Heidenmission gehalten worden.)—„Und seit ich ihn kenne, auch, setzte ein anderer hinzu, und ich hab' nie einen Pfaffen gekannt, der nicht immer für dies oder das gebettelt hätte. - Ja, sagte eine Frau, die eben aus der Kirche kam, und seht, wie der Lohn heruntergeht, und seht mal die reichen Vagabunden an, wo die Pfaffen mit essen und trinken und auf die Jagd gehen. So helf' mir Gott, wir sind eher reif, ins Arbeitshaus zu gehen und zu verhungern, als für Pfaffen zu bezahlen, die unter dieHeiden gehen. - Und warum, sagte eine andre, warum schicken sie nicht die Pfaffen hin, die alle Tage im Dome zu Salisbury plärren, und das für niemand als für die nackten Steine? Warum gehen die nicht unter die Heiden?-Die gehen nicht, sagte der Alte, den ich zuerst gefragt, weil sie reich sind, sie haben mehr Land, als sie brauchen, sie wollen Geld haben, um sich die armen Pfaffen vom Halse zu schaffen; ich weiß, was sie wollen, dafür kenn' ich sie zu lange. - Aber, gute Freunde, frug ich, ihr kommt doch nicht immer mit solchen bittern Gefühlen gegen den Prediger aus der Kirche? Weshalb geht ihr denn sonst überhaupt hin? Weshalb gehen wir hin, sagte die Frau, wir müssen wohl, wenn wir nicht alles verlieren wollen, Arbeit und alles, wir müssen wohl. - Ich sah später, daß sie einige kleine Vor
1 Pseudonym Alexander Somervilles - 2 ja, hol' ihn der Teufel
rechte wegen Feuerung und etwas Kartoffelland, das sie bezahlen mußten, erhielten, wenn sie in die Kirche gingen!" Nach einer Schilderung ihrer Armut und Unwissenheit schließt unser Korrespondent: „Und nun versichre ich kühn, daß die Lage dieser Leute, ihre Armut, ihr Haß gegen die Kirche, ihre äußerliche Fügsamkeit und ihre innerliche Bitterkeit gegen die kirchlichen Würdenträger die Regel ist durch die Landgemeinden von England und das Gegenteil nur die Ausnahme." Wenn uns die Bauernschaft des eigentlichen Englands die Folgen zeigt, die ein zahlreiches Ackerbauproletariat bei großen Gütern auf den Zustand der Landgemeinden hat, so sehen wir in Wales das Vorkommen der kleinen Pächter. Wenn die englischen Landgemeinden den Gegensatz von Proletariern und großen Kapitalisten reproduzieren, so entspricht der Zustand der welschen1 Bauern dem fortschreitenden Ruin der kleinen Bourgeoisie in den Städten. In Wales existieren meist nur kleine Pächter, die nicht imstande sind, ihre Ackerbauprodukte mit gleichem Vorteil ebenso billig zu verkaufen wie die großen, begünstigteren englischen Pächter, mit denen sie in demselben Markte konkurrieren. Dazu läßt die Beschaffenheit des Landes an vielen Stellen nur die Viehzucht zu, die wenig profitabel ist, und dann sind diese Welschen2 schon wegen ihrer aparten Nationalität, an der sie festhalten, noch viel stabiler als die englischen Pächter. Vor allem aber die Konkurrenz unter sich und mit ihren englischen Nachbarn und die daraus folgende Steigerung des Grundzinses hat sie so heruntergebracht, daß sie kaum leben können, und weil sie die wahre Ursache ihrer schlimmen Lage nicht einsehen, so suchen sie diese in allerlei Kleinigkeiten, hohen Weggeldern usw., die zwar die Ausbildung der Agrikultur und den Verkehr hemmen, aber doch von jedem, der eine Pachtung übernimmt, als bestehende Lasten in Anschlag gebracht und also eigentlich doch vom Grundeigentümer bezahlt werden. Dazu hat hier das neue Armengesetz, da die Pächter selbst stets in Gefahr schweben, ihm zu verfallen, auch unter ihnen sich gründlich verhaßt gemacht. Im Februar 1843 brach die Unzufriedenheit der welschen1 Bauern in den bekannten Rebekka-Unruhen aus; die Männer zogen Weiberkleider an, schwärzten ihre Gesichter und fielen in zahlreichen bewaffneten Scharen über die Tore, die in England die Stelle der Schlagbäume vertreten, her, zerschlugen sie unter Jubelgeschrei und Schießen, demolierten auch die Häuschen der Weggeldempfänger, schrieben Drohbriefe im Namen der fingierten „Rebekka" und stürmten sogar einmal das Arbeitshaus in Caermarthen. Als später Truppen
1 so bei Engels für walisischen - 8 so bei Engels für Waliser
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einberufen und die Polizei verstärkt wurde, führten sie diese mit außerordentlicher Geschicklichkeit auf Abwege, zerstörten Tore hier, während das Militär, dem die Signalhörner von allen Bergen her voraustönten, in der entgegengesetzten Richtung marschierte, und gingen endlich, als die Truppen zu sehr verstärkt wurden, zu einzelnen Brandstiftungen und selbst Mordversuchen über. Wie immer, waren diese größeren Verbrechen das Ende der Bewegung. Viele sagten sich aus Unwillen, andere aus Furcht los, und die Ruhe trat von selbst wieder ein. Die Regierung schickte eine Kommission zur Untersuchung der Geschichte und ihrer Ursachen, und damit war alles am Ende. Die Armut der Bauern währt indes fort und wird, da sie bei den bestehenden Verhältnissen in der Gesellschaft nur größer, aber nicht geringer werden kann, gelegentlich einmal ernsthaftere Sachen produzieren als diese humoristischen Rebekka-Maskeraden. Wenn in England das System der großen Bewirtschaftung und in Wales das der kleineren Pachtung in seinen Resultaten uns vorgeführt wird, so haben wir in Irland die Folgen der Parzellierung des Bodens vor Augen. Die große Masse der Bevölkerung von Irland besteht aus kleinen Pächtern, welche eine erbärmliche Lehmhütte ohne innere Abteilung und ein Kartoffelstück gepachtet haben, das gerade groß genug ist, um ihnen für den Winter die notdürftigste Nahrung zu verschaffen. Bei der großen Konkurrenz, die zwischen diesen kleinen Pächtern herrscht, ist der Grundzins auf eine unerhörte Höhe, auf das Doppelte, Drei- und Vierfache des englischen gestiegen. Denn jeder Ackerbautaglöhner sucht Pächter zu werden, und obwohl die Teilung der Ländereien schon so hoch gestiegen ist, so bleiben dennoch eine große Menge sich um Pachtungen bewerbender Taglöhner übrig. Obgleich in Großbritannien 32 Millionen englische Morgen und in Irland nur 14 Millionen Morgen bebaut sind, obgleich Großbritannien jährlich für 150 Millionen Pfund Sterling und Irland nur für 36 Millionen Pfund Sterling Ackerbauprodukte erzeugt, so sind in Irland doch 75 000 Ackerbautaglöhner mehr als in der Nachbarinsel.* Wie groß die Konkurrenz um den Boden also in Irland sein muß, geht aus diesem außerordentlichen Mißverhältnis hervor, besonders wenn man bedenkt, daß schon die britischen Taglöhner in der äußersten Not leben. Die Folge dieser Konkurrenz ist natürlich ein so hoher Grundzins, daß es den Pächtern nicht möglich wird, viel besser zu leben als die Taglöhner. Auf diese Weise wird das irische Volk in einer erdrückenden Armut gehalten, aus der es sich bei den jetzigen sozialen Verhältnissen nicht herausreißen kann. Die Leute leben in den elendesten Lehmhütten, die kaum zu Viehställen geeignet sind, haben den Winter über knappe Nahrung - oder wie
* Bericht der Armengesetz-Kommission über Irland. Parlamentssession von 1837.
der zitierte Bericht es ausdrückt, sie haben 30 Wochen im Jahr Kartoffeln genug, um sich halbsatt zu essen, und für die übrigen 22 Wochen gar nichts. Kommt dann im Frühjahr die Zeit, wo der Vorrat zu Ende geht oder wegen der auswachsenden Keime ungenießbar wird, so geht die Frau mit ihren Kindern betteln und durchstreicht, den Teekessel in der Hand, die ganze Gegend, während der Mann nach bestellter Aussaat entweder im Lande selbst oder in England Arbeit sucht und zur Kartoffelernte sich wieder bei seiner Familie einfindet. In diesem Zustande leben neun Zehntel des irischen Landvolks. Sie sind arm wie die Kirchenmäuse, tragen die elendesten Lumpen und stehen auf der tiefsten Bildungsstufe, die in einem halbzivilisierten Lande möglich ist. Nach dem zitierten Bericht leben unter einer Bevölkerung von 8x/a Millionen 585000 Familienhäupter in totaler Armut (destitution), und nach andern, von Sheriff Alison* angeführten, Quellen sind in Irland 2300000 Menschen, die ohne öffentliche oder Privatunterstützung nicht leben können; also sind 27 Prozent der Bevölkerung Paupers! Die Ursache dieser Armut sind die bestehenden sozialen Verhältnisse, namentlich die Konkurrenz, nur hier in einer andern Form, in der der Parzellierung des Bodens. Man hat sich abgemüht,andere Ursachen aufzufinden; man behauptet, die Stellung des Pächters zum Grundbesitzer, der seine Ländereien in großen Stücken an Pächter verdingt, die wieder ihre Unterpächter und Unter-Unterpächter haben, so daß oft zehn Zwischendränger zwischen dem Grundbesitzer und dem eigentlichen Bebauer sind - man hat behauptet, das allerdings schändliche Gesetz, das dem Grundbesitzer das Recht gibt, wenn sein nächster Pächter nicht bezahlt, den wirklichen Bebauer wegzutreiben, selbst wenn dieser an seinen Oberpächter seinen Zins bezahlt hat, das sei Schuld an der Armut. Aber dies bedingt ja nur die Form, in der das Elend zur Erscheinung kommt. Macht die kleinen Pächter selbst zu Grundbesitzern, was wird die Folge sein? Die Mehrzahl wird selbst dann, wenn sie keine Pacht mehr zu bezahlen hat, nicht von ihrem Felde leben können, und was sich etwa bessert, wird durch den fortwährenden raschen Zuwachs der Bevölkerung in wenig Jahren wieder ausgeglichen. Denen, die dadurch in bessere Verhältnisse kommen, wachsen dann die Kinder heran, die jetzt infolge der Not und des Mangels in den ersten Jahren sterben. Von andern Seiten ist behauptet worden, die schamlose Unterdrückung des Volks durch die Engländer sei schuld daran. Allerdings daran, daß die Armut etwas früher eintrat, aber nicht daran, daß sie überhaupt eintrat. Oder die protestantische Staatskirche, die der katholischen Nation aufgedrängt wurde - verteilt auf die Irländer das, was sie nimmt, und es kommen noch keine zwei Taler auf
* „Principles of Population", II. vol.
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den Kopf. Ohnehin sind die Zehnten ja eine Steuer auf den Grundbesitz, nicht auf den Pächter, obwohl dieser sie auszahlte; jetzt - nach der Kommutationsbill1 von 1838 - bezahlt der Grundbesitzer sie direkt und rechnet dafür soviel mehr Pacht, so daß der Pächter darum nicht besser dran ist. Und so werden noch hundert andere Ursachen angeführt, die ebensowenig beweisen. Die Armut ist eine notwendige Folge der gegenwärtigen sozialen Einrichtungen, und außer diesen kann nur für die Art und Weise, in der die Armut auftritt, nicht aber für die Armut selbst eine Ursache gesucht werden. Daß aber die Armut in Irland so und nicht anders auftritt, daran ist der nationale Charakter des Volks und seine geschichtliche Entwicklung schuld. Die Irländer sind ein seinem2 ganzen Charakter nach mit den romanischen Nationen, den Franzosen und besonders den Italienern, verwandtes Volk. Die schlechten Seiten ihrer Nationalität haben wir oben schon von Carlyle entwickelt gesehen; hören wir nun einen Irländer, der wenigstens etwas mehr recht hat als der für das germanische Wesen eingenommene Carlyle:
„Sie sind unruhig und doch trag (indolent); aufgeweckt und indiskret, stürmisch, ungeduldig und ohne Voraussicht; tapfer aus Instinkt, großmütig, ohne viel zu überlegen; rasch bei der Hand, um Beleidigungen zu rächen und zu vergeben, Freundschaften zu schließen und aufzusagen; verschwenderisch begabt mit Genie, sparsam mit Urteilskraft."*
Bei den Irländern herrscht das Gefühl, die Leidenschaft durchaus vor, der Verstand muß sich ihnen fügen. Ihr sinnliches, erregbares Wesen läßt die Überlegung und ruhige, anhaltende Tätigkeit nicht zur Entwicklung kommen - ein solches Volk taugt zur Industrie, wie sie jetzt betrieben wird, durchaus nicht. Daher blieben sie beim Ackerbau, und selbst hier auf der niedrigsten Stufe. Bei den kleinen Parzellen, die hier nicht, wie in Frankreich und am Rhein, künstlich aus der Zersplitterung großer Güter entstanden**, sondern von jeher dagewesen sind, war an eine Verbesserung des Bodens durch angelegtes Kapital nicht zu denken, und so würde es nach Alisons Angabe 120 Millionen Pfd. St. erfordern, um den Boden in Irland auf
* „The State of Ireland" [Der Zustand Irlands]. London 1807; 2nd edition 1821.Pamphlet. ** (1892) Irrtum. Der kleine Ackerbau war seit dem Mittelalter herrschende Betriebsform geblieben. Die kleinen Bauernhöfe bestanden also schon vor der Revolution. Was diese änderte, war nur das Eigentum daran; sie nahm es den Feudalherren und übertrug es, direkt oder indirekt, an die Bauern.
1 (1892) Kommutationsakte - 2 (1892) dem
dieselbe, noch gar nicht so hohe Stufe der Produktivität zu bringen, welche der englische Boden erhalten hat. Die englische Einwanderung, welche die Kulturstufe des irischen Volks hätte heben können, hat sich mit der brutalsten Ausbeutung desselben begnügt, und während die Irländer durch ihre Einwanderung der englischen Nation einen Gärungsstoff mitgeteilt haben, der in der Zukunft seine Früchte tragen wird, so hat Irland doch der englischen Einwanderung wenig zu verdanken. Die Versuche der irischen Nation, sich aus der bestehenden Verkommenheit zu retten, sind einerseits Verbrechen, die hier in den Landdistrikten an der Tagesordnung sind und fast alle in Mordtaten gegen die nächsten Feinde - die Agenten der Grundbesitzer oder deren gehorsame Diener, die protestantischen Eindringlinge, die großen Pächter, deren Gut aus den Kartoffelfeldern von hundert vertriebenen Familien zusammengesetzt usw. bestehen und namentlich im Süden und Westen häufig vorkommen; andererseits in der Repeal-Agitation110'1. Nach dem oben Gesagten ist es klar, daß die ungebildeten Irländer in den Engländern ihre nächsten Feinde sehen müssen und der nächste Fortschritt für sie in der Erringung nationaler Selbständigkeit liegt. Ebenso klar ist aber auch, daß die Armut durch keine Repeal mit abgeschafft, sondern daß durch sie nur bewiesen werden kann, wie die Ursache des irischen Elends, die jetzt noch auswärts zu liegen scheint, zu Hause zu suchen ist. Ob indes die wirkliche Durchführung der Repeal nötig ist, um den Irländern zu dieser Einsicht zu verhelfen, will ich dahingestellt sein lassen. Bis jetzt haben weder der Chartismus noch der Sozialismus besondern Erfolg in Irland gehabt. Ich schließe meine Bemerkungen über Irland hiermit um so eher, als die Repeal-Agitation von 1843 und der O'Connellsche Prozeß die Veranlassung waren, daß das irische Elend in Deutschland mehr und mehr bekannt wurde. So haben wir denn das Proletariat der britischen Inseln durch alle Zweige seiner Tätigkeit verfolgt und überall Elend und Not, überall durchaus unmenschliche Lebensverhältnisse gefunden. Wir haben mit dem Proletariat die Unzufriedenheit entstehen, wachsen, sich ausbilden und organisieren, wir haben offne, blutige und unblutige Kämpfe des Proletariats gegen die Bourgeoisie gesehen. Wir haben die Prinzipien untersucht, nach denen das Schicksal, die Hoffnungen und Befürchtungen der Proletarier sich bestimmen, und gefunden, daß keine Aussicht auf Besserung ihrer Lage da ist. Wir haben Gelegenheit gehabt, hier und da die Bourgeoisie in ihrem Benehmen gegen das Proletariat zu beobachten, und gefunden, daß sie nur sich im Auge hatte, nur ihren eignen Vorteil verfolgte. Um indes nicht ungerecht zu sein, wollen wir ihre Handlungsweise etwas näher untersuchen.
Die Stellung der Bourgeoisie zum Proletariat
Wenn ich hier von der Bourgeoisie spreche, so schließe ich gleich die sogenannte Aristokratie mit ein, denn diese ist nur Aristokratie, nur privilegiert gegenüber der Bourgeoisie, aber nicht gegenüber dem Proletariat. Der Proletarier sieht in ihnen beiden nur den Besitzenden, d. h. den Bourgeois. Vor dem Privilegium des Besitzes verschwinden alle andern Privilegien. Der Unterschied ist nur der, daß der eigentliche Bourgeois dem industriellen und teilweise dem Bergwerksproletarier, als Pächter auch dem Ackerbautaglöhner gegenübersteht, während der sogenannte Aristokrat nur mit einem Teil der bergbauenden und mit den ackerbauenden Proletariern in Berührung kommt. Mir ist nie eine so tief demoralisierte, eine so unheilbar durch den Eigennutz verderbte, innerlich zerfressene und für allen Fortschritt unfähig gemachte Klasse vorgekommen wie die englische Bourgeoisie - und hier meine ich vor allem die eigentliche Bourgeoisie, besonders die liberale, Korngesetzabschaffende. Für sie existiert nichts in der Welt, was nicht nur um des Geldes willen da wäre, sie selbst nicht ausgenommen, denn sie lebt für nichts, als um Geld zu verdienen, sie kennt keine Seligkeit als die des schnellen Erwerbs, keinen Schmerz außer dem Geldverlieren.* Bei dieser Habsucht und Geldgier ist es nicht möglich, daß eine einzige menschliche Anschauung unbefleckt bleibe. Gewiß, diese englischen Bourgeois sind gute Ehemänner und Familienmitglieder, haben auch sonst allerlei sogenannte Privattugenden und erscheinen im gewöhnlichen Verkehr ebenso respektabel und anständig wie alle anderen Bourgeois; selbst im Handel sind sie besser zu traktieren wie die
* Carlyle gibt in seinem „Past and Present" [Vergangenheit und Gegenwart] (London 1843) eine ausgezeichnet schöne Schilderung der englischen Bourgeoisie und ihrer ekelhalten Geldsucht, die ich in den „Deutsch-Französischen Jahrbüchern" teilweise übersetzt habe und auf die ich verweise.'108-'
Deutschen, sie mäkeln und dingen nicht soviel wie unsere Krämerseelen, aber was hilft das alles? In letzter Instanz ist doch das eigne Interesse und speziell der Gelderwerb das einzig entscheidende Moment. Ich ging einmal mit einem solchen Bourgeois nach Manchester hinein und sprach mit ihm von der schlechten, ungesunden Bauart, von dem scheußlichen Zustande der Arbeiterviertel und erklärte, nie eine so schlecht gebaute Stadt gesehen zu haben. Der Mann hörte das alles ruhig an, und an der Ecke, wo er mich verließ, sagte er: And yet, there is a great deal of money made here - und doch wird hier enorm viel Geld verdient - guten Morgen, Herr! Es ist dem englischen Bourgeois durchaus gleichgültig, ob seine Arbeiter verhungern oder nicht, wenn er nur Geld verdient. Alle Lebensverhältnisse werden nach dem Gelderwerb gemessen, und was kein Geld abwirft, das ist dummes Zeug, unpraktisch, idealistisch. Darum ist auch die Nationalökonomie, die Wissenschaft des Gelderwerbs, die Lieblingswissenschaft dieser Schacherjuden. Jeder ist Nationalökonom. Das Verhältnis des Fabrikanten zum Arbeiter ist kein menschliches, sondern ein rein ökonomisches. Der Fabrikant ist das „Kapital", der Arbeiter ist die „Arbeit". Und wenn der Arbeiter sich nicht m diese Abstraktion hineinzwängen lassen will, wenn er behauptet, daß er nicht „die Arbeit", sondern ein Mensch ist, der allerdings unter anderem auch die Eigenschaft des Arbeitens hat, wenn er sich einfallen läßt zu glauben, er brauche sich nicht als „die Arbeit", als Ware im Markte kaufen und verkaufen zu lassen, so steht dem Bourgeois der Verstand still. Er kann nicht begreifen, daß er mit den Arbeitern noch m einem andern Verhältnis steht als in dem des Kaufs und Verkaufs, er sieht in ihnen keine Menschen, sondern „Hände (hands), wie er sie fortwährend ins Gesicht tituliert, er erkennt keine andere Verbindung, wie Carlyle sagt, zwischen Mensch und Mensch an, als bare Zahlung. Selbst das Band zwischen ihm und seiner Frau ist in neunundneunzig Fällen aus hundert nur „bare Zahlung". Die elende Sklaverei, in der das Geld den Bourgeois hält, ist durch die Bourgeoisieherrschaft selbst der Sprache aufgedrückt. Das Geld macht den Wert des Mannes aus; dieser Mann ist zehntausend Pfund wert - he is worth ten thousand pounds, d. h. er besitzt sie. Wer Geld hat, ist „respectable", gehört zur „besseren Sorte von Leuten" (the better sort of people), ist „einflußreich" (influential), und was er tut, macht Epoche in seinem Kreise. Der Schachergeist geht durch die ganze Sprache, alle Verhältnisse werden in Handelsausdrücken dargestellt, in ökonomischen Kategorien erklärt. Nachfrage und Zufuhr, Begehr und Angebot, supply and demand, das sind die Formeln, nach denen die Logik des Engländers das ganze menschliche Leben beurteilt. Daher die freie Konkurrenz in jeder Beziehung, daher das Regime des laissez-faire und laissez-aller[1091
in der Verwaltung, in der Medizin, in der Erziehung und bald wohl auch in der Religion, wo die Herrschaft der Staatskirche mehr und mehr zusammenbricht. Die freie Konkurrenz will keine Beschränkung, keine Staatsaufsicht, der ganze Staat ist ihr zur Last, sie wäre am vollkommensten in einem ganz staatlosen Zustande, wo jeder den andern nach Herzenslust ausbeuten kann, wie z.B. in Freund Stirners „Verein". Da die Bourgeoisie aber den Staat, schon um das ihr ebenso nötige Proletariat im Zaum zu halten, nicht entbehren kann, so wendet sie ihn gegen dies und sucht ihn sich soweit wie möglich entfernt zu halten. Man glaube aber ja nicht, daß der „gebildete" Engländer diese Selbstsucht so offen zur Schau trage. Im Gegenteil, er verdeckt sie mit der schnödesten Heuchelei. - Wie, die englischen Reichen sollten nicht an die Armen denken, sie, die wohltätige Anstalten errichtet haben, wie kein anderes Land sie aufweisen kann? Jawohl, wohltätige Anstalten! Als ob dem Proletarier damit gedient wäre, daß ihr ihn erst bis aufs Blut aussaugt, um nachher eure selbstgefälligen, pharisäischen Wohltätigkeitskitzel an ihm üben zu können und vor der Welt als gewaltige Wohltäter der Menschheit dazustehen, wenn ihr dem Ausgesogenen den hundertsten Teil dessen wiedergebt, was ihm zukommt! Wohltätigkeit, die den, der sie gibt, noch mehr entmenscht als den, der sie nimmt, Wohltätigkeit, die den Zertretenen noch tiefer in den Staub tritt, die da verlangt, der entmenschte, aus der Gesellschaft ausgestoßene Paria soll erst auf sein Letztes, auf seinen Anspruch an die Menschheit verzichten, soll erst um ihre Gnade betteln, ehe sie die Gnade hat, ihm durch ein Almosen den Stempel der Entmenschung auf die Stirne zu drücken! Doch was soll das alles. Hören wir die englische Bourgeoisie selbst. Es ist noch kein Jahr, da las ich im „Manchester Guardian ' folgenden Brief an den Redakteur, der ohne alle weitere Bemerkung als eine ganz natürliche, vernünftige Sache abgedruckt war:
Herr Redakteur!
Seit einiger Zeit begegnet man auf den Hauptstraßen unserer Stadt einer Menge von Bettlern, die teils durch ihre zerlumpte Kleidung und ihr krankes Aussehen, teils durch ekelhafte, offne Wunden und Verstümmelungen das Mitleid der Vorübergehenden auf eine häufig sehr unverschämte und molestierende Weise rege zu machen suchen. Ich sollte meinen, wenn man nicht nur seine Armensteuer bezahlt, sondern auch reichlich zu den wohltätigen Anstalten beiträgt, so hätte man doch genug getan, um das Recht zu haben, vor solchen unangenehmen und unverschämten Behelligungen sichergestellt zu werden; und wofür bezahlt man denn eine so hohe Steuer zum Unterhalt der städtischen Polizei, wenn diese einen nicht einmal so weit schützt, daß man ruhig
in die Stadt oder heraus gehn kann? - Ich hoffe, die Veröffentlichung dieser Zeilen in Ihrem vielgelesenen Blatt wird die öffentliche Gewalt veranlassen, diesen Übelstand (nuisance) zu beseitigen, und verharre Ihre ergebene Dienerin Eine Dame
Da habt ihr's! Die englische Bourgeoisie ist wohltätig aus Interesse, sie schenkt nichts weg, sie betrachtet ihre Gaben als einen Handel, sie macht mit den Armen ein Geschäft und sagt: Wenn ich soviel an wohltätige Zwecke verwende, so erkaufe ich mir dadurch das Recht, weiter nicht behelligt zu werden, so verpflichtet ihr euch dafür, in euren dunklen Höhlen zu bleiben und nicht durch die offne Darlegung eures Elends meine zarten Nerven anzugreifen! Verzweifeln sollt ihr immerhin, aber ihr sollt im stillen verzweifeln, das bedinge ich mir aus, das erkaufe ich mir mit meiner Subskription von 20 Pfund für das Krankenhaus! 0 über diese infame Wohltätigkeit eines christlichen Bourgeois! - Und so schreibt „eine Dame", jawohl, Dame, sie tut wohl daran, sich so zu unterzeichnen, sie hat glücklicherweise nicht mehr den Mut, sich ein Weib zu nennen! Wenn aber die „Damen" so sind, wie wird es erst mit den „Herren" stehen? - Man wird sagen, es sei ein einzelner Fall. Aber nein, der obige Brief drückt geradezu die Gesinnung der großen Majorität der englischen Bourgeoisie aus, sonst hätte ihn ja auch der Redakteur nicht aufgenommen, sonst wäre ja wohl irgendeine Erwiderung gefolgt, nach der ich mich in den folgenden Nummern vergebens umgesehen habe. Und was die Wirksamkeit des Wohltuns betrifft, so sagt ja der Kanonikus Parkinson selbst, daß die Armen weit mehr von ihresgleichen als von der Bourgeoisie unterstützt werden; und so eine Unterstützung von einem braven Proletarier, der selbst weiß, wie der Hunger tut, für den das Teilen des knappen Mahles ein Opfer ist, das er aber mit Freuden bringt - solch eine Unterstützung hat dann auch einen ganz andern Klang als das hingeworfene Almosen des schwelgenden Bourgeois. Auch sonst heuchelt die Bourgeoisie eine grenzenlose Humanität - aber nur dann, wenn ihr eigenes Interesse es erheischt. So in ihrer Politik und Nationalökonomie. Sie hat sich nun ins fünfte Jahr damit abgequält, den Arbeitern zu beweisen, daß sie nur im Interesse der Proletarier die Korngesetze abzuschaffen wünsche. Das Lange und Breite von dieser Sache ist aber dies: Die Korngesetze, welche den Brotpreis höher halten, als dieser in andern Ländern steht, erhöhen dadurch auch den Arbeitslohn und erschweren dadurch dem Fabrikanten die Konkurrenz gegen andere Länder, in denen der Brotpreis und infolgedessen der Lohn niedriger steht. Werden die Korngesetze nun abgeschafft, so fällt der Brotpreis, und der Arbeitslohn nähert
sich dem der übrigen zivilisierten Länder Europas, was jedem nach den oben entwickelten Prinzipien, durch die der Lohn sich reguliert, klar sein wird. Der Fabrikant kann also leichter konkurrieren, die Nachfrage nach englischen Waren wächst und mit ihr die Nachfrage nach Arbeitern. Infolge dieser vermehrten Nachfrage wird allerdings der Lohn wieder etwas steigen und die brotlosen Arbeiter beschäftigt werden; aber wie lange dauert das? Die „überflüssige Bevölkerung" Englands und besonders Irlands reicht hin, um die englische Industrie, selbst wenn sie sich verdoppelte, mit den nötigen Arbeitern zu versehen; in wenig Jahren würde der geringe Vorteil der Korngesetzabschaffung wieder ausgeglichen sein, eine neue Krisis erfolgen, und wir wären soweit wie vorher, während der erste Stimulus in der Industrie auch die Vermehrung der Bevölkerung beschleunigen würde. Das alles sehen die Proletarier sehr gut ein und haben es den Bourgeois hundertmal ins Gesicht gesagt; aber trotzdem schreit das Geschlecht der Fabrikanten, das nur den unmittelbaren Vorteil, den ihm die Abschaffung der Korngesetze bringen würde, im Auge hat, dies Geschlecht, das borniert genug ist, nicht zu sehen, wie auch ihm kein dauernder Vorteil aus dieser Maßregel erwachsen kann, indem die Konkurrenz der Fabrikanten unter sich den Gewinn der einzelnen bald auf das alte Niveau zurückbringen würde - trotzdem schreit dies Geschlecht bis heute den Arbeitern vor, nur um ihretwillen geschehe das alles, nur um der verhungernden Millionen willen schössen die Reichen der liberalen Partei ihre Hunderte und Tausende von Pfunden in die Kasse der Antikorngesetzligue - wo doch jeder weiß, daß sie nur mit der Wurst nach dem Schinken werfen, daß sie darauf rechnen, das alles zehnfach und hundertfach in den ersten Jahren nach Abschaffung der Korngesetze wieder zu verdienen. Aber die Arbeiter lassen sich - und besonders seit der Insurrektion von 1842, nicht mehr durch die Bourgeoisie irreführen. Sie verlangen von jedem, der sich für ihr Wohl zu plagen vorgibt, daß er, als Prüfstein der Echtheit seiner Absichten, sich für die Volkscharte erkläre, und protestieren damit gegen alle fremde Hülfe, denn in der Charte verlangen sie nur die Macht, sich selbst zu helfen. Wer das nicht tut, dem erklären sie mit vollem Rechte den Krieg, sei er offner Feind oder falscher Freund. - Übrigens bat die Antikorngesetzligue den Arbeitern gegenüber die verächtlichsten Lügen und Kniffe gebraucht, um sie zu gewinnen. Sie hat ihnen weismachen wollen, daß der Geldpreis der Arbeit im umgekehrten Verhältnis zum Kornpreise stehe, daß der Lohn hoch, wenn das Korn niedrig stehe, und umgekehrt - ein Satz, den sie mit den lächerlichsten Argumenten hat zu beweisen gesucht und der in sich selbst lächerlicher ist als irgendeine andere aus dem Munde eines Ökonomen geflossene Behauptung. Wenn das nicht half, so hat man den Arbeitern die
ungeheuerste Glückseligkeit infolge des vermehrten Begehrs im Arbeitsmarkt versprochen, ja man hat sich nicht entblödet, zwei Modelle von Brotlaiben durch die Straßen zu tragen, auf deren größtem geschrieben stand: Amerikanisches Achtpfenniglaib, Lohn 4 Shilling täglich, und auf dem andern, viel kleineren: Englisches Achtpfenniglaib, Lohn 2 Shilling täglich. Die Arbeiter haben sich aber nicht irremachen lassen. Sie kennen ihre Brotherren zu gut. Und wenn man die Gleisnerei dieser schönen Versprechungen erst recht erkennen will, so betrachte man die Praxis. Wir haben im Verlauf unserer Berichte gesehen, wie die Bourgeoisie das Proletariat auf alle mögliche Weise zu ihren Zwecken ausbeutet. Wir haben bisher indes nur die einzelnen Bourgeois auf ihre eigne Faust das Proletariat mißhandeln sehen. Gehen wir nun zu den Verhältnissen über, in denen die Bourgeoisie als Partei, ja als Staatsmacht gegen das Proletariat auftritt.-Daß zuerst die ganze Gesetzgebung den Schutz des Besitzenden gegen den Besitzlosen bezweckt, liegt auf der Hand. Nur weil es Besitzlose gibt, sind die Gesetze notwendig; und wenn dies auch nur in wenigen Gesetzen, z.B. gegen das Vagabondieren und die Obdachlosigkeit, worin das Proletariat als solches für gesetzwidrig erklärt wird, direkt ausgeprochen ist, so liegt doch die Feindschaft gegen das Proletariat dem Gesetze so sehr zum Grunde, daß die Richter, besonders die Friedensrichter, die selbst Bourgeois sind und mit denen das Proletariat am meisten in Berührung kommt, diesen Sinn ohne weiteres im Gesetze finden. Wird ein Reicher vorgeführt oder vielmehr vorgeladen, so bedauert der Richter, daß er ihm so viel Mühe machen muß, wendet die Sache soviel er irgend kann zu seinen Gunsten, und wenn er ihn verurteilen muß, so tut es ihm wieder unendlich leid usw., und das Resultat ist eine elende Geldstrafe, die der Bourgeois mit Verachtung auf den Tisch schmeißt und sich entfernt. Kommt aber ein armer Teufel in den Fall, vor dem Friedensrichter zu erscheinen, so hat er fast immer die Nacht im Arresthause mit einer Menge anderer zugebracht, wird von vornherein als schuldig betrachtet und angeschnauzt, seine Verteidigung mit einem verächtlichen: „0, wir kennen diese Ausreden" beseitigt und ihm eine Strafe auferlegt, die er nicht bezahlen kann und mit einem oder mehreren Monaten auf der Tretmühle abbüßen muß. Und wenn man ihm nichts beweisen kann, so wird er als Schuft und Vagabond (a rogue and a vagabond - die Ausdrücke kommen fast immer zusammen vor) dennoch auf die Tretmühle geschickt. Die Parteilichkeit der Friedensrichter, besonders auf dem Lande, übersteigt wirklich alle Vorstellung, und es ist so an der Tagesordnung, daß alle nicht zu eklatanten Fälle von den Zeitungen ganz ruhig und ohne weitere Glossen berichtet werden. Es ist aber auch nicht
anders zu erwarten. Einerseits legen diese „Dogberries" das Gesetz nur nach dem Sinn aus, der in ihm liegt, und andererseits sind sie ja selbst Bourgeois, die vor allen Dingen im Interesse ihrer Klasse den Grundpfeiler aller wahren Ordnung sehen. Und wie die Friedensrichter, so benimmt sich auch die Polizei. Der Bourgeois kann tun, was er will, gegen ihn ist der Polizeidiener immer höflich und hält sich streng ans Gesetz; aber der Proletarier wird grob und brutal behandelt, seine Armut wirft schon den Verdacht aller möglichen Verbrechen auf ihn und verschließt ihm zugleich das Rechtsmittel gegen alle Willkürlichkeiten der Gewalthaber; für ihn existieren deshalb die schützenden Formen des Gesetzes nicht, ihm dringt die Polizei ohne weiteres ins Haus, verhaftet und mißhandelt ihn, und bloß wenn einmal eine Arbeiterassoziation wie die Grubenarbeiter einen Roberts engagieren1, bloß dann kommt es an den Tag, wie wenig die schützende Seite des Gesetzes für den Proletarier existiert, wie häufig er alle Lasten des Gesetzes zu tragen hat, ohne einen seiner Vorteile zu genießen. Bis auf die heutige Stunde kämpft die besitzende Klasse im Parlament gegen das bessere Gefühl der noch nicht ganz der Selbstsucht Verfallenen, um das Proletariat mehr und mehr zu unterjochen. Ein Gemeindeplatz nach dem andern wird weggenommen und bebaut, wodurch allerdings die Kultur gehoben, aber dem Proletariat viel Schaden getan wird. Wo Gemeindeplätze existierten, konnte der Arme darauf einen Esel, ein Schwein oder einige Gänse halten, die Kinder und jungen Leute hatten einen Platz, wo sie spielen und sich im Freien herumtreiben konnten; dies hört immer mehr auf, der Verdienst des Armen wird geringer, und das junge Volk, dem sein Spielplatz genommen ist, geht dafür in die Kneipen. Eine Menge solcher Parlamentsakten zur Urbarmachung von Gemeindeplätzen gehen in jeder Session durch .Als die Regierung in der Session von 1844 sich entschloß, die allen Verkehr monopolisierenden Eisenbahngesellschaften zu zwingen, auch den Arbeitern das Reisen gegen ein ihren Umständen angemessenes Fahrgeld (1 Penny die Meile, etwa 5 Silbergroschen die deutsche Meile) möglich zu machen, und deshalb vorschlug, daß täglich ein solcher Zug dritter Klasse auf jeder Eisenbahn eingeführt werde, schlug der „ehrwürdige Vater in Gott", der Bischof von London, vor, daß der Sonntag, der einzige Tag, an dem beschäftigte Arbeiter überhaupt reisen können, von diesem Zwang ausgenommen und so das Reisen am Sonntag nur den Reichen, nicht aber den Armen gestattet werde. Dieser Vorschlag war indes zu geradeaus, zu unverhohlen, als daß er hätte durchgehen können, und man ließ ihn fallen. - Ich habe nicht Raum genug,
1 (1892) engagiert
um die vielen versteckten Angriffe auf das Proletariat, auch nur einer einzigen Session, aufzuzählen. Nur noch einen aus derselben Session von 1844. Ein ganz obskures Parlamentsglied1, ein Herr Miles, schlug eine Bill zur Regulierung des Verhältnisses von Herren und Dienern vor, die ziemlich unscheinbar aussah. Die Regierung nahm sich der Bill an, und sie wurde einem Komitee übergeben. Inzwischen brach der Turnout der Grubenarbeiter im Norden aus, und Roberts hielt seine Triumphzüge durch England mit seinen freigesprochenen Arbeitern. Als nun die Bill aus dem Komitee kam, fand sich, daß einige höchst despotische Klauseln eingeschaltet waren, besonders eine, durch die dem Brotherrn die Macht gegeben wurde, jeden Arbeiter, der mit ihm mündlich oder schriftlich irgendeine beliebige Arbeit, wenn auch nur eine gelegentliche Handreichung kontrahiert hatte, im Falle von Dienstverweigerung oder sonstigem ungeziemendem Betragen (misbehaviour) vor irgendeinen beliebigen (any) Friedensrichter zu schleppen und auf seinen oder seiner Agenten und Aufseher Eid hin - also auf den Eid des Klägers zu Gefängnis und Zwangsarbeit bis zu zwei Monaten verurteilen zu lassen. Diese Bill regte die Arbeiter bis zur höchsten Wut auf, um so mehr als die Zehnstundenbill zu gleicher Zeit vor dem Parlament war und bedeutende Agitation hervorgebracht hatte. Hunderte von Versammlungen wurden gehalten, Hunderte von Arbeiterpetitionen nach London an den Sachwalter des Proletariats im Parlament, Thomas Duncombe, geschickt. Dieser war, außer dem „jungen Engländer" Ferrand, der einzige energische Opponent, aber als die übrigen Radikalen sahen, daß das Volk sich gegen die Bill erklärte, kroch einer nach dem andern hervor und stellte sich Duncombe zur Seite, und da auch die liberale Bourgeoisie bei der Aufregung der Arbeiter nicht den Mut hatte, sich für die Bill auszusprechen, da überhaupt niemand sich dem Volke gegenüber lebhaft für sie interessierte, so fiel sie glänzend durch.
Die offenste Kriegserklärung der Bourgeoisie gegen das Proletariat ist indes die Malthussche Theorie der Population und das aus ihr entstandene neue Armengesetz. Von der Malthusschen Theorie ist schon mehrere Male die Rede gewesen. Wiederholen wir kurz ihr Hauptresultat, daß die Erde stets übervölkert sei und daher stets Not, Elend, Armut und Unsittlichkeit herrschen müsse; daß es das Los und die ewige Bestimmung der Menschheit sei, in zu großer Zahl und daher in verschiedenen Klassen zu existieren, von denen die einen mehr oder weniger reich, gebildet, moralisch und die andern mehr oder weniger arm, elend, unwissend und unsittlich seien. Hieraus folgt
1 (1892) Parlamentsmitglied
denn für die Praxis - und diese Schlüsse zieht Malthus selbst daß Wohltaten und Armenkassen eigentlich Unsinn seien, da sie nur dazu dienen, die überzählige Bevölkerung, deren Konkurrenz den Lohn der andern drücke, aufrechtzuerhalten und zur Vermehrung anzureizen; daß die Beschäftigung von Armen durch die Armenverwaltung ebenso unsinnig sei, indem, da doch nur eine bestimmte Quantität von Arbeitserzeugnissen verbraucht werden könne, für jeden brotlosen Arbeiter, der beschäftigt wird, ein anderer bisher beschäftigter brotlos werden muß und so die Privatindustrie auf Kosten der Armenverwaltungs-Industrie Schaden leidet; daß es sich also nicht darum handelt, die überzählige Bevölkerung zu ernähren, sondern sie auf die eine oder die andere Weise möglichst zu beschränken. Malthus erklärt mit dürren Worten das bisher behauptete Recht jedes Menschen, der in der Welt existiere, auf seine Existenzmittel für baren Unsinn. Er zitiert die Worte eines Dichters: Der Arme kommt zum festlichen Tisch der Natur und findet kein leeres Gedeck für sich - und setzt hinzu - und die Natur befiehlt ihm, sich zu packen (she bids him to be gone) - „denn er hat ja vor seiner Geburt die Gesellschaft nicht erst gefragt, ob sie ihn haben wolle". Diese Theorie ist jetzt die Leibtheorie aller echten englischen Bourgeois, und zwar ganz natürlich, da sie für diese das bequemste Faulbett ist und ohnehin für die bestehenden Verhältnisse viel Richtiges hat. Wenn es sich also nicht mehr darum handelt, die „überzählige Bevölkerung" nutzbar zu machen, in brauchbare Bevölkerung zu verwandeln, sondern bloß darum, die Leute auf möglichst leichte Weise verhungern zu lassen und sie zugleich daran zu hindern, daß sie zuviel Kinder in die Welt setzen, so ist das natürlich Kleinigkeit - vorausgesetzt, daß die überflüssige Bevölkerung ihre eigne Überflüssigkeit einsieht und den Hungertod sich wohlschmecken läßt. Dazu ist aber, trotz der angestrengtesten Bemühungen der humanen Bourgeoisie, den Arbeitern dies beizubringen, vorderhand noch keine Aussicht. Die Proletarier haben sich vielmehr in den Kopf gesetzt, daß sie mit ihren fleißigen Händen gerade die Nötigen, und die reichen Herren Kapitalisten, die nichts tun, eigentlich die Überflüssigen seien. Da aber die Reichen noch die Macht besitzen, so müssen sich die Proletarier gefallen lassen, daß sie, falls sie selbst es nicht gutwillig einsehen wollen, vom Gesetz für wirklich überflüssig erklärt werden. Dies ist im neuen Armengesetz geschehen. Das alte Armengesetz, das auf der Akte vom Jahre 1601 (43rd of Elizabeth)1 beruht, ging naiverweise noch von dem Prinzip aus, daß es die Pflicht der Gemeinde sei, für den Lebensunterhalt der Armen
1 (43. Jahr der Regierung Elisabeths)
zu sorgen. Wer keine Arbeit hatte, erhielt Unterstützung, und der Arme sah auf die Dauer, wie billig, die Gemeinde für verpflichtet an, ihn vor dem Verhungern zu schützen. Er forderte seine wöchentliche Unterstützung als ein Recht, nicht als eine Gnade, und das wurde zuletzt der Bourgeoisie doch zu arg. 1833, als sie eben durch die Reformbill an die Herrschaft und zugleich der Pauperismus der Landdistrikte zur vollen Entfaltung gekommen war, begann sie sogleich die Reform auch der Armengesetze von ihrem Standpunkte aus. Eine Kommission wurde ernannt, die die Verwaltung der Armengesetze untersuchte und eine große Menge Mißbräuche entdeckte. Man fand die ganze Arbeiterklasse des platten Landes pauperisiert und ganz oder teilweise vcn der Armenkasse abhängig, da diese, wenn der Lohn niedrig stand, den Armen einen Zusatz gab; man fand, daß dies System, wodurch der Arbeitslose erhalten, der Schlechtbezahlte und mit vielen Kindern Gesegnete unterstützt, der Vater unehelicher Kinder zur Alimentation angehalten und die Armut überhaupt als des Schutzes bedürftig anerkannt wurde - man fand, daß dies System das Land ruiniere,
„ein Hemmnis der Industrie, eine Belohnung für unüberlegte Heiraten, ein Stimulus zur Vermehrung der Bevölkerung sei und den Einfluß einer vermehrten Volkszahl auf den Arbeitslohn unterdrücke; daß es eine Nationaleinrichtung sei, um die Fleißigen und Ehrlichen zu entmutigen und die Trägen, Lasterhaften und Überlegungslosen zu beschützen; daß es die Bande der Familie zerstöre, die Anhäufung von Kapitalien systematisch verhindre, das existierende Kapital auflöse und die Steuerzahlenden ruiniere; und obendrein setze es in der Alimentation eine Prämie auf uneheliche Kinder." (Worte des Berichts der Armengesetzkommissäre.)*
Diese Schilderung der Wirkungen des alten Armengesetzes ist im ganzen gewiß richtig; die Unterstützung begünstigt die Trägheit und die Vermehrung der „überflüssigen" Bevölkerung. Unter den jetzigen sozialen Verhältnissen ist es ganz klar, daß der Arme gezwungen wird, Egoist zu sein, und wenn er die Wahl hat und gleich gut lebt, lieber nichts tut als arbeitet. Daraus folgt aber nur, daß die jetzigen sozialen Verhältnisse nichts taugen, nicht aber, daß - wie die malthusianischen Kommissäre folgerten - die Armut als ein Verbrechen nach der Abschreckungstheorie zu behandeln sei. Diese weisen Malthusianer waren aber so fest von der Unfehlbarkeit ihrer Theorie überzeugt, daß sie keinen Augenblick Anstand nahmen, die
* „Extracts from Information received by the Poor-Law-Commissioners" [Auszüge aus dem von den Armengesetzkommissären erhaltenen Bericht], Published by Authority. London 1833.
Armen in das Prokrustesbett ihrer Meinungen zu werfen und sie nach diesen mit der empörendsten Härte zu behandeln. Mit Malthus und den übrigen Anhängern der freien Konkurrenz überzeugt, daß es am besten sei, jeden für sich selbst sorgen zu lassen, das laissez-faire konsequent durchzuführen, hätten sie die Armengesetze am liebsten ganz abgeschafft. Da sie hierzu indes doch weder Mut noch Autorität hatten, schlugen sie ein möglichst malthusianisches Armengesetz vor, das noch barbarischer ist als das laissezfaire, weil es da aktiv eintritt, wo dies nur passiv ist. Wir sahen, wie Malthus die Armut, genauer die Brotlosigkeit unter dem Namen der Überflüssigkeit für ein Verbrechen erklärt, das die Gesellschaft mit dem Hungertode bestrafen soll. So barbarisch waren die Kommissäre nun gerade nicht; der krasse, direkte Hungertod hat selbst für einen Armengesetzkommissär etwas zu Schreckliches. Gut, sagten sie, ihr Armen habt das Recht, zu existieren, aber auch nur zu existieren; das Recht, euch zu vermehren aber habt ihr nicht, ebensowenig wie das Recht, menschlich zu existieren. Ihr seid eine Landplage, und wenn wir euch nicht wie jede andere Landplage sofort beseitigen können, so sollt ihr doch fühlen, daß ihr eine solche seid und wenigstens im Zaume gehalten, außerstand gesetzt werden müßt, andere „Uberflüssige", direkt oder durch Verführung zur Trägheit und Brotlosigkeit, zu produzieren. Leben sollt ihr, aber leben zum warnenden Exempel allen denen, die Veranlassung haben könnten, auch überflüssig zu werden. Sie schlugen nun das neue Armengesetz vor, das 1834 durch das Parlament ging und bis heute in Kraft besteht. Alle Unterstützung in Geld oder Lebensmitteln wurde abgeschafft; die einzige Unterstützung, welche gewährt wurde, war die Aufnahme in die überall sofort erbauten Arbeitshäuser. Die Einrichtung dieser Arbeitshäuser (workhouses), oder, wie das Volk sie nennt, Armengesetz-Bastillen (poor-law bastiles), ist aber derart, daß sie jeden abschrecken muß, der noch irgendwie Aussicht hat, sich ohne diese Art der öffentlichen Mildtätigkeit durchzuschlagen. Damit die Armenkasse nur in den dringendsten Fällen beansprucht und die eignen Anstrengungen eines jeden auf den höchsten Grad gesteigert werden, ehe er sich entschließt, sich von ihr unterstützen zu lassen, ist das Arbeitshaus zum zurückstoßendsten Aufenthalt gemacht, den das raffinierte Talent eines Malthusianers erfinden kann. Die Nahrung ist schlechter als die der ärmsten beschäftigten Arbeiter, während die Arbeit schwerer ist; sonst würden diese ja den Aufenthalt im Armenhause ihrer jämmerlichen Existenz draußen vorziehen. Fleisch, besonders frisches, wird selten gereicht, meist Kartoffeln, möglichst schlechtes Brot und Hafermehlbrei, wenig oder gar kein Bier. Selbst die Diät der Gefängnisse ist durchgängig besser, so daß die Bewohner
des Arbeitshauses häufig irgendein Vergehen absichtlich sich zuschulden kommen lassen, um nur ins Gefängnis zu kommen. Denn auch das Arbeitshaus ist ein Gefängnis; wer sein Quantum Arbeit nicht tut, bekommt nichts zu essen, wer herausgehen will, muß erst um Erlaubnis bitten, die ihm je nach seinem Betragen oder der Meinung, die der Inspektor davon hat, verweigert werden kann; Tabak ist verboten, ebenso die Annahme von Geschenken von Freunden und Verwandten außerhalb des Hauses; die Paupers tragen eine Arbeitshaus-Uniform und sind der Willkür des Inspektors ohne Schutz überliefert. Damit ihre Arbeit nicht etwa mit der Privatindustrie konkurriere, gibt man ihnen meist ziemlich nutzlose Beschäftigungen; die Männer klopfen Steine, „soviel ein starker Mann mit Anstrengung in einem Tage tun kann", die Weiber, Kinder und Greise zupfen alte Schiffstaue, ich habe vergessen, zu welchem unbedeutenden Zweck. Damit die „Überflüssigen" sich nicht vermehren, oder die „demoralisierten" Eltern nicht auf ihre Kinder wirken können, werden die Familien getrennt; der Mann wird in diesen Flügel, die Frau in jenen, die Kinder in einen dritten geschickt, und sie dürfen einander nur zu bestimmten, selten wiederkehrenden Zeiten sehen, und auch dann nur, wenn sie sich nach der Meinung der Beamten gut betragen haben. Und um den Ansteckungsstoff des Pauperismus vollständig in diesen Bastillen vor der Außenwelt abzuschließen, dürfen die Bewohner derselben nur mit Bewilligung der Beamten Besuch im Sprechzimmer annehmen, überhaupt nur unter ihrer Aufsicht oder Erlaubnis mit Leuten außerhalb verkehren. Bei alledem soll die Kost gesund, die Behandlung menschlich sein. Aber der Geist des Gesetzes spricht zu laut, als daß diese Forderung irgendwie erfüllt werden könne. Die Armengesetzkommissäre und die ganze englische Bourgeoisie täuscht sich, wenn sie die Durchführung des Prinzips ohne die der Konsequenzen für möglich hält. Die Behandlung, die das neue Gesetz dem Buchstaben nach vorschreibt, steht mit dem ganzen Sinn desselben im Widerspruch; wenn das Gesetz der Sache nach die Armen für Verbrecher, die Armenhäuser für Strafgefängnisse, ihre Bewohner für außer dem Gesetz, außer der Menschheit stehende Gegenstände des Ekels und Abscheus erklärt, so hilft alles Befehlen des Gegenteils gar nichts. In der Praxis wird denn auch der Geist und nicht der Buchstabe des Gesetzes bei der Behandlung der Armen befolgt. Hier einige wenige Beispiele. Im Arbeitshause zu Greentüich wurde im Sommer 1843 ein fünfjähriger Knabe drei Nächte zur Strafe in die Totenkammer gesperrt, wo er auf den Deckeln der Särge schlafen mußte. - Im Arbeitshause zu. Herne geschah dasselbe mit einem kleinen Mädchen, das während der Nacht das Bett nicht
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trocken hielt; diese Art Strafe scheint überhaupt sehr beliebt zu sein. Dies Arbeitshaus, das in einer der schönsten Gegenden von Kent liegt, zeichnet sich auch dadurch aus, daß alle Fenster nach innen, nach dem Hofe zu gehen und bloß zwei neugebrochene den Bewohnern desselben einen Blick in die Außenwelt gestatten. Der Schriftsteller, der dies im „Illuminated Magazine" erzählt, schließt seine Schilderung mit den Worten:
„Wenn Gott den Menschen für Verbrechen so bestraft, wie der Mensch den Menschen straft für die Armut, dann wehe den Söhnen Adams!"
Im November 1843 starb zu Leicester ein Mann, der zwei Tage vorher aus dem Arbeitshause zu Coventry entlassen worden war. Die Details über die Behandlung der Armen in dieser Anstalt sind empörend. Der Mann, George Robson, hatte eine Wunde an der Schulter, deren Kur gänzlich vernachlässigt wurde; er wurde an die Pumpe gestellt, um sie mit dem gesunden Arm in Bewegung zu setzen; dabei bekam er nur die gewöhnliche Armenhauskost, die er wegen der Schwächung seines Körpers durch die unbeachtete Wunde nicht verdauen konnte; er wurde notwendig schwächer, und je mehr er klagte, desto brutaler wurde die Behandlung. Wenn seine Frau, die auch im Arbeitshause war, ihm ihr bißchen Bier bringen wollte, so wurde sie gescholten und mußte es in Gegenwart der Aufseherin austrinken. Er wurde krank, aber auch dann keine bessere Behandlung. Zuletzt wurde er auf sein Begehren mit seiner Frau unter dem Geleite der beleidigendsten Ausdrücke entlassen. Zwei Tage darauf starb er in Leicester, wie der bei der Totenschau gegenwärtige Arzt erklärte, infolge der vernachlässigten Wunde und der für seinen Zustand schlechterdings unverdaulichen Kost. Bei seiner Entlassung wurden ihm Briefe eingehändigt, in denen Geld für ihn war, die sechs Wochen lang zurückgehalten und nach einer Regel des Etablissements vom Vorsteher eröffnet worden waren! - Im Arbeitshause zu Birmingham fielen so schändliche Dinge vor, daß endlich im Dezember 1843 ein Beamter abgeschickt wurde, um die Sache zu untersuchen. Er fand, daß vier Trampers (wir haben oben eine Erklärung dieses Ausdrucks gehabt) in ein Hundeloch (black-hole) unter der Treppe nackend eingesperrt und 8 bis 10 Tage in diesem Zustande gehalten worden waren, oft hungrig, ohne vor Mittag etwas zu essen zu erhalten, und in der strengsten Jahreszeit. Ein kleiner Junge war durch sämtliche Strafgefängnisse der Anstalt geschickt worden, zuerst in eine feuchte, gewölbte, enge Rumpelkammer, dann zweimal ins Hundeloch, das zweite Mal drei Tage und drei Nächte, dann ebensolange ins alte Hundeloch, was noch schlechter war, dann ins Trampzimmer, ein stinkendes, ekelhaft schmutziges, enges Loch mit hölzernen Schlafpritschen, wo der
Beamte bei seiner Revision noch zwei zerlumpte, vor Kälte zusammengekrochene Knaben fand, die bereits vier Tage dort gesessen hatten. Im Hundeloch saßen oft sieben und im Trampzimmer oft zwanzig Trampers zusammengepfropft. Auch Weiber waren zur Strafe, weil sie nicht in die Kirche gehen wollten, ins Hundeloch gesteckt, und eine war sogar vier Tage ins Trampzimmer gesperrt worden, wo sie Gott weiß was für Gesellschaft fand, und alles das, während sie krank war und Medizin einnahm! Ein anderes Weib war zur Strafe ins Tollhaus geschickt worden, obwohl sie vollkommen bei Verstände war. - Im Arbeitshause zuBacton in Suffolk war im Januar 1844 eine ähnliche Untersuchung, woraus hervorging, daß hier eine Blödsinnige als Kranken Wärterin angestellt war und allerlei verkehrtes Zeug mit den Kranken trieb, und daß Kranke, die nachts oft unruhig waren oder aufstanden, mit über dem Bettzeug und unter dem Bette her geführten Stricken festgebunden wurden, um den Wärterinnen die Mühe des Aufbleibens zu ersparen - ein Kranker wurde in diesem Zustande tot gefunden1. - Im Armenhause von St.Pancras, London, wo die billigen Hemden verfertigt werden, erstickte ein Epileptischer während eines Anfalls im Bette, ohne daß ihm jemand zu Hülfe gekommen wäre. In demselben Hause schlafen vier bis sechs, ja zuweilen acht Kinder in einem Bette. - Im Shoreditch-Arbeitshause in London wurde ein Mann eine Nacht mit einem Kranken, der im heftigsten Fieber lag, in ein Bett gesteckt, und das Bett war noch dazu voll Ungeziefer. - Im Arbeitshause zu Bethnal Green, London, wurde eine im sechsten Monat schwangere Frau mit ihrem, noch nicht zweijährigen Kinde vom 28. Februar bis 20. März 1844 im Empfangszimmer eingeschlossen, ohne ins Arbeitshaus selbst aufgenommen zu werden - von Betten und Orten der Befriedigung der natürlichsten Bedürfnisse keine Spur. Ihr Mann wurde ins Arbeitshaus gebracht, und als er bat, man möge seine Frau aus ihrer Einsperrung befreien, erhielt er für diese Insolenz vierundzwanzig Stunden Arrest bei Wasser undBrot. - ImArbeitshause zu Slough beiWindsor lag im September 1844 ein Mann am Tode; seine Frau reiste hin, kam nachts zwölf Uhr an, eilte zum Arbeitshause und wurde nicht zugelassen; am nächsten Morgen erst erhielt sie Erlaubnis, ihn zu sehen, und auch dann nur auf eine halbe Stunde und in Gegenwart der Aufseherin, die bei jedem folgenden Besuch der Frau sich zudrängte und ihr nach einer halben Stunde sagte, jetzt müsse sie gehen. - Im Arbeitshause zu Mid.dleton in Lancashire waren zwölf, zuzeiten achtzehn Paupers beiderlei Geschlechts, die in einem Zimmer schliefen. Diese Anstalt steht nicht unter dem neuen, sondern einem
1 (1892) aufgefunden
frühern, exzeptionellen Armengesetz (Gilbert's Act). Der Inspektor hatte eine Brauerei für seine Rechnung im Arbeitshause angelegt. - In Stockport wurde am 31. Juli 1844 ein 72jähriger Greis aus dem Armenhause vor den Friedensrichter geschleppt, weil er sich weigerte, Steine zu klopfen, und vorgab, wegen seines Alters und eines steifen Knies könne er diese Arbeit nicht tun. Vergebens erbot er sich, irgendeine Arbeit zu übernehmen, die seiner Körperstärke angemessen sei — er wurde zu 14 Tagen Zwangsarbeit auf der Tretmühle verurteilt. - Im Arbeitshause zu Basford fand ein revidierender Beamter im Februar 1844, daß die Bettücher in dreizehn Wochen, die Hemden in vier Wochen, die Strümpfe in zwei bis zehn Monaten nicht gewechselt worden waren, so daß von fünfundvierzig Knaben nur drei noch Strümpfe hatten und die Hemden alle zerlumpt waren. Die Betten wimmelten von Ungeziefer, und die Eßnäpfe wurden aus den Urineimern gewaschen. - Im West-Londoner Armenhause war ein Portier, der syphilitisch war und seine Krankheit vier Mädchen mitgeteilt hatte, dennoch nicht entlassen worden, und ein andrer Portier nahm ein taubstummes Mädchen aus einem der Zimmer, verbarg sie vier Tage in seinem Bett und schlief bei ihr. Auch er wurde nicht weggeschickt. Wie im Leben, so im Tode. Die Armen werden auf die rücksichtsloseste Weise, wie krepiertes Vieh, verscharrt. Der Armenkirchhof von St. Bride, London, ist ein nackter Morast, der seit Karl II. zum Kirchhof benutzt wird, voll Knochenhaufen; jeden Mittwoch werden die verstorbenen Paupers in ein 14 Fuß tiefes Loch geworfen, der Pfaff rasselt eiligst seine Litanei ab, das Loch wird lose verscharrt, um nächsten Mittwoch wieder geöffnet und solange mit Leichen gefüllt zu werden, bis keine mehr hineingeht. Der Verwesungsgeruch davon verpestet die ganze Nachbarschaft. - In Manchester liegt der Armenkirchhof der Altstadt gegenüber am Irk, ebenfalls ein wüster, unebener Platz. Vor etwa zwei Jahren wurde eine Eisenbahn durchgeführt. Wäre es ein respektabler Kirchhof gewesen, wie würde die Bourgeoisie wie die Geistlichkeit Zeter über Entheiligung geschrien haben! Aber es war ein Armenkirchhof, es war die Ruhestätte von Paupers und Überflüssigen, und so genierte man sich durchaus nicht. Man nahm sich nicht einmal die Mühe, die noch nicht ganz verwesten Leichen auf die andere Seite des Kirchhofs zu bringen, man scharrte auf, wie es gerade diente, und schlug Pfähle in frische Gräber, so daß das mit verwesenden Stoffen geschwängerte Wasser des sumpfigen Bodens oben herausquoll und die Umgebung mit den widerlichsten und schädlichsten Gasen erfüllte. Ich mag die ekelhafte Roheit, die hier an den Tag kam, nicht weiter in ihren Details schildern. Wird man sich noch wundern, daß die Armen sich noch weigern, die
öffentliche Unterstützung unter diesen Bedingungen anzunehmen? daß sie lieber verhungern als in diese Bastillen gehen? Mir liegen fünf Fälle vor, wo die Leute wirklich und geradezu verhungerten und noch wenige Tage vor ihrem Tode, als ihnen die Armenverwaltung die Unterstützung außer dem Arbeitshause abschlug, lieber in ihre Not zurück als in diese Hölle gingen. Insofern haben die Armengesetzkommissäre ihren Zweck vollkommen erreicht. Aber zu gleicher Zeit haben die Arbeitshäuser auch die Erbitterung der arbeitenden Klasse gegen die besitzende, die zum größten Teil für das neue Armengesetz schwärmt, höher gesteigert als irgendeine Maßregel der machthabenden Partei. Von Newcastle bis Dover ist unter den Arbeitern nur eine Stimme der Empörung über das neue Gesetz. Die Bourgeoisie hat in ihm ihre Meinung über ihre Pflichten gegen das Proletariat so deutlich ausgesprochen, daß sie auch von den Dümmsten verstanden wurde. So geradezu, so unverhohlen war es noch nie behauptet worden, daß die Besitzlosen nur da sind, um sich von den Besitzenden ausbeuten zu lassen und um zu verhungern, wenn die Besitzenden von ihnen keinen Gebrauch machen können. Darum aber hat dies neue Armengesetz auch so wesentlich zur Beschleunigung der Arbeiterbewegung und namentlich zur Verbreitung des Chartismus beigetragen, und da es auf dem Lande am meisten in Ausführung gekommen ist, so erleichtert es die Entwicklung der proletarischen Bewegung, die den Landdistrikten bevorsteht. Fügen wir noch hinzu, daß auch in Irland seit 1838 ein gleiches Armengesetz besteht, das für 80000 Paupers dieselben Asyle vorbereitet. Auch hier hat es sich verhaßt gemacht und würde sich noch verhaßter gemacht haben, wenn es irgendwie zu der Wichtigkeit hätte kommen können, die es in England erreichte. Aber was bedeutet die schlechte Behandlung von 80000 Proletariern in einem Lande, wo es ihrer dritthalb Millionen gibt! - In Schottland existieren, mit lokalen Ausnahmen, gar keine Armengesetze. Ich hoffe, nach dieser Schilderung des neuen Armengesetzes und seiner Wirkungen wird man kein Wort zu hart finden, was ich von der englischen Bourgeoisie gesagt habe. In dieser öffentlichen Maßregel, wo sie in corpore1, als Macht auftritt, spricht sie es aus, was sie eigentlich will, was sie mit all den kleineren, dem Scheine nach nur auf einzelne Tadel werfenden Handlungen gegen das Proletariat meint. Und daß diese Maßregel nicht nur von einer Sektion der Bourgeoisie ausging, sondern den Beifall der ganzen Klasse genießt, das beweisen unter andern die Parlamentsdebatten von 1844. Die liberale Partei hatte das neue Armengesetz erlassen; die konservative,
1 geschlossen
ihren Minister Peel an der Spitze, verteidigt sie und ändert nur einige Lumpereien daran in der Poor-Law-Amendment-Bill1 von 1844. Eine liberale Majorität, gab, eine konservative bestätigte das Gesetz, und die edlen Lords gaben ihr „Content"3 beide Male. So ist die Ausstoßung des Proletariats aus Staat und Gesellschaft ausgesprochen; so ist es offen erklärt, daß die Proletarier keine Menschen sind und nicht als Mcnschcn behandelt zu werden verdienen. Uberlassen wir es ruhig den Proletariern des britischen Reichs, sich ihre Menschenrechte wiederzuerobern.* Das ist die Lage der britischen Arbeiterklasse, wie ich sie während einundzwanzig Monaten durch meine eignen Augen und durch offizielle und sonstige authentische Berichte kennengelernt habe. Und wenn ich diese Lage, wie ich auf den vorstehenden Seiten oft genug ausgesprochen habe, für eine schlechterdings unerträgliche halte, so bin ich nicht der einzige, der das tut. Schon Gaskell erklärt 1833, daß er an einem friedlichen Ausgange
* Um allen Mißdeutungen und daraus entstehenden Einwürfen vorzubeugen, will ich noch bemerken, daß ich von der Bourgeoisie als einer Klasse gesprochen habe und alle von einzelnen angeführten Dinge mir nur als Belege für die Denk- und Handlungsweise der Klasse gelten. Daher habe ich mich auch nicht auf die Unterscheidung der verschiedenen Sektionen und Parteien der Bourgeoisie einlassen können, die nur historisch und theoretisch von Bedeutung sind, und daher kann ich auch die wenigen Mitglieder der Bourgeoisie, die sich als ehrenwerte Ausnahmen gezeigt haben, nur beiläufig erwähnen. Es sind dies einerseits die entschiedneren Radikalen, die fast Chartisten sind, wie die Unterhausmitglieder und Fabrikanten Hindley aus Ashton und Fielden aus Todmorden (Lancashire), andrerseits die humanen Tories, die sich neuerdings als „junges England" konstituiert haben und zu denen besonders die Parlamentsmitglieder Disraeli, Borthwick, Ferrand, Lord John Manners etc. gehören. Auch Lord Ashley steht ihnen nahe. Die Absicht des „jungen Englands" ist eine Wiederherstellung des alten „merry England"3 mit seinen glänzenden Seiten und seinem romantischen Feudalismus; dieser Zweck ist natürlich unausführbar und sogar lächerlich, eine Satire auf alle historische Entwicklung, aber die gute Absicht, der Mut, sich gegen das Bestehende und die bestehenden Vorurteile aufzulehnen und die Niederträchtigkeit des Bestehenden anzuerkennen, ist schon etwas wert. Ganz einsam steht der DeutschEngländer Thomas Carlyle, der, ursprünglich Tory, weiter geht als die Erwähnten. Er geht der sozialen Unordnung von allen englischen Bourgeois am tiefsten auf den Grund und fordert Organisation der Arbeit. Ich hoffe, daß Carlyle, der den rechten Weg gefunden hat, auch imstande sein wird, ihn zu verfolgen. Meine und vieler Deutschen beste Wünsche begleiten ihn! - {1892) Aber die Februarrevolution machte ihn zum vollendeten Reaktionär; der gerechte Zorn über die Philister schlug um in versauerte Philister-Verdrießlichkeit über die historische Woge, die ihn auf den Strand warf.
1 Armengesetz-A'o«e//e - 2 „Einverständnis" - 3 „fröhlichen Englands"
verzweifelt und daß eine Revolution schwerlich ausbleiben könne. Carlyle erklärt 1838 den Chartismus und das revolutionäre Treiben der Arbeiter aus dem Elend, in dem sie leben, und wundert sich nur, daß diese so ruhig acht lange Jahre am Tisch des Barmekiden51101 gesessen haben, wo sie von der liberalen Bourgeoisie mit leeren Versprechungen gespeist wurden - und 1844 erklärt er, daß die Organisation der Arbeit sogleich in Angriff genommen werden müsse,
„wenn Europa, wenigstens England, noch lange bewohnbar bleiben solle". Und die „Times", das „erste Journal Europas", sagt im Juni 1844 geradezu:
„Krieg den Palästen, Friede den Hütten, das ist ein Schlachtruf des Schreckens, der noch einmal durch unser Land ertönen mag. Mögen die Reichen sich in acht nehmen!" Nehmen wir indes noch einmal die Chancen der englischen Bourgeoisie vor. Im schlimmsten Fall gelingt es der ausländischen, besonders der amerikanischen Industrie, die englische Konkurrenz auch nach der, in wenig Jahren nötigen, Abschaffung der Korngesetze aushalten zu können. Die deutsche Industrie macht jetzt große Anstrengungen, die amerikanische hat sich mit Riesenschritten entwickelt. Amerika mit seinen unerschöpflichen Hülfsmitteln, mit den unermeßlichsten Kohlen- und Eisenlagern, mit einem beispiellosen Reichtum an Wasserkraft und schiffbaren Flüssen, besonders aber mit seiner energischen, tätigen Bevölkerung, gegen welche die Engländer noch phlegmatische Schlafmützen sind, Amerika hat in weniger als zehn Jahren eine Industrie geschaffen, welche in gröberen Baumwollenwaren (dem Hauptartikel der englischen Industrie) schon jetzt mit England konkurriert, die Engländer aus dem nord- und südamerikanischen Markt verdrängt hat und in China neben der englischen verkauft wird. In andern Industriezweigen geht es ebenso. Ist ein Land dazu begabt, das industrielle Monopol an sich zu reißen, so ist es Amerika. Wird also auf diese Weise die englische Industrie geschlagen - wie dies in den nächsten zwanzig Jahren, wenn die jetzigen sozialen Zustände bleiben, wohl nicht anders geschehen kann, so wird die Majorität des Proletariats auf immer „überflüssig" und hat keine andre Wahl als zu verhungern oder - zu revolutionieren. Denkt die englische Bourgeoisie an diese Chance? Im Gegenteil, ihr liebster Ökonom, MacCulloch, doziert ihr aus seiner Studierstube heraus: Es ist gar nicht daran zu denken, daß so ein junges Land wie Amerika, das noch gar nicht ordentlich bevölkert ist, mit Erfolg Industrie treiben oder gar gegen ein altes industrielles Land wie England konkurrieren könne. Es wäre wahnsinnig von den Amerikanern, wenn sie das versuchen wollten, denn sie
können nur Geld dabei verlieren, laßt sie hübsch beim Ackerbau bleiben, und wenn sie erst das ganze Land bebaut haben, dann wird die Zeit auch wohl kommen, wo sie mit Vorteil Industrie treiben können. - Und das sagt der weise Ökonom, und die ganze Bourgeoisie betet's ihm nach, während die Amerikaner einen Markt nach dem andern wegnehmen, während ein verwegner amerikanischer Spekulant vor kurzem eine Partie amerikanischer Waren nach England schickte, wo sie zur Wiederexportation verkauft wurden! Aber selbst für den Fall, daß England das industrielle Monopol behielte, daß seine Fabriken fortwährend an Zahl wüchsen, was würde die Folge sein? Die Handelskrisen würden bleiben, und mit der Ausdehnung der Industrie und der Vermehrung des Proletariats immer gewaltsamer, immer schauderhafter werden. Das Proletariat würde durch den fortschreitenden Ruin der kleinen Mittelklasse, durch die mit Riesenschritten sich entwikkelnde Zentralisation des Kapitals in den Händen weniger, in geometrischer Proportion zunehmen und bald die ganze Nation, mit Ausnahme weniger Millionäre, ausmachen. In dieser Entwicklung tritt aber eine Stufe ein, wo das Proletariat sieht, wie leicht es ihm wäre, die bestehende soziale Macht zu stürzen, und dann folgt eine Revolution. Doch weder der eine noch der andre Fall wird eintreten. Die Handelskrisen, der mächtigste Hebel aller selbständigen Entwicklung des Proletariats, werden, in Verbindung mit der auswärtigen Konkurrenz und dem steigenden Ruin der Mittelklasse, die Sache kürzer abmachen. Ich glaube nicht, daß das Volk sich noch mehr als eine Krisis wird gefallen lassen. Wahrscheinlich bringt schon die nächste, 1846 oder 1847 eintretende Krisis die Abschaffung der Korngesetze und die Charte. Was die Charte für revolutionäre Bewegungen veranlassen wird, steht zu erwarten. Aber bis zur dann folgenden Krisis, die nach der Analogie der bisherigen 1852 oder 1853 eintreten müßte, durch die Abschaffung der Korngesetze jedoch verzögert wie durch andre Umstände, auswärtige Konkurrenz etc., beschleunigt werden kann, bis zu dieser Krisis wird es das englische Volk wahrlich überdrüssig sein, zum Vorteil der Kapitalisten sich ausbeuten zu lassen und, wenn die Kapitalisten seiner nicht mehr bedürfen, zu verhungern. Wenn sich bis dahin die englische Bourgeoisie nicht besinnt - und das tut sie allem Anschein nach gewiß nicht -, so wird eine Revolution folgen, mit der sich keine vorhergehende messen kann. Die zur Verzweiflung getriebenen Proletarier werden die Brandfackel ergreifen, von der Stephens ihnen gepredigt hat; die Volksrache wird mit einer Wut geübt werden, von der uns das Jahr 1793 noch keine Vorstellung gibt. Der Krieg der Armen gegen die Reichen wird der blutigste sein, der je geführt worden ist. Selbst der Übertritt eines Teils
der Bourgeoisie zur Proletariatspartei, selbst eine allgemeine Besserung der Bourgeoisie würde nichts helfen. Die allgemeine Sinnesänderung der Bourgeoisie würde ohnehin nur bis zu einem schlaffen Juste-milieu gehen können; die entschiedner den Arbeitern sich Anschließenden würden eine neue Gironde bilden und als solche im Lauf der gewaltsamen Entwicklung untergehen. Die Vorurteile einer ganzen Klasse streifen sich nicht ab wie ein alter Rock — am wenigsten bei der stabilen, befangenen, eigennützigen englischen Bourgeoisie. Das sind alles Schlüsse, die mit der größten Bestimmtheit gefolgert werden können, Schlüsse, deren Voraussetzungen unbestreitbare Tatsachen, einerseits der geschichtlichen Entwicklung, andrerseits der menschlichen Natur sind. Das Prophezeien ist nirgends so leicht als gerade in England, weil hier alles so klar und scharf in der Gesellschaft entwickelt ist. Die Revolution muß kommen, es ist jetzt schon zu spät, um eine friedliche Lösung der Sache herbeizuführen; aber milder kann sie allerdings werden als die oben prophezeite. Das wird aber weniger von der Entwicklung der Bourgeoisie, als von der des Proletariats abhängen. In demselben Verhältnis nämlich, in welchem das Proletariat sozialistische und kommunistische Elemente in sich aufnimmt, genau in demselben Verhältnis wird die Revolution an Blutvergießen, Rache und Wut abnehmen. Der Kommunismus steht seinem Prinzipe nach über dem Zwiespalt zwischen Bourgeoisie und Proletariat, er erkennt ihn nur in seiner historischen Bedeutung für die Gegenwart, nicht aber als für die Zukunft berechtigt an; er will gerade diesen Zwiespalt aufheben. Er erkennt daher, solange der Zwiespalt besteht, die Erbitterung des Proletariats gegen seine Unterdrücker allerdings als eine Notwendigkeit, als den bedeutendsten Hebel der anfangenden Arbeiterbewegung an, aber er geht über diese Erbitterung hinaus, weil er eben eine Sache der Menschheit, nicht bloß der Arbeiter ist. Ohnehin fällt es keinem Kommunisten ein, an einzelnen Rache üben zu wollen oder überhaupt zu glauben, daß der einzelne Bourgeois in den bestehenden Verhältnissen anders handeln könne, als er handelt. Der englische Sozialismus (d.h. Kommunismus) beruht geradezu auf diesem Prinzip der Unzurechnungsfähigkeit des einzelnen. Je mehr also die englischen Arbeiter sozialistische Ideen in sich aufnehmen, desto mehr wird ihre jetzige Erbitterung, die es doch, wenn sie so gewaltsam bleibt, wie sie jetzt ist, zu nichts bringen würde, überflüssig, desto mehr werden ihre Schritte gegen die Bourgeoisie an Wildheit und Roheit verlieren. Wäre es überhaupt möglich, das ganze Proletariat kommunistisch zu machen, ehe der Kampf ausbricht, so würde er sehr friedlich ablaufen; das ist aber nicht mehr möglich, es ist schon zu spät dazu. Ich glaube indes, daß bis zum Ausbruch des ganz offnen, direkten Krieges der Armen gegen die Reichen, der
jetzt in England unvermeidlich geworden ist, sich wenigstens so viel Klarheit über die soziale Frage im Proletariat verbreiten wird, daß mit Hülfe der Ereignisse die kommunistische Partei imstande sein wird, das brutale Element der Revolution auf die Dauer zu überwinden und einem neunten Thermidor11111 vorzubeugen. Ohnehin wird die Erfahrung der Franzosen nicht umsonst gemacht worden sein, und dazu sind ja schon jetzt die meisten Chartistenführer Kommunisten. Und da der Kommunismus über dem Gegensatze zwischen Proletariat und Bourgeoisie steht, so wird es auch dem besseren Teile der Bourgeoisie - der aber entsetzlich gering ist und nur auf Rekrutierung unter den Heranwachsenden rechnen kann - leichter werden, sich ihm anzuschließen, als dem ausschließlich proletarischen Chartismus. Wenn diese Schlüsse hier nicht hinreichend begründet sein sollten, so wird sich wohl anderswo Gelegenheit finden, sie als notwendige Resultate der historischen Entwicklung Englands nachzuweisen. Aber ich bleibe dabei: Der Krieg der Armen gegen die Reichen, der jetzt schon im einzelnen und indirekt geführt wird, wird auch im allgemeinen, im ganzen und direkt in England geführt werden. Es ist zu spät zur friedlichen Lösung. Die Klassen sondern sich schroffer und schroffer, der Geist des Widerstandes durchdringt die Arbeiter mehr und mehr, die Erbitterung steigt, die einzelnen Guerillascharmützel konzentrieren sich zu bedeutenderen Gefechten und Demonstrationen, und ein kleiner Anstoß wird bald hinreichen, um die Lawine in Bewegung zu setzen. Dann wird allerdings der Schlachtruf durch das Land schallen: „Krieg den Palästen, Friede den Hütten!" - dann wird es aber zu spät sein, als daß sich die Reichen noch in acht nehmen könnten.
GAZETTE OF TUE RATIONAL SOCIETY. KtrtlUi MO* Aili 11 Ptriltanl, 10 Du. IV. SB, «AD S, T, |?ta. JY. 9,49.
[Friedrich Engels] [Sozialismus auf dem Kontinent[112]]
[„The New Moral World" Nr. 15 vom 5. Oktober 1844] Auf meiner Heimfahrt besuchte ich in Paris einen kommunistischen Klub der mystischen Schule. Ich wurde von einem Russen eingeführt, der die deutsche und französische Sprache vollkommen beherrscht und der ihnen gegenüber sehr geschickt mit Feuerbachs Beweisführung* auftrat. Bei ihnen hat der Terminus Gott die gleiche Bedeutung wie LoVe Spirit1 bei den HamCommon-Leuten. Sie bezeichneten das jedoch als sekundäre Frage und waren praktisch mit uns einig, indem sie sagten: „Enfin, l'atheisme c'est votre religion": — Schließlich ist der Atheismus Eure Religion. Religion bedeutet im Französischen Uberzeugung, Gefühl, nicht Anbetung. Sie bestätigten, daß das Geschrei und Getöse der Bourgeois beziehungsweise der Mittelklasse gegen England völliger Unsinn ist, und sie bemühten sich sehr, uns davon zu überzeugen, daß sie nicht das geringste nationale Vorurteil hätten, daß sich die Arbeiter Frankreichs gar nicht um MarokkotU4] scheren, sondern wissen, daß die ouvriers, Arbeiter, aller Länder Verbündete sind, die die gleichen Interessen haben. Die französische Mittelklasse ist ebenso egoistisch, habgierig und gesellschaftlich unerträglich wie die englische, aber die französischen ouvriers sind feine Kerle. Wir haben unter den Russen in Paris gute Fortschritte gemacht. Es gibt in Paris drei oder vier Adlige und Besitzer von Leibeigenen, die radikale Kommunisten und Atheisten sind. Wir besitzen in Paris eine deutsche kommunistische Zeitung, den „Vorwärts["^115\ der zweimal wöchentlich erscheint. In Belgien ist eine aktive
* Das Auflösen der Gottesidee im Menschen.
1 Geist der Liebe
kommunistische Agitation im Gange, und eine Zeitung, „Debat Social"[1161, wird in Brüssel herausgegeben. In Paris gibt es ungefähr ein halbes Dutzend kommunistische Zeitungen. Socialiste und Socialitaire sind in Frankreich Modebegriffe, und Louis-Philippe, der Erzbourgeois, unterstützt die „Democratie Pacifique"[1171 - mit Geld und Protektion. Das religiöse Benehmen der französischen Sozialisten ist meist heuchlerisch; die Leute sind vollkommen irreligiös, und die ersten Opfer der nächsten Revolution werden die Pfaffen sein. Die Kölner haben enorme Fortschritte gemacht. Als wir uns in einem Lokal versammelten, füllten wir einen ziemlich großen Raum mit unserer Gesellschaft, die meist aus Anwälten, Medizinern, Künstlern etc. bestand; auch drei oder vier Leutnants der Artillerie waren dabei, wovon der eine ein sehr kluger Kerl ist. In Düsseldorf haben wir einige Anhänger, darunter einen sehr begabten Dichter. In Elberfeld sind ungefähr ein halbes Dutzend meiner Freunde und einige andere Kommunisten. In der Tat, es gibt kaum eine Stadt in Norddeutschland, in der es nicht einige radikale Anti-Proprietarians1 und Atheisten gibt. Edgar Bauer in Berlin ist gerade wegen seines jüngsten Buches zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.11181
Aus dem Englischen.
1 Gegner des Eigentums
[Friedrich Engels]
Rascher Fortschritt des Kommunismus in Deutschland
[I]
» [„ The New Moral World" Nr. 25 vom 13. Dezember 1844] Da ich hoffe, daß Ihre Landsleute erfreut sein werden, etwas über die Fortschritte unserer gemeinsamen Sache auf dieser Seite des Kanals zu hören, schicke ich Ihnen einige Zeilen für Ihre Zeitung. Gleichzeitig freue ich mich, zeigen zu können, daß das deutsche Volk, obwohl es, wie gewöhnlich, die Frage der sozialen Reform mit einiger Verspätung aufwarf, jetzt alle Anstrengungen macht, um die verlorene Zeit wieder einzuholen, und wirklich, die Geschwindigkeit, mit der der Sozialismus in diesem Lande Fortschritte gemacht hat, ist ganz wunderbar. Vor zwei Jahren gab es nur zwei Personen, die sich überhaupt für soziale Fragen interessierten; vor einem Jahr wurde die erste sozialistische Schrift gedruckt11191. Zwar gab es einige hundert deutsche Kommunisten im Ausland, da sie aber Arbeiter waren, hatten sie wenig Einfluß und konnten nicht erreichen, daß ihre Schriften unter den „oberen Klassen" Verbreitung fanden. Überdies waren die Hindernisse, die dem Sozialismus im Wege standen, ungeheuer: Preßzensur, kein Recht zur öffentlichen Versammlung, kein Assoziationsrecht, despotische Gesetze und geheime Gerichtshöfe mit bezahlten Richtern, die jeden bestraften, der auf irgendeine Weise das Volk zum Denken zu bringen wagte. Und trotz alledem, wie ist die Lage der Dinge jetzt in Deutschland? An Stelle der beiden armen Teufel, die über Sozialismus für ein Publikum schrieben, das mit der Frage in keiner Weise vertraut oder daran interessiert war, haben wir Dutzende von klugen Schriftstellern, die das neue Evangelium Tausenden predigen, die begierig alles hören möchten, was mit der Sache zusammenhängt; wir haben verschiedene Zeitungen, die so radikal sozialistisch sind, wie die Zensur es zuläßt, besonders die „Trier sehe Zei<un^"[1201 und den „Sprecher"[1211 von Wesel; wir geben unter der Preßfreiheit von Paris eine ZeitungtU61 heraus, und es gibt außer solchen, die unter direktem Regierungseinfluß stehen, keine Zeitschrift, die nicht täglich, und in sehr anerkennenden Worten, den Sozialismus und die Sozialisten
kommentiert. Unseren Gegnern fehlt der moralische Mut, uns ganz offen entgegenzutreten. Sogar die Regierungen sind gezwungen, allen legalen Bewegungen, die zum Sozialismus hinstreben, wohlwollend zu begegnen. Überall werden Gesellschaften gegründet, sowohl zur Verbesserung der Lage der Arbeiter als auch zu ihrer geistigen Ausbildung, und einige der höchsten Beamten der preußischen Regierung haben sich an diesen Vereinigungen aktiv beteiligt. Kurz, der Sozialismus ist zur Tagesfrage in Deutschland geworden, und im Laufe eines Jahres ist eine starke sozialistische Partei herangewachsen, die schon jetzt allen politischen Parteien Respekt einflößt und um die sich besonders die Liberalen dieses Landes eifrig bemühen. Bis jetzt ist unser Bollwerk das Bürgertum, eine Tatsache, die den englischen Leser vielleicht befremden wird, falls er nicht weiß, daß diese Klasse in Deutschland viel weniger eigennützig, viel unvoreingenommener und intelligenter ist als die in England, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil sie ärmer ist. Wir hoffen jedoch, daß uns in kurzer Zeit die arbeitenden Klassen unterstützen werden, die immer und überall die Stärke und den Hauptbestandteil der sozialistischen Parteien bilden müssen und die durch Elend, Unterdrückung und Arbeitsmangel wie auch durch die Aufstände in den Industriegebieten Schlesiens und Böhmens[76] aus ihrer Lethargie gerissen worden sind. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit ein Bild von Hübner, einem der besten deutschen Maler, erwähnen, das wirksamer für den Sozialismus agitiert hat als hundert Flugschriften. Es zeigt einige schlesische Weber, die einem Fabrikanten gewebtes Leinen bringen, und stellt sehr eindrucksvoll dem kaltherzigen Reichtum auf der einen Seite die verzweifelte Armut auf der anderen gegenüber. Der gutgenährte Fabrikant wird mit einem Gesicht, rot und gefühllos wie Erz dargestellt, wie er ein Stück Leinen, das einer Frau gehört, zurückweist; die Frau, die keine Möglichkeit sieht, den Stoff zu verkaufen, sinkt in sich zusammen und wird ohnmächtig, umgeben von ihren zwei kleinen Kindern und kaum aufrecht gehalten von einem alten Mann; ein Angestellter prüft ein Stück, dessen Eigentümer in schmerzlicher Besorgnis auf das Ergebnis warten; ein junger Mann zeigt seiner verzagten Mutter den kärglichen Lohn, den er für seine Arbeit bekommen hat; ein alter Mann, ein Mädchen und ein Knabe sitzen auf einer Steinbank und warten, daß sie an die Reihe kommen; und zwei Männer, jeder mit einem Packen zurückgewiesenen Stoffes auf dem Rücken, verlassen gerade den Raum, einer von ihnen ballt voll Wut die Faust, während der andere die Hand auf des Nachbarn Arm legt und zum Himmel zeigt, als ob er sagt: Sei ruhig, es gibt einen Richter, der ihn strafen wird. Diese ganze Szene spielt sich in einem kalt und ungemütlich aussehenden Vorsaal mit Steinfußboden ab; nur der Fabrikant steht auf
einem Stück Teppich, während sich auf der anderen Seite des Gemäldes, hinter einer Barriere ein Ausblick in ein luxuriös eingerichtetes Kontor mit herrlichen Gardinen und Spiegeln öffnet, wo einige Angestellte schreiben, unberührt von dem, was hinter ihnen vorgeht, und wo der Sohn des Fabrikanten, ein junger Geck, sich auf die Barriere lehnt, eine Reitgerte in der Hand, eine Zigarre raucht und die unglücklichen Weber kühl betrachtet. Dieses Gemälde ist in mehreren Städten Deutschlands ausgestellt worden und hat verständlicherweise so manches Gemüt für soziale Ideen empfänglich gemacht. Zur gleichen Zeit hatten wir die Genugtuung, daß der hervorragendste Geschichtsmaler unseres Landes, Karl Lessing, sich zum Sozialismus bekehrte. Tatsächlich nimmt der Sozialismus schon jetzt in Deutschland eine zehnmal stärkere Position ein als in England. Gerade heute morgen habe ich einen Artikel in der liberalen „Kölnischen Zeitung" gelesen, dessen Verfasser aus verschiedenen Gründen von den Sozialisten angegriffen worden war; er verteidigt sich in dem Artikel, und worauf läuft seine Verteidigung hinaus? Er bekennt sich selbst zum Sozialismus, mit dem einzigen Unterschied, daß er mit politischen Reformen beginnen möchte, während wir alles auf einmal haben wollen. Und diese „Kölnische Zeitung" ist in bezug auf Einfluß und Verbreitung die zweitgrößte Zeitung Deutschlands. Es ist sonderbar, aber zumindest im Norden Deutschlands kann man nicht an Bord eines Dampfers gehen, in einem Eisenbahnwagen oder einer Postkutsche reisen, ohne jemand zu treffen, der nicht wenigstens einige soziale Ideen in sich aufgenommen hätte und der nicht mit einem darin übereinstimmte, daß etwas getan werden müsse, um die Gesellschaft zu reorganisieren. Ich komme gerade von einer Reise in einige Nachbarstädte zurück, und ich fand keinen einzigen Ort, an dem ich nicht wenigstens ein halbes Dutzend oder ein Dutzend vortreffliche Sozialisten getroffen hätte. In meiner eigenen Familie - und sie ist sehr fromm und regierungstreu - zähle ich sechs oder mehr Mitglieder, deren jedes überzeugt worden ist, ohne daß es von den übrigen beeinflußt worden wäre. Wir haben Anhänger unter Menschen aller Art: Kaufleute, Fabrikanten, Rechtsanwälte, Regierungsbeamte und Offiziere, Ärzte, Redakteure, Landwirte etc.; eine große Anzahl unserer Schriften befindet sich im Druck, obwohl bisher kaum drei oder vier erschienen sind, und wenn wir in den kommenden vier oder fünf Jahren solche Fortschritte wie in den vergangenen 12 Monaten machen, werden wir imstande sein, eine kommunistische Gemeinde zu gründen. Wie Sie sehen, werden wir deutschen Theoretiker praktische Geschäftsleute. Es wurde tatsächlich einer aus unseren Reihen aufgefordert, einen Organisationsplan und Satzungen für eine arbeitsfähige Gemeinde nach den
Plänen von Owen, Fourier etc. auszuarbeiten und die Erfahrungen der amerikanischen Ansiedlungen sowie Ihr eigenes Experiment in Harmony11231, von dem ich hoffe, daß es gut vorangeht, zu verwerten. Dieser Plan wird in den verschiedenen Orten diskutiert und mit Abänderungen veröffentlicht werden. Die aktivsten literarischen Persönlichkeiten unter den deutschen Sozialisten sind: Dr. Karl Marx, Paris; Dr. M[oses] Heß, zurZeit Köln; Dr. K[arl] Grün, Paris; Friedrich Engels, Barmen (Rheinpreußen); Dr.O[tto] Lüning, Rheda/ Westfalen; Dr. Hfermann] Püttmann, Köln, und verschiedene andere. Außer diesen hat sich Heinrich Heine, der hervorragendste unter allen lebenden deutschen Dichtern, uns angeschlossen und hat einen Band politischer Lyrik veröffentlicht, der auch einige Gedichte enthält, die den Sozialismus verkünden. Er ist der Verfasser des berühmten Liedes „Die schlesischen Weber , von dem ich Ihnen eine Übersetzung gebe, das aber, wie ich befürchte, in England als Gotteslästerung angesehen werden wird. Jedenfalls möchte ich es Ihnen mitteilen und nur bemerken, daß es sich auf den Schlachtruf der Preußen im Jahre 1813 „Mit Gott für König und Vaterland!" bezieht, der seither ein beliebter Ausspruch der loyalen Partei gewesen ist. Hier das Lied1-1241:
Im düstern Auge keine Träne, Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne: Deutschland, wir weben dein Leichentuch, Wir weben hinein den dreifachen Fluch Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten In Winterskälte und Hungersnöten; Wir haben vergebens gehofft und geharrt, Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem König, dem König der Reichen, Den unser Elend nicht konnte erweichen, Der den letzten Groschen von uns erpreßt Und uns wie Hunde erschießen läßt Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem falschen Vaterlande, Wo nur gedeihen Schmach und Schande, Wo jede Blume früh geknickt, Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt — Wir weben, wir weben!
... vt-ris: jihi'tik-suk's Hiimo, H»'»»iy Hpiw, il-.e mosS «tninttU of als hv lüj; i Womit poesu, Jma j.iiaul our rsiik«, aici pubUshtu a x'A-.un'- of pöutic.i! jioefcry, «hieb coutain* zho s;ome jii-'-'tcs juciitluMg Non.dkni, Ho iä the aathor of tlu-cflebnil..',! $t,nv qf "(/>? '-itnum IVwas, 1 you a |>rosatn t«»».itfütlon, but which, I am tfräsid, «nl be con'sidftrriJ l.i;mphi'!nv in AI snym'* • -••,il> gfae it you, anit <>o?y ci'nuuV, thni H nfVr>t !u HK-battk-cn uf the 1'ru*siip« iii 1-i W-.M. <;<>.! ! , -.:;:5 NtiwtjUsd !" whi.-K of the Itsyst fwtj, Th.il für the .••fm>:5 l«nf it Without ft tf-at !ÜI griw fvc.-i. Thcy -it »t tili' f-Kjm, thr • • f <'ta?| s'f m t:,'ir j.Lrc? < " Wn Jsave tutfcit-il r.iul l.utia« iessg '•«nin,,;h : > - Ul fI> tm&in, v<r- -n«- n -imm! 1'ih Um, An«! vrtimwg it will» h <-nr*»:. We »re westlng, wwiag ! " The ßf*t f«ir«c t.. Ii» V.oi1, »f«c Whui anit -ii-a? c-l, flj»s «hew wc r» iuvj, n® dsiielrca «m thelr fstbcf ; Ifl wJwm lutjit-.i --mit UüHl<ii> uit.SK:i, II«« hm tmockr>1 «•-, he iias. ctier»?«» »,.<« tte^rtiwirw.; " We. are »••».»», s** < " T!u- eeiMf <A eori-ft f<»r k ish; «-f Um* Hr!., V liofli <iur di'4tm_* couSil .'"'t* » nur tnHch ; Tis,- Kijsp,, «/ho i <S>srt< sh 1 [-f-i''!»-' f'"J !• Afiii JCUt'.-, Jüs. M'i-ik'l«> s,'t<i'><'*t O. il! r 'I": " *i*r irc 5»ij'"r-tf "s "(41* ' '5 3, c«»ac ?!S Iiis' faisc f'rtiJit'r!.'!?!!?, TIHSI II««S »filMog for «i* b"t ,-tf'lrfS' .f.! liiert- ws' nBÜHH? Liiiit-i-« u'j «fil P!'<. Iii» ' ?f r-w : Wiiii «iii^ Siint-, -itäitl. t-s - • ' < •• ,r* the »ftsrft |»»wi ifMl piiruit I ivfs 1 '-ik«* )• fx.m ><."» für tl»ts lime, Imj'inr t- .»'»'. to »<!•'*«' '"f fsM-lhs f J«fCfJH"5^ 'MllS ••< > •>.••• iiM.1'»!! A'- <H1> r-nr^.:- >.I ^ ,( «1 JN vf
Schluß des Artikels „Rascher Fortschritt des Kommunismus in Deutschland" mit Engels' Ubersetzung des Gedichts „Die schlesischen Weber" von Heinrich Heine

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht, Wir v/eben emsig Tag und Nacht Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch, Wir weben hinein den dreifachen Fluch, Wir weben, wir weben!
Mit diesem Lied, das im deutschen Original eines der stärksten Gedichte ist, das ich kenne, verabschiede ich mich für diesmal von Ihnen und hoffe, Ihnen bald über unseren weiteren Fortschritt und die soziale Literatur berichten zu können. Ein alter Freund von Ihnen in Deutschland
Geschrieben etwa am 9. November 1844. Aus dem Englischen.
[III
[„The New Moral World" Nr. 37 vom 8. März 1845]
Barmen, 2. Februar 1845. Seit ich Ihnen das letztemal geschrieben habe, hat die Sache des Kommunismus den gleichen schnellen Fortschritt gemacht wie gegen Ende des Jahres 1844. Vor kurzem war ich in verschiedenen Städten am Rhein und habe überall festgestellt, daß unsere Ideen, seit ich diese Orte zum letztenmal besucht hatte, täglich mehr an Boden gewonnen haben und noch gewinnen. Uberall fand ich neue Anhänger, die so viel Energie beim Diskutieren und Verbreiten der Idee des Kommunismus aufbieten, wie man sich nur wünschen kann. In allen Städten Preußens sind sehr viele öffentliche Veranstaltungen mit dem Ziel abgehalten worden, Vereinigungen zu bilden, um der wachsenden Verelendung, der Unwissenheit und dem Verbrechen unter den breiten Massen der Bevölkerung entgegenzutreten. Diese Versammlungen wurden zunächst von der Regierung unterstützt, dann aber, als sie zu selbständig wurden, von ihr behindert; trotzdem lenkten sie die öffentliche Aufmerksamkeit auf die soziale Frage und trugen sehr viel zur Verbreitung unserer Prinzipien bei. Die Kölner Versammlung war von den Reden der führenden Kommunisten derart beeindruckt, daß ein Komitee zur Ausarbeitung der Satzungen des Vereins gewählt wurde, das in seiner Mehrheit aus entschiedenen Kommunisten bestand. Der Hauptinhalt der Satzungen gründete sich selbstverständlich auf kommunistische Prinzipien. Die Satzungen
33 Mara/Entrds, Werte, Bd. 2
über die Organisation der Arbeit, über den Schutz der Arbeiter gegen die Macht des Kapitals etc. wurden von der Versammlung fast einstimmig angenommen. Die Genehmigung der Regierung, die in unserem Lande für alle Vereinigungen erforderlich ist, wurde natürlich nicht erteilt; da aber diese Versammlungen doch stattgefunden hatten, stand die Frage der Gemeinwesen in ganz Köln überall zur Diskussion. In Elberfeld wurde als Grundprinzip der Vereinigung verkündet, daß alle Menschen das gleiche Recht auf Bildung haben und an den Früchten der Wissenschaft teilhaben sollen; die Satzungen sind jedoch von der Regierung noch nicht bestätigt worden und werden aller Wahrscheinlichkeit nach das Los der Kölner Satzungen teilen, da die Pfaffen sofort eine eigene Vereinigung gegründet haben, als ihr Plan, die Gesellschaft zu einer Unterabteilung der Stadtmission zu machen, von der Versammlung abgelehnt worden war. Die liberale Vereinigung wird von der Regierung verboten und die Vereinigung der Pfaffen unterstützt werden. Das hat jedoch wenig zu bedeuten, da die Frage, nachdem sie einmal aufgeworfen worden ist, nun in der ganzen Stadt allgemein diskutiert wird. Andere Vereine sind in Münster, Kleve, Düsseldorf etc. gebildet worden, und es bleibt abzuwarten, mit welchem Ergebnis. Was die kommunistische Literatur betrifft, so ist eine Schriftensammlung, die sich mit diesem Thema beschäftigt, von H[ermann] Püttmann, Köln, veröffentlicht worden [12d1, die unter anderem sowohl einen Bericht über die amerikanischen Ansiedlungen als auch über Ihre eigene Niederlassung in Hampshire enthält, was sehr viel dazu beigetragen hat, das Vorurteil über die Undurchführbarkeit unserer Ideen zu beseitigen. Herr Püttmann hat zur gleichen Zeit die Ankündigung einer Vierteljahrsschrift11261 veröffentlicht, deren erste Nummer er im kommenden Mai herauszugeben beabsichtigt und die ausschließlich der Verbreitung unserer Ideen gewidmet sein wird. Die Herren Heß aus Köln und Engels aus Barmen werden mit der Herausgabe einer weiteren Monatsschrift11271 beginnen, deren erste Nummer am kommenden I.April erscheinen soll; diese Zeitschrift wird nur Tatsachen enthalten, die den Zustand der zivilisierten Gesellschaft zeigen und die Notwendigkeit einer radikalen Reform der Gesellschaft durch die Überzeugungskraft der Tatsachen beweisen. Eine neue Arbeit von Dr. Marx, die einen Überblick über die Prinzipien der Nationalökonomie und die Politik im allgemeinen enthält, wird in Kürze veröffentlicht werden11281. Dr. Marx ist von der konservativen französischen Regierung gezwungen worden, seinen Wohnsitz in Paris aufzugeben. Er beabsichtigt, nach Belgien zu gehen, und wenn die Rache der preußischen Regierung (die die französischen Minister veranlaßt hat, Marx auszuweisen) ihn auch dort verfolgen wird, muß er nach England
gehen. Aber die wichtigste Tatsache, die ich seit meinem letzten Brief erfahren habe, ist die, daß sich Dr. Feuerbach, gegenwärtig das hervorragendste philosophische Genie m Deutschland, als Kommunist bekannt hat. Ein Freund von uns besuchte ihn kürzlich auf seinem einsamen Landsitz in einem entlegenen Winkel Bayerns; diesem gegenüber erklärte er, er sei durchaus überzeugt, daß der Kommunismus nur die notwendige Konsequenz der Prinzipien darstelle, die er verkündet habe, und daß der Kommunismus tatsächlich nur die Praxis dessen sei, was er lange zuvor theoretisch verkündet habe. Feuerbach sagte, er habe niemals soviel Freude an irgendeinem Buch gehabt wie an dem ersten Teil von Weitlings „Garantien"[12S-'Noch nie habe ich jemandem ein Buch gewidmet, sagte er, aber jetzt habe ich große Lust, meine nächste Arbeit Weitling zu widmen. So ist die Verbindung zwischen den deutschen Philosophen, deren hervorragendster Vertreter Feuerbach ist, und den deutschen Arbeitern, die durch Weitling vertreten werden, fast hergestellt, eine Verbindung, die von Dr. Marx vor einem Jahr vorausgesagt wurde.[130! Wenn die Philosophen mit uns denken und die Arbeiter mit uns kämpfen — gibt es da noch eine Macht auf Erden, die stark genug wäre, unserem Fortschritt zu widerstehen?
Ein alier Freund von Ihnen in Deutschland
Aus dem Englischen.
[III]
[„The New Moral World" Nr. 46 vom 10. Mai 18451
Sehr geehrter Herr, nachdem ich eine Zeitlang gewisser Ursachen wegen nicht imstande war, Ihnen über den Stand der Angelegenheiten in Deutschland zu schreiben, setze ich jetzt meine Berichte fort, in der Hoffnung, daß sie Ihre Leser interessieren und daß sie einander mit geringeren Unterbrechungen folgen werden als bisher. Ich freue mich, Ihnen berichten zu können, daß wir den gleichen raschen und stetigen Fortschritt machen wie vor meinem letzten Bericht. Seit ich Ihnen das letztemal geschrieben habe, hat es die preußische Regierung für gefährlich befunden, die „Vereine für das Wohl der arbeitenden Klassen" weiterhin zu unterstützen. Sie hat festgestellt, daß diese Vereine überall sozusagen kommunistisch infiziert wurden und hat deshalb alles getan, was in ihrer Macht steht, die Weiterentwicklung dieser Vereine zu
unterbinden oder wenigstens zu hemmen. Anderseits war die Mehrheit der Mitglieder dieser Gesellschaften, die sich aus Angehörigen des Bürgertums zusammensetzen, völlig ratlos hinsichtlich der Schritte, die man zum Wohl des arbeitenden Volkes unternehmen könnte. Die Kommunisten bewiesen sogleich, daß alle ihre Maßnahmen — Sparkassen, Prämien und Preise für die besten Arbeiter und ähnliches mehr - zu nichts führen, und gaben sie damit dem öffentlichen Gelächter preis. So ist die Absicht des Bürgertums, die Arbeiterklasse durch Heuchelei und verlogene Philanthropie irrezuführen, völlig vereitelt worden, während wir eine Gelegenheit erhielten, wie sie in einem Lande mit einer patriarchalischen Polizeiregierung ziemlich selten ist: die Regierung und die Geldleute hatten alle Scherereien, und wir den ganzen Nutzen. Doch wurden nicht nur diese Versammlungen zur kommunistischen Agitation ausgenutzt. In Elberfeld, dem Zentrum des Industriebezirks von Rheinpreußen, wurden regelmäßige kommunistische Versammlungen abgehalten. Die Kommunisten dieser Stadt wurden von einigen der angesehensten Bürger eingeladen, um mit ihnen ihre Prinzipien zu diskutieren. Die erste dieser Versammlungen fand im Februar statt und trug einen mehr privaten Charakter. Es nahmen ungefähr vierzigbis fünfzigPersonen daran teil,darunter der Staatsanwalt des Bezirks und andere Mitglieder des Gerichts wie auch Vertreter fast aller führenden Handels- und Industriefirmen. Dr. Heß, dessen Namen zu erwähnen ich mehr denn einmal in Ihren Spalten Gelegenheit hatte, eröffnete die Versammlung, indem er Herrn Koettgen, einen Kommunisten, als Versammlungsleiter vorschlug, wogegen kein Einspruch erfolgte. Dr. Heß hielt dann einen Vortrag über den gegenwärtigen Stand der Gesellschaft und die Notwendigkeit, das alte System der Konkurrenz aufzugeben, das er als ein System regelrechter Räuberei bezeichnete. Der Vortrag wurde mit viel Beifall aufgenommen (die Mehrheit der Zuhörerschaft waren Kommunisten); danach sprach Herr Friedrich Engels (der vor einiger Zeit einige Abhandlungen über den Kommunismus auf dem Kontinent in Ihren Spalten veröffentlichte11311) des längeren über die Durchführbarkeit und über die Vorteile des kommunistischen Systems. Er führte auch einige Einzelheiten über die kommunistischen Ansiedlungen in Amerika und Ihre eigene Kolonie zu Harmony als Beweis für seine Behauptungen an. Darauf folgte eine sehr angeregte Diskussion, in welcher der Standpunkt der Kommunisten von den vorgenannten und einigen anderen Rednern verteidigt wurde, während der Staatsanwalt Dr. Benedix, eine literarische Persönlichkeit und einige andere die Opposition vertraten. Die Versammlung, die gegen neun Uhr abends begann, wurde bis ein Uhr morgens fortgesetzt.
Die zweite Versammlung wurde eine Woche darauf im großen Saal des ersten Hotels der Stadt abgehalten. Der Raum war mit den „Respektspersonen" des Ortes gefüllt. Herr Koettgen, der Vorsitzende der vorhergehenden Versammlung, machte einige Bemerkungen über den zukünftigen Stand und die Aussichten der Gesellschaft vom Standpunkt der Kommunisten, wonach Herr Engels eine Rede hielt[1321, in der er bewies (was man aus der Tatsache entnehmen kann, daß kein Wort dagegen gesagt wurde), daß der gegenwärtige Zustand in Deutschland derartig sei, daß er in sehr kurzer Zeit nichts anderes als eine soziale Revolution erzeugen könne, daß diese nahe bevorstehende Revolution nicht durch irgendwelche möglichen Maßnahmen zur Förderung des Handels und der Industrie abgewendet werden könne und daß das einzige Mittel zur Verhinderung einer solchen Revolution - einer Revolution, schrecklicher als alle gewöhnlichen Umstürze der Vergangenheit - die Einführung und die Vorbereitung des kommunistischen Systems sei. Die Diskussion, an der sich auf seiten der Kommunisten einige Herren Juristen beteiligten, die zu diesem Zweck aus Köln und Düsseldorf gekommen waren, war wieder sehr angeregt und wurde bis nach Mitternacht ausgedehnt. Es wurden auch einige kommunistische Gedichte des Herrn Dr. Müller aus Düsseldorf, der anwesend war, vorgetragen. Eine Woche später fand eine dritte Versammlung statt, auf der wiederum Dr. Heß sprach; außerdem wurden einige Einzelheiten über die kommunistischen Ansiedlungen in Amerika aus einer gedruckten Abhandlung vorgelesen. Die Diskussion wurde vor Abschluß der Versammlung wieder aufgenommen. Einige Tage danach wurde in der Stadt ein Gerücht verbreitet, daß die nächste Versammlung von der Polizei aufgelöst und die Sprecher verhaftet werden sollten. Der Bürgermeister von Elberfeld ging tatsächlich zu dem Hotelbesitzer und drohte, ihm die Lizenz zu entziehen, wenn er künftighin wieder derartige Versammlungen in seinem Hause zulassen würde. Die Kommunisten setzten sich deshalb sofort mit dem Bürgermeister in Verbindung und erhielten am Vortage der nächsten Versammlung ein an die Herren Heß, Engels und Koettgen gerichtetes Rundschreiben, worin die Provinzialregierung mit einem großen Aufwand an Zitaten aus überlieferten und geschriebenen Gesetzen solche Versammlungen für illegal erklärte und drohte, sie gewaltsam zu unterbinden, falls man sie nicht aufgeben würde. Die Versammlung fand am folgenden Sonnabend statt. Der Bürgermeister und der Staatsanwalt (der nach der ersten Versammlung ferngeblieben war) waren anwesend, unterstützt von einem Trupp bewaffneter Polizisten, die von Düsseldorf per Bahn geschickt worden waren. Natürlich wurden unter solchen
Umständen keine öffentlichen Ansprachen gehalten. Die Versammlung befaßte sich mit Beefsteaks und Wein und gab der Polizei keinen Anlaß zum Einschreiten. Diese Maßnahmen konnten jedoch unserer Sache nur dienen. Diejenigen, die noch nichts von ihr gehört hatten, fühlten sich nun veranlaßt, sich über die Sache zu informieren, da die Regierung ihr solche Bedeutung beimaß, und ein großer Teil derjenigen, die, ohne unsere Vorschläge zu kennen oder um sie zu verspotten, zur Diskussion erschienen waren, ging mit größerem Respekt vor dem Kommunismus heim. Dieser Respekt wurde teilweise auch durch die achtunggebietende Art hervorgerufen, in der unsere Partei repräsentiert wurde. Fast jede Patrizier- und vermögende Familie der Stadt war durch eines ihrer Mitglieder oder durch einen Verwandten an der großen Tischgesellschaft der Kommunisten vertreten. Kurz, die Wirkung dieser Versammlungen auf die öffentliche Meinung des gesamten Industriebezirks war wirklich wunderbar, und einige Tage darauf wurden diejenigen, die unsere Sache öffentlich verteidigt hatten, von einer Anzahl Menschen bestürmt, die um Bücher und Zeitungen baten, aus denen sie einen Überblick über das ganze System gewinnen könnten. Soweit uns bekannt ist, sollen die gesamten Protokolle in Kürze veröffentlicht werden. Was die kommunistische Literatur betrifft, so ist auf diesem Gebiet der Agitation eine große Aktivität entfaltet worden. Das Publikum dürstet buchstäblich nach Aufklärung: es verschlingt jedes Buch, das auf diesem Gebiet veröffentlicht wird. Dr. Püttmann hat eine Sammlung von Essays veröffentlichttl25], sie enthält einen ausgezeichneten Aufsatz von Dr. Heß über die Not der heutigen Gesellschaft und die Mittel zu ihrer Abhilfe, eine ausführliche Beschreibung der elenden Lage des arbeitenden Volkes in Schlesien mit einer Geschichte der Aufstände im vergangenen Frühjahr, einige andere Artikel über den Zustand der Gesellschaft in Deutschland und schließlich einen Bericht über die amerikanischen und die HarmonyGemeinden (aus Mr. Finchs Briefentl33] und aus „Einer, der hinter dem Pfluge gepfiffen hat"11341) von F. Engels. Das Buch wurde trotz Verfolgung durch die preußische Regierung überall schnell verkauft. Es ist eine Anzahl von Monatsschriften ins Leben gerufen worden: „Das Westphälische Dampfboot"'135' in Bielefeld, von Lüning herausgegeben, enthält populäre Essays über Sozialismus und Berichte über die Lage des arbeitenden Volkes; das „Volksblatt" in Köln1-1361, mit entschiedenerer sozialistischer Tendenz; und der „Gesellschaftsspiegel" in Elberfeld von Dr. Heß, der ausdrücklich gegründet wurde zur Veröffentlichung von Tatsachen, die für den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft charakteristisch sind, und zur Verteidigung
der Rechte der arbeitenden Klassen. Eine Vierteljahrsschrift, die „Rheinischen Jahrbücher" von Dr. Püttmann, ist ebenfalls gegründet worden; die erste Nummer ist jetzt im Druck und wird in Kürze erscheinen. Auf der anderen Seite ist jenen deutschen Philosophen der Krieg erklärt worden, die sich weigern, aus ihren reinen Theorien praktische Schlußfolgerungen zu ziehen, und die behaupten, daß der Mensch nichts weiter zu tun habe, als über metaphysische Fragen nachzugrübeln. Die Herren Marx und Engels haben eine ausführliche Widerlegung der von B[runo] Bauer verteidigten Prinzipien veröffentlicht'1371; und die Herren Heß und Bürgers sind dabei, die Theorie von M[ax] Stirner zu widerlegen. Bauer und Stirner sind die Vertreter der letzten Schlußfolgerungen der abstrakten deutschen Philosophie und deshalb die einzigen bedeutenden philosophischen Gegner des Sozialismus - oder vielmehr des Kommunismus, denn hierzulande bedeutet das Wort Sozialismus nichts anderes als die verschiedenen verschwommenen, unbestimmten und unbestimmbaren Vorstellungen derjenigen, die sehen, daß etwas getan werden muß, und die sich dennoch nicht entschließen können, vorbehaltlos auf das Gemeinschaftssystem einzugehen. Im Druck sind auch Dr. Marx* „Kritik der Politik und Nationalökonomie"11281, Herrn F. Engels' „Die Lage der arbeitenden Klasse in England", „Anekdota oder eine Sammlung von Aufsätzen über Kommunismus"11381; und in wenigen Tagen wird mit der Übersetzung der besten französischen und englischen Werke über soziale Reform begonnen werden. Infolge des elenden politischen Zustandes in Deutschland und des willkürlichen Vorgehens seiner patriarchalischen Regierungen besteht kaum eine andere Möglichkeit der Verbindung zwischen den Kommunisten m den verschiedenen Gegenden als die literarische. Die Zeitschriften, besonders die „Rheinischen Jahrbücher", stellen ein Zentrum für diejenigen dar, die durch die Presse für den Kommunismus eintreten. Eine gewisse Verbindung wird durch Reisende aufrechterhalten, das aber ist alles. Die Vereinigungen sind illegal, und sogar die Korrespondenz ist nicht ungefährlich, da die „geheimen Büros" in letzter Zeit eine ungewöhnliche Aktivität an den Tag gelegt haben. So haben wir nur aus den Zeitungen die Nachricht von der Existenz zweier kommunistischer Vereinigungen in Posen und im schlesischen Gebirge erhalten. Es wird berichtet, daß sich in Posen, der Hauptstadt PreußischPolens, eine Anzahl junger Leute zu einer Geheimgesellschaft zusammengeschlossen haben, die auf kommunistischen Prinzipien fußt, und daß sie die Absicht hegten, von der Stadt Besitz zu ergreifen; das Komplott wurde entdeckt und seine Verwirklichung verhindert. Das ist alles, was wir über die Sache wissen. Soviel ist jedoch sicher, daß sehr viele junge Leute aus aristo
kratischen und wohlhabenden polnischen Familien verhaftet worden sind; daß seither (seit mehr als zwei Monaten) alle Wachtposten verdoppelt und mit scharfen Patronen versehen wurden und daß zwei Jugendliche (im Alter von 12 und 19 Jahren), die Brüder Rymarkiewicz, geflohen und von den Behörden noch nicht festgenommen werden konnten. Eine große Anzahl der Gefangenen sind Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren. Die andere sogenannte Verschwörung in den schlesischen Bergen soll große Ausdehnung gehabt und auch kommunistische Ziele verfolgt haben. Es wird behauptet, daß sie beabsichtigt habe, die Festung Schweidnitz einzunehmen, die ganze Gebirgskette zu besetzen und sich von dort aus an das leidende Arbeitervolk in ganz Deutschland zu wenden. Wieweit das der Wahrheit entspricht, kann niemand beurteilen; aber in diesem unglücklichen Gebiet haben, auf die Aussagen eines Polizeispitzels hin, auch Verhaftungen stattgefunden; und ein wohlhabender Fabrikant, Herr Schlöffel, ist nach Berlin übergeführt worden, wo er jetzt als mutmaßlicher Führer der Verschwörung dem Gericht übergeben wurde. Die Vereine der deutschen Kommunisten unter den arbeitenden Klassen in der Schweiz, Frankreich und. England sind weiterhin sehr aktiv, obwohl sie in Frankreich und in einigen Teilen der Schweiz sehr unter der Polizei zu leiden haben. Die Zeitungen teilen mit, daß ungefähr sechzig Mitglieder der kommunistischen Vereinigung in Genf aus der Stadt und dem Kanton ausgewiesen worden sind. A[ugust] Becker, einer der begabtesten Schweizer Kommunisten, hat einen Vortrag, den er in Lausanne gehalten hat, unter dem Titel „Was v/ollen die Kommunisten?" veröffentlicht; dieser Vortrag gehört zu dem Besten und Geistreichsten, was wir in dieser Art kennen. Ich möchte behaupten, daß er eine englische Übersetzung wert wäre, und ich würde mich freuen, wenn jemand unter Ihren Lesern mit der deutschen Sprache hinreichend vertraut wäre, um diese Übersetzung zu übernehmen. Es handelt sich natürlich nur um eine kleine Broschüre. Ich hoffe, meine Berichte von Zeit zu Zeit fortsetzen zu können, und bleibe ein alter Freund von Ihnen in Deutschland
Geschrieben etwa am 5. April 1845. Aus dem Englischen.
[Friedrich Engels]
Beschreibung der in neuerer Zeit entstandenen und noch bestehenden kommunistischen Ansiedlungen
Wenn man sich mit den Leuten über Sozialismus oder Kommunismus unterhält, so findet man sehr häufig, daß sie einem in der Sache selbst ganz recht geben und den Kommumsmus für etwas sehr Schönes erklären; „aber", sagen sie dann, „es ist eine Unmöglichkeit, dergleichen jemals in der Wirklichkeit auszuführen". Dieser Einwurf wird einem so häufig gemacht, daß es dem Schreiber dieses für nützlich und notwendig erscheint, ihn durch einige Tatsachen zu beantworten, welche in Deutschland noch sehr wenig bekannt sind und wodurch dieser Einwand ganz und gar beseitigt wird. Der Kommunismus, das soziale Leben und Wirken in Gemeinschaft der Güter, ist nämlich nicht nur möglich, sondern in vielen Gemeinden Amerikas und an einem Orte in England bereits wirklich ausgeführt, und das mit dem besten Erfolge, wie wir sehen werden. Übrigens, wenn man jenem Einwände etwas näher auf den Grund geht, so findet man, daß er sich in zwei weitere auflöst; nämlich erstens: es würden sich keine Arbeiter zu den niedrigen und unangenehmen Handarbeiten hergeben; und zweitens: es würden, bei einem gleichen Anrecht auf den gemeinschaftlichen Besitz, die Leute sich um diesen Besitz streiten, und so würde die Gemeinschaft wieder zerfallen. - Der erste Einwurf löst sich einfach so: diese Arbeiten sind, einmal in der Gemeinschaft, nicht mehr niedrig; und dann, sie lassen sich durch verbesserte Einrichtungen, Maschinen u. dergl. fast ganz beseitigen. So werden in New York in einem großen Gasthofe die Stiefel mit Dampf geputzt, und in der kommunistischen Ansiedelung zu Harmony in England (wovon unten) fegen die nach englischer bequemer Art eingerichteten Abtritte (water closets) sich nicht nur selbst, sondern sind auch mit Röhren versehen, die den Unrat direkt in den großen Düngerbehälter abführen. - Was aber den zweiten Einwurf betrifft, so sind bis jetzt alle kommunistischen Kolonien nach zehn bis fünfzehn Jahren so enorm
reich geworden, daß sie von allem Wünschenswerten mehr haben, als sie verzehren können, also gar keine Veranlassung zum Streit da ist. Der Leser wird finden, daß die meisten der in Nachfolgendem geschilderten Ansiedelungen von allerhand religiösen Sekten ausgegangen sind, welche meistens über verschiedene Gegenstände sehr abgeschmackte und unvernünftige Ansichten hegen, und will der Schreiber dieses nur kurz bemerken, daß diese Ansichten durchaus mit dem Kommunismus nichts zu schaffen haben. Es ist auch offenbar einerlei, ob diejenigen, welche die Ausführbarkeit der Gemeinschaft durch die Tat beweisen, an einen Gott, an zwanzig oder an gar keinen glauben; wenn sie eine unvernünftige Religion haben, so ist das ein Hindernis, das der Gemeinschaft im Wege steht, und wenn sich trotzdem die Gemeinschaft hier im Leben bewährt, wieviel eher muß sie bei andern möglich sein, die von solchen Verrücktheiten frei sind. Von den neueren Ansiedelungen sind auch fast alle ganz frei von religiösen Flausen, und die englischen Sozialisten, obwohl sie sehr tolerant sind, haben fast alle gar keine Religion, deshalb sie auch in dem bigotten England sehr verrufen und verleumdet werden. Daß aber an all diesen üblen Nachreden nichts ist, müssen selbst ihre Gegner gestehen, wenn's ans Beweisen geht. Die ersten Leute, welche in Amerika und überhaupt in der Welt eine Gesellschaft auf dem Grund der Gütergemeinschaft zustande brachten, waren die sogenannten Shakers. Diese Leute sind eine eigne Sekte, welche sehr sonderbare religiöse Meinungen haben, nicht heiraten und überhaupt keinen Verkehr der Geschlechter dulden, und was dergleichen mehr ist. Dies aber geht uns hier nichts an. Die Sekte der Shakers entstand vor ungefähr siebenzig Jahren. Ihre Stifter waren arme Leute, die sich vereinigten, in brüderlicher Liebe und Gemeinschaft der Güter zusammenzuleben und ihren Gott auf ihre Weise zu verehren. Sie fanden, obwohl ihre religiösen Ansichten und besonders das Verbot der Ehe viele abschreckte, dennoch Anhang und haben jetzt zehn große Gemeinden, deren jede drei- bis achthundert Mitglieder stark ist. Jede dieser Gemeinden ist eine schöne, regelmäßig gebaute Stadt, mit Wohnhäusern, Fabriken, Werkstätten, Versammlungshäusern und Scheunen; sie haben Blumen- und Gemüsegärten, Obstbäume, Wälder, Weinberge, Wiesen und Ackerland im Überfluß; dazu Vieh aller Art, Pferde und Rinder, Schafe, Schweine und Federvieh mehr als sie brauchen können und von der allerbesten Zucht. Ihre Scheunen sind immer voll Korn, ihre Vorratskammern voll Kleiderstoffe, so daß ein englischer Reisender, der sie besuchte, gesagt hat: er könne nicht begreifen, warum diese Leute, die doch alles im Überfluß besäßen, noch arbeiteten; es sei denn, daß sie aus purem
Zeitvertreib arbeiteten, da sie sonst nichts zu tun hätten. Unter diesen Leuten gibt es keinen, der gegen seinen Willen zu arbeiten hätte, und keinen, der sich um Arbeit vergebens bemüht. Sie haben keine Armenhäuser und Spitäler, weil keinen einzigen Armen und Notleidenden, keine verlassenen Witwen und Waisen; sie kennen keinen Mangel und brauchen ihn nicht zu fürchten. In ihren zehn Städten ist kein einziger Gensd'arme oder Polizeidiener, kein Richter, Advokat oder Soldat, kein Gefängnis oder Zuchthaus; und doch geht alles ordentlich zu. Die Gesetze des Landes sind nicht für sie da und könnten ihretwegen ebensogut abgeschafft werden, ohne daß ein Hahn darnach krähte; denn sie sind die ruhigsten Bürger und haben nie einen Verbrecher für die Gefängnisse geliefert. Sie leben, wie gesagt, in der vollständigsten Gemeinschaft der Güter und haben keinen Handel und kein Geld unter sich. Eine dieser Städte, Pleasant Hill bei Lexington im Staate Kentucky, wurde voriges Jahr von einem englischen Reisenden namens Finch besucht, der die folgende Schilderung davon entwirft.
„Pleasant Hill besteht aus vielen großen und hübschen Häusern von Ziegeln und Haustein, Fabriken, Werkstätten, Ställen und Scheunen, alle in der schönsten Ordnung und mit die besten in ganz Kentucky; das Ackerland der Shakers war leicht zu erkennen an der schönen steinernen Mauer, mit der es eingefaßt war, und an seiner ausgezeichneten Bebauung; eine große Anzahl wohlgenährter Kühe und Schafe weideten in den Feldern, und viele fette Schweine lasen in den Obstgärten die abgefallenen Früchte auf. Die Shakers besitzen hier beinahe viertausend amerikanische Morgen Landes, von denen etwa zwei Drittel angebaut sind. Diese Kolonie wurde um das Jahr 1806 von einer einzigen Familie angefangen; später kamen andere hinzu, und so vermehrten sie sich allmählich; einige brachten etwas Geld mit, andere gar nichts. Sie hatten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, und da sie meist sehr arm waren, mußten sie anfangs viel entbehren; aber durch Fleiß, Sparsamkeit und Mäßigkeit haben sie das alles überwunden und haben jetzt Uberfluß an allem und sind niemandem einen Pfennig schuldig. Diese Gesellschaft besteht in diesem Augenblick aus ungefähr dreihundert Mitgliedern, worunter fünfzig oder sechzig Kinder unter sechzehn Jahren. Sie haben keine Herren und keine Diener, noch viel weniger Sklaven; sie sind frei, reich und glücklich. Sie haben zwei Schulen, eine für Knaben, die andere für Mädchen, in denen Lesen, Schreiben, Rechnen, englische Sprache und die Grundsätze ihrer Religion gelehrt werden; sie lehren den Kindern keine Wissenschaften, weil sie glauben, diese seien nicht nötig zum Seligwerden. Da sie keine Ehen dulden, so müßten sie aussterben, wenn nicht immer neue Mitglieder zu ihnen kämen; aber obwohl das Verbot der Ehe viele Tausende abschreckt und manche ihrer besten Mitglieder deswegen wieder fortgehen, so kommen doch immer soviel neue Mitglieder, daß ihre Zahl sich stets vermehrt. Sie treiben Viehzucht, Ackerbau und Feldbau und ziehen selbst den Flachs, die Wolle und die Seide, die sie in ihren eignen Fabriken verspinnen und verweben. Was sie mehr machen, als sie brauchen können, verkaufen oder vertauschen sie
bei ihren Nachbarn. Sie arbeiten gewöhnlich, solange es hell ist. Der Verwaltungsrat hat ein öffentliches Büro, in dem die Bücher und Rechnungen geführt werden, und jedes Mitglied hat das Recht, diese Rechnungen durchzusehen, sooft es ihm beliebt. Sie wissen selbst nicht, wie reich sie sind, da sie nie ein Register ihrer Güter aufnehmen; sie sind zufrieden zu wissen, daß alles was sie haben, ihnen gehört, da sie keinem etwas schulden. Bloß einmal im Jahre machen sie ein Register der Summen, die ihre Nachbarn ihnen schuldig sind. Die Gemeinde ist in fünf Familien (Abteilungen) von vierzig bis achtzig Mitgliedern geteilt; jede Familie hat ihre aparte Wirtschaft und wohnt in einem großen, hübschen Hause zusammen; jeder bekommt, was er braucht, aus dem allgemeinen Vorratshaus der Gemeinde ohne alle Bezahlung und soviel er nötig hat. Jede Familie hat einen Diakon, der dafür sorgt, daß alle bekommen, was sie bedürfen, und der den Wünschen eines jeden soviel wie möglich zuvorkommt. Ihre Kleidung ist nach Art der Quäker, einfach, nett und reinlich; ihre Nahrung ist sehr mannigfaltig und durchaus von der besten Beschaffenheit. Wenn sich ein neues Mitglied zur Aufnahme meldet, so muß es nach den Gesetzen der Gemeinde alles, was es hat, in die Gemeinschaft geben und kann es nie zurückverlangen, selbst wenn es austritt; aber trotzdem geben sie doch jedem, der sie verläßt, ebensoviel zurück als er mitgebracht hat. Wenn ein Mitglied weggeht, das nichts mitgebracht hat, so darf es nach den Gesetzen auch keine Entschädigung für seine Arbeit verlangen, da es auf allgemeine Kosten ernährt und gekleidet wurde, solange es arbeitete; doch auch in diesem Falle ist es üblich, jedem ein Geschenk mit auf den Weg zu geben, wenn er im Frieden von ihnen geht. Ihre Regierung ist nach der Art der ersten Christen eingerichtet. Jede Gemeinde hat zwei Geistliche, einen Mann und eine Frau, welche wieder zwei Stellvertreter haben. Diese vier Geistlichen stehen an der Spitze des Ganzen und entscheiden alle Streitigkeiten. Jede Familie der Gemeinde hat wieder zwei Älteste mit zwei Stellvertretern und einen Diakon oder Verwalter. Das Besitztum der Gemeinde wird vom Verwaltungsrat geordnet, der aus drei Mitgliedern besteht, die ganze Anlage beaufsichtigt, die Arbeiten leitet und mit den Nachbarn Handel treibt. Er darf ohne Einwilligung der Gemeinde kein Grundstück kaufen oder verkaufen. Dazu gibt es natürlich Aufseher und Geschäftsführer in den verschiedenen Arbeitszweigen; sie haben es aber zur Regel gemacht, daß nie von irgendjemand Befehle gegeben werden, sondern Alle durch Güte überzeugt werden sollen."
Eine andre Ansiedlung von Shakers, Neu-Libanon im Staate Neu-York, wurde von einem zweiten englischen Reisenden namens Pitkeithley im Jahre 1842 besucht. Herr Pitkeithley besah die ganze Stadt, die gegen achthundert Einwohner zählt und wozu sieben- bis achttausend Morgen Land gehören, aufs genaueste, untersuchte ihre Werkstätten und Fabriken, ihre Gerbereien, Sägemühlen und so weiter und erklärt die ganze Anlage für vollkommen. Auch er wundert sich über den Reichtum dieser Leute, die mit nichts anfingen und jetzt mit jedem Jahre reicher werden, und sagt:
„Sie sind glücklich und heiter unter sich; da ist kein Zank, sondern im Gegenteil: Freundschaft und Liebe herrschen in ihrem ganzen Wohnsitz, und in allen Teilen desselben besteht eine Ordnung und Regelmäßigkeit, die ihresgleichen nicht hat."
Soviel von den Shakers. Sie leben, wie gesagt, in vollständiger Gemeinschaft der Güter und haben zehn solcher Gemeinden in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Außer den Shakers gibt es aber noch andre auf Gemeinschaft der Güter begründete Ansiedlungen in Amerika. Vor allen sind hier die Rappiten zu erwähnen. Rapp ist ein Prediger aus Württemberg, der sich um 1790 mit seiner Gemeinde von der lutherischen Kirche lossagte und, da er von der Regierung verfolgt wurde, 1802 nach Amerika ging. Seine Anhänger folgten ihm im Jahre 1804, und so siedelte er sich mit etwa hundert Familien in Pennsylvanien an. Sie hatten etwa 25000 Taler zusammen im Vermögen, wofür sie Grundstücke und Werkzeuge kauften. Ihr Land war ein unbebauter Urwald und kostete sie soviel, als ihr ganzes Vermögen betrug; doch bezahlten sie es erst nach und nach. Sie vereinigten sich nun zur Gütergemeinschaft, und zwar machten sie folgenden Vertrag:
1. Jeder gibt alles, was er hat, in die Gemeinschaft, ohne dadurch irgendeinen Vorteil zu erlangen. In der Gemeinschaft sind alle gleich. 2. Die Gesetze und Vorschriften der Gesellschaft sind gleich bindend für alle. 3. Alle arbeiten nur für das Wohlergehen der ganzen Gesellschaft und nicht jeder für sich allein. 4. Wer die Gesellschaft verläßt, hat keinen Anspruch auf Vergütung für seine Arbeit, bekommt aber alles zurück, was er eingelegt hat; und wer nichts eingelegt hat und in Frieden und Freundschaft scheidet, bekommt ein freiwilliges Geschenk auf den Weg. 5. Dafür verpflichtet sich die Gemeinde, jedes Mitglied und seine Familie mit den nötigen Lebensbedürfnissen und der nötigen Pflege in Krankheit und Alter zu versehen, und wenn die Eltern sterben oder austreten und ihre Kinder zurücklassen, so wird die Gemeinde diese Kinder erziehen.
In den ersten Jahren ihrer Gemeinschaft, wo sie eine Wildnis urbar zu machen und jährlich noch an 7000 Taler von dem Kaufgelde des Grundstücks abzutragen hatten, ging es ihnen natürlich schlecht. Dadurch wurden mehrere der Reicheren abgeschreckt, traten aus und nahmen ihr Geld zurück, was die Schwierigkeiten der Ansiedler noch sehr vermehrte. Aber die
meisten hielten treulich aus, und so hatten sie schon nach fünf Jahren, im Jahre 1810, ihre sämtlichen Schulden bezahlt. Im Jahre 1815 verkauften sie aus verschiedenen Gründen ihre ganze Ansiedlung und kauften wiederum zwanzigtausend Morgen Urwald im Staate Indiana. Nach ein paar Jahren hatten sie hier die hübsche Stadt Neu-Harmony errichtet und das meiste Land urbar gemacht, Weinberge und Kornfelder, eine Wollen- und Baumwollenfabrik angelegt und wurden täglich reicher. 1825 verkauften sie ihre ganze Kolonie für zweimal hunderttausend Taler an Herrn Robert Owen und zogen zum drittenmal in den Urwald. Diesmal siedelten sie sich an dem großen Strom Ohio an und bauten die Stadt Economy, welche größer und schöner ist als irgendeine, in der sie früher wohnten. Im Jahre 1831 kam der Graf Leon mit einer Gesellschaft von ungefähr dreißig Deutschen nach Amerika, um sich ihnen anzuschließen. Sie nahmen diese neuen Ankömmlinge gern auf; aber der Graf hetzte einen Teil der Mitglieder gegen Rapp auf, weshalb in einer Versammlung der ganzen Gemeinde beschlossen wurde, daß Leon und die Seinigen weg müßten. Die Übrigbleibenden bezahlten den Unzufriedenen über hundert zwanzigtausend Taler aus, und von diesem Gelde stiftete Leon eine zweite Kolonie, die aber wegen schlechter Verwaltung mißglückte; die Teilnehmer daran zerstreuten sich, und Graf Leon starb bald darauf als ein Landstreicher in Texas. Die Ansiedlung Rapps dagegen blüht bis auf den heutigen Tag. Über ihre jetzige Lage berichtet der erwähnte Reisende Finch;
„Die Stadt Economy besteht aus drei langen und breiten Straßen, welche von fünf ebenso breiten Querstraßen durchschnitten v/erden, sie hat eine Kirche, einen Gasthof, eine Wollen-, Baumwollen- und Seidenfabrik, eine Anstalt zur Zucht von Seidenwürmern, öffentliche Warenlager zur Benutzung der Mitglieder und zum Verkauf an Fremde, ein Naturalienkabinett, Werkstätten für die verschiedenen Handwerke, Wirtschaftsgebäude und große schöne Wohnhäuser für die verschiedenen Familien mit einem großen Garten bei jedem Hause. Das dazugehörige Ackerland ist an zwei Stunden lang und eine Viertelstunde breit, enthält große Weinberge, einen Obstgarten von siebenunddreißig Morgen nebst Ackerland und Wiesen. Die Zahl der Mitglieder ist gegen vierhundertundfünfzig, die alle wohlgekleidet und gut genährt sind und prächtig wohnen, heitere, zufriedene, glückliche und tugendhafte Leute, die seit vielen Jahren keinen Mangel kennen. Auch sie waren eine Zeitlang sehr gegen die Ehe eingenommen, doch heiraten sie jetzt und haben Familien und wünschen sehr die Zahl der Mitglieder zu vermehren, wenn geeignete Leute sich ihnen anbieten sollten. Ihre Religion ist das Neue Testament, aber sie haben kein besonderes Glaubensbekenntnis und lassen jedem seine eigne Meinung, solange er die andern gewähren läßt und nicht wegen Glaubenssachen Streit anhebt. Sie nennen sich Harmonisier!. Sie haben keine bezahlten Geistlichen, Herr Rapp,
der über achtzig Jahre alt ist, ist sowohl Geistlicher als Verwalter und Schiedsrichter. Sie musizieren gern, haben zuweilen Konzerte und musikalische Abendunterhaltungen. Die Ernte wurde den Tag vor meiner Ankunft mit einem großen Konzert in den Feldern angefangen. In ihren Schulen wird Lesen, Schreiben, Rechnen und Sprachunterricht gegeben; aber keine Wissenschaften, gerade wie bei den Shakers. Sie arbeiten viel länger als sie nötig haben, nämlich Winter und Sommer von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang; alle arbeiten, und die im Winter nicht in den Fabriken unterkommen, finden Arbeit beim Dreschen, der Viehzucht usw. Sie haben 75 Milchkühe, große Schafherden, viele Pferde, Schweine und Geflügel, und von dem, was sie erspart haben, haben sie große Summen bei Kaufleuten und Wechslern ausstehen; und obwohl sie durch Bankerotte einen bedeutenden Teil dieser Ausstände verloren haben, so haben sie doch noch eine Menge nutzlosen Geldes, die mit jedem Jahre größer wird. Ihr Bestreben war von Anbeginn, alles selbst zu machen, was sie brauchten, damit sie so wenig wie möglich von andern zu kaufen hätten und am Ende mehr .machten, als sie brauchten; später bezogen sie eine Herde von hundert spanischen Schafen zur Verbesserung der Schafzucht, wofür sie fünfzehntausend Taler bezahlten. Sie waren mit die ersten, welche in Amerika anfingen, wollene Waren zu verfertigen. Dann fingen sie an, Weinberge anzulegen, Flachs zu bauen, eine Baumwollenfabrik zu errichten und die Zucht und Verarbeitung der Seide zu betreiben. In allen Dingen aber sorgen sie zuerst dafür, sich selbst reichlich zu versehen, ehe sie irgend etwas verkaufen. Sie leben in Familien von zwanzig bis vierzig Leuten, deren jede ein eignes Haus und eine eigne Wirtschaft hat. Alles was sie bedarf, erhält die Familie aus den gemeinschaftlichen Vorratshäusern. Sie haben Überfluß für alle, und sie bekommen alle unentgeltlich soviel sie wünschen. Wenn sie Kleider brauchen, so gehen sie zum Schneidermeister, zurNähtenn oder zum Schuhmacher und bekommen sie gemacht nach ihrem Geschmack. Das Fleisch und die übrigen Nahrungsmittel werden jeder Familie nach der Anzahl ihrer Mitglieder zugeteilt, und sie haben alles reichlich und im Übermaß."
Eine andere in Gütergemeinschaft lebende Gemeinde hat sich zu Zoar im Staate Ohio angesiedelt. Auch diese Leute sind württembergische Separatisten, die sich zu gleicher Zeit wie Räpp von der lutherischen Kirche lossagten und, nachdem sie zehn Jahre lang von dieser und der Regierung verfolgt worden waren, ebenfalls auswanderten. Sie waren sehr arm und konnten nur durch die Unterstützung menschenfreundlicher Quäker in London und Amerika zu ihrem Ziele kommen. Sie kamen im Herbst 1817 in Philadelphia unter der Leitung ihres Pfarrers Bätimler an, kauften von einem Quäker das Stück Land, das sie jetzt noch besitzen und das siebentausend Morgen groß ist. Der Kaufpreis, der gegen sechstausend Taler betrug, sollte allmählich abgetragen werden. Als sie an Ort und Stelle ankamen und ihr Geld zählten, fanden sie, daß auf jeden Kopf gerade sechs Taler kamen. Das war alles; von dem Kaufpreise des Grundstücks war noch kein Heller bezahlt, und von diesen paar Talern sollten sie Saatkorn, Ackergerät und
Lebensmittel bis zur nächsten Ernte kaufen. Sie fanden einen Wald mit ein paar Blockhäusern vor, den sie urbar zu machen hatten; aber sie begaben sich frisch an die Arbeit, brachten ihre Felder bald in einen ackerbaren Zustand und bauten schon im nächsten Jahre eine Kornmühle. Anfangs teilten sie ihr Land in kleinere Stücke, deren jedes von einer Familie für ihre eigne Rechnung und als ihr Privateigentum bebaut wurde. Aber sie sahen bald, daß dies nicht anging, denn weil jeder nur für sich arbeitete, konnten sie die Wälder nicht schnell genug ausrotten und urbar machen, konnten sich überhaupt gegenseitig nicht recht unterstützen, und so gerieten viele in Schulden und waren in Gefahr, ganz arm zu werden. Nach anderthalb Jahren also, im April 1819, vereinigten sie sich zu einer Gütergemeinschaft, entwarfen eine Verfassung und erwählten einstimmig ihren Pfarrer Bäumler zum Direktor. Sie bezahlten jetzt alle Schulden der Mitglieder, erhielten zwei Jahre Ausstand für den Kaufpreis des Grundstücks und arbeiteten mit doppeltem Eifer und vereinten Kräften. Bei dieser neuen Einrichtung standen sie sich so gut, daß sie schon vier Jahre vor der ausgemachten Zeit den ganzen Kaufpreis ihrer Ländereien mit Zinsen abgetragen hatten, und wie es ihnen im übrigen geht, wird die folgende Beschreibung zweier Augenzeugen dartun: Ein amerikanischer Kaufmann, der sehr häufig nach Zoar kommt, schildert diesen Ort als ein vollkommnes Muster von Reinlichkeit, Ordnung und Schönheit, mit einem prächtigen Gasthof, einem Palast zur Wohnung für den alten Bäumler, einem schönen öffentlichen Garten von zwei Morgen mit einem großen Treibhause und schönen, wohlgebauten Häusern und Gärten. Er schildert die Leute als sehr glücklich und zufrieden, arbeitsam und ordentlich. Seine Beschreibung wurde in der Zeitung von Pittsburg (Ohio) veröffentlicht („Pittsburg Daily Advocate and Advertiser", July 17., 1843). Der mehrerwähnte Finch erklärt diese Gemeinde für die am vollkommensten eingerichtete von allen, die in' Amerika in Gütergemeinschaft leben. Er gibt ein langes Verzeichnis ihrer Reichtümer, erzählt, daß sie eine Flachsspinnerei und eine Wollenfabrik haben, eine Gerberei, Eisengießereien, zwei Kornmühlen, zwei Sägemühlen, zwei Dreschmaschinen und eine Masse Werkstätten für alle möglichen Handwerke. Dazu sagt er, daß ihr Ackerland besser bebaut sei als alles andre, was er in Amerika gesehen habe. Das „Pfennig-Magazin" schätzt den Besitz der Separatisten auf hundertsiebenzig- bis hundertachtzigtausend Taler, die alle in fünfundzwanzig Jahren verdient wurden, da sie mit gar nichts anfingen als sechs Taler für den Kopf. Es sind ihrer etwa zweihundert. Auch sie hatten eine Zeitlang die Ehen untersagt, sind aber, wie die Rappisten, davon zurückgekommen und heiraten jetzt.
Finch gibt eine Abschrift der Verfassung dieser Separatisten, die der Hauptsache nach in folgendem besteht: Alle Beamten der Gesellschaft werden gewählt, und zwar von sämtlichen Mitgliedern derselben, die über einundzwanzig Jahre alt sind, aus ihrer eignen Mitte. Diese Beamten bestehen aus: 1. Drei Verwaltern, von denen jährlich einer neu gewählt wird und die jederzeit von der Gesellschaft abgesetzt werden können. Diese verwalten das sämtliche Eigentum der Gesellschaft und versehen die Mitglieder mit den nötigen Lebensbedürfnissen, Wohnung, Kleidung und Nahrung so gut, wie es die Umstände erlauben und ohne Ansehen der Person. Sie ernennen Unterverwalter für die verschiedenen Arbeitszweige, schlichten kleine Streitigkeiten und können, in Vereinigung mit dem Gesellschaftsrat, neue Vorschriften erlassen, die aber nie der Verfassung widersprechen dürfen.
2. Aus dem Direktor, der solange in seinem Amte bleibt, als er das Vertrauen der Gesellschaft besitzt und sämtliche Geschäfte als oberster Beamter leitet. Er hat das Recht zu kaufen und zu verkaufen, Kontrakte zu schließen, kann aber in allen wichtigen Angelegenheiten nur mit Einwilligung der drei Verwalter handeln. 3. Aus dem Gesellschaftsrat, der aus fünf Mitgliedern besteht, von denen jährlich eines austritt, und der die höchste Macht in der Gesellschaft besitzt, mit den Verwaltern und dem Direktor Gesetze erläßt, die übrigen Beamten beaufsichtigt und Streitigkeiten schlichtet, wenn die Parteien mit der Entscheidung der Verwalter nicht zufrieden sind; und 4. aus dem Zahlmeister, der auf vier Jahre gewählt wird, und der allein von allen Mitgliedern und Beamten das Recht hat, Geld in Verwahrung zu haben.
Im übrigen verordnet die Verfassung, daß eine Erziehungsanstalt errichtet werden soll, daß sämtliche Mitglieder all ihr Eigentum für immer in die Gemeinschaft geben und es nie zurückverlangen können, daß neue Mitglieder nur, nachdem sie ein Jahr mit der Gesellschaft gelebt und wenn sie die Stimmen aller Mitglieder für sich haben, aufgenommen und die Verfassung nur dann geändert werden kann, wenn zwei Drittel der Mitglieder dafür sind. Diese Schilderungen könnten leicht noch sehr ausgeführt werden, denn fast alle Reisende, die ins Innere von Amerika gehen, besuchen eine oder die andere der erwähnten Ansiedlungen, und fast alle Reiseheschreihttngen schildern sie. Aber auch kein einziger ist imstande gewesen, diesen Leuten
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etwas Übles nachzusagen, im Gegenteil, alle haben nur zu loben gefunden und können höchstens die religiösen Vorurteile, besonders der Shakers, tadeln, welche aber mit der Lehre der Gütergemeinschaft augenscheinlich nichts zu tun haben. So könnte ich noch die Werke der Miß Martineau, der Herren Melish und Buckingham und vieler andern anführen; da aber in obigem genug gesagt ist, und die Leute doch alle dasselbe erzählen, so ist dies nicht nötig. Der Erfolg, dessen die Shakers, Harmonisten und Separatisten sich erfreuen, sowie das allgemeine Bedürfnis einer neuen Ordnung der menschlichen Gesellschaft und die daraus entsprungenen Bemühungen der Sozialisten und Kommunisten, haben viele andre Leute in Amerika veranlaßt, in den letzten Jahren ähnliche Versuche anzustellen. So hat Herr Ginal, ein deutscher Prediger in Philadelphia, eine Gesellschaft gebildet, welche 37000 Morgen Wald in dem Staat Philadelphia angekauft, dort über achtzig Häuser errichtet und schon an fünfhundert Personen, meistens Dtukche, dort angesiedelt hat. Sie haben eine große Gerberei und Töpferei, viele Werkstätten und Vorratshäuser, und es geht ihnen recht gut. Daß sie in Gütergemeinschaft leben, versteht sich, wie bei allen nachfolgenden Beispielen von selbst. Ein Herr Hizby, Eisenfabrikant zu Pittsburg (Ohio), hat in seiner Vaterstadt eine ähnliche Gesellschaft errichtet, die im vorigen Jahre etwa 4000 Morgen Landes in der Nähe jener Stadt gekauft und die Absicht hat, eine Ansiedlung mit Gemeinschaft der Güter darauf anzulegen. - Ferner besteht eine solche Ansiedlung im Staate Neu-York zu Skaneateles, welche von J. A. Collins, einem englischen Sozialisten, im Frühjahr 18431 mit dreißig Mitgliedern angefangen wurde; dann zu Minden im Staate Massachusetts, wo seit 1842 etwa hundert Personen angesiedelt sind; dann zwei in Pike County im Staate Pennsylvanien, die ebenfalls neuerdings errichtet wurden; dann eine zu Brook Farm, Massachusetts, wo fünfzig Mitglieder und dreißig Schüler auf etwa zweihundert Morgen leben und eine ausgezeichnete Schule unter der Leitung des unitarischen Predigers G.Ripley errichtet haben; sodann eine zu Northampton in demselben Staate, die seit 1842 besteht und hundertzwanzig Mitglieder auf fünfhundert Morgen Landes, mit Ackerbau, Viehzucht und in Sägemühlen, Seidenfabriken und Färberei beschäftigt, \md schließlich eine Ansiedlung ausgewanderter englischer Sozialisten zu Eauality bei Milwaukee im Staate Wisconsin, weiche im vorigen Jahre von Thomas Hunt angefangen wurde und rasch fortschreitet. Außer diesen sollen noch mehrere Gemeinschaften neuerdings gegründet sein, worüber aber
1 Im Original: 1813 (wahrscheinlich Druckfehler)
noch Nachrichten fehlen.-Soviel ist indessen gewiß, daß dieAmerikaner und namentlich die armen Arbeiter in den großen Städten Neu-York, Philadelphia, Boston usw. sich die Sache zu Herzen genommen und viele Gesellschaften zur Stiftung derartiger Ansiedlungen gegründet haben und daß alle Augenblicke neue Gemeinschaften angelegt werden. Die Amerikaner sind es müde, noch länger die Knechte der wenigen Reichen zu sein, die sich von der Arbeit des Volks nähren; und bei der großen Tätigkeit und Ausdauer dieser Nation ist es augenscheinlich, daß die Gemeinschaft der Güter bald in einem bedeutenden Teile ihres Landes eingeführt sein wird. Aber nicht nur in Amerika, auch in England ist es versucht worden, die Gütergemeinschaft durchzuführen. Hier hat der menschenfreundliche Robert Owen seit dreißig Jahren diese Lehre gepredigt, sein ganzes großes Vermögen zugesetzt und sein Letztes hingegeben, um die jetzt bestehende Kolonie zu Harmony in Hampshire zu gründen. Nachdem er eine Gesellschaft zu diesem Zwecke gestiftet, hat diese ein Grundstück von 1200 Morgen angekauft und dort eine Gemeinschaft nach den Vorschlägen Owens errichtet. Sie zählt jetzt über hundert Mitglieder, die in einem gioßen Gebäude zusammenwohnen und bis jetzt hauptsächlich im Feldbau beschäftigt worden sind. Da sie gleich von vornherein als ein vollkommenes Muster der neuen Gesellschaftsordnung eingerichtet werden sollte, so war ein bedeutendes Kapital dazu nötig, und bis jetzt sind schon an zweimal hunderttausend Taler hineingesteckt worden. Ein Teil dieser Gelder wurde angeliehen und mußte von Zeit zu Zeit zurückgezahlt werden, so daß hieraus viele Schwierigkeiten entstanden und viele Anlagen wegen Mangel an Geld nicht vollendet und einträglich gemacht werden konnten. Und da die Mitglieder der Gemeinde nicht die alleinigen Eigentümer der Anlage waren, sondern von der Direktion der Gesellschaft der Sozialisten, welcher die Anlage gehört, regiert wurden, so entstanden auch hieraus hin und wieder Mißverständnisse und Unzufriedenheit. Aber trotz alledem geht die Sache ihren Gang voran, die Mitglieder vertragen sich untereinander, nach dem Zeugnisse aller Besucher, aufs beste, helfen sich gegenseitig voran, und bei allen Schwierigkeiten ist das Bestehen der Anlage jetzt doch gesichert. Die Hauptsache ist, daß alle Schwierigkeiten nicht aus der Gemeinschaft entstehen, sondern daraus, daß die Gemeinschaft noch nicht vollständig durchgeführt ist. Denn wäre sie dies, so würden die Mitglieder nicht all ihren Verdienst zur Abbezahlung von Zinsen und geborgten Geldern verwenden müssen, sondern sie könnten davon die Anlage vervollständigen und besser bewirtschaften; und dann würden sie auch ihre Verwaltung selbst wählen und nicht immer von der Direktion der Gesellschaft abhängig sein,
Von der Anlage selbst gibt ein praktischer Ökonom, der ganz England durchreiste, um sich von dem Zustande des Ackerbaus zu unterrichten und mit der Unterschrift: „Einer, der hinter dem Pfluge gepfiffen hat"[134], der Londoner Zeitung „Morning Chromcle" darüber zu berichten, folgende Beschreibung („M[orning] Chr[onicle]", Dec. 13., 1842). Nachdem er durch eine sehr schlecht bebaute, mehr mit Unkraut als mit Getreide bewachsene Gegend gekommen war, hörte er zum ersten Male in seinem Leben in einem nahen Dorfe etwas über die Sozialisten in Harmony. Ein wohlhabender Mann dort erzählte ihm, daß sie ein großes Grundstück bebauten, und zwar sehr gut bebauten, daß alle die lügenhaften Gerüchte, die über sie verbreitet seien, nicht wahr seien, daß es der Pfarre zur großen Ehre gereichen würde, wenn nur die Hälfte ihrer Einwohner sich so anständig aufführen wollten wie diese Sozialisten und daß ebensosehr zu wünschen wäre, daß die Gutsbesitzer der Umgegend den Armen so viel und so vorteilhafte Beschäftigung gäben wie jene Leute. Sie hätten ihre eignen Ansichten vom Eigentum, aber bei alledem führten sie sich sehr gut auf und gäben der ganzen Umgegend ein gutes Beispiel. Er fügte hinzu: Ihre religiösen Meinungen sind verschieden: einige gehen in diese, andere in jene Kirche, und sie sprechen nie über Religion oder Politik mit den Leuten aus dem Dorfe. Mir antworteten zwei auf mein Befragen, es gäbe keine bestimmte religiöse Meinung unter ihnen und jeder könne glauben, was er v/olle. Wir alle waren sehr bestürzt, als wir hörten, daß sie hierher kämen; aber jetzt finden wir, daß sie sehr gute Nachbarn sind, unsern Leuten ein gutes Beispiel von Sittlichkeit geben, viele unsrer Armen beschäftigen, und da sie nie versuchen, uns ihre Meinungen beizubringen, so haben wir gar keine Ursache, mit ihnen unzufrieden zu sein. Sie zeichnen sich alle durch anständiges und wohlerzogenes Betragen aus, und keiner hier in der Gegend wagt etwas gegen ihre sittliche Aufführung zu sagen. Unser Berichterstatter hörte noch von andern dasselbe und ging dann nach Harmony. Nachdem er wieder durch schlecht bebaute Felder gekommen war, stieß er auf ein sehr gut bewirtschaftetes Rübenfeld mit einer reichlichen, schönen Ernte und sagte zu seinem Freunde, einem Pächter aus der Gegend: Wenn das sozialistische Rüben sind, so lassen sie sich gut an. Bald darauf begegneten ihm siebenhundert sozialistische Schafe, die ebenfalls prächtig waren, und kamen dann an das große, geschmackvolle und solide Wohngebäude. Alles war indes noch unvollendet, Ziegel und Bauholz, halbfertige Mauern und ungegrabener Boden. Sie traten ein, wurden höflich und freundlich aufgenommen und im Gebäude umhergeführt. Im Erdgeschoß war ein großer Eßsaal und die Küche, von der aus die vollen Schüs
sein mit einer Maschine in den Eßsaal und die leeren zurück in die Küche gebracht wurden. Einige Kinder zeigten den Fremden diese Maschine und zeichneten sich durch reine nette Kleidung, gesundes Aussehen und anständiges Betragen aus. Die Frauen m der Küche sahen ebenfalls sehr reinlich und anständig aus, und der Besucher wunderte sich sehr, daß sie unter all den ungewaschenen Schüsseln - das Mittagessen war eben vorüber - noch so nett und rein aussehen konnten. Die Küche selbst war über alle Beschreibung schön eingerichtet, und der Londoner Baumeister, der sie gemacht, erklärte, daß in London selbst sehr wenige Küchen so vollständig und kostspielig eingerichtet seien, eine Bemerkung, in die unser Besucher einstimmt. Bei der Küche waren bequeme Waschhäuser, Bäder, Kellerräume und aparte Räume, wo jedes Mitglied bei seiner Rückkehr von der Arbeit sich waschen konnte. Im nächsten Stockwerk war ein großes Ballzimmer und darüber die Schlafzimmer, alle sehr bequem eingerichtet. Der Garten, siebenundzwanzig Morgen groß, war in der besten Ordnung, und überhaupt war eine große Tätigkeit nach allen Seiten hin zu bemerken. Da wurden Ziegel gemacht, Kalk gebrannt, gebaut und Straßen angelegt; hundert Morgen Weizen waren schon gesäet, und es sollte noch mehr Weizenfeld angelegt werden; ein Teich zur Aufnahme flüssigen Düngers wurde angelegt, und aus dem Wäldchen, das sich auf der Besitzung befand, wurde die Pflanzenerde zum Düngen gesammelt; kurz, alles wurde getan, um die Ertragsfähigkeit des Bodens zu heben. Unser Besucher schließt: „Ich glaube, daß ihr Grundstück durchschnittlich eine jährliche Miete von drei Pfund (einundzwanzig Taler) für den Morgen wert ist, und sie bezahlen nur fünfzehn Shilling (fünf Taler). — Sie haben einen vortrefflichen Handel gemacht, v/enn sie nur vernünftig wirtschaften, und was man auch von ihren sozialen Häusern sagen möge, so muß man gestehen, daß sie ihre Besitzung auf eine ausgezeichnete Weise bebauen." Setzen wir dieser Beschreibung noch einiges über die innere Einrichtung dieser Gemeinschaft hinzu. Die Mitglieder wohnen in einem großen Hause zusammen, und zwar hat jeder sein apartes Schlafzimmer, das aufs bequemste eingerichtet ist; die Hauswirtschaft wird für alle zusammen von einem Teile der Frauen betrieben, wodurch natürlich sehr viel Unkosten, Zeit und Mühe erspart wird, die bei vielen kleinen Haushaltungen verloren gehen würden, und wodurch viele Bequemlichkeiten erreicht werden, die in kleinen Wirtschaften gar nicht möglich sind. So heizt das Feuer der Küche zugleich alle Zimmer des Hauses mit warmer Luft und durch Röhren ist
warmes und kaltes Wasser in jedes Zimmer geleitet, und was dergleichen Annehmlichkeiten und Vorteile mehr sind, die nur bei einer gemeinschaftlichen Einrichtung stattfinden können. Die Kinder werden in die Schule gegeben, die mit der Anlage verbunden ist, und dort auf allgemeine Kosten erzogen. Die Eltern können sie sehen, wenn sie wollen, und die Erziehung ist sowohl für die körperliche wie für die geistige Ausbildung und für das gemeinschaftliche Leben berechnet. Mit religiösen und theologischen Zänkereien, mit Griechisch und Lateinisch werden die Kinder nicht geplagt; dafür lernen sie desto besser die Natur, ihren eignen Körper und ihre geistigen Fähigkeiten kennen und erholen sich auf den Feldern von dem wenigen Sitzen, das ihnen zugemutet wird; denn die Schule wird ebensooft unter freiem Himmel als in geschlossenen Räumen gehalten, und die Arbeit ist ein Teil der Erziehung. Die sittliche Erziehung beschränkt sich auf die Anwendung des einen Satzes: Was du nicht willst, das andere dir tun sollen, das tue du ihnen nicht, also auf die Durchführung vollkommner Gleichheit und brüderlicher Liebe. Die Ansiedlung steht, wie gesagt, unter der Leitung des Präsidenten und der Direktion der Gesellschaft der Sozialisten; diese Direktion wird alljährlich vom Kongreß, zu dem jede Zweiggesellschaft ein Mitglied schickt, erwählt und hat unumschränkte Vollmachten innerhalb der Statuten der Gesellschaft und mit Verantwortlichkeit gegen den Kongreß. Die Gemeinschaft wird also regiert von Leuten, die außer der Gemeinschaft leben, und da kann es nicht fehlen, daß es Mißverständnisse und Häkeleien absetzt; indessen, wenn selbst der Versuch zu Harmony hieran und an Geldverlegenheiten scheitern sollte, wozu aber durchaus keine Aussicht vorhanden ist, so würde dies nur ein Grund mehr für die Gemeinschaft der Güter sein, da diese beiden Schwierigkeiten nur darin ihren Grund haben, daß die Gemeinschaft noch nicht vollständig durchgeführt ist. Aber trotz alledem ist das Bestehen der Ansiedlung gesichert, und wenn sie auch nicht so rasch fortschreiten und vollendet werden kann, so werden doch die Gegner der Gemeinschaft den Triumph nicht erleben, daß sie zugrunde geht. Wir sehen also, daß die Gemeinschaft der Güter gar nichts Unmögliches ist, sondern daß im Gegenteil alle diese Versuche vollkommen geglückt sind. Wir sehen auch, daß die Leute, welche in Gemeinschaft leben, bei weniger Arbeit besser leben, mehr Muße zur Ausbildung ihres Geistes haben, und daß sie bessere und sittlichere Menschen sind als ihre Nachbarn, die das Eigentum beibehalten haben. Alles das haben auch die Amerikaner, Engländer, Franzosen und Belgier sowie eine Menge Deutscher bereits eingesehen. In allen Ländern gibt es eine Anzahl Leute, welche sich mit der
Verbreitung dieser Lehre beschäftigen und für die Gemeinschaft Partei ergriffen haben. Wenn diese Sache für alle wichtig ist, so ist sie es ganz besonders für die armen Arbeiter, die nichts besitzen, die ihren Lohn, den sie heute verdienen, morgen wieder verzehren und jeden Augenblick durch unvorhergesehene und unvermeidliche Zufälle brotlos werden können. Diesen wird hierin eine Aussicht auf eine unabhängige, sichere und sorgenfreie Existenz, auf eine vollkommene Gleichberechtigung mit denen gegeben, die jetzt durch ihren Reichtum den Arbeiter zu ihrem Sklaven machen können. Diese Arbeiter geht die Sache am meisten an. In andern Ländern bilden die Arbeiter den Kern der Partei, die Gütergemeinschaft verlangt, und es ist die Pflicht auch der deutschen Arbeiter, sich die Sache ernstlich zu Herzen zu nehmen. Wenn die Arbeiter untereinander einig sind, zusammenhalten und einen Zweck verfolgen, so sind sie unendlich viel stärker als die Reichen. Und wenn sie vollends einen so vernünftigen und das Beste aller Menschen wollenden Zweck im Auge haben, wie die Gemeinschaft der Güter, so versteht es sich ja von selbst, daß die besseren und verständigeren unter den Reichen sich mit den Arbeitern einverstanden erklären und ihnen beistehen. Es gibt auch schon eine große Menge wohlhabender und gebildeter Leute in allen Teilen Deutschlands, welche sich für die Gütergemeinschaft offen erklärt haben und die Ansprüche des Volks auf die von der reichen Klasse mit Beschlag belegten Güter dieser Erde verteidigen.
„Deutsches-Bürgerbuch für 1845", Darmatadt 1845. S. 326-340.
[Friedrich Engels]
[Zwei Reden in Elberfeld11391]
[I]
Meine Herren! Wir leben, wie Sie eben gehört haben und wie ich es ohnehin als allgemein bekannt voraussetzen darf, in einer Welt der freien Konkurrenz. Sehen wir uns denn diese freie Konkurrenz und die von ihr erzeugte Weltordnung etwas näher an. In unserer heutigen Gesellschaft arbeitet jeder auf seine eigne Hand, jeder sucht sich für seinen Kopf zu bereichern und kümmert sich nicht im geringsten um das, was die andern tun; von einer vernünftigen Organisation, von einer Verteilung der Arbeiten ist keine Rede, sondern im Gegenteil, jeder sucht dem andern den Rang abzulaufen, sucht die günstige Gelegenheit für seinen Privatvorteil auszubeuten und hat weder Zeit noch Lust, daran zu denken, daß sein eigenes Interesse im Grunde doch mit dem aller übrigen Menschen zusammenfällt. Der einzelne Kapitalist steht im Kampfe mit allen übrigen Kapitalisten, der einzelne Arbeiter mit allen übrigen Arbeitern; alle Kapitalisten kämpfen gegen alle Arbeiter, wie die Masse der Arbeiter notwendig wieder gegen die Masse der Kapitalisten zu kämpfen hat. In diesem Kriege Aller gegen Alle, in dieser allgemeinen Unordnung und gegenseitigen Ausbeutung besteht das Wesen der heutigen bürgerlichen Gesellschaft. Eine solche ungeregelte Wirtschaft, m[eine] H[erren], muß aber notwendig auf die Dauer für die Gesellschaft die unheilvollsten Resultate erzielen; die ihr zum Grunde liegende Unordnung, die Vernachlässigung des wahren, allgemeinen Wohls muß über kurz oder lang in einer eklatanten Weise zutage kommen. Der Ruin der kleinen Mittelklasse, des Standes, der die Hauptgrundlage der Staaten des vorigen Jahrhunderts bildete, ist die erste Folge dieses Kampfes. Wir sehen es ja täglich, wie diese Klasse der Gesellschaft durch die Macht des Kapitals erdrückt wird, wie z. B. die einzelnen Schneidermeister durch die Läden fertiger Kleider, die Möbelschreiner durch die Möbelmagazine ihre besten Kunden verlieren und aus kleinen Kapitalisten, aus Mitgliedern der besitzenden Klasse, in abhän
gige, für Rechnung anderer arbeitende Proletarier, in Mitglieder der besitzlosen Klasse verwandelt werden. Der Ruin der Mittelklasse ist eine vielbeklagte Folge unserer vielgepriesenen Gewerbefreiheit, er ist ein notwendiges Resultat der Vorteile, die der große Kapitalist über seinen weniger besitzenden Konkurrenten hat, er ist das energischste Lebenszeichen der Tendenz des Kapitals, sich in wenig Händen zu konzentrieren. Diese Tendenz des Kapitals ist ebenfalls von vielen Seiten anerkannt; es wird allgemein darüber geklagt, daß sich der Besitz täglich mehr und mehr in den Händen Weniger anhäufe, und dagegen die große Mehrzahl der Nation mehr und mehr verarme. So entsteht dann der schroffe Gegensatz von wenigen Reichen auf der einen und vielen Armen auf der anderen Seite; ein Gegensatz, der in England und Frankreich bereits auf eine drohende Spitze gesteigert ist und auch bei uns sich mit jedem Tage zu größerer Schärfe entwickelt. Und solange die jetzige Basis der Gesellschaft beibehalten wird, solange wird es unmöglich sein, diesem Fortschritt der Bereicherung weniger Einzelnen und der Verarmung der großen Masse Einhalt zu tun; der Gegensatz wird sich schärfer und schärfer ausbilden, bis endlich die Not die Gesellschaft zu einer Reorganisation nach vernünftigeren Prinzipien zwingt. Das, mfeine] H[erren], sind aber noch lange nicht alle Folgen der freien Konkurrenz. Da ein jeder auf seine eigne Hand produziert und konsumiert, ohne sich um die Produktion und Konsumtion der anderen viel zu kümmern, so muß notwendigerweise sehr bald ein schreiendes Mißverhältnis zwischen der Produktion und der Konsumtion eintreten. Da die heutige Gesellschaft den Kaufleuten, Spekulanten und Krämern die Verteilung der produzierten Güter anvertraut, von denen jeder einzelne wieder nur seinen eigenen Vorteil im Auge hat, so wird in der Austeilung - auch abgesehen von der Unmöglichkeit für den Besitzlosen, sich den genügenden Anteil zu verschaffen -, so wird in der Austeilung der Produkte dasselbe Mißverhältnis eintreten. Wo hat der Fabrikant die Mittel, zu erfahren, wieviel von seinem Fabrikat auf diesem und jenem Markte gebraucht, und wenn er dies erfahren könnte, wieviel dann von seinen Konkurrenten nach jedem dieser Märkte geschickt wird? Wie soll er, der in den meisten Fällen gar nicht einmal weiß, wohin die Ware gehen wird, die er eben fabriziert —, wie soll er nun gar wissen können, wieviel seine auswärtigen Konkurrenten nach jedem der betreffenden Märkte liefern werden? Er weiß von dem allem nichts, er fabriziert wie seine Konkurrenten ins Blaue hinein und tröstet sich damit, daß die anderen dies eben auch tun müssen. Er hat keine andere Richtschnur als den ewig schwankenden Stand der Preise, der bei entfernten Märkten im Augenblicke, wo er seine Ware absendet, schon ein ganz anderer ist als in dem Augenblicke, in
dem der ihn darüber unterrichtende Brief geschrieben wurde, und der im Augenblicke, wo die Ware ankommt, wieder anders ist als im Augenblicke, wo sie abgesandt wurde. Bei einer solchen Regellosigkeit der Produktion ist es denn auch ganz natürlich, wenn jeden Augenblick Stockungen des Verkehrs eintreten, die natürlich um so bedeutender sein müssen, je fortgeschrittener die Industrie und der Handel eines Landes ist. Das Land der ausgebildetsten Industrie, England, bietet uns daher hier die schlagendsten Beispiele. Durch die Ausbildung des Verkehrs, durch die vielen Spekulanten und Kommissionäre, die sich hier zwischen den produzierenden Fabrikanten und die wirklichen Konsumenten eingedrängt haben, wird es dem englischen Fabrikanten noch viel schwieriger gemacht als dem deutschen, auch nur das geringste über das Verhältnis der Vorräte und der Produktion zur Konsumtion zu erfahren; er hat dazu fast alle Märkte der Welt zu versorgen - er erfährt fast in keinem einzigen Falle, wohin seine Ware geht, und so findet es sich bei der ungeheuren Produktionskraft der englischen Industrie sehr häufig, daß alle Märkte plötzlich überfüllt sind. Der Verkehr stockt, die Fabriken arbeiten halbe Zeit oder gar nicht, eine Reihe von Fallissementen tritt ein, die Vorräte müssen zu Spottpreisen losgeschlagen werden, und ein großer Teil des Kapitals, das mit Mühe gesammelt war, geht so durch eine solche Handelskrisis wieder verloren. Solcher Handelskrisen haben wir in England seit dem Anfange dieses Jahrhunderts eine ganze Reihe und in den letzten zwanzig Jahren alle fünf oder sechs Jahre eine gehabt'1401. Die letzten, die von 1837 und 1842, werden den meisten von Ihnen, m[eine] H[erren], noch deutlich in der Erinnerung sein. Und wenn unsere Industrie auch so großartig, unser Absatz so weitverzweigt wäre wie die Industrie und der Handel Englands, so würden wir dieselben Resultate erleben, während jetzt bei uns die Wirkung der Konkurrenz in der Industrie und im Verkehr in einer allgemeinen, dauernden Depression aller Geschäftszweige, in einem unglückseligen Mittelzustande zwischen entschiedener Blüte und gänzlichem Verkommen, in einem Zustande der gelinden Stockung, d. h. der Stabilität, sich fühlbar macht. M[eine] Hferren], was ist der eigentliche Grund dieser Übelstände? Woraus entspringt der Ruin der Mittelklasse, der schroffe Gegensatz von arm und reich, die Stockungen des Verkehrs und die daraus entstehende Verschwendung von Kapital? Aus keiner anderen Ursache als aus der Zersplitterung der Interessen. Wir arbeiten alle, ein jeder für seinen eigenen Vorteil, unbekümmert um das Wohl der anderen, und es ist doch eine augenscheinliche, eine sich von selbst verstehende Wahrheit, daß das Interesse, das Wohl, das Lebensglück jedes einzelnen mit dem seiner Mitmenschen
unzertrennlich zusammenhängt. Wir müssen uns alle gestehen, daß keiner von uns seine Mitmenschen entbehren kann, daß schon das Interesse uns alle aneinander fesselt, und doch schlagen wir dieser Wahrheit mit unseren Handlungen geradezu ins Gesicht, und doch richten wir unsere Gesellschaft so ein, als ob unsere Interessen nicht dieselben, sondern einander ganz und gar entgegengesetzt wären. Wir haben gesehen, was die Folgen dieses Grundirrtums waren; wollen wir diese schlimmen Folgen beseitigen, so müssen wir den Grundirrtum reformieren, und das beabsichtigt eben der Kommunismus. In der kommunistischen Gesellschaft, wo die Interessen der einzelnen nicht einander entgegengesetzt, sondern vereinigt sind, ist die Konkurrenz aufgehoben. Von einem Ruin einzelner Klassen, von Klassen überhaupt, wie heutzutage Reiche und Arme, kann, wie sich von selbst versteht, keine Rede mehr sein. Sowie bei der Produktion und Austeilung der zum Leben nötigen Güter der Privaterwerb, der Zweck des einzelnen sich auf eigne Faust zu bereichern, wegfällt, fallen auch die Krisen des Verkehrs von selbst weg. In der kommunistischen Gesellschaft wird es ein leichtes sein, sowohl die Produktion wie die Konsumtion zu kennen. Da man weiß, wieviel ein einzelner im Durchschnitt braucht, so ist es leicht zu berechnen, wieviel von einer gewissen Anzahl Individuen gebraucht wird, und da die Produktion alsdann nicht mehr in den Händen einzelner Privaterwerber, sondern in den Händen der Gemeinde und ihrer Verwaltung ist, so ist es eine Kleinigkeit, die Produktion nach den Bedürfnissen zu regeln. Wir sehen also, wie in der kommunistischen Organisation die Hauptübel des jetzigen sozialen Zustandes wegfallen. Wenn wir indes etwas mehr ins Detail gehen, so werden wir finden, daß die Vorteile einer solchen Organisation hierbei nicht stehenbleiben, sondern sich auch auf die Beseitigung einer Menge anderer Übelstände erstrecken, von denen ich heute nur einige ökonomische erwähnen will. Die jetzige Einrichtung der Gesellschaft ist in ökonomischer Beziehung gewiß die unvernünftigste und unpraktischste, die wir uns denken können. Die Entgegensetzung der Interessen bringt es mit sich, daß eine große Menge Arbeitskraft auf eine Weise verwendet wird, von der die Gesellschaft keinen Nutzen hat, daß ein bedeutendes Quantum Kapital unnötigerweise verlorengeht, ohne sich zu reproduzieren. Wir sehen dies schon bei den Handelskrisen; wir sehen, wie Massen von Produkten, die doch alle von Menschen mühsam erarbeitet waren, zu Preisen weggeschleu" dert werden, die dem Verkäufer Verlust lassen; wir sehen, wie durch Bankerotte Massen von Kapitalien, die doch mühsam angehäuft waren, den Besitzern unter den Händen verschwinden. Gehen wir indes etwas mehr ins
Detail des jetzigen Verkehrs. Bedenken Sie, durch wie viele Hände jedes Produkt gehen muß, bis es in die des wirklichen Konsumenten gerät bedenken Sie, m[eine] Hjerrenj, wie viele spekulierende und überflüssige Zwischenschieber sich jetzt zwischen den Produzenten und den Konsumenten eingedrängt haben! Nehmen wir ein Beispiel, etwa einen Baumwollballen, der in Nordamerika fabriziert wird. Der Ballen geht aus den Händen des Pflanzers in die des Faktors an irgendeiner beliebigen Station des Mississippi über, er wandert den Fluß hinunter nach New Orleans. Hier wird er verkauft - zum zweiten Male, da ihn der Faktor schon vom Pflanzer kaufte verkauft, meinetwegen an den Spekulanten, der ihn wieder an den Exporteur verkauft. Der Ballen geht nun etwa nach Liverpool, wo wieder ein gieriger Spekulant seine Hände nach ihm ausstreckt und ihn an sich reißt. Dieser verhandelt ihn wieder an einen Kommissionär, der für Rechnung wir wollen sagen, eines deutschen Hauses - kauft. So wandert der Ballen nach Rotterdam, den Rhein herauf, durch noch ein Dutzend Hände von Spediteuren, nachdem er ein dutzendmal aus- und eingeladen worden ist -, und dann erst ist er in den Händen, nicht des Konsumenten, sondern des Fabrikanten, der ihn erst konsumierbar macht, sein Garn vielleicht dem Weber, dieser das Gewebe dem Drucker, der dem Grossisten und dieser wieder dem Detaillisten verhandelt, der dann endlich die Ware dem Konsumenten liefert. Und alle diese Millionen Zwischenschieber, Spekulanten, Faktoren, Exporteurs, Kommissionäre, Spediteure, Grossisten und Detaillisten, die doch an der Ware selbst nichts tun, sie wollen alle leben und ihren Profit dabei machen - und machen ihn auch im Durchschnitt, denn sonst könnten sie nicht bestehen. M[eine] H[erren], gibt es keinen einfacheren, wohlfeileren Weg, einen Baumwollballen von Amerika nach Deutschland und das aus demselben verfertigte Fabrikat in die Hände des wirklichen Konsumenten zu liefern als diesen weitläuftigen des zehnmaligen Verkaufens, des hundertmaligen Umladens und Transportierens aus einem Magazin ins andere? Ist dies nicht ein schlagender Beweis der vielen Verschwendung von Arbeitskraft, die durch die Zersplitterung der Interessen herbeigeführt wird? In der vernünftig organisierten Gesellschaft ist von einem solchen umständlichen Transporte keine Rede. Ebenso leicht wie man wissen kann, wieviel eine einzelne Kolonie an Baumwolle oder Baumwollfabrikaten gebraucht, um bei dem Beispiele stehenzubleiben - ebenso leicht wird es der Zentralverwaltung sein, zu erfahren, wieviel sämtliche Ortschaften und Gemeinden des Landes gebrauchen. Ist eine solche Statistik einmal organisiert, was in einem oder zwei Jahren leicht geschehen kann, so wird sich der Durchschnitt des jährlichen Konsums nur im Verhältnis der
steigenden Bevölkerung verändern; es ist also ein leichtes, zur gehörigen Zeit vorauszubestimmen, welches Quantum von jedem einzelnen Artikel das Bedürfnis des Volkes erfordern wird -, man wird die ganze, große Quantität sich direkt an der Quelle bestellen, man wird sie direkt, ohne Zwischenschieber, ohne mehr Aufenthalt und Umladungen, als wirklich in der Natur der Kommunikation begründet sind, also mit einer großen Ersparnis von Arbeitskraft, beziehen können; man wird nicht nötig haben, den Spekulanten, Groß- und Kleinhändlern ihren Nutzen zu bezahlen. Aber das ist noch nicht alles — diese Zwischenschieber werden nicht nur auf diese Weise der Gesellschaft unschädlich, sie werden ihr sogar vorteilhaft gemacht. Während sie jetzt zum Nachteil aller anderen eine Arbeit tun, die im besten Falle überflüssig ist und ihnen doch den Lebensunterhalt, ja in vielen Fällen große Reichtümer einbringt, während sie also jetzt dem allgemeinen Besten direkt nachteilig sind, werden sie dann die Hände zu nützlicher Tätigkeit frei bekommen und eine Beschäftigung ergreifen können, worin sie sich als wirkliche, nicht nur scheinbare, erheuchelte Mitglieder der menschlichen Gesellschaft und Teilnehmer an ihrer Gesamttätigkeit erweisen. Die jetzige Gesellschaft, welche den einzelnen Menschen mit allen übrigen in Feindschaft bringt, erzeugt auf diese Weise einen sozialen Krieg Aller gegen Alle, der notwendigerweise bei einzelnen, namentlich Ungebildeten, eine brutale, barbarisch-gewaltsame Form annehmen muß - die Form des Verbrechens. Um sich gegen das Verbrechen, gegen die offene Gewalttat zu schützen, bedarf die Gesellschaft eines weitläuftigen, verwickelten Organismus von Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, der eine unendliche Menge von Arbeitskräften in Anspruch nimmt. In der kommunistischen Gesellschaft würde sich auch dies unendlich vereinfachen, und gerade deshalb - so bizarr es auch klingen mag - gerade deshalb, weil in dieser Gesellschaft die Verwaltung nicht nur einzelne Seiten des sozialen Lebens, sondern das ganze soziale Leben in allen seinen einzelnen Tätigkeiten, nach allen seinen Seiten hin, zu administrieren haben würde. Wir heben den Gegensatz des einzelnen Menschen gegen alle andern auf - wir setzen dem sozialen Krieg den sozialen Frieden entgegen, wir legen die Axt an die Wurzel des Verbrechens - und machen dadurch den größten, bei weitem größten Teil der jetzigen Tätigkeit der Verwaltungs- und Justizbehörden überflüssig. Schon jetzt verschwinden die Verbrechen der Leidenschaft immer mehr gegen die Verbrechen der Berechnung, des Interesses - die Verbrechen gegen Personen nehmen ab, die Verbrechen gegen das Eigentum nehmen zu. Die fortschreitende Zivilisation mildert die gewaltsamen Ausbrüche der Leidenschaft schon in der jetzigen, auf dem Kriegsfuß stehenden, wieviel mehr in der
kommunistischen, friedlichen Gesellschaft! Die Verbrechen gegen das Eigentum fallen von selbst da weg, wo jeder erhält, was er zur Befriedigung seiner natürlichen und geistigen Triebe bedarf, wo die sozialen Abstufungen und Unterschiede wegfallen. Die Kriminaljustiz hört von selbst auf, die Ziviljustiz, die doch fast lauter Eigentumsverhältnisse oder wenigstens solche Verhältnisse, die den sozialen Kriegszustand zur Voraussetzung haben, behandelt, fällt ebenfalls weg; Streitigkeiten können dann nur seltne Ausnahmen sein, wo sie jetzt die natürliche Folge der allgemeinen Feindschaft sind, und werden leicht sich durch Schiedsrichter schlichten lassen. Die Verwaltungsbehörden haben jetzt ebenfalls in dem fortwährenden Kriegszustand die Quelle ihrer Beschäftigung - die Polizei und die ganze Administration tut weiter nichts, als daß sie dafür sorgt, daß der Krieg ein verdeckter, indirekter bleibe, daß er nicht in offne Gewalt, in Verbrechen ausarte. Wenn es aber unendlich leichter ist, den Frieden zu erhalten, als den Krieg in gewisse Schranken zu bannen, so ist es auch unendlich leichter, eine kommunistische als eine konkurrierende Gemeinde zu verwalten. Und wenn schon jetzt die Zivilisation die Menschen gelehrt hat, ihr Interesse in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, des öffentlichen Interesses zu suchen, also die Polizei, Verwaltung und Justiz möglichst überflüssig zu machen, um wieviel mehr wird dies der Fall sein in einer Gesellschaft, in der die Gemeinschaft der Interessen zum Grundprinzip erhoben ist, in dem das öffentliche Interesse sich nicht mehr von dem jedes einzelnen unterscheidet! Was jetzt schon trotz der sozialen Einrichtung besteht, wieviel mehr wird das geschehen, wenn es nicht mehr durch die sozialen Einrichtungen gehindert, sondern unterstützt wird! Wir dürfen also auch von dieser Seite her auf einen beträchtlichen Zuwachs von Arbeitskräften rechnen, welche der jetzige soziale Zustand der Gesellschaft entzieht. Eine der kostspieligsten Einrichtungen, deren die jetzige Gesellschaft nicht entbehren kann, sind die stehenden Heere, welche der Nation den kräftigsten, brauchbarsten Teil der Bevölkerung entziehen und sie zwingen, diesen dadurch unproduktiv gewordenen Teil zu ernähren. Wir wissen es an unserem eignen Staatsbudget, was uns das stehende Heer kostet - vierundzwanzig Millionen jährlich und die Entziehung von zweimalhunderttausend der kräftigsten Arme aus der Produktion. In der kommunistischen Gesellschaft würde es keinem Menschen einfallen, an ein stehendes Heer zu denken. Wozu auch? Zur Bewahrung der inneren Ruhe des Landes? Es wird, wie wir oben sahen, keinem einzigen einfallen, diese innere Ruhe zu stören. Die Furcht vor Revolutionen ist ja nur die Folge der Opposition der Interessen; wo die Interessen aller zusammenfallen, kann von einer solchen
Furcht keine Rede sein.-Zu einem Angriffskriege? Wie sollte eine kommunistische Gesellschaft dazu kommen, einen Angriffskrieg zu unternehmen sie, die sehr gut weiß, daß sie im Kriege nur Menschen und Kapital verliert, während sie höchstens ein paar widerwillige, also eine Störung in die soziale Ordnung bringende Provinzen erlangen kann! - Zu einem Verteidigungskriege? Dazu bedarf es keines stehenden Heeres, da es ein leichtes sein wird, jedes fähige Mitglied der Gesellschaft auch neben seinen übrigen Beschäftigungen so weit in der wirklichen, nicht parademäßigen Waffengewandtheit zu üben, als zur Verteidigung des Landes nötig ist. Und bedenken Sie dabei, m[eine] H[erren], daß das Mitglied einer solchen Gesellschaft im Falle eines Krieges, der ohnehin nur gegen antikommunistische Nationen vorkommen könnte, ein wirkliches Vaterland, einen wirklichen Herd zu verteidigen hat, daß er also mit einer Begeisterung, mit einer Ausdauer, mit einer Tapferkeit kämpfen wird, vor der die maschinenmäßige Geschultheit einer modernen Armee wie Spreu auseinanderfhegen muß; bedenken Sie, welche Wunder der Enthusiasmus der revolutionären Armeen von 1792 bis 1799 getan hat, die doch nur für eine Illusion, für ein Scheinvaterland kämpften, und Sie werden einsehen müssen, von welcher Kraft ein Heer sein muß, das für keine Illusion, sondern für eine handgreifliche Wirklichkeit sich schlägt. Diese unzähligen Massen von Arbeitskräften also, welche jetzt den zivilisierten Völkern durch die Armeen entzogen werden, würden in einer kommunistischen Organisation sonach der Arbeit zurückgegeben werden; sie würden nicht nur soviel erzeugen, wie sie verbrauchen, sondern noch weit mehr Produkte, als zu ihrem Unterhalt nötig sind, an die öffentlichen Vorratshäuser abliefern können. Eine noch viel schlimmere Verschwendung von Arbeitskräften findet sich in der bestehenden Gesellschaft in der Art, wie die Reichen ihre soziale Stellung ausbeuten. Ich will von dem vielen unnützen und geradezu lächerlichen Luxus, der seine Quelle nur in der Sucht, sich auszuzeichnen, hat und eine Menge Arbeitskräfte in Anspruch nimmt, gar nicht sprechen. Aber gehen Sie, m[eine] H[erren] einmal geradezu in das Haus, das innerste Heiligtum eines Reichen, und sagen Sie mir, ob es nicht die tollste Vergeudung von Arbeitskraft ist, wenn hier eine Menge von Menschen zur Bedienung eines einzigen in Anspruch genommen und mit Faulenzen, oder wenn es hoch kommt, nur mit solchen Arbeiten beschäftigt werden, die ihre Quelle in der Isolierung jedes Menschen auf seine vier Wände haben? Diese Menge Dienstmädchen, Köchinnen, Lakaien, Kutscher, Hausknechte, Gärtner und wie sie alle heißen, was tun sie denn eigentlich? Wie wenig Aua nb'icke sind sie des Tages beschäftigt, um ihrer Herrschaft das Leben wirklich angenehm
zu machen, um der Herrschaft die freie Ausbildung und Ausübung ihrer menschlichen Natur und ihrer angebornen Kräfte zu erleichtern -, und wie viele Stunden des Tages sind sie mit Arbeiten beschäftigt, die nur in der schlechten Einrichtung unsrer gesellschaftlichen Verhältnisse ihre Ursache haben -, hinten auf dem Wagen stehen, den Marotten der Herrschaft zu Diensten sein, Schoßhunde nachtragen und andre Lächerlichkeiten. In der vernünftig organisierten Gesellschaft, wo jeder in die Lage versetzt wird, leben zu können, auch ohne den Marotten der Reichen zu frönen und ohne auf solche Marotten zu verfallen —, in dieser Gesellschaft kann natürlich auch die jetzt so vergeudete Arbeitskraft der Luxusbedienung zum Vorteil aller und zu ihrem eignen Vorteil verwandt werden. Eine weitere Verschwendung von Arbeitskraft findet in der heutigen Gesellschaft ganz direkt durch den Einfluß der Konkurrenz statt, indem diese eine große Anzahl brotloser Arbeiter schafft, die gern arbeiten möchten, aber keine Arbeit erhalten können. Da nämlich die Gesellschaft gar nicht darauf eingerichtet ist, von der wirklichen Verwendung der Arbeitskräfte Notiz nehmen zu können, da es jedem einzelnen überlassen ist, sich eine Erwerbsquelle zu suchen, so ist es ganz natürlich, daß bei der Verteilung der wirklich oder scheinbar nützlichen Arbeiten eine Anzahl Arbeiter leer ausgehen. Dies ist um so eher der Fall, als der Kampf der Konkurrenz jeden einzelnen antreibt, seine Kräfte aufs höchste anzustrengen, alle Vorteile zu benutzen, die sich ihm bieten, teure Arbeitskräfte durch wohlfeilere zu ersetzen, wozu die steigende Zivilisation täglich mehr und mehr Mittel bietet - oder, mit andern Worten, ein jeder muß daran arbeiten, andre brotlos zu machen, die Arbeit andrer auf die eine oder die andre Weise zu verdrängen. So findet sich denn in jeder zivilisierten Gesellschaft eine große Anzahl arbeitsloser Leute, die gern arbeiten möchten, aber keine Arbeit finden, und diese Anzahl ist größer, als man gewöhnlich glaubt. Da finden wir diese Leute denn, wie sie sich auf die eine oder andre Weise prostituieren, betteln, Straßen kehren, an den Ecken stehen, von gelegentlichen kleinen Diensten mit Mühe und Not Leib und Seele zusammenhalten, mit allen erdenklichen kleinen Waren hökern und herumhausieren - oder, wie wir es heute abend an ein paar armen Mädchen gesehen haben, mit der Guitarre von Ort zu Ort ziehen, für Geld spielen und singen, genötigt, sich jede unverschämte Ansprache, jede beleidigende Zumutung gefallen zu lassen, um nur ein paar Groschen zu verdienen. Wie viele endlich gibt es, die der eigentlichen Prostitution als Opfer verfallen! M[eine] H[erren], die Anzahl dieser Brotlosen, denen nichts übrigbleibt, als auf die eine oder andre Weise sich zu prostituieren, ist sehr groß - unsre Armenverwaltungen wissen davon zu erzählen und vergessen
Sie nicht, daß die Gesellschaft diese Leute trotz ihrer Nutzlosigkeit auf die eine oder die andre Art dennoch ernährt. Wenn also die Gesellschaft die Kosten für ihren Unterhalt zu tragen hat, so sollte sie auch dafür sorgen, daß diese Arbeitslosen ihren Unterhalt ehrbar verdienten. Das aber foinn die jetzige, konkurrierende Gesellschaft nicht. Wenn Sie, m[eine] Hferren], dies alles bedenken - und ich hätte noch eine Menge anderer Beispiele anführen können, wie die jetzige Gesellschaft ihre Arbeitskräfte vergeudet wenn Sie dies bedenken, so werden Sie finden, daß der menschlichen Gesellschaft ein Uberfluß an Produktionskräften zu Gebote steht, der nur auf eine vernünftige Organisation, auf eine geordnete Verteilung wartet, um mit dem größten Vorteil für alle in Tätigkeit zu treten. Sie werden hiernach, m[eine] H[erren], beurteilen können, wie wenig die Befürchtung gegründet ist, als müßte bei einer gerechten Verteilung der gesellschaftlichen Tätigkeit dem einzelnen eine solche Last von Arbeit zufallen, daß sie ihm alle Beschäftigung mit anderen Dingen unmöglich mache. Im Gegenteil können wir annehmen, daß bei einer solchen Organisation die jetzt übliche Arbeitszeit des einzelnen schon durch die Benutzung der jetzt gar nicht oder unvorteilhaft angewandten Arbeitskräfte auf die Hälfte reduziert werden wird. Die Vorteile indes, welche die kommunistische Einrichtung durch Benutzung Verschwendeter Arbeitskräfte bietet, sind noch nicht die bedeutendsten. Die größte Ersparnis von Arbeitskraft liegt in der Vereinigung der einzelnen Kräfte zur sozialen Kollektivkraft und in der Einrichtung, welche auf diese Konzentration der bis jetzt einander gegenüberstehenden Kräfte beruht. Ich will mich hier an die Vorschläge des englischen Sozialisten Robert Owen anschließen, da diese die praktischsten und am meisten ausgearbeiteten sind. Owen schlägt vor, an die Stelle der jetzigen Städte und Dörfer mit ihren vereinzelten, einander im Wege stehenden Wohnhäusern große Paläste aufzuführen, die, in einem Quadrat von etwa 1650 Fuß Länge und Breite gebaut, einen großen Garten einschließen und etwa zwei- bis dreitausend Menschen bequem beherbergen können. Daß ein solches Gebäude, während es den Einwohnern die Bequemlichkeiten der besten jetzigen Wohnungen bietet, dennoch weit wohlfeiler und leichter zu errichten ist, als die nach dem jetzigen System für ebensoviele Leute benötigten, größtenteils schlechteren Einzelwohnungen, liegt auf der Hand. Die vielen Zimmer, die jetzt fast in jedem anständigen Hause leer stehen oder ein bis zweimal des Jahres gebraucht werden, fallen ohne alle Unbequemlichkeit weg; die Ersparnis an Raum für Vorratskammern, Keller etc. ist ebenfalls sehr groß. - Gehen wir aber auf das Detail der Hauswirtschaft ein, so werden wir erst recht die
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Vorteile der Gemeinschaft einsehen. Welch eine Menge von Arbeit und Material wird nicht bei der jetzigen, zersplitterten Wirtschaft verschwendet z. B. bei der Heizung! Sie müssen für jedes Zimmer einen besonderen Ofen haben; ein jeder Ofen will besonders geheizt, in Brand gehalten, beaufsichtigt werden; das Brennmaterial muß nach allen diesen verschiedenen Orten hingebracht, die Asche weggeholt werden; wieviel einfacher und wohlfeiler ist es nicht, an die Stelle dieser vereinzelten Heizung eine großartige Gesamtheizung, z. B. mit Dampfröhren und einem einzigen Heizungszentrum zu setzen, wie dies schon jetzt in großen Gesellschaftslokalen, Fabriken, Kirchen etc. geschieht! Ferner die Beleuchtung durch Gas, die jetzt noch dadurch kostspielig wird, daß selbst die dünneren Röhren unter der Erde liegen müssen, und die Röhren überhaupt wegen des großen Raumes, der in unseren Städten zu beleuchten ist, von unverhältnismäßiger Länge sein müssen, während bei der vorgeschlagenen Einrichtung alles auf einem Räume von 1650 Fuß im Quadrat konzentriert und die Menge der brennenden Gasflammen dennoch ebenso groß, das Resultat also mindestens ebenso lohnend ist wie in einer mäßigen Stadt. Dann die Bereitung der Mahlzeiten welche Verschwendung von Raum, Material und Arbeitskraft bei der jetzigen zersplitterten Wirtschaft, wo jede Familie ihr bißchen Essen besonders kocht, ihr apartes Geschirr hat, ihre aparte Köchin anstellt, ihre Speisen apart vom Markte, aus dem Garten, vom Fleischer und Bäcker holen muß! Man kann ruhig annehmen, daß bei einer gemeinschaftlichen Speisebereitung und Aufwartung zwei Drittel der jetzt bei dieser Arbeit beschäftigten Arbeitskräfte erspart und das übrige Drittel dennoch seine Arbeit besser und aufmerksamer wird verrichten können, als dies jetzt geschieht. Und endlich die Hausarbeiten selbst! Wird sich ein solches Gebäude nicht unendlich viel leichter reinigen und in gutem Stande halten lassen, wenn, wie es hier möglich ist, diese Art der Arbeit gleichfalls organisiert und regelmäßig verteilt ist, als die zwei- bis dreihundert getrennten Häuser, welche bei der jetzigen Einrichtung die Wohnungen einer gleichen Zahl sein würden? Dies, m[eine] H[erren], sind einige wenige von den unendlichen Vorteilen, welche in ökonomischer Beziehung aus der kommunistischen Organisation der menschlichen Gesellschaft hervorgehen müssen. Es ist .uns nicht möglich, in einigen Stunden und mit wenigen Worten unser Prinzip Ihnen klarzumachen und gehörig nach allen Seiten hin zu begründen. Dies ist auch keineswegs unsere Absicht. Wir können und wollen nichts, als über einige Punkte Aufklärung geben und diejenigen, denen die Sache noch fremd ist, zum Studium derselben veranlassen. Und soviel wenigstens hoffen wir, Ihnen heute abend klargemacht zu haben, daß der Kommunismus weder der
menschlichen Natur, dem Verstand und dem Herzen widerstrebt, noch daß er eine Theorie ist, die, ohne irgend Rücksicht auf die Wirklichkeit zu nehmen, bloß in der Phantasie ihre Wurzel hat. Man fragt, wie denn diese Theorie in die Wirklichkeit einzuführen sei, welche Maßregeln wir vorzuschlagen haben, um ihre Einführung vorzubereiten. Es gibt verschiedene Wege zu diesem Ziele; die Engländer werden wahrscheinlich damit beginnen, daß sie einzelne Kolonien errichten und es jedem überlassen, ob er beitreten will oder nicht; die Franzosen dagegen werden wohl den Kommunismus auf nationalem Wege vorbereiten und durchführen. Wie die Deutschen es anfangen werden, darüber läßt sich bei der Neuheit der sozialen Bewegung in Deutschland wenig sagen. Einstweilen will ich unter den vielen möglichen Wegen der Vorbereitung nur einen einzigen erwähnen, von dem in der letzten Zeit mehrfach die Rede gewesen ist -, nämlich die Durchführung dreier Maßregeln, welche notwendig den praktischen Kommunismus zur Folge haben müssen. Die erste würde eine allgemeine Erziehung aller Kinder ohne Ausnahme auf Staatskosten sein —, eine Erziehung, welche für alle gleich ist und bis zu dem Zeitpunkte fortdauert, in dem das Individuum fähig ist, als selbständiges Mitglied der Gesellschaft aufzutreten. Diese Maßregel würde nur ein Akt der Gerechtigkeit gegen unsere mittellosen Mitbrüder sein, da offenbar jeder Mensch ein Anrecht auf die vollständige Entwickelung seiner Fähigkeiten besitzt, und die Gesellschaft sich doppelt an den einzelnen vergeht, wenn sie die Unwissenheit zu einer notwendigen Folge der Armut macht. Daß die Gesellschaft mehr Vorteil von gebildeten als von unwissenden, rohen Mitgliedern hat, liegt auf der Hand, und wenn ein gebildetes Proletariat, wie das wohl zu erwarten steht, nicht gesonnen sein würde, in der unterdrückten Stellung zu bleiben, in der unser heutiges Proletariat sich befindet, so ist doch ebenfalls nur von einer gebildeten Arbeitsklasse die Ruhe und Besonnenheit zu erwarten, welche zu einer friedlichen Umbildung der Gesellschaft nötig ist. Daß das ungebildete Proletariat aber ebenfalls keine Lust hat, in seiner Lage zu bleiben, das beweisen uns die schlesischen und böhmischen Unruhen[791 auch für Deutschland - von anderen Völkern gar nicht zu sprechen. Die zweite Maßregel wäre eine totale Reorganisation des Armenwesens, derart, daß die sämtlichen brotlosen Bürger in Kolonien untergebracht würden, in welchen sie mit Agrikultur- und Industriearbeit beschäftigt und ihre Arbeit zum Nutzen der ganzen Kolonie organisiert würde. Bis jetzt hat man die Kapitalien der Armenverwaltung auf Zinsen ausgeliehen und so den Reichen neue Mittel gegeben, die Besitzlosen auszubeuten. Man lasse endlich einmal
diese Kapitalien wirklich zum Nutzen der Armen arbeiten, man verwende den ganzen Ertrag dieser Kapitalien, nicht bloß ihre drei Prozent Zinsen, für die Armen, man gebe ein großartiges Beispiel der Assoziation von Kapital und Arbeit! Auf diese Weise würde die Arbeitskraft aller Brotlosen zum Nutzen der Gesellschaft verwendet, sie selbst aus demoralisierten, gedrückten Paupers in sittliche, unabhängige, tätige Menschen verwandelt und in eine Lage versetzt, die sehr bald den vereinzelten Arbeitern beneidenswert erscheinen und die durchgreifende Reorganisation der Gesellschaft vorbereiten würde. Zu diesen beiden Maßregeln gehört Geld. Um dies aufzubringen und um zugleich die sämtlichen bisherigen, ungerecht verteilten Steuern zu ersetzen, wird in dem vorliegenden Reformplane eine allgemeine, progressive Kapitalsteuer vorgeschlagen, deren Prozentsatz mit der Größe des Kapitals steigt. Auf diese Weise würde die Last der öffentlichen Verwaltung von einem jeden nach seiner Fähigkeit getragen werden und nicht mehr, wie bisher in allen Ländern, hauptsächlich auf die Schultern derer fallen, die am wenigsten imstande sind, sie zu erschwingen. Ist doch im Grunde das Prinzip der Besteuerung ein rein kommunistisches, da das Recht der Steuererhebung in allen Ländern aus dem sogenannten Nationaleigentum abgeleitet wird. Denn entweder ist das Privateigentum heilig, so gibt es kein Nationaleigentum, und der Staat hat nicht das Recht, Steuern zu erheben; oder der Staat hat dies Recht, dann ist das Privateigentum nicht heilig, dann steht das Nationaleigentum über dem Privateigentume, und der Staat ist der wahre Eigentümer. Dies letztere Prinzip ist das allgemein anerkannte —, nun gut, m[eine] H[erren], wir verlangen vorderhand ja nur, daß einmal Ernst mit diesem Prinzip gemacht werde, daß der Staat sich zum allgemeinen Eigentümer erkläre und als solcher das öffentliche Eigentum zum öffentlichen Besten verwalte - und daß er als ersten Schritt hierzu einen Modus der Besteuerung einführe, der sich nur nach der Fähigkeit eines jeden zur Steuerzahlung und nach dem wirklichen öffentlichen Besten richte. Sie sehen also, mfeine] H[erren], daß es nicht darauf abgesehen ist, die Gütergemeinschaft über Nacht und wider den Willen der Nation einzuführen, sondern daß es sich vor allem nur um die Feststellung des Zweckes und der Mittel und Wege handelt, wie wir diesem Ziele entgegengehen können. Daß aber das kommunistische Prinzip das der Zukunft sein wird, dafür spricht der Entwickelungsgang aller zivilisierten Nationen, dafür spricht die rasch fortschreitende Auflösung aller bisherigen sozialen Institutionen, dafür spricht die gesunde menschliche Vernunft und vor allem das menschliche Herz.
[Hl
Meine Herren! Bei unserer letzten Zusammenkunft ist mir vorgeworfen worden, daß ich meine Beispiele und Belege fast nur aus fremden Ländern, namentlich aus England, genommen habe. Man hat gesagt, Frankreich und England gehe uns nichts an, wir lebten in Deutschland, und es sei unsere Sache, die Notwendigkeit und Vortrefflichkeit des Kommunismus für Deutschland zu beweisen. Man hat zugleich uns vorgeworfen, die historische Notwendigkeit des Kommunismus überhaupt keineswegs genügend dargetan zu haben. Dies ist ganz richtig und war auch nicht anders möglich. Eine historische Notwendigkeit läßt sich nicht in so kurzer Zeit beweisen wie die Kongruenz zweier Dreiecke, sie kann nur durch Studium und Eingehen auf weitläufige Voraussetzungen bewiesen werden. Ich will indes heute das meinige tun, um diese beiden Vorwürfe zu beseitigen, ich werde zu beweisen suchen, daß der Kommunismus für Deutschland - wenn keine historische, doch eine ökonomische Notwendigkeit ist. Betrachten wir zuerst die gegenwärtige soziale Lage Deutschlands. Daß viel Armut unter uns existiert, ist bekannt. Schlesien und Böhmen haben selbst gesprochen. Von der Armut der Mosel- und Eifelgegendenwußte die „Rheinische Zeitung" viel zu erzählen. Im Erzgebirge herrscht seit undenklicher Zeit fortwährendes großes Elend. Nicht besser sieht es in der Senne und den westfälischen Leinendistrikten aus. Von allen Gegenden Deutschlands her wird geklagt, und es ist auch nicht anders zu erwarten. Unser Proletariat ist zahlreich und muß es sein, wie wir bei der oberflächlichsten Betrachtung unserer sozialen Lage einsehen müssen. Daß in den Industriebezirken ein zahlreiches Proletariat sein muß, liegt in der Natur der Sache. Die Industrie kann nicht ohne eine große Anzahl von Arbeitern existieren, die ihr gänzlich zu Gebote stehen, nur für sie arbeiten und auf jeden anderen Erwerb verzichten, die industrielle Beschäftigung macht bei dem Bestehen der Konkurrenz jede andere Beschäftigung unmöglich.' Daher finden wir in allen Industriedistrikten ein Proletariat, das zu zahlreich, zu augenscheinlich ist, als daß es geleugnet werden könnte. - In den Ackerbaudistrikten dagegen soll kein Proletariat existieren, wie von vielen Seiten her behauptet wird. Aber wie ist dies möglich? In den Gegenden, wo großer Grundbesitz vorherrscht, ist ein solches Proletariat notwendig, die großen Wirtschaften haben Knechte und Mägde nötig, können nicht ohne Proletarier existieren. In den Gegenden, wo der Grundbesitz parzelliert ist, läßt sich das Aufkommen einer besitzlosen
Klasse ebenfalls nicbt vermeiden; man teilt die Güter bis zu einem gewissen Grade, und dann hört das Teilen auf; und da dann nur einer aus der Familie das Gut übernehmen kann, so müssen die anderen wohl Proletarier, besitzlose Arbeiter werden. Dabei geht das Teilen denn gewöhnlich solange voran, bis das Gut zu klein ist, um eine Familie ernähren zu können, und es bildet sich eine Klasse von Leuten, die wie die kleine Mittelklasse der Städte, einen Übergang aus der besitzenden in die besitzlose Klasse bildet, durch ihren Besitz von anderer Beschäftigung zurückgehalten und doch nicht befähigt ist, von ihm zu leben. Auch unter dieser Klasse herrscht großes Elend. Daß dieses Proletariat an Zahl stets zunehmen muß, dafür bürgt uns die zunehmende Verarmung der Mittelklassen, von der ich heute vor acht Tagen ausführlich sprach, und die Tendenz des Kapitals, sich in wenigen Händen zu konzentrieren. Ich brauche heute wohl auf diese Punkte nicht zurückzukommen und bemerke nur, daß diese Ursachen, welche das Proletariat fortwährend erzeugen und vermehren, dieselben bleiben und dieselben Folgen haben werden, solange die Konkurrenz besteht. Unter allen Umständen muß das Proletariat nicht nur fortexistieren, sondern auch sich fortwährend ausdehnen, eine immer drohendere Macht in unserer Gesellschaft werden, solange wir fortfahren, jeder auf seine eigne Faust und im Gegensatz zu allen anderen zu produzieren. Das Proletariat wird aber einmal eine Stufe der Macht und Einsicht erreichen, bei der es sich den Druck des ganzen sozialen Gebäudes, das fortwährend auf seinen Schultern ruht, nicht mehr wird gefallen lassen, wo es eine gleichmäßigere Verteilung der sozialen Lasten und Rechte verlangen wird; und dann wird - wenn sich die menschliche Natur bis dahin nicht ändert - eine soziale Revolution nicht zu vermeiden sein. Dies ist eine Frage, auf die unsere Ökonomen bis jetzt noch gar nicht eingegangen sind. Sie kümmern sich nicht um die Verteilung, sondern bloß um die Erzeugung des Nationalreichtums. Wir wollen indes für einen Augenblick davon abstrahieren, daß, wie eben bewiesen, eine soziale Revolution überhaupt schon die Folge der Konkurrenz ist; wir wollen einmal die einzelnen Formen, unter denen die Konkurrenz auftritt, die verschiedenen ökonomischen Möglichkeiten für Deutschland betrachten und sehen, was die Folge einer jeden sein muß. Deutschland —, oder genauer zu sprechen, der deutsche Zollverein'1421, hat für den Augenblick einen Juste-milieu-Zolltarif. Unsere Zölle sind zu wirklichen Schutzzöllen zu niedrig, zur Handelsfreiheit zu hoch. So sind drei Dinge möglich: Entweder gehen wir zur vollständigen Handelsfreiheit über,
oder wir schützen unsere Industrie durch hinreichende Zölle, oder wir bleiben bei dem jetzigen System. Sehen wir die einzelnen Fälle an. Wenn wir di eHandelsfreiheit proklamieren und unsere Zölle aufheben, so ist unsere gesamte Industrie mit Ausnahme weniger Zweige ruiniert. Von Baumwollspinnerei, von mechanischer Weberei, von den meisten Zweigen der Baumwollen- und Wollenindustrie, von bedeutenden Branchen der Seidenindustrie, von beinahe der ganzen Eisengewinnung und Eisenverarbeitung kann dann keine Rede mehr sein. Die in allen diesen Zweigen plötzlich brotlos gewordenen Arbeiter würden in Masse auf den Ackerbau und die Trümmer der Industrie geworfen werden, der Pauperismus würde überall aus dem Boden wachsen, die Zentralisation des Besitzes in den Händen weniger würde durch eine solche Krisis beschleunigt werden, und nach den Vorgängen in Schlesien zu urteilen, wäre die Folge dieser Krisis notwendig eine soziale Revolution. Oder wir verschaffen uns Schutzzölle. Diese sind neuerdings die Schoßkinder unserer meisten Industriellen geworden und verdienen daher nähere Betrachtung. Herr List hat die Wünsche unserer Kapitalisten in ein System gebracht'143-1, und an dieses von ihnen ziemlich allgemein als Credo anerkannte System will ich mich halten. Herr List schlägt allmählich steigende Schutzzölle vor, die endlich hoch genug werden sollen, daß sie den Fabrikanten den inländischen Markt sichern; dann sollen sie eine Zeitlang auf dieser Höhe bleiben und dann allmählich wieder erniedrigt werden, so daß endlich, nach einer Reihe von Jahren, aller Schutz aufhört. Nehmen wir einmal an, dieser Plan werde ausgeführt, die steigenden Schutzzölle seien dekretiert. Die Industrie wird sich heben, das noch müßige Kapital wird sich auf industrielle Unternehmungen werfen, die Nachfrage nach Arbeitern und mit ihr der Lohn wird steigen, die Armenhäuser leeren sich, es tritt ein allem Anscheine nach höchst blühender Zustand ein. Dies dauert solange, bis unsre Industrie ausgedehnt genug ist, um den heimischen Markt zu versorgen. Weiter kann sie sich nicht ausdehnen, denn da sie den heimischen Markt ohne Schutz nicht behaupten kann, so wird sie noch viel weniger auf neutralen Märkten gegen die auswärtige Konkurrenz etwas ausrichten. Jetzt, meint Herr List, würde indes die inländische Industrie schon stark genug sein, um weniger Schutz zu bedürfen, und die Herabsetzung könne anfangen. Geben wir dies für einen Augenblick zu. Die Zölle werden erniedrigt. Wenn nicht bei der ersten, so tritt doch ganz gewiß bei der zweiten oder dritten Zollherabsetzung eine solche Verringerung des Schutzes ein, daß die auswärtige — sagen wir geradezu die englische Industrie auf dem deutschen Markte mit unsrer eignen konkurrieren kann. Herr List wünscht dies selbst.
Was werden aber die Folgen davon sein? Die deutsche Industrie hat von diesem Augenblicke an alle Schwankungen, alle Krisen der englischen mit auszuhalten. Sobald die überseeischen Märkte mit englischen Waren überfüllt sind, werden die Engländer, gerade wie sie es jetzt tun, und wie Herr List es mit vieler Rührung schildert, ihre sämtlichen Vorräte auf den deutschen Markt, den nächsten zugänglichen, werfen und so den Zollverein wieder zu ihrem „Trödelmagazin" machen. Dann wird die englische Industrie sich bald wieder erheben, weil sie die ganze Welt zum Markte hat, weil die ganze Welt ihrer nicht entbehren kann, während die deutsche nicht einmal für ihren eignen Markt unentbehrlich ist, während sie in ihrem eignen Hause die Konkurrenz der Engländer fürchten muß und an dem Überfluß der während der Krisis ihren Abnehmern zugeworfenen englischen Waren laboriert. Dann wird unsre Industrie alle schlechten Perioden der englischen bis auf die Hefen zu kosten haben, während sie an den Glanzperioden dieser letzteren nur bescheidenen Anteil nehmen kann - kurz, dann werden wir gerade so weit sein, wie wir jetzt sind. Und damit wir gleich das Endresultat bekommen, dann wird derselbe gedrückte Zustand eintreten, in welchem jetzt die halbgeschützten Zweige sich befinden, dann wird ein Etablissement nach dem andern eingehen, ohne daß neue entstehen, dann werden unsre Maschinen veralten, ohne daß wir imstande sein werden, sie durch neue, verbesserte zu ersetzen, dann wird der Stillstand in einen Rückschritt sich verwandeln und nach Herrn Lists eigner Behauptung ein Industriezweig nach dem andern verkommen und endlich ganz eingehen. Dann aber haben wir ein zahlreiches Proletariat, das durch die Industrie geschaffen wurde und nun keine Lebensmittel, keine Arbeit hat; und dann, mfeine] H[erren], wird dies Proletariat mit der Forderung an die besitzende Klasse treten, beschäftigt und ernährt zu werden. Das wird der Fall sein, wenn die Schutzzölle herabgesetzt werden. Nehmen wir nun an, sie würden nicht herabgesetzt, sie blieben stehen, und man wollte abwarten, daß die Konkurrenz der inländischen Fabrikanten unter sich sie illusorisch mache, um sie dann herabzusetzen. Die Folge hiervon wird sein, daß die deutsche Industrie, sobald sie imstande ist, den heimischen Markt vollständig zu versorgen, stillsteht. Neue Etablissements sind nicht nötig, da die bestehenden für den Markt ausreichen und an neue Märkte, wie schon oben gesagt, nicht zu denken ist, solange man überhaupt des Schutzes bedarf. Aber eine Industrie, deren Ausdehnung nicht fortschreitet, kann sich auch nicht vervollkommnen. Wie nach außen, wird sie nach innen stationär. Die Verbesserung der Maschinerie existiert für sie nicht. Die alten Maschinen kann man doch nicht wegwerfen, und für die neuen finden sich keine
neuen Etablissements, in denen sie Anwendung finden könnten. Andre Nationen schreiten indes voran, und der Stillstand unsrer Industrie wird wieder ein Rückschritt. Bald werden die Engländer durch ihren Fortschritt befähigt sein, so wohlfeil zu produzieren, daß sie mit unsrer zurückgebliebenen Industrie trotz des Schutzzolls auf unsrem eignen Markte konkurrieren können, und da im Kampf der Konkurrenz, wie in jedem andern Kampf, der Stärkere siegt, so ist unsre endliche Niederlage gewiß. Dann tritt derselbe Fall ein, von dem ich eben sprach: das künstlich erzeugte Proletariat wird von den Besitzenden etwas verlangen, was sie, solange sie exklusiv Besitzende bleiben wollen, nicht leisten können, und die soziale Revolution tritt ein. Jetzt ist noch ein Fall möglich, nämlich der sehr unwahrscheinliche, daß es uns Deutschen durch die Schutzzölle gelingen werde, unsre Industrie dahin zu bringen, daß sie ohne Schutz gegen die Engländer konkurrieren könne. Nehmen wir an, dies sei der Fall; was wird die Folge davon sein? Sobald wir anfangen, den Engländern auf auswärtigen, neutralen Märkten Konkurrenz zu machen, so wird sich ein Kampf auf Tod und Leben zwischen unsrer und der englischen Industrie erheben. Die Engländer werden alle ihre Kräfte aufbieten, um uns aus den bisher von ihnen versorgten Märkten entfernt zu halten, sie müssen es, weil sie hier an ihrer Lebensquelle, an dem gefährlichsten Punkt angegriffen werden. Und mit all den Mitteln, die ihnen zu Gebote stehen, mit all den Vorteilen einer hundertjährigen Industrie, wird es ihnen gelingen, uns zu schlagen. Sie werden unsre Industrie auf unsren eignen Markt beschränkt halten und sie dadurch stationär machen - und dann tritt derselbe Fall ein, der eben entwickelt wurde, wir bleiben stehen, die Engländer schreiten vorwärts, und unsre Industrie ist bei ihrem unvermeidlichen Verfall nicht imstande, das durch sie künstlich erzeugte Proletariat zu ernähren -, die soziale Revolution tritt ein. Gesetzt aber, wir besiegten die Engländer auch auf neutralen Märkten, wir rissen einen ihrer Abzugskanäle nach dem andern an uns was hätten wir in diesem so gut wie unmöglichen Fall gewonnen? Im glücklichsten Fall würden wir dann die industrielle Karriere, die England uns vorgemacht hat, noch einmal durchmachen und über kurz oder lang da ankommen - wo England jetzt steht - nämlich am Vorabende einer sozialen Revolution. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde es aber solange gar nicht dauern. Durch die fortwährenden Siege der deutschen Industrie würde die englische notwendig ruiniert und die ohnehin den Engländern bevorstehende massenhafte Erhebung des Proletariats gegen die besitzenden Klassen nur beschleunigt. Die schnell eintretende Brotlosigkeit würde die englischen Arbeiter zur Revolution treiben, und wie die Dinge jetzt stehen, würde eine solche soziale
Revolution auf die Länder des Kontinents, namentlich Frankreich und Deutschland, eine ungeheure Rückwirkung ausüben, die um so stärker werden müßte, je mehr durch die forcierte Industrie in Deutschland ein künstliches Proletariat erzeugt worden wäre. Eine solche Umwälzung würde sogleich europäisch werden und die Träume unsrer Fabrikanten von einem industriellen Monopol Deutschlands sehr unsanft stören. Daß aber eine englische und eine deutsche Industrie friedlich nebeneinander bestehen könnten, das macht schon die Konkurrenz unmöglich. Eine jede Industrie muß, ich wiederhole es, fortschreiten, um nicht zurückzubleiben und unterzugehen, sie muß sich ausdehnen, neue Märkte erobern, fortwährend durch neue Etablissements vergrößert werden, um fortschreiten zu können. Da aber, seitdem China offen stehtt144', keine neuen Märkte mehr erobert werden, sondern nur die bestehenden besser ausgebeutet werden können, da also die Ausdehnung der Industrie in Zukunft langsamer gehen wird als bisher, so kann England jetzt noch viel weniger einen Konkurrenten dulden, als dies bisher der Fall war. Es muß, um seine Industrie vor dem Untergange zu schützen, die Industrie aller andern Länder darniederhalten; die Behauptung des industriellen Monopols ist für England nicht mehr eine bloße Frage des größeren oder geringeren Gewinns, sie ist eine Lebensfrage geworden. Der Kampf der Konkurrenz zwischen Nationen ist ohnehin schon viel heftiger, viel entscheidender als der zwischen Individuen, weil es ein konzentrierterer Kampf, ein Kampf von Massen ist, den nur der entschiedene Sieg des einen und die entschiedene Niederlage des andern Teils endigen kann. Und darum würde auch ein solcher Kampf zwischen uns und den Engländern, mag sein Resultat sein, wie es will, weder für unsre, noch für die englischen Industriellen von Vorteil sein, sondern nur, wie ich eben entwickelte, eine soziale Revolution nach sich ziehen. Wir haben demnach gesehen, m[eine] H[erren], was Deutschland sowohl von der Handelsfreiheit wie von dem Schutzsystem in allen möglichen Fällen zu erwarten hat. Wir hätten nur noch eine ökonomische Möglichkeit vor uns, nämlich den Fall, daß wir bei den jetzt bestehenden Juste-milieu-Zöllen blieben. Wir haben aber schon oben gesehen, was die Folgen davon sein würden. Unsere Industrie müßte, ein Zweig nach dem andern, zugrunde gehen, die Industriearbeiter würden brotlos werden, und wenn die Brotlosigkeit bis auf einen gewissen Grad gediehen, in einer Revolution gegen die besitzenden Klassen losbrechen. Sie sehen also, m[eine] H[erren], auch im einzelnen das bestätigt, was ich im Anfange allgemein, von der Konkurrenz überhaupt ausgehend, entwickelte nämlich, daß die unvermeidliche Folge unserer bestehenden
sozialen Verhältnisse unter allen Bedingungen und in allen Fällen eine soziale Revolution sein wird. Mit derselben Sicherheit, mit der wir aus gegebenen mathematischen Grundsätzen einen neuen Satz entwickeln können, mit derselben Sicherheit können wir aus den bestehenden ökonomischen Verhältnissen und den Prinzipien der Nationalökonomie auf eine bevorstehende soziale Revolution schließen. Sehen wir uns indes diese Umwälzung einmal etwas näher an; in welcher Gestalt wird sie auftreten, was werden ihre Resultate sein, worin wird sie sich von den bisherigen gewaltsamen Umwälzungen unterscheiden? Eine soziale Revolution, mfeine] Hferren], ist ganz etwas anderes als die bisherigen politischen Revolutionen; sie geht nicht, wie diese, gegen das Eigentum des Monopols, sondern gegen das Monopol des Eigentums; eine soziale Revolution, m[eine] Hferren], das ist der offene Krieg der Armen gegen die Reichen. Und solch ein Kampf, in dem alle die Triebfedern und Ursachen unverhohlen und offen zu ihrer Wirkung kommen, die in den bisherigen historischen Konflikten dunkel und versteckt zum Grunde lagen, solch ein Kampf droht allerdings heftiger und blutiger werden zu wollen als alle seine Vorgänger. Das Resultat dieses Kampfes kann ein zweifaches sein. Entweder greift die sich empörende Partei nur die Erscheinung, nicht das Wesen, nur die Form, nicht die Sache selbst an, oder sie geht auf die Sache selbst ein und faßt das Übel bei der Wurzel selbst an. Im ersten Falle wird man das Privateigentum bestehen lassen und nur anders verteilen, so daß die Ursachen bestehen bleiben, welche den jetzigen Zustand herbeigeführt haben und über kurz oder lang wieder einen ähnlichen Zustand und eine neue Revolution herbeiführen müssen. Aber, m[eine] H[erren], ist dies möglich? Wo finden wir eine Revolution, die das nicht wirklich durchgesetzt hätte, wovon sie ausging? Die englische Revolution setzte sowohl die religiösen wie die politischen Grundsätze durch, deren Bekämpfung von seiten Karls I. sie hervorrief; die französische Bourgeoisie hat in ihrem Kampfe mit dem Adel und der alten Monarchie alles erobert, was sie wünschte, alle die Mißbräuche abgestellt, die sie zum Aufstande trieben. Und der Aufstand der Armen sollte eher ruhen, bis er die Armut und ihre Ursachen abgeschafft hätte? Es ist nicht möglich, m[eine] H[erren], es würde gegen alle geschichtliche Erfahrung streiten, so etwas anzunehmen. Auch der Bildungsstand der Arbeiter, besonders in England und Frankreich, erlaubt uns nicht, dies für möglich zu halten. Es bleibt also nichts übrig als die andere Alternative, nämlich, daß die zukünftige soziale Revolution auch auf die wirklichen Ursachen der Not und Armut, der Unwissenheit und des Verbrechens eingehen, daß sie also eine wirkliche soziale Reform durchsetzen werde. Und dies kann nur durch die Proklamation des kommunistischen Prinzips geschehen. Betrachten Sie nur,
m[eine] H[erren], die Gedanken, welche den Arbeiter in den Ländern, wo auch der Arbeiter denkt, bewegen; sehen Sie in Frankreich die verschiedenen Fraktionen der Arbeiterbewegung, ob sie nicht alle kommunistisch sind; gehen Sie nach England und hören Sie, was für Vorschläge den Arbeitern zur Verbesserung ihrer Lage gemacht werden - ob sie nicht alle auf dem Prinzip des gemeinschaftlichen Eigentums beruhen; studieren Sie die verschiedenen Systeme der sozialen Reform, wie viele von ihnen Sie finden werden, die nicht kommunistisch sind? Von allen Systemen, die heutzutage noch von Bedeutung sind, ist das einzige nicht kommunistische das von Fourier, der seine Aufmerksamkeit mehr auf die soziale Organisation der menschlichen Tätigkeit als auf die Verteilung ihrer Erzeugnisse richtete. Alle diese Tatsachen rechtfertigen den Schluß, daß eine zukünftige soziale Revolution mit der Durchführung des kommunistischen Prinzips endigen werde, und lassen kaum eine andere Möglichkeit zu. Sind diese Folgerungen richtig, m[eine] H[erren], ist die soziale Revolution und der praktische Kommunismus das notwendige Resultat unserer bestehenden Verhältnisse -, so werden wir uns vor allen Dingen mit den Maßregeln zu beschäftigen haben, wodurch wir einer gewaltsamen und blutigen Umwälzung der sozialen Zustände vorbeugen können. Und da gibt es nur ein Mittel, nämlich die friedliche Einführung oder wenigstens Vorbereitung des Kommunismus. Wollen wir also nicht die blutige Lösung des sozialen Problems, wollen wir nicht den täglich größer werdenden Widerspruch zwischen der Bildung und der Lebenslage unserer Proletarier sich bis zu der Spitze steigern lassen, wo nach allen unseren Erfahrungen über die menschliche Natur die brutale Gewalt, die Verzweiflung und Rachgier diesen Widerspruch lösen wird, dann, m[eine] Hferren], müssen wir uns ernstlich und unbefangen mit der sozialen Frage beschäftigen; dann müssen wir es uns angelegen sein lassen, das unsrige zur Vermenschlichung der Lage der modernen Heloten beizutragen. Und wenn vielleicht manchem von Ihnen es scheinen möchte, als ob die Hebung der bis jetzt erniedrigten Klassen nicht ohne eine Erniedrigung seiner eigenen Lebenslage geschehen könnte, so ist doch zu bedenken, daß es sich darum handelt, eine solche Lebenslage für alle Menschen zu schaffen, daß ein jeder seine menschliche Natur frei entwickeln, mit seinen Nächsten in einem menschlichen Verhältnisse leben kann und vor keinen gewaltsamen Erschütterungen seiner Lebenslage sich zu fürchten braucht; so ist zu bedenken, daß dasjenige, was einzelne aufopfern sollen, nicht ihr wahrhaft menschlicher Lebensgenuß, sondern nur der durch unsere schlechten Zustände erzeugte Schein des Lebensgenusses ist, etwas, was wider die eigne Vernunft und das eigne Herz derer geht, die sich jetzt dieser scheinbaren
Vorzüge erfreuen. Das wahrhaft menschliche Leben mit allen seinen Bedingungen und Bedürfnissen wollen wir so wenig zerstören, daß wir es im Gegenteil erst recht herzustellen wünschen. Und wenn Sie, auch abgesehen davon, nur einmal recht bedenken wollen, auf was unser jetziger Zustand in seinen Folgen hinauslaufen muß, in welches Labyrinth von Widersprüchen und Unordnungen er uns führt —, dann, m[eine] H[erren], werden Sie es gewiß der Mühe wert finden, die soziale Frage ernsthaft und gründlich zu studieren. Und wenn ich Sie dazu veranlassen kann, so ist der Zweck meines Vortrags vollständig erreicht.
Vorgetragen in Elberfeld am 8. und 15. Februar 1845. „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform" 1845. Erster Band, S. 45-62 und 71-81.
AND NATIONAL TRADES' JOURNAL. "VOL. Vlu, NO, 409 LONDON. .SATUfWAY.SEPTEMBER U. VB--V6 .„.„.Z!"
[Friedrich Engels]
Das kürzliche Gemetzel in LeipzigDie deutsche Arbeiterbewegung
[„The Northern Star" Nr. 409 vom 13. September 1845] Das Gemetzel in Leipzig[145], das Sie in Ihrer letzten Nummer kommentiert und über das Sie vor einigen Wochen einen ausführlichen Bericht gebracht haben, beschäftigt noch immer die Aufmerksamkeit der deutschen Zeitungen. Dieses Gemetzel, das an Niedertracht nur von der PeterlooMetzelei[U6] übertroffen wird, ist bei weitem der schändlichste Schurkenstreich, den der Militärdespotismus in unserem Lande je ersonnen hat. Als das Volk rief: „Es lebe Ronge, nieder mit dem Papsttum", versuchte Prinz Johann von Sachsen, nebenbei bemerkt, einer von unseren vielen reimenden und bücherschreibenden Prinzen, der eine sehr schlechte Übersetzung der „Hölle"[147] des italienischen Dichters Dante veröffentlicht hat - dieser „höllische" Übersetzer also versuchte, seinem literarischen Ruf militärischen Ruhm hinzuzufügen, indem er eine höchst heimtückische Kampagne gegen die unbewaffneten Massen in die Wege leitete. Er befahl dem von der Obrigkeit herbeigerufenen Schützenbataillon, sich in mehrere Abteilungen aufzuteilen und die Zugänge zu dem Hotel zu besetzen, in dem seine literarische „königliche Hoheit" ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Die Soldaten gehorchten, sie preßten die Menschen in einem kleinen Ring zusammen und gingen in der Richtung auf den Hoteleingang gegen sie vor; und dieses unvermeidliche Eindringen der Leute in den geheiligten Eingang der königlichen Residenz, das durch die von Prinz Johann befohlene militärische Handlung verursacht worden war —, eben dieser Umstand wurde zum Vorwand genommen, auf die Menschen zu schießen; mit eben diesem Umstand haben die Regierungszeitungen die Schießerei zu rechtfertigen versucht! Das ist noch nicht alles; die Menschen wurden zwischen den einzelnen Abteilungen zusammengedrängt, und der Plan seiner königlichen Hoheit wurde durch ein
Kreuzfeuer auf die wehrlosen Massen ausgeführt; wohin sie sich auch wandten, wurden sie von wiederholten Gewehrsalven empfangen; und hätten nicht die Soldaten, die menschlicher waren als Prinz Johann, zumeist über die Köpfe der Menschen geschossen, hätte es ein fürchterliches Blutbad gegeben. Die Empörung, die dieser Schurkenstreich hervorgerufen hat, ist allgemein; die loyalsten Untertanen, die wärmsten Anhänger der gegenwärtigen Ordnung teilen sie und wenden sich mit Abscheu gegen diese Vorgänge. Die Sache wird eine sehr starke Wirkung in Sachsen haben, dem Teil Deutschlands, der mehr als alle anderen stets eine Neigung zum Reden an den Tag gelegt hat, während Taten bitter nötig waren. Die Sachsen, mit ihrer kleinen konstitutionellen Regierung, mit ihrem schwatzenden Parlament, ihren liberalen Abgeordneten, liberalen und aufgeklärten Pfaffen etc., waren in Norddeutschland die Vertreter des gemäßigten Liberalismus, des deutschen Whiggismus, und bei alledem mehr die Sklaven des Königs von Preußen als die Preußen selbst. Was die preußische Regierung auch immer beschloß, mußte das sächsische Ministerium ausführen; ja, kürzlich hat sich die preußische Regierung nicht einmal die Mühe gemacht, sich an das sächsische Ministerium zu wenden, sondern wandte sich direkt an die unteren sächsischen Behörden, als ob es sich nicht um sächsische, sondern um ihre eigenen Beamten handelte! Sachsen wird von Berlin regiert, nicht von Dresden! Und bei ihrem ganzen Reden und Prahlen wissen die Sachsen sehr gut, daß die bleierne Hand Preußens schwer genug auf ihnen lastet. All diesem Reden und Prahlen, all diesem Eigendünkel und dieser Selbstzufriedenheit, das die Sachsen zu einer besonderen, gegen Preußen in Opposition stehenden Nation machen möchte etc., wird das Leipziger Gemetzel ein Ende bereiten. Die Sachsen müssen jetzt einsehen, daß sie sich unter der gleichen Militärherrschaft befinden wie alle anderen Deutschen, und daß trotz aller Verfassung, liberalen Gesetze, liberalen Zensur und liberalen Reden des Königs das Kriegsrecht das einzige Recht ist, das in ihrem kleinen Lande wirklich existiert. Und noch etwas anderes trägt dazu bei, daß diese Leipziger Affäre den Geist der Rebellion in Sachsen verbreitet: Trotz allen Geredes der sächsischen Liberalen fängt die Mehrheit des sächsischen Volkes erst zu reden an; Sachsen ist ein Industrieland, und unter seinen Leinewebern, Strumpfwirkern, Baumwollspinnern, Spitzenklöpplern, Kohlenund Erzbergleuten herrscht seit undenklichen Zeiten ein entsetzliches Elend. Die proletarische Bewegung, die sich seit den schlesischen Aufständen, der sogenannten Weberschlacht im Juni 1844, über ganz Deutschland verbreitet hat, ist an Sachsen nicht spurlos vorübergegangen. Vor einiger Zeit hat es an verschiedenen Orten Unruhen unter den Arbeitern beim
Eisenbahnbau und auch unter den Kattundruckern gegeben, und es ist mehr als wahrscheinlich, daß der Kommunismus, obwohl bis jetzt noch keine positiven Beweise dafür angeführt werden können, hier ebenso wie überall sonst unter den Arbeitern Fortschritte macht; und wenn die sächsischen Arbeiter das Kampffeld betreten, werden sie sich bestimmt nicht mit Gerede zufriedengeben wie ihre Arbeitgeber, die liberalen „Bourgeois". Lassen Sie mich Ihre Aufmerksamkeit etwas mehr auf die Bewegung der Arbeiterklasse in Deutschland lenken. In der vergangenen Woche haben Sie unserem Lande in Ihrer Zeitung eine glorreiche Revolution[148] - keine wie die von 1688 - vorausgesagt. Damit haben Sie vollkommen recht, nur möchte ich Ihre Äußerung, daß es die Jugend Deutschlands sei, die eine solche Änderung zustande bringen werde, berichtigen oder vielmehr klarer definieren. Diese Jugend darf man nicht im Bürgertum suchen. Die revolutionäre Tat wird in Deutschland aus der Mitte der Arbeiterschaft heraus ihren Anfang nehmen. Es stimmt, daß es in unserem Bürgertum eine beträchtliche Anzahl Republikaner und sogar Kommunisten gibt sowie auch junge Menschen, die, wenn es jetzt zu einem allgemeinen Aufstand käme, in der Bewegung sehr nützlich wären, aber diese Menschen sind „Bourgeois", Profitmacher, berufsmäßige Fabrikanten; und wer gibt uns die Garantie, daß sie nicht durch ihren Beruf, durch ihre soziale Stellung demoralisiert werden, die sie zwingen, von der Arbeit anderer Menschen zu leben und die fett werden als Blutsauger, als „Exploiteurs" der Arbeiterklasse? Und sofern sie der Gesinnung nach Proletarier bleiben, obwohl sie dem Beruf nach Bourgeois sind, so wird ihre Zahl unendlich klein sein, im Vergleich zur wirklichen Zahl der Angehörigen des Bürgertums, die ihres Interesses wegen an der bestehenden Ordnung festhalten und deren einzige Sorge es ist, sich dieTaschen zu füllen. Glücklicherweise rechnen wir mit dem Bürgertum überhaupt nicht. Die Bewegung der Proletarier hat sich mit so erstaunlicher Geschwindigkeit entwickelt, daß wir in ein oder zwei Jahren eine glorreiche Heerschau über Demokraten und Kommunisten aus der Arbeiterschaft werden abhalten können _ denn hierzulande sind Demokratie und Kommunismus, soweit es sich um die Arbeiterklasse handelt, völlig identisch. Die schlesischen Weber gaben im Jahre 1844 das Signal; die böhmischen und sächsischen Kattundrucker und Eisenbahnarbeiter, die Berliner Kattundrucker und tatsächlich die Industriearbeiter in fast allen Teilen Deutschlands antworteten mit Streiks und Teilrevolten; die letzteren wurden fast immer durch die gesetzlichen Verbote von Vereinigungen hervorgerufen. Die Bewegung hat jetzt fast das ganze Land ergriffen und nimmt ruhig, aber stetig ihren Fortgang, während das Bürgertum seine Zeit mit der Agitation für „Verfassungen",
„Preßfreiheit", „Schutzzölle", „Deutschkatholizismus" und „protestantische Kirchenreform" verbringt. Obwohl alle diese bürgerlichen Bewegungen nicht ganz ohne Verdienste sind, berühren sie die arbeitenden Klassen überhaupt nicht; sie haben ihre eigene Bewegung -a knife-and-fork movement1. Mehr darüber in meinem nächsten Brief.
Geschrieben zwischen dem 8. und 11. September 1845. Aus dem Englischen.
1 eine Kampfbewegung für das tägliche Brot
36 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
[Friedrich Engels]
Victorias Besuch — Die „Königshäuser" im Streit — Krach zwischen Vic und der deutschen Bourgeoisie— Die Verurteilung der Pariser Zimmerleute
[„The Northern Star" Nr. 410 vom 20. September 1845] Ihre kleine Königin hat mit ihrem Besuch bei den Preußen eine schöne Verwirrung angerichtet. Sie behandelte den König mit solcher Mißachtung, daß er froh war, sie loszuwerden, und dies nach ihrer Abreise sehr offen zeigte. Das Bürgertum ist ebenfalls sehr erregt über die verächtliche Art und Weise, in der sie die Töchter der „haute bourgeoisie" von Köln behandelte. Die Tochter des Kölner Bürgermeisters mußte „Ihrer Majestät" eine Tasse Tee servieren, und Vic nahm die Tasse nicht, weil sie von einer Nichwlc/frgen (!) berührt worden war. Sie nahm nur den Löffel und trank damit den Tee in kleinen Schlückchen, während sie gleichzeitig den Kopf abwandte und das Mädchen mit betonter Verachtung behandelte. Das arme Mädchen stand am ganzen Leibe zitternd da und wußte nicht, ob es stehenbleiben oder weggehen sollte. Geschah ihm recht; diese geldstolzen Bourgeois sind mit all ihrer Schlauheit, mit ihrer Anbetung der Könige und Königinnen am Ende nichts weiter als Einfaltspinsel und verdienen es, als solche behandelt zu werden. Ihre Königin trieb die Verachtung so weit, daß das bißchen Charakterstärke, das diese Bourgeois besitzen, geweckt wurde und sie dazu veranlaßte, sich in gewissem Maße zu widersetzen. Sie hatte 3500 Taler (£ 500) für den Baufonds des Kölner Doms gestiftet, und die beleidigten Bürger Kölns beriefen eine Versammlung ein, um darüber zu diskutieren, ob es angehe, ihr das Geld zurückzugeben! Die Versammlung wurde von Polizei und Militär aufgelöst. Wie ich jedoch höre, hegen sie die Absicht, das Geld durch eigene Subskription aufzubringen und es nach England oder Irland als Spende für Ihre verhungernden Armen zu schicken. Ich hoffe, sie werden es tun. John Bull mußte ganz schön für die blutsaugenden deutschen Fürsten bluten, und es ist nur gerecht, daß die deutsche Bourgeoisie etwas von dem zurückgibt, was dem armen John so schändlich entzogen wurde. Wie ich höre, entsprang die betonte Verachtung, mit der Ihre Königin unseren herrlichen König und seinen Hof behandelte, der Tatsache, daß die hinkende Königin von Preußen
den Arm des Prinzen Albert ausschlug und den des Erzherzogs Friedrich von Österreich vorzog, weil dieser von höherer Abstammung ist. Es ist sehr komisch, diese Fürsten untereinander und die Bourgeoisie mit den Fürsten im Streit zu sehen, während sie die ganze Zeit hindurch nicht die Bewegung bemerken,die in den untersten Schichten um sie herum entsteht -, nicht eher die Gefahr sehen, bis es zu spät ist. Sie haben im „Star" niemals das Urteil des Pariser Tribunals gegen die streikenden Zimmerleute bekanntgegeben, die wegen Assoziation angeklagt wurden - Vincent, der Anführer, wurde, ich glaube, zu drei Jahren, zwei andere zu je einem Jahr, weitere zu sechs Monaten (Gefängnis) verurteilt. Jedenfalls hält man zumindest jene draußen, deren Meister nicht nachgeben wollen. Zwei Drittel der Meister haben die Forderungen der Arbeiter bewilligt, und infolge des obigen Urteils sind die Brettschneider (s'cieurs-ä-Iong) und andere mit dem Bau verbundene Gewerbe ebenfalls in den Ausstand getreten. Diese Angelegenheit wird sich ungemein günstig auswirken.
Aus dem Englischen.
[Friedrich Engels]
Deutsche Zustände
Brief I
[„The Northern Star" Nr. 415 vom 25. Oktober 1845]
An den Redakteur des „Northern Star" Sehr geehrter Herr, Ihrem Wunsche entsprechend beginne ich mit diesem Brief eine Artikelserie über den gegenwärtigen Zustand meines Heimatlandes. Um zu erreichen, daß meine Ansichten über den Gegenstand klar verständlich werden, und um diese als wohlbegründet zu erweisen, muß ich mit einigen Worten eingehen auf die Geschichte Deutschlands seit dem Ereignis, das die moderne Gesellschaft bis in ihre tiefste Grundlage erschüttert hat - ich meine die Französische Revolution. Das alte Deutschland war zu jener Zeit unter dem Namen Heiliges Römisches Reichlli91 bekannt, und es bestand aus Gott weiß wie vielen kleinen Staaten, Königreichen, Kurfürstentümern, Herzogtümern, Erzherzog- und Großherzogtümern, Fürstentümern, Grafschaften, Baromen und freien Reichsstädten - jeder Staat unabhängig von dem andern und nur unterworfen der Macht (wenn es eine solche gab, was indessen seit Jahrhunderten nicht mehr der Fall gewesen) des Kaisers und Reichstags. Die Unabhängigkeit dieser kleinen Staaten ging so weit, daß in jedem Krieg gegen „den Erzfeind" (Frankreich natürlich) einige von ihnen sich mit dem König von Frankreich verbündeten und offen gegen ihren eigenen Kaiser Krieg führten. Der Reichstag, der aus Gesandtschaften aller dieser kleinen Staaten, unter dem Vorsitz des Reichserzkanzlers, bestand und die Macht des Kaisers einschränken sollte, war ständig versammelt, ohne jemals zu irgendwelchen Resultaten zu kommen, und seien es auch die unbedeutendsten. Man schlug seine Zeit tot mit den geringfügigsten Fragen des Zeremoniells, zum Beispiel ob die Gesandtschaft des Freiherrn von Soundso (die vielleicht aus dem Hauslehrer seines Sohnes und einem alten livrierten Lakaien oder ausgedienten Wildhüter bestand) den Vortritt haben solle vor der Gesandtschaft des Freiherrn von Soundso, oder ob der Vertreter der einen Reichsstadt den Vertreter einer anderen zu grüßen habe, ohne dessen Gruß abzuwarten, etc.
Dann gab es da Hunderttausende kleiner Privilegien, die denPrivilegierten selbst meist lästig waren, die sie jedoch als Ehrensache betrachteten, und über die sie deshalb mit der äußersten Hartnäckigkeit stritten. Diese und ähnliche wichtige Dinge nahmen auf dem weisen Reichstag so viel Zeit in Anspruch, daß diese ehrenwerte Versammlung keine Minute erübrigen konnte, um das Wohl des Reiches zu erörtern. Infolgedessen war die größtmögliche Unordnung und Konfusion an der Tagesordnung. Das Reich, sowohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten innerlich gespalten, machte von der Reformationszeit bis 1789 eine Reihe innerer Kriege durch, und in jedem dieser Kriege war Frankreich mit derjenigen Partei verbündet, die der schwachen und leicht zu besiegenden Partei des Kaisers entgegenstand, wobei es natürlich seinen Löwenanteil am Raube davontrug. Auf diese Weise wurden zuerst Burgund, dann die drei Bistümer Metz, Toul und Verdun, dann der Rest von Lothringen, schließlich Teile von Flandern und Elsaß vom Heiligen Römischen Reich getrennt und mit Frankreich vereinigt. So erhielt die Schweiz die Erlaubnis, vom Reiche unabhängig zu werden[160]; so wurde Belgien durch Vermächtnis Karls V. den Spaniern ausgeliefert; und allen diesen Ländern ging es nach ihrer Trennung von Deutschland besser. Zu diesem fortschreitenden äußeren Ruin des Reiches kam die größtmögliche innere Unordnung. Jeder kleine Fürst war ein blutsaugender, willkürlicher Despot seinen Untertanen gegenüber. Das Reich kümmerte sich nicht weiter um die inneren Angelegenheiten irgendwelcher Staaten, außer daß es einen Gerichtshof bildete (das Reichskammergericht[1B1] zu Wetzlar), der die Rechtsklagen der Untertanen gegen ihre Herrscher behandeln sollte, aber dieser edle Gerichtshof widmete sich diesen Prozessen so sehr, daß man niemals von dem Abschluß auch nur eines Prozesses gehört hat. Es ist fast unglaublich, welche Grausamkeiten und Willkürakte von den hochmütigen Fürsten gegen ihre Untertanen begangen wurden. Diese Fürsten, die nur ihrem Vergnügen und ihren Ausschweifungen lebten, räumten ihren Ministern und Regierungsbeamten jede despotische Gewalt ein, und diesen war es somit gestattet, ohne irgendeine Bestrafung zu riskieren, das unglückliche Volk in den Staub zu treten, nur unter der einen Bedingung, daß sie die Schatzkammer ihres Herrn füllten und seinen Harem mit einer unerschöpflichen Zufuhr weiblicher Schönheiten versorgten. Auch der Adel, soweit er nicht unabhängig war, sondern der Hoheit eines Königs, Bischofs oder Fürsten unterstand, behandelte das Volk mit größerer Verachtung, als er Hunden zuteil werden ließ, und preßte aus der Arbeit seiner Leibeigenen soviel Geld heraus, als er irgend konnte - denn die Leibeigenschaft war damals in Deutschland eine allgemeine Erscheinung. Ebensowenig gab es irgendein Anzeichen von Freiheit in den eigens als frei
bezeichneten Reichsstädten, denn hier regierten mit noch größerer Tyrannei der Bürgermeister und der selbstgewählte Senat, deren Ämter im Laufe der Jahrhunderte ebenso erblich geworden waren wie die Kaiserkrone. Nichts kommt dem infamen Benehmen dieser kleinen bürgerlichen Aristokraten der Städte gleich, und in der Tat, man würde es nicht glauben, daß der Zustand Deutschlands vor fünfzig Jahren so war, wenn er nicht noch im Gedächtnis vieler lebte, die sich an diese Zeit erinnern, und wenn er nicht durch hundert Autoritäten bestätigt würde. Und das Volk! Was sagte das Volk dazu? Was tat es? Nun, das Bürgertum, die geldgierigen Bourgeois, fanden in dieser fortdauernden Verwirrung eine Quelle des Wohlstands, sie wußten, daß sie im trüben am besten fischen konnten; sie ließen sich unterdrücken und beleidigen, weil sie an ihren Feinden eine Rache nehmen konnten, die ihrer würdig war; sie rächten sich für das ihnen zugefügte Unrecht, indem sie ihre Unterdrücker betrogen. Mit dem Volk vereinigt hätten sie die alten Herrschaften stürzen und das Reich neu begründen können, geradeso, wie es das englische Bürgertum von 1640 bis 1688 teilweise getan hatte und wie es dann die französische Bourgeoisie zu tun gerade im Begriff stand. Aber nein, das deutsche Bürgertum hatte nicht diese Energie, es gab niemals vor, solchen Mut zu haben; es wußte, daß Deutschland nichts war als ein Dunghaufen, es hatte sich aber in diesem Dunghaufen gemütlich eingerichtet, weil es selber Dung war, und es saß warm in dem Dung, von dem es umgeben war. Das arbeitende Volk aber war nicht schlechter dran als heute, ausgenommen die Bauernschaft, die größtenteils leibeigen war und nichts ohne die Hilfe der Städte tun konnte, da ständig Söldnerarmeen bei ihr einquartiert waren, die jeden Versuch einer Revolte in Blut zu ersticken drohten. So war der Zustand Deutschlands gegen Ende des vorigen Jahrhunderts. Das ganze Land war eine lebende Masse von Fäulnis und abstoßendem Verfall. Niemand fühlte sich wohl. Das Gewerbe, der Handel, die Industrie und die Landwirtschaft des Landes waren fast auf ein Nichts herabgesunken; die Bauernschaft, die Gewerbetreibenden und Fabrikanten litten unter dem doppelten Druck einer blutsaugenden Regierung und schlechter Geschäfte; der Adel und die Fürsten fanden, daß ihre Einkünfte, trotz der Auspressung ihrer Untertanen nicht so gesteigert werden konnten, daß sie mit ihren wachsenden Ausgaben Schritt hielten; alles war verkehrt, und ein allgemeines Unbehagen herrschte im ganzen Lande. Keine Bildung, keine Mittel, um auf das Bewußtsein der Massen zu wirken, keine freie Presse, kein Gemeingeist, nicht einmal ein ausgedehnter Handel mit anderen Ländern - nichts als Gemeinheit und Selbstsucht - ein gemeiner, kriechender, elender Krämergeist durchdrang das ganze Volk. Alles war überlebt, bröckelte ab, ging rasch
dem Ruin entgegen, und es gab nicht einmal die leiseste Hoffnung auf eine vorteilhafte Änderung; die Nation hatte nicht einmal genügend Kraft, um die modernden Leichname toter Institutionen hinwegzuräumen. Die einzige Hoffnung auf Besserung wurde in der Literatur des Landes gesehen. Dieses schändliche politische und soziale Jahrhundert war zugleich die große Epoche der deutschen Literatur. Um das Jahr 1750 wurden alle großen Geister Deutschlands geboren, die Dichter Goethe und Schiller, die Philosophen Kant und Fichte und kaum zwanzig Jahre später der letzte große deutsche Metaphysiker1, Hegel. Jedes bemerkenswerte Werk dieser Zeit atmet einen Geist des Trotzes und der Rebellion gegen die deutsche Gesellschaft, wie sie damals bestand. Goethe schrieb den „Götz von Berlichingen", eine dem Andenken eines Rebellen gewidmete dramatische Huldigung. Schiller schrieb „Die Räuber", in denen ein edler junger Mann gefeiert wird, der der ganzen Gesellschaft offen den Krieg erklärt. Doch das waren ihre Jugendwerke; als die Dichter älter wurden, verloren sie alle Hoffnung; Goethe beschränkte sich auf Satire schärfster Art, und Schiller wäre verzweifelt, hätte er nicht die Zuflucht gefunden, welche die Wissenschaft und vornehmlich die große Geschichte des alten Griechenlands und Roms ihm boten. Diese beiden können als Beispiele für die übrigen genommen werden. Selbst die besten und bedeutendsten Köpfe der Nation gaben alle Hoffnung auf die Zukunft ihres Landes auf. Plötzlich schlug die Französische Revolution wie ein Donnerschlag in dieses Chaos, das Deutschland hieß. Die Wirkung war gewaltig. Das Volk, das zu wenig aufgeklärt und von alters her zu sehr daran gewöhnt war, tyrannisiert zu werden, blieb unbewegt. Aber das Bürgertum und der bessere Teil des Adels begrüßten die Nationalversammlung und das Volk Frankreichs mit einem einzigen Ruf freudiger Zustimmung. Kein einziger von all den Hunderten oder Tausenden damals lebender deutscher Dichter ließ es sich nehmen, den Ruhm des französischen Volkes zu besingen. Aber diese Begeisterung war von deutscher Art, sie war rein metaphysisch, sie sollte nur den Theorien der französischen Revolutionäre gelten. Sobald diese Theorien durch das Gewicht und die Fülle der Tatsachen in den Hintergrund geschoben wurden, sobald das Übereinkommen des französischen Hofes mit dem französischen Volk trotz des theoretischen Bündnisses auf Grund der theoretischen Verfassung von 1791 in der Praxis unmöglich wurde, sobald das Volk seine Souveränität durch den ,,10.August"[152] praktisch geltend machte, und als überdies am 31 .Mai 1793 diese Theorie durch den Sturz der
1 Metaphysik wird hier im Sinne der Philosophie angewandt, die Fragen behandelt, die außerhalb der Grenzen der Erfahrung stehen.
Girondisten[153] gänzlich zum Verstummen gebracht wurde - da verwandelte sich diese Begeisterung Deutschlands in einen fanatischen Haß gegen die Revolution. Natürlich hatte diese Begeisterung nur solchen Aktionen wie der Nacht des 4. August 1789[154] gelten sollen, als der Adel auf seine Privilegien verzichtete, aber die guten Deutschen dachten niemals an solche Aktionen, deren praktische Konsequenzen sich stark von den Schlußfolgerungen unterschieden, die wohlmeinende Theoretiker ziehen konnten. Die Deutschen waren nie gewillt gewesen, diese Konsequenzen gutzuheißen, die für viele Parteien, wie wir alle sehr wohl wissen, ziemlich ernsthaft und unangenehm waren. So wurde die ganze Masse, die anfänglich ein begeisterter Freund der Revolution gewesen war, nun ihr größter Gegner, und da sie natürlich durch die servile deutsche Presse die entstelltesten Nachrichten aus Paris erhielt, gab sie ihrem alten ruhigen heiligen römischen Dunghaufen den Vorzug vor der gewaltigen Aktivität eines Volkes, das die Ketten der Sklaverei mit starker Hand abwarf und allen Despoten, Aristokraten und Priestern seine Herausforderung ins Gesicht schleuderte. Aber die Tage des Heiligen Römischen Reiches waren gezählt. Die französischen revolutionären Armeen marschierten geradeswegs ins Innerste Deutschlands, machten den Rhein zur Grenze Frankreichs und predigten überall Freiheit und Gleichheit. In Scharen vertrieben sie die Adligen, Bischöfe und Äbte und alle jene kleinen Fürsten, die so lange Zeit eine Marionettenrolle in der Geschichte gespielt hatten. Sie brachen eine Lichtung, als ob sie Ansiedler gewesen wären, die in den Hinterwäldern des amerikanischen fernen Westens vordrangen; das vorsintflutliche Dickicht der „christlich-germanischen" Gesellschaft verschwand vor ihrem Siegesmarsch wie Wolken vor der aufgehenden Sonne. Als dann der energische Napoleon das revolutionäre Werk in seine eigene Hand nahm, als er die Revolution mit sich selbst identifizierte - dieselbe Revolution, die nach dem 9.Thermidor 1794tlll) von dem geldgierigen Bürgertum erstickt worden war -, als er, die Demokratie mit „dem einen Haupt", wie ein französischer Autor ihn nannte, seine Armeen immer wieder über Deutschland dahinfluten ließ, wurde die „christlichgermanische" Gesellschaft endgültig zerstört. Napoleon war Deutschland gegenüber nicht der willkürliche Despot, der er nach Ansicht seiner Feinde gewesen sein soll; in Deutschland war Napoleon der Repräsentant der Revolution, der Verkünder ihrer Grundsätze, der Zerstörer der alten feudalen Gesellschaft. Er ging natürlich despotisch vor, aber nicht halb so despotisch wie die Deputierten des Konvents es getan haben würden und wirklich taten, wohin sie auch kamen; nicht halb so despotisch wie die Fürsten und Adligen zu tun pflegten, die er an den Bettelstab brachte. Napoleon wandte die Schreckens
herrschaft, die in Frankreich ihr Werk getan hatte, in der Form des Krieges auf andere Länder an - und diese „Schreckensherrschaft war in Deutschland dringend notwendig. Napoleon liquidierte das Heilige Römische Reich und verminderte die Zahl der Kleinstaaten in Deutschland durch die Bildung größerer Staaten. Er brachte sein Gesetzbuch in die eroberten Länder mit, ein Gesetzbuch, das allen bestehenden unendlich überlegen war und die Gleichheit im Prinzip anerkannte. Er zwang die Deutschen, die bis dahin nur für Privatinteressen gelebt hatten, ihre Kräfte für die Durchführung einer großen Idee überwältigender gesellschaftlicher Interessen einzusetzen. Aber gerade das war es, was die Deutschen gegen ihn aufbrachte. Er erzürnte die Bauernschaft durch solche Maßnahmen, die sie von der Unterdrückung durch den Feudalismus erlösten, weil er ihre Vorurteile und althergebrachten Gewohnheiten an der Wurzel traf. Er erzürnte das Bürgertum durch solche Maßnahmen, die den Grundstein für die deutsche Industrie legten. Das Verbot aller englischen Waren und der Krieg mit England[155] waren die Ursache, daß sie selbst zu fabrizieren begannen, aber das Verbot machte gleichzeitig Kaffee und Zucker, Rauch- und Schnupftabak sehr teuer; und das genügte natürlich, um den Unwillen der deutschen patriotischen Krämer wachzurufen. Außerdem waren sie nicht die Leute, die irgendeinen der großen Pläne Napoleons verstehen konnten. Sie verfluchten ihn, weil er ihre Söhne in jene Kriege hinwegführte, die mit dem Geld der englischen Aristokratie und Bourgeoisie angestiftet worden waren; sie begrüßten gerade jene Klassen der Engländer als Freunde, die die wahren Urheber der Kriege waren, die an diesen Kriegen verdienten und die ihre deutschen Werkzeuge nicht nur während des Krieges, sondern auch danach betrogen. Sie verfluchten ihn, weil sie auf ihre alte, elende Lebensart beschränkt zu bleiben wünschten, worin sie sich um nichts als ihr eigenes kleines Interesse zu kümmern hatten, weil sie mit großen Ideen und öffentlichem Interesse nichts zu tun haben wollten. Als dann schließlich Napoleons Armee in Rußland zerschlagen war, ergriffen sie die Gelegenheit, das eiserne Joch des großen Eroberers abzuwerfen.
Der „glorreiche Befreiungskrieg" von 1813/14 und 1815, die „glorreichste Periode der deutschen Geschichte" etc., wie sie genannt worden ist, war ein Wahnsinn, der jedem ehrlichen und intelligenten Deutschen noch manches künftige Jahr das Blut in die Wangen treiben wird.[156] Gewiß, es gab damals viel Enthusiasmus, aber wer waren diese Enthusiasten? Zunächst die Bauernschaft, die stupideste Menschenklasse auf Erden, eine Klasse, die, feudalen Vorurteilen anhängend, in Massen losbrach, bereit, lieber zu sterben, als jenen den Gehorsam aufzukündigen, die sie, wie ehedem ihre Väter und Großväter, ihre Herren genannt hatte, und die sich darein ergab, getreten
und mit Reitpeitschen geschlagen zu werden. Dann die Studenten und die Jugendlichen überhaupt, die diesen Krieg als einen Krieg des Prinzips, ja sogar als einen Religionskrieg betrachteten; denn sie glaubten, daß sie zum Kampfe aufgerufen seien nicht nur für das Prinzip der Legitimität, das sie ihre Nationalität nannten, sondern auch für die Heilige Dreieinigkeit und die Existenz Gottes; in allen Gedichten, Flugschriften und Aufrufen jener Zeit werden die Franzosen als Vertreter des Atheismus, des Unglaubens und der Verworfenheit hingestellt und die Deutschen als Vertreter der Religion, der Frömmigkeit und der Redlichkeit. Drittens einige aufgeklärtere Männer, die diesen Ideen einige Begriffe von „Freiheit", „Verfassungen" und einer „freien Presse" beimischten; aber diese bildeten bei weitem die Minderheit. Viertens dann Söhne von Gewerbetreibenden, Kaufleuten, Spekulanten etc., die für das Recht kämpften, auf den billigsten Märkten zu kaufen und Kaffee ohne Beimischung von Zichorie zu trinken; natürlich verbargen sie ihre Ziele unter den Ausdrücken des Tagesenthusiasmus, „Freiheit", „großes deutsches Volk", „nationale Unabhängigkeit" etc. Das waren die Männer, die mit Hilfe der Russen, Engländer und Spanier Napoleon schlugen. In meinem nächsten Brief werde ich zur Geschichte Deutschlands seit dem Sturz Napoleons übergehen. Lassen Sie mich nur hinzufügen, um die oben gegebene Ansicht über diesen außerordentlichen Mann einzuschränken, daß er, je länger er regierte, um so mehr sein schließliches Schicksal verdiente. Seine Thronbesteigung will ich ihm nicht vorwerfen; die Macht des Bürgertums in Frankreich, das sich niemals um öffentliche Interessen kümmerte, vorausgesetzt, daß seine Privatinteressen sich günstig entwickelten, und die Teilnahmslosigkeit des Volkes, das keinen endgültigen Vorteil für sich aus der Revolution entspringen sah und nur zur Kriegsbegeisterung geweckt werden konnte, erlaubte keinen anderen Kurs; aber daß er sich mit den alten antirevolutionären Dynastien verband, indem er die Tochter des österreichischen Kaisers heiratete, daß er, anstatt jede Spur des alten Europas zu zerstören, lieber einen Kompromiß mit ihm zu schließen suchte, daß er nach der Ehre strebte, der Erste unter den europäischen Monarchen zu sein, und deshalb seinen Hof den ihrigen so ähnlich wie möglich machte - das war sein großer Fehler. Er stieg auf das Niveau der anderen Monarchen hinab, er suchte die Ehre, ihresgleichen zu sein, er beugte sich vor dem Prinzip der Legitimität und so war es nur natürlich, daß die LegitimistenI157] den Usurpator aus ihrer Gesellschaft ausstießen.
15. Oktober 1845 Ergebenst Ihr deutscher Korrespondent Aus dem Englischen.
Brief II
[„The Northern Star" Nr. 417 vom 8. November 1845]
An den Redakteur des „Northern Star" Sehr geehrter Herr, nachdem ich in meinem ersten Brief den Zustand Deutschlands vor und während der Französischen Revolution und ebenso während der Herrschaft Napoleons beschrieben, nachdem ich geschildert habe, wie und von welchen Parteien der große Eroberer gestürzt wurde, nehme ich jetzt den Faden meiner Erzählung wieder auf, um zu zeigen, was Deutschland nach dieser „glorreichen Restauration" seiner nationalen Unabhängigkeit aus sich gemacht hat. DerGesichtswinkel, unter dem ich alle diese Ereignisse betrachtete, war der Art und Weise, in der sie gewöhnlich dargestellt werden, diametral entgegengesetzt; meine Auffassung ist jedoch bis auf den letzten Buchstaben durch die Ereignisse der folgenden Periode der deutschen Geschichte bestätigt worden. Wäre der Krieg gegen Napoleon wirklich ein Krieg der Freiheit gegen den Despotismus gewesen, so hätte er zur Folge gehabt, daß alle jene Nationen, die Napoleon unterworfen hatte, nach seinem Sturz die Prinzipien der Gleichheit proklamiert hätten und ihre Segnungen genießen würden. Ganz das Gegenteil war jedoch der Fall. Englischerseits war der Krieg von der erschreckten Aristokratie begonnen und von der Plutokratie unterstützt worden, weil sie in ihm durch die wiederholten Anleihen und das Anwachsen der Nationalschuld eine Quelle enormen Profits sahen, und sich ihnen die Gelegenheit bot, auf die südamerikanischen Märkte zu gelangen, um diese mit ihren eigenen Waren zu überfluten, sowie diejenigen französischen, spanischen und holländischen Kolonien zu erobern, die ihnen geeignet erschienen, ihre Taschen noch besser zu füllen. Der Krieg war ihnen eine Gelegenheit, den Grundsatz „Britannia, rule the waves"1 auf despotische Weise zu verwirklichen, so daß sie den Handel jeder anderen Nation, deren Konkurrenz die fortschreitende eigene Bereicherung zu gefährden drohte, nach Herzenslust schikanieren konnten; und schließlich wollten sie ihr Recht auf enorme Profite behaupten, indem sie - Napoleons Kontinentalsystem zum Trotz - die europäischen Märkte belieferten.
1 „Britannien, beherrsche die Wogen" (aus einem bekannten englischen Lied, das die britischen Machtbestrebungen verherrlicht).
Das waren die wirklichen Ursachen des langen Krieges, soweit die Klassen in Betracht kommen, deren Händen damals die Regierung Englands anvertraut war; was aber den Vorwand betrifft, daß die Grundprinzipien der englischen Verfassung durch die Französische Revolution gefährdet gewesen seien, so zeigt er nur, was für ein köstliches Kunstwerk diese „Höchstleistung der menschlichen Vernunft gewesen sein muß. Was Spanien betrifft, so hatte der Krieg als eine Verteidigung des Prinzips der legitimen Thronfolge und der inquisitorischen Despotie der Geistlichkeit begonnen. Die Prinzipien der Verfassung von 1812 wurden später eingeführt, um dem Volk einen gewissen Ansporn zu geben, den Kampf fortzusetzen, obwohl sie selber französischen Ursprungs waren. Italien hatte niemals in Opposition zu Napoleon gestanden, da es aus seinen Händen nichts als Vorteile empfangen und ihm sogar seine ganze Existenz als Nation zu verdanken hatte. Dasselbe war der Fall mit Polen. Was Deutschland Napoleon zu verdanken hatte, habe ich in meinem ersten Brief geschildert. Von sämtlichen Siegermächten wurde der Sturz Napoleons als der Untergang der Französischen Revolution und als Triumph der Legitimität betrachtet. Die Folgen waren natürlich die Wiederherstellung dieses Prinzips im Innern, zunächst unter der Verkleidung solcher Sentimentalitäten wie „Heilige Allianz"'1581, „ewiger Friede", „öffentliches Wohl", „Vertrauen zwischen Fürst und Untertan etc. etc., später unverkleidet durch das Bajonett und den Kerker. Die Ohnmacht der Sieger wurde hinreichend dargetan durch die eine Tatsache, daß schließlich das besiegte französische Volk, mit einer ihm aufgezwungenen verhaßten Dynastie, die von 150000 fremden Musketen aufrechterhalten wurde, ihren siegreichen Feinden dennoch solche Ehrfurcht einflößte, daß es eine leidlich liberale Verfassung erhielt, während die anderen Nationen trotz all ihrer Anstrengungen und all ihrer Freiheitsprahlereien nichts erhielten als zu Anfang schöne Worte und hinterher blaue Bohnen. Die Niederschlagung der Französischen Revolution wurde gefeiert durch die Niedermetzelung von Republikanern im Süden Frankreichs, durch das Auflodern der Scheiterhaufen der Inquisition und die Wiederherstellung des heimischen Despotismus in Spanien und Italien sowie durch die Maulkorbgesetze und „Peterloo"[146] in England. Wir werden nun sehen, daß die Ereignisse in Deutschland einen ähnlichen Verlauf nahmen. Das Königreich Preußen war der erste unter allen deutschen Staaten, der Napoleon den Krieg erklärt hatte. Es wurde damals regiert von Friedrich Wilhelm III., mit dem Spitznamen „der Gerechte", einem der größten Holzköpfe, die je einen Thron geziert. Er war zum Korporal und zum Inspektor von Uniformknöpfen geboren; er war liederlich, ohne Leidenschaft, und
gleichzeitig ein Moralprediger, er war unfähig, anders als im Infinitiv zu sprechen und wurde als Schreiber von Proklamationen nur von seinem Sohn übertroffen; er kannte nur zwei Gefühle - Furcht und feldwebelhafte Anmaßung. Während der ersten Hälfte seiner Herrschaft war sein vorherrschender Geisteszustand die Furcht vor Napoleon, der ihn mit der Großmut der Verachtung behandelte, indem er ihm die Hälfte seines Königreichs zurückgab, die zu behalten er nicht der Mühe für wert hielt. Es war diese Furcht, die ihn antrieb, einer Partei von Halb-und-halb-Reformern - Hardenberg, Stein, Schön, Scharnhorst etc. - zu gestatten, an seiner Stelle zu regieren, die eine liberalere Gemeindeorganisation einführten, die Erbuntertänigkeit abschafften, die feudalen Dienste in Rente oder in eine fixe Summe mit fünfundzwanzigjähriger Tilgung verwandelten und vor allem die militärische Organisation einführten, die dem Volk gewaltige Macht verschafft und früher oder später gegen die Regierung gebraucht werden wird. Sie trafen auch die „Vorbereitungen" für eine Verfassung, die jedoch noch nicht in Erscheinung getreten ist. Wir werden bald sehen, welche Wendung in den Ereignissen in Preußen nach der Niederschlagung der Französischen Revolution eintrat. Nachdem das „korsische Ungeheuer" in sicheren Gewahrsam gebracht worden war, gab es sofort einen großen Kongreß großer und kleiner Despoten in Wien, der die Beute und die Prisengelder verteilen und feststellen sollte, wieweit die vorrevolutionären Zustände wiederhergestellt werden könnten. Nationen wurden gekauft und verkauft, geteilt und vereinigt, je nachdem, wie es den Interessen und Zwecken ihrer Beherrscher am besten entsprach. Es waren nur drei Staaten vertreten, die wußten, was sie wollten: England, das die Absicht hatte, seine Handelsvorherrschaft aufrechtzuerhalten und auszudehnen, den Löwenanteil am Raub der Kolonien davonzutragen und alle übrigen zu schwächen; Frankreich, das nicht allzusehr in Mitleidenschaft gezogen werden und alle anderen schwächen wollte, und Rußland, das die Absicht hatte, seine Macht und sein Territorium zu vermehren und alle anderen zu schwächen, während die übrigen sich leiten ließen von Sentimentalitäten und kleinlichem Egoismus und einige unter ihnen sogar von einer Art lächerlicher Uninteressiertheit. Die Folge war, daß Frankreich den deutschen Großstaaten das Spiel verdarb, daß Rußland den besten Teil Polens erhielt und daß England seine Seemacht mehr durch den Frieden als durch den Krieg ausdehnte und die Vorherrschaft auf allen kontinentalen Märkten erlangte, was ohne Nutzen für das englische Volk, aber ein Mittel enormer Bereicherung für das englische Bürgertum war. Die deutschen Staaten, die an nichts anderes als an ihr liebes Legitimitätsprinzip
dachten, wurden noch einmal übers Ohr gehauen und verloren durch den Frieden alles, was sie durch den Krieg gewonnen hatten. Deutschland blieb in 38 Staaten zersplittert, eine Aufteilung, die jeden inneren Fortschritt hinderte und bewirkte, daß Frankreich ihm mehr als gewachsen ist; die deutschen Staaten blieben der beste Markt für die englischen Waren und dienten nur der Bereicherung des englischen Bürgertums. Diese Klasse des englischen Volkes hat es leicht, sich einer Freigebigkeit zu rühmen, die sie veranlaßte, enorme Summen zu schicken, um den Krieg gegen Napoleon in Gang zu halten; aber selbst wenn wir einmal annehmen, daß sie es waren, und nicht das arbeitende Volk, das diese Hilfsgelder in Wirklichkeit zu bezahlen hatte, so hatten sie nur die Absicht, durch ihre Freigebigkeit die kontinentalen Märkte wieder zu öffnen; und das taten sie mit solchem Erfolg, daß die Profite, die sie seit dem Frieden allein aus Deutschland bezogen, hinreichen würden, um jene Summen wenigstens sechsmal zu ersetzen. Es ist wirklich eine Bourgeois-Freigebigkeit, die anfangs in Form von Hilfsgeldern Geschenke macht und dann dafür sorgt, daß der Beschenkte sie in Form von Profiten sechsfach zurückzahlt. Würden sie diese Hilfsgelder so eifrig gezahlt haben, wenn am Ende des Krieges das Gegenteil der Fall gewesen und England mit deutschen Waren überflutet worden wäre, statt daß Deutschland von einigen wenigen englischen Kapitalisten in Handelsfesseln gehalten wird? Jedenfalls wurde Deutschland von hinten und vorn betrogen, am meisten von seinen eigenen sogenannten Freunden und Verbündeten. Ich für meinen Teil würde mir hierüber nicht viel Sorge machen, da ich sehr wohl weiß, daß wir uns einer Reorganisation der europäischen Gesellschaft nähern, die solche Tricks auf der einen Seite und solchen Schwachsinn auf der andern Seite verhindern wird; was ich zeigen möchte, ist erstens, daß weder das englische Volk noch irgendein anderes Volk an dem Betrug, der an den deutschen Despoten verübt wurde, profitiert hat, sondern daß er ganz und gar anderen Despoten oder doch einer besonderen Klasse, deren Interesse dem des Volkes entgegengesetzt ist, zugute kam; und zweitens, daß gleich die erste Tat der wiedereingesetzten deutschen Despoten ihre völlige Unfähigkeit zeigte. Wir wollen uns nunmehr den inneren Angelegenheiten Deutschlands zuwenden. Wir haben gesehen, wer die Beteiligten waren, die mit Hilfe des englischen Geldes und der russischen Barbarei die Französische Revolution niederwarfen. Sie waren in zwei Sektionen geteilt; erstens die hitzköpfigen Wortführer der alten „christlich-germanischen" Gesellschaft, die Bauernschaft und die begeisterte Jugend, die vom Fanatismus der Hörigkeit, der
Nationalität, der Legitimität und der Religion getrieben wurden; und zweitens die nüchternen Männer des Bürgertums, die „ihre Ruhe haben wollten", um Geld zu verdienen und es zu verausgaben, ohne durch die freche Dazwischenkunft großer historischer Ereignisse belästigt zu werden. Dieser letztere Teil war zufrieden, sobald er den Frieden und das Recht erreicht hatte, auf den billigsten Märkten zu kaufen, Kaffee ohne Beimischung von Zichorie zu trinken und von allen politischen Angelegenheiten ausgeschlossen zu sein. Die „christlichen Germanen" jedoch wurden jetzt aktive Stützen der restaurierten Regierungen und taten alles, was in ihrer Macht stand, die Geschichte auf das Jahr 1789 zurückzuschrauben. Diejenigen, die dem Volke wünschten, es möge einige der Früchte seiner Anstrengungen genießen, waren stark genug gewesen, ihre Losungen zum Schlachtruf von 1813 zu machen, aber nicht zur Praxis von 1815. Sie erhielten einige schöne Versprechungen — Verfassungen, freie Presse etc. —, und das war alles; in der Praxis wurde alles sorgfältig so gelassen, wie es früher gewesen war. Die französierten Teile Deutschlands wurden soweit wie möglich von den Spuren des „fremden Despotismus" gesäubert, und nur die Provinzen auf dem linken Rheinufer behielten ihre französischen Institutionen. Der Kurfürst von Hessen ging so weit, daß er sogar die Zöpfe seiner Soldaten wiederherstellte, die von den gottlosen Händen der Franzosen abgeschnitten worden waren. Kurz, Deutschland bot ebenso wie jedes andere Land das Bild einer schamlosen Reaktion, die sich nur durch einen Zug von Furchtsamkeit und Schwäche auszeichnete; es hat nicht einmal jenen Grad von Energie aufgebracht, womit in Italien, Spanien, Frankreich und England revolutionäre Prinzipien bekämpft wurden. Das Betrugssystem, dem Deutschland auf dem Wiener Kongreß unterworfen worden war, wurde nun von den verschiedenen deutschen Staaten untereinander praktiziert. Um die Macht der verschiedenen Staaten zu schwächen, zwangen ihnen Preußen und Osterreich eine Art Bastardverfassungen auf, die die Regierungen schwächten, ohne dem Volk oder selbst den bürgerlichen Klassen irgendeine Macht zu geben. In Deutschland, das als eine Konföderation von Staaten konstituiert worden war, deren Gesandtschaften, von den Regierungen allein delegiert, den Bundestag bildeten, war nicht zu befürchten, daß das Volk zu stark werden könnte, da jeder Staat durch die Beschlüsse des Bundestags, die für ganz Deutschland Gesetz waren, gebunden war, ohne daß sie irgendeiner Repräsentativversammlung zur Billigung vorgelegt zu werden brauchten. In diesem Bundestag verstand es sich von selbst, daß Preußen und Österreich das absolute Regiment führten; sie brauchten den kleineren Fürsten bloß zu drohen, ihnen im Kampf
mit ihren Repräsentativversammlungen ihre Unterstützung zu entziehen, um sie so zu erschrecken, daß sie unbedingt gehorchten. Durch diese Mittel, durch ihre überwältigende Macht und weil sie die wahren Repräsentanten des Prinzips waren, von dem jeder deutsche Fürst seine Macht ableitet, haben sie sich zu absoluten Beherrschern Deutschlands aufgeschwungen. Was immer auch in den kleinen Staaten geschehen möge, es bleibt in der Praxis ohne Effekt. Die Kämpfe des liberalen Bürgertums Deutschlands blieben fruchtlos, solange sie auf die kleineren süddeutschen Staaten beschränkt blieben; sie wurden wichtig, sobald das Bürgertum Preußens aus seiner Lethargie aufgeschreckt wurde. Da man nun vom österreichischen Volk schwerlich sagen kann, daß es zur zivilisierten Welt gehört, und da es sich infolgedessen seinem väterlichen Despotismus ruhig unterordnet, so ist Preußen der Staat, der als das Zentrum der modernen deutschen Geschichte, als das Barometer für die Bewegungen der öffentlichen Meinung angesehen werden kann. Nach dem Sturz Napoleons verlebte der König von Preußen einige seiner glücklichsten Jahre. Er war zwar von hinten und vorne betrogen worden. England hatte ihn betrogen, Frankreich hatte ihn betrogen, seine eigenen teuren Freunde, der Kaiser von Österreich und der Kaiser von Rußland, betrogen ihn immer und immer wieder; aber in der Fülle seines Herzens bemerkte er das nicht einmal - er konnte sich nicht die Möglichkeit vorstellen, daß es in der Welt irgendwo solche Schufte gäbe, die Friedrich Wilhelm III., „den Gerechten", betrügen könnten. Er war glücklich. Napoleon war gestürzt. Er hatte keine Furcht. Er bestand auf Artikel 13 der Deutschen Bundesakte[159], der eine Verfassung für jeden Staat versprach. Er bestand auf dem andern Artikel über die Freiheit der Presse. Ja, am 22. Mai 1815 erließ er sogar eine Proklamation, die mit den Worten begann — Worten, in denen sein huldvolles Glücksgefühl wunderbar vermischt war mit seiner feldwebelhaften Anmaßung: „Es soll eine Repräsentation des Volks gebildet werden!" Sein nächster Schritt war der Befehl, eine Kommission zu ernennen, die eine Verfassung für sein Volk ausarbeiten sollte; und selbst 1819, als revolutionäre Symptome in Preußen auftraten, als die Reaktion in ganz Europa am meisten grassierte und als die glorreiche Frucht der Kongresse ihre höchste Reife erreichte, selbst damals erklärte er, in Zukunft solle keine öffentliche Anleihe aufgelegt werden ohne die Zustimmung der künftigen Repräsentativversammlungen des Königreichs. Leider war diese glückliche Zeit nicht von Dauer! Im Gemüt des Königs wich die Furcht vor Napoleon nur zu bald der Furcht Vor der Revolution. Darüber jedoch in meinem nächsten Brief.
Ich habe nur noch ein Wort hinzuzufügen. Immer, wenn in englischen demokratischen Versammlungen ein Trinkspruch ausgebracht wird auf die „Patrioten aller Länder", ist gewiß Andreas Hofer unter ihnen. Nun, nach allem, was ich über die Feinde Napoleons in Deutschland gesagt habe, ist Hofers Name wert, von Demokraten mit Hochrufen begrüßt zu werden? Hofer war ein stupider, ignoranter, bigotter, fanatischer Bauer, dessen Enthusiasmus der Enthusiasmus der Vendee[160], der Enthusiasmus von „Kirche und Kaiser" war. Er kämpfte tapfer - aber das taten auch die Vendeer gegen die Republikaner. Er kämpfte für den väterlichen Despotismus Wiens und Roms. Demokraten Englands, um der Ehre des deutschen Volkes willen laßt den bigotten Andreas Hofer künftig außer Betracht! Deutschland hat bessere Patrioten als ihn. Warum nicht Thomas Münzer erwähnen, den berühmten Führer des Bauernaufstandes von 1525, der ein wahrer Demokrat war, soweit das zu der Zeit möglich war? Warum nicht Georg Forster feiern, den deutschen Thomas Paine, der die französische Revolution in Paris bis zuletzt gegen alle seine Landsleute unterstützte und auf dem Schafott starb? Warum nicht eine Menge andere, die für Realitäten fochten, und nicht für Illusionen?
Ergebenst Ihr deutscher Korrespondent
Geschrieben Ende Oktober 1845. Aus dem Englischen.
Brief III
[„The Northern Star" Nr. 438 vom 4. April 1846]
An den Redakteur des „Northern Star" Sehr geehrter Herr, ich muß Sie und Ihre Leser wirklich bitten, meine augenscheinliche Nachlässigkeit zu entschuldigen, die darin bestand, daß ich die Briefserie über das obige Thema, die ich für diese Zeitung zu schreiben begonnen habe, nicht früher fortsetzte. Sie können jedoch versichert sein, daß nichts anderes als die Notwendigkeit, einige Wochen ausschließlich der deutschen Bewegung zu widmen, mich davon abhalten konnte, die von mir übernommene angenehme Aufgabe auszuführen, die englische Demokratie über die Zustände in meinem Heimatland zu informieren.
37 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
Ihre Leser werden sich vielleicht einigermaßen der Feststellungen in meinem ersten und zweiten Brief erinnern. Ich habe dort geschildert, wie der alte, verfaulte Zustand Deutschlands 1792 bis 1813 von den französischen Armeen an der Wurzel getroffen wurde; wie Napoleon durch das Bündnis der Feudalherren oder Aristokraten und der Bourgeois oder gewerbetreibenden Mittelklassen Europas gestürzt wurde; wie in den folgenden Friedensschlüssen die deutschen Fürsten von ihren Verbündeten und sogar von dem besiegten Frankreich betrogen wurden; wie die deutsche Bundesakte und der heutige politische Zustand Deutschlands zustande kamen; und wie Preußen und Österreich, indem sie die kleineren Staaten veranlaßten, Verfassungen zu gewähren, sich zu ausschließlichen Herren Deutschlands machten. Lassen wir Österreich als ein halbbarbarisches Land außer Betracht, so kommen wir zu dem Ergebnis, daß Preußen das Schlachtfeld ist, auf dem das zukünftige Schicksal Deutschlands entschieden werden wird. Wir sagten in unserem letzten Brief, daß Friedrich Wilhelm III., König von Preußen, nachdem er von der Furcht vor Napoleon erlöst worden war und ein paar glückliche, weil furchtlose Jahre verbracht hatte, einen anderen Popanz fand, der ihn erschreckte - „die Revolution". Wir werden jetzt sehen, in welcher Weise „die Revolution" in Deutschland eingeführt wurde. Nach dem Sturz Napoleons, der, wie ich erneut feststellen muß, von den Königen und Aristokraten jener Zeit völlig mit der Niederschlagung der Französischen Revolution oder, wie sie es nannten, der Revolution identifiziert wurde, hielt die antirevolutionäre Partei nach 1815 in allen Ländern die Zügel der Regierung in der Hand. Die feudalen Aristokraten regierten in allen Kabinetten von London bis Neapel, von Lissabon bis St. Petersburg. Aber das Bürgertum, das die Sache bezahlt und das geholfen hatte, sie zuwege zu bringen, wollte seinen Anteil an der Macht haben. Es war keineswegs das Interesse des Bürgertums, das die wiederhergestellten Regierungen in den Vordergrund rückten. Im Gegenteil, die bürgerlichen Interessen wurden überall vernachlässigt und sogar offen ignoriert. Die Annahme des englischen Korngesetzes von ist das schlagendste Beispiel einer Tatsache, die ganz Europa gemeinsam war; und doch war das Bürgertum damals mächtiger als je zuvor. Handel und Manufakturen hatten sich überall ausgebreitet und hatten den Reichtum der fetten Bourgeois zum Anschwellen gebracht; ihr vermehrter Wohlstand fand seinen Ausdruck in ihrem vermehrten Spekulationsgeist und ihrer wachsenden Nachfrage nach Komfort und Luxusartikeln. Es war also unmöglich, daß sie sich schweigend darin
fügten, von einer Klasse regiert zu werden, die seit Jahrhunderten in Verfall war, deren Interessen denen des Bürgertums entgegengesetzt waren und deren momentane Rückkehr zur Macht eben das Werk der Bourgeois war. Der Kampf zwischen Bürgertum und Aristokratie war unvermeidlich; er begann fast augenblicklich nach dem Frieden. Da das Bürgertum nur durch das Geld mächtig ist, kann es politische Macht nicht anders erlangen als dadurch, daß es das Geld zum einzigen Kriterium für die Fähigkeit einer Person macht, an der Gesetzgebung mitzuarbeiten. Es muß alle feudalen Privilegien, alle politischen Monopole vergangener Zeiten in das eine große Privilegium und Monopol des Geldes aufgehen lassen. Die politische Herrschaft der bürgerlichen Klassen hat daher eine im wesentlichen liberale Erscheinungsform. Sie zerstören alle alten Unterschiede der verschiedenen in einem Lande nebeneinander bestehenden Stände, alle willkürlichen Privilegien und Freiheiten; sie sind gezwungen, das Wahlprinzip zur Grundlage der Regierung zu machen, die Gleichheit im Prinzip anzuerkennen, die Presse von den Fesseln der monarchistischen Zensur zu befreien, das Geschworenengericht einzuführen, um die besondere Richterklasse loszuwerden, die einen Staat im Staate bildet. Soweit erscheinen sie durchaus als Demokraten. Aber sie führen alle diese Verbesserungen nur soweit ein, wie damit alle früheren persönlichen und erblichen Privilegien durch das Privilegium des Geldes ersetzt werden. So wird das Wahlprinzip, durch den Eigentumszensus bei der Zuerkennung des Rechtes zu wählen und gewählt zu werden, den bürgerlichen Klassen vorbehalten. Die Gleichheit wird wieder beseitigt, indem sie auf bloße „Gleichheit vor dem Gesetz" beschränkt wird, was nichts anderes bedeutet als Gleichheit trotz der Ungleichheit von reich und arm - Gleichheit innerhalb der Grenzen der grundlegenden, bestehenden Ungleichheit was, kurz gesagt, nichts anderes bedeutet, als der Ungleichheit den Namen der Gleichheit zu geben. So ist die Freiheit der Presse an sich ein bürgerliches Privilegium, denn der Druck erfordert Geld und Käufer für das Gedruckte, und diese Käufer müssen wiederum Geld haben. So ist das Geschworenengericht ein bürgerliches Privilegium, da besonders dafür gesorgt wird, niemand anders als „Respektspersonen" auf die Geschworenenbank zu bringen. Ich habe es für notwendig gehalten, diese wenigen Bemerkungen zur Frage der bürgerlichen Regierung zu machen, um zwei Tatsachen zu erläutern. Die erste ist die, daß in der Zeit von 1815 bis 1830 die im wesentlichen demokratische Bewegung der arbeitenden Klassen in allen Ländern mehr oder weniger der liberalen Bewegung der Bourgeois untergeordnet worden ist. Das arbeitende Volk, obwohl fortgeschrittener als das Bürgertum,
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konnte noch nicht die völlige Verschiedenheit von Liberalismus und Demokratie, von Emanzipation der bürgerlichen Klassen und Emanzipation der arbeitenden Klassen erkennen; es konnte den Unterschied zwischen der Freiheit des Geldes und der Freiheit des Menschen nicht erkennen, bevor das Geld politisch frei gemacht, bevor das Bürgertum zur ausschließlich herrschenden Klasse geworden war. Deshalb petitionierten die Demokraten von Peterloo nicht nur für das allgemeine Stimmrecht, sondern gleichzeitig auch für die Abschaffung des Korngesetzes; deshalb kämpften die Proletarier 1830 in Paris und drohten 1831 in England für die politischen Interessen der Bourgeoisie zu kämpfen. In allen Ländern war das Bürgertum von 1815 bis 1830 der machtvollste Teil der revolutionären Partei und stellte daher ihre Führer. Die arbeitenden Klassen sind notwendigerweise ein Instrument in der Hand des Bürgertums, solange das Bürgertum selber revolutionär oder progressiv ist. Die besondere Bewegung der arbeitenden Klassen ist deshalb in diesem Fall stets nur von sekundärer Bedeutung. Aber von dem gleichen Tage, an dem das Bürgertum die volle politische Macht erlangt, von dem Tage, an dem alle feudalen und aristokratischen Interessen zunichte gemacht werden von der Macht des Geldes, von dem Tage, an dem das Bürgertum aufhört, progressiv und revolutionär zu sein, und selber stationär wird, von dem gleichen Tage an übernimmt die Bewegung der Arbeiterklasse die Führung und wird zur nationalen Bewegung. Man lasse heute die Korngesetze fallen, und morgen wird die Charte die führende Frage in England ~ morgen wird die chartistische Bewegung jene Kraft, jene Energie, jenen Enthusiasmus und jene Ausdauer offenbaren, die den Erfolg verbürgen. Die zweite Tatsache, zu deren Erläuterung ich mir einige wenige Bemerkungen über die bürgerliche Regierung gestattet habe, bezieht sich ausschließlich auf Deutschland. Da die Deutschen eine Nation von Theoretikern und in der Praxis wenig erfahren sind, nahmen sie die geläufigen Trugschlüsse, die das französische und englische Bürgertum verfocht, als heilige Wahrheiten hin. Die bürgerlichen Klassen Deutschlands waren froh, daß sie bei ihrem kleinen Privatgeschäft, das sich durchaus „schmalspurig" abwickelte, in Ruhe gelassen wurden; überall, wo sie eine Verfassung erlangt hatten, rühmten sie sich ihrer Freiheit, aber sie mischten sich wenig in die politischen Staatsgeschäfte ein; überall, wo sie keine hatten, waren sie froh, der Mühe, Abgeordnete zu wählen und deren Reden zu lesen, enthoben zu sein. Das arbeitende Volk brauchte jenen großen Hebel, der es in Frankreich und England auf die Beine gebracht hatte - ausgedehnte Manufakturen und seine Konsequenz, die Herrschaft des Bürgertums. Es blieb deshalb
ruhig. Die Bauernschaft fühlte sich in jenen Teilen Deutschlands unterdrückt, wo die modernen französischen Institutionen wieder durch das alte feudale Regime ersetzt worden waren, aber diese Unzufriedenheit brauchte einen anderen Ansporn, um in offene Rebellion auszubrechen. So bestand die revolutionäre Partei in Deutschland von 1815 bis 1830 nur aus Theoretikern. Sie rekrutierte sich aus den Universitäten; sie bestand ausschließlich aus Studenten. Man hatte es für unmöglich befunden, das alte System von 1789 in Deutschland wiedereinzuführen. Die veränderten Zeitumstände zwangen die Regierungen, ein neues System zu erfinden, das Deutschland eigentümlich war. Die Aristokratie war gewillt zu regieren, aber zu schwach; das Bürgertum war weder gewillt zu regieren noch stark genug dazu - beide jedoch waren stark genug, um die Regierung zu einigen Konzessionen zu veranlassen. D;e Regierungsform war daher eine Art Bastardmonarchie. In einigen Staaten schuf eine Verfassung einen Anschein von Garantie für die Aristokratie und das Bürgertum; für die übrigen gab es überall eine bürokratische Regierung das ist eine Monarchie, die angeblich die Interessen des Bürgertums durch gute Verwaltung wahrnimmt, eine Verwaltung, die jedoch von Aristokraten geleitet und deren Tätigkeit vor den Augen des Publikums soviel wie möglich verborgen gehalten wird. Die Folge davon ist die Entstehung einer besonderen Klasse von administrativen Regierungsbeamten, in deren Händen die Hauptmacht konzentriert ist und die gegen alle anderen Klassen in Opposition steht. Es ist die barbarische Form der Herrschaft des Bürgertums. Aber diese Regierungsform befriedigte weder die „Aristokraten", „christlichen Germanen", „Romantiker", „Reaktionäre" noch die „Liberalen". Sie schlössen sich deshalb gegen die Regierungen zusammen und gründeten die studentischen Geheimbünde - Aus der Vereinigung dieser beiden Sekten denn Parteien kann man sie nicht nennen-erwuchs jene Sekte von Bastardliberalen, die in ihren Geheimbünden von einem deutschen Kaiser mit Krone, Purpur, Zepter und all dem übrigen Zubehör dieser Art Apparatur träumten, nicht zu vergessen einen langen grauen oder roten Bart, umgeben von einer Ständeversammlung, in der die Geistlichkeit, der Adel, die Bürger und die Bauern hübsch getrennt sein sollten. Es war die lächerlichste Mischung feudaler Brutalität mit modernem bürgerlichem Trug, die man sich vorstellen kann. Aber das war gerade das Richtige für die Studenten, die Begeisterung brauchten, ganz einerlei wofür und zu welchem Preis. Dennoch, diese lächerlichen Idiosynkrasien zusammen mit den Revolutionen in Spanien, Portugal und Italientl62], den Bewegungen der Carbonari in
Frankreich1-1031 und der Reformbewegung in England[164] erschreckten die Monarchen so, daß sie schier denVerstand verloren. Friedrich Wilhelm III. hatte nun seinen Popanz, „die Revolution" - unter welchem Namen alle diese verschiedenen und einander teilweise widersprechenden Bewegungen zusammengefaßt wurden. Eine Anzahl von Einkerkerungen und summarischen Verfolgungen unterdrückten diese „Revolution" in Deutschland; die französischen Bajonette in Spanien und die österreichischen in Italien sicherten für eine Weile die Überlegenheit der legitimen Könige und göttlichen Rechte. Selbst das göttliche Recht des Großtürken, seine griechischen Untertanen zu hängen und zu vierteilen, wurde eine Zeitlang von der Heiligen Allianz unterstützt; aber dieser Fall war zu flagrant, und die Griechen erhielten die Erlaubnis, dem türkischen Joch zu entschlüpfen.'-105-' Schließlich gaben die drei Tage in Paris11001 das Signal für einen allgemeinen Ausbruch der Unzufriedenheit des Bürgertums, der Aristokratie und des Volkes in ganz Europa. Die aristokratische polnische Revolution11071 wurde niedergeschlagen; die bürgerlichen Klassen Frankreichs und Belgiens vermochten sich politische Macht zu sichern; das englische Bürgertum erreichte ebenfalls dieses Ziel, und zwar durch die Reformbill[701; die teilweise vom Volke getragenen, teilweise bürgerlichen, teilweise nationalen Insurrektionen Italiens wurden unterdrückt; und in Deutschland verkündeten zahlreiche Insurrektionen und Bewegungen eine neue Ära der Volksagitation und der bürgerlichen Agitation. Der neue und heftige Charakter der liberalen Agitation in Deutschland von 1830 bis 1834 zeigte, daß die bürgerlichen Klassen die Frage nun selbst aufgegriffen hatten. Da Deutschland jedoch in zahlreiche Staaten geteilt ist, von denen fast jeder eine besondere Zollgrenze und besondere Zollsätze hatte, so gab es in diesen Bewegungen keine Gemeinsamkeit der Interessen. Das Bürgertum Deutschlands wollte politisch frei werden, nicht um die öffentlichen Angelegenheiten in Übereinstimmung mit seinen Interessen zu regeln, sondern weil es sich schämte, im Vergleich zu den Franzosen und Engländern eine so servile Position einzunehmen. Seiner Bewegung fehlte die substantielle Basis, die den Erfolg des Liberalismus in Frankreich und England sichergestellt hatte; sein Interesse an der Frage war weit mehr theoretisch als praktisch; es war im allgemeinen desinteressiert. Die französischen Bourgeois von 1830 waren das nicht. Laffitte sagte am Tage nach der Revolution: „Nun werden wir Bankiers regieren"; und das tun sie bis auf den heutigen Tag. Das englische Bürgertum wußte ebenfalls sehr wohl, was es wollte, als es den Zehn-Pfund-Zensus einführte; da die deutschen bürger
liehen Klassen aber, wie gesagt, schmalspurige Geschäftsmänner, bloße Enthusiasten - Bewunderer der „Preßfreiheit", „Geschworenengerichte", „konstitutionellen Garantien für das Volk", „Volksrechte", „Volksvertretung" und dergleichen waren, die sie nicht für Mittel, sondern für Zwecke hielten, so nahmen sie den Schatten für das Wesen und bekamen daher gar nichts. Diese Bewegung des Bürgertums war jedoch hinreichend, um mehrere Dutzend Revolutionen zuwege zu bringen, von denen zwei oder drei einige Erfolge zu erreichen vermochten: eine große Anzahl von Volksversammlungen, eine Menge Geschwätz und Ruhmredigkeit in den Zeitungen und den ganz schwachen Anfang einer demokratischen Bewegung unter den Studenten, Arbeitern und Bauern. Ich werde nicht auf die ziemlich ermüdenden Einzelheiten dieser großmäuligen und erfolglosen Bewegung eingehen. Überall, wo etwas Wichtiges gewonnen wurde, wie die Preßfreiheit in Baden, schritt der Deutsche Bundestag ein und machte der Sache ein Ende. Die ganze Posse wurde abgeschlossen durch eine Wiederholung der summarischen Verhaftungen von 1819 und 1823 sowie durch eine Geheimliga aller deutschen Fürsten, die 1834 durch Beschluß einer Delegiertenkonferenz zu Wien gebildet wurde, um jeden weiteren Fortschritt des Liberalismus zu verhindern. Die Beschlüsse dieser Konferenz sind vor einigen Jahren veröffentlicht worden.11681 Von 1834 bis 1840 starb in Deutschland jede öffentliche Bewegung aus. Die Agitatoren von 1830 und 1834 waren entweder im Gefängnis oder verstreut im Ausland, wohin sie geflohen waren. Der Kampf gegen den immer strenger werdenden Zensor und die wachsende Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit der bürgerlichen Klassen wurde von jenen fortgesetzt, die viel von ihrer bürgerlichen Furchtsamkeit während der Zeit der Agitation behalten hatten. Die Führer der Parlamentsopposition hielten weiter ihre Reden in den Kammern, aber die Regierungen fanden Mittel und Wege, um sich die Stimmen der Mehrheiten zu sichern. Es bot sich keine weitere Gelegenheit, irgendwelche wie immer geartete öffentliche Bewegung in Deutschland zustande zu bringen; die Regierungen handelten in allen Stücken nach ihrem Gutdünken. An allen diesen Bewegungen nahmen die bürgerlichen Klassen Preußens fast feinen Anteil. Das arbeitende Volk machte seiner Unzufriedenheit im ganzen Lande in zahlreichen Erneuten Luft, die jedoch keinen bestimmten Zweck hatten und daher kein Resultat erzielten. Die Apathie der Preußen war die stärkste Kraft des Deutschen Bundes. Sie zeigte, daß die Zeit für eine allgemeine Bewegung des Bürgertums in Deutschland noch nicht gekommen war.
In meinem nächsten Brief1 werde ich zu der Bewegung der vergangenen sechs Jahre übergehen, vorausgesetzt, daß es mir gelingt, die notwendigen Materialien zusammenzubringen, um den Geist der deutschen Regierungen an einigen ihrer eigenen Taten zu charakterisieren, im Vergleich zu denen die Taten Ihres edlen Innenministers engelrein und unschuldig sind.1-1691 Bis dahin, sehr geehrter Herr, verbleibe ich ergebenst Ihr deutscher Korrespondent 20. Februar 1846
Aus dem Englischen.
1 Ein weiterer Brief von Friedrich Engels wurde nicht veröffentlicht.
[Friedrich Engels] Geschichte der englischen Korngesetze
[„Telegraph für Deutschland" Nr. 193, Dezember 1845] Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts exportierte England fast jährlich Getreide und hatte sehr selten eine Zufuhr dieses Lebensmittels vom Auslande her nötig. Seit jener Zeit indessen drehte sich die Sache um. Die unter diesen Umständen notwendigerweise niedrigen Preise des Getreides auf der einen und die hohen Fleischpreise auf der andern Seite veranlaßten die Verwandlung vieler Ackerländereien und Viehweiden, während zu gleicher Zeit die Industrie und mit ihr die Volkszahl durch die Erfindung wichtiger Maschinen einen bisher nie gekannten Aufschwung erfuhr. So wurde England genötigt, zuerst seine Kornausfuhr aufzugeben und später selbst Korn vom Auslande zu importieren. Der fünfundzwanzigjährige Krieg gegen Frankreich während der Revolution, der die Zufuhr erschwerte, nötigte England, sich mehr oder weniger auf seinen eigenen Boden zu beschränken. Die Hindernisse, die der Krieg den Zufuhren in den Weg legte, hatten dieselben Wirkungen wie ein Schutzzoll. Die Getreidepreise stiegen, die Grundrente stieg ebenfalls in den meisten Fällen auf das Doppelte, in einigen Fällen sogar auf das Fünffache des frühern Betrags. Die Folge davon war, daß ein großer Teil des erst neuerdings in Weide verwandelten Bodens wiederum dem Korn zugewandt wurde. Die Grundbesitzer Englands, die, beiläufig gesagt, aus ein paar hundert Lords und etwa 60000 nichtadeligen Baronets und Squiren bestehen, wurden durch dieses Steigen ihrer Einkünfte zu einem verschwenderischen Leben und zu einem Wetteifer im Luxus verleitet, dem sehr bald auch ihre gesteigerten Renten nicht mehr genügten. In kurzer Zeit lasteten schwere Schulden auf den Gütern. Als der Friede 1814 die Einfuhrhindernisse beseitigte, die Kornpreise fielen und die Pächter bei ihrem hohen Zins die Produktionskosten ihres Korns nicht mehr realisieren konnten, waren nur zwei Auswege möglich. Entweder die Herabsetzung des Grundzinses durch die Gutsbesitzer oder die Ersetzung des faktischen durch einen wirklichen Schutzzoll. Die Grundbesitzer, die außer ihrer Herrschaft
im Oberhause und im Ministerium auch noch (vor der Reformbill[79]) eine ziemlich unumschränkte Macht im Unterhause besaßen, wählten natürlich das Letztere und führten 1815 unter dem Wutgeschrei der Mittelklassen und des damals noch von ihnen geleiteten Volks und unter dem Schutze der Bajonette die Korngesetze durch. Das erste Korngesetz von 1815 verbot die Korneinfuhr geradezu, solange der Kornpreis in England unter 80 Shilling per Quarter blieb. Zu diesem Preise und darüber1 wurde das fremde Korn frei eingelassen. Dieses Gesetz entsprach aber weder den Interessen der industriellen noch der ackerbautreibenden Bevölkerung und wurde 1822 etwas modifiziert. Diese Modifikation indessen trat nie in praktische Wirkung, da während der nächsten Jahre die Preise immer niedrig blieben und nie die Höhe erreichten, bei welcher fremdes Korn zugelassen wurde. Trotz aller Verbesserungen des Gesetzes und trotz der Untersuchungen mehrerer Parlaments-Komitees kamen die Pächter nicht zu ihren Produktionskosten, und so erfanden endlich Huskisson und Canning die berühmte sliding-scale[170], welche von ihren Nachfolgern im Ministerium zum Gesetz erhoben wurde. Nach dieser stieg der Einfuhrzoll mit dem Fallen und fiel mit dem Steigen der Kornpreise im Inlande. Hierdurch sollte der englische Pächter einen so hohen und konstanten Kornpreis gesichert erhalten, daß er seinen hohen Grundzins bequem entrichten könnte. Aber auch dieses half nichts. Das System Wurde immer unhaltbarer, die Mittelklassen, die seit der Reformbill im Unterhause herrschten, wurden mehr und mehr gegen die Korngesetze eingenommen, und Sir Robert Peel war bereits ein Jahr nach seinem Eintritt ins Ministerium genötigt, die Zollsätze zu erniedrigen. Inzwischen hatte sich die Opposition gegen die Korngesetze organisiert. Die industrielle Mittelklasse, die durch die Verteuerung des Korns gezwungen worden, ihren Arbeitern höhere Löhne zu zahlen, entschloß sich, alles aufzubieten, um diese ihr gehässigen Gesetze - die letzten Spuren der alten Herrschaft des Agrikultur-Interesses, die zugleich dem Auslande die Konkurrenz mit der englischen Industrie erleichtert - um jeden Preis abzuschaffen. Gegen Ende des Jahres 1838 stifteten einige der ersten Fabrikanten Manchesters eine Anti-Korngesetz-Assoziation, die sich bald in der Umgegend wie in anderen Fabrikbezirken ausdehnte, den Namen AntiKorngesetz-League annahm, Subskriptionen eröffnete, ein Journal (AntiBread-Tax-Circular1-1711) gründete, bezahlte Volksredner von einem Orte zum andern sandte und alle in England üblichen Mittel der Agitation zur Erreichung ihres Zweckes aufwandte. Die Anti-Korngesetz-League zeichnete
1im Original: darunter
sich während der ersten Jahre ihres Bestehens, die in eine vierjährige Geschäftsstockung fielen, durch ein äußerst heftiges Auftreten aus. Als aber mit dem Anfang des Jahres 1842 die Geschäftsstockung sich in eine entschiedene Handelskrisis verwandelte, welche die arbeitende Klasse des Landes in das schauderhafteste Elend stürzte, wurde die Anti-Korngesetz-League entschieden revolutionär. Ihr Motto wurde der Spruch des Jeremias: „Den das Schwert schlägt, der ist besser daran, als der, der vom Hunger geschlagen wird"; ihr Journal forderte das Volk mit deutlichen Worten zur Empörung auf und drohte den Grundbesitzern mit „der Pick und der Brandfackel". Ihre wandernden Agitatoren durchzogen das ganze Land und predigten in einer Sprache, die der des Journals nichts nachgab. Meetings folgten auf Meetings, Petitionen über Petitionen ans Parlament wurden verbreitet, und als dieses seine Sitzungen eröffnete, versammelte sich zu gleicher Zeit in der unmittelbaren Nähe des Parlamentsgebäudes ein Kongreß von Deputierten der League. Als Peel trotz alledem die Korngesetze nicht abschaffte, sondern nur modifizierte, erklärte dieser Kongreß:
„Das Volk habe von der Regierung nichts mehr zu erwarten; es müsse sich nur auf sich selbst verlassen; die Räder der Regierungsmaschine müßten mit einem Male und auf der Stelle stillgesetzt werden; die Zeit zum Sprechen sei vorüber, die Zeit zum Handeln sei gekommen; man hoffe, das Volk werde nicht ferner zum Vorteil einer schwelgenden Aristokratie verhungern wollen, und wenn alles nichts helfe, so gäbe es noch ein Mittel, wodurch die Regierung zur Nachgiebigkeit gezwungen werden könne; man müsse" (erklärte dieser aus den ersten Fabrikanten und Munizipalbeamten großer Fabrikstädte des Landes bestehende Kongreß) „das Volk auf die Ackerbaubezirke werfen, die allen Pauperismus erzeugt hätten; aber das Volk dürfe nicht dorthin gehen wie ein Haufe demütiger ,Paupers', sondern als wenn es sich ,bei einem Todfeinde einzuquartieren hätte'."
Dieses große Mittel der Fabrikanten, wodurch sie in 24 Stunden eine Versammlung von 500000 Menschen auf der Rennbahn von Manchester zusammenbringen und eine Insurrektion gegen die Korngesetze ins Leben rufen wollten, bestand in der Schließung ihrer Fabriken.
[„Telegraph für Deutschland" Nr. 194, Dezember 1845] Im Juli fing das Geschäft an sich zu bessern. Es kamen vermehrte Aufträge ein, und die Fabrikanten merkten, daß die Krisis sich ihrem Ende nahe. Noch war das Volk indes aufgeregt und das Elend allgemein; aber wenn etwas geschehen sollte, so war es hohe Zeit. Plötzlich also setzte ein Fabrikant in
Stalybridge in einem Augenblick, wo ein Steigen des Lohnes wegen des verbesserten Geschäfts zu erwarten gewesen wäre, den Lohn seiner Arbeiter herunter und zwang sie dadurch zu feiern, um ihren Lohn aufrechtzuerhalten. Die Arbeiter, denen auf diese Weise das Signal zur Insurrektion gegeben war, setzten sämtliche Fabriken der Stadt und Umgegend still, was ihnen leicht gelang, da die Fabrikanten (alle Mitglieder der Anti-Corn-Law League) ihnen gegen ihre Gewohnheit durchaus keinen Widerstand leisteten. Sie hielten Versammlungen, in denen die Fabrikanten selbst präsidierten und die Aufmerksamkeit des Volks auf die Korngesetze zu leiten suchten. Am 9. August 1842, vier Tage nach Ausbruch der Insurrektion, zogen die Arbeiter nach Manchester, wo sie durchaus keinen Widerstand fanden und sämtliche Fabriken stillsetzten. Der einzige Fabrikant, der sich ihnen widersetzte, war ein Konservativer und ein Feind der League. Die Insurrektion verbreitete sich über sämtliche Fabrikdistrikte; nirgends setzten ihnen die städtischen Behörden (von denen bekanntlich bei dergleichen Fällen in England alles abhängt), die sämtlich Mitglieder der Anti-Korn[gesetz]-League waren, Widerstand entgegen. Bis hierher ging der League alles nach Wunsch. Aber sie hatten sich in einem Punkt verrechnet. Das Volk, welches sie in die Insurrektion hineingejagt hatten, um die Abschaffung der Korngesetze zu erzwingen, kümmerte sich nicht im geringsten um diese Gesetze. Es verlangte den Lohn von 1840 und die Volks-Charte[172]. Sobald die League dies merkte, wandte sie sich gegen ihre Bundesgenossen. Ihre sämtlichen Glieder ließen sich als Special Constabler einschwören und bildeten eine neue Armee zur Unterdrückung der Insurrektion und im Dienste der ihnen feindlichen Regierung. Die unfreiwillige Insurrektion des Volkes, das zu einer solchen noch gar nicht vorbereitet war, wurde bald überwunden; die Korngesetze blieben vor wie nach bestehen, und sowohl die Mittelklasse als das Volk waren um eine Lehre reicher geworden. Die Anti-Korngesetz-League, um einen eklatanten Beweis zu geben, daß sie durch die verfehlte Insurrektion nicht aufs Haupt geschlagen sei, eröffnete 1843 einen neuen großartigen Feldzug mit der Forderung einer Beisteuer von 50000 Pfund Sterling an ihre Glieder, welche sie in Jahresfrist überreichlich zusammenbrachte. Sie begann ihre Agitationen von neuem, aber sie sah sich bald genötigt, sich ein neues Publikum zu suchen. Sie tat immer damit groß, daß sie von 1843 an in den Fabrikbezirken nichts mehr zu tun fand und zu den Ackerbaubezirken übergehen konnte. Die Sache hat aber ihren Haken. Nach der Insurrektion von 1842 durfte sie in den Fabrikdistrikten keine öffentliche Versammlungen mehr halten, ohne von dem wütenden Volke, das sie so schmählich verraten hatte, im buchstäblichen Sinne des Worts geprügelt und mit Schimpf und
Schande von der Bühne heruntergeworfen zu werden. Wollte sie also ihre Doktrinen anbringen, so war sie gezwungen, in die Ackerbaubezirke zu gehen. Hier hat sie einige wirkliche Verdienste erworben, indem sie bei den Pächtern eine Art Schamgefühl über ihre bisherige Abhängigkeit von den Grundbesitzern erweckt und die ackerbauende Klasse für allgemeinere Interessen zugänglich gemacht hat. Im Jahre 1844 schrieb sie, durch den Erfolg ihrer frühern Subskriptionen ermuntert, eine neue Kontribution von 100000 Pfund Sterling aus. Am nächsten Tage versammelten sich die Fabrikanten in Manchester und zeichneten in einer halben Stunde 12000 Pfund Sterling. Im November 1844 waren bereits 82000 Pfund zusammen, von denen 57000 bereits ausgegeben. Wenige Monate darauf eröffneten sie in London eine Ausstellung, die der League ebenfalls enorme Summen eingetragen haben muß. Wenn wir nun fragen, was die Motive dieser kolossalen Bewegung gewesen sind, die sich von Manchester aus über ganz England verbreitet und die ungeheure Majorität der englischen Mittelklasse mit sich fortgerissen hat, die aber - wir wiederholen es - bei der Arbeiterklasse auch nicht ein Atom Sympathie gefunden hat: so erkennen wir zuerst das Privatinteresse der industriellen und handeltreibenden Mittelklasse Großbritanniens. Für diese Klasse ist ein System von der größten Wichtigkeit, das ihr, wie sie wenigstens glaubt, auf ewige Zeiten das Weltmonopol des Handels und der Industrie sichert, indem es ihr möglich macht, einen ebenso niedrigen Lohn wie ihre Konkurrenten zu zahlen und den ganzen Vorzug zu exploitieren, den England durch einen achtzigjährigen Vorsprung in der modernen Industrie besitzt. Nach dieser Seite hat also bloß die Mittelklasse und nicht das Volk Vorteile aus der Abschaffung der Korngesetze. Zweitens verlangt die Mittelklasse diese Maßregel als ein Supplementargesetz zur Reformbill. Durch die Reformbill, die den Wahlzensus einführte und das alte Wahlprivilegium einzelner Individuen und Korporationen aufhob, war die geldbesitzende Mittelklasse dem Prinzip nach zur Herrschaft gekommen; aber in der Wirklichkeit behielt die Klasse der Grundbesitzer noch eine bedeutende Ubermacht im Parlament, indem sie direkt 143 Grafschaftsmitglieder, indirekt fast alle Deputierte für kleine Städte ins Parlament schickt und außerdem noch durch die torystischen Abgeordneten der Städte mit vertreten wird. Diese Majorität des Ackerbau-Interesses brachte 1841 Peel und die Tort/s ins Kabinett. Die Abschaffung der Korngesetze würde der politischen Macht der Grundbesitzer im Unterhause, d. h. tatsächlich und der ganzen englischen Legislatur den Todesstoß geben, indem sie die Pächter von den Grundherren unabhängig machen würde. Sie würde das Kapital als die höchste Macht Englands proklamieren; aber zu gleicher Zeit die
englische Konstitution in ihren Grundfesten erschüttern; einen wesentlichen Bestandteil des gesetzgebenden Körpers, nämlich die Grundaristokratie, alles Reichtums und aller Macht berauben und dadurch von einem anderen größeren Einfluß auf die Zukunft Englands sein als manche andere politische Maßregel. Wir finden aber wieder, daß auch von dieser Seite die Abschaffung der Korngesetze dem Volke keinerlei Vorteil darbiete.
Geschrieben im Herbst 1845.
[Friedrich Engels]
Nachträgliches über die Lage der arbeitenden Klassen in England
Ein englischer Turnout
In meinem Buche über den obigen Gegenstand war es mir nicht möglich, für die einzelnen Punkte tatsächliche Beweise zu geben. Ich mußte, um das Buch nicht zu dickleibig und ungenießbar zu machen, meine Aussagen für hinreichend bewiesen halten, wenn ich sie durch Belegstellen aus offiziellen Dokumenten, uninteressierten Schriftstellern oder Schriften derjenigen Parteien beglaubigt hatte, gegen deren Interesse ich auftrat. Dies war hinreichend, um mich in denjenigen Fällen, wo ich nicht aus eigener Anschauung sprechen konnte, vor Widerspruch zu schützen, soweit ich auf einzelne Schilderungen bestimmter Lebenslagen einging. Aber es war nicht hinreichend, um in dem Leser die unwidersprechliche Gewißheit zu erzeugen, die nur durch schlagende, unwidersprechliche Tatsachen gegeben werden kann und die namentlich in einem Jahrhundert, das durch die unendliche „Weisheit der Väter" zum Skeptizismus gezwungen ist, durch keine bloßen Räsonnements, wenn auch noch so guter Autoritäten, sich hervorbringen läßt. Vollends da, wo es sich um große Resultate handelt, wo die Tatsachen sich zu Prinzipien zusammenfassen, wo nicht die Lage einzelner kleiner Sektionen des Volks, sondern die gegenseitige Stellung ganzer Klassen darzustellen ist, sind Tatsachen durchaus nötig. Ich konnte sie aus den soeben erwähnten Gründen in meinem Buche nicht überall geben. Ich werde diesen unvermeidlichen Mangel nun hier nachholen und von Zeit zu Zeit Tatsachen geben, wie ich sie in den mir zu Gebote stehenden Quellen finde. Um zu gleicher Zeit zu beweisen, daß meine Schilderung auch noch heute richtig ist, nehme ich nur solche Fakta, die sich nach meiner Abreise aus England im vorigen Jahre zugetragen haben und mir erst seit dem Druck des Buches bekanntgeworden sind. Die Leser meines Buches werden sich erinnern, daß es mir hauptsächlich auf die Schilderung der gegenseitigen Stellung der Bourgeoisie und des Proletariats und der Notwendigkeit des Kampfes zwischen diesen beiden
Klassen ankam; daß es mir speziell darum zu tun war, die vollständige Berechtigung des Proletariats zu diesem Kampfe zu beweisen und die schönen Redensarten der englischen Bourgeoisie durch ihre häßlichen Handlungen zu verdrängen. Von der ersten Seite bis zur letzten schrieb ich an der Anklageakte gegen die englische Bourgeoisie. Ich werde jetzt noch einige hübsche Beweisstücke vorlegen. Übrigens habe ich über diese englischen Bourgeois Leidenschaft genug angedeutet; es fällt mir nicht ein, mich nachträglich noch einmal darüber zu ereifern, und ich werde dabei, soviel an mir ist, meine gute Laune behalten. Der erste gute Bürger und brave Familienvater, der uns vorkommt, ist ein alter Freund, oder es sind ihrer vielmehr zwei. Die Herren Pauling & Henfrey hatten bereits Anno 1843, Gott weiß zum wievielten Male, Streit mit ihren Arbeitern, die sich durch keine guten Gründe von ihrer Forderung, für vermehrte Arbeit vermehrten Lohn haben zu wollen, abbringen ließen und die Arbeit einstellten. Die Herren Pauling & Henfrey, welche bedeutende Bauunternehmer sind und viele Ziegelbrenner, Zimmerleute usw. beschäftigen, nahmen andre Arbeiter; dies gab Streit und zu guter Letzt eine blutige Schlacht mit Flinten und Knüppeln auf der Ziegelbrennerei von Pauling & Henfrey, die mit der Transportation von einem halben Dutzend Arbeitern nach Van Diemens Land[178] endigte, wie dies alles des breiteren in der zitierten Schrift1 zu lesen ist. Die Herren Pauling & Henfrey müssen aber jedes Jahr mit ihren Arbeitern etwas zu tun haben, sonst sind sie nicht glücklich, und so fingen sie im Oktober 1844 wieder Häkeleien an. Diesmal waren es die Zimmerleute, deren Wohl sich die philanthropischen Bauunternehmer zu bewirken vorgenommen hatten. Seit undenklicher Zeit herrschte unter den Zimmerleuten in Manchester und der Umgebung die Gewohnheit, von Lichtmeß2 bis zum 17. November kein „Licht anzuzünden", d. h. während der langen Tage von morgens sechs bis abends sechs Uhr zu arbeiten und während der kurzen Tage anzufangen, sobald es hell, und aufzuhören, sobald es dunkel wurde. Vom 17. November an wurden dann die Lichter angesteckt und die volle Zeit gearbeitet. Pauling & Henfrey, schon lange dieser „barbarischen" Gewohnheit überdrüssig, entschlossen sich, diesen Rest der „dunklen Zeiten" mit Hülfe der Gasbeleuchtung zu vernichten, und als eines Abends die Zimmerleute nicht mehr bis sechs Uhr sehen konnten, ihre Werkzeuge weglegten und zu ihren Röcken griffen, steckte der Werkmeister das Gas an und bemerkte, sie müßten bis sechs Uhr arbeiten. Die Zimmerleute, denen dies nicht behagte, beriefen eine allgemeine
1 Siehe vorl. Band, S. <142/443 - 2 2. Februar
Versammlung der Arbeiter ihres Handwerks. Herr Pauling frug hocherstaunt seine Arbeiter, ob sie etwa nicht zufrieden seien, sie hätten ja eine Versammlung berufen. Einige bemerkten, nicht sie direkt, sondern der Vorstand des Handwerksvereins habe die Versammlung berufen, worauf Herr Pauling erwiderte, er schere sich den Teufel um den Handwerksverein, aber er wolle ihnen einen Vorschlag machen: Wenn sie sich das Lichtanzünden gefallen ließen, so wolle er ihnen sonnabends dafür drei Stunden freigeben und - der Großmütige - ihnen auch erlauben, täglich eine Extraviertelstunde zu arbeiten, die sie besonders bezahlt erhalten würden! Dafür sollten sie dann auch freilich, wenn alle andern Werkstätten anfingen, die Lichter anzuzünden, eine halbe Stunde länger arbeiten! Die Arbeiter überlegten sich diesen Vorschlag und berechneten, daß hierdurch während der kurzen Tage die Herren Pauling & Henfrey täglich eine ganze Arbeitsstunde profitieren würden, daß jeder Arbeiter im ganzen 92 Stunden, d. h. 9^4 Tag extra zu arbeiten haben würde, ohne einen Pfennig dafür zu erhalten, und daß bei der von der Firma beschäftigten Anzahl Arbeiter die genannten Herren dadurch während der Wintermonate 400 Pfd. St. (2100 Taler) am Lohn ersparen würden. Die Arbeiter hielten also ihre Versammlung, setzten ihren Handwerksgenossen auseinander, daß, wenn eine Firma dies durchsetze, alle andern ihr nachfolgen würden und dadurch eine allgemeine, indirekte Lohnherabsetzung zustande käme, welche die Zimmerleute des Distrikts um jährlich ca. 4000 Pfd. St. berauben würde. Es wurde also beschlossen, daß sämtliche Zimmerleute von Pauling & Henfrey am nächsten Montag ihre vierteljährliche Kündigung einreichen und, falls ihre Arbeitgeber sich nicht besonnen, die Arbeit nach Ablauf derselben einstellen sollten. Dafür versprach der Handwerksverein, sie während des etwaigen Feierns durch eine allgemeine Kontribution zn unterstützen. Am Montag, den 21. Oktober, gingen die Arbeiter hin und kündigten, worauf man ihnen antwortete, sie könnten gleich gehen, was sie natürlich taten. An demselben Abend fand eine andere Versammlung sämtlicher Bauhandwerker statt, wobei alle einzelnen beim Bauen beschäftigten Arbeitszweige den Feiernden ihre Unterstützung zusagten. Am folgenden Mittwoch und Donnerstag stellten sämtliche in der Umgegend für Pauling & Henfrey beschäftigten Zimmerleute ebenfalls ihre Arbeit ein, und der Strike war somit vollständig im Zuge. Die so plötzlich aufs trockne gesetzten Bauunternehmer schickten alsbald nach allen Richtungen, selbst bis nach Schottland, Leute aus, um Arbeiter zu engagieren, da in der ganzen Umgegend keine Seele zu finden war, die in ihren Sold treten wollte. In wenigen Tagen kamen richtig dreizehn Leute
38 Mare/EngeU, Werke, BJ. 2
aus Staffordshire an. Sobald aber die Feiernden Gelegenheit fanden, mit ihnen zu sprechen, ihnen auseinandersetzten, daß sie wegen Zwistigkeiten, und aus welchen Gründen, die Arbeit eingestellt hätten, weigerten sich mehrere der neuen Ankömmlinge, fortzuarbeiten. Hiergegen hatten nun die Brotherren ein praktisches Mittel, sie ließen die Widerspenstigen zusamt dem Verführer vor den Friedensrichter, Daniel Maude, Esquire, laden. Ehe wir ihnen dahin folgen, müssen wir vorerst die Tugenden von Daniel Maude, Esquire, in ihr gehöriges Licht setzen. Daniel Maude, Esquire, ist der „stipendiary magistrate" oder bezahlte Friedensrichter von Manchester. Gewöhnlich sind die englischen Friedensrichter reiche Bourgeois oder Grundbesitzer, mitunter auch Geistliche, die vom Ministerium ernannt werden. Da aber diese Dogberries vom Gesetze nichts verstehen, so begehen sie die größten Verstöße, blamieren die Bourgeoisie und schaden ihr, indem sie selbst einem Arbeiter gegenüber, wenn er von einem pfiffigen Advokaten verteidigt wird, sehr häufig in Verwirrung gebracht werden und entweder bei seiner Verurteilung eine gesetzliche Form vernachlässigen, die einen erfolgreichen Appell nach sich zieht, oder sich gar zu einer Freisprechung verleiten lassen. Dabei haben die reichen Fabrikanten großer Städte und industrieller Bezirke keine Zeit, sich tagtäglich im Friedensgericht zu langweilen, und stellen lieber einen Remplafant1. In diesen Städten werden also meist besoldete Friedensrichter, studierte Juristen, auf Verlangen der Städte selbst angestellt, die imstande sind, der Bourgeoisie sämtliche Kniffe und Distinktionen des englischen Rechts, mit Zusätzen und Verbesserungen im Notfall, zugute kommen zu lassen. Wie sie sich dabei benehmen, werden wir an dem vorliegenden Exempel sehen. Daniel Maude, Esquire, ist einer der liberalen Friedensrichter, die unter der Regierung des Whigministeriums in Masse angestellt wurden. Von seinen Heldentaten in und außer der Arena des Manchester Borough Court wollen wir zwei erwähnen. Als es im Jahre 1842 den Fabrikanten gelang, die Arbeiter von Süd-Lancashire in eine Insurrektion zu forcieren, die anfangs August in Stalybridge und Ashton ausbrach, zogen am 9. August gegen 10000 Arbeiter von dort nach Manchester, Richard Pilling, der Chartist, an der Spitze, „um mit den Fabrikanten auf der Börse von Manchester zu unterhandeln und auch, um zu sehen, wie der dortige Markt sich mache". Am Eingange der Stadt empfing sie Daniel Maude, Esquire, mit der ganzen löblichen Polizeimannschaft, einem Detachement Kavallerie und einer
1 Stellvertreter
Kompanie Schützen. Dies war aher alles nur der Form halber, da es im Interesse der Fabrikanten und Liberalen war, daß die Insurrektion sich ausdehne und die Abschaffung der Korngesetze erzwinge. Daniel Maude, Esq., war mit seinen würdigen Kollegen vollkommen hierin einverstanden, fing an, mit den Arbeitern zu kapitulieren, und ließ sie unter dem Versprechen, den „Frieden zu halten" und eine bestimmte Route zu verfolgen, in die Stadt. Er wußte sehr gut, daß die Insurgenten dies nicht tun würden, und wünschte es auch gar nicht - er hätte durch einige Energie die ganze forcierte Insurrektion im Keime zerstreuen können, aber dann hätte er ja nicht im Interesse seiner Korngesetz-abschaffenden Freunde gehandelt, sondern im Interesse des Herrn Peel; so ließ er das Militär sich zurückziehen und die Arbeiter in die Stadt, wo sie gleich alle Fabriken stillsetzten. Als aber die Insurrektion einen entschiedenen Charakter gegen die liberale Bourgeoisie annahm und die „höllischen Korngesetze" gänzlich ignorierte, da nahm Daniel Maude, Esq., wieder seine richterliche Würde an, ließ die Arbeiter zu Dutzenden verhaften und wegen „Friedensbruchs" ohne Gnade ins Gefängnis spazieren - so daß er erst die Friedensbrüche machte und sie nachher bestrafte. Ein anderer charakteristischer Zug aus der Karriere dieses Salomon von Manchester ist folgender. Die Antikorngesetzligue hält in Manchester, seitdem sie öffentlich mehrere Male geprügelt worden ist, geheime Versammlungen, zu denen man Billetts haben muß - deren Beschlüsse und Petitionen aber vor dem großen Publikum für die einer öffentlichen Versammlung, für Manifestationen der „öffentlichen Meinung" von Manchester gelten sollen. Um dieser lügenhaften Prahlerei der liberalen Fabrikanten ein Ende zu machen, besorgten sich drei oder vier Chartisten, unter denen mein guter Freund James Leach, einige Billetts und gingen in eine solche Versammlung. Als Herr Cobden sich erhob, um zu sprechen, richtete James Leach an den Präsidenten die Frage, ob dies eine öffentliche Versammlung sei. Statt aller Antwort rief dieser die Polizei herein und ließ Leach ohne weiteres verhaften! Ein zweiter Chartist stellte die Frage nochmals - ein dritter, ein vierter, sie wurden einer nach dem andern von den „ungesottenen Krebsen" (der Polizei), die in Massen an der Türe standen, aufgegriffen und aufs Rathaus spediert. Am nächsten Morgen erschienen sie vor Daniel Maude, Esq., der bereits über alles unterrichtet war. Sie wurden angeklagt, eine Versammlung gestört zu haben, kamen kaum zu Worte und hörten dann eine feierliche Rede von Daniel Maude, Esq., an, worin er ihnen sagte, er kenne sie, sie seien politische Vagabonden, die nichts täten als in allen Versammlungen Skandal schlagen, ordentliche gesetzte Leute beunruhigen, und dem Dinge müsse ein Ende gemacht werden. Darum - Daniel Maude, Esq., wußte wohl,
daß er sie nicht in eine wirkliche Strafe verurteilen konnte — darum wolle er sie diesmal in die Kosten verurteilen. Vor diesen Daniel Maude, Esquire, dessen Bourgeoistugenden wir soeben geschildert haben, wurden also die widerspenstigen Arbeiter von Pauling <& Henfrey geschleppt. Sie hatten aber der Vorsicht halber einen Advokaten mitgebracht. Zuerst kam der neuangekommene Arbeiter aus Staffordshire vor, der sich weigerte, da fortzuarbeiten, wo andre zu ihrer Selbstverteidigung die Arbeit eingestellt hatten. Die Herren Pauling & Henfrey hatten eine schriftliche Verpflichtung der von Staffordshire angekommenen Arbeiter in Händen*, die jetzt dem Friedensrichter vorgelegt wurde. Der Verteidiger der Arbeiter warf ein, daß dies Ubereinkommen an einem Sonntag unterzeichnet, also ungültig sei. Daniel Maude, Esq., gab mit vieler Würde zu, daß „Geschäftstransaktionen", die an einem Sonntag vollzogen seien, nicht gültig seien; aber er könne nicht glauben, daß die Herren Pauling & Henfrey dies für eine „Geschäftstransaktion" ansähen! Er erklärte also dem armen Teufel, ohne ihn lange zu fragen, ob er das Dokument für eine „Geschäftstransaktion" „ansehe", er müsse entweder fortarbeiten oder drei Monate sich auf der Tretmühle amüsieren. - 0 Salomon von Manchester! - Nachdem dieser Fall erledigt, brachten die Herren Pauling & Henfrey den zweiten Angeklagten vor. Dieser hieß Salmon und war einer der alten Arbeiter der Firma, die die Arbeit eingestellt hatten. Er war angeklagt, die neuen Arbeiter eingeschüchtert zu haben, um sie gleichfalls zum Feiern zu veranlassen. Der Zeuge - einer dieser letzteren - sagte aus, Salmon habe ihn beim Arme gefaßt und mit ihm gesprochen. Daniel Maude, Esq., frug, ob der Angeklagte vielleicht Drohungen gebraucht oder ihn geschlagen habe?-Nein! sagte der Zeuge. Daniel Maude, Esq., erfreut, eine Gelegenheit zu finden, seine Unparteilichkeit leuchten zu lassen - nachdem er eben seine Pflichten gegen die Bourgeoisie erfüllt erklärte, es liege nichts vor, was den Angeklagten inkriminiere. Er habe ein volles Recht, auf der öffentlichen Chaussee spazierenzugehen und mit andern Leuten zu sprechen, solange er keine einschüchternden Worte oder Handlungen sich zuschulden kommen lasse - er spreche
* Dieser Kontrakt enthielt folgendes: Der Arbeiter verpflichte sich, sechs Monate für Pauling & Henfrey zu arbeiten und mit dem Lohn zufrieden zu sein, den sie ihm geben würden; daß aber Pauling & Henfrey nicht gebunden seien, ihn sechs Monate zu behalten, sondern ihn jeden Augenblick mit wöchentlicher Kündigung entlassen könnten; und daß Pauling & Henfrey seine Reisekosten von Staffordshire nach Manchester zwar auslegen, sie aber aus seinem Lohne durch wöchentliche Abzüge von 2 Schill. (20 S[ilber]gr[oschen]) zurückhalten sollten! Wie gefällt euch dies schöne Stück von einem Kontrakt?
ihn deshalb frei. Aber die Herren Pauling & Henfrey hatten wenigstens das Vergnügen gehabt, gegen Erlegung der Gerichtskosten den etc. Salmon eine Nacht in der Violine zubringen zu lassen - und das war schon etwas. Auch dauerte Salmons Freude nicht lange. Denn nachdem er Donnerstag, den 31. Oktober, freigelassen war, stand er bereits Dienstag, den 5. November, wieder vor Daniel Maude, Esq., angeklagt, dieHerrenPauling & Henfrey auf der Straße angefallen zu haben. An demselben Donnerstag, an dem Salmon freigesprochen worden war, kam eine Anzahl Schotten, die durch lügnerische Vorwände, die Zwistigkeiten seien am Ende und Pauling & Henfrey könnten in ihrer Gegend nicht Arbeiter genug für ihre ausgedehnten Kontrakte finden usw., nach Manchester gelockt waren, dort an. Am Freitag kamen mehrere schottische Schreiner, die seit längerer Zeit in Manchester arbeiteten, zu ihnen, um ihren Landsleuten die Ursache der Arbeitseinstellung zu erklären. Eine große Menge ihrer Handwerksgenossen — gegen 400 versammelten sich um das Wirtshaus, wo die Schotten untergebracht waren. Man hielt sie dort aber als Gefangene und stellte einen Werkmeister als Schildwache vor die Tür. Nach einiger Zeit kamen die Herren Pauling & Henfrey, um ihre neuen Arbeiter in eigner Person zur Werkstatt zu geleiten. Als der Zug herauskam, sprachen die draußen Versammelten den Schotten zu, nicht gegen die Handwerksregeln von Manchester zu arbeiten und ihren Landsleuten keine Schande zu machen. Zwei der Schotten blieben wirklich etwas zurück, und Herr Pauling lief ihnen selbst nach, um sie vorwärtszuschleppen. Die Menge hielt sich ruhig, hinderte nur das zu rasche Gehen des Zuges und sprach den Leuten zu, sich nicht in fremde Angelegenheiten zu mischen, wieder nach Hause zu gehen usw., Herr Henfrey wurde endlich ärgerlich; er sah mehrere seiner alten Arbeiter und unter andern Salmon; um also dem Ding ein Ende zu machen, griff er diesen beim Arm; Herr Pauling ergriff ihn beim andern Arm, und beide riefen aus Leibeskräften nach der Polizei. Der Polizeikommissär kam hinzu und fragte, welche Anklage gegen den Mann gemacht werde? worauf die beiden Associes in großer Verlegenheit waren; aber, sagten sie — „wir kennen den Mann'. 0, sagte der Kommissär, das ist ja hinreichend, dann können wir ihn ja einstweilen gehen lassen. Die Herren Pauling & Henfrey, genötigt, irgendeine Klage gegen Salmon vorzubringen, besannen sich mehrere Tage, bis sie endlich auf den Rat ihres Advokaten die obige Anklage einreichten. Als alle Zeugen gegen Salmon verhört worden waren, stand plötzlich für den Angeklagten W. P. Roberts, „der Generalanwalt der Grubenarbeiter", der Schrecken aller Friedensrichter, auf und frug, ob er seine Zeugen noch bringen solle, da gar nichts gegen Salmon vorgebracht sei? Daniel Maude, Esq., ließ ihn seine
Zeugen verhören, die bewiesen, daß Salmon sich ruhig verhalten habe, bis Herr Henfrey ihn gefaßt habe. Als die Verhandlungen pro und contra beendigt waren, erklärte Daniel Maude, Esq., er wolle Sonnabend sein Urteil geben. Die Anwesenheit des Generalanwalts Roberts bewog ihn offenbar, zweimal zu überlegen, ehe er einmal sprach. Am Samstag brachten Pauling & Henfrey außer der bisherigen noch eine Kriminalanklage auf Verschwörung und Intimidation vor, gegen drei ihrer alten Arbeiter, Salmon, Scott und Mellor. Sie wollten dem Handwerksverein dadurch einen tödlichen Stich versetzen, und um dem gefürchteten Roberts gegenüber sicher zu sein, ließen sie einen angesehenen Juristen von London, Herrn Monk, kommen. Herr Monk brachte als Zeugen zuerst einen der neuengagierten Schotten, Gibson, vor, der auch schon vorigen Dienstag gegen Salmon als Zeuge gedient hatte. Er sagte aus, daß am Freitag, den 1. November, als er und seine Genossen aus dem Wirtshaus gekommen seien, eine Menge Leute sie umringt, hier und da gestoßen und gezogen hätten und daß die drei Angeklagten unter der Menge gewesen seien. Jetzt fing Roberts an, diesen Zeugen zu verhören, und konfrontierte ihn mit einem andern Arbeiter und frug, ob er, Gibson, nicht gestern abend diesem Arbeiter gesagt habe, er hätte vergangenen Dienstag bei seiner Zeugenaussage nicht gewußt, daß er eidlich verhört worden sei, und überhaupt nicht gewußt, was er im Gerichtshofe zu tun und zu sagen habe. Gibson antwortete: Er kenne den Mann nicht, er sei gestern abend mit zwei Leuten zusammen gewesen; aber da es dunkel gewesen, so könne er nicht sagen, ob dieser einer davon gewesen sei; auch sei es möglich, daß er etwas der Art gesagt habe, da die Eidesform in Schottland anders sei als in England, er erinnere sich nicht genau. Hier stand Herr Monk auf und behauptete, Herr Roberts habe nicht das Recht, dergleichen Fragen zu tun, worauf Herr Roberts erwiderte, dergleichen Einwürfe seien ganz am Ort, wenn man eine schlechte Sache zu vertreten habe, aber er habe das Recht, zu fragen, was er wolle, nicht nur, wo der Zeuge geboren sei, sondern auch, wo er sich seitdem jeden Tag aufgehalten und was er jeden Tag gegessen habe. Daniel Maude, Esq., bestätigte dies Recht des Herrn Roberts und gab ihm nur den väterlichen Rat, sich soviel wie möglich bei der Sache zu halten. Nachdem Herr Roberts nun noch den Zeugen hatte aussagen lassen, daß er erst am Tage nach dem Vorfall, der die Anklage begründete, also am zweiten November, wirklich angefangen habe, für Pauling & Henfrey zu arbeiten, entließ er ihn. Jetzt trat Herr Henfrey selbst als Zeuge auf und sagte dasselbe über den Vorfall aus wie Gibson. Hierauf stellte ihm Herr Roberts die Frage: Suchen Sie nicht einen unbilligen Vorteil über Ihre Konkurrenten? Herr Monk machte wieder Einwendungen gegen diese Frage.
Gut, sagte Roberts, ich will sie deutlicher stellen. Wissen Sie, Herr Henfrey, daß die Arbeitsstunden der Zimmerleute in Manchester durch gewisse Regeln bestimmt sind? Herr Henfrey: Ich habe mit diesen Regeln nichts zu tun, ich habe das Recht, meine eigenen Regeln zu machen. Herr Roberts: Ganz recht. Auf Ihren Eid, Herr Henfrey, verlangen Sie nicht von Ihren Arbeitern eine längere Arbeitszeit als die übrigen Bauunternehmer und Zimmermeister? Herr Henfrey: Ja. Herr Roberts: Wieviel Stunden ungefähr? Herr Henfrey wußte es nicht genau, zog aber sein Taschenbuch hervor, um zu kalkulieren. Daniel Maude, Esq.: Sie brauchen es nicht lange zu berechnen, wenn Sie uns nur ungefähr sagen wollen, wieviel es beträgt. Herr Henfrey: Nun, ungefähr eine Stunde morgens und eine Stunde abends während sechs Wochen vor der Zeit, wann gewöhnlich die Lichter angesteckt werden, und ebensoviel während sechs Wochen nach dem Tage, an dem man gewöhnlich aufhört, Licht anzuzünden. Daniel Maude, Esq.: Das sind also 72 Stunden vor Lichtanzünden und 72 Stunden nachher, also 144 Stunden in zwölf Wochen, die jeder Ihrer Arbeiter mehr arbeiten muß? Herr Henfrey: Ja. Diese Ankündigung wurde vom Publikum mit starken Zeichen des Unwillens aufgenommen; Herr Monk sah wütend auf Herrn Henfrey und Herr Henfrey konfus auf seinen Juristen, und Herr Pauling zupfte Herrn Henfrey am Rockschoß - aber es war zu spät; Daniel Maude, Esq., der wohl sah, daß er heute wieder den Unparteiischen spielen müsse, hatte das Geständnis gehört und öffentlich gemacht. Nachdem noch zwei unbedeutende Zeugen verhört worden waren, sagte Herr Monk, hiermit sei sein Beweis gegen die Angeklagten beendigt. Daniel Maude, Esq., sagte nun, die klagende Partei habe keine Kriminaluntersuchung gegen die Angeklagten begründet, indem sie nicht bewiesen hätte, daß die bedrohten Schotten vor dem ersten November in Pauling & Henfreys Dienst genommen seien, indem kein Mietvertrag oder keine Beschäftigung der Leute vor dem zweiten November bewiesen sei, während die Denunziation am ersten November deponiert worden sei; an diesem Tage waren also die Leute noch nicht in Pauling & Henfreys Dienst, und die Angeklagten waren berechtigt, sie auf jede gesetzliche Weise davon abzuhalten, in Pauling & Henfreys Dienste zu treten. Herr Monk sagte hiergegen, die
Kläger seien gemietet gewesen von dem Augenblick an, wo sie Schottland verlassen und das Dampfschiff betreten hätten. Daniel Maude, Esq., bemerkte, allerdings habe man gesagt, daß ein solcher Mietvertrag gemacht worden sei, aber dies Dokument sei nicht eingereicht worden. Herr Monk erwiderte, dies Dokument liege in Schottland, und er bitte Herrn Maude, den Fall so lange stehenzulassen, bis es herbeigebracht werden könne. Hier fiel Herr Roberts ein: Dies sei ihm neu. Der Beweis für die Anklage sei für geschlossen erklärt und dennoch verlange Kläger, daß die Sache vertagt werden solle, um neue Beweisstücke einzubringen. Er bestehe darauf, daß man fortfahre. Daniel Maude, Esq., beschloß, beides sei überflüssig, da keine unterstützte Anklage vorliege - worauf die Angeklagten entlassen wurden. Inzwischen waren die Arbeiter auch nicht untätig gewesen. Woche auf Woche hielten sie Versammlungen in der Zimmermannshalle oder der SoziaIistenhalle, forderten die verschiedenen Handwerksvereine zu Unterstützungen auf, die reichlich kamen, hörten nicht auf, die Handlungsweise von Pauling & Henfrey überall bekanntzumachen, und schickten endlich Delegierte nach allen Richtungen, um überall, wo Pauling & Henfrey anwerben ließen, die Ursache dieser Werbungen unter ihren Handwerksgenossen bekanntzumachen und sie dadurch zu verhindern, in den Dienst dieser Firma zu treten. Bereits wenige Wochen nach dem Anfange des Feierns waren sieben Delegierte auf Reisen und Plakate an den Ecken aller bedeutenden Städte des Landes, die die arbeitslosen Zimmerleute vor Pauling & Henfrey warnten. Am 9. November statteten einige dieser zurückgekehrten Delegierten Bericht über ihre Sendung ab. Einer derselben, namens Johnson, der in Schottland gewesen war, erzählte, wie der Abgesandte von Pauling & Henfrey dreißig Arbeiter in Edinburgh angeworben hatte; aber sobald sie von ihm den wahren Stand der Dinge gehört hatten, erklärten sie, daß sie lieber verhungern wollten als unter solchen Umständen nach Manchester gehen. Ein zweiter war in Liverpool gewesen und hatte die ankommenden Dampfschiffe beaufsichtigt; aber kein einziger Mann war angekommen, und so hatte er nichts zu tun vorgefunden. Ein dritter hatte Cheshire bereist, aber wohin er kam, fand er nichts mehr zu tun, denn der „Northern Star", das Journal der Arbeiter, hatte überall den wahren Stand der Sache verbreitet und den Leuten alle Lust benommen, nach Manchester zu gehen; ja, in einer Stadt, in Macclesfield, hatten die Zimmerleute bereits eine Kontribution zur Unterstützung der Feiernden erhoben und versprochen, ihm im Notfalle einen Shilling per Mann noch nachträglich beizusteuern. An anderen Orten bewog er die Handwerksgenossen, solche Kontributionen auszuschreiben.
Um noch einmal den Herren Pauling & Henfrey Gelegenheit zu geben, sich mit den Arbeitern zu verständigen, versammelten sich Montag, den 18. November, sämtliche beim Bauen beteiligte Handwerke in der Zimmermannshalle, ernannten eine Deputation, die diesen Herren eine Adresse überbringen sollte, und zogen in Prozession, mit Fahnen und Emblemen, nach dem Lokale von Pauling & Henfrey. Zuerst die Deputation, ihr folgte das Komitee zur Organisation der Arbeitseinstellung, dann kamen die Zimmerleute, die Ziegelformer und -bäcker, die Tagelöhner, die Maurer, die Holzsäger, die Glaser, die Pliesterer, die Anstreicher, ein Trupp Musikanten, die Steinhauer, die Möbelschreiner. Sie passierten vor dem Hotel ihres Generalanwalts Roberts und grüßten ihn im Vorbeigehen mit lauten Hurras. Angekommen vor dem Lokal, trat die Deputation vor, während die Menge weiterzog, um sich in Steversons Square zu einer öffentlichen Versammlung zu formieren. Die Deputation wurde von der Polizei empfangen, die ihre Namen und Adressen abforderte, ehe sie sie weiterziehen ließ. Im Kontor angekommen, erklärten ihnen die Associes Herren Sharps <& Pauling, sie würden keine geschriebene Adresse von einer bloß der Einschüchterung halber zusammengebrachten Masse empfangen. Diesen Zweck leugnete die Deputation, da die Prozession nicht einmal haltgemacht habe, sondern gleich weitergezogen sei. Während indes diese fünftausend Mitglieder zählende Prozession weiterzog, wurde die Deputation endlich empfangen und in Gegenwart der Chefs der Polizei, eines Offiziers und dreier Zeitungsberichterstatter in ein Zimmer geführt. Flerr Sharps, Associe von Pauling & Henfrey, usurpierte den Präsidentenstuhl mit der Bemerkung, die Deputation möge sich in acht nehmen mit dem, was sie sage, da alles gehörig protokolliert und nach Umständen gerichtlich gegen sie gebraucht werden würde. - Man fing jetzt an, sie zu fragen, worüber sie klagten usw.; man sagte, man wolle den Leuten Arbeit geben, nach den Regeln, die in Manchester üblich seien. Die Deputation frug, ob die in Staffordshire und Schottland aufgegabelten Leute nach den Bestimmungen des Handwerks in Manchester arbeiteten? - Nein, war die Antwort, mit diesen Leuten haben wir eine besondre Übereinkunft. Also Eure Leute sollen wieder Arbeit bekommen, und zwar unter den üblichen Bedingungen? - 0, wir unterhandeln mit keiner Deputation, aber laßt die Leute nur kommen, so sollen sie erfahren, zu welchen Bedingungen wir ihnen Arbeit geben wollen. - Herr Sharps fügte hinzu, alle Firmen, in denen sein Name sei, haben sich stets gut gegen die Arbeiter benommen und den höchsten Lohn bezahlt. Die Deputation antwortete, daß, wenn er in der Firma Pauling, Henfrey & Co. beteiligt sei, wie sie gehört habe, diese Firma den besten Interessen der Arbeiter heftig opponiert habe. - Ein Ziegelbrenner,
Mitglied der Deputation, wurde gefragt, worüber sein Handwerk denn zu klagen habe. - 0, über nichts gerade jetzt, aber wir haben genug gehabt.* 0, habt Ihr genug gehabt, habt Ihr? antwortete grinsend Herr Pauling und nahm Gelegenheit, eine lange Vorlesung über Handwerksvereine, Arbeitseinstellungen usw. zu halten, und über das Elend, worin sie den Arbeiter brächten - worauf einer der Deputation bemerkte, sie seien keineswegs gesonnen, sich ihre Rechte Stück für Stück nehmen zu lassen und z.B., wie es jetzt verlangt werde, 144 Stunden jährlich umsonst zu arbeiten. - Herr Sharps bemerkte, daß der Verlust, den die Teilnehmer der Prozession dadurch hätten, daß sie an dem Tage nicht arbeiteten, wie die Kosten des Feierns, der Verlust der Feiernden an Lohn etc. auch zu rechnen sei. — Einer der Deputation: Das geht niemanden an als uns selbst, und wir werden Euch nicht bitten, aus Eurer Tasche einen Heller dazu beizutragen. Darauf zog die Deputation ab, stattete den versammelten Handwerkern in der Zimmermannshalle Bericht ab, wobei bekannt wurde, daß nicht nur sämtliche Arbeiter, die für Pauling & Henfrey in der Umgegend arbeiteten (die nicht Zimmerleute waren, also die Arbeit nicht eingestellt hatten), gekommen waren, um an der Prozession teilzunehmen, sondern auch heute morgen mehrere der neu importierten Schotten die Arbeit niedergelegt hatten. Auch zeigte ein Anstreicher an, daß Pauling & Henfrey an ihr Handwerk dieselben unbilligen Forderungen gestellt hatten wie an die Schreiner, daß sie aber ebenfalls gesonnen seien, Widerstand zu leisten. Es wurde beschlossen, um die Sache zu vereinfachen und den Kampf zu verkürzen, sollten sämtliche Bauhandwerker der Firma Pauling & Henfrey die Arbeit einstellen. Dies geschah. Den nächsten Sonnabend hörten die Anstreicher und montags die Glaser auf zu arbeiten, und an dem neuen Theater, für dessen Erbauung Pauling & Henfrey kontrahiert hatten, arbeiteten statt 200 Leuten nach wenig Tagen nur noch zwei Maurer und vier Tagelöhner. Auch von den neuen Ankömmlingen stellten mehrere die Arbeit ein. Pauling, Henfrey & Co. schäumten. Als wieder drei der neuen Ankömmlinge zu feiern anfingen, wurden sie Freitag, den 22. November, vor Daniel Maude, Esq., geschleppt. Die früheren Schlappen hatten nichts geholfen. Zuerst kam ein gewisser Read vor, des Kontraktbruches angeklagt; man legte einen Kontrakt vor, den der Angeklagte in Derby unterzeichnet hatte. Roberts, der wieder an seinem Platze war, bemerkte gleich, daß zwischen dem Kontrakt und der Anklage nicht die geringste Verwandtschaft bestehe, sie seien
* Vgl. oben - das blutige Gefecht auf Pauling & Henfreys Ziegelbrennerei [siehe S. 592; vgl. auch S. 442/43].
zwei ganz verschiedne Dinge. Daniel Maude, Esq., sah dies gleich ein, da der fürchterliche Roberts es gesagt hatte, aber er hatte sich lange vergebens zu plagen, um es dem Sachwalter der Gegenpartei begreiflich zu machen. Endlich bat dieser sich Erlaubnis aus, dies zu ändern, und kam nach einiger Zeit mit einer Anklage wieder, die noch viel schlechter war als die erste. Als er sah, daß dies auch nicht zog, bat er um weiteren Aufschub, und Daniel Maude, Esq., erlaubte ihm, sich bis Freitag, den 30.November, zu besinnen; also eine ganze Woche. Ob er dann durchkam, finde ich nicht verzeichnet, da mir hier gerade die eine Nummer in der Zeitungsserie fehlt, die den Entscheid enthalten muß. Roberts indes ging jetzt in die Offensive über und ließ mehrere der angeworbenen Arbeiter sowie einen Werkmeister von Pauling & Henfrey vorladen, weil sie in das Haus eines der Feiernden gedrungen waren und seine Frau gemißhandelt hatten; in zwei andern Fällen waren einige der feiernden Arbeiter angegriffen worden. Daniel Maude, Esq., mußte die Angeklagten zu seinem Leidwesen sämtlich verurteilen, aber er behandelte sie möglichst gelind und ließ sie nur Kaution für künftiges gutes Betragen geben. Endlich, in den letzten Tagen des Dezember, gelang es den Herren Pauling, Henfrey & Co., gegen zwei ihrer Gegner, ebenfalls wegen Mißhandlung eines ihrer Arbeiter, ein Urteil zu erwirken. Diesmal war aber das Gericht nicht so gelinde. Es verurteilte sie ohne weiteres zu einem Monat Gefängnis und zur Kaution für gutes Betragen nach dieser Zeit. Von jetzt an werden die Nachrichten über den Strike spärlich. Am 18. Januar war er noch in vollem Gange. Spätere Berichte habe ich nicht gefunden. Wahrscheinlich ist er abgelaufen wie die meisten andern; Pauling, Henfrey & Co. werden sich im Laufe der Zeit eine hinreichende Anzahl Arbeiter aus entlegenen Gegenden und aus einzelnen Überläufern der Gegner verschafft, die Masse der Gegner wird nach längerem oder kürzerem Feiern und damit verknüpftem Elend-wofür sie das Bewußtsein tröstet, sich nichts vergeben und den Lohn ihrer Genossen aufrechterhalten zu haben - anderswo ein Unterkommen gefunden haben; und was die streitigen Punkte betrifft, so werden Pauling, Henfrey & Co. gefunden haben, daß diese sich so streng nicht durchsetzen lassen, da auch für sie der Strike mit vielem Verlust verknüpft war - und die übrigen Unternehmer werden, nach einem so heftigen Kampfe, nicht daran denken, die alten Regeln des Zimmerhandwerks so bald zu ändern.
Brüssel F. Engels „Das Westphälische Dampfboot", Bielefeld 1846. JanuarheftS. 17-2!, FebruarheftS, 61-67.
[Friedrich Engels] Ein Fragment Fouriers über den Handel11741
[Einleitung und Nachwort]
Die Deutschen fangen nachgerade an, auch die kommunistische Bewegung zu verderben. Wie immer, auch hier die Letzten und Untätigsten, glauben sie ihre Schläfrigkeit durch Verachtung ihrer Vorgänger und philosophische Renommage verdecken zu können. Kaum existiert der Kommunismus in Deutschland, so wird er von einem ganzen Heere spekulativer Köpfe akkapariert, die Wunders meinen, was sie getan hätten, wenn sie Sätze, die in Frankreich und England schon zu Trivialitäten geworden, in die Sprache der Hegeischen Logik übertragen und diese neue Weisheit als etwas noch nie Dagewesenes, als die „wahre deutsche Theorie", in die Welt schicken, um dann recht nach Herzenslust auf die „schlechte Praxis", auf die „Lächeln erregenden" sozialen Systeme der bornierten Franzosen und Engländer Kot werfen zu können. Diese allzeit fertige deutsche Theorie, die das unendliche Glück gehabt hat, ein wenig in die Hegeische Geschichtsphilosophie hineinriechen zu können und von irgendeinem dürren Berliner Professor in den Schematismus der ewigen Kategorien eingereiht zu werden, die dann vielleicht Feuerbach, einige deutsche kommunistische Schriften und Herrn Stein über französischen Sozialismus durchgeblättert hat -, diese deutscheTheorie von der allerschlechtesten Sorte hat sich bereits ohne alle Schwierigkeit den französischen Sozialismus und Kommunismus nach Herrn Stein zurechtkonstruiert, ihm eine untergeordnete Stelle angewiesen, ihn „überwunden", ihn in die „höhere Entwicklungsstufe" der allzeit fertigen „deutschen Theorie" „aufgehoben . Es fällt ihr natürlich nicht ein, sich einigermaßen mit den aufzuhebenden Sachen selbst bekannt zu machen, Fourier, Saint-Simon, Owen und die französischen Kommunisten anzusehen - die mageren Auszüge des Herrn Stein genügen vollkommen, um diesen brillanten Sieg der deutschen Theorie über die lahmen Versuche des Auslandes zustande zu bringen.
Diesem komischen Stolz der deutschen Theorie, die nicht sterben kann, gegenüber, ist es durchaus nötig, den Deutschen einmal vorzuhalten, was sie dem Auslande alles verdanken, seitdem sie sich mit sozialen Fragen beschäftigen. Unter all den pomphaften Redensarten, die jetzt in der deutschen Literatur als die Grundprinzipien des wahren, reinen, deutschen, theoretischen Kommunismus und Sozialismus ausgerufen werden, ist bis jetzt auch nicht ein einziger Gedanke, der auf deutschem Boden gewachsen wäre. Was die Franzosen oder Engländer schon vor zehn, zwanzig, ja vierzig Jahren gesagt - und sehr gut, sehr klar, in sehr schöner Sprache gesagt hatten, das haben die Deutschen jetzt endlich seit einem Jahre stückweise kennengelernt und verhegelt, oder im allerbesten Falle haben sie es nachträglich noch einmal erfunden und in viel schlechterer, abstrakterer Form als ganz neue Erfindung drucken lassen. Ich nehme hiervon meine eigenen Arbeiten nicht aus. Was den Deutschen eigentümlich ist, ist nur die schlechte, abstrakte, unverständliche und schiefe Form, in der sie diese Gedanken ausgedrückt haben. Und wie es echten Theoretikern geziemt, haben sie bis jetzt von den Franzosen - die Engländer kennen sie noch fast gar nicht - außer den allerallgemeinsten Prinzipien nur das Schlechteste und Theoretischste, die Schematisierung der zukünftigen Gesellschaft, die sozialen Systeme ihrer Kenntnisnahme für würdig befunden. Die beste Seite, die Kritik der bestehenden Gesellschaft, die wirkliche Grundlage, die Hauptaufgabe aller Beschäftigung mit sozialen Fragen, hat man ruhig beiseite geschoben. Davon gar nicht zu sprechen, daß diese weisen Theoretiker den einzigen Deutschen, der wirklich etwas getan hat, Weitling, ebenfalls mit Verachtung oder gar nicht zu erwähnen pflegen. Ich will diesen weisen Herren ein kleines Kapitel von Fourier vorhalten, woran sie sich ein Exempel nehmen können. Es ist wahr, Fourier ist nicht aus der Hegeischen Theorie hervorgegangen und hat deshalb leider nicht zur Erkenntnis der absoluten Wahrheit, nicht einmal zum absoluten Sozialismus kommen können; es ist wahr, Fourier hat sich durch diesen Mangel leider verleiten lassen, die Methode der Serien an die Stelle der absoluten Methode zu setzen, und dadurch ist er dahin gekommen, die Verwandlung des Meeres in Limonade, die couronnes boreale und australe1, den Anti-Löwenund die Begattung der Planeten zu konstruieren, aber wenn es so sein muß, will ich doch lieber mit dem heitern Fourier an alle diese Geschichten glauben, als an das absolute Geisterreich, wo es gar keine Limonade gibt, an die Identität von Sein und Nichts und die Begattung der ewigen Kategorien. Der französische Unsinn ist wenigstens lustig, wo der deutsche Unsinn morose und
1 nördliche und südliche Korona
tiefsinnig ist. Und dann liat Fourier die bestellenden sozialen Verhältnisse mit einer solchen Schärfe, einem solchen Witz und Humor kritisiert, daß man ihm seine auch auf einer genialen Weltanschauung beruhenden, kosmologischen Phantasien gerne verzeiht. Das Fragment, was ich hier mitteile, fand sich unter dem Nachlasse Fouriers vor und ist im ersten Hefte der seit Anfang des Jahres 1845 von den Fourieristen herausgegebenen „Phalange" abgedruckt.* Ich lasse davon aus, was sich auf das positive System Fouriers bezieht und was sonst ohne Interesse ist, und verfahre überhaupt so frei damit, wie es mit den ausländischen Sozialisten durchweg geschehen muß, um ihre für bestimmte Zwecke geschriebenen Sachen einem Publikum genießbar zu machen, das diesen Zwecken fremd ist. Dies Fragment ist bei weitem nicht das genialste, was Fourier, auch nicht das beste von dem, was er über den Handel geschrieben hat - und doch hat noch kein deutscher Sozialist oder Kommunist, mit Ausnahme Weitlings, irgend etwas geschrieben, was diesem Brouillon auch nur im entferntesten gleich käme. Um dem deutschen Publikum die Mühe zu ersparen, die „Phalange" selbst zu lesen, bemerke ich, daß diese Zeitschrift eine reine Geldspekulation der Fourieristen ist und die mitgeteilten Manuskripte Fouriers sehr ungleichen Wert haben. Die Herrn Fourieristen, die diese Revue herausgeben, sind deutsch gewordene, feierliche Theoretiker, die an die Stelle des Humors, mit dem ihr Meister die Welt der Bourgeoisie bloßlegte, einen heiligen, gründlichen, theoretischen Ernst der Wissenschaftlichkeit gesetzt haben und dafür verdientermaßen in Frankreich verhöhnt, in Deutschland geschätzt werden. Ihre Konstruktion der imaginären Triumphe des Fourierismus im ersten Heft der „Phalange" könnte einen Professor der absoluten Methode in Entzücken versetzen. Ich fange meine Mitteilungen mit einem Satze an, der schon in der „Theorie des quatre mouvements"1 abgedruckt wurde. Dies ist der Fall mit bedeutenden Abschnitten des vorliegenden Fragments, von denen ich indes nur das Nötigste geben werde.'1761
* „LaPhalange".Revue de la science sociale,XIVe annee, lreSerie in8°,Paris,aux Bureaux de la Phalange, 1845 .-Publication des Manuscrits de Fourier: „Section ebauchee des trois unites externes" [Zeitschrift für Sozialwissenschaft, XIV. Jahrgang, 1. Serie in 8", Paris, Verlag der Phalange, 1845. - Veröffentlichung der Manuskripte von Fourier: „Entwurf des Abschnitts über die drei äußeren Einheiten"], p. 1-42 des Januar- und Februarheftes.
1 „Theorie der vier Bewegungen"
Soweit Fourier. Die Fortsetzung dieses Artikels im zweiten Hefte der „Phalange" enthält drei Kapitel über Agiotage, Aufkauf (accaparement) und Parasitismus, die aber bereits größtenteils in den „quatre mouvements" abgedruckt worden sind. Teils aus diesem Grunde, teils weil dies obige Fragment meinem Zwecke vollständig entspricht, breche ich hier ab. Die gelehrten Herren Deutschen, die so eifrig auf dem „wilden Lebermeer" der grundlosen Theorie umhersegeln und vor allem nach „dem Prinzip" des „Sozialismus" fischen, mögen sich an dem commis marchand1 Fourier ein Exempel nehmen. Fourier war kein Philosoph, er hatte einen großen Haß gegen die Philosophie und hat sie in seinen Schriften grausam verhöhnt und bei dieser Gelegenheit eine Menge Sachen gesagt, die unsere deutschen „Philosophen des Sozialismus" wohltäten, sich zu Herzen zu nehmen. Sie werden mir freilich entgegnen, daß Fourier ebenfalls „abstrakt" war, daß er mit seinen Serien Gott und die Welt trotz Hegel konstruierte, aber das rettet sie nicht. Die immer noch genialen Bizarrerien Fouriers entschuldigen nicht die ledernen sogenannten Entwicklungen der trockenen deutschen Theorie. Fourier konstruiert sich die Zukunft, nachdem er die Vergangenheit und Gegenwart richtig erkannt hat; die deutsche Theorie macht sich erst die vergangene Geschichte nach ihrem Belieben zurecht und kommandiert dann ebenfalls der Zukunft, welche Richtung sie nehmen soll. Man vergleiche z.B. Fouriers Epochen der sozialen Entwickelung (Wildheit, Patriarchat, Barbarei, Zivilisation) und ihre Charakterisierung mit der Hegeischen absoluten Idee, wie sie sich mühsam durch das Labyrinth der Geschichte durcharbeitet und trotz der vier Weltreiche am Ende doch noch mit Ach und Krach den Schein einer Trichotomie zustande bringt-von nachhegelschen Konstruktionen gar nicht zu sprechen. Denn wenn bei Hegel die Konstruktion doch noch einen Sinn, wenn auch einen verkehrten, hatte, so hat sie bei den nachhegelschen Entwickelungsfabrikanten gar keinen mehr. Die Deutschen sollten wahrhaftig endlich aufhören, von ihrer Gründlichkeit so viel Wesens zu machen. Mit drittehalb mageren Daten sind sie imstande, Euch das Hundertste und Tausendste nicht nur zusammen, sondern auch in seinen Zusammenhang mit der Weltgeschichte zu bringen. Von der ersten besten Tatsache, die ihnen aus dritter Hand zukommt, von der sie gar nicht einmal wissen, ob sie sich so und nicht anders zugetragen hat, beweisen sie Euch, daß sie sich so und nicht anders habe zutragen müssen. Wer hat in Deutschland über soziale Fragen geschrieben und nicht auch über Fourier irgend etwas gesagt, wodurch die deutsche Gründlichkeit aufs gründlichste
1 Kaufmannsgehilfen
blamiert wird! Da ist unter andern ein Herr Kaiser, der das „vortreffliche Werk von L.Stein" sogleich zu einer welthistorischen Konstruktion benutzt hat, bei der es nur schade ist, daß sämtliche zugrunde gelegten Tatsachen falsch sind. Fourier hat von der deutschen Theorie schon wenigstens zwanzigmal seine „Stelle in der Entwickelung der absoluten Idee" angewiesen erhalten - und jedesmal eine andere Stelle — und jedesmal verließ sich die deutsche Theorie in Beziehung auf den Tatbestand auf Herrn Stein oder sonstige unsaubere Quellen. Daher ist denn auch der deutsche „absolute Sozialismus" so erschrecklich pauvre. Etwas „Menschentum", wie man das Dings neuerlich tituliert, etwas „Realisierung" dieses Menschentums oder vielmehr Ungetüms, etwas Weniges über das Eigentum aus Proudhon dritte oder vierte bland -, etwas Proletariatsjammer, Organisation der Arbeit, die Vereinsmisere zur Hebung der niederen Volksklassen, nebst einer grenzenlosen Unwissenheit über die politische Ökonomie und die wirkliche Gesellschaft - das ist die ganze Geschichte, die noch dazu durch die theoretische Unparteilichkeit, die „absolute Ruhe des Gedankens , den letzten Tropfen Blut, die letzte Spur von Energie und Spannkraft verliert. Und mit dieser Langeweile will man Deutschland revolutionieren, das Proletariat in Bewegung setzen, die Massen denken und handeln machen? Wenn sich unsere deutschen halb und ganz kommunistischen Dozenten nur die Mühe gegeben hätten, die Hauptsachen von Fourier, die sie doch so leicht haben konnten wie irgendein deutsches Buch, etwas anzusehen, welch eine Fundgrube von Material zum Konstruieren und sonstigen Gebrauch würden sie da entdeckt haben! Welche Masse von neuen Ideen - auch heute noch neu für Deutschland - hätte sich ihnen da dargeboten! Die guten Leute wissen bis auf die heutige Stunde der jetzigen Gesellschaft gar nichts vorzuwerfen als die Lage des Proletariats, und auch davon wissen sie nicht über die Maßen viel zu sagen. Allerdings ist die Lage des Proletariats der Hauptpunkt, aber ist damit die Kritik der heutigen Gesellschaft abgemacht? Fourier, der außer in späteren Schriften diesen Punkt kaum berührt, liefert den Beweis, wie man auch ohne ihn die bestehende Gesellschaft als durchaus verwerflich anerkennen, wie man allein durch die Kritik der Bourgeoisie, und zwar der Bourgeoisie in ihren inneren Beziehungen, abgesehen von ihrer Stellung zum Proletariat, zur Notwendigkeit einer sozialen Reorganisation kommen kann. Für diese Seite der Kritik ist Fourier bis jetzt einzig. Fourier deckt die Heuchelei der respektablen Gesellschaft, den Widerspruch zwischen ihrer Theorie und ihrer Praxis, die Langeweile ihrer ganzen Existenzweise unerbittlich auf; er verspottet ihre Philosophie, ihr Streben nach der perfection
de la perfectibilite perfectibilisante1 und der auguste verite2, ibre „reine Moral*, ihre einförmigen sozialen Institutionen, und hält dagegen ihre Praxis, den doux commerce3, den er meisterhaft kritisiert, ihre liederlichen Genüsse, die keine Genüsse sind, ihre Organisation der Hahnreischaft in der Ehe, ihre allgemeine Konfusion. Alles das sind Seiten der bestehenden Gesellschaft, von denen in Deutschland noch gar nicht die Rede gewesen ist. Freilich, man hat hier und da von der Freiheit der Liebe, von der Stellung, der Emanzipation des Weibes gesprochen; aber was hat man zustande gebracht? Ein paar konfuse Phrasen, einige Blaustrümpfe, etwas Hysterie und ein gut Teil deutschen Familienjammer - nicht einmal ein Bastard ist dabei herausgekommen! Die Deutschen mögen zuerst einmal die praktische wie literarische soziale Bewegung des Auslandes kennenlernen - zu der praktischen Bewegung gehört die ganze englische und französische Geschichte seit achtzig Jahren, die Industrie Englands, die Revolution Frankreichs -, dann mögen sie praktisch und literarisch ebensoviel tun wie ihre Nachbarn, und erst dann wird es an der Zeit sein, dergleichen müßige Fragen aufzustellen, wie die über das größere oder geringere Verdienst der verschiedenen Nationen. Aber dann findet man kein Publikum mehr für diese spitzfindigen Disquisitionen. Bis dahin tun die Deutschen am besten, vor allen Dingen sich mit den Leistungen des Auslandes bekannt zu machen. Alle bisher hierüber erschienenen Bücher sind ohne Ausnahme schlecht. Dergleichen kurze Zusammenfassungen können ohnehin im besten Falle nur die Kritik der Sachen, nicht die Sachen selbst geben. Diese sind teils selten und in Deutschland nicht zu haben, teils zu voluminös, teils mit Dingen vermischt, die nur noch von historischem und literarischem Interesse sind und das deutsche Publikum von 1845 nicht mehr interessieren. Um diese Sachen, deren wertvoller Inhalt für Deutschland auch jetzt noch neu ist, zugänglich zu machen, ist eine Auswahl und Bearbeitung nötig, wie sie die Franzosen, viel praktischer als wir auch in diesen Sachen, mit allen ihnen vom Auslande her zukommenden Stoff vornehmen. Eine solche Bearbeitung der epochemachenden sozialistischen Literatur des Auslandes wird in kurzem zu erscheinen anfangen. Mehrere deutsche Kommunisten, unter ihnen die besten Köpfe der Bewegung, die ebenso leicht eigene Arbeiten geben könnten, haben sich zu diesem Unternehmen vereinigt, das hoffentlich den weisen deutschen Theoretikern dartun wird,
1 Vervollkommnung der vervollkommnenden Fähigkeit zur Vervollkommnung - 2 erhabenen Wahrheit — 3 lieben Handel
39 Mals/Engels, Werke, Bd. Z
daß ihre ganze Weisheit eine alte, jenseits des Rheins und des Kanals schon längst pro et contra1 durchdiskutierte ist. Wenn sie erst gesehen haben, was vor ihnen getan worden ist, werden sie Gelegenheit finden zu zeigen, was sie tun können. Brüssel. F.Engels
Geschrieben zwischen April und Mitte Juli 1845 „Deutsches Bürgerbuch für 1846" (Zweiter Jahrgang), Mannheim 1846 S. 1-4 und 52-56
1 für und wider
[Friedrich Engels]
Das Fest der Nationen in London
(Zur Feier der Errichtung der französischen Republik, 22. September 1792.)'1™]
„Was gehen uns die Nationen an? Was geht uns die französische Republik an? Sind nicht die Nationen längst begriffen, haben sie nicht alle ihre Stelle von uns angewiesen erhalten, haben wir nicht die Deutschen im theoretischen, die Franzosen im politischen Fach, die Engländer in der bürgerlichen Gesellschaft untergebracht? Und vollends die französische Republik! Was ist bei einer Entwicklungsstufe zu feiern, die längst überwunden ist, die sich durch ihre eignen Konsequenzen aufgehoben hat! Wenn ihr uns etwas aus England berichten wollt, entwickelt lieber die neueste Phase, in die das sozialistische Prinzip getreten ist, erzählt uns, ob noch immer der einseitige englische Sozialismus nicht einsieht, wie tief er unter unsrer prinzipiellen Höhe steht, wie er nur auf die Stelle eines Momentes, und zwar eines aufgehobenen Momentes, Anspruch machen kann!" Ruhig, liebes Deutschland. Die Nationen und die französische Republik gehen uns sehr viel an. Die Fraternisierung der Nationen, wie sie jetzt überall durch die extreme, proletarische Partei gegenüber dem alten naturwüchsigen Nationalegoismus und dem heuchlerischen, privategoistischen Kosmopolitismus der Handelsfreiheit vollzogen wird, ist mehr wert als sämtliche deutsche Theorien über den wahren Sozialismus. Die Fraternisierung der Nationen unter der Fahne der modernen Demokratie, wie sie von der französischen Revolution ausgegangen, im französischen Kommunismus und englischen Chartismus sich entwickelt hat, zeigt, daß die Massen und ihre Repräsentanten besser wissen, was die Glocke geschlagen hat, als die deutsche Theorie. „Aber davon ist ja gar nicht die Rede! Wer spricht denn von der Fraternisierung, wie sie etc., von der Demokratie, wie sie etc.? Wir sprechen von der Fraternisierung der Nationen an und für sich, von der Fraternisierung der Nationen, von der Demokratie, von der Demokratie schlechthin, von der Demokratie als solcher. Habt Ihr denn Euren Hegel ganz vergessen?"
„Wir sind keine Römer, wir rauchen Tabak".1-1'81 Wir sprechen nicht von der antinationalen Bewegung, die jetzt in der Welt vor sich geht, wir sprechen von der Aufhebung der Nationalitäten, die sich vermittelst des reinen Gedankens - mit Hülfe der Phantasie, in Ermanglung der Tatsachen - in unsrem Kopfe vollzieht. Wir sprechen nicht von der wirklichen Demokratie, der ganz Europa in die Arme rennt, und die eine ganz besondere Demokratie ist, unterschieden von allen frühern Demokratien, wir sprechen von einer ganz andern Demokratie, die den Durchschnitt der griechischen, römischen, amerikanischen und französischen Demokratie bildet, kurz vom Begriff der Demokratie. Wir sprechen nicht von den Dingen, die dem neunzehnten Jahrhundert angehören und schlecht und vergänglich sind, wir sprechen von den Kategorien, die ewig sind und die da existierten, „ehe denn die Berge waren". Kurz, wir sprechen nicht von dem, wovon die Rede ist, sondern von ganz etwas anderem. Um die Sache kurz zu fassen: wenn heutzutage bei Engländern und Franzosen und bei denjenigen Deutschen, die bei der praktischen Bewegung beteiligt, die keine Theoretiker sind, von Demokratie, von Fraternisierung der Nationen die Rede ist, so hat man sich dabei durchaus nichts bloß Politisches zu denken. Dergleichen Phantasien existieren nur noch bei den deutschen Theoretikern und einigen wenigen Ausländern, die nicht zählen. In der Wirklichkeit haben diese Worte jetzt einen sozialen Sinn, in den die politische Bedeutung aufgeht. Schon die Revolution war etwas ganz anderes als der Kampf um diese und jene Staatsform, wie man sich in Deutschland noch häufig genug einbildet. Der Zusammenhang der meisten Insurrektionen jener Zeit mit einer Hungersnot, die Bedeutung, die die Verproviantierung der Hauptstadt und die Verteilung der Vorräte schon von 1789 an hat, das Maximum, die Gesetze gegen den Aufkauf der Lebensmittel, der Schlachtruf der revolutionären Armeen: „Guerre aux palais, paix aux chaumieres"1 — das Zeugnis der Carmagnole'1791, nach der der Republikaner neben du fer2 und du coeur3 auch du pain4 haben muß - und hundert andre auf der Hand liegende Äußerlichkeiten beweisen schon, abgesehen von aller genaueren Untersuchung der Tatsachen, wie sehr die damalige Demokratie etwas ganz anderes war als eine bloße politische Organisation. Ohnehin ist es bekannt, daß die Konstitution von ]793[1801 und der Terrorismus von derjenigen Partei ausging, die sich auf das empörte Proletariat stützte, daß der Sturz Robespierres den Sieg der Bourgeoisie über das Proletariat bezeichnet, daß die Verschwörung Babeufs für die Gleichheit die letzten Konsequenzen der
1 „Krieg den Palästen, Friede den Hütten " - 2 Waffen - 8 Mut - 4 Brot
93er Demokratie - soweit sie damals möglich waren - an den Tag brachte. Die französische Revolution war von Anfang bis zu Ende eine soziale Bewegung, und nach ihr ist eine rein politische Demokratie vollends ein Unding geworden. Die Demokratie, das ist heutzutage der Kommunismus. Eine andre Demokratie kann nur noch in den Köpfen theoretischer Visionäre existieren, die sich nicht um die wirklichen Ereignisse kümmern, bei denen nicht die Menschen und die Umstände die Prinzipien, sondern die Prinzipien sich selbst entwickeln. Die Demokratie ist proletarisches Prinzip, Prinzip der Massen geworden. Die Massen mögen über diese einzig richtige Bedeutung der Demokratie mehr oder weniger klar sein, aber für alle liegt wenigstens das dunkle Gefühl der sozialen gleichen Berechtigung in der Demokratie. Die demokratischen Massen können bei der Berechnung der kommunistischen Streitkräfte ruhig mitgezählt werden. Und wenn sich die proletarischen Parteien verschiedener Nationen vereinigen, so haben sie ganz recht, das Wort „Demokratie" auf ihre Fahnen zu schreiben, denn mit Ausnahme derjenigen, die nicht zählen, sind im Jahre 1846 alle europäischen Demokraten mehr oder weniger klare Kommunisten. Die Feier der französischen Republik ist trotz aller „Überwindung" derselben für die Kommunisten aller Länder ebenfalls vollständig berechtigt. Erstens sind alle Völker, die dumm genug waren, sich zur Bekämpfung der Revolution gebrauchen zu lassen, den Franzosen öffentliche Genugtuung schuldig, seitdem sie einsehen gelernt haben, welch eine Sottise1 sie aus Untertanentreue begingen; zweitens ist die ganze europäische soziale Bewegung von heute nur der zweite Akt der Revolution, nur die Vorbereitung für das Denouement2 des Dramas, das 1789 in Paris anfing und jetzt ganz Europa zu seinem Schauplatz hat; drittens ist es in unsrer feigen, selbstsüchtigen, bettelhaften Bourgeoisepoche an der Zeit, das Gedächtnis jener großen Jahre zurückzurufen, wo ein ganzes Volk einen Augenblick alle Feigheit, alle Selbstsucht und Bettelhaftigkeit beiseite warf, wo es Männer gab, die den Mut der Ungesetzlichkeit hatten, die vor nichts zurückschreckten, und deren stählerne Energie es durchsetzte, daß vom 31. Mai 1793 bis zum 26. Juli 1794 in ganz Frankreich keine Memme, kein Krämer, kein Agioteur, kurz kein Bourgeois sich sehen lassen durfte. Wahrhaftig, es ist nötig, in der Zeit, wo ein Rothschild den europäischen Frieden zusammenhält, ein Vetter-Köchhn um Schutzzölle, ein Cobden um Handelsfreiheit schreit, und ein Diergardt die Erlösung der sündigen Menschheit durch Vereine zur Hebung der arbeitenden
1 Dummheit - a Lösung
Klassen predigt - wahrhaftig, es ist nötig zu erinnern an Marat und Danton, Saint-Just und Babeuf, an die Siegesfreude von Jemappes und Fleurus1-1811. Wenn diese gewaltige Zeit, diese ehernen Charaktere nicht noch immer in unsre Krämerwelt hereinragten, wahrhaftig, die Menschheit müßte verzweifeln und sich einem Vetter-Köchlin, Cobden oder Diergardt auf Diskretion in die Arme stürzen. Endlich hat die Fraternisierung der Nationen heutzutage ebenfalls mehr als je eine rein soziale Bedeutung. Die Hirngespinste von europäischer Republik, ewigem Frieden unter der politischen Organisation sind ebenso lächerlich geworden wie die Phrasen von der Vereinigung der Völker unter der Ägide allgemeiner Handelsfreiheit; und während so alle chimärischen Sentimentalitäten dieser Art ganz außer Kurs kommen, fangen die Proletarier aller Nationen, ohne viel Wesens davon zu machen, schon an, unter dem Banner der kommunistischen Demokratie wirklich zu fraternisieren. Die Proletarier sind auch die einzigen, die dies wirklich können; denn die Bourgeoisie hat in jedem Lande ihre Spezialinteressen und kann, da ihr das Interesse das Höchste ist, nie über die Nationalität hinauskommen; und die paar Theoretiker bringen mit all ihren schönen „Prinzipien" nichts fertig, weil sie diese widersprechenden Interessen, wie überhaupt alles Bestehende, ruhig fortbestehen lassen und nur Phrasen machen können. Die Proletarier aber haben in allen Ländern ein und dasselbe Interesse, einen und denselben Feind, einen und denselben Kampf vor sich; die Proletarier sind der großen Masse nach schon von Natur ohne Nationalvorurteile, und ihre ganze Bildung und Bewegung ist wesentlich humanitarisch, antinational. Die Proletarier allein können die Nationalität vernichten, das erwachende Proletariat allein kann die verschiedenen Nationen fraternisieren lassen. Die nachfolgenden Tatsachen werden den faktischen Beweis zu allem, was ich hier gesagt habe, liefern. Schon am 10. August v.J. fand in London ein ähnliches Fest zur Feier eines dreifachen Jahrestages - der Revolution von 1792, der Proklamierung der Konstitution von 1793 und der Stiftung der „demokratischen Assoziation" durch die radikalste Fraktion der englischen Bewegungspartei von 1838/39 statt. Diese radikalste Fraktion bestand aus Chartisten, Proletariern, wie sich das von selbst versteht, die aber das Ziel der chartistischen Bewegung klar voraussahen und es zu beschleunigen strebten. Während es der Masse der Chartisten damals noch allein um die Übertragung der Staatsmacht an die Arbeiterklasse zu tun war, und noch wenige die Zeit gehabt hatten, über den Gebrauch dieser Macht nachzudenken, waren die Mitglieder dieser Assozia
tion, die in der damaligen Aufregung eine bedeutende Rolle spielte, darüber einig - sie waren zuerst Republikaner, und zwar Republikaner, die die Konstitution vom Jahre 93 als ihr Glaubensbekenntnis aufstellten, alle Verbindung mit der Bourgeoisie, auch der kleinen, zurückstießen und den Satz verteidigten, daß der Unterdrückte das Recht zum Gebrauch aller Mittel gegen seinen Bedrücker habe, die der Unterdrücker gegen ihn anwende. Auch hierbei blieben sie nicht stehen, sie waren nicht nur Republikaner, sondern Kommunisten, und zwar irreligiöse Kommunisten. Die Assoziation zerfiel mit der revolutionären Aufregung von 1838/39; aber ihre Wirksamkeit ist nicht verloren gewesen und hat sehr dazu beigetragen, die Energie der chartistischen Bewegung zu stärken, die in ihr liegenden kommunistischen Elemente zu entwickeln. Schon an diesem Feste des zehnten August wurden sowohl kommunistische wie kosmopolitische1 Prinzipien ausgesprochen; neben der politischen wurde soziale Gleichheit gefordert und ein Toast auf die Demokraten aller Nationen mit Enthusiasmus aufgenommen. Es waren schon früher in London Versuche gemacht worden, die Radikalen der verschiedenen Nationen zusammenzubringen; diese Versuche waren bald an inneren Spaltungen der englischen Demokraten und der Unkenntnis derselben von Seiten der Ausländer, bald an prinzipiellen Differenzen der Parteiführer der verschiedenen Nationen gescheitert. So groß ist das Hindernis aller Vereinigung, das in der verschiedenen Nationalität hegt, daß selbst die seit Jahren in London ansässigen Ausländer, sosehr sie mit der englischen Demokratie sympathisierten, dennoch von der unter ihren Augen vorgehenden Bewegung, von dem wirklichen Stande der Dinge, so gut wie gar nichts wußten, die radikalen Bourgeois mit den radikalen Proletariern verwechselten und die prononciertesten Feinde in einer und derselben Versammlung freundschaftlich zusammenbringen wollten. Die Engländer wurden teils hierdurch, teils durch nationales Mißtrauen zu ähnlichen Verstößen geleitet, die um so leichter möglich waren, als das Gelingen einer solchen Verhandlung notwendig von dem größeren oder geringeren Einverständnis weniger an der Spitze stehender, einander persönlich selten bekannter Komiteemitglieder abhing. Bei den früheren Versuchen waren diese Individuen möglichst unglücklich gewählt, und dadurch wurde die Sache jedesmal sehr bald wieder zum Einschlafen gebracht. Aber das Bedürfnis einer solchen Fraternisierung war zu lebhaft. Jeder gescheiterte Versuch reizte nur zu einem neuen Anlauf. Wenn einige der demokratischen Wortführer in London der Sache überdrüssig wurden, so traten andre an ihre Stelle; im verflossenen August fanden
1 kosmopolitisch ist hier und auf Seite 616 im Sinne „frei von nationaler Beschränktheit und nationalen Vorurteilen" zu verstehen.
wieder Annäherungen statt, die diesmal nicht fruchtlos waren[182', und eine bereits von andrer Seite her angekündigte Feier des 22. Septembers wurde benutzt, um die Allianz der in London ansässigen Demokraten aller Nationen öffentlich zu erklären. In dieser Versammlung waren Engländer, Franzosen, Deutsche, Italiener, Spanier, Polen und Schweizer vereinigt. Auch Ungarn und die Türkei stellten je einen Mann Kontingent. Die drei großen Nationen des zivilisierten Europas, Engländer, Deutsche und Franzosen, führten das Wort und waren auf sehr würdige Weise vertreten. Präsident war natürlich ein Engländer, Thomas Cooper „der Chartist", der wegen Teilnahme an der Insurrektion von 1842 fast zwei Jahre im Gefängnis gehalten wurde und dort ein Epos im Stile des Childe Harold schrieb, das von den englischen Kritikern sehr gerühmt wird1-1831. Der Hauptredner des Abends war englischerseits George Julian Harney, seit zwei Jahren Mitredakteur des „Northern Star". Der „Northern Star" ist das von O'Connor 1837 gegründete Organ des Chartismus, das, seitdem es von J.Hobson und Harney gemeinschaftlich redigiert wird, in jeder Beziehung eines der besten Blätter von Europa geworden ist - ich wüßte ihm nur einige kleine Pariser Arbeiterjournale, namentlich die „Union"1-1841 an die Seite zu stellen. Harney selbst ist ein echter Proletarier, von Jugend auf in der Bewegung beteiligt, eines der Hauptmitglieder der erwähnten demokratischen Assoziation von 1838/39 (er präsidierte am Feste des 1 O.August) und neben Hobson unbedingt der beste englische Schriftsteller, was ich gelegentlich den Deutschen zu beweisen gedenke. Harney ist über das Ziel der europäischen Bewegung vollständig im klaren und durchaus ä la hauteur des principes1, obwohl er nichts von den deutschen Theorien über den wahren Sozialismus weiß. Ihm gebührt das Hauptverdienst in der Veranstaltung dieses kosmopolitischen Festes; er hat keine Mühe gescheut, die verschiedenen Nationalitäten zusammenzubringen, die Mißverständnisse zu beseitigen, die persönlichen Differenzen zu überwinden.
Der von Harney ausgebrachte Toast lautete:
„Dem feierlichen Gedächtnis der aufrichtigen und tugendhaften französischen Republikaner von 1792. Möge die Gleichheit, die sie erstrebten, für die sie lebten, arbeiteten und starben, eine baldige Auferstehung in Frankreich erleben und ihr Reich über ganz Europa ausdehnen."
Harney, der mit doppelt und dreifach wiederholtem Beifall empfangen wurde, sagte:
1 auf der Höhe der Prinzipien
„Es gab eine Zeit, wo eine Feier wie die gegenwärtige uns nicht nur der Verachtung, dem Hohn, dem Spott und der Verfolgung der privilegierten Klassen, sondern auch den Gewalttätigkeiten eines irregeleiteten und unwissenden Volks ausgesetzt haben würde - eines Volks, das nach den Lehren seiner Pfaffen und Herrscher die französische Revolution als etwas Schreckliches und Höllisches ansah, als etwas, worauf man mit Entsetzen zurückblickt, wovon man mit Abscheu spricht. Ihr werdet Euch erinnern - wenigstens die meisten von Euch - daß vor noch nicht langer Zeit, sowie hier in unsrem Vaterlande die Abschaffung eines schlechten oder die Erlassung eines guten Gesetzes gefordert wurde, sogleich das Geschrei über Jakobiner' sich erhob. Verlangte man die Reform des Parlaments, die Herabsetzung der Steuern, die nationale Erziehung oder irgend etwas anderes, das nach Fortschritt schmeckte, man konnte sicher sein, daß ,die französische Revolution', die Schreckensherrschaft' und der ganze Rest jener blutigen Phantasmagorie wieder heraufbeschworen und gebührend zur Schau gestellt wurde, um die großen Kinder in Hosen und mit Bärten zu schrecken, die noch nicht selbst denken gelernt hatten. (Heiterkeit und Beifall.) Diese Zeit ist vergangen; dennoch zweifle ich, ob wir schon gelernt haben, die Geschichte jener großen Revolution richtig zu lesen. Es würde sehr leicht für mich sein, bei Gelegenheit dieses Toastes einige verführerische Gefühle über Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte, die Koalition der europäischen Könige und die Taten Pitts und Braunschweigs abzudeklamieren; ich könnte alles das des breiteren behandeln, vielleicht Beifall für eine äußerst freisinnig gehaltene Rede erhalten, und doch die wirkliche Frage gar nicht berühren. Die große wirkliche Frage, die die französische Revolution zu lösen hatte, war die Zerstörung der Ungleichheit und die Einführung von Institutionen, welche dem französischen Volk das Glück sichern würden, das die Massen zu allen Zeiten bis jetzt entbehrt haben. Wenn wir die in der Revolution aufgetretenen Charaktere nach diesem Prüfstein beurteilen, so werden wir sie leicht richtig würdigen. Nehmt z.B. Lafayette als einen Vertreter des Konstitutionalismus, und er ist vielleicht der honettste1 und beste Mann der ganzen Partei. Wenige Männer freuten sich größerer Popularität als Lafayette. In seiner Jugend ging er nach Amerika und beteiligte sich am amerikanischen Kampf gegen englische Tyrannei. Nach Erringung der amerikanischen Unabhängigkeit kehrte er nach Frankreich zurück, und bald darauf finden wir ihn als einen der Ersten in der Revolution, die jetzt in seinem eignen Lande anfing. Wiederum in seinem Alter, finden wir ihn als den populärsten Mann in Frankreich, wo er nach den drei Tagen[1(iel zum wahren Diktator gemacht wird, Könige absetzt und ernennt mit einem einzigen Wort. Lafayette hat in Europa und Amerika mehr Volksgunst genossen als vielleicht irgendeiner seiner Zeitgenossen; und diese Volksgunst würde er verdient haben, wenn er in seiner spätem Aufführung seinem ersten revolutionären Auftreten treugeblieben wäre. Aber Lafayette v/ar nie der Freund der Gleichheit. (Hört, hört!) Allerdings, gleich anfangs gab er seinen Titel auf, entsagte seinen Feudalvorrechten - und soweit war alles gut. An der Spitze der Nationalgarde stehend, das
1 ehrlichste
Idol der Bourgeoisie, gebietend selbst über die Neigungen der Arbeiterklasse, galt er eine Zeitlang für den Vorkämpfer der Revolution. Aber er blieb stehen, als es Zeit war, vorwärts zu gehen. Das Volk fand bald, daß mit der Zerstörung der Bastille und der Abschaffung der Feudalprivilegien, mit der Demütigung des Königs und der Aristokratie nichts erreicht war als die Vergrößerung der Macht der Bourgeoisie. Aber das Volk war hiermit nicht zufrieden (Beifall); — es verlangte Freiheit und Rechte für sich, es Verlangte, Was wir verlangen ~ eine wahre, volle Gleichheit. (Lauter Beifall.) Als Lafayette dies sah, wurde er Konservativer, hörte er auf, Revolutionär zu sein. Er war es, der die Annahme des Kriegsgesetzes vorschlug, um dadurch das Erschießen und Niederhauen des Volkes bei etwaigen Tumulten zu legitimieren - zu einer Zeit noch dazu, wo das Volk unter absoluter Hungersnot litt; und unter diesem Kriegsgesetz leitete Lafayette selbst die Niedermetzelung des Volks, als es am 17. Juli 1791 auf dem Champ de Mars1 versammelt war, um nach der Flucht des Königs nach Varennes an die Nationalversammlung gegen die Wiedereinsetzung dieses abtrünnigen Staatsoberhauptes zu petitionieren. Später wagte es Lafayette, Paris mit seinem Schwert, die populären Klubs mit gewaltsamer Schließung zu bedrohen. Nach dem zehnten August^185! versuchte er, seine Soldaten zum Marsche gegen Paris zu verleiten; aber sie, bessere Patrioten als er, weigerten sich, und dann floh er und entsagte der Revolution. Und doch war Lafayette wohl der beste Mann unter allen Konstitutionellen. Aber weder er noch seine Partei haben mit unserem Toast etwas zu tun, denn sie waren nicht einmal dem Namen nach Republikaner. Sie gaben vor, die Souveränität des Volks anzuerkennen, während sie zu gleicher Zeit dies Volk in aktive und nichtaktive Bürger teilten und das Stimmrecht auf die Steuerzahlenden, die sie aktive Bürger nannten, beschränkten. Kurz, Lafayette und die Konstitutionellen waren bloße Whigs, wenig, wenn irgend besser als die Leute, die uns mit der Reform-Bill an der Nase herumgeführt haben. (Beifall.) Nach ihnen kommen die Girondisten, und diese sind die Leute, die gewöhnlich für die ,aufrichtigen und tugendhaften Republikaner' ausgegeben werden. Ich kann diese Ansicht nicht teilen. Unmöglich können wir ihnen den Tribut unsrer Bewunderung für ihre Talente versagen, für die Beredsamkeit, die die Anführer dieser Partei auszeichnete, und zu der sich bei einigen, wie Roland, unerschütterliche Integrität, bei andern, wie Frau Roland, heroische Aufopferung, bei noch andern, wie Barbaroux, feuriger Enthusiasmus gesellt. Und wir können - mir geht es wenigstens so - nicht ohne tiefe Bewegung von dem schreckenerregenden und frühzeitigen Tode der Frau Roland oder des Philosophen Condorcet lesen. Aber bei alledem waren die Girondisten nicht die Leute, von denen das Volk Erlösung aus der sozialen Sklaverei erwarten durfte. Daß brave Leute unter ihnen waren, wird keinen Augenblick bezweifelt; daß sie aufrichtig in ihrer Überzeugung waren, kann zugegeben werden. Daß viele von ihnen mehr unwissend als schuldig waren, mögen wir vielleicht glauben — obwohl nur von denen, die umkamen; denn wenn wir die ganze Partei nach denen beurteilen müßten, die das sogenannte Schreckensreich überlebten, so wären wir zu dem Schluß gezwungen, daß eine niederträchtigere Rotte nie existierte. Diese überlebenden
1 Marsfeld
Girondisten halfen die Konstitution von 1793 zerstören, führten die aristokratische Konstitution von 1795 ein, verschworen sich mit andern aristokratischen Fraktionen zur Ausrottung der echten Republikaner und halfen endlich Frankreich unter den Militärdespotismus des Usurpators Napoleon bringen. (Hört, hört!) Die Beredsamkeit der Girondisten ist hochgepriesen worden; aber wir unerschütterlichen Demokraten können sie nicht bloß deswegen bewundern, weil sie beredt waren - in der Tat, hätten wir so zu handeln, so müßten wir die höchsten Ehren dem erkauften und aristokratischen Mirabeau zuerkennen. Als das für die Freiheit aufgestandene Volk, die Fesseln vierzehnhundertjähriger Sklaverei sprengend, seine Wohnstätten verließ, um auf die Verschwörer im Innern, die Invasionsarmeen an den Grenzen zu stürzen, brauchte es etwas mehr als die beredten Diskurse und schöngewobenen Theorien der Gironde, um sich zu halten. ,Brot, Stahl und Gleichheit forderte das Volk - (Beifall) - Brot für seine hungernden Familien, Stahl gegen die Kohorten des Despotismus, Gleichheit als Ziel seiner Arbeit und Lohn für seine Opfer. (Lauter Beifall.) Die Girondisten dagegen sahen das Volk, um mit Thomas Carlyle zu sprechen, nur für .explosible Massen an, womit man Bastillen sprengt, die man als Werkzeuge gebraucht und als Sklaven behandelt. Sie schwankten zwischen dem Königtum und der Demokratie, sie versuchten vergebens, die ewige Gerechtigkeit durch ein Abfinden zu betrügen. Sie fielen, und ihr Fall war verdient. Die Männer von Energie traten sie nieder, das Volk fegte sie weg. Von den verschiedenen Fraktionen der Bergpartei finde ich nur Robespierre und seine Freunde der Erwähnung wert. (Großer Beifall.) Die große Masse des Berges bestand aus Räubern, die nur besorgt waren, für sich die Beute der Revolution zu erhaschen, und denen nichts am Volke lag, dessen Arbeit, Leiden und Mut die Revolution durchgesetzt hatte. Diese Desperados, eine Zeitlang die Sprache der Freunde der Gleichheit anwendend und mit ihnen gegen die Konstitutionellen und Girondins kämpfend, zeigten sich in ihrem wahren Licht, als die offenen Todfeinde der Gleichheit, sowie sie zur Herrschaft kamen. Durch diese Partei wurde Robespierre gestürzt und ermordet, und Saint-Just, Couthon und alle Freunde jenes unbestechlichen Gesetzgebers dem Tode geweiht. Nicht zufrieden, die Freunde der Gleichheit vernichtet zu haben, häuften diese Meuchelmörder noch auf ihren Namen die infamsten Verleumdungen und standen nicht an, ihre Opfer der Verbrechen anzuklagen, die sie selbst begangen hatten. Ich weiß, es ist noch immer unfashionable1, Robespierre für etwas andres als ein Ungeheuer anzusehen, aber ich glaube, daß der Tag nahe ist, wo eine ganz andre Meinung über den Charakter dieses außerordentlichen Mannes sein wird. Ich will Robespierre nicht vergöttern, ihn nicht für vollkommen halten; aber mir scheint er immer einer der sehr wenigen revolutionären Volksführer gewesen zu sein, die die nötigen Mittel erkannten und anwandten, um politisches und soziales Unrecht auszurotten. (Großer Beifall.) Ich habe nicht Zeit, über den Charakter des unbeugsamen Marat, über Saint-Just, diese glänzende Inkorporation republikanischer Ritterlichkeit zu sprechen; ebenso habe ich nicht Zeit, die vortrefflichen legislativen Maßregeln aufzuzählen, die die energische Herrschaft Robespierres auszeichneten. Der Tag wird kommen, wiederhole ich, wo seinem Namen
1 unpassend
Gerechtigkeit widerfahren wird. (Beifall.) - Für mich liegt der stärkste Beweis für den wirklichen Charakter Rohespierres in dem allgemeinen Bedauern, das die ihn überlebenden aufrichtigen Demokraten für ihn empfanden - auch diejenigen von ihnen, die, seine Absichten verkennend, sich hatten verleiten lassen, seinen Sturz zu beschleunigen, die aber, als es zu spät war, ihre Torheit bitter bereuten. Babeuf war einer von diesen, der Urheber der berühmten, nach ihm benannten Verschwörung. Diese Verschwörung hatte zu ihrem Zweck die Errichtung einer wahren Republik, in der die Selbstsucht des Individualismus unbekannt sein sollte - (Beifall) - in der Privateigentum und Geld, die Wurzel alles Übels, aufhören sollten zu existieren - (Beifall) - in der das Glück aller basiert sein sollte auf die gemeinsame Arbeit und die gleichen Genüsse von allen. (Großer Beifall.) - Diese ruhmvollen Männer verfolgten ihr ruhmvolles Ziel bis zum Tode. Babeuf und Darthe besiegelten ihre Überzeugung mit ihrem Blut, und Buonarroti beharrte durch Jahre von Gefängnis, Mangel und Alter in seiner Verteidigung der großen Prinzipien, die wir heute abend zu proklamieren wagen. Dann muß ich noch die heroischen Deputierten Romme, Soubrany, Duroy, Duquesnoy und ihre Gefährten erwähnen, die, von den aristokratischen Verrätern des Konvents zum Tode verurteilt, in Gegenwart und zum Trotz ihrer Mörder sich selbst mit einem einzigen Dolch, der von Hand zu Hand ging, den Tod gaben. Soviel über den ersten Teil unsres Toastes. Der zweite Teil erfordert nur wenige Worte von meiner Seite, da hierüber am besten die anwesenden französischen Demokraten sprechen werden. Daß die Prinzipien der Gleichheit eine glorreiche Auferstehung erleben werden, daran ist kein Zweifel; in der Tat, diese Auferstehung haben sie schon erlebt, nicht allein in der Gestalt des Republikanismus, sondern auch des Kommunismus; denn soviel ich weiß, ist ganz Frankreich jetzt von kommunistischen Gesellschaften bedeckt; aber dies weiter auszuführen überlasse ich meinem Freunde Dr. Fontaine und seinen Landsleuten. Ich freue mich sehr, daß diese ehrenwerten Demokraten anwesend sind. Sie werden heute abend durch ihre eigenen Sinne sich von der Absurdität der Tiraden der französischen Kriegspartei gegen das englische Volk überzeugen können. (Beifall.) Wir stoßen diese nationalen Antipathien weit von uns zurück; wir verachten, wir haben Ekel vor diesen barbarischen Lockspeisen und Ködern, wie »natürliche Feinde', .Erbfeind' und nationaler Ruhm'. (Lauter Beifall.) Wir hassen alle Kriege, ausgenommen die, zu welchen ein Volk gezwungen wird gegen innere Bedrückung und auswärtige Invasion. (Beifall.) Ja, mehr als das, wir stoßen zurück das Wort ,Ausländer' - es soll nicht länger in unserm demokratischen Wörterbuch existieren. (Großer Beifall.) Wir mögen zur englischen, französischen, italienischen oder deutschen Sektion der europäischen Familie gehören, aber ,das junge Europa ist unser gemeinsamer Name, und unter seiner Fahne ziehen wir gemeinschaftlich aus gegen Tyrannei und Ungleichheit." (Dauernder und enthusiastischer Beifall.) Nachdem ein deutscher Kommunist1 die Marseillaise gesungen hatte, brachte Wilhelm Weitling den zweiten Toast aus:
1 Josef Moll
„Dem jungen Europa. Mögen die Demokraten aller Nationen, von sich werfend die Eifersucht und Nationalantipathie der Vergangenheit, sich in einer brüderlichen Phalanx vereinigen zur Zerstörung der Tyrannei und zum allgemeinen Triumph der Gleichheit." Weitling, der mit vielem Enthusiasmus empfangen wurde, las - da er nicht flüssig englisch spricht - folgende Rede ab:
„Freunde! Diese Versammlung ist ein Zeugnis für jenes gemeinsame Gefühl, das die Brust jedes Menschen durchglüht, für das Gefühl der allgemeinen Brüderlichkeit. Ja! obwohl wir infolge unsrer Erziehung verschiedene Laute gebrauchen, um dies gemeinsame Gefühl einander mitzuteilen, obwohl der Austausch dieses Gefühls durch die Verschiedenheiten der Sprache gehemmt wird, obwohl Tausende von Vorurteilen von unsern gemeinsamen Gegnern vereinigt und angewandt werden, um ein besseres Verständnis, eine allgemeine Brüderlichkeit eher zu hindern als zu befördern - dennoch, trotz aller dieser Hindernisse, läßt sich dieses gewaltige, liebevolle Gefühl nicht ausrotten - (Beifall) - dies Gefühl, das den Leidenden zu seinem Leidensgenossen, den Kämpfer für einen besseren Zustand zu seinem Mitkämpfer hinzieht. (Beifall.) Auch jene waren unsre Mitkämpfer, deren Revolution wir heute abend feiern; auch sie waren von denselben Sympathien belebt, die uns zusammenbringen und die uns vielleicht zu einem ähnlichen, und laßt uns hoffen, zu einem erfolgreicheren Kampfe führen werden. (Lauter Beifall.) - In Zeiten der Bewegung, wenn die Privilegien unsrer einheimischen Feinde große Gefahr laufen, bemühen diese sich, unsre Vorurteile über die Grenzen unsres natürlichen Vaterlandes hinauszuleiten und uns glauben zu machen, daß die Leute jenseits unsrem gemeinsamen Interesse feindselig sind. Welch ein Betrug! Wenn wir ruhig über die Sache nachdenken, so sehen wir sehr bald ein, daß unsre allernächsten Feinde unter uns selbst, in unsrer eignen Mitte sind. (Hört, hört, und Beifall.) Nicht den auswärtigen Feind haben wir zu fürchten - dieser arme Feind wird behandelt wie wir; wie wir muß er für Tausende von nichtsnutzigen Kerlen arbeiten; wie wir greift er zu den Waffen gegen irgendeine Gesellschaft von Menschen, weil er dazu gezwungen wird durch den Hunger und das Gesetz, dazu aufgereizt durch seine von Unwissenheit genährten Leidenschaften. Die Herrscher der Nationen sagen uns, unsre Brüder seien grausam und raubsüchtig; aber wer ist raubsüchtiger als die, die uns regieren, die uns in den Waffen unterrichten lassen, die um ihrer eignen Privilegien willen uns zum Kriege reizen und in den Krieg führen? (Beifall.) Ist es wirklich unser gemeinschaftliches Interesse, das den Krieg nötig macht? Ist es das Interesse der Schafe, von Wölfen angeführt, gegen andre, ebenfalls von Wölfen angeführte Schafe zu kämpfen? (Lauter Beifall.) Sie selbst sind unsre raubsüchtigstenFeinde;sie haben uns alles genommen, was unser war, um es in Vergnügungen und Liederlichkeit zu verschwenden. (Beifall.) Sie nehmen von uns, was unser ist, denn alles, was sie verschwenden, ist von uns produziert und sollte denen gehören, die es produzieren, ihren Weibern und Kindern, ihren Greisen und Kranken. (Lauter Beifall.) Aber seht, wie alles uns durch ihre schlauen Pfiffe gestohlen und für eine Rotte fauler Umsonstfresser aufgespart wird. (Beifall.) Ist es also möglich, durch
einen ausländischen Feind noch mehr beraubt zu werden, als durch unsre eignen Feinde zu Hause? Ist es denn noch möglich, daß unser Volk vom Ausländer noch mehr gemordet wird als durch unsre gefühllosen Geldmänner, die uns berauben durch ihr Börsenspiel, Geldschachern und Spekulieren, durch ihr Geldsystem und ihre Bankerotte, durch ihre Monopole, Kirchen- und Grundrenten, die uns durch alle diese Mittel der nötigsten Lebensbedürfnisse berauben und den Tod von Millionen unsrer arbeitenden Brüder verursachen, denen sie nicht einmal Kartoffeln genug lassen, um davon ihr Leben zu fristen! (Großer Beifall.) Ist es daher nicht hinreichend klar, daß diejenigen, die alles durch das Geld und nichts ohne Geld sind, die wahren Feinde der Arbeiter in allen Ländern sind, daß unter allen Menschen keine andern Feinde des Menschengeschlechts existieren als die Feinde der Arbeiter? (Beifall.) Ist es also möglich, daß wir mehr bestohlen und mehr gemordet werden in der Zeit eines politischen Krieges, als es jetzt schon in einer sogenannten Friedenszeit geschieht? Nationalvorurteile, Blutvergießen und Räubereien werden von uns also bloß um des kriegerischen Ruhmes willen begünstigt? Was hat unser Interesse zu gewinnen von solchem dummen Ruhm? (Beifall.) Was haben wir überhaupt damit zu tun, wenn unser Interesse und unser besseres Gefühl ihm entgegenstehen? (Beifall.) Müssen wir nicht die Kosten tragen? (Beifall.) Müssen wir nicht dafür arbeiten und bluten? (Erneuerter Beifall.) Was für ein Interesse können wir bei allen diesen Landräubereien und Blutvergießen haben, außer daß wir solche Gelegenheiten benutzen, um umzukehren und uns gegen die Raub und Mord brütende Aristokratie aller Nationen zu wenden? (Enthusiastischer Beifall.) Es ist nur diese Aristokratie, immer diese Aristokratie, die systematisch raubt und mordet. Die Armen sind nur ihre gezwungenen und unwissenden Werkzeuge, die aus jeder Nation gewählt werden — diejenigen, die am meisten voll nationaler Vorurteile stecken, diejenigen, die alle Nationen von ihrer eignen unterjocht sehen möchten. Aber bringt sie her in diese Versammlung, und sie werden sich verständigen, sich einander die Hände reichen. Wenn vor einer Schlacht die Verteidiger der Freiheit zu den Reihen ihrer Brüder sprechen könnten, da würde keine Schlacht zustande kommen; im Gegenteil, es würde eine Versammlung von Freunden werden wie die unsrige. 0, könnten wir nur eine solche Versammlung auf einem Schlachtfelde haben, wie bald würden wir fertig sein mit all den blut- und markaussaugenden Interessen, die uns jetzt unterdrücken und plündern! (Lauter Beifall.) Das, Freunde, sind die Äußerungen jenes allgemeinsamen Gefühls, dessen Wärme, konzentriert in dem Brennpunkt der allgemeinen Brüderlichkeit, ein Feuer des Enthusiasmus entzündet, das bald alle die hindernden Eisberge wegschmelzen wird, welche zu lange die Brüder getrennt gehalten haben." (Weitling nahm seinen Sitz unter lang anhaltendem Beifall wieder ein.)
Dr. Berrier-Fontaine, ein alter Republikaner, der schon in den ersten Jahren der Bourgeoisieherrschaft in Paris in der Societe des droits de I'homme1 eine Rolle gespielt, 1834 in den Aprilprozeß11801 verwickelt und aus SaintePelagie mit den übrigen Angeklagten 1835 entwichen war (vergleiche Louis
1 Gesellschaft für Menschenrechte
Blanc's „Geschichte der 10 Jahre"), der später mit der weiteren Entwicklung der revolutionären Partei in Frankreich fortschritt und mit dem Pere1 Cabet in freundschaftlicher Verbindung steht - Dr. Berrier-Fontaine trat nach Weitling auf. Er wurde mit stürmischem Applaus empfangen und sprach:
„Bürger! Meine Rede muß notwendig kurz sein, da ich nicht sehr gut englisch spreche. Es macht mir unaussprechliches Vergnügen zu sehen, daß die englischen Demokraten die französische Republik feiern. Ich bin von Herzen einverstanden mit den edlen Gefühlen, die Herr Julian Harney ausgesprochen hat. Ich versichere Euch, daß das französische Volk nicht daran denkt, das englische Volk als seinen Feind zu betrachten. Wenn einige französische Journalisten gegen die englische Regierung schreiben, so schreiben sie nicht gegen das englische Volk. Die Regierung Englands ist verhaßt in ganz Europa, weil sie nicht die Regierung des englischen Volks, sondern die der englischen Aristokratie ist. (Beifall.) Die französischen Demokraten, weit entfernt, die Feinde des englischen Volks zu sein, wünschen im Gegenteil mit ihm zu fraternisieren. (Lauter Beifall.) Die Republikaner Frankreichs fochten nicht allein für Frankreich, sondern für die ganze Menschheit; sie strebten die Gleichheit herzustellen und ihre Segnungen über die ganze Welt zu verbreiten. (Großer Beifall.) Sie erklärten die ganze Menschheit für ihre Brüder und stritten nur gegen die Aristokratien andrer Nationen. (Beifall.) Ich kann Euch versichern, Bürger, daß die Prinzipien der Gleichheit schon zu einem neuen Leben auferstanden sind. Der Kommunismus schreitet mit Riesenschritten durch ganz Frankreich vorwärts. Kommunistische Assoziationen breiten sich über das ganze Land aus, und ich hoffe, daß wir bald eine große Konföderation der Demokraten aller Nationen erleben werden, um den Triumph des republikanischen Kommunismus durch die ganze Länge und Breite Europas zu sichern." (Dr. Fontaine nahm seinen Sitz unter wiederholten Beifallsbezeugungen wieder ein.} Nachdem der Toast auf das „junge Europa" mit drei schallenden cheers2 und „noch einem cheer" aufgenommen war, wurden noch Toaste auf Thomas Paine, die gefallenen Demokraten aller Länder, dann Englands, Schottlands und Irlands, auf die deportierten Chartisten Frost, Williams, Jones und Ellis, auf O'Connor, Duncombe und die übrigen Propagandisten der Charte, und schließlich drei cheers für den „Northern Star" ausgebracht; demokratische Lieder in allen Sprachen (nur die deutsche finde ich nicht erwähnt) wurden gesungen und das Fest im brüderlichsten Geiste beschlossen. Hier haben wir eine Versammlung von mehr als tausend Demokraten fast aller europäischen Nationen, die sich vereinigt hatten, ein anscheinend allem Kommunismus fremdes Ereignis, die Stiftung der französischen Republik zu feiern. Keine Verabredung war getroffen, um ein bestimmtes Publikum hinzubringen; nichts deutete an, daß etwas anderes ausgesprochen werden würde, als was die Londoner Chartisten unter Demokratie verstehen. Wir können
1 Vater - 2 Hochrufen
also wohl annehmen, daß die Majorität der Versammlung die Masse der Londoner chartistischen Proletarier ziemlich richtig repräsentierte. Und diese Versammlung nahm die kommunistischen Prinzipien, das Wort Kommunismus selbst mit einstimmigem Enthusiasmus auf. Das Chartistenmeeting war ein kommunistisches Fest, und wie die Engländer selbst zugeben, ist „ein solcher Enthusiasmus, wie er an jenem Abend herrschte, in London seit Jahren nicht gesehen worden". Habe ich recht, wenn ich sage, daß die Demokratie heutzutage der Kommunismus ist? F. Engels
Geschrieben Ende 1845 „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform", 1846 Zweiter Band, S. 1-19
[Karl Marx]
Erklärung
Nach dem „Rheinischen Beobachter"[187] vom 18. Januar (Nr. 18) enthält die „Trier'sche Zeitung" eine Ankündigung der Redaktion, wonach unter mancherlei Schriftstellern auch „Marx" als Mitarbeiter in diesem Blatte genannt wird. Um jeder Verwechselung zuvorzukommen, erkläre ich, daß ich nie eine Zeile für dieses Blatt geschrieben habe, dessen bürgerlichphilanthropische, keineswegs kommunistische Tendenzen mir durchaus fremd sind. Brüssel, den 18. Januar 1846. Karl Marx
„Trier'sche Zeitung" Nr. 26 vom 26. Januar 1846.
40 Marx/Engels, Werke, Bd. 2

Beilagen

Vorrede [zur amerikanischen Ausgabe von 1887 der „Lage der arbeitenden Klasse in England"]
Zehn Monate sind vergangen, seitdem ich, auf Wunsch des Übersetzers, den Anhang zu diesem Buch schrieb; und im Verlaufe dieser zehn Monate ist in der amerikanischen Gesellschaft eine Revolution vor sich gegangen, die in andern Ländern wenigstens zehn Jahre gebraucht hätte. Im Februar 1885 war die amerikanische öffentliche Meinung sich ziemlich einig in diesem einen Punkt: daß es in Amerika eine arbeitende Klasse im eigentlichen Sinne des Wortes nicht gebe, daß folglich auch in der amerikanischen Republik ein Klassenkampf, wie er die europäische Gesellschaft in Stücke riß, unmöglich sei; und daß daher der Sozialismus ein ausländischer Einfuhrartikel sex, der auf amerikanischem Boden niemals Wurzeln schlagen werde. Und doch warf, in jenem Moment, der kommende Klassenkampf seinen gigantischen Schatten voraus in den Streiks der pennsylvanischen Bergarbeiter und vieler anderer Gewerke und insbesondere in den das ganze Land umfassenden Vorbereitungen für die große Achtstundenbewegung, die im folgenden Mai beginnen sollte und begann. Daß ich damals die Symptome richtig einschätzte, daß ich mit einer Arbeiterbewegung im nationalen Maßstab rechnete, zeigt mein „Anhang" ; aber niemand konnte voraussehen, daß die Bewegung in so kurzer Zeit mit so unwiderstehlicher Kraft zum Ausbruch kommen, mit der Schnelligkeit eines Präriebrandes um sich greifen, die amerikanische Gesellschaft bis in ihre Grundfesten erschüttern würde. Die Tatsache ist da, hartnäckig, unbestreitbar. Wie sehr sie die amerikanische herrschende Klasse in Schrecken versetzte, wurde mir, in amüsanter Weise, von amerikanischen Journalisten enthüllt, die mir im vergangenen Sommer die Ehre ihres Besuches erwiesen; die „Wendung" versetzte sie in einen Zustand hilflosen Schreckens und der Verblüffung. Aber zu dieser Zeit war die Bewegung gerade erst in ihrem Anfang; es gab nur eine Reihe unklarer und offensichtlich zusammenhangloser Aufwallungen jener Klasse, die durch die Aufhebung der Negersklaverei und durch die rasche Entwicklung der Manufaktur die unterste Schicht der amerikanischen Gesellschaft geworden war. Noch ehe das Jahr zu Ende ging, begannen die verwirrenden sozialen Erschütterungen eine bestimmte Richtung zu nehmen. Die spon
tanen, instinktiven Bewegungen dieser breiten Massen des arbeitenden Volkes in einer riesigen Ausdehnung des Landes, der gleichzeitige Ausbruch ihrer gemeinsamen Unzufriedenheit mit einem jämmerlichen sozialen Zustand, überall derselbe und den gleichen Ursachen geschuldet, weckte in ihnen das Bewußtsein dessen, daß sie eine neue und besondere Klasse der amerikanischen Gesellschaft bildeten; eine Klasse - praktisch genommen - von mehr oder weniger erblichen Lohnarbeitern, Proletariern. Und mit echtem amerikanischem Instinkt führte sie dieses Bewußtsein sofort zu dem nächsten Schritt auf dem Wege ihrer Befreiung: der Bildung einer politischen Arbeiterpartei, mit einer eigenen Plattform und mit der Eroberung des Kapitols und des Weißen Hauses als Ziel. Im Mai der Kampf für den Achtstundentag, die Unruhen von Chicago, Milwaukee usw., die Versuche der herrschenden Klasse, die zum Leben erwachende Erhebung der Arbeiter mit brutaler Gewalt und brutaler Klassenjustiz niederzuschlagen; im November die neue Arbeiterpartei, organisiert in allen großen Zentren, und die Wahlen in New York, Chicago, Milwaukee. Bisher hatten Mai und November die amerikanische Bourgeoisie an die Zahlung der Kupons der United-States-Bonds erinnert; von nun ab werden Mai und November sie auch an die Daten erinnern, an denen die amerikanische Arbeiterbewegung ihre Kupons zur Zahlung präsentierte. In den europäischen Ländern benötigten die Arbeiter viele, viele Jahre, bevor sie völlig begriffen, daß sie eine besondere, unter den gegebenen sozialen Bedingungen permanente Klasse der modernen Gesellschaft bilden; und es waren Jahre erforderlich, bis dieses Klassenbewußtsein sie dazu führte, sich zu einer besonderen politischen Partei zu formieren, unabhängig und im Gegensatz zu all den alten, von den verschiedenen Gruppen der herrschenden Klasse gebildeten Parteien. In dem begünstigten Boden Amerikas, wo kein mittelalterlicher Plunder den Weg versperrt, wo die Geschichte mit den Elementen der modernen bürgerlichen Gesellschaft beginnt, wie sie sich im 17. Jahrhundert herausentwickelte, legte die Arbeiterklasse diese beiden Stadien in ihrer Entwicklung in zehn Monaten zurück. Immerhin ist alles dies erst ein Anfang. Daß die arbeitenden Massen die Gemeinsamkeit ihrer Leiden und Interessen, ihre Solidarität als eine Klasse im Gegensatz zu allen andern Klassen empfinden; daß sie, um diesem Empfinden Ausdruck und Wirksamkeit zu geben, die politische Maschine in Bewegung setzen müssen, die in allen freien Ländern zu diesem Zwecke geschaffen wird das ist nur der erste Schritt. Der nächste Schritt ist, das gemeinsame Heilmittel zu finden für diese gemeinsamen Leiden, ihm Gestalt zu geben in der Plattform der neuen Arbeiterpartei. Und dieser - der wichtigste und schwierigste Schritt in der Bewegung - bleibt in Amerika noch zu tun. Eine neue Partei muß eine besondere, positive Plattform haben; eine Plattform, die in den Einzelheiten je nach den Umständen und mit der Entwicklung der Partei selbst wechseln mag, aber dennoch eine Plattform, die von der
Partei im gegebenen Moment akzeptiert wird. Solange eine solche Plattform noch nicht ausgearbeitet wurde oder nur in rudimentärer Form existiert, solange wird auch die neue Partei nur eine rudimentäre Existenz fristen; sie mag lokal existieren, sie existiert aber nicht national, sie ist der Möglichkeit nach eine Partei, sie ist aber noch keine wirkliche Partei. Diese Plattform, welches immer ihre erste Ausgangsform, muß sich in einer vorher bestimmten Richtung entwickeln. Die Ursachen, die die Kluft zwischen der Arbeiterklasse und der kapitalistischen Klasse geschaffen haben, sind dieselben in Amerika wie in Europa; die Mittel, diese Kluft auszufüllen, sind gleichfalls dieselben. Infolgedessen wird die Plattform des amerikanischen Proletariats auf die Dauer in dem letzten gesteckten Ziel zusammenfallen mit jener, die nach 60 Jahren der Spaltung und der Diskussionen die anerkannte Plattform der großen Mehrheit des europäischen Proletariats geworden ist. Sie wird als das letzte Ziel die Eroberung der politischen Herrschaft der Arbeiterklasse proklamieren, zum Zwecke der unmittelbaren Aneignung sämtlicher Produktionsmittel - Grund und Boden, Eisenbahnen, Bergwerke, Maschinen usw. — durch die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zur gemeinsamen Bearbeitung im Auftrag und zum Nutzen aller. Aber wenn die neue amerikanische Partei, gleich allen politischen Parteien allerorten, durch die bloße Tatsache ihres Bestehens hinstreben muß auf die Eroberung der politischen Macht, so besteht doch bisher alles andere als Einigkeit darüber, was mit dieser Macht anfangen, wenn sie einmal erobert ist. In New York und in den andern großen Städten des Ostens vollzog sich die Organisierung der Arbeiterklasse auf der Linie von Gewerksvereinigungen, die in jeder Stadt einen machtvollen Arbeiterverband bilden. In New York hat der Zentrale Arbeiterverband im letzten November zu seinem Standartenträger Henry George erwählt, was dazu führte, daß seine provisorische Wahlplattform weitgehend mit dessen Prinzipien durchtränkt war. In den großen Städten des Nordwestens wurde der Wahlkampf auf Grund einer ziemlich unbestimmten Arbeiterplattform geführt, und der Einfluß Henry Georges war kaum, wenn überhaupt, sichtbar. Und während in diesen großen Bevölkerungs- und Industriezentren sich die neue Klassenbewegung politisch zuspitzte, finden wir im ganzen Lande zwei weitausgedehnte Arbeiterorganisationen: die „Ritter der Arbeit" und die „Sozialistische Arbeiterpartei", von denen nur die letztgenannte eine Wahlplattform in Übereinstimmung mit dem oben summarisch dargelegten modernen europäischen Standpunkt hat. Von diesen drei mehr oder weniger bestimmten Formen, unter denen sich so die amerikanische Arbeiterbewegung darbietet, hat die erste, die Henry-George-Bewegung in New York, gegenwärtig hauptsächlich lokale Bedeutung. Ohne Zweifel ist New York die weitaus bedeutendste Stadt der Staaten, aber New York ist nicht Paris, und die Vereinigten Staaten sind nicht
Frankreich. Und mir scheint, daß die Henry-George-Plattform in ihrer gegenwärtigen Gestalt zu eng ist, um die Grundlage einer mehr als lokalen Bewegung zu bilden; sie könnte das im besten Fall für eine ganz kurze Phase der allgemeinen Bewegung sein. Für Henry George ist die Enteignung der Massen der Bevölkerung vom Grund und Boden die große und allgemeine Ursache der Spaltung des Volkes in Reiche und Arme. Nun ist dies historisch nicht ganz korrekt. Im asiatischen und klassischen Altertum war die vorherrschende Form der Klassenunterdrückung die Sklaverei, d. h. nicht so sehr die Enteignung der Massen vom Grund und Boden als die Aneignung ihrer Personen. Als beim Niedergang der römischen Republik die freien italienischen Bauern von ihren Farmen enteignet wurden, bildeten sie eine Klasse „armer Weißer" ähnlich jener der südlichen Sklavenstaaten vor 1861; und zwischen Sklaven und armen Weißen, zwei Klassen gleichermaßen unfähig zur Selbstemanzipation, ging die alte Welt in Trümmer. Im Mittelalter war nicht die Enteignung des Volkes vom, sondern umgekehrt ihre Aneignung an den Boden die Quelle der feudalen Unterdrückung. Der Bauer behielt sein Land, wurde aber an dasselbe gefesselt als Leibeigener und Höriger und dem Feudalherrn zu Dienstleistungen oder Abgaben verpflichtet. Erst beim Anbruch der Neuzeit, gegen Ende des 15. Jahrhunderts, schuf die im großen betriebene Enteignung der Bauernschaft die Grundlage für die moderne Klasse der Lohnarbeiter, die nichts besitzt als ihre Arbeitskraft und nur leben kann, wenn sie diese an andere verkauft. Aber wenn die Enteignung vom Grund und Boden diese Klasse ins Leben rief, so wurde sie verewigt, wuchs sie und formierte sich zu einer besonderen Klasse mit besonderen Interessen und einer besonderen historischen Mission durch die Entwicklung der kapitalistischen Produktion, der modernen Industrie und Landwirtschaft auf großer Stufenleiter. Alles dies ist ausführlich dargestellt von Marx („Kapital", Abschnitt VIII1: „Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation"). Nach Marx ist die Ursache des gegenwärtigen Klassenantagonismus und der sozialen Degradation der Arbeiterklasse ihre Enteignung von allen Produktionsmitteln, mit Einschluß natürlich auch des Grund und Bodens. Wenn Henry George die Monopolisierung des Bodens als die einzige Ursache der Armut und des Elends erklärt, so findet er natürlich das Heilmittel in der Rückkehr des Bodens an die gesamte Gesellschaft. Nun fordern die Sozialisten der Schule von Marx gleichfalls die Rückkehr des Grund und Bodens an die Gesellschaft, und nicht nur des Bodens, sondern auch aller andern Produktionsmittel. Doch selbst wenn wir von diesen absehen, besteht eine andere Differenz. Was soll mit dem Boden geschehen? Die modernen Sozialisten, vertreten durch Marx, fordern, daß er der Gemeinschaft gehören und gemeinschaftlich auf gemeinschaftliche Rechnung bearbeitet werden soll, und ebenso für alle andern Mittel der gesellschaftlichen Produktion: Berg
1 deutsch: Abschnitt VII, 24. Kapitel
werke, Eisenbahnen, Fabriken usw.; Henry George würde sich darauf beschränken, ihn, wie das heute ist, Einzelpersonen in Pacht zu überlassen und nur seine Verteilung zu regulieren, bei Verwendung seiner Rente nicht für private, wie gegenwärtig, sondern für öffentliche Zwecke. Was die Sozialisten fordern, setzt eine völlige Revolution in dem gesamten System der sozialen Produktion voraus; was Henry George fordert, läßt die gegenwärtige Produktionsweise unberührt und wurde faktisch vorweggenommen von den Ricardoschen bürgerlichen Ökonomen, die ebenfalls die Konfiskation der Grundrente durch den Staat forderten. Es wäre natürlich unfair, zu unterstellen, daß Henry George sein letztes Wort ein für allemal gesprochen hat. Ich bin aber gezwungen, seine Theorie zu nehmen, wie ich sie finde. Die zweite große Abteilung der amerikanischen Bewegung bilden die Ritter der Arbeit. Und das scheint die für den gegenwärtigen Stand der Bewegung typischste Abteilung zu sein, weil sie die zweifellos weitaus stärkste ist. Eine gewaltige Vereinigung, verbreitet über ein gewaltiges Gebiet des Landes in zahllosen „Versammlungen", alle Schattierungen individueller und lokaler Meinungen innerhalb der Arbeiterklasse zum Ausdruck bringend; das Ganze unter einer Plattform von entsprechender Unbestimmtheit und zusammengehalten weniger durch ihre unpraktizierbare Verfassung als durch das bestimmte Gefühl, daß ihr festes Zusammenstehen für ihr gemeinsames Streben sie zu einer größeren Macht im Lande macht; eine echt amerikanisch paradoxe Verkleidung modernster Tendenzen in mittelalterlichsten Mummenschanz und das Verstecken des demokratischsten und selbst rebellischsten Geistes hinter einem scheinbaren, in Wirklichkeit aber machtlosen Despotismus - das ist das Bild, das die Ritter der Arbeit dem europäischen Beobachter darbieten. Aber wenn wir uns nicht verwirren lassen von bloß äußerlichen Wunderlichkeiten, so können wir nicht anders, als hierin die gewaltige Zusammenballung einer gewaltigen potentiellen Energie sehen, die sich langsam aber sicher zu einer wirklichen Kraft entwickelt. Die Ritter der Arbeit sind die erste nationale Organisation, geschaffen von der amerikanischen Arbeiterklasse als einem Ganzen; welches immer ihr Ursprung und ihre Geschichte, welches auch ihre Mängel und kleinen Absonderlichkeiten, wie auch ihre Plattform und ihre Verfassung sein mögen - sie sind da, das Werk faktisch der ganzen Klasse der amerikanischen Lohnarbeiter, das einzige nationale Band, das sie zusammenhält, und das macht ihre Stärke aus, die sie nicht weniger fühlen als ihre Feinde, das erfüllt sie mit der stolzen Hoffnung künftiger Siege. Denn es wäre unrichtig, zu sagen, daß die Ritter der Arbeit nicht entwicklungsfähig seien. Sie sind in ständigem, tiefgehendem Prozeß der Entwicklung und Revolutionierung begriffen; eine wallende, gärende Masse plastischen Materials, das nach der seinem inneren Wesen entsprechenden Gestalt und Form sucht. Diese Form wird erreicht werden, so sicher, wie die geschichtliche Entwicklung, gleich der natürlichen, ihre eigenen immanenten Gesetze hat.
Ob die Ritter der Arbeit dann ibren gegenwärtigen Namen beibehalten werden, ist ohne Belang, aber für einen Außenseiter scheint es klar, daß wir hier das Rohmaterial haben, aus dem es die Zukunft der amerikanischen Arbeiterbewegung und damit zugleich die Zukunft der amerikanischen Gesellschaft als Ganzes zu formen gilt. Die dritte Abteilung bildet die Sozialistische Arbeiterpartei. Diese Abteilung ist eine Partei nur dem Namen nach, denn nirgends in Amerika hat sie bisher vermocht, ihren Platz als eine politische Partei einzunehmen. Sie ist darüber hinaus bis zu einem gewissen Grade ein Amerika fremdes Element, da sie sich bis vor kurzem fast ausschließlich aus deutschen Einwanderern rekrutierte, die ihre eigene Sprache sprechen und in den meisten Fällen mit der Umgangssprache des Landes wenig vertraut sind. Aber wenn auch fremder Herkunft, so kam sie doch gleichzeitig gerüstet mit der Erfahrung langer Jahre des Klassenkampfes in Europa und mit der Einsicht in die allgemeinen Bedingungen der Emanzipation der Arbeiterklasse, die die von den amerikanischen Arbeitern bisher erworbene weit übertraf. Das ist ein glücklicher Umstand für die amerikanischen Proletarier, die so befähigt werden, sich die intellektuellen und moralischen Früchte der 40 Jahre Kämpfe ihrer europäischen Klassenbrüder anzueignen und zunutze zu machen und damit den Zeitpunkt ihres eigenen Sieges zu beschleunigen. Denn, wie ich oben schon sagte, es kann kein Zweifel bestehen, daß die endgültige Plattform der amerikanischen Arbeiterklasse im wesentlichen dieselbe sein muß und sein wird, wie die jetzt von der gesamten kämpfenden Arbeiterklasse Europas angenommene, dieselbe wie die der deutsch-amerikanischen Sozialistischen Arbeiterpartei. Insoweit ist diese Partei berufen, eine wichtige Rolle in der Bewegung zu spielen. Aber um das zu können, müssen sie sich von allen Überresten ihres Auslandstums befreien. Sie müssen durch und durch Amerikaner werden. Sie können nicht erwarten, daß die Amerikaner zu ihnen kommen; sie, die Minderheit und die Einwanderer, müssen zu den Amerikanern gehen, die die große Mehrheit und die Eingeborenen sind. Und damit sie das können, müssen sie vor allem Englisch lernen. Der Prozeß der Verschmelzung dieser verschiedenen Elemente der gewaltigen in Bewegung befindlichen Massen - Elemente, die nicht wirklich uneins sind, aber die voneinander isoliert sind durch ihre verschiedenen Ausgangspunkte - erfordert Zeit und wird nicht ohne eine gewisse Reibung vor sich gehen, wie sie gerade jetzt an verschiedenen Stellen in Erscheinung tritt. Die Ritter der Arbeit z.B. liegen hier und da in den östlichen Städten in einem lokalen Krieg mit den organisierten Gewerkschaftsverbänden. Aber diese selbe Reibung existiert im Innern der Ritter der Arbeit selbst, wo wir alles andere als Frieden und Eintracht sehen. Das sind nicht Symptome des Verfalls, über die die Kapitalisten Anlaß zu triumphieren hätten. Sie sind nur ein Zeichen dafür, daß die zahllosen Arbeitermassen, zum ersten Male in Bewegung gekommen in einer gemeinsamen Richtung, bisher weder den adäqua
ten Ausdruck ihrer gemeinsamen Interessen gefunden haben noch die ihrem Kampf entsprechendste Form der Organisation, noch die für die Sicherung des Sieges unerläßliche Disziplin. Sie sind erst die ersten Massenaufgebote des großen revolutionären Krieges, der Aufstellung und Ausrüstung nach örtlich und unabhängig, alle einem Zentrum zustrebend, um eine einheitliche Armee zu bilden, bisher aber noch ohne reguläre Organisation und einheitlichen Feldzugsplan. Die zusammenströmenden Kolonnen kreuzen einander hier und da; Verwirrung, vorzeitiges Streiten, sogar Konfliktsdrohungen entstehen. Doch die Gemeinsamkeit des letzten Ziels überwindet in letzter Instanz alle Streitigkeiten geringerer Ordnung; nicht lange mehr, und die aufgelöst marschierenden und hadernden Bataillone werden sich in einer langen Linie der Schlachtordnung formieren, dem Feinde eine wohlgeordnete Front darbieten, in unheilverkündendem Schweigen unter ihren blitzenden Waffen, in den vordersten Reihen unterstützt von kühnen Plänklern und im Rücken von einer unerschütterlichen Reserve. Dieses Resultat zu verwirklichen, die Vereinheitlichung der verschiedenen unabhängigen Armeen zu einer nationalen Arbeiterarmee mit einer sei es auch inadäquaten, provisorischen Plattform, vorausgesetzt, daß es eine wirkliche Arbeiterplattform ist - das ist der nächste in Amerika zu vollziehende Schritt. Damit dies erreicht werde und diese Plattform der Sache würdig sei, dazu kann die Sozialistische Arbeiterpartei ein groß Teil beitragen, wenn sie in derselben Weise handeln wird, wie die europäischen Sozialisten handelten, als sie noch eine kleine Minderheit der Arbeiterklasse waren. Diese Aktionslinie wurde zum ersten Mal niedergelegt im Jahre 1847 im „Kommunistischen Manifest" mit den folgenden Worten: „Die Kommunisten" - das war der Name, den wir damals annahmen und den wir auch heute weit entfernt sind zu verwerfen - „sind keine besondere Partei gegenüber den andern Arbeiterparteien. Sie haben keine von den Interessen des ganzen Proletariats getrennten Interessen. Sie stellen keine besondern1 Prinzipien auf, wonach sie die proletarische Bewegung modeln wollen. Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen Parteien nur dadurch, daß einerseits sie in den verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats hervorheben und zur Geltung bringen, andrerseits dadurch, daß sie in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung vertreten. Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weiter
1im englischen: sectarian = sektiererischen
treibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie baben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus... Sie kämpfen für die Erreichung der unmittelbar vorliegenden Zwecke und Interessen der Arbeiterklasse, aber sie vertreten in der gegenwärtigen Bewegung zugleich die Zukunft der Bewegung." Das ist die Aktionslinie, die der große Begründer des modernen Sozialismus, Karl Marx, und mit ihm ich und die Sozialisten aller Nationen, die mit uns zusammenarbeiteten, mehr als vierzig Jahre lang befolgten, mit dem Resultat, daß sie überall zum Sieg führte und daß in diesem Moment die Massen der europäischen Sozialisten, in Deutschland und in Frankreich, in Belgien, Holland und der Schweiz, in Dänemark und in Schweden, in Spanien und Portugal als eine einheitliche Armee unter einem Banner kämpfen. London, 26. Januar 1887 Friedrich Engels
Aus dem Englischen.
[Vorwort zur deutschen Ausgabe von 1892 der „Lage der arbeitenden Klasse in England"!
Das Buch, das hiemit dem deutschen Publikum aufs neue zugänglich gemacht wird, erschien zuerst im Sommer 1845. Im guten wie im schlechten trägt es den Stempel der Jugend des Verfassers. Damals hatte ich vierundzwanzig Jahre; heute bin ich dreimal so alt, und wie ich diese Jugendarbeit wieder durchlese, finde ich, daß ich mich ihrer keineswegs zu schämen brauche. Ich denke also nicht daran, diesen Stempel der Jugendarbeit irgendwie zu verwischen. Ich lege sie dem Leser unverändert wieder vor. Nur einige nicht ganz klare Stellen habe ich schärfer gefaßt und hier und da eine neue, mit der Jahreszahl (1892) bezeichnete, kurze Fußnote hinzugesetzt. Von den Schicksalen dieses Buches erwähne ich nur, daß es 1885 in New York in englischer Übersetzung (von Frau Florence Kelley Wischnewetzky) erschien und daß diese Übersetzung 1892 in London bei Swan Sonnenschein & Co. neu aufgelegt wurde. Die Vorrede zur amerikanischen Ausgabe liegt der zur englischen, und diese wieder dem gegenwärtigen deutschen Vorwort zugrund. Die moderne große Industrie gleicht die ökonomischen Verhältnisse aller von ihr ergriffnen Länder in so riesigem Maße aus, daß ich dem deutschen Leser kaum etwas andres zu sagen habe als dem amerikanischen und englischen. Der in diesem Buch beschriebne Stand der Dinge gehört heute - wenigstens was England angeht - größtenteils der Vergangenheit an. Obwohl nicht ausdrücklich in den anerkannten Lehrbüchern mit aufgezählt, ist es doch ein Gesetz der modernen politischen Ökonomie, daß, je mehr die kapitalistische Produktion sich ausbildet, desto weniger sie bestehn kann bei den kleinen Praktiken der Prellerei und Mogelei, die ihre früheren Stufen kennzeichnen. Die kleinlichen Schlaumeiereien des polnischen Juden, des Repräsentanten des europäischen Handels auf seiner niedrigsten Stufe, diese selben Pfiffe, die ihm in seiner eignen Heimat so vortreffliche Dienste leisten und dort allgemein angewandt werden, lassen ihn im Stich, sobald er nach Hamburg oder Berlin kommt. Desgleichen der Kommissionär, Jude oder Christ, der von Berlin oder Hamburg auf die Börse von Manchester kommt, fand wenigstens noch vor nicht zu langer Zeit dies eine aus: Wollte er Garn oder Gewebe wohl
feil kaufen, so mußte er vor allem sich jener, um ein geringes verfeinerten, aber immer noch jammervollen Manöver und Kniffe entledigen, die in seiner Heimat für die Spitze aller Geschäftsklugheit galten. Allerdings soll mit dem Fortschritt der großen Industrie auch in Deutschland sich manches geändert haben, und namentlich seit dem industriellen Jena von Philadelphia sogar der altdeutsche Biedermannsgrundsatz in Verruf kommen: Es kann den Leuten ja nur angenehm sein, wenn wir ihnen erst gute Muster schicken und nachher schlechte Ware! Und in der Tat, diese Kniffe und Pfiffe bezahlen sich nicht mehr in einem großen Markt, wo Zeit Geld ist und wo eine gewisse Höhe der kommerziellen Moralität sich entwickelt, nicht aus Tugendschwärmerei, sondern einfach, um Zeit und Mühe nicht nutzlos zu verlieren. Und genauso ist es in England gegangen im Verhältnis des Fabrikanten zu seinen Arbeitern. Die Wiederbelebung des Geschäfts nach der Krisis von 1847 war der Anbruch einer neuen industriellen Epoche. Die Abschaffung der Korngesetze und die daraus notwendig sich ergebenden weiteren finanziellen Reformen schufen der Industrie und dem Handel Englands allen erwünschten Ellbogenraum. Gleich darauf kam die Entdeckung der kalifornischen und australischen Goldfelder. Die Kolonialmärkte entwickelten in steigendem Maß ihre Absorptionsfähigkeit für englische Industrieprodukte. Der mechanische Webstuhl von Lancashire schaffte ein für allemal Millionen indischer Handweber aus der Welt. China wurde mehr und mehr eröffnet. Vor allen andern aber entwickelte sich Amerika mit einer selbst für dies Land des Riesenfortschritts unerhörten Schnelligkeit; und Amerika, vergessen wir es nicht, war damals eben nur ein Kolonialmarkt, und zwar der größte von allen, d. h. ein Land, das Rohprodukte lieferte und Industrieprodukte von außen - hier von England - bezog. Zu alledem kam aber noch, daß die neuen, am Schluß der vorigen Periode eingeführten Verkehrsmittel - Eisenbahnen und ozeanische Dampfschiffe — jetzt auf internationalem Maßstab verwirklicht wurden und damit das tatsächlich herstellten, was bisher nur der Anlage nach bestanden hatte: den Weltmarkt. Dieser Weltmarkt bestand damals noch aus einer Anzahl von hauptsächlich oder ausschließlich ackerbauenden Ländern, gruppiert um ein großes Industriezentrum: England. England verbrauchte den größten Teil ihrer überschüssigen Rohprodukte und versorgte sie dafür mit dem größten Teil ihres Bedarfs an Industrieerzeugnissen. Kein Wunder also, daß Englands industrieller Fortschritt kolossal und unerhört war, so sehr, daß der Stand von 1844 uns heute als vergleichsweise unbedeutend und fast waldursprünglich erscheint. In demselben Grad aber, worin dieser Fortschritt sich darstellte, in demselben Grad wurde auch die große Industrie, dem äußeren Schein nach, moralisch. Die Konkurrenz von Fabrikant gegen Fabrikant, vermittelst kleiner Diebstähle an den Arbeitern, zahlte sich nicht mehr. Das Geschäft war solchen
miserablen Mitteln des Geldverdienens entwachsen; der fabrizierende Millionär hatte Beßres zu tun, als seine Zeit zu verlieren mit derlei kleinlichen Kniffen. So etwas war gut genug höchstens für kleine geldbedürftige Leute, die jeden Groschen aufschnappen mußten, wollten sie nicht der Konkurrenz erliegen. So verschwand das Trucksystem aus den Fabrikbezirken; die Zehnstundenbill und eine ganze Reihe kleinerer Reformen ging durch - alles Dinge, die dem Geist des Freihandels und der zügellosen Konkurrenz direkt ins Gesicht schlugen, die aber ebensosehr die Konkurrenz des Riesenkapitalisten gegen seine weniger begünstigten Geschäftskollegen noch überlegner machten. Ferner. Je größer eine industrielle Anlage, je zahlreicher ihre Arbeiter, um so größer war der Schaden und der Geschäftsverdruß bei jedem Konflikt mit den Arbeitern. Daher kam mit der Zeit ein neuer Geist über die Fabrikanten, namentlich über die größten. Sie lernten unnötige Streitereien vermeiden, sich mit dem Bestand und der Macht der Trades Unions abfinden, und schließlich sogar in Strikes - wenn nur zur richtigen Zeit eingeleitet - ein wirksames Mittel entdecken zur Durchführung ihrer eignen Zwecke. So kam es, daß die größten Fabrikanten, früher die Heerführer im Kampf gegen die Arbeiterklasse, jetzt die ersten waren im Aufruf zu Frieden und Harmonie. Und aus sehr guten Gründen. Alle diese Konzessionen an die Gerechtigkeit und Menschenliebe waren eben in Wirklichkeit nur Mittel, die Konzentration des Kapitals in den Händen weniger zu beschleunigen und die kleineren Konkurrenten zu erdrücken, die ohne solchen Extraverdienst nicht leben konnten. In den Händen dieser wenigen hatten die kleinen Nebenerpressungen früherer Jahre nicht nur alle Wichtigkeit verloren, sie waren jetzt dem Geschäft auf großem Fuß geradezu im Weg. Und so hat die Entwicklung der kapitalistischen Produktion allein hingereicht, wenigstens in den leitenden Industriezweigen - denn in den weniger wichtigen ist dies keineswegs der Fall - alle jene kleineren Beschwerden zu beseitigen, die in frühern Jahren das Los des Arbeiters verschlimmerten. Und so tritt mehr und mehr in den Vordergrund die große Haupttatsache, daß die Ursache des Elends der Arbeiterklasse zu suchen ist nicht in jenen kleinern Übelständen, sondern im kapitalistischen System selbst. Der Arbeiter verkauft dem Kapitalisten seine Arbeitskraft für eine gewisse tägliche Summe. Nach der Arbeit weniger Stunden hat er den Wert jener Summe reproduziert. Aber sein Arbeitsvertrag lautet dahin, daß er nun noch eine weitere Reihe von Stunden fortschanzen muß, um seinen Arbeitstag voll zu machen. Der Wert nun, den er in diesen zusätzlichen Stunden der Mehrarbeit produziert, ist Mehrwert, der dem Kapitalisten nichts kostet, trotzdem aber in seine Tasche fließt. Dies ist die Grundlage des Systems, das mehr und mehr die zivilisierte Gesellschaft spaltet, einerseits in einige wenige Rothschilde und Vanderbilts, die Eigner aller Produktions- und Unterhaltsmittel, und andererseits in eine ungeheure Menge von Lohnarbeitern, Eigner von nichts als ihrer Arbeits
kraft. Und daß dies Ergebnis geschuldet ist nicht diesem oder jenem untergeordneten Beschwerdepunkt, sondern einzig dem System selbst — diese Tatsache ist durch die Entwicklung des Kapitalismus in England heute ins grellste Licht gestellt. Ferner. Die wiederholten Heimsuchungen durch Cholera, Typhus, Pocken und andre Epidemien haben dem britischen Bourgeois die dringende Notwendigkeit eingetrichtert, seine Städte gesund zu machen, falls er nicht mit Familie diesen Seuchen zum Opfer fallen will. Demgemäß sind die in diesem Buch beschriebenen schreiendsten Mißstände heute beseitigt oder doch weniger auffällig gemacht. Die Kanalisation ist eingeführt oder verbessert, breite Straßenzüge sind quer durch viele der schlechtesten unter den „schlechten Vierteln" angelegt. „Klein-Irland" ist verschwunden, die „Seven Dials" kommen demnächst an die Reihe. Aber was heißt das? Ganze Bezirke, die ich 1844 noch als fast idyllisch schildern konnte, sind jetzt, mit dem Anwachsen der Städte, herabgefallen in denselben Stand des Verfalls, der Unwohnlichkeit, des Elends. Die Schweine und die Abfallhaufen duldet man freilich nicht mehr. Die Bourgeoisie hat weitere Fortschritte gemacht in der Kunst, das Unglück der Arbeiterklasse zu verbergen. Daß aber, was die Arbeiterwohnungen angeht, kein wesentlicher Fortschritt stattgefunden hat, beweist vollauf der Bericht der königlichen Kommission „on the Housing of the Poor"1, 1885. Und ebenso in allem andern. Polizeiverordnungen sind so häufig geworden wie Brombeeren; sie können aber nur das Elend der Arbeiter einhegen, beseitigen können sie es nicht. Während aber England dem von mir geschilderten Jugendstand der kapitalistischen Ausbeutung entwachsen ist, haben andre Länder ihn eben erst erreicht. Frankreich, Deutschland und vor allem Amerika sind die drohenden Rivalen, die, wie ich 1844 vorhersah, mehr und mehr Englands industrielles Monopol brechen. Ihre Industrie ist jung gegen die englische, aber sie wächst mit weit größrer Geschwindigkeit als diese und ist heute so ziemlich auf derselben Entwicklungsstufe angekommen, worauf die englische 1844 stand. Mit Beziehung auf Amerika ist die Parallele besonders frappant. Allerdings sind die äußern Umgebungen für die amerikanische Arbeiterklasse sehr verschieden, aber dieselben ökonomischen Gesetze sind an der Arbeit, und die Ergebnisse, wenn nicht in jeder Beziehung identisch, müssen doch derselben Ordnung angehören. Daher finden wir in Amerika dieselben Kämpfe für einen kürzeren, gesetzlich festzustellenden Arbeitstag, besonders für Frauen und Kinder in Fabriken; wir finden das Trucksystem in voller Blüte und das Cottagesystem, in ländlichen Gegenden, von den „bosses", den Kapitalisten und ihren Vertretern, ausgebeutet als Mittel der Arbeiterbeherrschung. Als ich 1886 die amerikanischen Zeitungen erhielt mit den Berichten über den großen Strike der pennsylvanischen Bergleute im Distrikt von Connelsville,
1 „über die Behausungen der Armen"
kam es mir vor, als läse ich meine eigne Schilderung des Ausstands der Kohlengräber in Nordengland 1844. Dieselbe Prellerei der Arbeiter durch falsches Maß; dasselbe Trucksystem; derselbe Versuch, den Widerstand der Grubenleute zu brechen durch das letzte zermalmende Mittel des Kapitalisten: die Ausweisung der Arbeiter aus ihren Wohnungen, die der Zechenverwaltung gehören. Ich habe weder hier noch in den englischen Ausgaben versucht, das Buch dem heutigen Stand der Dinge anzupassen, d. h. die seit 1844 eingetretenen Änderungen im einzelnen aufzuzählen. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens hätte ich den Umfang des Buches verdoppeln müssen. Und zweitens gibt der erste Band des Marxschen „Kapital" eine ausführliche Darstellung der Lage der britischen Arbeiterklasse für die Zeit von etwa 1865, d. h. die Zeit, wo die britische industrielle Prosperität ihren Höhepunkt erreichte. Ich hätte also das von Marx Gesagte wiederholen müssen. Es wird wohl kaum nötig sein zu bemerken, daß der allgemein theoretische Standpunkt dieses Buchs - in philosophischer, ökonomischer und politischer Beziehung - sich keineswegs genau deckt mit meinem heutigen Standpunkt. Im Jahr 1844 existierte der moderne internationale Sozialismus noch nicht, der seitdem, vor allem und fast ausschließlich durch die Leistungen von Marx, zu einer Wissenschaft ausgebildet worden. Mein Buch repräsentiert nur eine der Phasen seiner embryonalen Entwicklung. Und wie der menschliche Embryo in seinen frühesten Entwicklungsstufen die Kiemenbögen unserer Vorfahren, der Fische, noch immer reproduziert, so verrät dies Buch überall die Spuren der Abstammung des modernen Sozialismus von einem seiner Vorfahren - der deutschen klassischen Philosophie. So wird großes Gewicht gelegt - namentlich am Schluß - auf die Behauptung, daß der Kommunismus nicht eine bloße Parteidoktrin der Arbeiterklasse ist, sondern eine Theorie, deren Endziel ist die Befreiung der gesamten Gesellschaft, mit Einschluß der Kapitalisten, aus den gegenwärtigen einengenden Verhältnissen. Dies ist in abstraktem Sinn richtig, aber in der Praxis meist schlimmer als nutzlos. Solange die besitzenden Klassen nicht nur kein Bedürfnis verspüren nach Befreiung, sondern auch der Selbstbefreiung der Arbeiterklasse sich mit allen Kräften widersetzen, solange wird die Arbeiterklasse nun einmal genötigt sein, die soziale Umwälzung aHein einzuleiten und durchzuführen. Die französischen Bourgeois von 1789 erklärten auch die Befreiung der Bourgeoisie für die Emanzipation des gesamten Menschengeschlechts; Adel und Geistlichkeit wollten das aber nicht einsehn; die Behauptung - obwohl damals, soweit der Feudalismus dabei in Betracht kam, eine unleugbare, abstrakte, historische Wahrheit - artete bald aus in pure sentimentale Redensart und verduftete gänzlich im Feuer des revolutionären Kampfs. Heutzutage gibt es auch Leute genug, die den Arbeitern von der Unparteilichkeit ihres höheren Standpunkts einen über allen Klassengegensätzen und Klassenkämpfen erhabenen Sozialismus predigen. Aber sie sind entweder Neulinge,
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die noch massenhaft zu lernen haben, oder aber die schlimmsten Feinde der Arbeiter, Wölfe im Schafpelz. Im Text wird die Kreislaufsperiode der großen industriellen Krisen auf fünf Jahre angegeben. Dies war die Zeitbestimmung, die sich aus dem Gang der Ereignisse von 1825 bis 1842 scheinbar ergab. Die Geschichte der Industrie von 1842 bis 1868 hat aber bewiesen, daß die wirkliche Periode eine zehnjährige ist, daß die Zwischenkrisen sekundärer Natur waren und seit .1842 mehr und mehr verschwunden sind. Seit 1868 hat sich die Sachlage wieder verändert; darüber weiter unten. Ich habe mir nicht einfallen lassen, aus dem Text die vielen Prophezeiungen zu streichen, namentlich nicht die einer nahe bevorstehenden sozialen Revolution in England, wie meine jugendliche Hitze sie mir damals eingab. Ich habe keinen Anlaß, meine Arbeit und mich selbst besser darzustellen, als wir beide damals waren. Das wunderbare ist, nicht daß so viele dieser Prophezeiungen fehlgingen, sondern daß so viele eingetroffen sind und daß die kritische Lage der englischen Industrie, infolge kontinentaler und namentlich amerikanischer Konkurrenz, die ich damals in einer allerdings viel zu nahen Zukunft voraussah, seitdem wirklich eingetreten ist. In Beziehung auf diesen Punkt bin ich verpflichtet, das Buch mit dem heutigen Stand der Dinge in Einklang zu bringen. Ich tue es, indem ich hier einen Artikel reproduziere, der in der Londoner „Commonweal" vom I.März 1885 englisch und in der „Neuen Zeit" vom Juni desselben Jahres (Heft 6) deutsch erschien. „Vor 40 Jahren stand England vor einer Krisis, die zu lösen allem Anschein nach nur die Gewalt berufen war. Die ungeheure und rasche Entwicklung der Industrie hatte die Ausdehnung der auswärtigen Märkte und die Zunahme der Nachfrage weit überholt. Alle zehn Jahre wurde der Gang der Produktion gewaltsam unterbrochen durch eine allgemeine Handelskrisis, der, nach einer langen Periode chronischer Abspannung, wenige kurze Jahre der Prosperität folgten, um stets wieder zu enden in fieberhafter Überproduktion und schließlich in neuem Zusammenbruch. Die Kapitalistenklasse verlangte laut nach Freihandel in Korn und drohte, ihn zu erzwingen durch Rücksendung der hungernden Städtebevölkerung in die Landbezirke, woher sie kamen; aber, wie John Bright sagte: .nicht wie Bedürftige, die um Brot betteln, sondern wie eine Armee, die sich auf feindlichem Gebiete einquartiert'. Die Arbeitermassen der Städte verlangten ihren Anteil an der politischen Macht - die Volkscharte; sie wurden unterstützt von der Mehrzahl der Kleinbürger, und der einzige Unterschied zwischen beiden war, ob die Charte gewaltsam oder gesetzlich durchgeführt werden sollte. Da kam die Handelskrisis von 1847 und die irische Hungersnot, und mit beiden die Aussicht auf Revolution. Die französische Revolution von 1848 rettete die englische Bourgeoisie. Die sozialistischen Proklamationen der siegreichen französischen Arbeiter erschreckten das englische Kleinbürgertum und desorganisierten die Be
wegung der englischen Arbeiter, die innerhalb engerer, aber mehr unmittelbar praktischer Grenzen vor sich ging. Gerade in demselben Augenblick, wo der Chartismus seine volle Kraft entwickeln sollte, brach er in sich selbst zusammen, schon ehe er am 10. April 1848 äußerlich zusammenbrach. Die politische Tätigkeit der Arbeiterklasse wurde in den Hintergrund gedrängt. Die Kapitalistenklasse hatte auf der ganzen Linie gesiegt. Die Parlamentsref orm von 1831 war der Sieg der gesamten Kapitalistenklasse über die grundbesitzende Aristokratie. Die Abschaffung der Kornzölle war der Sieg der industriellen Kapitalisten nicht nur über den großen Grundbesitz, sondern auch über die Fraktionen von Kapitalisten, deren Interessen mehr oder weniger mit denen des Grundbesitzes identisch oder verkettet waren: Bankiers, Börsenleute, Rentiers usw. Freihandel bedeutete die Umgestaltung der gesamten inneren und äußeren Finanz- und Handelspolitik Englands im Einklang mit den Interessen der industriellen Kapitalisten, der Klasse, die jetzt die Nation vertrat. Und diese Klasse machte sich ernstlich ans Werk. Jedes Hemmnis der industriellen Produktion wurde unbarmherzig entfernt. Der Zolltarif und das ganze Steuersystem wurden umgewälzt. Alles wurde einem einzigenZweck untergeordnet,aber einemZweck von der äußersten Wichtigkeit für den industriellen Kapitalisten: der Verwohlfeilerung aller Rohstoffe und besonders aller Lebensmittel für die Arbeiterklasse; der Produktion der Rohstoffe und der Niederhaltung, wenn auch noch nicht der Herunterbringung des Arbeitslohnes. England sollte ,die Werkstatt der Welt werden ; alle anderen Länder sollten für England werden, was Irland schon war - Märkte für seine Industrieprodukte, Bezugsquellen seiner Rohstoffe und Nahrungsmittel. England, der große industrielle Mittelpunkt einer ackerbauenden Welt, mit einer stets wachsenden Zahl Korn und Baumwolle produzierender Trabanten, die sich um die industrielle Sonne drehen. Welch herrliche Aussicht! Die industriellen Kapitalisten gingen an die Durchführung dieses ihres großen Ziels mit dem kräftigen, gesunden Menschenverstand und der Verachtung überkommener Grundsätze, durch die sie sich immer ausgezeichnet haben vor ihren philisterhafteren Konkurrenten auf dem Kontinent. Der Chartismus war im Aussterben. Die Wiederkehr der Geschäftsblüte, natürlich und fast selbstverständlich, nachdem der Krach von 1847 sich erschöpft hatte, wurde ausschließlich auf Rechnung des Freihandels geschrieben. Infolge beider Umstände war die englische Arbeiterklasse politisch der Schwanz der .großen liberalen Partei' geworden, der von den Fabrikanten angeführten Partei. Diesen einmal gewonnenen Vorteil galt es zu verewigen. Und aus der heftigen Opposition der Chartisten nicht gegen den Freihandel, sondern gegen die Verwandlung des Freihandels in die einzige Lebensfrage der Nation, hatten die Fabrikanten begriffen und begriffen täglich mehr, daß die Bourgeoisie nie volle soziale und politische Herrschaft über die Nation erringen kann, außer mit Hülfe der Arbeiterklasse. So veränderte sich allmählich die
gegenseitige Haltung der beiden Klassen. Die Fabrikgesetze, einst der Popanz aller Fabrikanten, wurden jetzt nicht nur willig von ihnen befolgt, sondern mehr oder minder auf die ganze Industrie ausgedehnt. Die Trades Unions, vor kurzem noch als Teufelswerk verrufen, wurden jetzt von den Fabrikanten kajoliert und protegiert als äußerst wohlberechtigte Einrichtungen und als ein nützliches Mittel, gesunde ökonomische Lehren unter den Arbeitern zu verbreiten. Selbst Strikes, die vor 1848 in die Acht erklärt worden waren, wurden jetzt gelegentlich recht nützlich befunden, besonders, wenn die Herren Fabrikanten zu gelegener Zeit sie selbst hervorgerufen hatten. Von den Gesetzen, die dem Arbeiter gleiches Recht gegenüber seinem Beschäftiger geraubt hatten, wurden wenigstens die empörendsten abgeschafft. Und die einst so fürchterliche Volkscharte wurde nun der Hauptsache nach das politische Programm derselben Fabrikanten, die ihr bis zuletzt opponiert hatten. Die Abschaffung des Wählbarkeitszensus und die geheime Abstimmung sind durch Gesetz eingeführt. Die Parlamentsreformen von 1867 und 1884 nähern sich schon stark dem allgemeinen Stimmrecht, wenigstens wie es jetzt in Deutschland besteht; die Wahlkreisvorlage, die das Parlament jetzt berät, schafft gleiche Wahlkreise, im ganzen wenigstens nicht ungleicher als die in Frankreich oder Deutschland. Diäten und kürzere Mandatsdauer, wenn auch nicht gerade jährlich gewählte Parlamente kommen in Sicht als unzweifelhafte Errungenschaften der nächsten Zukunft; und dennoch sagen einige Leute, der Chartismus sei tot. Die Revolution von 1848, wie manche ihrer Vorgänger, hat seltsame Geschicke gehabt. Dieselben Leute, die sie niederwarfen, sind, wie Karl Marx zu sagen pflegte, ihre Testamentsvollstrecker geworden. Louis Napoleon war gezwungen, ein einiges und unabhängiges Italien zu schaffen, Bismarck war gezwungen, Deutschland in seiner Art umzuwälzen und Ungarn eine gewisse Unabhängigkeit wiederzugeben, und die englischen Fabrikanten haben nichts Besseres zu tun, als der Volkscharte Gesetzeskraft zu geben. Die Wirkungen dieser Herrschaft der industriellen Kapitalisten für England warfen] anfangs staunenerregend. Das Geschäft lebte wieder auf und dehnte sich aus in einem Grade, unerhört selbst in dieser Wiege der modernen Industrie. Alle früheren gewaltigen Schöpfungen des Dampfes und der Maschinerie verschwanden in nichts, verglichen mit dem gewaltigen Aufschwung der Produktion in den zwanzig Jahren von 1850 bis 1870, mit den erdrückenden Ziffern der Ausfuhr und Einfuhr, des in den Händen der Kapitalisten sich aufhäufenden Reichtums und der sich in Riesenstädten konzentrierenden menschlichen Arbeitskraft. Der Fortschritt wurde freilich unterbrochen, wie vorher durch die Wiederkehr einer Krisis alle zehn Jahre; 1857 so gut wie 1866; aber diese Rückschläge galten nun als natürliche unvermeidliche Ereignisse, die man eben durchmachen muß und die schließlich doch auch wieder ins Gleise kommen.
Und die Lage der Arbeiterklasse während dieser Periode? Zeitweilig gab es Besserung, selbst für die große Masse. Aber diese Besserung wurde immer wieder auf das alte Niveau herabgebracht durch den Zustrom der großen Menge der unbeschäftigten Reserve, durch die fortwährende Verdrängung von Arbeitern durch neue Maschinerie und durch die Einwanderung der Ackerbauarbeiter, die jetzt auch mehr und mehr durch Maschinen verdrängt wurden. Eine dauernde Hebung findet sich nur bei zwei beschützten Abteilungen der Arbeiterklasse. Davon sind die erste die Fabrikarbeiter. Die gesetzliche Feststellung eines, wenigstens verhältnismäßig rationellen, Normalarbeitstages zu ihren Gunsten hat ihre Körperkonstitution relativ wiederhergestellt und ihnen eine, noch durch ihre lokale Konzentration verstärkte, moralische Überlegenheit gegeben. Ihre Lage ist unzweifelhaft besser als vor 18-'* 8. Der beste Beweis dafür ist, daß von zehn Strikes, die sie machen, neun hervorgerufen sind durch die Fabrikanten selbst und in ihrem eignen Interesse als einziges Mittel, die Produktion einzuschränken. Ihr werdet die Fabrikanten nie dahin bringen, daß sie sich alle dazu verstehn, kurze Zeit zu arbeiten, mögen ihre Fabrikate noch so unverkäuflich sein. Aber bringt die Arbeiter zum Striken, und die Kapitalisten schließen ihre Fabriken bis auf den letzten Mann. Zweitens die großen Trades Unions. Sie sind die Organisationen der Arbeitszweige, in denen die Arbeit erwachsener Männer allein anwendbar ist oder doch vorherrscht. Hier ist die Konkurrenz weder der Weiber- und der Kinderarbeit noch der Maschinerie bisher imstande gewesen, ihre organisierte Stärke zu brechen. Die Maschinenschlosser, Zimmerleute und Schreiner, Bauarbeiter, sind jede für sich eine Macht, so sehr, daß sie selbst, wie die Bauarbeiter tun, der Einführung der Maschinerie erfolgreich widerstehn können. Ihre Lage hat sich unzweifelhaft seit 1848 merkwürdig verbessert; der beste Beweis dafür ist, daß seit mehr als fünfzehn Jahren nicht nur ihre Beschäftiger mit ihnen, sondern auch sie mit ihren Beschäftigern äußerst zufrieden gewesen sind. Sie bilden eine Aristokratie in der Arbeiterklasse; sie haben es fertiggebracht, sich eine verhältnismäßig komfortable Lage zu erzwingen, und diese Lage akzeptieren sie als endgültig. Sie sind die Musterarbeiter der Herrn Leone Levi und Giffen (und auch des Biedermanns Lujo Brentano), und sie sind in der Tat sehr nette, traktable Leute für jeden verständigen Kapitalisten im besondern und für die Kapitalistenklasse im allgemeinen. Aber was die große Masse der Arbeiter betrifft, so steht das Niveau des Elends und der Existenzunsicherheit für sie heute ebenso niedrig, wenn nicht niedriger als je. Das Ostende von London ist ein stets sich ausdehnender Sumpf von stockendem Elend und Verzweiflung, von Hungersnot, wenn unbeschäftigt, von physischer und moralischer Erniedrigung, wenn beschäftigt. Und so in allen anderen Großstädten, mit Ausnahme nur der bevorrechteten
Minderheit der Arbeiter; und so in den kleineren Städten und in den Landbezirken. Das Gesetz, das den Wert der Arbeitskraft auf den Preis der notwendigen Lebensmittel beschränkt, und das andere Gesetz, das ihren Durchschnittspreis der Regel nach auf das Minimum dieser Lebensmittel herabdrückt, diese beiden Gesetze wirken auf sie mit der unwiderstehlichen Kraft einer automatischen Maschine, die sie zwischen ihren Rädern erdrückt. Das also war die Lage, geschaffen durch die Freihandelspolitik von 1847 und durch die zwanzigjährige Herrschaft der industriellen Kapstalisten. Aber dann kam eine Wendung. Der Krisis von 1866 folgte in der Tat ein kurzer und leichter Geschäftsaufschwung gegen 1873, aber er dauerte nicht. Wir haben in der Tat zu der Zeit, wo sie fällig war, 1877 oder 1878, keine volle Krisis durchgemacht, aber wir leben seit 1876 in einem chronischen Versumpfungszustand aller herrschenden Industriezweige. Weder will der vollständige Zusammenbruch kommen noch die langersehnte Zeit der Geschäftsblüte, auf die wir ein Recht zu haben glaubten sowohl vor wie nach dem Krach. Ein tödlicher Druck, eine chronische Uberfüllung aller Märkte für alle Geschäfte, das ist der Zustand, den wir seit beinahe zehn Jahren durchmachen. Woher das? Die Freihandelstheorie hatte zum Grund die eine Annahme: daß England das einzige große Industriezentrum einer ackerbauenden Welt werden sollte, und die Tatsachen haben diese Annahme vollständig Lügen gestraft. Die Bedingungen der modernen Industrie, Dampfkraft und Maschinerie, sind überall herstellbar, wo es Brennstoff, namentlich Kohlen gibt, und andre Länder neben England haben Kohlen: Frankreich, Belgien, Deutschland, Amerika, Selbst Rußland. Und die Leute da drüben waren nicht der Ansicht, daß es in ihrem Interesse sei, sich in irische Hungerpächter zu verwandeln, einzig zum größeren Ruhme und Reichtum der englischen Kapitalisten. Sie fingen an zu fabrizieren, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die übrige Welt, und die Folge ist, daß das Industriemonopol, das England beinahe ein Jahrhundert besessen hat, jetzt unwiederbringlich gebrochen ist. Aber das Industriemonopol Englands ist der Angelpunkt des bestehenden englischen Gesellschaftssystems. Selbst während dies Monopol dauerte, konnten die Märkte nicht Schritt halten mit der wachsenden Produktivität der englischen Industrie; die zehnjährigen Krisen waren die Folge. Und jetzt werden neue Märkte täglich seltner, so sehr, daß selbst den Negern am Kongo die Zivilisation aufgezwungen werden soll, die aus den Kattunen von Manchester, den Töpferwaren von Staffordshire und den Metallartikeln von Birmingham fließt. Was wird die Folge sein, wenn kontinentale und besonders amerikanische Waren in stets wachsender Masse hervorströmen, wenn der jetzt noch den englischen Fabriken zufallende Löwenanteil an der Versorgung der Welt von Jahr zu Jahr zusammenschrumpft? Antworte, Freihandel, du Universalmittel!
Ich bin nicht der erste, der darauf hinweist. Schon 1883, in der Versammlung der British Association in Southport, hat Herr Inglis Palgrave, Präsident der ökonomischen Sektion, geradezu gesagt, daß die Tage großer Geschäftsprofite in England vorbei seien und eine Pause eingetreten sei in der Weiterentwicklung verschiedner großer Industriezweige. Man könne fast sagen, daß England im Begriffe sei, in einen nicht länger fortschreitenden Zustand überzugehen. Aber was wird das Ende von alledem sein? Die kapitalistische Produktion kann nicht stabil werden, sie muß wachsen und sich ausdehnen, oder sie muß sterben. Schon jetzt, die bloße Einschränkung von Englands Löwenanteil an der Versorgung des Weltmarkts, heißt Stockung, Elend, Übermaß an Kapital hier, Ubermaß an unbeschäftigten Arbeitern dort. Was wird es erst sein, wenn der Zuwachs der jährlichen Produktion vollends zum Stillstand gebracht ist? Hier ist die verwundbare Achillesferse der kapitalistischen Produktion. Ihre Lebensbedingung ist die Notwendigkeit fortwährender Ausdehnung, und diese fortwährende Ausdehnung wird jetzt unmöglich. Die kapitalistische Produktion läuft aus in eine Sackgasse. Jedes Jahr bringt England dichter vor die Frage: Entweder die Nation geht in St icke oder die kapitalistische Produktion. Welches von beiden muß dran glauben? Und die Arbeiterklasse? Wenn selbst unter der unerhörten Ausdehnung des Handels und der Industrie von 1848 bis 1868 sie solches Elend durchzumachen hatte, wenn selbst damals ihre große Masse im besten Fall nur eine vorübergehende Verbesserung ihrer Lage erfuhr, während nur eine kleine privilegierte, geschützte Minorität dauernden Vorteil hatte, wie wird es sein, wenn diese blendende Periode endgültig zum Abschluß kommt, wenn die gegenwärtige drückende Stagnation sich nicht nur noch steigert, sondern wenn dieser gesteigerte Zustand ertötenden Druckes der dauernde, der Normalzustand der englischen Industrie wird? Die Wahrheit ist diese: Solange Englands Industriemonopol dauerte, hat die englische Arbeiterklasse bis zu einem gewissen Grad teilgenommen an den Vorteilen dieses Monopols. Diese Vorteile wurden sehr ungleich unter sie verteilt; die privilegierte Minderheit sackte den größten Teil ein, aber selbst die große Masse hatte wenigstens dann und wann vorübergehend ihr Teil. Und das ist der Grund, warum seit dem Aussterben des Owenismus es in England keinen Sozialismus gegeben hat. Mit dem Zusammenbruch des Monopols wird die englische Arbeiterklasse diese bevorrechtete Stellung verlieren. Sie wird sich allgemein - die bevorrechtete und leitende Minderheit nicht ausgeschlossen - eines Tages auf das gleiche Niveau gebracht sehen wie die Arbeiter des Auslandes. Und das ist der Grund, warum es in England wieder Sozialismus geben wird." Soweit der Artikel von 1885. In der englischen Vorrede vom 1 I.Januar 1892 fuhr ich dann fort:
„Dieser Schilderung der Sachlage, wie sie mir 1885 vorkam, habe ich nur wenig zuzufügen. Es ist unnötig zu sagen, daß es heute .wirklich wieder Sozialismus in England gibt'; und das massenhaft: Sozialismus aller Schattierungen, Sozialismus bewußt und unbewußt, Sozialismus in Prosa und in Versen, Sozialismus der Arbeiterklasse und der Mittelklasse. Denn wahrlich, dieser Greuel aller Greuel, der Sozialismus, ist nicht nur respektabel geworden, sondern hat sich allbereits in Gesellschaftstoilette geworfen und lungert nachlässig herum auf Salonkauseusen. Das beweist wieder einmal, von welch unheilbarer Unbeständigkeit jener schreckliche Despot der guten Gesellschaft ist: die öffentliche Meinung der Mittelklasse, und rechtfertigt wieder einmal die Verachtung, die wir Sozialisten einer vergangnen Generation stets für diese öffentliche Meinung hegten. Sonst aber haben wir keinen Grund, uns über dies neue Symptom zu beklagen. Was ich für weit wichtiger halte als diese augenblickliche Mode, in Bourgeoiszirkeln mit einer verwässerten Lösung von Sozialismus großzutun, und selbst wichtiger als den Fortschritt, den der Sozialismus in England im allgemeinen gemacht, das ist das Wiedererwachen des Londoner Ostends. Dies unermeßliche Lager des Elends ist nicht mehr die stagnierende Pfütze, die es vor sechs Jahren noch war. Das Ostend hat seine starre Verzweiflung abgeschüttelt; es ist dem Leben wiedergegeben und ist die Heimat des .Neuen Unionismus' geworden, d. h. der Organisation der großen Masse .ungelernter' Arbeiter. Diese Organisation mag in mancher Beziehung die Form der alten Unionen von .gelernten Arbeitern annehmen; sie ist dennoch wesentlich verschieden dem Charakter nach. Die alten Unionen bewahren die Traditionen der Zeit, wo sie gegründet wurden; sie sehn das Lohnsystem für eine, ein für allemal gegebne, endgültige Tatsache an, die sie im besten Fall im Interesse ihrer Mitglieder etwas mildern können. Die neuen Unionen dagegen wurden zu einer Zeit gegründet, wo der Glaube an die Ewigkeit des Lohnsystems schon gewaltig erschüttert war. Ihre Gründer und Beförderer waren entweder bewußte oder Gefühlssozialisten; die Massen, die ihnen zuströmten und in denen ihre Stärke ruht, waren roh, vernachlässigt, von der Aristokratie der Arbeiterklasse über die Achsel angesehn. Aber sie haben diesen einen unermeßlichen Vorteil: Ihre Gemüter sind noch jungfräulicher Boden, gänzlich frei von den ererbten, .respektablen Bourgeoisvorurteilen, die die Köpfe der bessergestellten ,alten Unionisten' verwirren. Und so sehn wir jetzt, wie diese neuen Unionen die Führung der Arbeiterbewegung überhaupt ergreifen und mehr und mehr die reichen und stolzen ,alten Unionen ins Schlepptau nehmen. Unzweifelhaft haben die Leute des Ostends kolossale Böcke gemacht; das taten aber ihre Vorgänger auch, das tun noch heute die doktrinären Sozialisten, die über jene die Nase rümpfen. Eine große Klasse wie eine große Nation lernt nie schneller als durch die Folgen ihrer eignen Irrtümer. Und trotz aller möglichen Fehler in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bleibt das
Erwachen des Ostends von London eins der größten und fruchtbarsten Ereignisse dieses fin de siecle1, und froh und stolz bin ich, daß ich es erlebte." Seit ich Vorstehendes vor sechs Monaten schrieb, hat die englische Arbeiterbewegung wieder einen guten Schritt vorwärts getan. Die Parlamentswahlen, die seit einigen Tagen hinter uns liegen, haben den beiden offiziellen Parteien, den Konservativen wie den Liberalen, die Kundmachung in aller Form zugestellt, daß sie beide von nun an mit einer dritten Partei, der Arbeiterpartei, zu rechnen haben. Diese Arbeiterpartei ist erst in der Bildung begriffen; ihre Elemente sind noch damit beschäftigt, überkommene Vorurteile aller Art - bürgerliche, altgewerkschaftliche, ja selbst schon doktrinärsozialistische - abzuschütteln, damit sie sich endlich auf dem ihnen allen gemeinsamen Boden zusammenfinden können. Und doch war der sie zusammenführende Instinkt schon jetzt so groß, daß er Wahlresultate erzeugte, wie sie bisher in England unerhört. In London stellen sich zwei Arbeiter zur Wahl, und zwar offen als Sozialisten; die Liberalen wagen nicht, ihnen einen der Ihrigen entgegenzustellen, und die zwei Sozialisten gehn mit überwältigender und unerwarteter Majorität durch. In Middlesbrough tritt ein Arbeiterkandidat auf gegen einen Liberalen und einen Konservativen und wird trotz beider gewählt; die neuen Arbeiterkandidaten dagegen, die mit den Liberalen ein Bündnis abgeschlossen, fallen mit Ausnahme eines einzigen rettungslos durch. Unter den bisherigen sogenannten Arbeitervertretern, d. h. den Leuten, denen man ihre Arbeiterqualität verzeiht, weil sie selbst sie gern im Ozean ihres Liberalismus ertränken möchten, ist der bedeutendste Vertreter des alten Unionismus, Henry Broadhurst, mit Glanz durchgefallen, weil er sich gegen den Achtstundentag erklärt hat. In zwei Wahlkreisen von Glasgow, in einem von Salford, und noch in mehreren anderen traten unabhängige Arbeiterkandidaten auf gegen Kandidaten beider alten Parteien; sie wurden geschlagen, aber die liberalen Kandidaten auch. Kurz, in einer Anzahl großstädtischer und industrieller Wahlkreise haben die Arbeiter sich entschieden von aller Verbindung mit den beiden alten Parteien losgesagt und damit direkte oder indirekte Erfolge erreicht wie bei keiner Wahl vorher. Und die Freude darüber unter den Arbeitern ist namenlos. Zum erstenmal haben sie gesehen und gefühlt, was sie können, wenn sie ihr Wahlrecht im Interesse ihrer Klasse ausnutzen. Der Aberglaube an die „große liberale Partei", der die englischen Arbeiter fast vierzig Jahre beherrscht hat, ist gebrochen. Sie haben an schlagenden Beispielen gesehn, daß sie, die Arbeiter, die entscheidende Macht in England sind, wenn sie nur wollen und wissen, was sie wollen; und die Wahlen von 1892 waren der Anfang des Wissens und des Wollens. Für das übrige wird die kontinentale Arbeiterbewegung sorgen; die Deutschen und Franzosen, die in Parlamenten und Lokalräten schon so reich
1 Jahrhundertendes
liehe Vertretung besitzen, werden durch weitere Erfolge den Wetteifer der Engländer schon genügend im Gang halten. Und wenn m nicht mehr ferner Zeit sich herausstellt, daß dies neue Parlament nichts mit Herrn Gladstone und Herr Gladstone nichts mit diesem Parlament anfangen kann, dann wird die englische Arbeiterpartei auch wohl hinreichend konstituiert sein, um dem Schaukelspiel der beiden alten, einander an der Regierung ablösenden und eben dadurch die Bourgeoisherrschaft verewigenden Parteien demnächst ein Ende zu machen. London, 21. Juli 1892 F. Engels
Anhang und Register

Anmerkungen
1 „Die heilige Familie, oder Kritik der kriechen Kritik- Gegen Bruno Bauer & Consorten" das erste gemeinsame Werk von Karl Marx und Friedrich Engels. Diese in der Zeit vom September bis November 1844 geschriebene Arbeit erschien erstmalig Ende Februar 1845 in Frankfurt am Main. „Die heilige Familie" ist eine scherzhafte Bezeichnung für die Gebrüder Bauer und deren Anhänger, die sich um die „Allgemeine Literatur-Zeitung" gruppierten. In ihrer Auseinandersetzung mitBauer und anderen Junghegelianern kritisierten Marx und Engels zugleich die idealistische Philosophie Hegels. Starke Meinungsverschiedenheiten mit den Junghegelianern traten bei Marx schon im Sommer 1842 hervor, als sich in Berlin der Kreis der sogenannten „Freien" gebildet hatte. Nachdem Marx im Oktober 1842 Redakteur der „Rheinischen Zeitung" geworden war, an der auch einige Berliner Junghegelianer mitarbeiteten, wandte er sich gegen die Veröffentlichung der inhaltlosen, anmaßenden Artikel, die aus dem Kreis der vom Leben losgelösten und sich in abstrakten philosophischen Streitereien ergehenden „Freien" stammten. Zwei Jahre nach dem Bruch mit den „Freien" erlangten die theoreiischen und politischen Meinungsverschiedenheiten von Marx und Engels einerseits und den Junghegelianern andererseits einen ernsten, unversöhnlichen Charakter. Dies rührte nicht nur daher, daß Marx und Engels vom Idealismus zum Materialismus und vom revolutionären Demokratismus zum Kommunismus übergingen, sondern erklärte sich auch aus der Entwicklung, die die Gebrüder Bauer und ihre Gesinnungsgenossen in dieser Zeit durchmachten. In der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" sagten sich Bauer und seine Gruppe von dem „Radikalismus des Jahres 1842" und von der „Rheinischen Zeitung" los. Sie sanken auf die Stufe des abgeschmacktesten, subjektiven Vulgäridealismus hinab und propagierten eine „Theorie", derzufolge nur auserwählte Persönlichkeiten, Träger des „Geistes", der „reinen Kritik", Schöpfer der Geschichte seien, während die Masse, das Volk, lediglich als träges Material, als Ballast im historischen Prozeß diene. Marx und Engels beschlossen, in einem ersten gemeinsamen Werk diese schädlichen, reaktionären Ideen zu entlarven und darin gleichzeitig ihre neuen materialistischen und kommunistischen Anschauungen zu verteidigen. Als Engels 1844 zehn Tage bei Marx in Paris weilte, kamen beide überein, dieses Werk, das sie zunächst „Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer und Consorten" nannten, zu schreiben. Sie teilten die Kapitel auf und schrieben die Vorrede. Engels schrieb seinen Anteil noch vor seiner Abreise aus Paris nieder. Marx arbeitete an seinem umfangreicheren Anteil bis Ende November 1844; er erweiterte dabei wesentlich den vorgesehenen Umfang des Werkes und benutzte
für die von ihm übernommenen Abschnitte einen Teil der ökonomisch-philosophischen Manuskripte, an denen er im Frühjahr und Sommer 1844 gearbeitet hatte, sowie, neben einer Reihe anderer Auszüge und Konspekte, seine Untersuchungen zur Geschichte der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts. Während der Drucklegung erweiterte Marx den Titel um die Worte „Die heilige Familie". Im Inhaltsverzeichnis wurde angegeben, welche Kapitel von Marx und welche von Engels stammten (vergleiche das Inhaltsverzeichnis des vorl. Bandes, S. 723—725). Da der Umfang des in Kleinformat gebrachten Buches zwanzig Druckbogen überstieg, unterlag es nach den damals in einigen deutschen Ländern geltenden Vorschriften nicht der Vorzensur. 3 2 „Allgemeine Literatur-Zeitung" - Monatsschrift, von dem Junghegelianer Bruno Bauer in Charlottenburg (Dezember 1843 bis Oktober 1844) herausgegeben. 7 3 „Schriften über den Pauperismus", Beiträge von CarlReichardt, die in Heft I und II der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (Dezember 1843 und Januar 1844) veröffentlicht wurden. 9 4 Mühleigner — eine wörtliche Übersetzung des englischen Ausdrucks mill-owner (Fabrikbesitzer, Fabrikant). Engels verspottet hier den Mitarbeiter der „Allgemeinen LiteraturZeitung" Julius Faucher, der in seinen Artikeln Wörter benutzte, die er nach englischer Art gebildet hatte. 12 6 „Englische Tagesfragen", ein in Heft VII und VIII der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (Juni und Juli 1844) veröffentlichter Artikel von Julius Faucher. 12 6 Spinnmaschinen - zwischen 1738 und 1835 wurden in England mehrere bedeutende Erfindungen zur Mechanisierung des Spinnens gemacht, die für die Entwicklung des Kapitalismus von großer Bedeutung waren. 1764: Jennymaschine von James Hargreaves, die 1769-1771 von Richard Arkwright vervollkommnet wurde; 1779: Mulemaschine oder Hand-Mule von Samuel Crompton; 1825: Self-acting mule oder self-actor (der Selbsttätige), die automatische Spinnmaschine von Richard Robert. 12 239 7 Anti-Corn-Law League (Anti-Korngesetz-Liga) - eine freihändlerische Vereinigung, die 1838 von den Fabrikanten Cobden und Bright in Manchester gegründet wurde. Die sogenannten Korngesetze, die die Einschränkung bzw. das Verbot der Getreideeinfuhr aus dem Ausland zum Ziel hatten, waren in England im Interesse der dortigen Großgrundbesitzer, der Landlords, eingeführt worden. Die Liga erhob die Forderung nach völliger Handelsfreiheit und kämpfte für die Abschaffung der Korngesetze mit dem Ziel, die Löhne der Arbeiter zu senken und die ökonomischen und politischen Positionen der Grundaristokralie zu schwächen. In ihrem Kampf gegen die Grundbesitzer versuchte die Liga, die Arbeitermassen auszunutzen. Aber gerade zu dieser Zeit schlugen die fortgeschrittensten Arbeiter Englands den Weg zu einer selbständigen, politisch ausgeprägten Arbeiterbewegung (Chartismus) ein. Der Kampf zwischen der industriellen Bourgeoisie und der Grundaristokratie endete 1846 mit der Annahme der Bill über die Abschaffung der Korngesetze. Danach löste sich die Liga auf. 13 8 Der Kampf um die gesetzliche Beschränkung des Arbeitstages auf 10 Stunden begann in England bereits Ende des 18. Jahrhunderts und erfaßte seit den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts breite Massen des Proletariats. Da die Vertreter der Grundaristokratie bestrebt waren, diese populäre Losung in ihrem Kampf gegen die industrielle Bourgeoisie auszunutzen, setzten sie sich im Parlament für die Verteidigung der Zehnstundenbill ein; das Haupt der Verfechter dieses Gesetzes im Parlament war seit 1833 der „Toryphilanthrop" Lord Ashley. 14
9 Worte aus Bruno Bauers Buch „Die gute Sache der Freiheit und meine eigene Angelegenheit", Zürich und Winterthur 1842. 16 10 Es handelt sich um den mit „J.", dem Anfangsbuchstaben von Jungnitz, gezeichneten Artikel „Herr Nanwerk und die philosophischeFakultät" in der „Allgemeinen LiteraturZeitung", Heft VI (Mai 1844). 17 11 Bonner Entsetzung — Die preußische Regierung entzog im Oktober 1841 Bruno Bauer seiner religionskritischen Schriften wegen vorübergehend die Lehrerlaubnis an der Bonner Universität. Im März 1842 wurde er ganz aus dem Universitätsdienst entlassen. 17 12 Engels analysiert und zitiert in diesem Abschnitt die im Heft V der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (April 1844) von Edgar Bauer verfaßte Rezension über Flora Tristans „L'Union ouvriere" [Arbeitervereinigung], Paris 1843. 19 13 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, „Phänomenologie des Geistes" . Die erste Ausgabe erschien im Jahre 1807. Für seine Arbeit an der „Heiligen Familie" benutzte Marx Band II der zweiten Auflage der Hegeischen Werke. Berlin 1841. 22 14 Aus Schillers Gedicht „Das Mädchen aus der Fremde". 23 15 Pierre-Joseph Proudhon, „Qu'est-ce que la proprio? Ou recherches sur le principe du droit et du gouvernement" [Was ist das Eigentum? Oder Untersuchungen über das Prinzip des Rechts und der Regierung]; die erste Ausgabe erschien 1840 in Paris. Marx zitiert nach der Pariser Ausgabe des Jahres 1841. Das Buch „Was ist das Eigentum ?", das von einem widerspruchsvollen kleinbürgerlichen Standpunkt aus geschrieben ist, erregte bei seinem Erscheinen durch die in ihm enthaltenen scharfen Angriffe auf das Privateigentum starkes Aufsehen. Eine umfassende kritische Beurteilung dieses Buches gab Marx in seinem Artikel „Über P. J. Proudhon", der im Jahre 1865 als Brief an den Redakteur Schweitzer im „Social-Demokrat" veröffentlicht wurde. Der von Edgar Bauer stammende Artikel „Proudhon", den Marx im vorliegenden Abschnitt der „Heiligen Familie" kritisiert, ist in Heft V der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (April 1844) erschienen. 23 16 „Reformisten" - Anhänger der Pariser Zeitung „La Reforme", eine politische Gruppierung, der kleinbürgerliche Demokraten und Republikaner sowie kleinbürgerliche Sozialisten angehörten. 25 17 Merkantilsystem — eine ökonomische Lehre, die sich im 17. Jahrhundert vor allem in Frankreich und England herausbildete. Das Monetarsystem „hat die Produktion für den Weltmarkt und die Verwandlung des Produkts in Ware, daher in Geld, richtig als Voraussetzung und Bedingung der kapitalistischen Produktion verkündet. In seiner Fortsetzung im Merkantilsystem entscheidet nicht mehr die Verwandlung des Warenwerts in Geld, sondern die Erzeugung von Mehrwert, aber vom begriffslosen Standpunkt der Zirkulationssphäre aus, und zugleich so, daß dieser Mehrwert sich darstellt in Surplusgeld, im Überschuß der Handelsbilanz" (Marx). Die Merkantilisten lehrten, daß der Mehrwert aus dem Handel entspringe und daß nur der Außenhandel mit aktiver Handelsbilanz den Reichtum eines Landes vermehre. 32 18 Physiohraten - Anhänger einer Lehre der politischen Ökonomie im 18. Jahrhundert in Frankreich (Quesnay, Mercier de la Riviere, Le Trosne, Turgot u. a.). Sie haben — im Gegensatz zum Merkantilsystem — „die Untersuchung über den Ursprung des Mehrwerts
aus der Sphäre der Zirkulation in die Sphäre der unmittelbaren Produktion selbst verlegt und damit die Grundlage zur Analyse der kapitalistischen Produktion gelegt". (Marx.) Die Physiokraten hielten die Grundrente für die einzige Form des Mehrwerts und daher die landwirtschaftliche Arbeit für die einzig produktive Arbeit. 32 19 Die „Deutsch-Französischen Jahrbücher" wurden unter der Redaktion von Karl Marx und Arnold Rüge in deutscher Sprache in Paris herausgegeben. Es erschien nur die erste Doppellieferung im Februar 1844. In ihr -wurden veröffentlicht: Karl Marx' Schriften „Zur Judenfrage" und „Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung", ferner Friedrich Engels' Werke „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie" und „Die Lage Englands. ,Past and Present' by Thomas Carlyle" (siehe Band 1 unserer Ausgabe, S. 347-377, 378-391, 499-524, 525-549). Diese Arbeiten zeigen den endgültigen Ubergang von Marx und Engels zum Materialismus und Kommunismus. Die Hauptursache dafür, daß die Zeitschrift ihr Erscheinen einstellte, waren die prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten zwischen Marx und dem bürgerlichen Radikalen Rüge. 33 20 Dieser Satz aus Charles Comtes Werk „Traite de la propri&e" [Abhandlung über das Eigentum], Bd. I, S, 52, Paris 1834, wird von Proudhon auf Seite 93 seines Buches „Qu'est-ce que la proprietg?" [Was ist das Eigentum?] (Ausgabe 1841) angeführt. 46 21 Es wird hier auf die im Heft VII der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" abgedruckte Kritik Szeligas über den Roman „Die Geheimnisse von Paris" des französischen Schriftstellers Eugene Sue angespielt. Der Roman erschien 1842/43 in Paris und erlangte auch außerhalb Frankreichs große Verbreitung. 56 22 Moliere, „Le bourgeois gentilhomme" [Der Bürger als Edelmann], II. Akt, sechste Szene. 57 23 Die in Frankreich nach der bürgerlichen Revolution von 1830 angenommene konstitutionelle Verfassung (Charte constitutionnelle) bildete das Grundgesetz der Julimonarchie. Charte v6rit6 ist eine ironische Anspielung auf die Schlußworte in der Proklamation Louis-Philippes vom 31. Juli 1830: „... von nun ab wird die Verfassung (Charte) eine Wahrheit (veritg) sein". 58 24 Marx verwendet hier sinngemäß ein Zitat aus Goethes „Faust", Erster Teil, sechste Szene („Hexenküche"). 65 25 Zitat aus Charles Fouriers Werk „Theorie de l'unit6 universelle" [Theorie der universellen Einheit], Bd. III, Teil II, Kap. 3. Die Erstausgabe dieses Werkes erschien im Jahre 1822 unter dem Titel: „Traite de l'association domestique-agricole" [Abhandlung über die hauswirtschaftlich-landwirtschaftliche Vereinigung], 69 86 Shakespeare, „Ende gut, alles gut", I. Akt, dritte Szene. 74 27 Hier sowie im weiteren wird Bruno Bauers Artikel „Neueste Schriften über die Judenfrage" (in Heft I der „Allgemeinen Literatur-Zeitung", Dezember 1843) zitiert; dieser Artikel war die Erwiderung Bauers auf die in der Presse an seiner Schrift „Die Judenfrage" geübte Kritik. 83 28 Bruno Bauers Schrift „Die Judenfrage" erschien 1843 in Braunschweig; sie stellt den mit einigen Ergänzungen versehenen Nachdruck eines von ihm zum gleichen Thema verfaßten Artikels dar, der (November 1842) in den „Deutschen Jahrbüchern" (siehe Anm. 37) veröffentlicht worden war. 83 29 Das von Marx zitierte Motto stand unter dem Titel der Wochenschrift „Revolutions de Paris" [Pariser Revolutionen], die in Paris vom Juli 1789 bis Februar 1794 erschien.
Bis September 1790 wurde sie von dem revolutionären Publizisten und Demokraten Elis6e Loustalot redigiert. 87 30 Ludwig Feuerbachs „Vorläufige Thesen zur Reformation der Philosophie", die im Januar 1842 geschrieben, aber von der Zensur in Deutschland verboten wurden, erschienen 1843 in der Schweiz im zweiten Band der „Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Pubücistik". 87 31 Doktrinäre — eine Gruppe französischer bürgerlicher Politiker während der Restauration (1815-1830). Die Doktrinäre waren konstitutionelle Monarchisten und erbitterte Feinde der demokratischen und revolutionären Bewegung. Sie waren bestrebt, einen Block der Bourgeoisie und des Adels nach englischem Muster zu bilden; die bekanntesten von ihnen waren: der Historiker Frangois Guizot und der Philosoph Pierre-Paul RoyerCollard, dessen Ansichten die philosophische Reaktion auf den französischen Materialismus des 18. Jahrhunderts und die demokratischen Ideen der französischen bürgerlichen Revolution bildeten. 90 32 Replik Nr. I - Bruno Bauers Artikel „Neueste Schriften über die Judenfrage" in Heft I der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (Dezember 1843). 91 33 „Zur Judenfrage" - Artikel von Karl Marx. Siehe Band 1 unserer Ausgabe, S. 347 bis 377. 92 34 Vorlesungen des Prof. Hinrichs — „Politische Vorlesungen", die der Althegelianer Hinrichs 1843 in Halle in zwei Bänden herausgab. Bruno Bauers Rezension des ersten Bandes erschien im Heft I der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (Dezember 1843). Im Abschnitt „Hinrichs Nr. II" ist die im Heft V der gleichen Zeitschrift (April 1844) erschienene, von Bruno Bauer verfaßte Rezension des zweiten Bandes gemeint. 95 35 Dieses und die folgenden Zitate sind dem zweiten Artikel Bruno Bauers entnommen, den er gegen die Kritiker seiner Schrift „Die Judenfrage" schrieb. Dieser Artikel, der ebenso wie der erste mit „Neueste Schriften über die Judenfrage" betitelt ist, wurde im Heft IV der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (März 1844) veröffentlicht. 100 36 „ Was ist jetzt der Gegenstand der Kritik?" ~ Überschrift eines Artikels von Bruno Bauer in Heft VIII der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" (Juli 1844). Fast alle Zitate aus der „Allgemeinen Literatur-Zeitung", die Marx im Abschnitt „Dritter Feldzug der absoluten Kritik" bringt, entstammen diesem Artikel. 105 37 „Deutsche Jahrbücher" - abgekürzt für die literarisch-philosophische Zeitschrift der Junghegelianer: „Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst". Die Zeitschrift erschien seit Juli 1841 in Leipzig unter der Redaktion von Arnold Rüge. Vorher (1838-1841) war sie unter dem Titel „Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst" erschienen. Die Verlegung der Redaktion aus der preußischen Stadt Halle nach Sachsen und die Umbenennung der Zeitschrift waren durch das den „Hallischen Jahrbüchern" auf preußischem Gebiet drohende Verbot hervorgerufen worden. Aber auch unter dem neuen Titel konnte sich die Zeitschrift nicht lange halten. Im Januar 1843 wurden die „Deutschen Jahrbücher" von der sächsischen Regierung verboten, und durch Beschluß des Bundestags wurde dieses Verbot auf ganz Deutschland ausgedehnt. 105 139 38 „Rheinische Zeitung für Politik> Handel und Gewerbe" - Tageszeitung, die vom i. Januar 1842 bis zum 31. März 1843 in Köln erschien. Die Zeitung war von Vertretern der rheinischen Bourgeoisie gegründet worden, die dem preußischen Absolutismus gegenüber oppositionell eingestellt waren. Zur Mitarbeit an der Zeitung wurden auch einige Jung
42 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
hegelianer herangezogen. Seit April 1842 war Karl Marx Mitarbeiter der „Rheinischen Zeitung" und seit Oktober des gleichen Jahres ihr Chefredakteur. In der „Rheinischen Zeitung" wurden auch einige Artikel von Friedrich Engels veröffentlicht. Unter der Redaktion von Marx nahm die Zeitung einen immer eindeutigeren revolutionär-demokratischen Charakter an. Diese Richtung der „Rheinischen Zeitung", deren Popularität in Deutschland ständig wuchs, rief Besorgnis und Unzufriedenheit in Regierungskreisen und eine wütende Hetze der reaktionären Presse gegen die Zeitung hervor. Am 19. Januar 1843 erließ die preußische Regierung eine Verordnung, die die „Rheinische Zeitung" mit dem 1. April 1843 verbot und bis dahin eine besonders strenge Zensur über sie verhängte. 105 39 „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker", Bd. I—II, Leipzig 1841, von Bruno Bauer. Synoptiker heißen in der Literatur zur Religionsgeschichte die Verfasser der drei ersten Evangelien. 110 40 „Zur Judenfrage" - Artikel von Karl Marx, in dem er Bruno Bauers Schrift „Die Judenfrage" und dessen Artikel „Die Fähigkeit der heutigen Juden und Christen, frei zu werden" einer scharfen Kritik unterzog. Siehe Band 1 unserer Ausgabe, S. 347-377.112 41 Es handelt sich um Bruno Bauers Artikel „Die Fähigkeit der heutigen Juden und Christen, frei zu werden" in: „EinundzwanzigBogen aus der Schweiz". Dieser Sammelband wurde von dem Dichter Georg Herwegh 1843 in Zürich und Winterthur herausgegeben. 113 42 Cercle social - eine von Vertretern der demokratischen Intelligenz gegründete Organisation, die während der ersten Jahre der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts in Paris hervortrat. In der Geschichte der kommunistischen Ideen wird der Platz des Cercle social dadurch bestimmt, daß sein Ideologe Claude Fauchet die Forderung nach gleichmäßiger Bodenaufteilung, nach Beschränkung des großen Eigentums sowie nach Arbeit für alle arbeitsfähigen Bürger aufstellte. Die Kritik, die Claude Fauchet an der durch die französische Revolution proklamierten formalen Gleichheit übte, hatte das bedeutend kühnere Auftreten Jacques Roux\ eines Führers der „Wütenden" (enragis), in dieser Frage zur Folge. 126 45 Der achtzehnte Brumaire - Staatsstreich vom 9. November 1799, der die bürgerliche Konterrevolution in Frankreich zum Abschluß brachte; durch ihn wurde das Direktorium gestürzt und die Diktatur Napoleon Bonapartes errichtet. 130 41 Direktorium - auf Grund der Direktorial-Verfassung gebildete, korrupte, großbürgerliche Regierung in Frankreich 1794 bis 1799; sie fürchtete die Fortsetzung der Revolution ebenso wie eine royalistische Reaktion. 130 iB Pierre-Jean-Georges Cabanis, „Rapports du physique et du moral de Thomme" [Zusammenhänge des Körperlichen und des Geistigen beim Menschen], Die erste Ausgabe erschien 1802 in Paris. Ein großer Teil dieser Schrift war schon 1798 und 1799 in den wissenschaftlichen Mitteilungen der Französischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht worden. 133 40 Jansenisten (nach dem niederländischen Theologen Cornelius Jansen) - Anhänger eine'" oppositionellen Strömung unter den französischen Katholiken des 17. und anbrechenden 18. Jahrhunderts, die die Unzufriedenheit eines Teils der französischen Bourgeoisie mit der feudalen Ideologie des offiziellen Katholizismus zum Ausdruck brachte. 133
17 Claude-Adrien Heivötius, „De l'homme, de ses facultes intellectuelles et de son öducation" [Vom Menschen, seinen intellektuellen Fähigkeiten und seiner Erziehung]. Dieses Werk wurde erstmals nach dem Tode seines Verfassers im Haag 1773 unter Mitwirkung des russischen Botschafters in Holland Dimitri Alexewitsch Golizyn herausgegeben. 137 48 „L'homme machine" [Der Mensch - eine Maschine], Leyde 1748. Das in London anonym erschienene Buch La Mettries wurde verbrannt, der Verfasser aus Holland, wohin er 1745 aus Frankreich emigriert war, ausgewiesen. 137 49 Holbachs Werk „Systeme de la nature, ou des loiy ü n.onde physique et du monde moral" [System der Natur oder von den Gesetzen der pi. :hen und der moralischen Welt] erschien im Jahre 1770; aus konspirativen Gründen wurde als Verfasser des Buches der 1760 verstorbene Sekretär der Acad^mie Franfaise, J. B. Mirabaud, angegeben. 139 50 Claude-Adrien Helvetius, „De l'esprit" [Vom Geiste], Bd. I—II, Paris 1822. Die 1758 in Paris erschienene anonyme Erstausgabe wurde als staats- und religionsfeindlich Anfang 1759 verbrannt. 140 51 „Allgemeine Zeitung" - 1798 gegründete Tageszeitung; sie erschien von 1810 bis 1882 in Augsburg. 142 62 Lorenz Stein, „Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs", Leipzig 1842. Der Autor dieser Schrift war, wie sich später herausstellte, ein Geheimagent der preußischen Regierung. 142 53 Um das Jahr 390 v. u. Z. zogen die Gallier gegen Rom. Sie nahmen die Stadt Rom ein mit Ausnahme des Kapitals, dessen Verteidiger - wie die Überlieferung berichtet - bei einem nächtlichen Überraschungsangriff der Feinde rechtzeitig durch das Geschnatter der Gänse der Juno geweckt wurden. 143 64 Goethe, „Faust", Erster Teil, dritte Szene („Studierzimmer"). 150 55 „Zeitschrift für spekulative Theologie", herausgegeben von Bruno Bauer, Berlin 1836 bis 1838. Bauer gehörte damals zu den Althegelianern. 151 66 Aus dem einaktigen Lustspiel des französischen Schriftstellers Jean-Fran^ois Marmontei „Lucile", vierte Szene. 152 61 Edgar Bauers Erzählung „Es leben feste Grundsätze!" ist in dem Buch „Berliner Novellen" von Alexander Weill und Edgar Bauer (Berlin 1843) enthalten. 155 68 Berliner Couleur nennt der Korrespondent der „Allgemeinen Literatur-Zeitung" diejenigen Berliner Junghegelianer, die nicht zum Kreis von Bruno Bauer gehörten und die die „Allgemeine Literatur-Zeitung" kleinlicher, privater Dinge wegen angriffen; einer dieser Berliner Junghegelianer war Max Stirner. 157 59 Marx spricht hier von Bruno Bauers Artikel „Leiden und Freuden des theologischen Bewußtseins" im zweiten Band des Sammelwerkes „Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistik". 161 60 „La Democratie pacifique" [Die friedliche Demokratie] - Tageszeitung der Fourieristen, erschien in Paris 1843-1851 unter der Leitung von Victor Considerant. 161 61 Heine, „Die Nordsee" (2. Zyklus, Gedicht „Fragen"). 166 62 Aus dem deutschen Volkslied „Die Nonne". 170 63 Aus dem Volksbuch von den „Sieben Schwaben". 172 64 Goethe, „Zahme Xenien", IX. 186
63 „Journal des Debats" - Abkürzung für die französische bürgerliche Tageszeitung „Journal des Debats politiques et litteraires" [Zeitschrift für politische und literarische Debatten], 1789 in Paris gegründet. Während der Julimonarchie Regierungsblatt, Organ der orleanistischen Bourgeoisie. 200 66 „Le Siede" [Das Jahrhundert] - Tageszeitung, erschien in Paris von 1836 bis 1939. Sie brachte in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts die Anschauungen jenes Teils der Kleinbourgeoisie zum Ausdruck, der sich auf die Forderung gemäßigter konstitutioneller Reformen beschränkte. 200 67 „Peiiies AJjiches de Paris" [Kleine . ..zeigen von Paris] — eine sehr alte französische Zeitung, 1612 in Paris gegründet; eine Art Informationsblatt, in der die verschiedensten Annoncen und Mitteilungen abgedruckt wurden. 200 68 „Le Satan" - bürgerliche Zeitung satirischer Art, die 1840-1844 in Paris erschien. 202 69 Marx zitiert hier aus folgenden Schriften Charles Fouriers: „Theorie des quatre mouvements et des destinees generales" [Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen], 1. Ausgabe, 1808; „Le nouveau monde industriel et societaire" [Die neue Welt der Industrie und der Genossenschaften], 1. Ausgabe, 1829, sowie „Theorie de l'unit6 universelle" [Theorie der universellen Einheit], 1822. 208 70 Fortunatus (Der Glückliche) - Held einer deutschen Volkssage, der einen zauberhaften nie versiegenden Geldsäckel und ein Wunschhütlein besaß. 212 71 Mediatisierte deutsche Fürsten - die ihrer Macht beraubten kleinen deutschen Fürsten, deren Länder infolge der territorialen Umbildungen in Deutschland während der napoleonischen Kriege und des Wiener Kongresses 1814/15 den größeren Staaten ein« verleibt wurden. 215 72 Junges England (Young England) - Gruppe englischer Politiker und Literaten, die der Tory-Partei angehörten; diese Gruppe bildete sich Anfang der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Die Vertreter des Jungen Englands, die die Unzufriedenheit der Grundaristokratie mit der zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Macht der Bourgeoisie zum Ausdruck brachten, nahmen zu demagogischen Mitteln Zuflucht, um die Arbeiterklasse unter ihren Einfluß zu bekommen und sie für ihren Kampf gegen die Bourgeoisie auszunutzen. Im „Manifest der Kommunistischen Partei" charakterisieren Marx und Engels deren Ansichten als „feudalen Sozialismus". 217 73 Marx zitiert hier mit ironischen Einfügungen aus der von Hirzel geschriebenen „Correspondenz aus Zürich" in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung", Heft V, April 1844. 222 74 Friedrichs Engels' Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" wurde Mitte November 1844 bis Mitte März 1845 in Barmen niedergeschrieben. Der fast zweijährige Aufenthalt in England (November 1842 bis August 1844) hatte Engels Gelegenheit zu einem gründlichen Studium der Lebensbedingungen des englischen Proletariats gegeben. Anfangs wollte er diesen Gegenstand als em Kapitel einer umfassenderen Arbeit über die soziale Geschichte Englands behandeln. Die Erkenntnis von der besonderen Rolle, die dem Proletariat in der bürgerlichen Gesellschaft zufällt, bewog ihn jedoch, der Lage der englischen Arbeiterklasse ein selbständiges Werk zu widmen. Die erste Ausgabe des Buches erschien 1845 in deutscher Sprache in Leipzig. Eine „Zweite durchgesehene Auflage", in die Engels die mit (1892) gekennzeichneten Fußnoten einfügte, erschien 1892 in Stuttgart. Zu dieser Zeit waren auch zwei autorisierte Übersetzungen des Buches in englischer Sprache herausgekommen (New York 1887 und
London 1892). Die Vorrede zur amerikanischen Ausgabe von 1887 und das Vorwort zur deutschen Ausgabe von 1892, die chronologisch erst in einem späteren Band dieser Ausgabe erscheinen, bringen wir in vorl. Band als Beilagen (S. 629 ff). 225 519 76 Die Widmung „An die arbeitenden Klassen Großbritanniens" schrieb Engels in englischer Sprache, um sie, wie er in seinem Brief an Marx vom 19. November 1844 schreibt, „apart abziehen lassen und an die englischen Parteichefs, Literaten und Parlamentsmitglieder einschicken" zu können. In den 1845 und 1892 erschienenen deutschen Ausgaben der „Lage der arbeitenden Klasse in England" wurde diese Widmung in englischer Sprache gebracht, während sie in der amerikanischen Ausgabe (1887) und in der englischen (1892) nicht enthalten war. 229 76 Schlesische und böhmische Unruhen — Weberaufstände des Jahres 1844, die besonders in den großen schlesischen Dörfern Langenbielau und Peterswaldau zum Ausbruch kamen und durch Militär niedergeschlagen wurden. Im gleichen Jahr erstürmten Arbeiter in Böhmen, in den Kreisen von Leitmeritz und Prag, die dortigen Textilfabriken und zerstörten die Maschinen. 233 432 510 547 77 Gegenwärtig lassen sich einige von Engels angeführte Tatsachen präzisieren. So war Arkwright nicht der eigentliche Erfinder der Spinnmaschine, aber er nahm eine Reihe von Verbesserungen an ihr vor. Engels waren ferner einige Entdeckungen und Erfindungen unbekannt, die in anderen Ländern gemacht wurden. So war z. B. die Dampfmaschine in Frankreich, Deutschland und Rußland schon erfunden, als der Engländer James Watt im Jahre 1769 sein Patent auf eine Dampfmaschine erhielt. 242 78 „Durham Chronicle" - seit 1820 in Durham (England) erscheinende Wochenzeitung; in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts vertrat sie eine bürgerlich-liberale Richtung. 247 79 Die Reformbill (Gesetz über die Wahlreform) wurde am 7. Juni 1832 vom englischen König Wilhelm IV. bestätigt. Danach wurde 56 Ortschaften mit weniger als zweitausend Einwohnern das Recht genommen, Vertreter ins Unterhaus zu entsenden. Grund- und Hausbesitzer, die im Jahr mindestens 10 Pfund Sterling Steuern zahlten, erhielten das Wahlrecht (daher Zehn-Pfund-Zensus). Die Reform richtete sich gegen die politische Monopolstellung der Grund- und Finanzaristokratie, beseitigte die schlimmsten feudalen Überreste im englischen Wahlrecht und verschaffte den Vertretern der industriellen Bourgeoisie den Zutritt zum Parlament. Proletariat und Kleinbürgertum, die Hauptkraft im Kampf für die Reform, wurden von der liberalen Bourgeoisie betrogen und erhielten kein Wahlrecht. 251 582 586 80 Über die Parlamentssession 1844 siehe auch vorl. Band, S. 395/96, 492/93 u. 500/01. 251 81 Siehe Band 1 unserer Ausgabe, S. 499-524. 254 82 Engels zitiert hier den Bericht des Predigers G. Aiston, der zuerst in dem bürgerlichradikalen Organ „The Weekly Dispatch" und später in der Chartistenzeitung „The Northern Star", Nr. 338, 4. Mai 1844, veröffentlicht wurde. 262 83 „The Times" - größte englische Tageszeitung konservativer Richtung; sie wurde am 1. Januar 1785 in London unter dem Namen „Daily Universal Register" gegründet; am 1. Januar 1788 wurde der Titel in „The Times" geändert. 264 04 Der von Engels zitierte Bericht, den das von Bürgern Huddersfields am 19. Juni 1844 gewählte Komitee zur Untersuchung der sanitären Verhältnisse der Stadt gegeben hatte, erschien am 10. August 1844 in „The Northern Star" Nr. 352. 273
85 Kersall'Moor - ein Hügel in der Nähe von Manchester, auf dem Arbeiterversammlungen stattfanden. Engels nennt ihn Heiligen Berg analog dem Heiligen Berg im alten Rom, wohin sich nach der Überlieferung 494 v. u. Z, die Plebejer begaben, die sich gegen die Patrizier erhoben hatten. 276 86 Insurrektion von 1842 - einVersuch der englischen Arbeiter, im August 1842 in einer Reihe von Industriebezirken (Lancashire, Yorkshire u. a.) einen Generalstreik durchzuführen. In einigen Orten kam es im Verlaufe des Streiks zu bewaffneten Zusammenstößen mit Truppen und Polizei. 298 87 „The Manchester Guardian" - englische bürgerliche Zeitung, Organ der Anhänger des Freihandels (Free-traders), später Organ der Liberalen Partei; erscheint seit 1821 in Manchester. 300 88 Der von Engels zitierte Bericht des Geistlichen W. Champneys über die Lage der Londoner Hafenarbeiter erschien zuerst in der Wochenschrift „The Weekly Dispatch" und wurde am 4. Mai 1844 in „The Northern Star" Nr. 338 wiederholt. 316 80 „ Vital Statistics of Glasgow, illustrating the Sanitary Condition of the Population" [Geburten- und Sterbestatistik von Glasgow als Illustration des sanitären Zustandes der Bevölkerung], Dr. R. Cowans Artikel erschien im Oktober 1840 im „Journal o( the Statistical Society of London" [Journal der Statistischen Gesellschaft Londons], 335 90 Metropolitan Buildings Act - ein spezielles Baugesetz für London, das 1844 vom englischen Parlament angenommen wurde. 338 91 Das Gesetz von 1802 verbot die Nachtarbeit für Lehrlinge im Kindesalter und beschränkte ihre Arbeitszeit auf 12 Stunden am Tag. Dieses Gesetz erstreckte sich nur auf die Baumwoll- und Wollindustrie; es sah keine Kontrolle durch die Fabrikinspektion vor und wurde daher von den Fabrikanten nicht beachtet. 374 92 Das Gesetz von 1819 verbot die Beschäftigung von Kindern unter 9 Jahren in Baumwollspinnereien und Webereien. Für Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 16 Jahren wurde die Nachtarbeit verboten und die tägliche Arbeitszeit auf 12 Stunden ohne Pausen begrenzt. Da die Fabrikanten die Arbeitspausen nach ihrem Gutdünken regelten, dehnte sich der Arbeitstag in Wirklichkeit auf 14 Stunden und mehr aus. Das Gesetz von 1825 legte fest, daß Pausen füV Mahlzeiten insgesamt 17a Stunden nicht übersteigen dürfen, damit der Arbeitstag höchstens 13Va Stunden beträgt. Die Gesetze von 1819 und 1825 sahen keine Kontrolle durch die Fabrikinspektion vor und wurden daher von den Fabrikanten nicht befolgt. 391 83 „The Fleet Papers" - eine Wochenschrift, die Richard Oastier, der sich im Londoner Schuldgefängnis in der Fleet Street befand, 1841-1844 als Pamphlete in Briefform herausgab. 395 84 „The Northern Star" - englische Wochenzeitung, Hauptorgan der Chartisten; erschien von 1838 bis 1852, anfangs in Leeds und ab November 1844 in London. Begründer und Redakteur der Zeitung war Feargus Edward O'Connor; in den vierziger Jahren wurde sie von George Julian Harney redigiert. Engels war von September 1845 bis März 1848 Mitarbeiter dieser Zeitung. 402 95 Edward P. Meads Gedicht „König Dampf" wurde von Friedrich Engels übersetzt; der englische Text dieses Gedichts, das am 11. Februar 1843 in „The Northern Star" Nr. 274 erschien, enthält noch zwei weitere Strophen. 405 90 „Revue des deux Mondes" [Rundschau beider Welten] - eine seit 1829 in Paris erscheinende bürgerliche Halbmonatsschrift für Geschichte, Politik, Literatur und Kunst. 417
87 In ihren ersten Schriften sprechen Marx und Engels noch vom Verkauf der Arbeit. Später hat Marx nachgewiesen, daß der Arbeiter nicht seine Arbeit, sondern seine Arbeitskraft verkauft. Siehe dazu die Erläuterung in Engels' Einleitung zur Neuausgabe der Marxschen Schrift „Lohnarbeit und Kapital", Berlin 1891 (Karl Marx/Friedrich Engels, Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Dietz Verlag, Berlin 1955, Bd. I, S. 59 bis 66). 418 98 Geld aufu)erfen [tossing coins] — ein Glücksspiel, bei dem eine Gelamünze hochgeworfen wird. 422 89 Nach der Überlieferung wurde der römische Patrizier Menenius Agrippa 494 v. u. Z. zu den aufständigen Plebejern gesandt, die sich auf den Heiligen Berg begeben hatten. Es gelang ihm, eine Aussöhnung herbeizuführen durch die Parabel von den Gliedern des Leibes, die dem Magen, als müßigem Verzehrer der Nahrung, den Dienst verweigerten, sich selbst aber dadurch den größten Schaden zufügten. 440 100 Polizei-Erneuten (spy outbreaks) nannte man die von Provokateuren hervorgerufenen Zusammenstöße zwischen Chartisten und Polizei in Sheffield, Bradford und anderen Städten. Die Folge dieser Zusammenstöße waren zahlreiche Verhaftungen von Führern und Teilnehmern der Bewegung. 446 101 Heimatskolonien (Home Colonies) - so nannte Robert Owen seine kommunistischen Mustergesellschaften. 451 102 Mechanics' Institutions - Abendschulen, in denen Arbeiter in einigen allgemeinbildenden und technischen Fächern unterrichtet wurden; in England wurden 1823 in Glasgow und 1824 in London die ersten Mechanics* Institutions errichtet. Zu Beginn der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts wurden mehr als 200 solcher Schulen - vorwiegend in den Fabnkstädten von Lancashire und Yorkshire - gezählt. Die Bourgeoisie nutzte diese Schulen dazu aus, die für die Industrie notwendigen qualifizierten Arbeiter auszubilden und sie in ihrem Sinne zu beeinflussen. 453 103 „The Mining Journal" - Wochenschrift für Bergbau, Verkehr und Handel, gegründet in London 1835. 464 104 Dieses Gesetz, das die Untertagearbeit aller Frauen sowie die von Kindern unter 10 Jahren verbot, wurde vom Parlament am 10. August 1842 angenommen. 465 105 Court of Queens Bench (Gerichtshof der Königin) - eines der ältesten Gerichte Englands; im 19. Jahrhundert (bis 1873) war es das selbständige oberste Gericht, das Strafund Zivilsachen überprüfte und das Revisionsrecht für Urteile einer Reihe niederer Instanzen besaß. 468 106 iyrit 0f Habeas Corpus - das Recht des Verhafteten auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung. Nach Uberprüfung der Inhaftierung kann das Gericht zu folgenden Entscheidungen kommen: I. der Verhaftete wird entlassen, II. er wird ins Gefängnis zurückgeschickt oder III. das Gericht setzt den Verhafteten gegen Kaution oder Bürgschaft auf freien Fuß. Das Writ of Habeas Corpus, das durch das Gesetz von 1679 geregelt ist, kann durch Parlamentsbeschluß zeitweilig aufgehoben werden; bei Anklagen wegen Hochverrats findet es keine Anwendung. 468 107 Repeal-Agitation - Repeal (Widerruf) war die Forderung nach Aufhebung der Union zwischen Irland und Großbritannien. Die Anglo-Irische Union wurde Irland von der englischen Regierung nach der Niederschlagung des irischen Aufstandes von 1798 aufgezwungen. Die Union, die am 1. Januar 1801 in Kraft trat, beseitigte die letzten Spuren
der Autonomie Irlands und löste das irische Parlament auf. Die Forderung nach Aufhebung der Union (Repeal of Union) wurde seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts zu der populärsten Losung in Irland; 1840 wurde die Repeal Association (Vereinigung der Gegner der Anglo-Irischen Union) gegründet. Ihr Führer O'Connell wurde 1843 verhaftet, nach einem Prozeß im Februar 1844 wegen „Unruhstiftung" zu 1 Jahr Gefängnis und£ 2000 verurteiltem September 1844 wurde das Urteil vom Oberhaus aufgehoben. 485 108 Siehe Band 1 unserer Ausgabe, S. 525-549. 486 109 laissez-faire, laissez-aller (laßt machen, laßt gehn) - Grundsatz bürgerlicher Ökonomen, die für Freihandel und Nichteinmischung des Staates in Wirtschaftsangelegenheiten eintraten. 487 110 Tisch (oder Festmahl) des Barmefciden - aus der „Geschichte des sechsten Bruders des Barbiers" in „Tausendundeine Nacht". Hier spottet der reiche Barmekide über den hungernden Armen, er täuscht ein Festmahl vor und bewirtet den Hungernden nur mit Worten und Gesten. 503 111 Neunter Thermidor (27. Juli 1794) ist der Tag des Sturzes Robespierres und der Jakobinerdiktatur während der Französischen Revolution. Der konterrevolutionäre Umsturz war der Beginn des Weges, der zur Errichtung der Militärdiktatur der napoleonischen Regierung führte, die die Französische Revolution abwürgte und nur jene Ergebnisse der Revolution bestehen ließ, die der Großbourgeoisie von Vorteil waren. 506 568 Der Artikel „Sozialismus auf dem Kontinent" erschien in „The New Moral World" mit der redaktionellen Anmerkung, daß es sich hier um Auszüge aus einem Brief handelt, welcher der „New Moral World" von einem früheren Korrespondenten aus Barmen in Preußen zugesandt wurde. 507 113 „The New Moral World" - eine 1834 von Robert Owen gegründete Wochenzeitung utopischer Sozialisten, die bis 1846 erschien; zunächst wurde sie in Leeds und ab 1 .Oktober 1841 in London herausgegeben. Friedrich Engels war von November 1843 bis Mai 1845 Mitarbeiter der Zeitung. 507 111 Als das marokkanische Volk die Freiheitsbewegung in Algerien gegen die koloniale Expansion Frankreichs unterstützte, kam es 1844 zum Krieg zwischen Marokko und Frankreich. 507 115 „Vorwärts!" — eine in Paris von Januar bis Dezember 1844 zweimal wöchentlich herausgegebene Zeitung in deutscher Sprache. Unter dem Einfluß von Marx, der ab Sommer 1844 an der Redaktion der Zeitung beteiligt war, begann sie eine kommunistische Haltung einzunehmen; sie entfaltete eine scharfe Kritik an den reaktionären Zuständen in Preußen. Die Zeitung enthielt Beiträge von Karl Marx und Friedrich Engels (siehe Band 1 unserer Ausgabe, S. 392-409 und 550-592). Auf Verlangen der preußischen Regierung verfügte das Ministerium Guizot im Januar 1845 die Ausweisung von Marx und einigen anderen Mitarbeitern der Zeitung aus Frankreich. 507 509 116 „Dibal Social" - belgische republikanische Zeitung, gegründet von A. Bartels und L. Gottrand. Sie erschien in Brüssel von 1844 bis 1849. 508 117 „La Democratie pacifique" (Friedliche Demokratie) - eine nach ihrer Zeitung so genannte kleinbürgerliche Richtung im französischen Sozialismus der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts (siehe auch Anm. 60). 508
118 Edgar Bauers Schrift „Der Streit der Kritik mit Kirche und Staat" wurde von der preußischen Regierung beschlagnahmt und der Verfasser zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. 508 119 ... die erste sozialistische Schrift - es handelt sich um die von Karl Marx und Arnold Rüge herausgegebenen „Deutsch-Französischen Jahrbücher" (siehe dazu Anm. 19). 509 120 „Trier'sehe Zeitung" —wurde 1757 in Trier gegründet und erschien seit 1815 unter diesem Titel; die Zeitung war zu Beginn der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts ein bürgerlichradikales Blatt; sie begann Mitte der vierziger Jahre unter anderem Artikel über den Sozialismus zu bringen, Beiträge ihres ständigen Mitarbeiters Karl Grün, der bald ein Hauptvertreter des „wahren" Sozialismus wurde. 509 121 „Der Sprecher oder: Rheinisch-Westphälischer Anzeiger" - eine 1798 in Dortmund gegründete Zeitung, erschien ab 1841 in Wesel; von 1842 bis November 1844 war Karl Grün Redaktionsmitglied. 509 122 Es handelt sich hier um den Artikel „Ein .socialistischer' Spuk", der ohne Unterschrift in der Beilage der „Kölnischen Zeitung" Nf. 314 vom 9. November 1844 erschien. 511 123 Harmony - eine kommunistische Ansiedlung, die von englischen utopischen Sozialisten Robert Owen und seinen Anhängern - 1841 in Hampshire (England) gegründet wurde. Die Ansiedlung bestand bis Anfang 1846. 512 124 Heines Weherlied — Wir bringen hier die vom Dichter revidierte und berühmt gewordene Fassung, wie sie zum erstenmal im „Album , herausgegeben von H. Püttmann, Borna 1847, veröffentlicht wurde. Engels hatte das Gedicht nach der im „Vorwärts!" vom 10. Juli 1844 veröffentlichten älteren Fassung übersetzt, die nur aus vier Strophen bestand. 512 125 Hermann Püttmann gab in Darmstadt eine Schriftensammlung unter dem Titel „Deutsches Bürgerbuch für 1845" heraus. Das Jahrbuch enthält außer einer Anzahl von Beiträgen der „wahren" Sozialisten auch Arbeiten solcher revolutionären Demokraten wie F.W.Wolff und Georg Weerth. Außerdem wurde auch eine Beschreibung kommunistischer Ansiedlungen in Amerika und der owenistischen Ansiedlung Harmony in diesem Sammelband abgedruckt. Diese von Engels verfaßte Beschreibung (siehe vorl. Band, S. 521-535) stützt sich auf Veröffentlichungen in „The New Moral World", „The Northern Star" und „The Morning Chronicle". Das „Deutsche Bürgerbuch für 1846", das im Sommer 1846 in Mannheim herauskam, enthält ein von Engels übersetztes „Fragment Fouriers über den Handel" mit einer Einleitung und einem Nachwort (siehe vorl. Band, S. 604-610). 514 518 120 Die „Rheinischen Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform" wurden von H.Püttmann herausgegeben. Es erschienen nur zwei Bände, der erste im August 1845 in Darmstadt, der zweite Ende 1846 in dem kleinen Ort Belle-Vue bei Konstanz, an der deutschschweizerischen Grenze. In dem Bestreben, Stützpunkte für die Propaganda ihrer kommunistischen Anschauungen in Deutschland zu gewinnen, hielten Marx und Engels es für notwendig, die Zeitschrift für diesen Zweck auszunutzen. Der erste Band enthält die Reden von Engels auf den Versammlungen in Elberfeld am 8. und 15. Februar 1845 (Elberfelder Reden) und der zweite Band den Artikel „Das Fest der Nationen in London" (siehe vorl. Band, S. 536-557 und 611-624). Die allgemeine Richtung der Jahrbücher wurde jedoch durch die beteiligten Vertreter des „wahren" Sozialismus bestimmt; in diesem Zusammenhang haben Marx und Engels die „Jahrbücher" in der „Deutschen Ideologie" (1845/46) schar! kritisiert. 514
127 Diese Monatsschrift erschien unter dem Titel „Gesellschaftsspiegel. Organ zur Vertretung der besitzlosen Volksklassen und zur Beleuchtung der gesellschaftlichen Zustände der Gegenwart". Engels, der sich anfangs an den Vorbereitungen für die Herausgabe dieser Zeitschrift beteiligte, wurde nicht Redaktionsmitglied. Sie erschien in Elberfeld unter der Leitung von Moses Heß und brachte vornehmlich Artikel von „wahren" Sozialisten, Insgesamt wurden 12 Hefte herausgegeben (1845/46). 514 188 Engels schreibt hier über die von Marx geplante Arbeit „Kritik der Politik und Nationalökonomie". Den mit dem Verleger Leske abgeschlossenen Vertrag über Herausgabe eines zweibändigen Werkes unter diesem Titel unterschrieb Marx am 1. Februar 1845. Marx hatte sich seit Ende 1843 mit dem Studium der politischen Ökonomie beschäftigt und stellte sich bereits im Frühjahr 1844 die Aufgabe, eine Kritik an der bürgerlichen Nationalökonomie vom Standpunkt des Materialismus und Kommunismus zu veröffentlichen. Von den damals verfaßten Manuskripten ist nur ein Teil erhalten geblieben, der unter dem Titel „Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844" bekannt ist. Seine Arbeit an der Schrift „Die heilige Familie" unterbrach vorübergehend die Beschäftigung mit der politischen Ökonomie, und erst im Dezember 1844 konnte er sich diesem Studium wieder zuwenden. Es sind zahlreiche von Marx in den Jahren 1845 und 1846 angefertigte Konspekte, Auszüge und Anmerkungen erhalten geblieben, die während des Studiums englischer und französischer Ökonomen entstanden sind. Jedoch gelang es Marx auch diesmal nicht, sein Vorhaben auszuführen. Uber die Gründe, die ein zweites Mal einen Aufschub bewirkten, schrieb er selbst am 1. August 1846 an Leske: „Es schien mir nämlich sehr wichtig, eine polemische Schrift gegen die deutsche Philosophie und gegen den seitherigen deutschen Sozialismus der positiven Entwicklung vorher zuschicken. Es ist notwendig, um das Publikum auf den Standpunkt meiner Ökonomie, welche schnurstracks der bisherigen deutschen Wissenschaft sich gegenüberstellt, vorzubereiten." Unter „polemischer Schrift" versteht Marx hier die von ihm gemeinsam mit Engels geschriebene „Deutsche Ideologie" (1845/46). Der Vertrag über -die Herausgabe der „Kritik der Politik und Nationalökonomie" wurde im Februar 1847 vom Verleger gekündigt. 514 519
129 Weitlings „Garantien" - Wilhelm Weitling, „Garantien der Harmonie und Freiheit", Vivis 1842. 515 130 Siehe den in den „Deutsch-Französischen Jahrbüchern" erschienenen Artikel von Karl Marx „Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung" (Band 1 unserer Ausgabe, S. 378-391.) 515 131 Siehe Band 1 unserer Ausgabe, S. 480-496 und 497-498. 516 132 Siehe vorl. Band, S. 536-557. 517 133 Mr. Finchs Briefe - John Finchs Briefe erschienen zwischen Januar und September 1844 in „The New Moral World" unter dem Titel „Notes of Travel in the United States" [Aufzeichnungen über eine Reise in den Vereinigten Staaten]. Von den 29 erschienenen Artikeln behandeln 14 die kommunistischen Ansiedlungen jener Zeit in Amerika. 518 134 „Einer, der hinter dem Pfluge gepfiffen hat" (One who has whistled at the Plough) -unter diesem Pseudonym erschien in „The Morning Chronicle" vom 13. Dezember 1842 eir. Artikel von Alexander Somerville mit einer ausführlichen Beschreibung der von Robert Owen gegründeten kommunistischen Ansiedlung Harmony in Hampshire (England). 518 532
135 „Das Westphälische Dampfbool" - eine Monatsschrift, die von dem „wahren" Sozialisten Otto Lünmg herausgegeben wurde; sie erschien von Januar 1845 bis Dezember 1846 in Bielefeld und von Januar 1847 bis März 1848 in Paderborn. 518 136 „Valksblaif in Köln - „Allgemeines Volksblatt. Populärer Monatsbericht über die wichtigsten Zeitfragen", erschien von Januar 1845 bis Anfang 1846 in Köln. Mitherausgeber war der mit Marx und Engels befreundete Demokrat D'Ester. 518 137 Siehe „Die heilige Familie" im vorl. Band, S. 7-223. 519 188 Hier ist die Rede von dem Sammelband „Neue Anekdota", der Ende Mai 1845 in Darmstadt erschien. Dieser Sammelband enthielt von der Zensur verbotene Zeitungsartikel von Moses Heß, Karl Grün, Otto Lüning und anderen, die vorwiegend in die erste Hälfte des Jahres 1844 (allen. Wie aus einem Brief Grüns an Heß hervorgeht, machten Marx und Engels bald nach Erscheinen des Bandes eine Reihe sehr kritischer Bemerkungen über dessen Inhalt. 519 139 Zwei Reden in Elberfeld - trug Engeis im Februar 1845 in zwei von den drei Diskussionsversammlungen über Kommunismus vor, die unter Leitung von Moses Heß in Elberfeld stattlanden. Über diese Versammlungen schreibt Engels am 22. Februar 1845 an Marx: „Hier in Elberfeld geschehen Wunderdinge. Wir haben gestern im größten Saale und ersten Gasthof der Stadt unsre dritte kommunistische Versammlung abgehalten. Die erste 40, die zweite 130, die dritte wenigstens 200 Menschen stark." Diese beiden Reden hat Engels zur Veröffentlichung in den von Hermann Püttmann herausgegebenen „Rheinischen Jahrbüchern zur gesellschaftlichen Reform" weiter ausgearbeitet. Näheres über die Versammlungen in Elberfeld schreibt Engels in seinem Artikel in „The New Moral World" vom 10. Mai 1845 (siehe vorl. Band, S. 515-520). 536 140 Im Jahre 1892 kommt Engels nochmals auf die Kreislaufperiode der Krisen im Anfang des 19. Jahrhunderts zurück, die verschiedentlich mit fünf Jahren angegeben ist. Im Vorwort zur 2. Auflage der „Lage der arbeitenden Klasse in England" schreibt er 1892: „Im Text wird die Kreislaulsperiode der großen industriellen Krisen auf fünf Jahre angegeben. Dies war die Zeitbestimmung, die sich aus dem Gang der Ereignisse von 1825 bis 1842 scheinbar ergab. Die Geschichte der Industrie von 1842 bis 1868 hat aber bewiesen, daß die wirkliche Periode eine zehnjährige ist, daß die Zwischenkrisen sekundärer Natur waren und seit 1842 mehr und mehr verschwunden sind." (Siehe vorl. Band, Beilagen, S. 642.) 538 141 Siehe den Artikel „Rechtfertigung des ff-Korrespondenten von der Mosel" von Karl Marx in der „Rheinischen Zeitung", Januar 1843 (Band 1 unserer Ausgabe, S. 172-199). 549 142 der deutsche Zollverein — der Preußisch-deutsche Zollverein war eine wirtschaftspolitische Vereinigung deutscher Einzelstaaten unter preußischer Führung zur Beseitigung der Binnenzölle und zur gemeinsamen Regelung der Grenzzölle. Er wurde am I.Januar 1834 von Preußen und anderen Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes gebildet. 550 143 Die protektionistischen Ansichten des deutschen Ökonomen Friedrich List sind dargelegt in dem Buch „Das nationale System der politischen Oekonomie", Stuttgart und Tübingen 1841. 551 144 Nach Beendigung des sogenannten ersten Opiumkrieges, den die englischen Kolonisatoren gegen China führten, zwang man China den ungerechten Nanking-Vertrag (1842) auf; eine der Bedingungen des Vertrages war die Öffnung von fünf chinesischen Häfen (Kanton, Amoy, Schanghai, Ningpo und Futschou) für den englischen Handel. 554
145 Das Gemetzel in Leipzig entstand durch den Feuerüberfall sächsischen Militärs auf eine Volksdemonstration am 12. August 1845. Anläßlich einer Militärparade, die für den in Leipzig weilenden Kronprinzen Johann stattfand, protestierte eine Massendemonstration gegen die Verfolgung der deutschkatholischen Bewegung und eines ihrer Führer, des Pfarrers Johannes Ronge, durch die sächsische Regierung. Die Bewegung der Deutschkatholiken, die 1844 in einigen deutschen Staaten aufkam, ergriff bedeutende Schichten der Bourgeoisie und des Kleinbürgertums. Die Deutschkatholiken lehnten die Oberhoheit des römischen Papstes sowie viele Glaubensartikel und Riten der katholischen Kirche ab und waren bestrebt, den Katholizismus den Belangen der aufsteigenden deutschen Bourgeoisie anzupassen. 558 J4C Peterloo-Metzelei — Am 16. August 1819 versammelten sich auf dem Sankt Petersfelde bei Manchester 60000 Menschen, hauptsächlich Arbeiter, die für allgemeines Wahlrecht, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne demonstrierten. Sie wurden von Husaren blutig auseinandergetrieben; es waren die gleichen Husaren, die bei Waterloo gekämpft hatten, deshalb erhielt das Gemetzel auf dem Petersfelde unter den Zeitgenossen den Namen „Peterlco". 558 572 147 „Hölle" - erster Teil von Dantes „Göttlicher Komödie". 558 148 Glorreiche Revolution (Glorious Revolution) nennt die englische bürgerliche Geschichtsschreibung den Staatsstreich von 1688. Dieser Staatsstreich brachte mit dem Oranier Wilhelm III. „die grundherrlichen und kapitalistischen Plusmacher zur Herrschaft" (Marx) und festigte die konstitutionelle Monarchie, die auf einem Kompromiß der Grundaristokratie mit der Finanzbourgeoisie beruhte. 560 149 Heiliges Römisches Reich deutscher Nation - die im späten Mittelalter entstandene Bezeichnung für das alte Deutsche Reich seit der Krönung des Kaisers Otto I. zum römischen Kaiser (962); bestand bis 1806. 564 150 Der Kampf um die Unabhängigkeit der Schweiz setzte schon im 13. und 14. Jahrhundert ein. Die Unabhängigkeit besteht seit dem zwischen der Schweiz und dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation abgeschlossenen Baseler Frieden (1499). 565 151 Das Reichskammergericht war bis zu seiner Auflösung im Jahre 1806 neben dem Reichshofrat das höchste Gericht in Deutschland. Es wurde 1495 errichtet und hatte zunächst seinen Sitz an verschiedenen Orten; von 1525 an tagte es ständig in Speyer und von 1693 bis 1806 in Wetzlar. 565 152 Die Verfassung von 1791 wurde von der Konstituierenden Versammlung angenommen und machte Frankreich zur konstitutionellen Monarchie. Sie wurde durch den Volksaufstand vom 10. August 1792, der den König stürzte, beseitigt. 567 153 Girondisten - die Vertreter der Handels- und Industriebourgeoisie, wurden wegen ihres Versuchs, die Revolution zu beenden, in den Tagen vom 31. Mai bis zum 2. Juni 1793, von dem revolutionärsten Teil der französischen Bourgeoisie, der Partei der Jakobiner, gestürzt. 568 154 Unter dem Druck der in ganz Frankreich aufflammenden Bauernaufstände hob die Konstituierende Nationalversammlung in der Nacht des 4. August 1789 einige Feudalrechte der Adligen auf. 568 156 Der Krieg mit England, den Napoleon I. führte, dauerte von 1803 bis 1815. Um die englische Bourgeoisie vom europäischen Markt zu verdrängen, verhängte Napoleon I. 1806 die Kontinentalsperre. In dem Dekret, das er in Berlin herausgab, heißt es unter anderem: „Die britischen Inseln befinden sich im Blockadezustand ... der Handel mit den
britischen Inseln und jegliche Beziehungen zu ihnen sind verboten." Diesem Dekret folgten alle Vasallenstaaten Frankreichs und seine Verbündeten. Die Kontinentalsperre fiel nach der Niederlage Napoleons in Rußland. 569 15p Die Artikelserie „Deutsche Zustände" war gegen die reaktionär-nationalistische Auslegung der deutschen Geschichte, insbesondere des Krieges 1813-1815 mit dem napoleonischen Frankreich, gerichtet. Diesen nationalistischen Standpunkt kritisierend, gibt Engels hier eine einseitige Einschätzung des Krieges. In diesem Krieg wurde der nationale Befreiungskampf der Volksmassen gegen die räuberische Politik Napoleons I. von den herrschenden Klassen und regierenden Dynastien dazu ausgenutzt, die feudalen Verhältnisse in Europa wiederherzustellen. Engels schrieb später, als er in semer Arbeit „Die Rolle der Gewalt in der Geschichte" (1888) erneut diese historische Periode beurteilte: „Der allgemeine Völkerkrieg gegen Napoleon war der Rückschlag des bei allen Völkern von Napoleon mit Füßen getretenen Nationalgefühls." 569 157 Legilimisten — Anhänger der „legitimen" Bourbonenmonarchie, die in Frankreich von 1589 bis 1793 und während der Restaurationszeit von 1814 bis 1830 an der Macht war. 570 158 Die Heilige Allianz war ein Bund der konterrevolutionären Mächte gegen alle fortschrittlichen Bewegungen in Europa. Sie wurde am 26. September 1815 auf Initiative des Zaren Alexander I. von den Siegern über Napoleon geschaffen. Ihr schlössen sich, neben Österreich und Preußen, fast alle europäischen Staaten an. Die Monarchen verpflichteten sich zur gegenseitigen Unterstützung bei der Unterdrückung von Revolutionen, wo immer sie ausbrechen sollten. 572 159 Die Bundesak.te, die den deutschen Bund bestätigte, aber die Zersplitterung Deutschlands konservierte, wurde auf dem Wiener Kongreß am 8. Juni 1815 angenommen. Das in Artikel 13 gegebene Versprechen, allen im Deutschen Bund vereinigten Staaten eine Verfassung zu geben, wurde nicht erfüllt. 576 160 Vendee - eine französische Provinz, in der während der französischen bürgerlichen Revolution (im Frühjahr 1793) ein gegenrevolutionärer Aufstand unter der Führung des Adels ausbrach, der sich auf die Bauernschaft dieses ökonomisch rückständigen Gebietes stützte. Vendee wird daher verallgemeinert für konterrevolutionäre Strömungen gebraucht. 577 161 Korngesetze von 1815 - Um die hohen Getreidepreise der Kriegszeit zu halten, hatten die englischen Großgrundbesitzer 1815 im Parlament ein Gesetz durchgebracht, das die Korneinfuhr nach England aus Gebieten des europäischen Festlandes verbot. Nur im Falle einer Mißernte in England war die Korneinfuhr gestattet, aber auch nur dann, wenn der Preis des Weizens über 80 Shilling für ein Quarter (291 Liter) steigen würde. (Siehe darüber Friedrich Engels: „Geschichte der englischen Korngesetze" im vorl. Band, S. 585-590.) 578 162 Es handelt sich um die bürgerliche Revolution in Spanien, die im Januar 1820 begann, und um die revolutionären Aufstände in Neapel und Palermo im Juli 1820, in Portugal im August 1820 und in Piemont im März 1821. Diese revolutionäre Bewegung wurde durch die Intervention der Heiligen Allianz unterdrückt, die nach Spanien französische und nach Italien österreichische Truppen schickte. 581 163 Die französische Geheimgesellschaft der Carbonari (La Charbonnerie) wurde um die Jahreswende 1820/21 nach dem Vorbild der gleichnamigen italienischen Gesellschaft gegründet. Die französischen Carbonari, die m ihren Reihen Vertreter der verschiedensten politischen Richtungen vereinigten, stellten sich die Aufgabe, die Bourbonen zu
stürzen. Im Jahre 1822 wurde eine Verschwörung organisiert, die in den Militärgarnisonen mehrerer Städte (Beifort, La Rochelle und anderen) gleichzeitig einen Aufstand durchführen sollte. Nach dem Mißlingen der Verschwörung und der Hinrichtung einiger Führer der Gesellschaft stellten die Carbonari ihre Tätigkeit ein. 582 164 Reformbewegung in England — Es handelt sich hier um den Aufschwung der demokratischen Massenbewegung in den Jahren 1816-1819, die für eine Wahlrechtsreform eintrat. 582 165 Im Jahre 1821 erhob sich das griechische Volk gegen die jahrhundertealte Türkenherrschaft und verkündete am 13. Januar 1822 seine Unabhängigkeit. Der Befreiungskampf selbst zog sich bis zur Niederlage der Türkei in ihrem Krieg gegen Rußland (1828/29) hin. Im Frieden zu Adrianopel (September 1829) erkannte die Türkei die volle Unabhängigkeit Griechenlands an. 582 156 drei Tage in Paris -- bezieht sich auf die bürgerliche Julirevolution von 1830 in Frankreich, die am 27. Juli begann und am 29. Juli mit dem Sieg des Volkes endete. 582 617 167 Die aristokratische polnische Revolution brach am 29. November 1830 aus. Sie richtete sich gegen den Zarismus und hatte nicht die Lösung brennender sozialer Fragen zum Ziel. Da das demokratische Element zu schwach war, lag dieFührung des Aufstandes in den Händen des polnischen Adels. „Der Aufstand 1830 war weder eine nationale Revolution (sie schloß drei Viertel von Polen aus) noch eine soziale oder politische Revolution: sie änderte nichts an der Lage des Volkes im Innern; sie war eine konservative Revolution" (Engels). 582 168 Im Schlußprotokoll vom 12. Juni 1834 der Wiener Ministerkonferenz verpflichteten sich die deutschen Fürsten zu gegenseitiger Unterstützung im Kampf gegen die liberale und demokratische Bewegung. Dieses Dokument wurde von dem liberalen Publizisten K. T.Welcker in „Wichtige Urkunden für den Rechtszustand der deutschen Nation", Mannheim 1844, veröffentlicht. 583 166 Der englische Innenminister Sir James Graham rief die Empörung demokratischer Kreise hervor, als er im Jahre 1844 den Postbehörden die Anweisung gab, Briefe italienischer revolutionärer Emigranten vor der Zustellung zu öffnen und ihren Inhalt der österreichischen Regierung mitzuteilen. Es wird allgemein angenommen, daß auf diese Weise die Brüder Bandiera, italienische Offiziere in der österreichischen Armee, verraten wurden. Für ihren Plan, Neapel zu befreien, wurden sie hingerichtet. 584 170 sliding-scale (gleitende Skala) - ein in England und anderen Ländern angewandtes System zur Festsetzung der Getreidezölle, bei dem der Zoll bei steigendem Preis des Getreides fällt und bei sinkendem Preis steigt. Das Projekt einer sliding-scale wurde von dem Tory-Ministerium Canning 1827 ausgearbeitet und in etwas abgeänderter Form 1828 als Gesetz von dem Tory-Ministerium Wellington eingeführt. 586 171 „The Anli-Bread-Tax-Circular" (Rundschreiben gegen den Brotzoll) - Organ der AntiKorngesetz-Liga, hieß ursprünglich „The Anti-Corn-Law Circular" (Das Anti-Korngesetz-Rundschreiben); es erschien von April 1839 bis September 1843 vierzehntäghch in Manchester. 586 172 Volkscharte (peoples charter) - eine Urkunde, die die Forderungen der Chartisten enthielt; sie wurde am 8. Mai 1838 als Gesetzentwurf, der im Parlament eingebracht werden sollte, veröffentlicht und bestand aus sechs Punkten: Allgemeines Wahlrecht (für Männer über 21 Jahre), jährliche Parlamentswahlen, geheime Abstimmung, Ausgleichung der Wahlkreise. Abschaffung des Vermögenszensus für die Kandidaten zu den Parlaments
wählen, Diäten für die Abgeordneten. Nach diesem Dokument erhielt der Chartismus, der eine revolutionäre, aber keine sozialistische Bewegung war, seinen Namen. Über die Bedeutung des Chartismus, der nach 1848 zerfiel, sagte Lenin, daß England „der Welt die erste wirkliche, breite, politisch ausgeprägte, proletarisch-revolutionäre Massenbewegung" gab. (Lenin, Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. II, S. 551.) 588 173 Van Diemens Land (Vandiemensland) - englische Sträflingskolonie, 1853 umbenannt in Tasmanien. 592 174 Die Übersetzung „Ein Fragment Fouriers über den Handel" war Bestandteil eines umfassenderen Planes, nach dem Marx und Engels die besten Schriften des französischen und englischen utopischen Sozialismus in Deutschland popularisieren wollten. In der Einleitung und dem Nachwort zu der oben erwähnten Übersetzung aus Fourier unterzog Friedrich Engels die „wahren" Sozialisten erstmalig einer öffentlichen Kritik. Das hochmütige, verächtliche Verhalten der „wahren" Sozialisten zu den bedeutendsten Vertretern des sozialistischen Gedankens in Frankreich und England, ihr Bestreben, den „wahren deutschen Sozialismus" zu loben, zeigte sich besonders kraß in Karl Grüns Buch „Die soziale Bewegung in Frankreich und Belgien", das August 1845 in Darmstadt erschienen war. Eine ausführliche Kritik an Karl Grün, einem typischen Vertreter des „wahren" Sozialismus, wird von Marx ijnd Engels in dem Werk „Die deutsche Ideologie" gegeben. 604 175 In Fouriers Schriften sind phantastische Schilderungen jener Veränderungen enthalten, die angeblich später in der Natur vor sich gehen werden: die Veränderung des unangenehmen Geschmacks des Meerwassers, das Auftauchen von wärmestrahlenden Sonnenkränzen über dem Nord- und Südpol, die Verwandlung von wilden Raubtieren in nützliche Haustiere usw. 605 176 Weiter folgt Engels' Übersetzung eines Textes von Fourier, der in der vorliegenden Ausgabe nicht gebracht wird. Der von Engels ausgewählte Auszug umfaßt die ersten 7 Kapitel der unvollendeten Arbeit Fouriers „Über die drei äußeren Einheiten", die erst nach seinem Tode in „La Phalange", der Zeitschrift der Fourieristen, veröffentlicht wurden. Diese Kapitel befassen sich mit der allgemeinen Bestimmung des Handels und der Beschreibung der verschiedenen Arten des Bankrotts. Einzelne Stellen, die textlich mit dem Abschnitt „Über eine unbeschränkte Handelsfreiheit" in Fouriers Werk „Theorie des quatre mouvements et des destin^es g6nerales" [Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen] zusammenfallen, wurden bei der Veröffentlichung des Manuskripts in „La Phalange" durch Auslassungspunkte gekennzeichnet. Diese Stellen sind von Engels in seine Übersetzung einbezogen worden. Was Engels wegließ, waren die phantastischen Abschweifungen Fouriers in die Zukunft, einige unaktuell gewordene Anspielungen sowie Stellen, die wegen der eigenartigen Terminologie Fouriers schwerverständlich sind. 606 177 Der von Engels Ende 1845 geschriebene Artikel „Das Fest der Nationen in London" wurde Ende 1846 im 2. Band der „Rheinischen Jahrbücher" veröffentlicht. Die in ihm enthaltene Schilderung der Versammlung vom 22. September 1845 in London und der Text der dort gehaltenen Reden wurde von Engels nach dem Bericht in „The Northern Star" Nr. 411 vom 27. September 1845 gegeben. Diese Versammlung legte den Grundstein für die internationale demokratische Gesellschaft Fraternal Democrats (Brüderliche Demokraten), der sich die Vertreter des linken Flügels der Chartisten, deutsche Arbeiter (Mitglieder des Bundes der Gerechten) und in London lebende revolutionäre
Emigranten anderer Nationalitäten anschlössen. Engels maß diesem Ereignis, an dessen Vorbereitung er und Marx beteiligt waren, große Bedeutung bei, die er durch seinen Artikel unterstrich. Im ersten Absatz dieses Artikels wiederholte Engels ironisierend die Argumentation, die typisch für eine Reihe „wahrer" Sozialisten (Grün, Lüning, u. a.) war, bei denen sich die nihilistische Einstellung zu anderen Nationen mit nationalistischen Phrasen von der Überlegenheit der deutschen Nation verband. Engels kritisierte diese Anschauungen und stellte ihnen die Idee der Einheit der Interessen der Proletarier aller Länder entgegen. 611 178 Aus Heines Gedicht „Zur Beruhigung", in welchem er das Philistertum und die Trägheit des deutschen Bürgers geißelt und ihm die Größe der Republikaner des alten Roms entgegenhält. 612 178 Carmagnole- Revolutionslied, entstanden während der französischen bürgerlichen Revolution 1792; der Text ist im Verlauf der politischen Ereignisse geändert und ergänzt worden. 612 180 Die Konstitution Von 1793, die in den ersten Monaten der Jakobinerdiktatur in Frankreich ausgearbeitet wurde, gehört zu den demokratischsten bürgerlichen Verfassungen. Die ihr vorausgegangene Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte verkündete die Souveränität des Volkes, das Recht des Volkes auf Revolution gegen eine Regierung, die die Macht gewaltsam an sich gerissen hat, und verpflichtete die Gesellschaft, den Besitzlosen Arbeit zu sichern und für Arbeitsunfähige Sorge zu tragen. Die Verfassung beseitigte den Vermögenszensus und führte das allgemeine Wahlrecht ein. Gleichzeitig erklärte sie das Privateigentum für unantastbar. Die Konstitution von 1793 ist infolge des Bürgerkriegs und der konterrevolutionären Intervention nicht in Kraft getreten und wurde nach dem 9. Thermidor 1794 (siehe Anm. 111) durch die zur Macht gelangte konterrevolutionäre Großbourgeoisie beseitigt. 612 181 Bei Jemappes (6. November 1792) und bei Fleurus (26. Juni 1794) schlug die französische Revolutionsarmee die Truppen der ersten Koalition der konterrevolutionären europäischen Monarchien. 614 18s Als Marx und Engels in der zweiten Augusthälfte 1845 in London weilten, wirkten sie unmittelbar für die Annäherung zwischen Vertretern der englischen Arbeiterbewegung und polnischen Emigranten; sie nahmen an einer Beratung von Chartisten und Führern der Londoner Gemeinde des Bundes der Gerechten mit Vertretern der demokratischen und revolutionären Bewegung verschiedener Länder teil, welche nach Mitteilung des „Northern Star" vom 23. August 1845 folgende von Engels befürwortete Resolution annahm: „Es ist eine öffentliche Versammlung der in London lebenden Demokraten sämtlicher Nationalitäten einzuberufen, um die Frage der Gründung einer Gesellschaft zu erörtern, die das Ziel hat - durch gemeinsame periodische Zusammenkünfte die in jedem einzelnen Land für die gemeinsame Sache betriebene Bewegung gegenseitig kennenzulernen." An dieser Versammlung, die am 22. September stattfand, konnten Marx und Engels wegen ihrer Abreise aus London nicht teilnehmen. 616 183 Thomas Coopers Epos „Fegefeuer der Selbstmörder. Gefängnispoem in 10 Büchern" ist in Nachahmung von Byrons „Childe Harold's pilgrimage" [Ritter Harold's Pilgerfahrt] verfaßt und erschien 1845 in London. 616 184 „L*Union" - Monatsschrift, erschien in Paris von Dezember 1843 bis September 1846; sie wurde von einer Gruppe von Arbeitern herausgegeben, die unter dem Einfluß saintsimonistischer Ideen stand. 616
185 Am 10. August 1792 stürmten die bewaffneten Pariser die Tuilerien, das königliche Schloß in Paris; die Erstürmung hatte die Suspension Ludwigs XVI. und die Berufung des Nationalkonvents zur Folge. 618 188 Der April-Prozeß richtete sich gegen 167 Führer der französischen republikanischen und Arbeiterbewegung, die im Zusammenhang mit dem Aufstand in Lyon und den revolutionären Kundgebungen in Paris und anderen Städten im April 1834 des Hochverrats beschuldigt wurden. Unter den Angeklagten befanden sich auch leitende Mitglieder der republikanischen Geheimgesellschaft für Menschen- und Bürgerrechte. Über die meisten Angeklagten fällte das Gericht 1835 harte Urteile: Verbannung in die Kolonien und langjährige Kerkerstrafen. Ein Teil der Angeklagten, darunter 28 Personen, die während des Prozesses geflüchtet waren, wurden in Abwesenheit verurteilt. 622 187 „Rheinischer Beobachter" -Tageszeitung; erschien in Köln von 1844 bis Anfang 1848.625
43 Marx/Engels, Werte. Bd. 2
Literaturverzeichnis
einschließlich der von Marx und Engels erwähnten Schriften
Bei den von Marx und Engels zitierten Schriften werden, soweit sie sich feststellen ließen, die vermutlich von ihnen benutzten Ausgaben angegeben. In einigen Fällen, besonders bei allgemeinen Quellen- und Literaturhinweisen, werden neuere Ausgaben der Schriften angeführt. Einige Quellen konnten nicht ermittelt werden. Zeitungen und Zeitschriften werden hier nur angeführt, soweit sie als Quellen benutzt wurden.
„An Act Jor the {arther Amendment of the Lav/s relating to the Poor in England" [Parlamentsakte zur weiteren Verbesserung der Armengesetzgebung in England], (7 & 8 Vict. cap. 101), 1844. 502 „An Act Jor Regulatins the Construction and the Use of Buildings in the Metropolis and its Neighbourhood" [Gesetz zur Lenkung der Errichtung und Verwendung von Gebäuden in der Hauptstadt und ihrer Umgebung], (7 & 8 Vict. cap. 84), 1844. 338 „An Act Jor the Reliefs oj the Poor" [Gesetz zur Armenunterstützung], (43rd Elizabeth, Cap. 2), 1601. 494 Alison, Archibald „The Principles of Population, and their Connection with Human Happiness" [Die Bevölkerungsprinzipien und ihr Zusammenhang mit dem menschlichen Glück], Vol. I-II, London 1840. 243-246 320 329 330 344 347-349 353 355 483 Alison, William Pulteney „Notes on the Report of the Royal Commissioners ..." siehe *Journal oj the Statistical Society of London", vol. VII - „Observa'cions on the Management of the Poor in Scotland, and its Effects on the Health of the great Towns" [Betrachtungen über die Behandlung der Armen in Schottland und ihre Auswirkung auf die Gesundheit in den großen Städten], Edinburgh 1840. 265-267 329 „Allgemeine Literatur-Zeitung". Monatsschrift, hg. von Bruno Bauer, Charlottenburg 1843/44. 7 12 15 20 81 95 105 113 147 151 156 159 160 162 165 167 222 223 „Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistifc" von Bruno Bauer, Ludwig Feuerbach, Friedrich Koppen, Karl Nauwerck, Arnold Rüge und einigen Ungenannten; hg. von Arnold Rüge, 2 Bände, Zürich und Winterthur 1843. 87 161 203 204 „The Artizan". A Monthly Journal of the Operative Arts [Der Handwerker. Eine Monatsschrift der Handwerke], (Oktoberheft 1843), London. 267-269 271 272 327 336 Baines, Edward „History of the Cotton Manufacture in Great Britain ..." [Geschichte der Baumwollmanufaktur in Großbritannien ...], London [1835], 241 242 360 365 378
Bauer,Bruno „Das entdeckte Christenthum. Eine Erinnerung an das achtzehnte Jahrhundert und ein Beitrag zur Krisis des neunzehnten", Zürich und Winterthur 1843. 107 112 114 144 148 — „Die Fähigkeit der heutigen Juden und Christen, frei zu werden". In: „Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz", hg. von Georg Herwegh. Erster Theil, Zürich und Winterthur 1843 (siehe auch Anm. 41). 92 113 114 116 — „Die Judenfrage", Braunschweig 1843 (siehe auch Anm. 28). 83 91 92 95 112 113 119 122 124 125 144 — (anonym) „Hinrichs, politische Vorlesungen. Band I, p. 332. Halle 1843. Bei Schwetzschke und Sohn". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft I, Dezember 1843 (siehe auch Anm. 34). 95 96 97 — (anonym) „Hinrichs, politische Vorlesungen. Zweiter Band, Halle 1843. 489 S.". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft V, April 1844. 97 98 — „Kritik der evangelischen Geschichte der Svnoptiker", Bd. 1-2, Leipzig 1841; Bd. 3, Braunschweig 1842 (siehe auch Anm. 39). 11Ö 114 144-147 176 177 — „Die evangelische Landeskirche Preussens und die Wissenschaft", Leipzig 1840. 118 — (anonym) „Leben und Wirken Friedrich von Sallet's, nebst Mittheilungen aus dem literarischen Nachlasse Desselben".Herausgegeben von einigen Freunden des Dichters. Mit Sallet's Bildniss. Breslau 1844. Verlag von A. Schulz. P. 384. In: „Allgemeine LiteraturZeitung", Heft VIII, Juli 1844. 147 — „Leiden und Freuden des theologischen Bewußtseins". In: „Anekdota zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistik", Zweiter Band. 161 203 204 — „Die gute Sache der Freiheit und meine eigene Angelegenheit", Zürich und Winterthur 1842. 14 83 109 119 144 — (anonym) „Neueste Schriften über die Judenfrage". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft I, Dezember 1843; Heft IV, März 1844 (siehe auch Anm. 27 32 35). 83-89 91-94 99-104 113-115 117 118 121 125 — „Staat, Religion und Parthei", Leipzig 1843. 95 113 119 144 — (anonym) „Was ist jetzt der Gegenstand der Kritik?". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft VIII, Juli 1844 (siehe auch Anm. 36). 105-108 110-113 120 121 123-126 128-132 142 143 Bauer, Edgar „Es leben feste Grundsätze!". In: „Berliner Novellen", von A. Weill und Edgar Bauer, Berlin 1843 (siehe auch Anm. 57). 155 — (anonym) „Beraud über die Freudenmädchen". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft V.April 1844.20-23 — (anonym) „Die drei Biedermänner. In drei Capiteln". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft III-V, Februar-April 1844. 165 — (anonym) „Proudhon". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft V, April 1844. 18 21 23-31 34-36 38-43 45-50 52-56 — (anonym) „Die Romane der Verfasserin von Godwie Castle". In: „Allgemeine LiteraturZeitung", Heft II, Januar 1844. 21 22 — (anonym) „Union ouvriere. Par Mme. Flora Tristan. Edition Populaire. Paris 1843" [Arbeitervereinigung. Von Flora Tristan. Volksausgabe. Paris 1843]. In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft V, April 1844 (siehe auch Anm. 12). 19 20 166
Becker, August „Was wollen die Kommunisten?", Lausanne 1844. 520 Benda, Daniel Alexander „Katechismus für wahlberechtigte Bürger Preußens, oder Geist und Bedeutung der Städte-Ordnung vom 19. November 1808", Berlin 1843. 10 Bentham, Jeremie „Theorie des peines et des r&ompenses ..." [Theorie der Strafen und der Belohnungen ...], 3ieme ed., T. II, Paris 1826. 141 189 199 Beraud, F.F.A. „Les filles publiques de Paris et la police qui les regit" [Die Freudenmädchen von Paris und die Polizei, die sie beaufsichtigt], T. I—II, Paris et Leipzig 1839. 20 Blanc, Louis „Revolution framjaise. - Histoire de dix ans. 1830-1840" [Die französische Revolution - Geschichte der zehn Jahre 1830-1840], T. I-V, Paris 1841-1844. 622 623 Buchez,P.J.B.,etP.C.Roux „Histoire parlementaire de la Revolution fran^aise, ou Journal des Assemblees Nationales, depuis 1789 jusqu'en 1815, ..." [ParlamentarischeGeschichte der Französischen Revolution oder Journal der Nationalversammlung von 1789 bis 1815, ...],40 vols., Paris 1834-1838 (siehe Robespierre, Maximilien und Saint-Just, Louis). „Bürgerbuch" siehe „Deutsches Bürgerhuch ..." Cabanis,P.-J.-G. „Rapports du physique et du moral de l'homme" [Zusammenhänge des Körperlichen und des Geistigen beim Menschen], T. I—II, Paris 1843 (siehe auch Anm. 45). 133 Carlyle, Thomas „Chartism" [Der Chartismus], London 1840. 299 320 321 345 346 439 502 503 - „Past and Present" [Vergangenheit und Gegenwart], London 1843 (siehe auch Anm. 108). 486 487 Chaptal, J.-A.-C. „De l'industrie fran^oise" [Uber die französische Industrie], T. I—II» Paris 1819.212 „Children's Employment Commission; Appendix to the second report of the Commissioners: Trades and Manufactures, Part I. Reports and Evidence from Sub-Commissioners. Presented to both Houses of Parüament by command of Her Majesty" [Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit; Zusatz zum zweiten Bericht der Kommissäre: Handwerk und Fabriken, Teil I. Berichte und Beweismaterial der Unterkommissäre. Gerichtet an die beiden Häuser des Parlaments auf Befehl Ihrer Majestät], London 1842 (Nr. 431). 411-414 418 419 423 470 Comte, Charles „Traite de la propri&g" [Abhandlung über das Eigentum], T. I—II, Paris 1834 (siehe auch Anm. 20). 46-48 Condittac, E.-B. „Essai sur l'origine des connoissances humaines" [Versuch über den Ursprung der menschlichen Erkenntnis], Amsterdam 1746. 137 Cooper, Thomas „ThePurgatory of Suicides. A Prison-Rhyme in Ten Books" [Fegefeuer der Selbstmörder. Gefängnispoem in zehn Büchern], Third Edition, London 1853 (siehe auch Anm. 183). 616 „Corpus iuris civilis", Volumen Prius [Sammlung des bürgerlichen Rechts,Bd. 1], Berolini 1872.30 Cowan, Robert „Vital Statistics ..." siehe „Journal of the Statistical Society of London", vol. III [Croker, John Wilson] „Sketch of the State of Ireland, Past and Present". A New Edition [Eine kurze Schilderung über den Zustand Irlands, früher und heute. Eine Neuausgabe], London 1822. 484
„Dante Alighieri's goettliche Comoedie. Metrisch übertragen und mit kritischen und historischen Erläuterungen versehen von Philalethes [Prinz Johann von Sachsen]", Dresden 1833; zweite Auflage, Dresden und Leipzig 1839. 558 „Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst", hg. von Arnold Rüge und Theodor Echtermeyer, Leipzig 1841-1843 (siehe auch Anm. 37). 105 113 „Deutsches Bürgerbuch für 1845", hg. von H. Püttmann, Darmstadt 1845 (siehe auch Anm. 125). 518 535 „Deutsches Bürgerbuch für 1846", (Zweiter Jahrgang), hg. von H. Püttmann, Mannheim 1846 (siehe auch Anm. 125). 610 „Deutsch-Französische Jahrbücher", hg. von Arnold Rüge und Karl Marx, 1-ste und 2-te Lieferung, Paris 1844 (siehe auch Anm. 19). 33 92 112-115 117 119 120 254 486 Disraeli, Benjamin „Sybil; or, the Two Nations" [Sybille, oder die beiden Nationen], Leipzig 1845.351 . „The Edinburgh Medical and Surgical Journal: Exhibiting a concise view of the Latest and most Important Discoveries in Medicine, Surgery, and Pharmacy". Volume sixty-second 1844 [Das Edinburgher Arzte- und Chirurgen-Journal: gibt eine gedrängte Übersicht über die neuesten und bedeutendsten Entdeckungen auf dem Gebiet der Medizin, Chirurgie und Pharmazie. Bd. 62, 1844], Edinburgh 1844. 267 Egidius, H. L. „Emigranten und Märtyrer. Ein Beitrag zur Charakteristik der .deutschfranzösischen Jahrbücher'". In: „Konstitutionelle Jahrbücher", hg. von Dr. Karl Weil, Jahrgang 1844, Bd. II, Stuttgart 1844. 172 „Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz", hg. von Georg Herwegh, Zürich und Winterthur 1843 (siehe auch Anm. 41). 113 114 Engels, Friedrich „Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Nach eigner Anschauung und authentischen Quellen", Leipzig 1845 (siehe auch Anm. 74). 518— „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie". In: „Deutsch-Französische Jahrbücher" (siehe auch Anm. 19). 33 254 Erlach, Friedrich Karl Freiherr von „Die Volkslieder der Deutschen", 5 Bände, Mannheim 1834-1836. Bd. 4, 1835 (siehe auch Anm. 62). 170 „Extracts from the Information reeeived by His Majesty's Commissioners, as to the Poor Laws". Published by Authority [Auszüge aus dem Bericht der Kommissäre Seiner Majestät, betreffend die Handhabung und Wirksamkeit der Armengesetze. Mit amtlicher Erlaubnis veröffentlicht], London 1833. 495 Factories Inquiry Commission „First Report of the Central Board of His Majesty's Commissioners appointed to collect Information in the Manufacturing Districts, as to the Employment of Children in Factories, and as to the Propriety and Means of Curtailing the Hours of their Labour: with Minutes of Evidence, and Reports by the District commissioners" [Kommission zur Untersuchung der Lage in den Fabriken. Erster Bericht des Zentralen Ausschusses der Kommissäre Seiner Majestät, die dazu ernannt wurden, um in den Industriegebieten Informationen über die Kinderarbeit in den Fabriken und die Möglichkeiten und Mittel zur Verkürzung ihrer Arbeitszeit zu sammeln: mit Protokollen des Beweismaterials und Berichten der Distriktkommissäre], 28. June 1833 (Nr. 450). 297 363 372 375 376 378 381-388 400 Factories Inquiry Commission „Second Report of the Central Board of His Majesty's Commissioners appointed to collect Information in the Manufacturing Districts, as to the
Employment of Children in Factories, and as to the Propriety and Means of Curtailing the Hours of their Labour: with Minutes of Evidence, and Reports by the Medical Commissioners" [Kommission zur Untersuchung der Lage in den Fabriken. Zweiter Bericht des Zentralen Ausschusses der Kommissäre Seiner Majestät, die dazu ernannt wurden, um in den Industriegebieten Informationen über die Kinderarbeit in den Fabriken und die Möglichkeiten und Mittel zur Verkürzung ihrer Arbeitszeit zu sammeln: mit Protokollen des Beweismaterials und Berichten der Gesundheitskommissäre], 15th July 1833 (Nr. 519). Von Engels zitiert als Factories Inquiry Commission's Report oder unter dem Namen der Kommissäre: Barry, Cowell, Drinkwater, Hawkins, Loudon, Mackintosh, Power, Stuart, Tufnell. 297 332 363 367-369 371-373 375-388 392 393 398 400 409-411 Faucher, Julius „Englische Tagesfragen". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft VII, Juni 1844 (siehe auch Anm. 5). 12 13 14 16 85 — „Englische Tagesfragen. (Fortsetzung.) Lord Ashley's Amendement". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft VI 11, Juli 1844. 15 16 85
Faucher, Leon „Etudes sur l'Angleterre" siehe „Revue des deux Mondes" Feuerbach, Ludwig „Grundsätze der Philosophie der Zukunft", Zürich und Winterthur 1843. 97 149 „Fi/f/i Arnual Report of the Registrar General of Births, Deaths and Marriages in England" [Fünfter Jahresbericht des Generalregistrators über Geburten, Sterbefälle und Eheschließungen in England], 2nd ed., London 1843. 334 Finch, John „Notes of Travel in the United States" [Aufzeichnungen über eine Reise in den Vereinigten Staaten], In: „The New Moral World", 13. I. bis 19. X. 1844 (siehe auch Anm. 133). 518 523 524 526-531 „First Report oj the Commissioners for inquiring into the State of Large Towns and Populous Districts" [Erster Bericht der Untersuchungskommission über den Zustand der großen Städte und dichtbevölkerten Gebiete], 2 vol., London 1844. 335 336 439 „The Fleet Papers; being letters to Thomas Thornhill Esqu. of Riddlesworth in the county of Norfolk, from Richard Oastier, his prisoner in the Fleet. With occasional communications from Friends" [Die „Fleet Papers"; Briefe an Thomas Thornhill, Esquire von Riddlesworth in der Grafschaft Norfolk, von Richard Oastier, seinem Gefangenen im „Fleet" (Schuldgefängnis). Mit gelegentlichen Mitteilungen von Freunden], 3 vol., London 1841-1843 (siehe auch Anm. 93). 395 Fleischhammer, Emil „Correspondenz aus Breslau". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft IV, März 1844.153 154 Fourier, Charles „Le nouveau monde industriel et societaire, ..." [Die neue Welt der Industrie und der Genossenschaften,...], Paris 1829 (siehe auch Anm. 69). 207 208 — „Theorie de l'unite universelle". In: „OEuvres completes" [Theorie der universellen Einheit. In: Sämtliche Werke], T. IV, Vol. III, Paris 1841 (siehe auch Anm. 25 69). 207 208 — „Theorie des quati'e mouvements et des destin£es generales". In: „OEuvres completes" [Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen. In: Sämtliche Werke], T. I, 2&]., Paris 1841 (siehe auch Anm. 25 69). 69 207 208 606 607
Friedrich Wilhelm III. „Proklamation vom 22. Mai 1815" siehe „Verordnung über die zu bildende Repräsentation des Volks..
Froment, M. „La police d^voilee, depuis la restauration et notamment sous messieurs Franchet et Delavau" [Die entschleierte Polizei seit der Restauration, namentlich unter den Herren Franchet und Delavau], T. I—III, Paris 1829. 78 Gashell, Peter „The Manufacturing Population of England, its Moral, Social and Physical Conditions, and the Changes which have arisen from the use of Steam Machinery; with an Examination of Infant Labour" [Die FabiikarheiterbevölkerungEnglands, ihre sittliche, soziale und physische Lage und die durch die Anwendung von Dampfmaschinen verursachten Veränderungen. Nebst einer Untersuchung der Kinderarbeit], London 1833. 237-241 295-297 299 300 332 333 354 357 358 437 502 „Gesellschaftsspiegel". Organ zur Vertretung der besitzlosen Volksklassen und zur Beleuchtung der gesellschaftlichen Zustände der Gegenwart, 2 Bde., Elberfeld 1845/46 (siehe auch Anm. 127). 514 Gilbert's Act „An Act for theBetter Relief andEmployment of the Poor" [Gesetz zur besseren Unterstützung und zur Beschäftigung der Armen], (22. George III. cap. 83), 1782. 500 Goethe, Johann Wolfgang von „Faust. Der Tragödie erster Teil". In: „Goethes Werke", ... hg. von Karl Heinemann. Kritisch durchges. und erläuterte Ausg., Bd. 1-30, Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut. Band 5 (siehe auch Anm. 24 54). 65 150 - „Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand". Ein Schauspiel, ebendort, Band 7. 567 - „Zahme Xenien", IX, ebendort, Band 3 (siehe auch Anm. 64). 186 Graham, George siehe „Fifth Annaal Report of the Registrar General of Births... Gruppe, O. F. „Bruno Bauer und die akademische Lehrfreiheit", Berlin 1842. 166 „Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst", hg. von Arnold Rüge und Theodor Echtermeyer, Leipzig 1838-1841 (siehe auch Anm. 37). 139 „Hansard's Parliamentary Debates: Third Series; Commencing with the Accession of William IV. Vol. LXVII. Comprising the Period from the twenty-eighth Day of February, to the twenty-fourth Day of March, 1843" [Hansards parlamentarische Debatten: 3. Serie; beginnend mit der Thronbesteigung von William IV. Band LXVII. Umfassend die Periode vom 28. Februar bis 24. März 1843], London 1843 . 353 - „... Vol. LXX. Comprising the Period from the sixteenth Day of June, to the twenty-eighth Day of July, 1843" [Band LXX. Umfassend die Periode vom 16. Juni bis 28. Juli 1843], London 1843. 395 - „... Vol. LXXII. Comprising the Period from the first Day of February, to the twentyfirst Day of February, 1844" [Band LXXII. Umfassend die Periode vom 1. Februar bis 21. Februar 1844], London 1844. 395 - „... Vol. LXXIII. Comprising thePeriod from the twenty-second Day of February, to the second Day of April, 1844" [BandLXXIII. Umfassend die Periode vom 22. Februar bis 2. April 1844, London 1844.366-369371 382 383 - „... Vol. LXXV. Comprising the Period from the thirtieth Day of May, to the twentysixth Day of June, 1844" [Band LXXV. Umfassend die Periode vom 30. Mai bis 26. Juni 1844], London 1844. 465 466 471 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich „Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse", Dritte Ausgabe, Heidelberg 1830. 83 - „Grundlinien der Philosophie des Rechts, oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse", hg. von Eduard Gans. In: „Georg Wilhelm Friedrich Hegel's Werke". Vollst.
Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten, Bd. VIII, Berlin 1833. 41 42 92 - (anonym) „Phänomenologie des Geistes", hg. von Johann Schulze. Zweite unveränderte Aufl., Berlin 1841 (siehe auch Anm. 13). 22 23 109 139 146 149 203 205 - „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie", hg. von Karl Ludwig Michelet. In: „Georg Wilhelm Friedrich Hegel's Werke". Vollst. Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten, Bd. XIII-XV, Berlin 1833-1836. 139 178 - „Wissenschaft der Logik", hg. von Leopold von Henning. In: „Georg Wilhelm Friedrich Hegel's Werke". Vollst. Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten, 2-te Auflage, Bd. V, Berlin 1841. 146 Heine, Heinrich „Die Nordsee", zweiter Zyklus, Gedicht „Fragen". In: „Werke". Ausgewählt und hg. von Hermann Wendel, Bd. 1-5, Berlin 1925-1926. Band 1, 1925 (siehe auch Anm. 61). 166 - „Die schlesischen Weber", Gedicht, ebendort, Band 2, 1925 (siehe auch Anm. 124). 512 513 Helvetius, Claude-Adrien „De l'esprit" [Vom Geiste], T. I-II, Paris 1822 (siehe auch Anm. 50). 140 - „De l'homme, de ses facultas intellectuelles et de son £ducation" [Vom Menschen, seinen intellektuellen Fähigkeiten und seiner Erziehung], T. I-II, Londres 1775 (siehe auch Anm. 47). 137 Heß, Moses „Ueber die Noth in unserer Gesellschaft und deren Abhülfe". In: „Deutsches Bürgerbuch für 1845", Darmstadt 1845. 519 - „Die letzten Philosophen", Darmstadt 1845. 519 Hirzel „Correspondenz aus Zürich". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft IV, März 1844; Heft V, April 1844 (siehe auch Anm. 73). 153-155 222 d'Holbach, Paul-Henri-Dietrich „Systeme social, ou principes naturels de la morale et de la politique, ..." [Gesellschaftssystem, oder natürliche Grundsätze der Moral und der Politik,...], T. I-II, Paris 1822. 140 141 - (anonym) „Systeme de la nature, ou des loix du monde physique et du monde moral" [System der Natur, oder von den Gesetzen der physischen und der moralischen Welt] parM. Mirabaud. Partie 1-2, Londres 1770 (siehe auch Anm. 49). 137 140 [Hood, Thomas] „The Song of the Shirt". In: „Punch, or the London Charivari" [Das Lied vom Hemde. In: Punch oder der Londoner Charivari], Bd. V, London 1843. 428 Horner, Leonard siehe „Reports of the Inspectors of Factories..." „Journal of the Statistical Society of London" [Journal der Statistischen Gesellschaft Londons], Vol. II (S. 397-424): „Report upon the Condition of the Town of Leeds and of its Inhabitants". By a Statistical Committee of the Town Council, October 1839 [Bericht über den Zustand der Stadt Leeds und die Lage seiner Einwohner. Von einem Statistischen Komitee des Stadtrats, Oktober 1839], London 1839. 271 272 329357 -Vol. III (S.257-292): Robert Cowan, „Vital Statistics of Glasgow, illustrating the Sanitary Condition of the Population" [Geburten- und Sterbestatistik von Glasgow als Illustration des sanitären Zustandes der Bevölkerung], London 1840 (siehe auch Anm. 89). 335
„Journal of the Statistical Society of London" [Journal der Statistischen Gesellschaft Londons], Vol. VI (S. 17-27): „On the Condition of the Working Classes in the Inner Ward of St. George's Parish, Hanover Square". By C. R. Weld [Über die Lage der arbeitenden Klassen im inneren Bezirk der Gemeinde St. George's Parish, Hanover Square. Von C. R. Weld], London 1843. 261 - Vol. III (S. 14-24): „Report of a Committee of the Statistical Society of London, on the State of the Working Classes in the Parishes of St. Margaret and St. John, Westminster" [Bericht eines Komitees der Statistischen Gesellschaft Londons zur Lage der arbeitenden Klassen in den Gemeinden St. Margaret und St. John, Westminster], London 1840. 261 - Vol. VI (S. 60-72): „Real Property, Population, and Pauperism in England and Wales" [Grundbesitz, Bevölkerung und Pauperismus in England und Wales], London 1843. 318 -Vol. VI (S. 218-240): „Progress of Crime in the United Kingdom: abstracted from the Criminal Returns for 1842, ..." By Joseph Fletcher [Zunahme der Verbrechen im Vereinigten Königreich: hergeleitet aus den Kriminalstatistiken von 1842, ... von Joseph Fletcher], London 1843. 357 - Vol. VII (S. 316-318): J. P. Alison, „Notes on the Report of the Royal Commissioners on the Operation of the Poor Laws in Scotland, 1844" [Bemerkungen zum Bericht der Königlichen Kommissäre über das Wirken der Armengesetze in Schottland, 1844], London 1844. 329 J[ungnitz, Ernst] „Herr Nauwerk und die philosophische Facultät". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft VI, Mai 1844 (siehe auch Anm. 10). 17 18 Kay [Shuttleworth], James Philipps „The Moral and Physical Condition of the Working Classes employed in the Cotton Manufacture in Manchester", Second Edition enlarged: and containing an introductory Letter to the Rev. Thomas Chalmers [Die sittliche und physische Lage der in der Baumwollfabrikation m Manchester beschäftigten arbeitenden Klassen. Zweite erweiterte Ausgabe, enthält einen einleitenden Brief an Pfarrer Thomas Chalmers], London 1832. 282 292 293 295 296 321 322 328 398 La Mettrie, Julien Offroy de „L'homme machine" [Der Mensch - eine Maschine], London 1751 (siehe auch Anm. 48). 137 Leach, James „Stubborn Facts from the Factories by a Manchester Operative". Published and dedicated to the working classes by Wm. Rashleigh, M. P. [Unumstößliche Tatsachen aus den Fabriken, von einem Fabrikarbeiter aus Manchester. Von Wm. Rashleigh, Parlamentsmitglied, veröffentlicht und den arbeitenden Klassen gewidmet], London 1844. 361 362 399 400 401 413-416 Locke, John „An Essay Conceming Humane Understanding" [Abhandlung über den menschlichen Verstand], London 1690. 135 Lovett, William, and Francis Place, „ThePeople's Charter; being the Outline of an Act to provide for the Just Representation of the People of Great Britain in the Commons' House of Parliament. Embracing the principles of Universal Suffrage, No Property Qualification, Annual Parliaments, Equal Representation, Payment of Members, and Vote by Ballot. Prepared by a committee of twelve persons, six members of Parliament and six members of the London Working Men's Association, and addressed to the People of the United Kingdom" [Die Volkscharte: Entwurf einer Gesetzesvorlage zum Zwecke der Einführung einer gerechten Vertretung des Volkes in Großbritannien im Unterhaus des Parlaments. Umfaßt die Prinzipien des allgemeinen Stimmrechts, Abschaffung des Vermog'eWsZensusj einjährige Legisfaturfrertcde'n, gleiche Größe der Wahldistrikte, Diäten für
Parlamentsmitglieder und Wahlen durch Ballotage (geheime Abstimmung). Ausgearbeitet von einer zwölfköpfigen Kommission, bestehend aus sechs Parlamentsmitgliedern und sechs Mitgliedern der Londoner Arbeiterassoziation, gerichtet an das Volk des Vereinigten Königreichs], London 1838. 444 445 Malthrn, Thomas Robert „An Essay on the Principle of Population, as it affects the Future Improvement of Society, with Remarks on the Speculations of W.Godwin, M.Condorcet, and other Writers" [Abhandlungen über das Bevölkerungsprinzip und dessen Einfluß auf die künftige Verbesserung der Gesellschaft, mit Bemerkungen zu den Spekulationen von W. Godwin, M. Condorcet und anderen Verfassern], London, Erstausg. 1798. 311 312 493 494495 496 Mandeville, Bernard de „The Fable of the Bees: or, Private Vices, Publick Benefits" [Die Fabel von den Bienen, oder private Laster, öffentliche Wohltaten], London 1714. 138 Marmontel, J.-F. „Lucile". In: „CEuvres completes" [Lucile. In: Sämtliche Werke], T. IX, Paris 1819 (siehe auch Anm. 56). 152 Marx, Karl „Zur Judenfrage". In: „Deutsch-Französische Jahrbücher", hg. von Arnold Rüge und Karl Marx, 1-ste und 2-te Lieferung, Paris 1844 (siehe auch Anm. 19 33). 92 112 McCulloch, JohnRamsay „A Statistical Account of the British Empire, exhibiting its Extent, Physical Capacities, Population, Industry and civil and religious Institutions" [Eine Statistik des Britischen Weltreichs, die ein Bild seiner Ausdehnung, natürlichen Reichtümer, Bevölkerung, Industrie sowie seiner staatlichen und kirchlichen Einrichtungen vermittelt], 2 vol., London 1837.243 503 Miles „Bill for Enlarging the powers of justices in determining complaints between masters, servants and artificers". Bill no. 58 of 1844. Hansard's Parliamentary Debates, vols. LXXIII and LXX1V [Bill zur Erweiterung der Macht der Richter bei der Entscheidung von Streitfällen zwischen Herren, Dienern und Handwerkern. Bill Nr. 58 von 1844. Hansards parlamentarische Debatten, Band LXXIII und LXXIV]. 251 493 Mirabaad, Jean-Baptiste „Systeme de la nature ..." [System der Natur ...] siehe d'Holbach, Paul-Henri-Dietrich Moliere, Jean-Baptiste „Le bourgeois gentilhomme". In: „OEuvres completes", Tome septieme [Der Bürger als Edelmann. In: Sämtliche Werke, Band 7], Paris 1825 (siehe auch Anm. 22). 57 Monieil, Amans-Alexis „Histoire des Francis des divers etats aux cinq dernierssiecles" [Geschichte der Franzosen der verschiedenen Stände in den letzten fünf Jahrhundelten], T. I-X, Paris 1828-1844. 74 Nicholls, George „Poor Laws - Ireland. Three reports by George Nicholls, Esq., to Her Majesty'sPrincipal Secretary ofState for the Home Department" [Armengesetze - Irland. Drei Berichte von George Nicholls, Esq., an den Innenminister Ihrer Majestät], London 1838.482 483 Oastier, Richard siehe „Fleet Papers" Owen, Robert „Manifeste of Robert Owen, the Discoverer, Founder, and Promulgator of the Rational System of Society, and of the Rational Religion. Sixth Edition. To which are added aPreface and also an Appendix, ..." [Manifest von Robert Owen, dem Entdecker, Begründer und Verkünder der Vernunftsgesellschaft und der Vernunftsreligion. 6. Ausgabe, der ein Vorwort,und ein Anhang beigefügt ist, ...], London 1840. 391
OuJen, Robert „Observations on the Effect of the Manufacturing System: with hints for the improvement of those parts of it which are most injurious to health and morals" [Bemerkungen über die Wirkungen des Fabriksystems: mit Hinweisen zur Verbesserung jener Teile des Fabriksystems, die für Gesundheit und Sitten äußerst schädlich sind], 2nd Edition, London 1817.391 Parkinson, Richard „On the present Condition of the Labouring Poor in Manchester, ..." [Über die gegenwärtige Lage der arbeitenden Armen in Manchester,...], 3rd ed., Ijmdon and Manchester 1841. 352 Parny, E.D. „Poesies erotiques". In: „Poesies compfetes" [Erotische Dichtungen. In: Sämtliche Dichtungen], Paris 1887. 72 „La Phalange". Revue de la science sociale. XlVe annee, 1re Serie. Tome 1re: „PublicationdesManuscrits de Fourier .Section £bauch6edestroisunit£s externes'" [DiePhalanx. Zeitschrift für Sozialwissenschaft. XIV Jahrgang, 1. Serie, Band 1: Veröffentlichung der Manuskripte Fouriers „Entwurf des Abschnitts über die drei äußeren Einheiten"], Paris 1845. 606 607 „ThePhysical and Moral Condition, of the Children and YoungPersons employed in Mines and Manufactures. Illustrated by Extracts from the Reports of the Commissioners for Inquiring into the Employment of Children and Young Persons in Mines and Collieries, and in the Trades and Manufactures in which Numbers of them work together, not being included ur.der the Terms of the Factories' Regulation Act" [Die körper liehe und sittliche Verfassung der in Bergwerken und Fabriken beschäftigten Kinder und Jugendlichen. Veranschaulicht durch Auszüge aus Berichten der Kommissäre für die Untersuchung der Beschäftigung der Kinder und Jugendlichen in Bergwerken und Kohlengruben und in den Handwerken und Industrien, in denen viele zusammenarbeiten, die nicht unter das Fabrikordnungsgesetz fallen], London 1833. Von Engels zitiert als „Children's Employment Commission's Report" [Bericht der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit] oder unter den Namen der Kommissäre: Bums, Frank, Grainger, Hörne, Leifchild, Mitchel, Southwood, Scriven, Smith, Symons, Tancred. 282 287 338-342 408-414 418-427 457-465
Polidori Vergilii Urbinatis „De rerum inventoribus" [Von den Erfindern der Dinge], Lug" duni Batavorum 1644. 75 Porter, GeorgeRichardson „TheProgress of the Nation, in its various Social and Economical Relations from the Beginning of the Nineteenth Century to the Present Time" [Der Fortschritt der Nation in ihren verschiedenen sozialen und ökonomischen Beziehungen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart], 3 vol., London 1836-1843. 242-249 357 Proudhon, Pierre-Joseph „Avertissement aux proprietaires, ou Lettre ä M. Consid^rant, redacteur de la Phalange, sur une defense de la propri6t£" [Warnung an die Eigentümer, oder Brief an Herrn Consid^rant, Redakteur der „Phalange", über eine Verteidigung des Eigentums], Paris 1841. 53 — „Qu'est-ce que la propriet6? Ou recherches sur le principe du droit et du gouvernement". Premier memoire [Was ist das Eigentum? Oder Untersuchungen über das Prinzip des Rechts und der Regierung. Erste Abhandlung], Paris 1841 (siehe auch Anm. 15). 23-34 39 40 42 44-51 53 55 455 — „Qu'est-ce que lapropri£te? Deuxieme memoire. Lettreä M. Blanqui, professeur d'£conomie politique au conservatoire des arts et m£tiers. Sur la propriete" [Was ist das Eigentum?
Zweite Abhandlung. Brief an Herrn Blanqui, Professor der politischen Ökonomie am Konservatorium der Künste und Gewerbe. Uber das Eigentum], Paris 1841. 143 R[eichardt], C[ar/] „Katechismus für wahlberechtigte Bürger in Preußen. Von Dr. A. Benda. Berlin, 1843 bei Springer". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft VI, Mai 1844. 10 - „Preußens Beruf in der deutschen Staats-Entwickelung, und die nächsten Bedingungen zu seiner Eifüllung. Von C. Brüggemann. Berlin, 1843, bei Besser". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft VI, Mai 1844. 9 10 - „Schriften über den Pauperismus. Die Gründe des wachsenden Pauperismus von A. T. Wöniger". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft II, Januar 1844. 9 - „Schriften über den Pauperismus. Publicistische Abhandlungen: von Wöniger, Doctor beider Rechte und der Philosophie. 1843. Berlin bei Hermes". In: „Allgemeine LiteraturZeitung", Heft I, Dezember 1843 (siehe auch Anm. 3). 9 „Report from Committees: 1831-2. Vol. XV. Factories. No. 706. Report from the Select Committee on the ,Bill to regulate the Labour of Children in the Mills and Factories of the United Kingdom'. - With the Minutes of Evidence, Appendix and Index" [Berichte von Kommissionen: 1831-2. Bd. XV. Fabriken. Nr. 706. Bericht der Sonderkommission für das .Gesetz zur Regelung der Kinderarbeit in den Spinnereien und Fabriken des Vereinigten Königreiches'. - Mit den Protokollen des Beweismaterials, sowie Anhang und Register]. Von Engels zitiert als Sadler'scher Bericht. 391 392 „Report of Commission of Inquiry into the Employment of Children and Young Persons in Mines and Collieries and in the Trades and Manufactures in which Numbers of them work together, not being included under the terms of the Factories' Regulation Act" [Bericht der Untersuchungskommission über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen in Bergwerken und Kohlengruben und in den Handwerken und Industrien, in denen viele zusammenarbeiten, die nicht unter das Fabrikordnungsgesetz fallen], First Report 1841; Second Report 1843. Von Engels benutzt in der Bearbeitung „The Physical and Moral Condition of Children and Young Persons employed in Mines and Manufactures" und zitiert als „Children's Employment Commission's Report" [Erster Bericht 1841; zweiter Bericht 1843. Von Engels benutzt in der Bearbeitung „Die körperliche und sittliche Verfassung der in Bergwerken und Fabriken beschäftigten Kinder und Jugendlichen" und zitiert als „Bericht der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit"]. 333 334 381
„Reports of the Inspectors of Factories to Her Majesty's Principal Secretary of State for the Half-Year ending 31st December 1843. Presented to both Houses of Parliament by Command of Her Majesty" [Berichte der Fabrikinspektoren an den Staatssekretär Ihrer Majestät über das zweite Halbjahr 1843. Beiden Häusern des Parlaments auf Befehl Ihrer Majestät vorgelegt], London 1844. 366 394 „Report to the Home Secretary ..." siehe „Report to Her Majesty's Principal Secretary..."
„Report to Her Majesty's Principal Secretary of State for the Home Department, from the Poor Law Commissioners, on an Inquiry into the Sanitary Condition of the Labouring Population of Great Britain; with Appendices". Presented to both Houses of Parliament, by Command of Her Majesty, July, 1842 [Bericht der Armengesetz-Kommissäre an den Innenminister Ihrer Majestät über eine Untersuchung der sanitären Lage der arbeitenden Bevölkerung Großbritanniens; mit Anhang. Beiden Häusern des Parlaments auf Befehl Ihrer Majestät vorgelegt, Juli 1842], Lohdofc 1842. 267 272 296 327 328 336
„Revolutions de Paris. Dediees ä la Nation et au District des Petits-Augustins" [Revolutionen von Paris. Der Nation und dem Distrikt der kleinen Augustiner gewidmet], 1789-1794 (siehe auch Anm. 29). 87 „Revue des deux Mondes". 1829-1866. Läon Faucher, „Etudes sur l'Angleterre", T. 4, 13iöme annee. Nouvelle Serie, Paris; l.X. 1843 „White-Chapel"; 1. XI. 1843 „SaintGiles"; 1. XII. 1843 „Liverpool", Premiere partie; 15. XII. 1843 „Liverpool", Derniere Partie; T. 5, 14ieme annfe, 15. III. 1844 „Manchester", Premiere partie; T. 6, 1. IV. 1844 „Manchester", Derniere partie; 15. V. 1844 „La Villede Leeds", Premiere partie; 15. VI. 1844 „La Ville de Leeds', Derniere partie; T. 7, 15. VII. 1844 „Birmingham" [Rundschau beider Welten. 1829-1866. Lgon Faucher „Studien über England", Bd. 4, 13. Jahrg. Neue Serie, Paris; 1. 10. 1843 „White-Chapel"; 1. 11. 1843 „Saint-Giles"; 1. 12. 1843 „Liverpool", Erster Teil; 15. 12. 1843 „Liverpool", Schluß; Bd. 5, 14. Jahrg. 15. 3. 1844 „Manchester", Erster Teil; Bd. 6, 1.4. 1844 „Manchester", Schluß; 15. 5. 1844 „Die Stadt Leeds", Erster Teil; 15. 6. 1844 „Die Stadt Leeds", Schluß; Bd. 7, 15. 7. 1844 „Birmingham"]. 12-14 16 85 417
Robespierre, Maximilien „Rapport sur les principes de morale politique qui doivent guider la Convention nationale dans 1'administration Interieure de la R^publique, fait au nom du comite de salut public, ä la s£ance du 5 fevrier (17 pluviose) 1794" [Bericht über die Grundsätze der politischen Moral, die den Nationalkonvent in der inneren Verwaltung der Republik leiten sollen, erstattet im Namen des Ausschusses für öffentliche Wohlfahrt in der Sitzung vom 5. Februar (17. Pluviose) 1794]. In: P. J. B. Buchez et P. C. Roux, „Histoire parlementaire de la Revolution franipaise, ou Journal des Assembl^es Nationales depuis 1789 jusqu'en 1815, ..." [Parlamentarische Geschichte der Französischen Revolution oder Joumalder Nationalversammlung von 1789 bis 1815,...], Tome 31, Paris 1837. 128
Robinet, Jean-Baptiste „De la natura" [Uber die Natur], Nouv. ed. T. I-IV, Amsterdam 1763-1766. 138 Sadlerscher Bericht siehe „Report from Committees: 1831—2* Saint-Just, Louis „Au nom des comitfe de salut public et de süret6 generale. Convention nationale. Seance du 31 mars (11 germinal) 1794" [Im Namen der Ausschüsse für öffentliche Wohlfahrt und für allgemeine Sicherheit. Nationalkonvent, Sitzung vom 31. März (11. Germinal) 1794], In: P. J. B. Buchez et P. C. Roux, „Histoire parlementaire de la Revolution franipaise..." [Parlamentarische Geschichte der Französischen Revolution ...], Tome 32, Paris 1837. 129
- „Rapport sur la police generale. - Du 26 germinal an 2 (15 avril 1794)" [Bericht über die allgemeine Polizei. - Vom 26. Germinal des Jahres 2 (15. April 1794)]. In: P. J. B. Buchez et P. C. Roux, „Histoire parlementaire de la Revolution frampaise ..." [Parlamentarische Geschichte der Französischen Revolution ...], Tome 32, Paris 1837. 129 Saunders, Robert John siehe „Reports oj the Inspectors of Factories..." Say, Jean-Baptiste „Traite d'&onomie politique, ou simple exposition de la maniere dont se forment, se distribuent et se consomment les richesses" [Abhandlung über politische Ökonomie, oder einfache Darstellung, wie die Reichtümer geschaffen, verteilt und verbraucht werden], T. I-II, 3ieme ed., Paris 1817. 32 45 Schiller, Friedrich von „Das Mädchen aus der Fremde", Gedicht. In: „Schillers Werke". Neue Ausgabe in 6 Bänden. Einl. von Franz Mehring, Berlin 1927. Band 1 (siehe auch Anm. 14). 23
Schiller, Friedrich von „Die Räuber", ebendort, Band 2. 567 Senior, Nassau William „Letters on the Factory Act, as it affects the Cotton Manufacture, addressed to theRight Honourable the President of the Board of Trade, to which are appended, a Letter to Mr. Senior from Leonard Horner, Esq. and Minutes of a Conversation between Mr. Edmund Ashworth, Mr. Thomson and Mr. Senior" [Briefe über das Fabrikgesetz, soweit es die Baumwollindustrie beeinflußt, gerichtet an den sehr ehrenwerten Präsidenten des Handelsamtes, denen ein Brief an Herrn Senior von Leonard Horner, Esq., und Protokolle einer Unterredung zwischen Herrn Edmund Ashworth, Herrn Thomson und Herrn Senior beigefügt sind], London 1837. 295 Shakespeare, William „Ende gut, Alles gut". In: „Shakespeare's dramatische Werke nach der Uebersetzung von August Wilhelm Schlegel und Ludwig Tieck", 2. aufs neue durchges. Aufl., Bd. 1-12, Berlin 1876-1877; Band 11 (siehe auch Anm. 26). 74 Sieyks, E. ]. „Qu'est-ce que le tiers-etat?" [Was ist der dritte Stand?], Bordeaux 1789. 33 Smith, Adam „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations" [Untersuchung über das Wesen und die Ursachen des Reichtums der Nationen], London 1776. 51
- „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations". With a Life of the Author, an introduetory Discourse, Notes, and supplemental Dissertations. By J. R. McCulloch [Untersuchung über das Wesen und die Ursachen des Reichtums der Nationen. Mit einer Biographie des Autors und einer einleitenden Abhandlung sowie Anmerkungen und ergänzenden Auseinandersetzungen. Von J. R. McCulloch], 4 vol., Edinburgh 1828. 51 310 311 347 „77ie State of Ireland" siehe Croker, John Wilson Stein, Lorenz „Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs". Ein Beitrag zur Zeitgeschichte, Leipzig 1842 (siehe auch Anm. 52). 142 604 608 Stirner, Max „Der Einzige und sein Eigenthum", Leipzig 1845. 257 488 Strauß, David Friedrich „Das Leben Jesu", 4. Aufl., Bd. 1-2, Tübingen 1840. 455 „Stubborn Faets from the Factories" siehe Lcaeh, James Sue. Eugene „Le Juif errant" [Der ewige Jude], T. I-X, Paris 1844/1845. 202 - „Les mysteres de Paris" [Die Geheimnisse von Paris], T. I-XIV, Bruxelles 1843 (siehe auch Anm. 21). 56 57 59 60 65 69 70 72 77 78 173-176 179-188 190-193 195-200 205 207 213-221 Symons, Jelinger Cookson „Arts and Artisans at Home and Abroad: with Sketches of the Progress of Foreign Manufactures" [Handwerke und Handwerker im In- und Ausland, mit Abrissen über den Fortschritt der ausländischen Industrie], Edinburgh 1839. 269 270 343 364 432 Szeliga „Eusren Sue: Die Geheimnisse von Paris, Kritik". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft VII, Juni 1844 (siehe auch Anm. 21). 56-59 64-81 172 173 176-178 191 197 198 202 203 205 207 212 214 221 „Telegraph für Deutschland", Hamburg, Nr. 193 und 194 vom Dezember 1845. 585 587 Ure, Andrew „The Cotton Manufacture of Great Britain. Systematically investigated, and illustrated ..." [Die Baumwollmanufaktur Großbritanniens. Systematisch untersucht und erläutert...], 2 vol. London 1836. 237 240-246 360 - „The Philosophy of Manufactures: or, an Exposition of the Scientific, Moral, and Commercial Economy of the Factory System of Great Britain". Third Ed. [Die Philosophie
der Manufakturen: oder Darlegung der wissenschaftlichen, moralischen und kommerziellen Ökonomie des Fabriksystems in Großbritannien. Dritte Aufl.], London 1861. 349 366 389-391 440 Vaughan, Robert „The Age of Great Cities: or, Modern Society Viewed in its Relation to Intelligence, Morals, and Religion" [Das Zeitalter der Großstädte: oder die moderne Gesellschaft in ihrem Verhältnis zur Intelligenz, Moral und Religion], London 1843. 347 „Verordnung über die zu bildende Repräsentation des Volks• Vom 22sten Mai 1815" (No. 290). In: „Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten", No. 9 (Ausgegeben zu Berlin den 8ten Juli 1815.). 576 Wade, John „History of the Middle and Working Classes; with a Populär Exposition of the Economical and Political Principles ...". Third Edition [Geschichte der Mittel- und arbeitenden Klassen; mit einer volkstümlichen Erklärung der ökonomischen und politischen Prinzipien ... Dritte Aufl.], London 1835. 337 Wakefield, Edgar Gibbon „Swing, Unmasked; or, the Causes of Rural Incendiarism" [Der entlarvte Swing; oder: Die Ursachen der ländlichen Brandstiftungen], London 1831. 476 Weitling, Wilhelm „Garantien der Harmonie und Freiheit", Vivis 1842 (siehe auch Anm. 129). 515 „Zeitschrift für spekulative Theologie, in Gemeinschaft mit einem Verein von Gelehrten herausgegeben von Bruno Bauer", Bd. I—III, Berlin 1836 bis 1838 (siehe auch Anm. 55). 151 Zerrleder „Correspondenz aus Bern". In: „Allgemeine Literatur-Zeitung", Heft III, Februar 1844; Heft VI, Mai 1844.153 154
Verzeichnis der Zeitungen und Zeitschriften
„Allgemeine Literatur-Zeitung" (Charlottenburg) (siehe Anm. 2). 7 12 15 20 81 95 96 105 113 147 151 155 156 159 160 162 165-167 222 223 „Allgemeine Zeitung" (Augsburg) (siehe Anm. 51). 142 „Allgemeines Volksblatt. Populärer Monatsbericht über die wichtigsten Zeitfragen" (Köln) (siehe Anm. 136). 518 „The Anti-Bread-TaX'Circular" (Manchester) (siehe Anm. 171). 586 „The Artizan". A Monthly Journal of the Operative Arts (London). 267-269 271 327 336 „Debat Social" (Brüssel) (siehe Anm. 116). 507 „La Democratie paeijique" (Paris) (siehe Anm. 60). 161 508 „Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst" (Leipzig) (siehe Anm. 37). 105 113 „Deutsch-Französische Jahrbücher" (Paris) (siehe Anm. 19). 33 92 112-115 117 119 120 254 509 „Durham Chronicle" (siehe Anm. 78). 247 „The Edinburgh Medical and Surgical Journal" (Edinburgh). 267 „The Examiner" (London). 450 „The Fleet Papers" (London) (siehe Anm. 93). 395 „Gesellschaftsspiegel". Organ zur Vertretung der besitzlosen Volksklassen und zur Beleuchtung der gesellschaftlichen Zustände der Gegenwart (Elberfeld) (siehe Anm. 127). 514 518 „Halifax Guardian". 403 „Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst" (siehe Anm. 37). 139 „The Illuminated Magazine" (London). 259 498 „Journal des Debats politiques et litteraires" (Paris) (siehe Anm. 65). 200 „Journal of the Statistical Society of London" (London). 261 271 272318335 357 „Kölnische Zeitung" (siehe Anm. 122). 511 „The Leeds Mercury". 402 „Literatur-Zeitung" siehe „Allgemeine Literatur-Zeitung" „Liverpool Mercury". 301
„The Manchester Guardian" (siehe Anm. 87). 300-303 334 358 368 387 399 402 464 465 488 489 „ The Miner's Advocate" (Newcastle-upon-Tyne). 467 „The Mining Journal" (London) (siehe Anm. 103). 464 „The Morning Chronicle" (London). 409 410 480 481 532 „The New Moral World: and Gazette of the Rational Society" (London) (siehe Anm. 113). 507 509 513 515 „North of England Medical and Surgical Journal" (London und Manchester). 385 „The Northern Star and Leeds General Advertiser" (siehe Anm. 94). 261 262 272 273 316 402 403 441 478 479 558 562-564 571 577 600 616 623 „Petites Affiches de Paris" (siehe Anm. 67). 200 „Pfennig-Magazin" (Penny Magazine). 528 „La Phalange. Revue de la science sociale" (Paris). 606 607 „Pittsburg Daily Advocate and Advertiser". 528 „Punch, or the London Charivari" (London). 428 „Revolutions de Paris" (Paris) (siehe Anm. 29). 87 „Revue des deux Mondes" (Paris) (siehe Anm. 96). 417 „Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe" (Köln) (siehe Anm. 38). 105 113 549 „Rheinischer Beobachter" (Köln) (siehe Anm. 187). 625 „Le Satan" (Paris) (siehe Anm. 68). 202 „Le Siecle" (Paris) (siehe Anm. 66). 200 „Der Sprecher oder Rheinisch-Westphälischer Anzeiger" (Wesel) (siehe Anm. 121). 509 „Statistical Journal" siehe „Journal of the Statistical Society of London" „San" (London). 403 „Telegraph für Deutschland" (Hamburg). 585 587 „The Times" (London) (siehe Anm. 83). 264 265 358 476 503 „Trier sehe Zeitung" (siehe Anm. 120). 509 625 „L'Union. Bulletin des ouvriers, redigg et publie pareux-memes" (Paris) (siehe Anm. 184). 166 616 „Volksblatt" siehe „Allgemeines Volksblatt" „Vorwärts!" Pariser deutsche Zeitschrift (siehe Anm. 115). 507 512 „The Weekly Chronicle" (London). 450 „The Weekly Dispatch" (London). 261 262 297 303 316 338 427 428 450 „Das Westphälische Dampfboot" (Bielefeld) (siehe Anm. 135). 518 603 „Zeitschrift für spekulative Theologie" (Berlin) (siehe Anm. 55). 151
44 Marx/Engels. Werke, Bd. 2
Karl Marx und Friedrich Engels Daten aus ihrem Leben und ihrer Tätigkeit
(August 1844 bis April 1846)
1844 Ende August Historische Begegnung von Karl Marx und Friedrich Engels in Paris — bis Beginn ihrer schöpferischen Zusammenarbeit, ihrer gemeinsamen wisAnfang September senschaftlichen Tätigkeit und ihres revolutionären Kampfes für die Sache des Proletariats. Es stellt sich ihre vollständige „Übereinstimmung auf allen theoretischen Gebieten" (Engels) heraus. Die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus beginnen ihre erste gemeinsame Arbeit, die sie ursprünglich „Kritik der kritischen Kritik gegen Bruno Bauer und Consorten" nennen wollen. Während seines zehntägigen Aufenthaltes in Paris schreibt Engels sieben kleine Kapitel und Abschnitte für dieses Buch. Marx gewinnt Engels für die Mitarbeit am „Vorwärts!", an dessen Redaktion er selbst stark beteiligt ist. Engels macht sich mit der französischen Arbeiterbewegung bekannt; er besucht Versammlungen der Sozialisten und Kommunisten und trifft sich auch mit den russischen Politikern Michail Alexandrowitsch Bakunin und Grigori Michailowitsch Tolstoi.
31. A.ugust Im „Vorwärts!" erscheinen Engels' Artikel „Die Lage Englands. Das bis achtzehnte Jahrhundert" und „Die Lage Englands. Die englische 19. Oktober Konstitution", die er im Februar und März 1844 in England geschrieben hatte und die damals für die „Deutsch-Französischen Jahrbücher" vorgesehen waren.
Etwa 6.September Engels reist von Paris nach Barmen.
September bis Marx setzt in Paris die Arbeit an der „Kritik der kritischen Kritik" fort; November er erweitert wesentlich den mit Engels entworfenen ursprünglichen Plan und benutzt für die Schrift einen Teil seiner ökonomischen und philosophischen Manuskripte wie auch Konspekte und Aufzeichnungen über die Geschichte der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts.
September 1844 Marx unterhält Verbindung mit französischen Demokraten und Soziabis listen, mit den Leitern des Bundes der Gerechten in Paris und mit den Januar 1845 Führern der meisten französischen geheimen Arbeitergesellschaften; er besucht häufig die Versammlungen der deutschen und französischen Arbeiter und Handwerker.
Zweite Hälfte Engels arbeitet in Barmen an seinem Werk „Die Lage der arbeitenden September 1844 Klasse in England". bis Engels nimmt aktiven Anteil an der sozialistischen Propaganda und an März 1845 der Organisierung der demokratischen und sozialistischen Bewegung in der Rheinprovinz; er stellt die Verbindung mit Sozialisten aus Barmen, Elberfeld, Köln, Düsseldorf, Bonn und anderen Städten her, tritt in Versammlungen auf, in denen er die Ideen des Kommunismus propagiert, und betedigt sich an der Herausgabe sozialistischer Schriften.
Anfang Oktober Engels schreibt Marx einen Brief über die sozialistische Propaganda in Deutschland und über die dringende Notwendigkeit einer Darlegung der materialistischen und kommunistischen Prinzipien in zwei bis drei Büchern als theoretische Grundlage für die sozialistische Bewegung.
Nach dem Weitling schreibt aus London einen Brief an Marx, in dem er ihn bittet, 18. Oktober mit ihm in Briefwechsel zu treten. Engels arbeitet an der „Beschreibung der in neuerer Zeit entstandenen und noch bestehenden kommunistischen Ansiedlungen". Dieser Aufsatz ist zum Teil eine deutsche Ubersetzung von Veröffentlichungen in der englischen Presse. Der Aufsatz erscheint im Dezember 1844 anonym in „Deutsches Bürgerbuch für 1845".
Oktober 1844 Engels setzt die Mitarbeit an „The New Moral World", dem Organ der bis englischen sozialistischen Owenisten, fort; in ihm erscheinen seine Anfang April 1845 Korrespondenzen über die Verbreitung sozialistischer und kommunistischer Ideen in Deutschland.
19. November
Zweite Hälfte November
Dezember
Ende 1844 bis Januar 1845
In einem Brief an Marx kritisiert Engels das Buch „Der Einzige und sein Eigenthum" des Junghegelianers Max Stirner.
Marx hat die Arbeit an der „Kritik der kritischen Kritik" beendet und sendet das Manuskript an den Verleger nach Fl ankfurt am Main. Während der Drucklegung fügt Marx dem Titel des Buches die Worte „Die heilige Familie" hinzu.
Marx liest Max Stirners „Der Einzige und sein Eigenthum"; er beabsichtigt, darüber eine Kritik für den „Vorwärts!" zu schreiben.
Marx setzt in Paris das Studium der Werke der englischen und französischen Ökonomen des 18. und der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts fort.
1845 Mitte Januar Unter dem DruckPreußens verfügt die französische Regierung dieAusweisung von Karl Marx und anderer Mitarbeiter des „Vorwärts!" aus Frankreich.
«a Marx/Engels, Werke, Bd. 2
Marx schließt mit dem in Paris weilenden Darmstädter Verleger Leske einen Vertrag über die Herausgabe eines zweibändigen ökonomischen Werkes „Kritik der Politik und Nationalökonomie" ab, Marx trifft sich in Paris mit dem französischen utopischen Kommunisten Etienne Cabet. Marx, aus Paris ausgewiesen, übersiedelt nach Brüssel. Marx setzt in Brüssel die Arbeit an seinem ökonomischen Werk fort. Marx steht in Briefwechsel mit deutschen demokratischen und sozialistischen Funktionären in Paris und mit den Leitern der Pariser Gemeinden des Bundes der Gerechten. Engels beteiligt sich in Elberfeld führend an Versammlungen, in denen die sozialistischen und kommunistischen Ideen einem größeren Hörerkreis vorgetragen werden. Engels' Reden vom 8. und 15. Februar werden im ersten Band der „Rheinischen Jahrbücher" August 1845 veröffentlicht.
„Die heilige Familie, oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer und Consorten" von Friedrich Engels und Karl Marx erscheint. Engels erhält eine amtliche Verfügung des Oberbürgermeisters von Elberfeld, in der jegliche Versammlung in Elberfeld verboten wird, die sich mit sozialistischer und kommunistischer Thematik befaßt. Friedrich Engels hat die Arbeit an der „Lage der arbeitenden Klasse in England" beendet und sendet das Manuskript an den Verleger in Leipzig. Karl Marx schreibt die Thesen über Feuerbach - „das erste Dokument, worin der geniale Keim der neuen Weltanschauung niedergelegt ist" (Engels). Marx und Engels führen Verhandlungen über die Herausgabe einer „Bibliothek sozialistischer Schriftsteller des Auslandes" mit Ubersetzungen der besten Werke von Fourier, Owen, Morelly, der SaintSimonisten usw. Engels schreibt für „The New Moral World" einen Bericht über die Versammlungen in Elberfeld, der am 10. Mai 1845 erscheint. Damit endet die Mitarbeit von Engels an dem Organ der englischen Owenisten.
Nach dem 5. April Engels, der sich bisher in Barmen aufhielt, übersiedelt nach Brüssel zu Marx. April bis Marx und Engels treten in Verbindung mit belgischen demokratischen Dezember und sozialistischen Funktionären und mit Vertretern der polnischen revolutionären Emigration. Ende Mai In Leipzig erscheint Friedrich Engels' Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England". Etwa 12. Juli Marx und Engels reisen gemeinsam nach London und Manchester, um die englische ökonomische Literatur zu studieren und das ökonomische
1. Februar
Etwa 2. Februar
3. Februar Februar bis Juli Februar bis Dezember
8.. 15. und 22. Februar
Etwa 24. Februar
28. Februar
15. März
Frühjahr
März bis Mai
Etwa 5. April
Zweite Hälfte Juli bis erste Hälfte August
Mitte August
Etwa 20. August
und politische Leben Englands sowie die englische Arbeiterbewegung kennenzulernen.
Während ihres Aufenthaltes in Manchester besuchen Marx und Engels die öffentlichen Bibliotheken und studieren die Werke der englischen Ökonomen.
Marx und Engels treffen in London mit George Harney, einem der Redakteure des „Northern Star" (Polarstern) und mit den Leitern der Londoner Gemeinden des Bundes der Gerechten Karl Schapper, Josef Moll und anderen zusammen.
Marx und Engels beteiligen sich an einer Besprechung, an der Chartisten, Leiter des Bundes der Gerechten und Funktionäre der revolutionären und demokratischen Bewegung verschiedener Länder teilnehmen. In dieser Besprechung wird eine von Engels unterstützte Resolution angenommen, in London eine Gesellschaft der Demokraten aller Nationen für die gegenseitige Information über die demokratische und revolutionäre Bewegung in den einzelnen Ländern zu schaffen.
Etwa 24. August Marx und Engels kehren aus England nach Brüssel zurück.
Zwischen dem 8. Friedrich Engels schreibt den Artikel „Das kürzliche Gemetzel in Leipund 11. September zig - Die deutsche Arbeiterbewegung". Mit diesem am 13. September erschienenen Artikel beginnt seine Mitarbeit an „The Northern Star", dem Hauptorgan der Chartisten.
September Marx und Engels beginnen mit der gemeinsamen Arbeit an der „Deutschen Ideologie", die eine wichtige Etappe bei der Ausarbeitung der theoretischen, philosophischen Grundlagen der kommunistischen Partei war. Marx unterbricht deshalb die Arbeit am Manuskript des ersten Bandes der „Kritik der Politik und Nationalökonomie".
15. Oktober Friedrich Engels schreibt den ersten Artikel seiner Artikelreihe „Deutsche Zustände", der in „The Northern Star" vom 25. Oktober veröffentlicht wird.
8. November In „The Northern Star" erscheint der zweite Artikel von Friedrich Engels über „Deutsche Zustände".
1. Dezember Nachdem Marx erfahren hatte, daß die preußische Regierung von der belgischen Regierung seine Ausweisung erwirken wollte, gibt er seine preußische Staatsangehörigkeit auf.
Ende 1845 Da sich für die Herausgabe einer „Bibliothek sozialistischer Schriftsteller des Auslandes" kein Verleger fand, veröffentlicht Engels im „Deutschen Bürgerbuch für 1846" das von ihm ins Deutsche übertragene „Fragment Fouriers über den Handel" mit Einleitung und Nachwort. Mit dieser Publikation tritt Engels zum erstenmal gegen den „wahren" Sozialismus auf. Engels schreibt den Artikel „Das Fest der Nationen in London", der aber erst Ende 1846 im zweiten Band der „Rheinischen Jahrbücher" erscheint.
1846 Anfang 1846 Marx und Engels gründen in Brüssel ein kommunistisches Korrespondenz-Komitee, um den ideologischen und organisatorischen Zusammenschluß der Sozialisten und fortschrittlichen Arbeiter der verschiedenen Länder zu fördern. Sie bereiten den Boden zur Gründung einer internationalen proletarischen Partei vor und unternehmen Schritte zur Bildung von Korrespondenz-Komitees in London, Paris und einigen Städten Deutschlands.
18. Januar In einer „Erklärung" widerlegt Marx die im „Rheinischen Beobachter" Nr. 18 vom 18. Januar 1846 erschienene Meldung, daß er Mitarbeiter der „Trier'sehen Zeitung" sei.
20. Februar Engels schreibt für „The Northern Star" den dritten Artikel über „Deutsche Zustände".
30. März In einer Sitzung des Brüsseler kommunistischen KorrespondenzKomitees üben Marx und Engels in Anwesenheit von Weitling und anderen scharfe Kritik am „wahren" Sozialismus und an dem groben Gleichheitskommunismus Weitlings.
4. April In „The Northern Star" erscheint der dritte Artikel von Friedrich Engels über „Deutsche Zustände". Ende April Marx und Engels lernen Wilhelm Wolff kennen, der aus Deutschland emigriert und kurz vorher in Brüssel eingetroffen ist. Sie schließen bald enge Freundschaft mit ihm und nehmen ihn in das Brüsseler kommunistische Korrespondenz-Komitee auf, wo Wolff zu ihrem treuen Mitarbeiter wird. Marx und Engels setzen ihre Arbeit an der „Deutschen Ideologie" fort.
Personenverzeichnis
Aaron Gestalt aüs dem Alten Testament. 341 Abraham Gestalt aus dem Alten Testament. 10 114 Adam Gestalt aus dem Alten Testament. 341 Ainsworth & Crompton Textilfabrikanten in Bolton (England). 437 Albert Francis Charles /lugusfus Emanuel (1819-1861) Prinzgemabi der Königin Victoria. 563 Alexanderl. (1777-1825) russischer Zar (1801-1825). 217 Alison, Sir Arehibald (1792-1867) englischer Historiker und Ökonom; Tory. 14 266 320 344 347-349 353 355 357 482 483 Alison, Dr. William Pulteney (1790-1859) Bruder des vorigen, Professor der Medizin an der Universität in Edinburgh; Tory. 266 320 329 Aiston, G. Prediger von St. Philips, Bethnal Green, London. 261 Anaxagoras aus Klazomenä in Kleinasien (etwa 500-428 v. u. Z.) griechischer materialistischer Philosoph. 135 Antonius, Marcus (83-30 v. u. Z.) römischer Volkstribun und Feldherr, Parteigänger Julius Casars. 129 Aristides (etwa 540-467 v. u. Z.) griechischer Politiker und Feldherr, Vertreter einer gemäßigt-demokratischen Strömung in Athen. 128
Arhwright, Sir Richard (1732-1792) englischer Unternehmer in der Periode der industriellen Revolution; Konstrukteur und Erbauer verschiedener Spinnmaschinen. 12 241 242 Arnauld, Antoine (1612-1694) französischer Philosoph, Anhänger der idealistischen Erkenntnistheorie Descartes'; Metaphysiker. 134 Ashley, Anthony siehe Shaftesbury, Earl oj Ashton, Thomas Fabrikant in Hyde bei Manchester. 406 Ashton, Thomas Sohn des vorigen, 1831 während der Arbeiterunruhen erschossen. 437 Ashworth, Edmund (1801-1881) Fabrikant in Lancashire, bekämpfte aktiv die Korngesetze und die Arbeiterassoziationen. 383 406 440
Babeuf, Franfois-Noel (Gracchus) (1760 bis 1797) französischer Revolutionär, utopischer Kommunist, Organisator der Verschwörung der „Gleichen". 49 126 612 614 620 Bacon, Francis, Viscouni of Saint Albans und Baron of Verulam (Baco Von Verulam) (1561-1626) englischer Philosoph, Naturforscher und Historiker. „Der wahre Stammvater des englischen Materialismus und aller modernen experimentierenden Wissenschaft ist Baco" (Marx). 135 136
Badinot Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 215 216 Bailey, William Fabrikant in Stalybridge. 447 Baines, Sir Edward (1800-1890) englischer bürgerlicher Ökonom, Liberaler, Herausgeber des „Leeds Mercury". 360 Barbaroux, Charles-Jean-Marie (1767-1794) Mitglied des Konvents, Girondist. 618 Bardsley, Samuel Argent (1764-1851) 1790 bis 1823 Arzt im Städtischen Krankenhaus in Manchester. 352 Barham, Charles Foster (1804-1884) englischer Arzt, 1841 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 457 Barmekiden altpersisches Geschlecht, von großem Einfluß am Hofe der Abbasiden. 503 Barry, Sir David (1780-1835) englischer Arzt und Physiologe. 377-380 384-386 Bauer, Bruno (1809-1882) deutscher idealistischer Philosoph, Religionshistoriker und Publizist, Junghegelianer; nach 1866 Nationalliberaler. 7 40 42 82 83 85 89-97 99-119 122 124 125 139 142-152 154-157 162-167 176 202-205 223 519 Bauer, Edgar (1820-1886) Bruder des vorigen, deutscher Publizist, Junghegelianer. 19 21-25 34-35 38-43 45 51 52 54-56 82 91 155 165 166 200 223 508 Bäumler (Bäumeier, Bimeler), Joseph Michael (etwa 1778-1853) Weber, dann Lehrer in Württemberg, sagte sich von der lutheranischen Kirche los, ging 1817 nach Amerika und gründete dort die kommunistische Siedlung Zoar (Ohio). 527 528 Bayle, Pierre (1647-1706) französischer Philosoph, Skeptiker, Kritiker des religiösen Dogmatismus. 134 135 Beaumont de la Borininiere, Gustave-Auguste (1802-1866) französischer bürgerlicher Publizist und Politiker, Verfasser von Büchern über die Sklaverei und über die Strafanstalten in den USA. 198 Beaumont, Thomas (gest. 1859) Wundarzt in Bradford. 377 380
Becker, August (1814-1871) in den vierziger Jahren Anhänger Weitlings, leitete nach dessen Verhaftung (1842) die kommunistische Handwerkerbewegung in der Schweiz; Verfasser von „Was ist ein Kommunist?" (1844) und „Was wollen die Kommunisten?" (1844). 520 Benda, Daniel Alexander (1786-1870) liberaler Publizist. 10 Benedix, Roderich (1811-1873) deutscher Literat und Lustspieldichter, leitete 1845 das neue Theater in Elberfeld. 516 Bentham, Jeremy (1748-1832) englischer bürgerlicher Soziologe, Theoretiker des Utilitarismus: „Ein Genie in der bürgerlichen Dummheit" (Marx). 139-141 189 199 205 455 Bentley White Besitzer einer Sägemühle in Bury, Lancashire. 438 Beraud, F.-F.-A. Pariser Polizeikommissar, schrieb ein Buch über die Prostitution. 20 165 Berrier-Fontaine, Camille (geb. etwa 1806) französischer Arzt, Republikaner, kam nach dem Aprilprozeß 1834 ins Gefängnis St. Pelagie, von wo er 1835 entwich; Teilnehmer der Revolution 1848/49. 620 622 623 Birley Fabrikant in Manchester; Tory. 443 448 Blackstone, Sir William (1723-1780) englischer Jurist und Parlamentarier; Verteidiger der englischen konstitutionellmonarchischen Ordnung. 207 Blanc, Louis (1811-1882) französischer kleinbürgerlicher Sozialist, Journalist und Historiker; 1848 Mitglied der provisorischen Regierung, predigte die „Versöhnung" der Klassen sowie der Arbeit mit dem Kapital. 622 623 Bodz, Boz siehe Dickens, Charles Böhme, Jakob (1575-1624) von Beruf Schuhmacher, mystischer Philosoph. 135 Borthwick, Peter (1804-1852) englischer Politiker, Tory, Mitglied der Gruppe Junges England, kritisierte das Fabriksystem vom reaktionären Standpunkt der feudalen Aristokratie. 502
Bourbonen Dynastie französischer Könige (1589-1792, 1814-1815 und 1815-1830). 86 131 Bouverie, William Pleydell, Earl of Radnor (1779-1869) englischer Politiker; Whig. 480 Bouiers Fabrikant. 402 Bradamanti siehe Polidori Bras rouge (Rotarm), Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 77 Braunschweig siehe Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschvleig Bridgewater, Francis Egerton, Duke oj (1736 bis 1803) englischer Großgrundbesitzer. 249 Brindley, James (1716-1772) englischer Ingenieur. 249 Brocklehurst, J. (1788-1870) Seidenfabrikant und Bankier, Parlamentsmitglied für Macclesfield 1832-1866; Liberaler. 415 Brougham, Henry Peter (Lord Brougham and Vaux) (1778-1868) englischer Jurist und Staatsmann, Lordkanzler; Whig. 402 Brüggemann, Kart Heinrich (1810-1887) Nationalökonom und liberaler Publizist; 1846-1855 Chefredakteur der „Kölnischen Zeitung" 10 Bruno siehe Bauer, Bruno Brutus, Marcus Junius (etwa 85-42 v. u. Z.) römischer Staatsmann, einer der Initiatoren der aristokratisch-republikanischen Verschwörung gegen Julius Cäsar. 128 129 Buchez, Philippe-Joseph-Benjamin (1796 bis 1865) Schüler Saint-Simons; französischer Politiker und Historiker, bürgerlicher Republikaner, einer der Ideologen des neukatholischen Sozialismus; 1848 Präsident der provisorischen Regierung. 127 Buekingham, James Silk (1786-1855) englischer Schriftsteller und Reisender, 1832 bis 1837 Parlamentsmitglied, trat für soziale Reformen ein; lebte 1837-1840 in Amerika. 530 Buonarroti, Filippo Michele (1761-1837) italienischer Revolutionär, Teilnehmer an
der revolutionären Bewegung in Frankreich Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts; utopischer Kommunist, Mitkämpfer Babeufs. Buonarrotis Buch „Con spiration pour l'egalite dite de Babeuf" [Babeuf und die Verschwörung für die Gleichheit] (1828) diente der Wiedererweckung der Babeufschen Traditionen in der revolutionären Arbeiterbewegung. 126 620 Bürgers, Heinrich (1820-1878) radikaler Publizist; Mitglied des Bundes der Kommunisten (1847-1852), später Nationalliberaler. 519 Bums Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 413 Bussey, Peter Wirt in Bradford, Chartist; Delegierter zum Chartistenkonvent 1839, wo er den Standpunkt der „physischen Gewalt" vertrat. 446 Byron, George Noel Gordon, Lord (1788 bis 1824) englischer Dichter, Vertreter der revolutionären Romantik. 455
Cabanis, Pierre-Jean-George (1757-1808) französischer Arzt und materialistischer Philosoph. 133 Cabet, Etienne (1788-1856) französischer Jurist und Publizist, utopischer Kommunist, Verfasser des utopischen Romans „Voyage en Icarie" [Reise nach Ikarien] (1842). 139 623 Cabrion Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 79 80 Canning, George (1770-1827) englischer Staatsmann und Diplomat; Tory; 1808 bis 1809 und 1822-1827 Außenminister. 586 Carlyle, Thomas (1795-188!) englischer Schriftsteller, Historiker und idealistischer Philosoph; Verfechter des Heroenkults; vertrat Auffassungen, die dem feudalen Sozialismus der vierziger Jahre nahekamen; nach 1848 offener Feind der Arbeiterbewegung. 14 299 320 321 345 346 439 484 486 502 619
Carter Totenbeschauer in Surrey (Stadtteil im Süden Londons). 262 Cartwright, Edmund (1743-1823) Erfinder des mechanischen Webstuhls. 242 Cäsar, Gajus Julius (etwa 100-44 v. u. Z.) römischer Feldherr und Staatsmann. 128 129 Cassius, Gajus Longinus (gest. 42 v. u. Z.) römischer Politiker, Volkstribun; einer der Initiatoren der aristokratisch-republikanischen Verschwörung gegen Julius Casar. 129 Catilina, Lucius Sergius (etwa 108-62 v.u.Z.) römischer Politiker, Patrizier, Organisator der nach ihm benannten Verschwörung gegen die aristokratische Republik. 128 129 Cato, Marcus Porcius („Cato der Jüngere") (95-46 v. u. Z.) römischer Staatsmann, Haupt der aristokratisch-republikanischen Partei; Stoiker; nach dem Fall der Republik machte er seinem Leben selbst ein Ende. 129 Cecily Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 71 72 217 Chadwick, Edwin (1800-1890) Sekretär der Armengesetz-Kommission, Mitglied einiger Parlamentskommissionen für Fragen der Fabrikgesetzgebung. 267 Champneys, William Weldon (1807-1875) englischer Prediger; bürgerlicher Philanthrop. 316 Chaptal, Jean-Antoine-Claude (1756-1832) französischer Chemiker, bürgerlicher Politiker. 212 Chatelain Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris " von Eugene Sue. 212 Chouette (Eule), Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 191-197 199 Chourineur Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 173 bis 176 179 191 193 197 218 Clodius Pulcher, Puhlius (gest. 52 v. u. Z.) römischer Volkstribun, Parteigänger Julius Casars. 128 Colden, Richard (1804-1865) englischer Fabrikant, Liberaler, Anhänger des Frei
handels, einer der Gründer der AntiCorn-Law League (Antikorngesetzliga). 595 613 614 Codrus (Kodros) angeblich letzter König von Athen, der, nach der Uberlieferung, durch freiwilligen Tod sein Vaterland rettete. 129 Collins, Anthony (1676-1729) englischer materialistischer Philosoph. 136 Collins, John Anderson (gest. nach 1879) englischer, nach Amerika ausgewanderter Fourierist, Gegner der Negersklaverei, gründete 1843 eine kommunistische Siedlung in Skaneateles N.Y. Herausgeber und Redakteur des „Communist". 530 Comte, Frangois-Charles-Louis (1782-1837) französischer liberaler Publizist, Vulgärökonom. 25 46-48 Condillac, Etienne-Bonnot de (1715-1780) französischer Philosoph, Deist und Sensualist, Anhänger Lockes. 134 137 Condorcet, Marie- Jean-Antoine-Nicolas, marquis de (1743-1794) französischer bürgerlicher Soziologe, Aufklärer; zur Zeit der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts schloß er sich den Girondisten an. 618 Cooper,Thomas (1805-1892) englischer Dichter und Journalist, Anfang der vierziger Jahre Chartist, später Methodistenprediger. 616
Couthon, Georges-Auguste (1755-1794) Jakobiner, enger Mitarbeiter Robespierres. 619 Cowan, Robert Arzt, Verfasser der „Vital Statistics of Glasgow". 335 Coward, William (etwa 1656—1725) englischer Arzt, materialistischer Philosoph. 136 Couiell,S. W. 1833 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit. 372 373 377 382 384-386 Cremieux, Isaac-Moise, dit Adolphe (1796 bis 1880) französischer Advokat und Politiker, in den vierziger Jahren bürgerlicher Liberaler. 122 Crompton, Samuel (1753-1827) englischer Mechaniker, Erfinder einer Spinnmaschine. 12 241
Dante, Alighieri (1265-1321). 558 Danton, Georges-Jacques (1759-1794) Advokat in Paris, Politiker der französischen bürgerlichen RevolutionEndedes 1 S.Jahrhunderts; Führer des rechten Flügels der Jakobiner. 128 129 614 Darthe, Augustin-Alexandre (1769-1797) französischer Revolutionär, Anhänger Babeufs. 620 David Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 72 174 188 217 219 DaVy, Sir Humphry (1778-1829) englischer Chemiker und Physiker. 248 463 Demokrit (Demokritos) Von Abdera (etwa 460-370 v. u. Z.) altgriechischer Philosoph; einer der Begründer der Atomistik, gab als erster ein materialistisches Weltbild, das durch viele Schüler weiterentwickelt wurde. 133 135 Demosthenes (384-322 v. u. Z.) Redner des griechischen Altertums, stritt in seinen antimakedonischen Reden (Philippiken) für Griechenlands Unabhängigkeit. 128 Descartes, Rene (1596-1650) französischer Philosoph, Mathematiker und Naturforscher (Physiker). 132-134 137 138 140 Destutt de Tracy, Antoine-Louis-Claude, comte (1754-1836) französischer Vulgärökonom, sensualistischer Philosoph; Anhänger der konstitutionellen Monarchie. 34 Dezamy, Theodore (1803-1850) französischer Publizist, Vertreter der revolutionären Richtung des utopischen Kommunismus. 139 Dickens, Charles (Pseudonym: ßoz)(1812 bis 1870) englischer realistischer Schriftsteller. 9 Diderot, Denis (1713-1784) französischer Philosoph, Vertreter des mechanischen Materialismus, Atheist; einer der Ideologen der französischen revolutionären Bourgeoisie, Aufklärer. 138 454 Diergardt, Friedrich (1795-1869) TextilGroßfabrikant im Rheinland, Landtagsabgeordneter, später Herrenhausmitglied. 613 614 Disraeli (D'Israeli), Benjamin, Earl of Beaconsfield (1804-1881) englischer Politiker und Schriftsteller, in den vierziger Jahren schloß er sich der Gruppe Junges England an; später Führer der Konservativen Partei; Premierminister (1868 und 1874-1880). 351 502 Dodwell, Henry (the younger) (gest. 1784) englischer materialistischer Philosoph, Deist. 136 Don Quijote (Quichotte) Gestalt aus dem gleichnamigen Roman von Cervantes. 221 Douglas Fabrikant in Pendieton (Manchester). 377 Drinkwater 1833 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit. 377 379 400 Duncombe, ThomasSlingsby(] 796-1861) englischer Politiker, bürgerlicher Radikaler, in den vierziger Jahren Teilnehmer an der Chartistenbewegung. 251 471 493 623 Duns Scotus, John (etwa 1265-1308) franziskanischer Scholastiker, Vertreter des Nominalismus, der im Mittelalter der erste Ausdruck des Materialismus war. 135 Dupuis, Charles-Francois (1742-1809) französischer Philosoph, Aufklärer. 138 Duquesnoy, Ernest-Dominique (1748-1795) Mitglied des Konvents. 620 Duroy, Jean-Michel (1753-1795) Mitglied des Konvents, Montagnard. 620 Edgar siehe Bauer, Edgar Egidius, H.L. siehe Weil, Carl Eleonore Gestalt aus den „Poesies Ärotiques" von Parny. 72 Elizabeth (1533-1603) Königin von England (1558-1603). 494 Ellis, William Führer der Chartistenorganisation in Staffordshire; wegen Teilnahme am Aufstand im August 1842 zu 20 Jahren Deportation nachAustralien verurteilt. 623 Engels, Friedrich (1820-1895) (siehe Daten seines Lebens und seiner Tätigkeit). 33 231 234 254 481 512 514 516-519 610 624 Epikfir (etwa 341 bis etwa 270 v. u. Z.) griechischer materialistischer Philosoph, Atheist. 133
Faraday, Michael (1791-1867) englischer Physiker und Chemiker. 471 Faucher, Julius (Jules) (1820-1878) deutscher Vulgärökonom und Schriftsteller, Junghegelianer; Anhänger des Freihanhandels in Deutschland. 7 12 39 42 82 85 91 Faucher, Leon (1803-1854) französischer bürgerlicher Publizist und Politiker, gemäßigter Liberaler, erbitterter Feind der Arbeiterbewegung. 417 Ferrand, Jacques Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 72-74 218 221 Ferrand, William Bushfield englischer Grundeigentümer; Tory. 493 502 Feuerbach, Ludwig (1804-1872). 41 58 87 97-99132134147 149155 233 507 515 604 Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814). 127 147 567 Fielden, John (1784-1849) englischer Fabrikant, Philanthrop, Anhänger der Fabrikgesetzgebung. 502 Finch, John englischer Journalist, Mitarbeiter der „New Moral World", Anhänger Owens. 518 523 526 528 529 Fleischhammer, Emil Bresiauer Mitarbeiter der „Allgemeinen Literatur-Zeitung". 153 154 Fleur de Marie (Marien-Blume), Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 173 176-187 191 193 194 197 199 206 216 217 220 221 Fontaine, Dr. siehe Berrier-Fontaine Forster, Johann Georg (1754-1794) deutscher Naturforscher und Schriftsteller, Demokrat, Anhänger der Französischen Revolution; gründete 1793 in Mainz die erste demokratische Republik auf deutschem Boden. 577 Fourier, Fran$ois-Marie-Charles (1772 bis 1837). 32 85 88 92 139 205 207 208 213 511 555 603-607 Foy, Maximilien-Sebastien (1775-1825) französischer General und liberaler Abgeordneter. 78 Franks Berichterstatter an die Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 425
Friedrich Ferdinand Leopold Erzherzog von Österreich. 563 Friedrich Wilhelm Herzog von Braunschweig (1771-1815). 617 Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) König von Preußen (1797-1840). 559 572 576 578 582 Froment, M. Pariser Polizeibeamter während der Restauration. 78 Frost, John (1784-1877) englischer kleinbürgerlicher Radikaler, trat 1838 der Chartistenbewegung bei; wegen Organisierung des Bergarbeiteraufstandes in Wales 1839 zu lebenslänglicher Deportation nach Tasmanien verurteilt; er wurde 1856 amnestiert und kehrte nach England zurück. 446 623
Galway, Ann Londoner Arbeiterin, starb 1843 den Hungertod. 262 Gans, Eduard (etwa 1797-1839) Professor der Rechtswissenschaft in Berlin, Hegelianer, Herausgeber von Hegels „Grundlinien der Philosophie des Rechts" und „Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte". 190 Gaskell, Peter Arzt in Manchester, bürgerlicher Publizist; Liberaler. 14 297 332 354 358 502 Gassendi, Pierre (1592-1655) französischer materialistischer Philosoph, Physiker und Mathematiker. 133 Gay, Jules (1807 bis nach 1876) französischer utopischer Kommunist, Verleger des Journals „Le Communiste" (1849). 139 George, Madame Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 181182 184 217 218 Germain Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 175 209 217 Gibson schottischer Bauarbeiter. 598 Gilbert, Thomas (1720-1798) englischer Politiker, Mitglied des Parlaments, Armengesetzreformer. 500 Ginal deutscher Prediger in Philadelphia, Gründer einer Siedlung in Pennsylvania. 530
Girard, Philippe-Henri de (1775-1845) französischer Ingenieur, Erfinder der Flachsspinnmaschine. 245 Godwin, William (1756-1836) englischer kleinbürgerlicher Schriftsteller und Publizist, Rationalist, einer der Begründer des Anarchismus. 455 Goethe, Johann Wolf gang von (1749-1832). 567 Graham ein Streikbrecher. 438 Graham, George General-Registrator. 334 Graham, Sir James Robert George (1792 bis 1861) englischer Staatsmann; von 1841 bis 1846 Innenminister der Tory-Regierung Peel. 14 16 395 396 Grainger, Richard Dugard (1801-1865) Anatom und Physiologe, 1841 Inspektor der Kinderkrankenhäuser, Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 333 340 409 411 412 419 Graun Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 214-217 219 Greg, Robert Hyde (1795-1875) Fabrikant, Liberaler, Vorsitzender der Handelskammer von Manchester. 382 406 Grotius, Hugo (Huigh de Groot) (1583-1645) niederländischer Staatsrechtslehrer,Jurist, einer der Begründer des neueren bürgerlichen Völkerrechts. 50 Grün, Karl (1817-1887) kleinbürgerlicher Publizist, in den vierziger Jahren einer der Hauptvertreter des „wahren" Sozialismus. 512 Gruppe, Otto Friedrich (1804-1876) Publizist und idealistischer Philosoph, Antihegelianer, trat 1842 mit einem Pamphlet gegen Bruno Bauer auf. 166
Hahnemann Gestalt aus dem Volksbuch „Die sieben Schwaben". 172 Hamilton, Alexander, Duke of (1767-1852) Besitzer von Kohlengruben in Schottland, Parlamentsmitglied; Whig. 465 Hardenberg, Karl August, Fürst von (1750 bis 1822) seit 1810 preußischer Staatskanzler ; um den preußischen Staat zu festigen,
führte er 1810-1813 eine Reihe unvollkommener bürgerlicher Reformen durch; nach dem Wiener Kongreß vertrat er die reaktionäre Politik der Heiligen Allianz. 573 Hargreaves, James (gest. 1778) Erfinder der Spinnmaschine Jenny. 12 239 Harney, George Julian (1817-1897) einflußreicher Funktionär der englischen Arbeiterbewegung, Führer des linken Flügels der Chartisten; Redakteur des Hauptorgans der Chartisten „The Northern Star"; Freund von Marx und Engels. 616 623 Hartley, David (1705-1757) englischer Arzt und materialistischer Philosoph. 136 Harun al Raschid (765-809) Kalif von Bagdad (786-809). 190 d'Harville, Clemence, Marquise Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 66 205 206 217 Haslam, Messrs., Besitzer der PentrichKohlenzeche. 468 Hawkins, Francis Bisset (1796-1894) Arzt und medizinischer Schriftsteller, 1833 Fabrikinspektor, 1836 Gefängnisinspektor. 336 368 371-373 377 381 384 385 392 398 Heathcoat, John (1783-1861) erfand 1809 die Bobbin-net-Maschine. 243 Hebert, Jacques-Rene (1757-1794) französischer Revolutionär, Führer des linken Flügels der Jakobiner. 120 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831). 12 18 20 22 23 41 59 62 63 83 89 90 92 9496 97109 114 120 132 138 139145-147 149 177 178 190 203-205 213 233 567604 605 607611 Heine, Heinrich (1797-1856). 512 Helvetius, Claude-Adrien (1715-1771) französischer Philosoph, Vertreter des mechanischen Materialismus, Atheist, einer der Ideologen der französischen revolutionären Bourgeoisie. 134 137 139 140 454 Henfrey Bauunternehmer in Manchester. 598 599
45 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
Hennen, John (1779-1828) Militärarzt, oberster Amtsarzt für Schottland. 267 Herkules (Herakles) Held der griechischen Mythologie, Sohn des Zeus; Verkörperung der Kraft und Ausdauer. 171 213 Heß, Moses (1812-1875) deutscher Publizist, Mitbegründer und Mitarbeiter der „Rheinischen Zeitung"; Mitte der vierziger Jahre einer der Hauptvertreter des „wahren" Soziaiismus; später Lassalleaner. 512 514 516-519 Hey, William (bei Engels irrtümlich Hay und Kay) (1772-1844) englischer Arzt in Leeds, Berichterstatter an die Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit 1833. 376 377 Higly (Hizby) E. L. Teilhaber der Eisenfabrik King, Higby & Anderson zu Pittsburg, Gründer einer kommunistischen Siedlung. 530 Hindley, Charles Fabrikant aus Ashton, Radikaler, unterstützte die Fabrikgesetzgebung. 502 Hinrichs, Hermann Friedrich Wilhelm (1794 bis 1861) Althegelianer, Professor der Philosophie in Halle. 95-98 103 109 115 145 146 148 149 Hirsch, Samuel (1809-1889) Rabbiner in Dessau, Religionsschriftsteller. In seinen Schriften machte er den Versuch, die jüdische Religionslehre philosophisch zu begründen. 92 93 Hirzel,Konrad Melchior (1793-184 3) Schweizer Staatsmann und Publizist, Züricher Mitarbeiter der „Allgemeinen LiteraturZeitung". 153-156 222 Hizby siehe Higby Hobbes, Thomas (1588-1679) englischer Philosoph, Vertreter des mathematischmechanischen Materialismus. 133 136 Hobhouse, John Cam, Baron Broughton de Gyjjord (1786-1869) englischer liberaler Politiker. 391 394 Hobson, Joshua englischer Journalist, Chartist. Herausgeber des „Northern Star". 616 Hofer, Andreas (1767-1810) Tiroler Bauer („Sandwirt"), Anhänger des Hauses
Habsburg, 1809 Führer des Tiroler Aufstandes gegen Frankreich und Bayern. 577 Holbach (d'Holbach) Paul Heinrich Dietrich, Baron Von (1723-1789) französischer Philosoph, Vertreter des mechanischen Materialismus, Atheist, Ideologe der französischen revolutionären Bourgeoisie. 137 140 454 Holland, P. H. Arzt in Manchester. 335 Homer legendärer epischer Dichter der griechischen Antike, dem die Epen „llias" und „Odyssee" zugeschrieben werden. 49 200 Hood, Thomas (1799-1845) englischer realistischer Dichter und Schriftsteller, kleinbürgerlicher Demokrat; Mitarbeiter und Herausgeber verschiedener Zeitschriften. 428 Home, Richard Henry (1803-1884) englischer Dichter, Schriftsteller und Dramatiker, 1841 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 340 341 366 420 421 Horner, Leonard (1785-1864) englischer Geologe, staatlicher Fabrikinspektor, Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit 1833 und der Kinderarbeit 1841. 394 Hubner, Karl (1814-1879) deutscher realistischer Maler, bekannt durch sein Gemälde vom Leben der schlesischen Weber und andere Schilderungen des sozialen Elends. 510 Hunt, Thomas gründete mit englischen Sozialisten die Ansiedlung „Equality" im Staate Wisconsin. 530 Huntsman, Benjamin (1704-1776) englischer Erfinder. 247 Htiskisson, William (1770-1830) englischer Politiker, Tory; Handelsminister (1823 bis 1827), trat für ökonomische Zugeständnisse an die Industrie-Bourgeoisie ein. 586
Ibbetson Fabrikant in Sheffield. 437
Jeremias jüdischer Prophet, ihm werden die Klagelieder über den Untergang Jerusalems zugeschrieben. 347
St. Johann Gestalt aus dem Neuen Testament. 341 Johann (1801-1873) Prinz von Sachsen, ab 1854 König von Sachsen. 558 559 Johns, William Arzt, Oberregistrator des Manchester-Distrikts. 369 Johnson Arbeiter bei Pauling & Henfrey. 600 Jones, William Uhrmacher, Chartist, einer der Organisatoren des Bergarbeiteraufstandes in Wales 1839; zusammen mit Frost und Williams zu lebenslänglicher Deportation nach Tasmanien verurteilt. 623 Jungnitz, Ernst (gest. 1848) Publizist, Junghegelianer, Mitarbeiter der „Allgemeinen Literatur-Zeitung". 17
Kaiser, Heinrich Wilhelm Verfasser von „Die Persönlichkeit des Eigenthums", Bremen 1843. 608 Kant, Immanuel (1724-1804). 190 567 KarlV. (1500-1558) Habsburger, König von Spanien (1516-1555) und deutscher Kaiser (1519-1556). 565 Karl I. (1600-1649) König von Großbritannien und Irland(1625-1649);wurde während der englischen bürgerlichen Revolution des 17. Jahrhunderts hingerichtet. 555 Karin. (1630-1685) König von Großbritannien und Irland (1660-1685). 500 Kay-Shuttleworth, James Phillipps (1804 bis 1877) englischer Arzt in einem Armendistrikt von Manchester. 282 292 293 295 bis 297 321 398 Kennedy, John (1769-1855) Textilfabrikant in Manchester. 399 Kitchen Fabrikant in Sheffield. 438 Knight Arzt in Sheffield. 421 422 Köchlin 1845 Direktor einer Spinnerei in Eßlingen (Württemberg), Protektion ist. 613 614 ICöttgen (Koettgen) Gustav AdolJ (1805 bis 1882) Maler und Dichter; nahm in den vierziger Jahren an der Arbeiterbewegung ted; stand dem „wahren" Sozialismus nahe. 516 517
Krug, Wilhelm Traugott (1770-1842) philosophischer Schriftsteller. 158 Kurjürst von Hessen siehe Wilhelm IX.
Lachtaube siehe Rigolette Lajayette (La Fayette), Marie-Joseph-Paul, marquis de (1757-1834) französischer Staatsmann und General; nahm am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teil; zur Zeit der Französischen Revolution Befehlshaber der Nationalgarde; 1830 einer der Wegbereiter für die Thronbesteigung Louis-Philippes, 61 7 618 LaJJitte, Jacques (1767-1844) französischer Bankier und Politiker, Vertreter der Finanzbourgeoisie. 582 Lamettrie (La Mettrie), Julien OJJray de (1709-1751) französischer Arzt und Philosoph, konsequenter Vertreter des mechanischen Materialismus. 133 137 Laporte Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 181 bis 184
Law oj Lauriston, John (1671-1729) schottischer Ökonom und Finanzier, Generalkontrolleur der Finanzen in Frankreich (1719-1720); bekannt durch seine Spekulationsaffären bei der Herausgabe von Papiergeld, die 1720 mit einem gewaltigen Krach endeten. 133 Leach, James Baumwollweber, in den vierziger Jahren Chartistenführer. 361 363 400 401 413 415 416 595 Leclerc, Theophile (geb. 1771) in der französischen bürgerlichen Revolution führendes Mitglied der „Wütenden", der äußersten Linken im Konvent, die die Interessen der ärmsten Schichten der Werktätigen in Stadt und Land vertraten. 126 Lee, John (1779-1859) Prediger, ab 1840 Rektor der Universität Edinburgh. 266 Lehon Pariser Notar. 74 Leibniz, Gottfried Wilhelm Freiherr von (1646-1716) deutscher Mathematiker und idealistischer Philosoph. 104 132 134 137 138
Leifchild, John Roby Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 425 Leon, Graf (Bernhard Mü'der) deutscher Kolonist in Amerika, betrog die Siedler der Kolonie Neu-Harmony und gründete mit etwa 250 Anhängern die Gemeinde Neu-Jerusalem in Philippsburg. Nach deren Auflösung starb er als Landstreicher. 526 Le Roy (De Roy), Henry (1598-1679) holländischer Arzt, Philosoph. 133 Lessing, Karl Friedrich (1808-1880) deutscher Maler. 511 Lindley Erfinder der Point-net-Maschine. 243 List, Friedrich (1789-1846) deutscher Ökonom, der theoretische Vertreter der aufsteigenden Bourgeoisie vor 1848; Anhänger des Protektionismus. 551 552 Locke, John (1632-1704) englischer sensualistischer Philosoph, bürgerlicher Ökonom. 132 135-138 140 Londonderry siehe Steward, Charles William Lot Gestalt aus dem Alten Testament. 9 Loudon, Charles (1801-1844) englischer Arzt und sozialpolitischer Schriftsteller, 1833 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit. 376-378 381 383 385 386 Loustalot, Elisee (1762-1790) französischer Publizist, demokratischer Revolutionär. 87 Lovett, William (1800-1877) englischer kleinbürgerlicher Radikaler, Teilnehmer an der Chartistenbewegung, Anhänger der „Moralischen Kraft" und der Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie. 444 Lucenay, Herzogin von Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 66 Ludwig XIV. (1638-1715) König von Frankreich (1643-1715). 58 Lüning, Otto (1818-1868) Arzt und Publizist, seit 1844 Vertreter des „wahren" Sozialismus, Herausgeber des „Weserdampfboots1 '(1844), des „Westphälischen Dampfboots" (1845-1848) und der demo
kratischen „Neuen Deutschen Zeitung" (1848-1850),-nach 1866 Nationalliberaler. 512518 Lyell, Charles (1797-1875) englischer Geologe. 471 Lykurg legendärer Gesetzgeber Spartas, lebte nach der Überlieferung im 9. Jahrhundert v. u. Z. 128 129
MacAdarn (McAdam), John Loudon (1756 bis 1836) englischer Straßeninspektor, Spezialist für Landstraßenbau. 248 MacCulloch (McCulloch), John Ramsay (1789-1864) englischer bürgerlicher Ökonom, Apologet der kapitalistischen Ordnung, Vulgarisator der Lehre Ricardos. 243 503 MacDurt, Thomas Arbeiter. 384 MacGregor, Sarah Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 66 68 69 218- 221 MacKellar Arzt in Pencaithland. 462 Mackintosh Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit 1833. 378 383386 392 MacPherson Mutter einer Streikbrecherin, wurde ermordet. 438 MacQuarry ein Streikbrecher. 438 Maitre d'ecole (Schulmeister), Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 173 175 187-199 218 219 Malebranche, Nicolas de (1638-1715) französischer idealistischer Philosoph, Metaphysiker. 132 134 137 138 Malthus, Thomas Robert (1766-1834) englischer Geistlicher und Ökonom, Verfasser dei reaktionären Theorie von der Übervölkerung, die das Elend der Werktätigen rechtfertigen soll. 310 311 364 493-496 Mandeville, Bernard de (1670-1733) englischer Arzt, Satiriker und Ökonom; verspottete die bürgerlichen Enthaltsamkeits- und Moralheuchler „unendlich kühner und ehrlicher als die philisterhaften Apologeten der bürgerlichen Gesellschaft" (Marx). 138
Manners, Lord John James Robert (1818 bis 1906) Tory, Mitglied der Gruppe Junges England. 502 , Maral, Jean-Paul (1743-1793) französischer Revolutionär und Publizist, in der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts einer der konsequentesten Führer des Jakobinerklubs ;Her ausgeber des „Ami du peuple" [Freund des Volkes]. 86 614619 Martin du Nord, Nicolas-Ferdinand-MarieLouis-Joseph (1790-1847) Generalprokurator beim Gerichtshof in Paris; Justizminister (1840). 122 124 Martineau, Harriet (1802-1876) englische Schriftstellerin, trat für soziale Reformen ein. 530 Marx, W(1818-1883) (sieheDaten seines Lebens und seiner Tätigkeit). 512 514 515519625 Malhew, Theobald (1790-1856) irischer katholischer Priester, Mäßigkeitsapostel. 355 Maude, Daniel Friedensrichter in Manchester. 594-600 602 603 Mead, Edward P. englischer Arbeiterdichter, seine Gedichte erschienen in der Chartistenzeitung „The Northern Star". 405 Melish, John (1771-1822) Schriftsteller, Geograph und Reisender, besuchte und beschrieb kommunistische Ansiedlungen in Amerika. 530 Mellpr alter ^Arbeiter in der Fabrik von Pauling & Henfrey. 598 Menenius, Agrffif/i ((fest.. <!ft3 v. u. Z.) römischer Patrizier. 440 Menzel, Wolf gang (1798-1873) reaktionärer Schriftsteller und Literaturkritiker. 162 Miles Name der alten keltischen Könige von Irland. 320 Miles, William (1797-1878) englischer Bankier, „ein ganz obskures Parlamentsmitglied" (Engels). 493 Miller Hauptmann, Polizeisuperintendent von Glasgow. 270 Miltiades (gest. 489 v. u. Z.) athenischer Feldherr und Staatsmann, unter seiner Führung siegten die Athener in der
Schlacht bei Marathon (490 v. u. Z.) über die Perser. 128 Minerva römische Göttin der Weisheit. 440 Mirabeau, Honore-Gabriel-Victor Riqueti, comte de (1749-1791) Politiker der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts, Verfechter der Interessen der Bourgeoisie und des verbürger lichten Adels. 619 Mitchell, James (etwa 1786-1844) veröffen . lichte eine Reihe populärwissenschaf licher Arbeiten; 1841 Mitglied der Ko nmission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 457 458 Moliere, Jean-Baptiste Poquelin, dit (16S2 bis 1673) französischer Komödiendichter. 57 Moll, Joseph (1812-1849) Uhrmncher aus Köln, führendes Mitglied des Bundes der Gerechten und der Londoner Zentralbehörde des Bundes d'sr Kommunisten; fiel während des b adischen Aufstandes am 29. Juni 1849 im Gefecht an der Murg. 620 Monier de la Sizeranm:, Paul-Jean-AngeHenri, comte (1797-1.878) französischer Publizist und Drarr,atiker. 78 Monk Londoner Jur.ist. 598-600 Monteilf Moniheil% Amans-Alexis (1769 bis
1850) französischer Historiker. 74 Montyon, Jean- Bapliste-Antoine Äuget, baron de (1733i—1820) französischer Philanthrop, stift ete einen großen Teil seines Vermögens für einen jährlich auszuteilenden „Tugendpreis". 200 Morel Ges talt aus dem Roman „Les mysteres d'ä Paris" von Eugene Sue. 58 Morel, Louise Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 207 Moses Gestalt aus dem Alten Testament. 341 Müller, Wilhelm (Pseudonym: Wolf gang Müller von Königswinter) (1816-1873), deutscher Arzt und Dichter. 517 Münzer, Thomas (etwa 1490-1525). 577 Murph Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 80 175 213 214216-219
Napoleon I. Bonaparie (1769-1821) Kaiser der Franzosen (1804-1814 und 1815). II 86 129-131 341 568-574 576-578 619 Nauwerck (Nauwerk), Karl Ludioig Theodor ,|1810-1891) Publizist und Politiker; Mitarbeiter an den „Hallischen Jahrbüchern", den „Deutschen Jahrbüchern", den „Anekdota" und der „Rheinischen Zeitung"; er gehörte zum Kreis der t Freien; Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung (äußerste Linke). 16-18 R aison, Horatio, Viscounl (1758-1805) englischer Admiral, volkstümlicher englischer Seeheld. 341 NeWiton, Sir Isaac (1642-1727) englischer Physiker, Astronom und Mathematiker. 133
Oastlcr, Ric hard (1789-1861) englischer Politiker un<,f Sozialreformer, Tory; im Kampf gegen die Freihandels-Bourgeoisie trat er für a'ie gesetzliche Beschränkung des Arbeitstag es ein. 369 394 395 446 O'Connell, Daniel v(1775-1847) irischer Advokat und Politiker, Führer des rechten liberalen Flügels ider nationalen Befreiungsbewegung (Repfc'al-Association). 484 O'Connor, Fear gas Edl'Oard (1794-1855) einer der Führer des Linken Flügels der Chartistenbewegung, Gründer und Redakteur des „Northern S'tar"; nach 1848 Reformist. 298 616 623 Origenes aus Alexandria (etwa 185-254) christlicher Theologe, einer' der sogenannten „Kirchenväter". 189 Owen, Robert (1771-1858) englischer utopischer Sozialist. 88 139 199 391' 45\ 512 526 531 545604
Paalzow, Henriette von (1788-1847) deutsche Romanschriftstellerin. 21 Padgin Sägenfabrikant in Sheffield. 437 Paine, Thomas (1737-1809) englisch-amerikanischer Publizist, Republikaner, Vorkämpfer der nordamerikanischen Unabhängigkeit und der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts. 247 577623
Parkinson, Richard (1797-1858) Kanonikus von Manchester, christlich-philanthropischer Publizist. 352 Parny, Evariste-Desire, vicomte de (1753 bis 1814) französischer Dichter. 72 Patteson, Sir John (1790-1861) englischer Jurist, Richter am Court of Queen's Bench. 468 Pauling & Henfrey Bauunternehmer in Manchester. 442 592 593 596-603 Paulus Gestalt aus dem Neuen Testament. 341 Peel, Sir Robert (1750-1830) englischer Baumwollfabrikant, Parlamentsmitglied, Tory. 374 391 Peel, Sir Robert (1788-1850) englischer Staatsmann, gemäßigter Tory, Führer der „Peeliten"; Premierminister (1841 bis 1846); nach ihm wurde das Bankgesetz von 1844 benannt; führte mit Unterstützung der Liberalen die Aufhebung der Korngesetze durch (1846). 396 471 502 586 587 589 595 Percival, Thomas (1740-1804) englischer Arzt, Vorkämpfer der Gesetzgebung zum Schutze arbeitender Kinder. 374 St. Petrus Gestalt aus dem Neuen Testament. 341 Pharao Titel der altägyptischen Könige. 166 Philippson, Gustau (1814-1880) Pädagoge und Publizist. 92 Pilling, Richard (geb. 1800) Chartisjt, wollarbeiter; einer der Führer des Streiks in Ashtnn vwJ Stayjridge 1842. 594 Pipelet, Alfred Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 75 77-81 Pipelet, Anastasia Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 75 77 78 Piso(n), Lucius Calpurnius (geb. 101 v.u.Z.) Teilnehmer an der Verschwörung des Catilina, Anhänger Julius Casars, 58 v. u.Z. römischer Konsul. 128 Pitkeithley, Lawrence Chartist, besuchte 1842 die kommunistische Ansiedlung Neu-Libanon in Amerika. 524
Pitt, William (1759-1806) englischer Staatsmann; 1783-1801 Premierminister; einer der Organisatoren des Interventionskrieges gegen das revolutionäre Frankreich; führte eine Reihe reaktionärer Maßnahmen gegen die Arbeiterbewegung durch. 617 Planck, Karl Christian (1819-1880) protestantischer Theologe, idealistischer Philosoph. 109 Plato(n) (etwa 427 bis etwa 347 v. u. Z.) altgriechischer idealistischer Philosoph; Ideologe der Sklavenhalteraristokratie. 190 Polidori Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 74-76 213 Poltjdorus Virgilius (etwa 1470-1555) englischer Historiker italienischer Herkunft. 75 Porter, George Richardson (1792-1852) englischer bürgerlicher Ökonom und Statistiker. 242 Pounder, Robert Arbeiter in Leeds. 369 Power 1833 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit. 369 373 377 380409 Priestley, Joseph (1733-1804) englischer Chemiker und Physiker, materialistischer Philosoph. 136 Prometheus nach einer griechischen Sage raubte er Zeus das Feuer für den Menschen und wurde dafür an einen Felsen geschmiedet. 440 Proudhon, Pierre.Joseph (1809-1865) französischer Publizist, Ideologe des Kleinbürgertums, einer der theoretischen Begründer des Anarchismus. 23-36 39-56 165 166 455 608 Puttmann, Hermann (1811-1894) deutscher radikaler Dichter und Journalist; in der Mitte der vierziger Jahre einer der Hauptvertreter des „wahren" Sozialismus. 512 514 518 519
Radnor, Graf siehe Bouverie, William Pleydell Rapp, Johann Georg (1757-1847) Weber aus Württemberg, ging Anfang des 19. Jahr
hunderts nach Nordamerika und gründete die Ansiedlungen Harmony und Economy. 525-527 Rashleigh, William Parlamentsmitglied, Herausgeber von „Stubborn Facts from the Factories". 361 Read Arbeiter in der Fabrik von Pauling & Henfrey. 602 Reichardt, Carl Ernst Buchbindermeister in Berlin, Anhänger Bruno Bauers, Mitarbeiter der „Allgemeinen LiteraturZeitung". 9 10 39 82 Ricardo, David (1772-1823) englischer Ökonom, Vertreter der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie. 32 34 Riesser, Gabriel (1806-1863) deutscher Publizist, kämpfte für die bürgerliche Gleichberechtigung der Juden. 100-103 120 Rigolette (Lachtaube) Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 78 80 Ripley, George (1802-1880) amerikanischer unitarischer Prediger, einer der Gründer der Ansiedlung und Schule zu BrookFarm Massachusetts (1841); seit 1849 Literaturkritiker der „New-York-Tribune"; gab zusammen mit Charles A. Dana 1858-1863 die „New American Cyclopaedia" heraus, an der Marx und Engels mitarbeiteten. 530 Roberten, John (1797-1876) Arzt in der Manchester Entbindungsanstalt. 336 385 Roberts, William Prowting (1806-1871) englischer Jurist, Advokat der Chartisten und Generalanwalt der Gewerkschaften. 467 468 470-472 492 493 597-603 Robespierre, Maximilien-Marie-Isidor de (1758-1794) Politiker der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts, Führer der Jakobiner und 1793/94 Haupt der revolutionären Regierung. 127-130 612 619 620 Robinet, Jean-Baptiste-Rene (1735-1820) französischer Philosoph und Naturforscher. 138 Robson, George Insasse des Arbeitshauses in Coventry, starb 1843.498
Rohmer, Friedrich (1814-1856) philosophischer und politischer Schriftsteller. 223 Rohmer, Theodor (1820-1856) Publizist, Bruder und Mitarbeiter von Friedrich Rohmer. 223 Roland de la Piatiere, Jean- Marie (1734 bis 1793) französischer Politiker, Girondist; 1792-1793 Innenminister. 618 Roland de la Piatüre, Jeanne-Manon (1754 bis 1793) Frau des vorigen, hatte großen Einfluß auf die Girondistenführer. 618 Roland, Madame, Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 74 Romme, Charles-Gilbert (1750-1795) Mitglied des Konvents, Montagnard. 620 Ronge, Johannes (1813-1887) Geistlicher, Gründer und Führer der deutsch-katholischen Bewegung, die den Katholizismus den Belangen der deutschen Bourgeoisie anpassen wollte. 558 Rothschild, Nathan Mayer (1777-1836) Gründer des Londoner Bankhauses Rothschild. 613 Rottek, Karl Wenzeslaus von (1775-1840) Historiker und liberaler Politiker. 130 Roux-Lavergne, Pierre-Celestin (1802-1874) französischer Historiker, idealistischer Philosoph. 223 Roax, Jacques (1752-1794) der „Sansculottenprediger", Führer der „Wütenden", die die Interessen der ärmsten Schichten der Werktätigen in Stadt und Land vertraten; setzte nach Marats Tod die Herausgabe des „Ami du peuple" fort. 126 Rudolph, Fürst von Geroldstein (Gerolstein) Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 65 66 78 81 172-177 179-192 194 196-200 202 205 bis 209 211-222 Rüge, Arnold (1802-1880) deutscher Publizist, Junghegelianer; 1844 mit Marx Herausgeber der „Deutsch-Französischen Jahrbücher"; kleinbürgerlicher Demokrat, nach 1866 Nationalliberaler. 164 Russell, John, Lord (1792-1878) englischer Staatsmann, Führer der Partei der Whigs,
Premierminister (1846-1852 und 1865 bis 1866). 15 Rymarkietnicz, Leon (geb. etwa 1825) und Maximilian (geb. etwa 1832) zwei Brüder aus Posen, die wegen Tednahme an einer revolutionären Verschwörung polnischer Patrioten (1844/45) verfolgt wurden. 520
Sack, Karl Heinrich (1789-1875) protestantischer Theologe, Professor in Bonn. 215 Sadler, Michael Thomas (1780-1835) englischer Politiker, Tory, Sozialreformer und Publizist. 391 392 394 Saint-Just, Louis-Antoine-Leon (1767-1794) französischer Revolutionär, führender Jakobiner, engster Vertrauter Robespierres. 128 129 614 619 Saint-Simon, Claude-Henri de Rouvroy, comte de (1760-1825) französischer utopischer Sozialist. 604 Salmon alter Arbeiter in der Fabrik von Pauling & Henfrey. 596-598 Salomo(n) (etwa 970-930 v. u. Z.) König von Israel. 341 Sarah siehe MacGregor, Sarah Saunders, Robert John englischer Fabrikinspektor in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts. 394 Say, Jean-Baptiste (1767-1832) französischer Vulgärökonom. 32 45 Scharnhorst, Gerhard Johann David von (1755-1813) preußischer Genera!; war an der Reorganisation der preußischen Armee unter Gneisenau führend beteiligt. 573 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von (1775-1854) deutscher Philosoph, Vertreter des deutschen Idealismus Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts. 100 162 Schiller, Friedrich von (1759-1805). 214 567 Schläffei, Friedrich Wilhelm (1800-1870) Fabrikant in Schlesien, Demokrat, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. 520 Schön, Heinrich Theodor von (1773-1856) preußischer Staatsmann, Liberaler. 573 Schuriman siehe Chourineur
Scoii alter Arbeiter in der Fabrik von Pauling & Henfrey. 598 Scriuen, Samuel S. Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 425 Senior, Nassau William (1790-1864) englischer Vulgärökonom, Apologet des Kapitalismus, „der Wortführer des gebildeten Bourgeois" (Marx). 295 Shaftesbury, Anthony Ashley Cooper, Earl oj (1801 -1885) eng lisch er Po litiker, ein er der Führer der aristokratischen philanthropischen Bewegung für das Zehnstundengesetz. 14 354 367 368 371 383 394 396 465 502 Shakespeare, William (1564-1616). 74 468 476 Sharp, Francis Wundarzt in Leeds. 376 377 380 Sharp, William junior (1805-1896) Wundarzt in Bradford. 381 Sharp, Roberts & Co. Maschinenfabrikanten. 440 Sharps Teilhaber der Firma Pauling & Henfrey. 601 602 Shelley, Percy Bysshe (1792-1822) englischer Dichter, Vertreter der revolutionären Romantik, Atheist. 455 Sheppard, John (Jack) (geb. 1702) Verbrecher, erzogen im Armenhaus zu Bishopsgate, 1724 in London gehängt. 341 Sieyis, Emmanuel-Joseph (1748-1836) französischer Abbe, Politiker der französischen bürgerlichen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts, Vertreter der Großbourgeoisie. 33 Simson Gestalt aus dem Alten Testament. 341 Sismondi, Jean-Charles-Leonard Simonde de (1773-1842) Schweizer Ökonom und Historiker. Kritisierte den „Kapitalismus vom Standpunkt des Kleinbürgers" (Lenin) und idealisierte die Kleinproduktion. 34 Skelett Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 175 Smellie, James Wundarzt in Glasgow. 383
Smith ein Streikbrecher, starb 1837. 438 Smith, Adam (1723-1790) englischer Ökonom; Vertreter der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie. 32 34 51 310 311 347 Smith, Thomas Southtoood (1788-1861) Arzt in London, Sanitätsreformer, 1841 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 303 328 462 Somerville, Alexander (Pseudonym: „Einer der hinter dem Pjluge gepfiffen hat") (1811 bis 1885) englischer bürgerlich-radikaler Journalist. 480 Soubrany, Pierre-Amable de (1752-1795) Mitglied des Konvents, Montagnard. 620 Spinoza, Benedictus de (Baruch) (1632 bis 1677) holländischer materialistischer Philosoph, Atheist. 131 132 134 135 137-139 Stein, Karl, Reichsfreiherr vom und zum (1757-1831) leitender Minister (1807 bis 1808), begann eine unvollkommene Reform des preußischen Staats; wurde von Napoleon verfolgt. 10 573 Stein, Lorenz von (1815-1890) Hegelianer, Professor der Philosophie und des Staatsrechts an der Universität Kiel, Geheimagent der preußischen Regierung. 142 604608
Stephens, Joseph Rayner (1805-1879) englischer Geistlicher, Sozialreformer, 1837 bis 1839 aktiver Teilnehmer der Chartistenbewegung in Lancashire. 445 446 504 Steulatd, Charles William, Marquis of Londonderry (1778-1854) englischer Großgrundbesitzer, Eigentümer bedeutender Kohlengruben in Durham. 470 Stirner, Max (Pseudonym von Johann Caspar Schmidt) (1806-1856) Philosoph und Schriftsteller, einer der Ideologen des bürgerlichen Individualismus und Anarchismus; Verfasser des Buches „Der Einzige und sein Eigenthum". 257 488 519 Strauß, David Friedrich (1808-1874) deutscher Philosoph und Publizist, Junghegelianer; nach 1866 Nationalliberaler. 92 109 145 147 150 455
Stuart, James (1775-1849) Mediziner, Publizist, Whig; 1833 Fabrikinspektor. 375 378383 386 388 Stumm-Halberg, Karl Ferdinand, Freiherr von (1836-1901) Großindustrieller, als „König Stumm" einflußreichste Persönlichkeit im Saargebiet, Konservativer; erbitterter Feind der Arbeiterbewegung. 470 Slurge, Joseph (1793-1859) englischer Politiker, bürgerlicher Radikaler, Freihändler; schloß sich den Chartisten an, um die Arbeiterklasse unter dem Einfluß der Bourgeoisie zu halten. 449 Sue, Eugene (1804-1857) französischer Schriftsteller, Verfasser spießbürgerlichsentimentaler Romane mit sozialen Themen. 57-59 63-65 69-72 74 77 78 80 174 176 178 181 191-194 196-200 202 209 213-215 Swing Captain. 476 478 Symons, Jelinger Cookßon (1809-1860) englischer liberaler Publizist, Regierungskomrnissar bei den Untersuchungen über die Lage der Handweber und der Grubenarbeiter; 1841 Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 269 270 341 343 364 423 432 460 Szeliga siehe Zychlinski
Tancred, Thomas Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Kinderarbeit. 425 Taylor, John (1804-1841) englischer Arzt, gehörte zum linken Flügel der Chartistenbewegung. 446 Thomson, Charles Edward Poulett, Baron Sydenham (1799-1841) englischer Staatsmann, Whig. 295 Thornhill, Thomas (bei Engels irrtümlich Thornley), Gutsbesitzer, Whig. 395 Tocqueville, Alexis-Charles-Henri-Maurice Clerel de (1805-1859) französischer bürgerlicher Historiker und Politiker. 198 Tortillard (der kleine Lahme), Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 192 199 Tristan, Flora (1803-1844) französische Schriftstellerin, Vertreterin eines klein
bürgerlichen utopischen Sozialismus. 19 20 200 Tujnell Mitglied der Kommission zur Untersuchung der Fabrikarbeit 1833. 369 372 376 377 382 383 Turpin, Richard (Dick) (1706-1739) ein Straßenräuber, wurde 1739 gehängt. 341
Ure, Andrew (1778-1857) englischer Chemiker, Vulgärökonom, Freihändler. 349 360 366 389 390 393 407 439 440
Vaughan, Robert (1795-1868) englischer Geistlicher, bürgerlicher Historiker und Publizist. 347 Vetter-Köchlin siehe Köchlin Victoria (1819-1901) Königin von Großbritannien und Irland(l 837-1901). 264 562 Vidocq, Frangois-Eugene (1775-1857) französischer Kriminalverbrecher; Geheimagent der Polizei, dann Chef der Sicherheitspolizei in Paris; ihm werden die „Memoiren Vidocqs" zugeschrieben; sein Name wurde zum Inbegriff für die Charakterisierung eines geschickten Häschers und Spitzbuben. 77 173 Vincent Streikführer der Zimmerleute. 563 Volney, Constantin-Frangois Chasseboeuf, comte de (1757-1820) Vertreter der französischen bürgerlichen Aufklärung;Philosoph.138 Voltaire, Francis-Marie Arouet de (1694 bis 1778) französischer deistischer Philosoph, satirischer Schriftsteller, Historiker, Vertreter der bürgerlichen Aufklärung des 18. Jahrhunderts. 133 Voß, Johann Heinrich (1751-1826) deutscher Dichter und Philolog, übersetzte Homer, Vergil und andere Dichter der Antike. 200
Wade, John (1788-1875) englischer Publizist, Ökonom und Historiker. 337 Wakefield, Edward Gibbon (1796-1862) englischer Publizist, Ökonom und Kolonialpolitiker. 476 Watt, James (1736-1819) englischer Ingenieur und Erfinder, Konstrukteur der Dampfmaschine. 158 242
Wedgwood, Josiah (1730-1795) englischer Industrieller, vervollkommnete die keramische Produktion in England. 247 Weil, Carl (1806-1878) (Pseudonym Egidius, H. L.) liberaler Publizist, Herausgeber der „Constitutionellen Jahrbücher" 1842-1846; später trat er in den Dienst der österreichischen Regierung. 172 Weitling, Christian Wilhelm (1808-1871) von Beruf Schneider; einer der Theoretyker des utopischen Gleichheitskommunismus. 515 605 606 620-623 Welcher, Karl Theodor (1790-1869) badischer Jurist und Publizist, Liberaler, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. 130 Wellington, Arthur Wellesley, Duke of (1769 bis 1852) englischer Feldherr, reaktionärer Staatsmann, Tory, Premierminister (1828 bis 1830), unterstützte Peel bei der Aufhebung der Kornzölle. 341 Wesley, John (1703-1791) einer der Begründer des Methodismus. 341 Wightman, Sir William (1784-1863) englischer Jurist, seit 1841 Richter am Court of Queen's Bench. 468 Wilhelm IX. (1743-1821) Landgraf (1785
bis 1803) und als Wilhelm I. Kurfürst von Hessen (1803-1821). 575 Williams, Sir John (1777-1846) englischer Jurist, Liberaler, seit 1834 Richter am Court of Queen's Bench. 468 Williams, Zephania (etwa 1794-1874) Chartist, einer der Organisatoren des Bergarbeiteraufstandes in Wales 1839; zu lebenslänglicher Deportation nach Tasmanien verurteilt. 623 Willis Gestalt aus dem Roman „Les mysteres de Paris" von Eugene Sue. 72 217 Wolf(f), Christian, Freiherr von (1679-1754) deutscher idealistischer Philosoph, Metaphysiken 70 Wood, James und Francis Fabrikanten in Bradford. 381 439 Wright Fabrikaufseher in Macclesfield. 377
Zerrleder wahrscheinlich Pseudonym für Bruno Bauer. 153 154 Zyehlinski, Franz Zychlin von (1816-1900) preußischer Offizier, Junghegelianer, unter dem Namen Szeliga Mitarbeiter (1843 bis 1845) der „Allgemeinen LiteraturZeitung" und der „Norddeutschen Blätter" Bruno Bauers. 7 56-60 62-70 72 73 75-81 91 172 175-178 187-189 191 197 201-203 205 207 214 220 221
Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen Ausdrücke
Abbe Geistlicher ohne bestimmtes Amt; eine Art Weltgeistlicher (kath.), ursprünglich mit Abt gleichbedeutend abortieren fehlgebären, abtreiben Absolution Freisprechung, Vergebung von Sünden absorbieren aufsaugen, aufzehren, in sich aufnehmen Absurdität Unsinn, Widersinnigkeit, Unvernunft Act oder Akt Gesetz adäquat angemessen, übereinstimmend, entsprechend Addition Hinzufügung, Zusammenzählung adoptieren annehmen Affekt Gemütsbewegung, stärkere Erregung Affektion Erregung, Reizung, krankhafte Veränderung Affirmation Bejahung affizieren reizen, erregen, krankhaft verändern Aggregat Anhäufung, Vereinigung von Teilen zu einem Ganzen Ägide Schutzherrschaft, Schild, Obhut agieren handeln, wirken Agiotage Preis- und Börsenspekulation Agioteur Preis- und Börsenspekulant Akkaparation wucherischer Aufkauf, Hamstern, Rafferei Akkommodation Angleichung, Anpassung Akquisition Erwerbung; Errungenschaft
akzedieren beitreten, beistimmen Akzidenz äußerlich Hinzukommendes; Zufälliges; unwesentliche Eigenschaft Akzise Steuer alert munter, frisch Alimentation Unterhaltskosten Allegorie Sinnbild, Gleichnis allegorisch sinnbildlich, gleichnishaft Allianz Bündnis, Verbindung al pari auf gleicher Stelle amalgamieren sich amalgamieren: eine innige Verbindung eingehen, verschmelzen Amaurose Erblindung Anachronismus den Zeitläuften nicht Entsprechendes, Zeitwidrigkeit animalisch tierisch; sinnlich Animosität Gereiztheit, Erbitterung, Feindseligkeit Anomalie Abweichung vom Normalen; Regelwidrigkeit Antagonismus unversöhnlicher, unüberbrückbarer Gegensatz Anti~Corn-Lau> League Anti-KorngesetzLiga (siehe darüber Anm. 7) Antipathie Abneigung, Widerwille antiquiert veraltet Antithese Gegenbehauptung, Gegensatz antizipieren vorwegnehmen, vorgreifen Aorta Hauptschlagader Apathie Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit; geistige Stumpfheit
aphoristisch kurz, abgerissen; prägnant geformt, treffend und geistvoll Apologet Verfechter, Verteidiger apostolisch von den Aposteln herrührend Apotheose Vergötterung, Verherrlichung Applikant Bewerber, Bittsteller, Anwärter Appropriation Aneignung, Besitzergreifung Aquädukt Brücke, auf der in Rohren, Rinnen oder Kanälen Wasser über Täler und Schluchten geleitet wird; altrömische Wasserleitung Äquivalent Gegenwert, Ersatz, Entschädigung Arkaden Bogengang, Bogenhalle Arrangement Anordnung.Veranstaltung, Abmachung Arrondissement kleinerer Verwaltungsbezirk in Frankreich asketisch streng enthaltsam, entsagend aspirieren hauchen, mit Hauchlaut aussprechen Assise(n) Schwurgericht [in Frankreich und in der Schweiz] Associe Teilhaber Assoziation Vereinigung, Genossenschaft assoziieren verbinden, verknüpfen,verein igen Atheismus Verneinung der Existenz Gottes Attachement Anhänglichkeit, Verbundenheit, Zuneigung Attribut Merkmal, Sinnbild, Eigenschaft eines Dinges Augiasstall Bezeichnung für große Unordnung, verrottete Zustände autokratisch selbstherrlich, unumschränkt z4ufomafonetwasSelbsttätiges,ohne menschliches Zutun Geschehendes; etwas sich von selbst Vollziehendes
Bagno Strafverbiißungsort fiir Schwerverbrecher, Verbannungsort Bai Meeresbucht Ballotage Abstimmung durch Kugeln Baronet Stufe des niederen englischen Adels Bastille festes Schloß; Staatsgefängnis in Paiis (am 14.7. 1789 vom Volk erstürmt) biderb bieder; plump bigott frömmelnd, scheinheilig, blindgläubig Bigotterie Scheinheiiigkeit, Bhndgläubigkeit
Bill Gesetz, Gesetzentwurf, Gesetzesvorschlag Bizarrerie Seltsamkeit, Ungewöhnlichkeit Brogue irische Aussprache des Englischen; irischer Akzent Brouillon schriftlicher Entwurf, Konzept
Cancan frivoler Tanz im 19. Jahrhundert Centime kleine Münze in Frankreich und Belgien (1/100 Franc) c/. = conjer vergleiche Charlatan Prahlhans, Schwätzer Charte (auch Charta) Verfassungsurkunde, Grundgesetz, Verfassung Chartismus revolutionäre Bewegung der eng« lischen Arbeiter in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Chimäre Trugbild, Hirngespinst chimärisch trügerisch, ungewiß Chronologie Zeitrechnung, Zeitfolge, Zeitkunde chronologisch zeitlich geordnet, in zeitlicher Reihenfolge Citoyen Bürger, Staatsbürger (Anrede zur Zeit der Französischen Revolution) Constable (Konstabier) Schutzmann, Polizist [in England und den USA] credo (Kredo) Glaube, Glaubensbekenntnis Couleur Farbe; Farbe einer Studentenverbindung; auch die Verbindung selbst
Dandy Geck, Stutzer, Modenarr Debet Soll, Schuld Debüt erstes öffentliches Auftreten eines Künstlers, Redners Deduktion Ableitung des Besonderen aus dem Allgemeinen deduzieren abziehen Degradation Herabsetzung, Erniedrigung Deismus Glaube an einen Gott, der die Welt schuf, sie dann aber ihren eigenen Gesetzen überließ Denouement Ausgang einer Sache, Entscheidung,Lösung des Knotens in einem Drama Deportation Zwangsverschickung, Verbannung Depositum hinterlegter Betrag
Depravation Verderbnis, Entartung, Verschlechterung desavouieren nicht anerkennen, für unbefugt erklären Desperado Bandit; ein zu jeder Verzweiflungstat Fähiger Despotie Gewalt- und Willkürherrschaft desfru/jft'ü zerstörend Detaehement für besondere Aufgaben zusammengestellte Truppenabteilung Detention Haft; Gewahrsam devot ergeben, unterwürfig Devotion Unterwürfigkeit; Gottergebenheit dezimieren große Verluste beibringen, stark vermindern; eigentlich: jeden Zehnten töten diabolisch teuflisch Diakon Helfer in der evangelischen Gemeindearbeit, besonders in der Inneren Mission; Verwalter didaktisch belehrend, lehrhaft Dilettantismus Oberflächlichkeit, Halbkönnen, Halbwissen Diskretion Verschwiegenheit, Schonung Dislokation Verschiebung, Verlagerung disponibel verfügbar Disquisition beurteilende Untersuchung dissentieren anderer Meinung sein Distinktion Unterscheidung Distribution Verteilung, Austeilung Dithyrambe (Dithyrambus) schwärmerisches Loblied Dogberries wörtlich: Hundsbeeren; übertragen: eifrige, aber beschränkte Unterbeamte (nach dem Gerichtsdiener gleichen Namens in Shakespeares „Viel Lärm um nichts") Donquichotterie zum Scheitern verurteiltes, ans Lächerliche grenzendes Unternehmen (nach der Romanfigur Don Quichotte[Don Quijote] von Cervantes) Douanier Zollbeamter, Zöllner Dualismus Zweiheitslehre, Zwiespältigkeit dublieren verdoppeln
ecru(ekrü) roh; ungebleicht, naturfarben eklatant aufsehenerregend, glänzend
eklektisch unschöpferisch, zusammengestückelt; auswählend Eklektizismus prinzipienloses, mechanisches Verschmelzen verschiedener Systeme; Stilgemisch eliminieren ausschalten, tilgen, ausscheiden Eloge Lob; Lobeserhebung Emanation Ausströmen, Ausstrahlung (in geistiger Beziehung) Emanzipation Erhebung aus Knechtschaft, Befreiung aus einem Zustand der Abhängigkeit emendieren verbessern, einen Schrifttext berichtigen Erneute Aufstand, Meuterei eminent hervorragend, außerordentlich Emotion Gemütsbewegung Empirie [wissenschaftliche] Erfahrung empirisch aus der Erfahrung gewonnen, au? sie gegründet, erfahrungsgemäß enthusiasmieren begeistern, entzücken Epigramm Sinn- oder Spottgedicht epikureisch dem Lebensgenuß ergeben, genießerisch Epikureismus Lehre des griechischen Philosophen Epikur, Glückseligkeitsstreben episch erzählend Epitheton Beiwort, Zusatz Epos große, meist sagenhaft erzählende Dichtung, Heldengedicht equipieren ausstatten, ausrüsten Eskamotage Taschenspielerei, Zauberkunst esoterisch nur für Eingeweihte bestimmt; geheim Esquire Wohlgeboren; ursprünglich englischer Adelstitel etablieren festsetzen, gründen, begründen; sich etablieren: sich selbständig machen, sich niederlassen Etablissements Einrichtungen, Fabrikanlagen Evidenz Augenscheinlichkeit, vollständige Klarheit, überzeugende Gewißheit exaltiert überspannt, aufgeregt Exeget gelehrter Bibeiausleger Exekution Ausführung, Vollstreckung eines Urteils, Hinrichtung Exekutor Vollstrecker exilieren verbannen
Existentialgrund die reale Existenz einer Sache, konstituierender Grund; Ursache exkommunizieren aus der Kirchengemeinschalt ausschließen exoterisch für weitere Kreise bestimmt und verständlich Expektoration Erklärung; Herzensergießung; med.: Schleimauswurf expektorieren aushusten, ausspeien; sein Herz ausschütten extemporieren aus dem Stegreif [reden, gestalten, schreiben] extrahieren einen Auszug machen, herausziehen exzeptionell außergewöhnlich, einen Ausnahmelall bildend
Faktor Leiter einer Handelsniederlassung fallieren zahlungsunfähig werden Fallissement Zahlungseinstellung, Konkurs Farce Posse, lustiges Nachspiel Farthing die kleinste englische Münze fashionahle vornehm, elegant Felonie Untreue, Verrat Femerichter Blutrichter; Feme == mittelalterliches (geheimes) Blutgericht Feudallehen Grundbesitz oder „Gerechtsame" (Zölle u. ä.), deren Nutznießung einem Lehensmann vom Lehnsherrn für gewisse Gegenleistungen (bs. Kriegsdienst) überlassen wurde; Basis des Feudalismus Fiber Faser fiküo erdichtet, angenommen flagrant ins Auge fallend, offenkundig fluktuieren zu- und abströmen, schwanken, schnell wechseln föderiert verbündet Fokus Brennpunkt formidabel furchtbar, schrecklich Fortunatussäckel ein Zaubersäckel, der sich immer wieder von selbst füllt Fourierismus Lehre des französischen utopischen Sozialisten Charles Fourier Fraternisierung Verbrüderung frenetisch rasend, toll frequentieren häufig besuchen; ein- und ausgehen, verkehren
Fronde (auch Frondienste) dauernde Verpflichtung, dem Grundherrn Dienste zu leisten, die, ursprünglich als Abgeltung gedacht, später zu einer dem Grund und Boden anhaltenden Reallast wurde; die daraus stammenden Einkünfte Fuß(foot) englisches Längenmaß ( = 12 englische Zoll = 30,5 cm)
Gallons englisches und nordamerikanisches Hohlmaß von 4 Quarts (4,55 Liter) Gourmanderie Naschhaftigkeit Grisette junge Pariser Arbeiterin, meist Putzmacherin, Näherin
Harem die Frauenräume des islamitischen Hauses, streng abgeschlossen und nur dem Hausherrn zugänglich; auch: Gesamtheit der Frauen darin Harmonist Mitglied der kommunistischen Ansiedlung Neu-Harmony Hebetismus Abstumpfung; Verdummung hektisch fieberhaft erregt, schwindsüchtig Heloten Staatssklaven im alten Sparta heterodox irrgläubig Hieroglyphe heiliges Zeichen; Zeichen der altägyptischen Bilderschrift; rätselhaftes, schwer zu entzifferndes oder unleserliches Schriftzeichen Hydra neunköpfiges schlangenartiges Ungeheuer Hypertrophie Erweiterung, auch: Uberernährung Hypochondrie Schwermut, Krankheitswahn Hypothese Voraussetzung, noch unbewiesene Annahme
Idiosynkrasie Überempfindlichkeit, unüberwindliche Abneigung gegen bestimmte Stoffe i. e. ~ id est das ist, das heißt imaginär scheinbar, vermeintlich, nicht wirklich vorhanden immanent innewohnend, einbegriffen Indigestion Verdauungsstörung Indignation Entrüstung, Unwille, Mißfallen indignieren Unwillen verursachen
Indolenz Unempfindlichkeit, Gleichgültigkeit, Trägheit influieren einwirken Ingredienz Zutat, Bestandteil inhärent innewohnend, anhaftend Inkarnation Fleischwerdung, Verkörperung inkonstitutionell nicht verfassungsmäßig Inkorporation Einverleibung; Aufnahme inkriminieren beschuldigen, anschuldigen, zur Last legen Inquisition mit grausamen Mitteln durchgeführte Untersuchung; strenges Verhör Insolenz Anmaßung, Ungebühr Insurrektion Erhebung, bewaffneter Aufruhr Integrität Vollständigkeit, Unversehrtheit, Unantastbarkeit, Reinheit interdizieren ausschließen, untersagen, verwehren Interpretation Auslegung, Erläuterung, Erklärung /nfimr'cfa/jon Einschüchterung, Abschreckung Invektive Anzüglichkeit, Schmährede, Beleidigung involvieren nach sich ziehen, im Gefolge haben Irritation Störung, Reizung, Erregung
Janitscharen Soldaten der infanteristischen Kerntruppe der alten Türkei jansenistisch siehe Anmerkung 46 Jargon Sprechweise bestimmter sozialer, beruflicher und ähnlicher Gruppen innerhalb einer Nationalsprache Jurisprudenz Rechtswissenschaft /'us/e-mifeu die richtigeMltte, günstigeMitte; Schlagwort für das lavierende Regierungssystem Louis-Philippes
kajolieren liebkosen, schmeicheln Kalif eigentlich Nachfolger Mohammeds; Titel mohammedanischer Herscher Kalkül Berechnung, Uberschlag, Rechnung Kanonikus Dom- oder Stiftsherr kapabelfähig Kapitol Tempelburg des alten Rom kapriziös eigensinnig, launisch kardieren aufrauhen von Stoffen
kartesiseh von dem französischen Philosophen und Mathematiker Descartes herrührend, nach ihm benannt Kasuistik Spitzfindigkeit Kateehumen am kirchlichen Unterricht teilnehmender Taufbewerber; Konfirmandenschüler Klerisei Geistlichkeit Kodex Gesetzbuch, Gesetzsammlung Kohorte Rotte, altrömische Soldatenabteilung kolliquativ zersetzend, verzehrend, schwächend Kommunikation Verbindung, Verkehr Kommutation Veränderung, Vertauschung Kompendium Abriß, Lehrbuch, Handbuch Komponente Bestandteil; Teil eines Ganzen konditioniert bedingt; beschaffen sein Konföderation Verbindung, Bündnis, Staatenbund konfrontieren gegenüberstellen Kongruenz Ubereinstimmung, Gleichheit, Folgerichtigkeit Konklave Ort der Sammlung der Kardinäle zur Papstwahl; auch diese Versammlung selbst Konklusion Schlußfolgerung Konsistenz Zusammenhang, Dichte, Dauerhaftigkeit, Zähigkeit Konstipation Verstopfung, Hartleibigkeit konstituieren begründen, bilden, einrichten, bestimmen Kontingent Beitrag, Anteil, Menge, Betrag kontrahieren einen Vertrag schließen Kontraktion Zusammenziehung kontrastieren von etwas abstechen, auffällig verschieden sein Kontribution Bei trag, Spende, Unterstützung, Geldleistung Konvent Versammlung; hier: die französische Nationalversammlung 1792 bis 1795 Konvulsion Zuckung konzessionieren genehmigen, zulassen Korona Kranz, Krone, Strahlenkranz um die Sonne Korporation Körperschaft; auch: Studentenverbindung
kosmologisch die Kosmologie, Lehre von der Entwicklung und dem Bau der Welt, betreffend Kosmopolitismus in ursprünglichem Sinne: Weltbürgertum; Denkweise, die den Menschen vornehmlich als Glied der Menschheit und nicht einer bestimmten Nation betrachtet Kreation Schöpfung Kurant Münze eines Landes, deren Metallwert dem staatlich verbürgten Nennwert entspricht
Laudanum Opium;Schlafmittel /. c. — loco citato am angeführten Ort legislativ gesetzgebend Legis/afurGesetzgebungjauchgesetzgebende Körperschaft Lethargie Stumpfheit, tiefste Gleichgültigkeit linguistisch sprachwissenschaftlich
mallfontent unzufrieden, mißvergnügt Manipulation [richtige] Handhabung, Verfahren, Geschäftskniff, Machenschaft mediatisieren der Hoheitsgewalt für verlustig erklären mesenteriseh gekröseartig Mestize Mischling zwischen Weißen und Indianern methodistisch dem Methodismus gemäß; von England im 18. Jahrhundert ausgegangene freikirchliche Bewegung miasmatisch giftgeschwängert Mirakel Wunder, Wunderwerk Misere Elend, Not, trauriger Zustand Modifikation Veränderung, Abwandlung Modus Art und Weise molestieren belästigen Moloch Götze, dem Menschen geopfert wurden; Sinnbild für das Unersättliche, Allesversch hngende Monade unteilbare Einheit; Urkörperchen; einfache Wesen moros mürrisch, verdrießlich Mortalität Sterblichkeit moslemitisch (moslemisch) die Anhänger des Islams betreffend
Motion Bewegung; Vorschlag, Antrag Mysterien Geheimnisse; geheime Götterkulte des Altertums mystisch geheimnisvoll, in Dunkel gehüllt
Nemesis Gottheit der strafenden Gerechtigkeit in der griechischen Sage Nominalismus philosophische Richtung (im Mittelalter), nach der die allgemeinen Begriffe lediglich Produkte der Abstraktion, des Denkens, nicht wirkliche Dinge (Realien) sind Notabilität Berühmtheit, angesehene Person Nukleus (Nucleus) Zellkern, Kern
obskur dunkel, unbekannt; verdächtig Oligarch ein in Gemeinschaft mit wenigen über das Volk Herrschender Ophthalmologie Augenheilkunde outrieren übertreiben, dick auftragen
p. = pagina Seite Pairs in England und Frankreich: Angehörige des politisch bevorrechteten Hochadels Pamphlet Flug-, Streit-, Schmähschrift Pandämonium Aufenthaltsort der bösen Geister; Gesamtheit der bösen Geister Pandekten Sammlung von Sprüchen aus dem römischen Recht paralysieren lähmen, unwirksam machen, schwächen Paraphrase erweiternde verdeutlichende Umschreibung, Erklärung, Erläuterung Parasitismus Schmarotzertum Paria Angehöriger der niedrigsten Kaste in Indien; Unterdrückter, Entrechteter partiell teilweise partizipieren teilnehmen, sich beteiligen Pasquill Schmähschrift, Spottschrift Pathos feierlich-schwungvolle Darstellungsweise, Leidenschaft, überbetontes Ergriffensein Patriarch Erzvater, Haupt einer Familie; höchste geistliche Würde der griechischorthodoxen Kirche Patriarchat Vaterherrschaft; Amtsbereich eines Patriarchen
46 Marx/Engels, Werke, Bd. 2
Patron Herr, Meister; Schutzherr, VorSteher Pauper Notleidender, Bedürftiger, Armer Pauperismus Zustand größter Verelendung, Massen armut Pendant Gegenstück, Ergänzung Penny, Pence englische Münze (1 /12 Shilling) Perikardium Herzbeutel permanent fortdauernd, anhaltend persiflieren versteckt, geistvoll spotten, auf eine feine Art lächerlich machen Pestilenz Pest, bösartige Seuche Petition Bittschrift, Gesuch, Eingabe Phalanx geschlossene Schlachtreihe; fest geschlossene Schar Phänomen außergewöhnliche Erscheinung, seltenes, auffallendes Ereignis Phantasmagorie Trugbild Phantom Schein-, Trugbild, Hirngespinst pharisäisch heuchlerisch Pharo Kartenglücksspiel Philanthropie Menschenliebe, Menschenfreundlichkeit Philister Spießbürger Phraseologie Lehre oder Sammlung von den einer Sprache eigentümlichen Redensarten; leere geschraubte Redeweise Physiognomie'&vßere Erscheinung ein esLebewesens, besonders der Gesichtsausdruck Piedestal Sockel von Säulen und Bildwerken Pietät Frömmigkeit; Achtung, Ehrfurcht Plagiarius einer, der Diebstahl an geistigem Eigentum begeht Pliesterer Stuckarbeiter Plutokratie Geldherrschaft Point Punkt; Stich, Spitze Point d'honneur Ehrgefühl, Ehrensache Popanz Schreckgespenst, Trugbild, Vogelscheuche Postulat Forderung Potentat Machthaber; regierender Fürst Potenz Macht, Leistungsfähigkeit; hier: Potenz als mathemalischer Begriff bzw. Rechnungsart gebraucht prädestinieren vorherbestimmen Präfekt in Frankreich seit 1800 oberster Verwaltungsbeamter eines Departements
pragmatisch sachlich, fach-, geschäftskundig, den ursächlichen Zusammenhang darlegend Präliminarunterricht Vorbereitungsunterricht Prämisse Voraussetzung prästahiliert vorher festgesetzt, vorher bestimmt Prätension, Prätention Anspruch, Anmaßung, Dünkel Prätext Vorwand; Scheingrund Präventivmittel Verhütungsmittel prekär unsicher, schwankend, mißlich, heikel, bedenklich profan unheilig, unkirchlich, weltlich, alltäglich prohibieren verhindern, verbieten Prohibitivsystem Ein- oder Ausfuhrsperre durch sehr hohe Zölle und andere handelspolitische Maßnahmen Prokrustesbett Prokrustes: Unmensch der griechischen Sage, der bei ihm einkehrende Wanderer durch Strecken oder Abschlagen der Glieder in eine Bettstelle einpaßte, daher: Prokrustesbett, bildlich für ungerechtfertigtes, gewaltsames Einzwängen promovieren befördern, ernennen, zu einer akademischen Würde gelangen prononciert scharf ausgeprägt, betont Pronunziamiento Aufstandserklärung; Aufruf proportionieren ins richtige Verhältnis setzen Prosperität Wohlstand, Wirtschaftsblüte, Aufschwung Protektion Gönnerschaft, Begünstigung, Förderung Protestation Einspruch, Widerspruch, Verwahrung Proteus wandelbarer, wetterwendischer Mensch (nach der griechischen Sagengestalt) Pubertät Geschlechtsreife Puritaner Gesamtbezeichnung für die Anhänger der kirchlichen Reformbewegungen des 16. Jahrhunderts in England; übertragen: Bezeichnung für übertrieben sittenstrenge Menschen
Pygmäe Zwerg pythisch dunkel, orakelhaft
Quäker Angehörige einer freikirchlichen Bewegung mit bürgerlich-philanthropischer Tendenz (besonders in England und den USA) Quarter englisches Hohlmaß (290,79 1)
Ranküne Groll, Rachsucht Räsonnement vernünftige Beurteilung, Überlegung, Erwägung Rationalist Vertreter des Rationalismus — erkenntnistheoretische Richtung, die die Vernunft als einzige Erkenntnisquelle anerkennt; Verstandesmensch realiter in Wirklichkeit, in der Tat Reflexion Betrachtung, Erwägung; auch Widerschein, Rückstrahlung Regalien Hoheits- und Nutzungsrechte Rekurs Berufung, Einspruch, Anspruch Reminiszenz Erinnerung, Anklang Renommage Aufschneiderei, Prahlerei, Großtuerei replizieren entgegnen, erwidern Repräsentation würdiges Auftreten, Stellvertretung; gesellschaftlicher Aufwand Repräsentativstaat Staat mit Vertretungskörperschaft Reproduktion Nachbildung; Wiederholung des Produktionsprozesses, Wiedererzeugung, Darstellung Residuum (PI. Residuen) Uberrest, Bodensatz, Rückstand Respiration Atmung Ressourcen Hilfsmittel und Rohstoffquellen; Erwerbsquellen Restauration Zeit der Wiederherstellung; besonders Wiedereinsetzung der Bourbonendynastie in Frankreich nach 1814 Retina Netzhaut (des Auges) Revenant Gespenst, Spukgeist Revenue Einkommen, Einkünfte revozieren widerrufen rudimentär rückgebildet, zurückgeblieben Rudimente Anfangsgründe, Überbleibsel
Sabbat der siebente, im Alten Testament als Ruhetag verordnete Wochentag Sakrilegium Vergehen gegen Heiliges; Gotteslästerung Salär Gehalt, Arbeitslohn Satisfaktion Genugtuung; Ehrenerklärung 5c. — scilicet nämlich Schematisierung in ein Schema bringen Schibboleth Losungswort, Erkennungszeichen Schilling, Shilling, sh. englische Währungseinheit (1/20 Pfund Sterling) ScholastikerVertreter der Scholastik; Schulweisheit; mittelalterliche Philosophie im Sinne der Kirchenlehre scholastisch die Scholastik betreffend; auch: spitzfindig, schulmeisterlich Selbstapologie Selbstverteidigung Selfactor-Mule automatische Spinnmaschine Sensualismus philosophische Lehre, die als alleinige Erkenntnisquelle die Sinneswahrnehmungen anerkennt Separatist gebraucht für: Mitglied einer kommunistischen Ansiedlung Serenissimus ursprünglich: Titel regierender Fürsten; meist scherzhaft-ironische Titulierung des Fürsten eines ehemaligen deutschen Kleinstaates Sermon Predigt, Strafpredigt; langweilige Rede servil unterwürfig, kriecherisch, knechtisch Session Sitzungsperiode von Parlamenten; auch: Gerichtssitzung Sheriff Verwaltungsbeamter mit richterlichen Befugnissen (in England und den USA) Signalement genaue Personenbeschreibung; Kennzeichnung sinister widerwärtig, unheilvoll Sisyphus sagenhafter König von Korinth; mußte in der Unterwelt zur Strafe für seine Ungerechtigkeiten einen Felsblock, der immer wieder herabrollte, einen steilen Berg hinaufwälzen Skeptizismus philosophische Richtung, die die Möglichkeit der sicheren Erkenntnis bezweifelt; grundsätzlich zweiflerische Haltung
Sk'ibent Schreiberling, Vielschreiber, unqualifizierter Schriftsteller Skrofeln oder Skrofulöse tuberkulöse Haut-, Schleimhaut- und Driisenerkrankung bei Kindern Sophisma Trugschluß; ausgeklügelte Erfindung; Spitzfindigkeit Sophistik Kunst spitzfindigerBeweisführung, Wortverdreherei, Spitzfindigkeit sophistisieren durch Scheinbeweise in die Irre führen Sottise Dummheit, Grobheit, freche Bemerkung Sou früher kleinste französische Münze Sozietät Gesellschaft Spekulation bloßes Gedankengebäude, über das Erfahrbare hinauszielend; gewagtes Geschäft spekulativ nachsinnend, grübsind, mit Wagnis verbunden; spekulative Philosophie: rein gedankliche Philosophie Spinozismus Lehre des Philosophen Spinoza Spiritualismus philosophische Lehre, nach der die Wirklichkeit geistig-seelischer Natur ist und das Materielle nur als Produkt oder Erscheinungsweise des Geistes gilt; Spielart des objektiven Idealismus Spontaneität (Spontanität) Handeln aus innerem Antrieb; Selbsttätigkeit Square viereckiger Platz Squire in England: Gutsherr, der zugleich Friedensrichter ist; Titel des niederen englischen Adels status quo der bisherige, der bestehende Zustand Stilett kurzer Dolch Stimulus Anreiz, Anregungsmittel Stockjobber Börsenspekulant stoisch gleichmütig, unerschütterlich Strafsermon Strafpredigt Subalterne der bzw. die Untergebene; Untergeordnete Subjektivität alles zum Subjekt gehörende; durch das eigene Ich bestimmte Einstellung sublim erhaben, fein; nur einem geläuterten Verständnis oder Empfinden zugänglich
sublimieren etwas ins Erhabene steigern; läutern; verfeinern; in der Chemie: unmittelbar vom festen in den gasförmigen Zustand übergehen Subordination Unterordnung; Dienstgehorsam Subsistenzmittel Mittel, auf die jemand seine Existenz gründet, Mittel für den Lebensunterhalt Subskriptionen Unterzeichnungen; Unterschriftensammlungen für Zahlung einer Geldsumme zu irgendeinem Zweck Substantialität Eigenschaft und Bereich einer Substanz Substanzialitätstheorie Lehre, welche die Seele als Ding, als Substanz betrachtet Supplementargesetz Ergänzungsgesetz suspendieren aufschieben,vertagen,aussetzen, zeitweilig aufheben sympathetisch geheimwirkend, geheimkräftig; gleichempfindend Symptom Anzeichen, Kennzeichen synonym gleichbedeutend Synoptiker die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas
Tapet Teppich, Tischdecke ;etwas aufs Tapet bringen: etwas zur Sprache bringen temperieren mildern, mäßigen Terrorismus Schreckensherrschaft Testimonium Zeugnis testimonium paupertatis Armutszeugnis Theismus Glaube an einen außerweltlichen persönlichen Gott Throstle die erste Spinnmaschine, die auf mechanische Triebkraft berechnet war Tirade Wortschwall, leeres Geschwätz Tophet ein verunreinigter Ort (aus dem Alten Testament) Tory Anhänger der Konservativen Partei in England Transportationhier: Verbannung, Verschikkung transzendent Bewußtsein und Erfahrung überschreitend, jenseitig, überweltlich, übersinnlich
Transzendenz das Überschreiten der angeblichen Erfahrungsgrenzen, das jenseits der Erfahrung Liegende, das Übersinnliche travestieren ins Lächerliche umdicliten; ins Lächerliche ziehen tributär abgabepflichtig; zufließend Trichotomie Dreiteilung; Haarspalterei Trivialität abgedroschene Redensart, Plattheit, Alltäglichkeit Turnout (Turn-out) Ausstand, Streik Tutel Vormundschaft
Ukas Erlaß, Gesetz, Verordnung unitarisch Unitarier = Vertreter eines undogmatischen überkonfessionell aufgefaßten Christentums, heute besonders in den USA und in England usurpieren sich widerrechtlich Macht aneignen, widerrechtlich Besitz ergreifen, an sich reißen Uterus Gebärmutter Utilisierung Nutzbarmachung
vakant unbesetzt, offen Vampir Wucherer, Blutsauger varikös krampfadrig Vegetabilien Pflanzenstoffe, pflanzliche Nahrungsmittel Verdikt Strafurteil, eigentlich Wahrspruch
Viadukt Talbrücke, Überführung Viktualien Lebensmittel Vindikation Anspruch, Inanspruchnahme Vindizieren zuschreiben, zueignen Visionär Geisterseher, Schwärmer Vitriol Schwefelsäuresalz voluminös umfangreich Votum Urteil, Gutachten, Stimme bei einer Abstimmung
Whig Anhänger der um 1830 entstandenen liberalen Partei der englischen Bourgeoisie Whiggismus politische Anschauungen der Whigs Wisehnu indische Gottheit
Yard englisches Längenmaß (= 0,92 m) Yeoman freier Kleinbauer im feudalistischen England
Zensus Volkszählung; Vermögenseinschätzung ; [im alten Rom] Einstufung der Bürger nach Vermögen, Geburt und sittlicher Führung Zertifikat Beglaubigung, Bestätigungsschreiben Zider Obst-, besonders Apfelwein Zitadelle Kern einer größeren Festung; Burg, befestigtes Schloß

Inhalt
Vorwort V
FRIEDRICH ENGELS/KARL MARX. Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer und Konsorten . 3
Vorrede 7
I. Kapitel. „Die kritische Kritik in Buchbindermeister-Gestalt" oder die kritische Kritik als Herr Reichardt (von Engels) 9
II. Kapitel. „Die kritische Kritik" als „Mühleigner" oder die kritische Kritik als Herr Jules Faucher (von Engels) 12
III. Kapitel. „Die Gründlichkeit der kritischen Kritik" oder die kritische Kritik als Herr J. (Jungnitz?) (von Engels) 17
IV. Kapitel. „Die kritische Kritik" als die Ruhe des Erkennens oder die „kritische Kritik" als Herr Edgar 19 1. „Die Union ouvriere" der Flora Tristan (von Engels) 19 2. Beraud über die Freudenmädchen (von Engels) 20 3. Die Liebe (von Marx) 20 4. Proudhon (von Marx) 23 Charakterisierende Übersetzung Nr. I 24 Kritische Randglosse Nr. I 32 Kritische Randglosse Nr. II 35 Charakterisierende Übersetzung Nr. II 39 Kritische Randglosse Nr. III 40
Charakterisierende Übersetzung Nr. III 45 Kritische Randglosse Nr. IV 50 Charakterisierende Übersetzung Nr. IV 53 Kritische Randglosse Nr. V 54
V. Kapitel. Die „kritische Kritik" als Geheimniskrämer oder die „kritische Kritik" als Herr Szeliga (von Marx) 57
1. „Das Geheimnis der Verwilderung in der Zivilisation" und „das Geheimnis der Rechtslosigkeit im Staate" 58
2. Das Geheimnis der spekulativen Konstruktion 59
3. „Das Geheimnis der gebildeten Gesellschaft" 63
4. „Das Geheimnis der Rechtschaffenheit und Frömmigkeit" 73
5. „Das Geheimnis ein Spott" 75
6. Lachtaube (Rigolette) 79
7. Der Weltzustand der Geheimnisse von Paris 80
VI. Kapitel. Die absolute kritische Kritik oder die kritische Kritik als Herr Bruno 82
1. Erster Feldzug der absoluten Kritik (von Marx) 82 a) Der „Geist" und die „Masse" 82 b) Die Judenfrage Nr. I. Die Stellung der Fragen 91 c) Hinrichs Nr. I. Geheimnisvolle Andeutungen über Politik, Sozialismus und Philosophie 95
2. Zweiter Feldzug der absoluten Kritik 97 a) Hinrichs Nr. II. Die „Kritik" und „Feuerbach". Verdammung der Philosophie (von Engels) 97 b) Die Judenfrage Nr. II. Kritische Entdeckungen über Sozialismus, Jurisprudenz und Politik (Nationalität) (von Marx) 99
3. Dritter Feldzug der absoluten Kritik (von Marx) 105 a) Selbstapologie der absoluten Kritik. Ihre „politische" Vergangenheit 105 b)Die Judenfrage Nr. III 112 c) Kritische Schlacht gegen die französische Revolution 125 d) Kritische Schlacht gegen den französischen Materialismus 13! e) Schließliche Niederlage des Sozialismus 142 f) Der spekulative Kreislauf der absoluten Kritik ur.d die Philosophie des Selbstbewußtseins 144
VII. Kapitel. Die Korrespondenz der kritischen Kritik 152
1. Die kritische Masse (von Marx) 152
2. Die „unkritische Masse" und die „kritische Kritik" 157 a) Die „verstockte Masse" und die „unbefriedigte Masse" (von Marx) 157 b) Die „weichherzige" und „erlösungsbedürftige" Masse (von Engels) 160 c) Der Gnadendurchbruch der Masse (von Marx) 163
3. Die unkritisch-kritische Masse oder die Kritik und die „Berliner Couleur" (von Marx) 164
VIII. Kapitel. Weltgang und Verklärung der „kritischen Kritik" oder „die kritische Kritik" als Rudolph, Fürst von Geroldstein (von Marx) 172
1. Kritische Verwandlung eines Metzgers in einen Hund oder der Chourineur... 173
2. Enthüllung des Geheimnisses der kritischen Religion oder Fleur de Marie.... 176 a) Die spekulative „Marien-Blume" 176 b) Fleur de Marie 178
3. Enthüllung der Geheimnisse des Rechts 187 a) Der maitre d'ecole oder die neue Straftheorie. Das enthüllte Geheimnis des Zellularsystems. Medizinische Geheimnisse 187 b) Belohnung und Strafe. Die doppelte Justiz, nebst Tabelle 199 c) Aufhebung der Verwilderung innerhalb der Zivilisation und der Rechtslosigkeit im Staate 202
4. Das enthüllte Geheimnis des „Standpunktes" 203
5. Enthüllung des Geheimnisses von der Utilisierung der menschlichen Triebe oder
Clemence d'Harville 205
6. Enthüllung des Geheimnisses der Emanzipation der Weiber oder Louise Morel 207
7. Enthüllung der nationalökonomischen Geheimnisse 208 a) Theoretische Enthüllung der nationalökonomischen Geheimnisse 208 b) „Die Armenbank" 209 c) Musterwirtschaft zu Bouqueval ' 211 8. Rudolph, „das enthüllte Geheimnis aller Geheimnisse" 213
IX. Kapitel. Das kritische jüngste Gericht (von Marx) 222
Historische Nachrede 223
FRIEDRICH ENGELS. Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Nach eigner Anschauung und authentischen Quellen 225
An die arbeitenden Klassen Großbritanniens 229
Vorwort 232 Einleitung1 237
Zustand der Arbeiter vor der industriellen Revolution (237) - Die Jenny (239) Entstehung des industriellen, des Ackerbauproletariats (240) - Die Throstle, die Mule, der mechanische Webstuhl, die Dampfmaschine (241/42) - Sieg der Maschinen über dieHandarbeit (242)—Entwicklung der industriellen Macht (242) —Baumwollenindustrie (242) - Strumpfwirkerei (243) - Spitzenfabrikation (243) - Bleicherei, Druckerei, Färberei (244) - Wollenindustrie (244) - Leinenindustrie (245) Seidenindustrie (245) - Eisenproduktion und Verarbeitung (246) - Kohlenbergwerke (247) - Töpfereien (247) - Ackerbau (248) - Straßen, Kanäle, Eisenbahnen, Dampfschiffe (248/49) - Zusammenfassung (249) - Entwicklung des Proletariats zu nationaler Bedeutung (250) - Ansicht der Bourgeoisie vom Proletariat (251)
Das industrielle Proletariat 253
Klassifikation der Arbeiter (253) - Zentralisation des Besitzes (254) - Die Hebel der modernen Industrie (254) - Zentralisation der Bevölkerung (254)
Die großen Städte 256
Unmittelbarer Eindruck von London (256) - Sozialer Krieg und universelles Plünderungssystem (257) - Los der Armen dabei (257) - Die schlechten Viertel im allgemeinen (259) - Von London: St. Giles und Umgegend (259) - Whitechapel (261) Das Innere der Proletarierwohnungen (261) - Obdachlose in den Parks (263) Nachtasyle (263) - Dublin (265) - Edinburgh (266) - Liverpool (268) - Die Fabrikstädte: Nottingham, Birmingham, Glasgow, Leeds, Bradford, Huddersfield (268) Lancashire: allgemeine Bemerkungen (273) - Bolton (274) - Stockport (274) /4sAion-under~Lyne (275) - Stalybridge (275) - Detaillierte Schilderung von Manchester. allgemeine Bauart (276) - Die Altstadt (281) - Die Neustadt (286) - Bauart der Arbeiterviertel (287) - Hofe und Hintergassen (287) - Ancoats (289) - KleinIrland (292) - Hulme (293) - Salford (293) - Resume (294) - Logierhäuser (295) Gedrängtheit der Bevölkerung (296) - Kellerwohnungen (296) - Kleidung der Arbeiter (297) - Nahrung (299) - Schlechtes Fleisch (299) - Warenfälschungen (300) - Falsche Maße etc. (302) - Zusammenfassung (304)
Die Konkurrenz 306
Konkurrenz der Arbeiter unter sich, die das Minimum, Konkurrenz der Besitzenden unter sich, die das Maximum des Lohns feststellt (306) - Der Arbeiter, Sklave der Bourgeoisie, muß sich täglich und stündlich selbst verkaufen (310)
1 Von hier an bis zum Schluß der Schrift (S. 506) wurden die Inhaltsangaben von Friedrich Engels für die Erstausgabe von 1345 verfaßt. Die Seitenzahlen beziehen sich auf den vorliegenden Band.
Überflüssige Bevölkerung (311) - Handelskrisen (312) - Reserve von Arbeitern (314/15) — Die Schicksale dieser Reserve in der Krisis von 1842 (317)
Ursachen und Anzahl (320) - Schilderung nach Carlyle (320/21) - Unreinlichkeit, Roheit, Trunksucht der Irländer (321) - Wirkung der irischen Konkurrenz und Nachbarschaft auf den englischen Arbeiter (323)
Einleitende Bemerkungen (324) — Wirkung der obigen Umstände auf die körperliche Lage der Arbeiter (325) - Einfluß der großen Städte, der Wohnungen, der Unreinlichkeit etc. (326) — Stand der Tatsachen (327) - Schwindsucht (327) Typhus, besonders in London, Schottland und Irland (328) - Unterleibsbeschwerden (332) — Folgen der Trunksucht (332) - Quacksalber (332) — „Godfrey's Cordial" (333) - Sterblichkeit im Proletariat, speziell unter kleinen Kindern (334) - Anklage des sozialen Mordes gegen die Bourgeoisie (338) - Folgen für die intellektuelle und moralische Lage (338) - Mangel an Bildungsmitteln (338) Unzulänglichkeit von Abend- und Sonntagsschulen (339) - Unwissenheit (340) — Ersatz für den Arbeiter in seinen Lebensverhältnissen (342) - Sittliche Vernachlässigung der Arbeiter (342) - Das Gesetz, der einzige Sittenlehrer (343) Veranlassung für den Arbeiter in seiner Lage, sich über Gesetz und Sitte hinwegzusetzen (343) - Einfluß der Armut (343) - des Proletariats und der Unsicherheit der Stellung (344) - der Verdammung zur Zwangsarbeit (346) - der Zentralisation der Bevölkerung (347) - der irischen Einwanderung (350) - Unterschied zwischen dem Charakter des Bourgeois und des Proletariers (351) - Vorzüge des Proletariers vor dem Bourgeois (352) - Nachteilige Seiten des proletarischen Charakters (353) - Trunksucht (353) — Zügellosigkeit des Geschlechtsverkehrs (355) - Auflösung der Familie (356) - Nichtachtung der sozialen Ordnung (356) - Verbrechen (356) - Schilderung des sozialen Kriegs (359)
Die einzelnen Arbeitszweige. Die Fabrikarbeiter im engeren Sinne 360 Wirkung der Maschinerie (360) - Handweber (362) - Verdrängung von Männern (362) - Arbeit der Weiber, Auflösung der Familie (366) - Umkehrung aller Familienverhältnisse (369) - Moralische Folgen der Zusammendrängung vieler Weiber in Fabriken (372) - Jus primae noctis (373) - Arbeit der Kinder (374) Lehrlingssystem (374) - Spätere Einrichtung (374/75) - Schilderung nach dem Fabrikbericht (375) - Lange Arbeitszeit (375) - Nachtarbeit (375) - Verkrüppelung (376) - Kleinere äußere Übel (376) - Charakter der Arbeit (378) - Allgemeine Schwächung der Konstitution (379) - Spezielle Übel (380) - Zeugnisse (380) Frühes Alter (382/83) - Spezielle Folgen für die weibliche Konstitution (383) Einzelne besonders schädliche Arbeitszweige (385) - Unglücksfälle (386) — Urteil der Bourgeoisie über das Fabriksystem (387) - Fabrikgesetzgebung und Zehnstundenagitation (390) - Geisttötender und abstumpfender Charakter der Arbeit (397) - Sklaverei (398) - Fabrikregeln (398/99) - Trucksystem (401) - Cottagesystem (403) — Parallele zwischen dem Leibeignen von 1145 und dem freien Arbeiter von 1845 (404)
Die irische Einwanderung 320
Resultate 324
Die übrigen Arbeitszweige 408
Die Strumpfwirker (408) - Spitzenfabrikation (410) - Kattundrucker (413) Samtscherer (414) - Seidenweber (415) - Metallwaren (417) -Birmingham (417) Staffordshire (419)-Sheffield (421)-Maschinenfabriken (423) - Die Töpfereien von Nord-Staffordshire (423) - Glasfabriken (425) - Die Handwerker (426) Die Londoner Putzmacherinnen und Nähterinnen (426)
Arbeiterbewegungen 430
Einleitendes (430) - Verbrechen (431) - Aufstände gegen Maschinerie (432) Verbindungen, Arbeitseinstellung (432) — Wirkung der Verbindungen und Turnouts (434) - Verbrechen infolge derselben (437) - Charakter der Kämpfe des englischen Proletariats gegen die Bourgeoisie (439) - Gefecht in Manchester, Mai 1843. Die Achtung vor dem Gesetz dem Proletariat fremd (443) - Chartismus (444) - Geschichte der Chartistenbewegung (444) - Insurrektion von 1842 (447) Entschiedne Trennung des proletarischen Chartismus vom Radikalismus der Bourgeoisie (450) — Soziale Tendenz des Chartismus (451) - Sozialismus (451) - Allgemeiner Standpunkt der Arbeiter (453)
Das Bergwerksproletariat 456
Die Bergleute von Cornwall (456) - Aision Moor (457) - Eisen- und Kohlenbergwerke (458) - Die Arbeit der Männer, Weiber und Kinder (459) - Eigentümliche Krankheiten (460) - Arbeit in niedrigen Stollen (463) - Unglücksfälle, Explosionen etc. (463) - Stand der Bildung (464) - der Moralität (464) -Bergwerksgesetze (465) — Systematische Ausbeutung der Grubenarbeiter (466) - Bewegungen unter ihnen (466) - Die „Union" (467) - Der große Feldzug von 1844 im Norden von England (467)- Roberts und der Feldzug gegen die Friedensrichter und das Trucksystem. (467) - Resultate des Kampfes (469)
Das Ackerbauproletariat 473
Historisches (473) - Pauperismus auf dem Lande (474) - Lage der Ackerbautaglöhner (475) - Brandstiftungen (478) - Gleichgültigkeit gegen die Korngesetzfrage (479) - Irreligiosität (480) - Wales: die kleinen Pächter (481) - Rebekka-Unruhen (481) - Irland: die Parzellierung des Grundbesitzes (482) - Pauperisierung der Nation (483) - Verbrechen (485) - Repeal-Agitation (485)
Die Stellung der Bourgeoisie zum Proletariat 486
Sittliche Verderbtheit der englischen Bourgeoisie (486) - Geldsucht (487) - Ökonomie und freie Konkurrenz (487) — Heuchelei der Wohltätigkeit (488) — der Ökonomie und Politik in der Korngesetzfrage (489) - Die Gesetzgebung und Justiz der Bourgeoisie (491) - Die Bourgeoisie im Parlament (492) - Masters- and ServantsBill (493) - Malthussche Theorie (493) - Das alte Armengesetz (494) - Das neue Armengesetz (496) - Beispiele von Arbeitshaus-Brutalität (497) - Aussichten Englands für die Zukunft (501)
Aus: „The New Moral World" Friedrich Engels • Sozialismus auf dem Kontinent 507 Friedrich Engels • Rascher Fortschritt des Kommunismus in Deutschland. I-III 509
Aus: „Deutsches Bürgerbuch für 1845" Friedrich Engels • Beschreibung der in neuerer Zeit entstandenen und noch bestehenden kommunistischen Ansiedlungen 521
Aus: „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform" Friedrich Engels • Zwei Reden in Elberfeld 536
Aus: „The Northern Star" Friedrich Engels • Das kürzliche Gemetzel in Leipzig - Die deutsche Arbeiterbewegung 558 Friedrich Engels 'Victorias Besuch-Die „Königshäuser" im Streit-Krach zwischen Vic und der deutschen Bourgeoisie - Die Verurteilung der Pariser Zimmerleute 562 Friedrich Engels • Deutsche Zustände. I—111 564
Aus: „Telegraph für Deutschland" Friedrich Engels ' Geschichte der englischen Korngesetze 585
Aus: „Das Westphälische Dampfboot" Friedrich Engels • Nachträgliches über die Lage der arbeitenden Klassen in England. Ein englischer Turnout 591
Aus: „Deutsches Bürgerbuch für 1846" Friedrich Engels • Ein Fragment Fouriers über den Handel [Einleitung und Nachwort] 604
Aus: „Rheinische Jahrbücher zur gesellschaftlichen Reform" Friedrich Engels • Das Fest der Nationen in London 611
Aus: „Trier'sche Zeitung" Karl Marx ' Erklärung 625
Beilagen
Friedrich Engels • Vorrede zur amerikanischen Ausgabe von 1887 der „Lage der arbeitenden Klasse in England" 629 Friedrich Engels • Vorwort zur deutschen Ausgabe von 1892 der „Lage der arbeitenden Klasse in England" 637
Anhang und Register
Anmerkungen 653 Literaturverzeichnis 674 Verzeichnis der Zeitungen und Zeitschriften 688 Kar! Marx und Friedrich Engels - Daten aus ihrem Leben und ihrer Tätigkeit (1844-1846) 690 Personenverzeichnis. 695 Erklärung der Fremdwörter, der fremdsprachigen und seltenen Ausdrücke • • 712
Illustrationen
Titelseite der Erstausgabe „Die heilige Familie" 5 Umschlag der Erstausgabe „Die Lage der arbeitenden Klasse in England" 227 Erste Seite der Widmung Friedrich Engels' „An die arbeitenden Klassen Großbritanniens" 235 Plan von Manchester 277 Eine Seite aus dem Bericht der Children's Employment Commission... gegenüber S. 464 Schluß des Artikels „Rascher Fortschritt des Kommunismus in Deutschland" mit Engels' Ubersetzung des Gedichts „Die schlesischen Weber" von Heinrich Heine gegenüber S. 512

4. Auflage
Dietz Verlag GmbH, Berlin • 1. Auflage 1957 • Printcd in the German Democratlc Republic
Alle Rechte vorbehalten
Lizenznummcc 1 • Satz: VEB Offizin Andersen Nexö in Leipzig III 18 38
Druck und Einband: LVZ-Druckcrei „Hermann Duncker", Leipzig, III 18 138
Mit 3 Bildbeilagen, 5 Faksimiles und 3 Skizzen
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